14Os61/23m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 25. März 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. SetzHummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin OKontr. Fuhrmann in der Strafsache gegen Mag. * G* und andere Angeklagte wegen Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Mag. * G*, * M*, Dr. * H*, MMag. Dr. * P*, Dr. * S*, Dr. * T* und * W* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. Dezember 2020, GZ 15 Hv 1/17z 4916, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreter der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Geymayer und Generalanwalt Dr. Janda und der Privatbeteiligten, Dr. Mandl und Mag. Pallitsch (für die Finanzprokuratur), der Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P*, Dr. S* und Dr. T* sowie deren Verteidiger Dr. Ainedter, Dr. Wess, Univ. Prof. DDr. Lewisch, Dr. Dohr, Mag. Kregcjik, Dr. Dietrich, Dr. Plöckinger, Dr. Scherbaum und Mag. Bachmann zu Recht erkannt:
Spruch
1) In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mag. * G* sowie aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das durch diese Entscheidung im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen des
1.1) Mag. * G*wegen Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach §§ 12 dritter Fall, 293 Abs 2 StGB (III/2) und nach § 293 Abs 1 StGB (III/3) sowie des
1.2) Dr. * H*wegen des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 und 3 erster Fall StGB (II), des Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB (VIII/1/B/b) sowie mehrerer Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 3 StGB (IX) und ferner in der im Schuldspruch des Dr. H* zu VIII/1/B gebildeten Subsumtionseinheit sowie
demzufolge auch in den diese Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
Dr. H* wird mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie sich auf die von der amtswegigen Maßnahme betroffenen Punkte des Schuldspruchs bezieht, auf die Kassation verwiesen.
2) Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Mag. G* und Dr. H* im Übrigen sowie jene der Angeklagten * M*, MMag. Dr. * P*, Dr. * S*, Dr. * T* und * W* (je zur Gänze) werden verworfen.
3) Die Berufungen der Angeklagten M*, Dr. H*, Dr. S* und Dr. T* wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
4) Mit ihren Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe werden die Angeklagten Mag. G* und Dr. H* auf die Aufhebung verwiesen.
5)In Stattgebung der Berufungen der Angeklagten M*, MMag. Dr. P*, Dr. S*, Dr. T* und W* gegen den Ausspruch über die Strafe werden diese jeweils unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB, M*, MMag. Dr. P* und Dr. S* jeweils nach dem zweiten Strafsatz des § 153 Abs 3 StGB, Dr. T* und W* jeweils nach § 165 Abs 3 StGB idF BGBl I 2007/109 wie folgt verurteilt
5.1) M* zu einer Freiheitsstrafe von 3 ½ (dreieinhalb) Jahren ,
5.2) MMag. Dr. P*unter Bedacht-nahme gemäß § 31 Abs 1 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 12. April 2013, AZ 121 Hv 87/12v, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 12 (zwölf) Monaten ,
5.3) Dr. S* zu einer Freiheitsstrafe von 20 (zwanzig) Monaten ,
5.4) Dr. T* zu einer Freiheitsstrafe von 12 (zwölf) Monaten und
5.5) W* zu einer Freiheitsstrafe von 8 (acht) Monaten .
Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird hinsichtlich der Angeklagten MMag. Dr. P* , Dr. S* , Dr. T* und W* die Strafe jeweils unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
6) Den Berufungen der Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P* und Dr. S* gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche wird in Ansehung des Zinsenbegehrens teilweise Folge gegeben und es werden die Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P* und Dr. S* (zur ungeteilten Hand) zur Zahlung von 4.806.406 Euro samt 4 % Zinsen seit dem 17. November 2017 , die Angeklagten Mag. G*, M* und MMag. Dr. P* zudem (zur ungeteilten Hand) zu einer weiteren Zahlung von 4.806.406 Euro samt 4 % Zinsen seit dem 17. November 2017 , sowie die Angeklagten Mag. G* und M* darüber hinaus (zur ungeteilten Hand) zur Zahlung von weiteren 200.000 Euro samt 4 % Zinsen seit dem 17. November 2017 , jeweils binnen 14 Tagen an die Privatbeteiligte „Republik Österreich“ verurteilt.
Mit ihrem darüber hinausgehenden Zinsenbegehren wird d iePrivatbeteiligte gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
7) Im Umfang der Aufhebung der Strafaussprüche betreffend Mag. G* und Dr. H* wird in der Sache selbst erkannt:
Für die diesen Angeklagten weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich
Mag. G*je ein Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB (I/1) sowie der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs 1 und 3 erster Fall StGB idF BGBl I 2001/130 (VI/1) und idF BGBl I 2004/136 (VI/2),
Dr. H*je ein Verbrechen der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB (VIII/1/B/a) und der Geschenkannahme durch Beamte nach §§ 12 dritter Fall, 304 Abs 1 und 3 erster Fall StGB idF BGBl I 2001/130 (VIII/2/B/a) sowie ein Vergehen der Bestechung nach (richtig: § 12 zweiter Fall) § 307 Abs 1 Z 1 StGB idF BGBl I 1998/153 (VIII/2/B/b),
werden jeweils unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB jeweils nach dem zweiten Strafsatz des § 153 Abs 3 StGB wie folgt verurteilt:
7.1) Mag. G* zu einer Freiheitsstrafe von 4 (vier) Jahren und
7.2) Dr. H*unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 StGB auf die Urteile des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 23. August 2016, AZ 12 Hv 1/13x, und vom 21. November 2022, AZ 15 Hv 23/22t, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 3 (drei) Jahren .
Gemäß § 43a Abs 4 StGB wird hinsichtlich des Angeklagten Dr. H* ein Teil der Strafe von zwei Jahren unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
8) Den Angeklagten Mag. G*, M*, Dr. H*, MMag. Dr. P*, Dr. S*, Dr. T* und W* fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit für die Behandlung der hier gegenständlichen Nichtigkeitsbeschwerden und für die amtswegige Maßnahme von Bedeutung – folgende Angeklagte nachstehender strafbarer Handlungen schuldig erkannt:
Mag. * G*je eines Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB (I/1) sowie der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs 1 und 3 (zu ergänzen) erster Fall StGB idF BGBl I 2001/130 (VI/1) und idF BGBl I 2004/136 (VI/2) sowie je mehrerer Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach §§ 12 dritter Fall, 293 Abs 2 StGB (III/2) und nach § 293 Abs 1 StGB (III/3);
* M*je eines Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB (VIII/1/A), der Geschenkannahme durch Beamte nach §§ 12 dritter Fall, 304 Abs 1 und 3 (zu ergänzen) erster Fall StGB idF BGBl I 2001/130 (VIII/2/A/a) und idF BGBl I 2004/136 (VIII/2/A/b) sowie je mehrerer Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 2 StGB (III/1) und der Bestechung nach §§ „12 dritter Fall“, 307 Abs 1 Z 1 StGB idF BGBl I 1998/153 (VIII/2/A/c [vgl aber US 185 zu dessen Agieren als Mittelsmann, dazu Nordmeyer/Stricker in WK 2StGB § 307 Rz 24 und 36 f; Marek/Jerabek , Korruption, Amtsmissbrauch und Untreue 17§§ 307–307b StGB Rz 1] und VIII/2/A/d);
Dr. * H*je eines Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB (VIII/1/B) und der Geschenkannahme durch Beamte nach §§ 12 dritter Fall, 304 Abs 1 und 3 (zu ergänzen) erster Fall StGB idF BGBl I 2001/130 (VIII/2/B/a), je eines Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 und 3 erster Fall StGB (II) und der Bestechung nach §§ „12 dritter Fall“, 307 Abs 1 Z 1 StGB idF BGBl I 1998/153 (VIII/2/B/b) sowie mehrerer Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 3 StGB (IX);
MMag. Dr. * P*eines Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB (VIII/1/C) sowie eines Vergehens der Bestechung nach § 307 Abs 1 Z 1 StGB idF BGBl I 1998/153 (VII);
Dr. * S*eines Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB (VIII/1/D) und eines Vergehens der Bestechung nach § 307 Abs 1 Z 1 StGB idF BGBl I 1998/153 (VII);
Dr. * T*eines Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 und 3 erster Fall StGB idF BGBl I 2007/109 (V/1) sowie je mehrerer Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 2 StGB (III/1) und der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB idF BGBl I 2007/93 (IV/1) und
* W*eines Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 und 3 erster Fall StGB idF BGBl I 2007/109 (V/2) sowie je mehrerer Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach §§ 12 dritter Fall, 293 Abs 2 StGB (III/2) und nach § 293 Abs 1 StGB (III/3) sowie der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB idF BGBl I 2007/93 (IV/2).
[2] Danach haben (zusammengefasst) in W* und an anderen Orten
(I/1) Mag. * G* als Bundesminister für Finanzen seine Befugnis, über das Vermögen des Bundes zu verfügen und diesen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch den Bund in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt, indem er entgegen der ihn gemäß § 1 des Bundesgesetzes betreffend die Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften, BGBl I 2003/46, treffenden, sowie der ihm durch § 2 Abs 2 und 3 BMG zukommenden Verpflichtung, die dem von ihm geleiteten Bundesministerium übertragenen Geschäfte der obersten Bundesverwaltung (hier) als Träger von Privatrechten in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise zu besorgen,
A) am 15. Juni 2004 im Verwertungsverfahren der Bundeswohnbaugesellschaften (im Folgenden: Buwog) im Sinn des Bundesgesetzes BGBl I 2003/46 dem „Österreich-Konsortium“ den „Zuschlag“ erteilte, ohne nachzuverhandeln (insb US 138 f, 166 iVm ON 1791 S 953, US 172, 1244 ff), obwohl er wusste, dass dieser Geschäftspartner (aufgrund einer zuvor mit Mag. G* getroffenen Vereinbarung, wonach diesem für die Erteilung des „Zuschlags“ eine den Verkaufserlös in diesem Umfang verringernde, als „Provision“ bezeichnete Zahlung von einem Prozent des gebotenen Kaufpreises geleistet werde) bereit war, einen um 9.612.812 Euro höheren Kaufpreis zu zahlen (US 1014), wodurch dem Bund ein Schaden in der angeführten Höhe zugefügt wurde, sowie
B) für den am 31. März 2006 zwischen der T* T* GmbH Co KEG (im Folgenden: tt GmbH Co KEG) und dem Bund erfolgten Mietvertragsabschluss zur Neuunterbringung der Li* im als „T* T*“ bezeichneten Bauobjekt die Leistung einer Mag. G* persönlich zukommenden, als „Provision“ bezeichneten Zahlung von 200.000 Euro (US 200 iVm US 211, 213 und 215) anstatt einer Reduktion des vom Bund zu entrichtenden Mietzinses oder einer Verlängerung der mietzinsfreien Zeit vereinbarte (US 217, 643 f, 1245 f), wodurch dem Bund ein Schaden in der angeführten Höhe zugefügt wurde;
(II) Dr. * H* sich vom 6. Dezember 2006 bis zum 10. Oktober 2008 ein fremdes Gut in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert, das durch den Irrtum eines im Urteil Genannten anlässlich zweier Überweisungen auf ein Bankkonto der A* Ltd (im Folgenden: A* Ltd) „in seinen Gewahrsam [...] geraten war“, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet, indem er die zu hoch getätigten Zahlungen von 60.000 Euro am 6. Dezember 2006 und von 240.000 Euro am 30. Oktober 2007 „für sich selbst behielt und verwendete“;
(III/1) * M* und Dr. * T*am 10. November 2009 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) falsche Beweismittel in dem zu AZ * der Staatsanwaltschaft Wien anhängigen Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung gebraucht, indem sie im Rahmen der dritten Beschuldigtenvernehmung des M* nachstehende Kopien von inhaltlich unrichtigen Urkunden vorlegten, um die wirtschaftliche Berechtigung von * Pl* (a bis d) und von Mag. G* (e und f) an im Urteil näher bezeichneten Konten zu verschleiern, und zwar
a) einer Immobilieninvestmentvereinbarung, datiert mit 12. März 2006,
b) bis d) dreier Nachträge zur Immobilieninvestmentvereinbarung, datiert mit 26. Februar 2007, 15. Mai 2007 und 23. Februar 2009,
e) eines Kreditvertrags, datiert mit 5. Dezember 2007, und
f) eines „Securities-Lending-Vertrags“, datiert mit 6. Oktober 2008,
2) Mag. G* und * W*(Letzterer nur zu III/1/e und f) vom Oktober 2009 bis zum 10. November 2009 zur Ausführung der in III/1 bezeichneten strafbaren Handlungen beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), indem sie „an gemeinsamen Besprechungen zur Erstellung der genannten falschen Beweismittel zum Zwecke der Verschleierung teilnahmen und dazugehöriges Tatsachensubstrat lieferten“ und W* zudem die Unterschriftsleistung organisierte (US 332), sowie
3) Mag. G* und W*vom Oktober 2009 bis zum November 2009 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) falsche Beweismittel mit dem Vorsatz hergestellt, dass diese in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung gebraucht werden, indem sie zur Verschleierung des Eigentums von Mag. G* an einem Geldbetrag von 784.000 Euro
a) einen Treuhandvertrag und
b) einen Zusatz zum Treuhandvertrag,
beide datiert mit 15. Jänner 2009, verfassten;
(IV) vom Oktober 2009 bis zum November 2009 Mag. G*, der die in I/1 und VI genannten strafbaren Handlungen begangen, sowie den abgesondert verfolgten Pl*, der zu diesen, zu den in VII genannten und zu weiteren im Urteil näher beschriebenen strafbaren Handlungen anderer Personen beigetragen hat, der Verfolgung absichtlich ganz zu entziehen versucht, und zwar
1) Dr. T* durch die zu III/1 genannte Handlung und durch Mitwirken am Verfassen der zu III/1 genannten Beweismittel sowie
2) W* durch die zu III/2 und III/3 genannten Handlungen;
(V) vom Oktober 2009 bis zum November 2009 die Herkunft von Vermögensbestandteilen in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert, die aus Verbrechen und Vergehen eines anderen herrührten, und zwar aus den in IV angeführten strafbaren Handlungen des Mag. G* sowie den im Urteil näher dargestellten strafbaren Handlungen des abgesondert verfolgten Pl*, verschleiert, und zwar hinsichtlich der auf den Konten „Karin“ (diesbezüglich nur Dr. T*) und „400.815“ der Hy* AG (im Folgenden: Hy* AG) einbezahlten „Provisionsteile“ sowie der Überweisung von 500.000 Euro vom Konto „400.815“ auf das Konto „109.061“ der R* AG (im Folgenden: R* AG)
1) Dr. T* durch die zu IV/1 genannten Handlungen sowie
2) W* durch die zu IV/2 genannten Handlungen sowie durch die anschließende Vorlage dieser Beweismittel und die Abgabe falscher Erklärungen gegenüber den Verantwortlichen der R* AG in Bezug auf die Herkunft des Überweisungsbetrags von 500.000 Euro;
(VI) Mag. G* als Bundesminister für Finanzen, mithin als Beamter, für die pflichtwidrige Vornahme nachgenannter Amtsgeschäfte von anderen einen Vorteil in einem 2.000 Euro (VI/1) und 3.000 Euro (VI/2) übersteigenden Wert im Wege von Mittelsmännern (vgl dazu Nordmeyer/Stricker in WK 2StGB § 304 Rz 55; Marek/Jerabek , Korruption, Amtsmissbrauch und Untreue 17 §§ 304–306 Rz 24) für sich und Dritte gefordert, und zwar
1) im ersten Halbjahr 2004 im Zuge des zu I/1/A beschriebenen Verwertungsverfahrens der Buwog für die bevorzugte Behandlung des „Österreich-Konsortiums“, die die berechtigten Interessen des Mitbewerbers beeinträchtigte (vgl dazu Nordmeyer/Stricker in WK 2StGB § 304 Rz 33), indem er über die Mittelsmänner M* und Dr. H* (insb US 140, 182 f) den Vertretern dieses Konsortiums, MMag. Dr. P* und über diesen auch Dr. S*, nach Öffnung der Angebote vom 4. Juni 2004 geheime Informationen über die Höhe des Anbots der Bestbieterin C* AG (im Folgenden: C* AG) von rund 922 Millionen Euro und deren vermeintlich maximal ausschöpfbaren Kaufpreisrahmen von 960 Millionen Euro zukommen ließ (US 156 ff [163 f]), von den genannten Vertretern des Konsortiums die Leistung einer Zahlung in Höhe von einem Prozent des zumindest mit 700 Millionen Euro angenommenen Kaufpreises sowie
2) vom ersten Halbjahr 2004 bis zum März 2006 (insb US 200, 211, 213, 215, 217 f, 630) im Zuge des zu I/1/B beschriebenen Mietvertragsabschlusses über die Mittelsmänner M* (US 218 f) und Pl* von DI * Pö* die Leistung einer Zahlung von 200.000 Euro für das Kontrahieren zu einem um diese Summe überhöhten Mietpreis oder ohne dementsprechende Verlängerung der mietzinsfreien Zeit (US 217 f iVm 643 f);
(VII) MMag. Dr. * P* und Dr. * S* als Vertreter des „Österreich-Konsortiums“ im ersten Halbjahr 2004 bis zum 2. Juni 2004 (US 140, 424) Mag. G* als Bundesminister für Finanzen, mithin einem Beamten, für die zu VI/1 beschriebene pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäfts „über den als Mittelsmann für Mag. G* fungierenden Dr. H*“ (US 63, 184 f) einen Vorteil, nämlich die dort genannte Zahlung, versprochen, weiters
(VIII)zur Ausführung von nachstehenden strafbaren Handlungen beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), und zwar
1) wissentlich
A) M*
a) zu der zu I/1/A beschriebenen, indem er ab September 2001 in Absprache mit Mag. G*, Pl* und Dr. H* als Mittelsmann und Kommunikationsschnittstelle zwischen Dr. H* und Mag. G* fungierte, die Abwicklung der „Provisionszahlung“ organisierte und Mag. G* dadurch insgesamt auch psychischen Rückhalt bot, sowie
b) zu der zu I/1/B beschriebenen, indem er ab Ende Februar 2004 in Absprache mit Mag. G* und Pl* als Mittelsmann und Kommunikationsschnittstelle zu Mag. G* fungierte, mit DI Pö* die Abwicklung der „Provisionszahlung“ organisierte und Mag. G* dadurch insgesamt auch psychischen Rückhalt bot;
B) Dr. H *
a) zu der zu I/1/A beschriebenen, indem er ab September 2001 in Absprache mit Mag. G*, Pl* und M* die Forderung und Abwicklung der „Provisionszahlung“ mit MMag. Dr. P* und Dr. S* besprach und organisierte und Mag. G* dadurch insgesamt auch psychischen Rückhalt bot, sowie
b) als Vorstand der V* AG (im Folgenden: V* AG) sowie als Geschäftsführer der Dr. H* GmbH (im Folgenden: Ho*) zu strafbaren Handlungen des Mag. * F*, des Mag. * Sc* und des Mag. * Fr*, wobei
Mag. F* als Vorstand der Te* AG und (richtig: [ON 18 S 355 ff in ON 3649]) als Vorstandsvorsitzender der Tel* AG „teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Mag. * Sc* [...] sowie [mit] Mag. * Fr*“ seine Befugnis, über das Vermögen der genannten Gesellschaften zu verfügen und diese zu verpflichten, wissentlich missbraucht und diese Gesellschaften in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag von 2.974.717,92 Euro am Vermögen geschädigt hat, indem er (I/2/A) von kurz vor dem 26. August 2004 bis zum 19. August 2008 mit der V* AG sowie der Ho*, beide vertreten durch Dr. H*, in acht im Urteil näher bezeichneten Fällen „Geschäfte abschloss“, welche „zum Teil“ Scheingeschäfte waren, weil zum Zeitpunkt des Abschlusses keine Gegenleistungen vereinbart wurden (und die dazu dienten, eine sogenannte „schwarze Kassa“ bei den beiden genannten, von Dr. H* vertretenen Unternehmen mit Mitteln der Te* AG und der Tel* AG zu bilden), und „veranlasste“, dass die mit diesen Geschäften vereinbarten Beträge an die V* AG oder an die Ho* „überwiesen werden“, wobei insgesamt 2.844.717,92 Euro „dazu diente[n], die ꞌschwarze Kassaꞌ zu füllen“, sowie (I/2/B) am 28. Juni 2007 „ein Anbot der Ho* über eine Kooperation anlässlich einer Aids-Life-Gala mit einem Sponsorbetrag von 180.000 Euro annahm und die Zahlung veranlasste, wobei feststand, dass das Sponsoring lediglich 50.000 Euro beträgt, sodass er insoweit einen Schaden von 130.000 Euro herbeiführte“, indem Dr. H*
aa) bis ii) Anbote zu diesen „Geschäften“ legte, denen teilweise keine tatsächliche Leistungserbringung zugrunde lag, und die darauf bezogenen Rechnungslegungen veranlasste sowie
zu weiteren Untreuehandlungen des Mag. F*, nämlich betreffend die Genehmigung zweier Anbote der V* AG, und zwar eines mit dem Titel „Evaluierung von Marktchancen in Ost- und Südeuropa“ über 1,8 Millionen Euro am 28. Juni 2004 sowie eines mit dem Titel „Vorbereitendes Lobbying Beamtenagentur“ Ende August 2008 über 1.056.000 Euro samt der Veranlassung dieser Zahlungen, wovon ein Gesamtbetrag von zumindest 2.114.354 Euro „dazu diente, die ꞌschwarze Kassaꞌ zu füllen“, indem Dr. H*
jj) und kk) die diesbezüglichen Anbote legte und die darauf bezogenen Rechnungslegungen veranlasste;
C) MMag. Dr. P* als Vertreter des „Österreich-Konsortiums“ ab Ende 2003 zu der zu I/1/A beschriebenen, durch die in VII genannte Handlung und die Unterfertigung eines der Verschleierung der „Provisionszahlung“ dienenden (US 146, 154 f, 178 f, 180 f, 1144 f) „Geschäftsbesorgungsvertrags“ mit der von Dr. H* vertretenen V* AG am 2. Juni 2004;
D) Dr. S* als Vertreter des „Österreich-Konsortiums“ ab Ende 2003 in Bezug auf einen Vermögensschaden von 4.806.406 Euro (US 68 f, 182) zu der zu I/1/A beschriebenen, durch die in VII genannte Handlung und indem er mit Dr. H* und MMag. Dr. P* vor dem 2. Juni 2004 die vertragliche Abwicklung der „Provisionszahlung“ besprach (US 178, 181, 1162 f);
2) in Bezug auf einen jeweils 2.000 Euro (VIII/2/A/a und VIII/2/B/a) und 3.000 Euro (VIII/2/A/b) übersteigenden Wert des Vorteils, und zwar
A) M*
a) zu der zu VI/1 beschriebenen, indem er im ersten Halbjahr 2004 die Forderung (US 183) und Abwicklung der „Provisionszahlung“ organisierte, die von Mag. G* erhaltenen, zu VI/1 näher beschriebenen Informationen betreffend die Bestbieterin an Dr. H* zur Bekanntgabe an MMag. Dr. P* weiterleitete und Mag. G* dadurch insgesamt auch psychischen Rückhalt bot,
b) zu der in VI/2 beschriebenen, indem er vom ersten Halbjahr 2004 bis zum März 2006 die Abwicklung der „Provisionszahlung“ organisierte, die Forderung des Mag. G* an Pl* zur Bekanntgabe an DI Pö* weiterleitete und Mag. G* dadurch insgesamt auch psychischen Rückhalt bot,
c) zu den zu VII beschriebenen, indem er MMag. Dr. P* und Dr. S* im ersten Halbjahr 2004 bis zum 2. Juni 2004 bestärkte, ihre Bestechungsversprechen abzugeben, deren gegenüber Dr. H* abgegebene Zusicherung einer „Provisionszahlung“ an Mag. G* weiterleitete und die Forderung und Abwicklung dieser Zahlung organisierte sowie
d) zu jenen des Dr. * Sch* und des DI Pö*, die von Ende Jänner 2006 bis Anfang Februar 2006 Mag. G* als Bundesminister für Finanzen, sohin einem Beamten, für die pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäfts, nämlich den „parteilichen Abschluss“ des zu I/1/B bezeichneten Mietvertrags „über die als Mittelsmänner für Mag. * G* fungierenden KR * Pl* und Ing. * M*“ für ihn und Dritte einen Vorteil, nämlich die Leistung einer Zahlung von 200.000 Euro, versprachen, indem er sich „als Mittelsmann und Kommunikationsschnittstelle zu Mag. * G* zur Verfügung stellte, mit DI * Pö* die Höhe und Abwicklungsmodalitäten der Bestechungszahlung besprach […] und dadurch insgesamt die Genannten bestärkte, ihr Versprechen abzugeben“;
B) Dr. H*
a) zu der in VI/1 beschriebenen, indem er im ersten Halbjahr 200 4 die Forderung und Abwicklung der „Provisionszahlung“ organisierte, die von Mag. G* über M* erhaltenen, zu VI/1 näher beschriebenen Informationen betreffend die Bestbieterin MMag. Dr. P* bekanntgab und Mag. G* dadurch insgesamt auch psychischen Rückhalt bot, sowie
b) zu den zu VII beschriebenen, indem er MMag. Dr. P* und Dr. S* im ersten Halbjahr 2004 bis zum 2. Juni 200 4 bestärkte, ihre Bestechungsversprechen abzugeben, deren Zusicherung einer „Provisionszahlung“ über M* an Mag. G* weiterleitete und die Forderung und Abwicklung dieser Zahlung organisierte;
(IX) Dr. H* im Verfahren vor dem mit Beschluss des Nationalrats vom 20. Oktober 2011 nach Art 53 des Bundes-Verfassungsgesetzes idF von 1929 eingesetzten parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen (USA 2 XXIV. GP) als Auskunftsperson bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache am 16. Februar 2012 (A) und am 12. April 2012 (B) durch im Urteil wörtlich wiedergegebene Passagen (US 73, 343) falsch ausgesagt.
[3] Über die gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. Dezember 2020, GZ 15 Hv 1/17z4916, gerichteten Rechtsmittel des Angeklagten Mag. F* hat der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 20. März 2025, GZ 14 Os 61/23m 36, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden.
[4]Dabei hat der Oberste Gerichtshof die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Mag. G*, M*, Dr. H*, MMag. Dr. P*, Dr. S*, Dr. T* und W* sowie die Ausübung der dem Obersten Gerichtshof nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO zukommenden Befugnis in Bezug auf diese Angeklagten einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorbehalten.
[5]Gegenstand dieses Gerichtstags waren somit die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Mag. G* (aus § 281 Abs 1 Z 1, 3, 4, 5, 5a sowie 9 lit a und b StPO), M* (aus § 281 Abs 1 Z 1, 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und bsowie 10 StPO), Dr. H* (aus § 281 Abs 1 Z 3, 5 und 9 lit a StPO), MMag. Dr. P* (aus § 281 Abs 1 Z 1, 4, 5, 5a, 9 lit a und b sowie 10 StPO), Dr. S* (aus § 281 Abs 1 Z 1, 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO), Dr. T* (aus § 281 Abs 1 Z 1, 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und b, 10, 10a und 11 StPO) sowie W* (aus § 281 Abs 1 Z 1, 3, 4, 10 und 10a StPO).
Der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden ist – großteils im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – voranzustellen :
Rechtliche Beurteilung
[6]Die Rechtsmittelausführung hat schriftlich, per Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr zu erfolgen (§ 84 Abs 2 StPO, § 89a GOG iVm § 89c Abs 2 Z 3 GOG; Ratz , WKStPO § 284 Rz 10 und § 285 Rz 6). Grundsätzlich zutreffend weist die Generalprokuratur daher darauf hin, dass „Beilagen“ der Rechtsmittelschrift des Mag. G*, die „aufgrund des großen Datenvolumens [...] auf einem USB Stick beim Landesgericht für Strafsachen Wien abgegeben“ wurden (ON 5167 S 1 sowie S 279), auch wenn sie „zu einem integrierenden Bestandteil“ und „zum Vorbringen“ der Nichtigkeitsbeschwerde erklärt werden (ON 5167 S 12), prozessual unbeachtlich sind. Zu diesem Punkt in der Stellungnahme der Generalprokuratur äußerte sich der Verteidiger des Angeklagten Mag. G* dahin, dass die Rechtsmittelausführung samt Beilagen „schriftlich (nämlich ausgedruckt) in der Einlaufstelle des Landesgerichts für Strafsachen [Wien] eingebracht“ und nur „zur besseren Handhabung für die Justiz“ (ohne Beilagen) auch im elektronischen Rechtsverkehr (ERV) übermittelt worden sei. „Zusätzlich und als reine Serviceleistung“ seien die Beilagen „auf einem USB-Stick abgespeichert und bei Gericht abgegeben“ worden (ON 27 S 2 f im Os Akt).
[7] Die diesbezügliche Aktenlage stellt sich wie folgt dar: Die einjournalisierte Rechtsmittelausführung, der ein USB Stick angeheftet ist, enthält keine Beilagen in Schriftform (ON 5167 S 1). Im bezughabenden ERV Übermittlungsprotokoll gab der Verteidiger bekannt, dass die Beilagen „auf einem USB Stick beim Landesgericht für Strafsachen Wien abgegeben“ werden. Ein Hinweis auf die Überreichung der Beilagen (auch) in Schriftform findet sich darin nicht (ON 5167 S 279). Auch die Aktenübersicht weist nur die Übergabe des USB Sticks, aber keine solche in Schriftform auf (Vermerk zu Band 246, ON 5167). Der damit befasste Kanzleimitarbeiter des Landesgerichts für Strafsachen Wien teilte mit E Mail vom 19. August 2024 mit, dass die Beilagen „nur mittels USBStick übergeben“ worden seien (vgl § 285 f StPO; ON 28 im Os Akt). Demgegenüber erklärten der Verteidiger des Mag. G* sowie ein weiterer Rechtsanwalt und ein Mitarbeiter dessen Kanzlei an Eides statt, die Beilagen schriftlich (in einem Ordner) sowie zusätzlich mittels USB Stick der zuständigen Abteilung im Landesgericht für Strafsachen Wien übergeben zu haben, wobei die Übernahme von einem dortigen Mitarbeiter bestätigt worden sei (ON 30 im Os Akt).
[8] Die dargestellte Aktenlage, das Ergebnis der vom Obersten Gerichtshof eingeholten Aufklärung und die Schriftsätze des Verteidigers lassen eine gesicherte Beurteilung der Geschehnisse nicht zu. Der Oberste Gerichtshof geht daher – zum Vorteil des Angeklagten – davon aus, dass die hier gegenständlichen Beilagen (dem Obersten Gerichtshof am 23. August 2024 vom Verteidiger des Mag. G* erneut vorgelegt) in Schriftform eingebracht wurden und solcherart mit Blick auf den diesbezüglichen Verweis Bestandteil der Rechtsmittelausführung sind.
[9] Die behauptete Verfassungswidrigkeit von (fehlerfrei angewendeten) Gesetzesbestimmungen ist ebenso wenig wie die behauptete Gesetzwidrigkeit einer (fehlerfrei angewendeten) Verordnung Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde (vgl Art 89 Abs 1 B VG; RISJustiz RS0053859 [T3, T6], RS0053916 [T1], RS0099654 [T1]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 597).
[10] Auf das auf der Prämisse von Verfassungswidrigkeit des§ 58 Abs 3 Z 2 StGB beruhende Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit b) des Angeklagten Dr. T* ist daher ebenso wie auf das „aus anwaltlicher Vorsicht“ eventualiter erhobene, auf der Annahme von Gesetzwidrigkeit des § 3 der Verordnung der Bundesministerin für Justiz, mit der zur Verhinderung der Verbreitung von COVID 19 besondere Vorkehrungen in Strafsachen getroffen werden (BGBl II 2020/113 iVm BGBl II 2020/138), basierende Vorbringen der Rügen der Angeklagten Mag. G* (aus Z 5) und Dr. S* (aus Z 5 und 9 lit a) sowie (je aus Z 5 und 5a) M*, MMag. Dr. P* und Dr. T* nicht einzugehen.
[11] Hinzugefügt sei, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28. Juni 2023, G 299/2022 21*, die (unter anderem) auf die Feststellung der Gesetz- und der Verfassungswidrigkeit der oben genannten Bestimmungen abzielenden Parteienanträge dieser Angeklagten auf Normenkontrolle nach Art 139 Abs 1 Z 4 B VG und Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B VG (ON 5137, 5143, 5166 und 5170) abgewiesen hat.
[12] Das Gesetz lässt nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde zu ( Ratz , WKStPO § 285 Rz 6 mwN). Folgerichtig eröffnet § 24 StPO nur die Gelegenheit zur Erwiderung (soweit hier von Bedeutung) auf die Stellungnahme der Generalprokuratur zu einer Nichtigkeitsbeschwerde, nicht jedoch zur nachträglichen Erweiterung des Vorbringens der Nichtigkeitsbeschwerde (RISJustiz RS0097055, RS0097061).
1. Zum berechtigten Teil der Nichtigkeitsbeschwerde des Mag. G* und zur amtswegigen Maßnahme:
[13] Zutreffend zeigt die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mag. G* (Z 9 lit a) auf, dass dessen Schuldspruch zu III/ 2 sowie zu III/3 Rechtsfehler anhaften.
[14] Weiters überzeugte sich der Oberste Gerichtshof aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden – in teilweiser Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – davon, dass das angefochtene Urteil im Schuldspr uchzu II, VIII/1/B/b/aa bis hh, jj und kk sowie zu IX des Dr. H* nicht geltend gemachte materielle Nichtigkeit (Z 9 lit a) aufweist, die zu dessen Nachteil wirkt und daher von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO). Zu VIII/1/B/ii kommt d iesem ein vom Mitangeklagten Mag. F* erfolgreich geltend gemachter Nichtigkeitsgrund (Z 5 fünfter Fall) zustatten (§ 290 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StPO).
1.1. Zum Schuldspruch zu III/2 (§§ 12 dritter Fall, 293 Abs 2 StGB) betreffend Mag. G*:
[15]Die als Beitrag (§ 12 dritter Fall StGB) zu den strafbaren Handlungen der unmittelbaren Täter zu III/1 beurteilten Verhaltensweisen des Angeklagten Mag. G* erblickten die Tatrichter im Wesentlichen darin, dass dieser vom Oktober 2009 bis zum 10. November 2009 „aktiv an den Besprechungsrunden“ mit Dr. T*, M* und Pl* „teilnahm“ und „gemeinsam mit diesen an der Verschleierung seiner wirtschaftlichen Berechtigung“ sowie jener des Pl* an diversen (im Urteil bezeichneten) Konten „kollusiv zusammenwirkte“, indem – nicht näher konkretisierte – „Tatsachensubstrate neu geschaffen bzw auch von ihm geliefert wurden“, wobei er durch „seine Teilnahme und seinen Input […] wesentlich dazu bei[trug]“, dass M* und Dr. T* die zu III/1 angeführten Beweismittel im Ermittlungsverfahren vorlegen konnten, „indem er bei diesen Besprechungen aber auch in diversen Telefonaten“ mit M*, Dr. T* und W* „Handlungen, Eingaben […] sowie Verantwortungslinien abstimmte und“ – gleichfalls nicht näher bezeichnete – „Unterlagen erstellte, um die wahrheitswidrigen wirtschaftlichen Berechtigungen zu suggerieren“ und „in die Verschleierungshandlungen zentral involviert war“. Mag. G* wusste, dass er „durch seine aktive Teilnahme an diesen Besprechungen und indem er auch das nötige Tatsachensubstrat für die Erstellung dieser inhaltlich falschen Beweismittel lieferte, dazu beitrug, dass die falschen Beweismittel erstellt und in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung gebraucht werden sollten und wollte er dies auch“ (US 60, 330 f, 903 f, 1259).
[16]Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB erfordert ein Verhalten, das die Ausführung der strafbaren Handlung eines anderen ermöglicht, erleichtert, absichert oder in anderer Weise fördert. Der Beitrag kann durch physische oder psychische (intellektuelle) Unterstützung geleistet werden. An Letzterer kommen jede Art von Belehrungen und Ratschlägen, aber auch das Bestärken in einem bereits gefassten Tatentschluss in Betracht. Ein Beitrag zur Ausführung einer strafbaren Handlung muss konkret wirksam geworden und für den Tatablauf kausal sein (RISJustiz RS0090508, RS0090516, RS0089562; Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 81 ff mwN).
[17]Für die rechtliche Annahme der Deliktsverwirklichung in dieser Täterschaftsform enthält das Urteil aber (im Übrigen ebenso wie für eine unmittelbare Täterschaft [§ 12 erster Fall StGB] oder eine Bestimmungstäterschaft [§ 12 zweiter Fall StGB]; zu deren Gleichwertigkeit siehe RISJustiz RS0117604, RS0089433, RS0090765) keine ausreichende Feststellungsbasis, worauf die Rechtsrüge (Z 9 lit a) des Angeklagten Mag. G* mit Recht verweist.
[18] Denn inwiefern dessen pauschal beschriebenes Verhalten für die dem Schuldspruch III/1 zugrunde liegenden Taten der unmittelbaren Täter konkret förderlich und damit zumindest (mit )kausal gewesen sein soll (RISJustiz RS0090228, RS0089832 [T7, T9]), bleibt offen (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO).
[19] Diesbezügliche konkrete Feststellungen wären schon mit Blick auf die weiteren Annahmen der Tatrichter, wonach es sich bei den im Schuldspruch zu III/1 genannten Schriftstücken um (jeweils nicht vom Angeklagten Mag. G*, sondern vermeintlich) zwischen dem Angeklagten M* und Pl* (US 322 und 887 ff iVm ON 254 S 45 ff) sowie dem Angeklagten M* und der vom Angeklagten W* betreuten M* Group (US 322 und 891 iVm ON 254 S 55 ff; vgl auch US 254, 256) geschlossene Vereinbarungen handelte, sowie aufgrund der Feststellungen zur umfassenden und eigenständigen Tätigkeit des Angeklagten Dr. T* im Zusammenhang mit den der Verschleierung der tatsächlichen Geldflüsse dienenden Verträgen (siehe dazu US 316 bis 319, vgl auch US 847 ff, 869 f [iVm ON 3743 S 1325 ff, 1339 und 1341 ff], 875 ff) umso mehr erforderlich gewesen.
[20] Eine (kausal gewordene) bloß psychische Unterstützung der unmittelbaren Täter (iSd Leistung eines psychischen Beitrags; vgl dazu RISJustiz RS0089799, RS0089893, RS0090508; Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 90) durch den Angeklagten Mag. G* alleine aufgrund seiner „aktiven Teilnahme“ an den vom Oktober 2009 bis zum 10. November 2009 zur Abstimmung oder Absprache von „Handlungen, Eingaben im Sinne von Schriftstücken sowie Verantwortungslinien“ erfolgten Besprechungsrunden bei und mit den Angeklagten Dr. T* und M* sowie Pl* oder durch das bloße Wissen und Wollen von der Herstellung von falschen Beweismitteln und deren Vorlage im Ermittlungsverfahren durch die Angeklagten M* und Dr. T* (vgl US 331 iVm US 903 f) wurde im Übrigen gerade nicht konstatiert.
1.2. Zum Schuldspruch zu III/3 (§ 293 Abs 1 StGB) betreffend Mag. G*:
[21] Zu III/3 liegt – worauf die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mag. G* insoweit gleichfalls zutreffend hinweist (zum nicht berechtigten gleichlautenden Einwand in Bezug auf die übrigen ihn betreffenden Schuldspruchpunkte vgl unten zu 3.3.4.) – ein Rechtsfehler mangels Feststellungen hinsichtlich der (impliziten rechtlichen) Verneinung des Eintritts von Strafbarkeitsverjährung (Z 9 lit b) vor:
[22]Nach den Urteilskonstatierungen beging Mag. G* die diesem Schuldspruchpunkt zugrunde liegenden – jeweils dem mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bedrohten Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 StGB subsumierten – Taten (im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit W*) vom Oktober 2009 bis zum November 2009.
[23]Feststellungen zu verjährungshemmenden Umständen (§ 58 Abs 2 und 3 StGB) hat das Erstgericht in diesem Zusammenhang nicht mit hinreichender Deutlichkeit getroffen. Der bloße Hinweis auf die (im Rechtshilfeweg [ON 872] erlangten) Vernehmungen der Zeugen * I* vom 2. März 2012 (US 783 iVm ON 1577) und * Sto* vom 20. Februar 2012 (US 746 iVm ON 2544) reicht hiefür nicht aus. Mit Blick auf die Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 57 Abs 3 vierter Fall StGB) macht das Fehlen von Konstatierungen zu solchen Umständen die (implizite) rechtliche Beurteilung, die Strafbarkeit der in Rede stehenden Beweismittelfälschungen sei nicht verjährt, unschlüssig (RISJustiz RS0122332 [T1, T6, T7, T11], RS0091794 [T4]).
1.3. Zum Schuldspruch zu II (§ 134 StGB) des Dr. H*:
[24]Das Tatbild der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB erfüllt, wer ein fremdes Gut, das auf die dort bezeichnete Weise in seinen Gewahrsam geraten ist, sich oder einem Dritten zueignet.
[25] Der Täter eignet sich eine Sache zu, wenn er wie ein rechtmäßiger Eigentümer agiert, die Sache somit behält, verwertet oder wie ein Eigentümer nützt. Weiters muss sich die Zueignung in einer nach außen sichtbaren Handlung manifestieren, die zudem mit der Gefahr des dauerhaften Verlustes für den Eigentümer verbunden sein muss. Keine Zueignung liegt hingegen im bloßen Vorenthalten einer Sache ( Salimi in WK 2StGB § 133 Rz 78 ff und 96 sowie § 134 Rz 45 f und 51 je mwN).
[26] Die Konstatierungen des Erstgerichts, wonach sich der Angeklagte Dr. H* den aufgrund von Fehlüberweisungen „in seinen Gewahrsam“ gelangten Betrag „zueignete“ (US 197 sowie US 604 f, 1100, 1115, 1121, 1253), erschöpfen sich in einem substanzlosen Gebrauch der verba legalia und bleiben solcherart ohne Sachverhaltsbezug (RISJustiz RS0119090).
[27]Dass Dr. H* „diesen Gesamtbetrag für sich selbst behielt und verwendete“, findet sich allein im Referat der entscheidenden Tatsachen im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO [US 58]), das die Feststellungen nicht zu ersetzen vermag (RISJustiz RS0114639).
[28]Schon deshalb war Punkt II des Schuldspruchs in amtswegiger Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) dieses nicht geltend gemachten Rechtsfehlers (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) aufzuheben (vgl im Übrigen [zur von der hL verneinten Frage, ob an Giralgeld überhaupt tatbildlicher Gewahrsam begründet werden kann] Salimi in WK 2StGB § 134 Rz 32 mwN; Stricker , SbgK § 134 Rz 37 ff, 101 ff [dort auch zur Problematik der Abgrenzbarkeit des Tatobjekts bei der Zueignungshandlung insbesondere Rz 106 ff]; Messnerin Leukauf/Steininger, StGB 4 § 134 Rz 2; Kienapfel/Schmoller , BT II 2 § 134 Rz 6 ff; anders noch 10 Os 206/84 sowie [in einem obiter dictum auf die vorige Entscheidung verweisend] 12 Os 153/94; vgl auch 12 Os 135/96).
1.4. Zum Schuldspruch zu VIII/1/B/b (§§ 12 dritter Fall, 153 StGB) des Dr. H*:
[29] Nach den Urteilskonstatierungen hat der Angeklagte Dr. H* zu den eingangs zu VIII/1/B/b/ aa bis ii dargestellten Untreuehandlungen des Vorstands der Te* AG und Vorstandsvorsitzenden der Tel* AG, Mag. F*, im Zusammenhang mit acht im Urteil näher beschriebenen „Geschäften“ (aa bis hh) sowie zum Abschluss eines Sponsoringvertrags (ii),denen nur teilweise eine Gegenleistung zugrunde lag, beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), indem er im Rahmen der von ihm vertretenen V* AG und Ho* Anbote zu diesen „Geschäften“ legte, die darauf bezogenen Rechnungen erstellen und übermitteln ließ und dadurch veranlasste, dass „ein entsprechendes Rechenwerk bei der Te* AG und der Tel* AG vorhanden war, um die grundlose Zahlungsverpflichtung [...] und durchgeführte Zahlung […] zu verschleiern“ (US 66 f, 340). Dabei wusste er, dass Mag. F* seine Befugnis, über das Vermögen der Te* AG und der Tel* AG zu verfügen, „durch die Durchführung der genannten Geschäftsfälle […] wissentlich in unvertretbarer Weise missbrauchte“ und er „durch sein Agieren dazu beitrug“ (US 341).
[30]Strafbarkeit des Beitragstäters (§ 12 dritter Fall StGB) setzt voraus, dass die von ihm geförderte Tat des unmittelbaren Täters zumindest objektiv in das Versuchsstadium gelangt (RISJustiz RS0089552, RS0090016, RS0132289; Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 94, 96 f, 109 f; Bauer/Plöchl in WK 2StGB §§ 15, 16 Rz 13, 21).
[31] An einer entsprechenden Feststellungsbasis fehlt es aber zu VIII/1/B/b/aa bis hh, weil den Konstatierungen zum darauf bezogenen (hier zu VIII/1/B/b referierten) Schuldspruch des Mag. F*wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB als unmittelbarer Täter (I/2 des angefochtenen Urteils) nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit zu entnehmen ist (vgl zu Undeutlichkeit als Gegenstand materieller Nichtigkeit Ratz , WKStPO § 281 Rz 570 f iVm Rz 19), bei welchen der zu I/2/A/a bis h angeführten Geschäftsfälle Mag. F* selbst eine § 153 StGB subsumierbare Tathandlung in Form des ihm vorgeworfenen Abschlusses von Verträgen, denen (zum Teil) keine Gegenleistung zugrunde lag, gesetzt hat, sodass ihm solcherart der befugnismissbräuchliche Abschluss eines Rechtsgeschäfts anzulasten wäre (vgl US 337 ff, 1250 f einerseits sowie US 924 [zum konkreten Handlungsablauf] andererseits; vgl auch US 920).
[32] Zu I/2/B wiederum haftet den diesen Schuldspruchpunkt des Mag. F* (in objektiver und subjektiver Hinsicht) tragenden Urteilsfeststellungen (US 340) ein von diesem zutreffend geltend gemachter Begründungsmangel (Z 5 fünfter Fall) an, weil diese Konstatierungen ausschließlich auf die Angaben des Angeklagten Mag. F* gestützt wurden, wonach sich seine Zusage betreffend die „Aids-Life-Gala“ auf 50.000 Euro bezogen habe, tatsächlich aber 150.000 Euro verrechnet worden seien (US 919 unter Verweis auf ON 3864 S 34 ff). Dies obwohl Mag. F* in der Hauptverhandlung – nach dem unbedenklichen Inhalt des darüber aufgenommenen Protokolls – angegeben hat, der ihm angebotene (und von ihm akzeptierte [ON 3875 S 18]) Sponsoringbetrag von 150.000 Euro [netto] für die hochkarätige Veranstaltung habe ihn „nicht wirklich schockiert“, er habe in der Folge 150.000 Euro verrechnet bekommen, dies sei für ihn „schlüssig“ gewesen, er habe erst bei den Vernehmungen erfahren, „dass tatsächlich nur 50.000 Euro abgebucht wurden“, er könne „über die Differenz […] nichts sagen“ (ON 3864 S 34; RISJustiz RS0099431).
[33] Aus diesen Gründen wurde das angefochtene Urteil insoweit im Rahmen der nichtöffentlichen Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mag. F* mit dem eingangs erwähnten Urteil desObersten Gerichtshofs vom 20. März 2025 aufgehoben. Daraus resultiert nach Obgesagtem das Erfordernis der Aufhebung auch des Schuldspruchs VIII/1/B/b/aa bis ii (zu ii nach § 290 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StPO; RISJustiz RS0129172) des Dr. H*.
[34]Zu einer (allfälligen) Beitragstäterschaft des Dr. H* infolge eines bewussten und gewollten Zusammenwirkens (§ 12 erster Fall StGB) des Mag. F* mit dem abgesondert verfolgten Mag. Sc* und dem zwischenzeitlich verstorbenen Mag. Fr* ist (in Bezug auf I/2/A) hinwieder festzuhalten, dass eine solche Mittäterschaft (dazu RISJustiz RS0089808, RS0090006; Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 26) bloß im Referat der entscheidenden Tatsachen im Urteilstenor erwähnt wird (US 56), diesbezügliche Urteilskonstatierungen aber fehlen (erneut RISJustiz RS0114639).
[35] Nach den Feststellungen zu VIII/1/B/b/ jj und kkhat Dr. H* zu „weiteren Untreuehandlungen“ beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), die von Mag. F* als Vorstand der Te* AG „im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den Prokuristen Mag. * Fr* und Mag. * Sc*“ (jj) sowie als Vorstandsvorsitzender der Tel* AG „im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mag. * Sc*“ (kk) begangen wurden, indem er als Vorstand der V* AG betreffend zweier im Urteil geschilderter Geschäftsfälle Anbote legte und die darauf bezogenen Rechnungslegungen veranlasste, wobei Zahlungen des Mag. F* von rund 2,1 Millionen Euro „dazu diente[n], die ꞌschwarze Kassaꞌ zu füllen“. Dr. H* wusste, dass Mag. F* die Befugnis hatte, über das Vermögen der genannten Gesellschaften zu verfügen, dass dieser „durch die Durchführung der genannten Geschäftsfälle“ seine Befugnis wissentlich missbrauchte und er selbst „durch sein Agieren“ dazu beitrug, wobei er mit bedingtem Vorsatz in Bezug auf einen Vermögensschaden der Te* AG und der Tel* AG von insgesamt (VIII/1/B/b) rund 5 Millionen Euro handelte (US 340 f).
[36] Worin die konstatierten „weiteren Untreuehandlungen“ des Mag. F* oder allfälliger Mittäter bestanden haben, bleibt jedoch offen.
[37]Davon ausgehend fehlt es zur Beurteilung der Strafbarkeit des Dr. H* an Feststellungen dahingehend, ob einer der unmittelbaren Täter eine dem Tatbild der Untreue (§ 153 StGB) entsprechende und durch den angelasteten Beitrag geförderte, zumindest das Versuchsstadium erreichende Handlung begangen hat.
[38] Die Konstatierung, dass ein Teil der Zahlungen „dazu diente, die ꞌschwarze Kassaꞌ zu füllen“ (US 67 f, 341), reicht vorliegend – für sich betrachtet – hiefür nicht aus:
[39] Unter einer „schwarzen Kasse“ wird in der Regel ein Sondervermögen verstanden, das dadurch gebildet wird, dass Gelder pflichtwidrig (etwa durch fingierte Rechnungen) aus regulären unternehmensinternen Geldkreisläufen abgezweigt werden. Mit dieser Sondervermögensmasse sollen üblicherweise die Interessen des Vertretenen gefördert werden ( Perron in Schönke/Schröder, StGB 30 § 266 Rz 45c; Komenda , Zur Strafbarkeit des Einrichtens schwarzer Kassen im Lichte des neuen Untreuetatbestands, ZWF 2015, 264). Die Einrichtung dient dazu, Verfügungen über das Sondervermögen (unternehmens)internen und externen Kontrollmechanismen zu entziehen. Anlegen und Dotieren der „schwarzen Kasse“ (sofern dies durch Rechtshandlung erfolgt) bedeutet daher regelmäßig einen iSd § 153 StGB tatbildlichen Befugnisfehlgebrauch, weil damit vom Schutzzweck der Norm (§ 153 Abs 2 StGB) erfasste (bilanzrechtliche) Transparenzvorschriften verletzt werden (vgl dazu auch Lewisch , Aktuelle wirtschaftsstrafrechtliche Praxisfragen, in Lewisch , Wirtschaftsstrafrecht und Organverantwortlichkeit Jahrbuch 2011, 26 f).
[40] Die Bildung eines solchen Sondervermögens („schwarze Kasse“) begründet allerdings solange keine Untreuestrafbarkeit, als der Machthaber Verfügungsbefugnis über dieses Vermögen hat, weil dann keine (vom Tatbestand gleichfalls vorausgesetzte) – zumindest intendierte – Verringerung des Vermögens des Machtgebers vorliegt (vgl zum Ganzen McAllister in Preuschl/Wess , Wirtschaftsstrafrecht 2 § 153 Rz 87 ff mwN und in Auseinandersetzung mit der hL sowie eines vereinzelt gebliebenen Judikats [10 Os 95/70, „schwarzer Fonds“]; Leukauf/Steininger/ Flora, StGB 4 § 153 Rz 31; Lewisch , Aktuelle wirtschaftsstrafrechtliche Praxisfragen, in Lewisch , Wirtschaftsstrafrecht und Organverantwortlichkeit Jahrbuch 2011, 27; Komenda , ZWF 2015, 264 ff mwN; zur deutschen Rechtslage vgl Perron in Schönke/Schröder, StGB 30 § 266 Rz 45c sowie daran anknüpfend Juhasz/Schmoller , ZFR 2011, 309 ff [Anmerkung zu BGH 27. 8. 2010, 2 StR 111/09]).
[41]Weil sich die erstinstanzlichen Feststellungen – wie oben dargelegt – eben gerade in der Aussage erschöpfen, dass Teile der Beträge, die von Verfügungsberechtigten der Te* AG oder der Tel* AG auf Grundlage der vom Angeklagten Dr. H* gelegten Rechnungen an die von diesem vertretenen Unternehmen überwiesen worden waren, der Füllung der „schwarzen Kassa“ dienten, leidet das Urteil auch in Bezug auf diesen Punkt des Schuldspruchs des Angeklagten Dr. H* an einem Rechtsfehler mangels Feststellungen zum tatbildlichen Vermögensschaden, weil ein Verlust der Verfügungsbefugnis des Machtgebers nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO).
Bleibt für den zweiten Rechtsgang anzumerken:
[42] Eine Vermögensverringerung im oben dargestellten Sinn wäre etwa dann zu bejahen, wenn die Te* AG oder die Tel* AG durch (konkret festzustellende) tatbildliche Handlungen der unmittelbaren Täter zur Zahlung der in den inkriminierten Verträgen genannten Beträge verpflichtet worden und entsprechend dem Willen der Vertragspartner (der Machthaber der erstgenannten Gesellschaften sowie Dr. H* als Vertreter der V* AG) keine Gegenleistungen zu erbringen gewesen wären (sog „Scheinverträge“), die Vermögenswerte vielmehr – ohne weitere Zugriffs-, Einfluss- und Kontrollmöglichkeit der verpflichteten Unternehmen, sohin unter Aufgabe der Verfügungsmacht darüber – der V* AG zukommen sollten, weil solcherart ein Vermögensabfluss bei der Te* AG oder der Tel* AG stattgefunden hätte, dem kein wirtschaftlich adäquater Vermögenszufluss gegenübergestanden wäre.
[43]§ 153 StGB zu subsumierende Taten wären damit zum Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses (also der Verpflichtung des Machtgebers, das vereinbarte Entgelt zu entrichten) vollendet gewesen, weil der tatbestandsmäßige Vermögensschaden (als „effektiver Verlust an Vermögenssubstanz“) in der Begehungsvariante der (hier in Rede stehenden) Vermehrung der Passiven (also des „Verpflichtens“) regelmäßig schon im Hinzutreten der betreffenden Verbindlichkeit besteht (eingehend mwN 13 Os 8/19d sowie 11 Os 77/19m; RISJustiz RS0094836, RS0095618, RS0094913; Kienapfel/Schmoller BT II 2 § 153 Rz 85; Marek/Jerabek , Korruption, Amtsmissbrauch und Untreue 17 § 302 Rz 67 f).
[44] In solchen Sachverhaltskonstellationen ist es für die Untreuestrafbarkeit somit rechtlich ohne Bedeutung, ob – nach Eintritt des Untreueschadens und damit nach Tatvollendung – mit den vertraglich zu entrichtenden Entgelten eine „schwarze Kasse“ gebildet oder „gefüllt“ wurde und auf welche Weise die weitere Mittelverwendung erfolgte.
[45] Sollte das Beweisverfahren im zweiten Rechtsgang jedoch ergeben, dass Verantwortliche der verpflichteten Unternehmen noch Verfügungsbefugnis über die in Rede stehenden Vermögenswerte hatten, würde die – wenn auch nach dem Vorgesagten regelmäßig befugnismissbräuchliche – Bildung eines Sondervermögens („schwarze Kasse“) den Tatbestand der Untreue nicht erfüllen und zwar unabhängig davon, welchen Zweck der Machthaber für die weitere Mittelverwendung vorsieht (aA Komenda , ZWF 2015, 264 ff mit Nachweisen auf Teile der deutschen Literatur [FN 32]). Denn mit Blick auf den – vom Tatbestand vorausgesetzten – Vermögensabfluss stellt die bloße Bildung eines Sondervermögens, über das der Machtgeber weiter verfügen kann, (unabhängig von dessen Intention) bloß eine straflose Vorbereitungshandlung dar ( Lewisch , Aktuelle wirtschaftsstrafrechtliche Praxisfragen, in Lewisch , Wirtschaftsstrafrecht und Organverantwortlichkeit Jahrbuch 2011, 27 [FN 19]; vgl auch Perron in Schönke/Schröder, StGB 30 § 266 Rz 45c). Untreuestrafbarkeit könnte dann nur aus missbräuchlicher (rechtlicher) Verfügung über dieses Sondervermögen resultieren, die zum Nachteil des Machtgebers erfolgt, weil diesem ein adäquater Vermögenswert im Austausch nicht zukommt (vgl RISJustiz RS0094565; Kirchbacher/Sadoghiin WK² StGB § 153 Rz 39; vgl auch [zu untreuerelevanten Vermögensschäden bei Zahlungen zu Zwecken „politischer Klimapflege“] 13 Os 142/14b).
1.5. Zum Schuldspruch zu IX (§ 288 StGB) des Dr. H*:
[46] Das Tatbild der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 3 StGB erfüllt, wer als Auskunftsperson (hier) im Verfahren vor einem Untersuchungsausschuss des Nationalrats bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch aussagt. Die Beweisaussage ist falsch, wenn der Aussageinhalt mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt (RISJustiz RS0096001), also objektiv unrichtig ist. Falsch ist somit eine Aussage, wenn ein Widerspruch zwischen ihrem Inhalt und dem tatsächlichen (objektiven) Geschehen oder Zustand vorliegt ( Plöchl in WK 2StGB § 288 Rz 27).
[47]Nach den zu diesem Schuldspruch getroffenen Urteilsfeststellungen hat Dr. H* im Februar 2012 und im April 2012 im Wortlaut wiedergegebene Passagen als Auskunftsperson vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu Protokoll gegeben, die „nicht der Wahrheit“ entsprachen und „objektiv unrichtig“ waren, wobei er in Kauf nahm, eine falsche Aussage zu tätigen, und wusste, dass seine Angaben falsch waren (US 73, 343 f, 958, 1263). Diese Konstatierungen lassen offen, inwieweit der festgestellte – jeweils eine Mehrzahl von Behauptungen umfassende – Aussageinhalt mit welchem (auch sonst im Urteil nicht geklärten) tatsächlichen Geschehen in Widerspruch stehen soll. Die Konstatierung, wonach Dr. H* „objektiv unrichtig“ ausgesagt hat, bleibt daher – wie auch die Generalprokuratur zutreffend ausführt – insoweit ohne Sachverhaltsbezug (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO; RISJustiz RS0119090).
[48]Im zweiten Rechtsgang wird zu beachten sein, dass Gegenstand der Aussagen des Angeklagten Dr. H* eine Zahlung an die Agentur Wh* war (US 343 f), wegen der er (unter anderem) am 26. September 2011 in einem gegen ihn (zu AZ 614 St 3/10m der Staatsanwaltschaft Wien) geführten Ermittlungsverfahren als Beschuldigter vernommen wurde (ON 268 S 203 im einbezogenen Akt AZ 16 Hv 5/17w des Landesgerichts für Strafsachen Wien). Deshalb wären Feststellungen darüber zu treffen, ob der Angeklagte Dr. H* die falsche Beweisaussage in der Absicht ablegte, strafrechtliche Verfolgung von sich abzuwenden (§ 290 Abs 1a StGB; vgl zu dessen Voraussetzungen eingehend 13 Os 142/14b, 13 Os 143/14z, 13 Os 144/14x).
[49] 1.6.Die vorstehend zu den Punkten 1.1. bis 1.5. dargestellten Rechts- und Subsumtionsfehler und der von Mag. F* geltend gemachte Begründungsmangel führen – in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mag. G* sowie aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden – zur Aufhebung des angefochtenen Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich samt Verweisung der Sache an das Landesgericht für Strafsachen Wien (§ 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz iVm § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).
[50] Das Beschwerdevorbringen des Angeklagten Dr. H* zu den damit von Amts wegen beseitigten Urteilsaussprüchen hat demnach ebenso auf sich zu beruhen wie die weiteren gegen die von der Aufhebung betroffenen Schuldspruchpunkte gerichteten Einwände des Angeklagten Mag. G*.
2. Zu den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Mag. G* und Dr. H* im Übrigen sowie zu den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten M*, MMag. Dr. P*, Dr. S*, Dr. T* und W*, jeweils im Hinblick auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 1, 3 und 4 StPO:
[51]Soweit die (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten zu den Besetzungs- und Verfahrensrügen (§ 281 Abs 1 Z 1, 3 und 4 StPO) im Wesentlichen inhaltsgleich argumentieren, werden sie im Folgenden gemeinsam behandelt. Darüber hinausgehendes Vorbringen dazu wird der erforderlichen gesonderten Beantwortung unterzogen. Die verbleibenden Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten (§ 281 Abs 1 Z 5 bis 10a StPO) werden im Anschluss daran (Punkt 3.) einzeln beantwortet.
2.1. Zu den Besetzungsrügen der Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P*, Dr. S*, Dr. T* und W* (§ 281 Abs 1 Z 1 StPO):
[52] Voranzustellen ist, dass die erfolgreiche Geltendmachung einer Nichtigkeit nach Z 1 voraussetzt, dass der Nichtigkeitswerber den nichtigkeitsbegründenden Sachverhalt sofort, nachdem er davon Kenntnis erlangt hat, rügt (zur sog Rügeobliegenheit eingehend Ratz , WKStPO § 281 Rz 93, 133 ff; Kirchbacher, StPO 15 § 281 Rz 24 mwN; RISJustiz RS0097452). Ob der Nichtigkeitsgrund vorliegt und ob der Rügeobliegenheit entsprochen wurde, prüft der Oberste Gerichtshof auf einer von ihm selbst in freier Beweiswürdigung auf der Basis des Rechtsmittelvorbringens, der Akten und allenfalls gemäß § 285f StPO angeordneter Aufklärungen geschaffenen Sachverhaltsgrundlage (RISJustiz RS0125767; Ratz , WKStPO § 281 Rz 97).
[53] 2.1.1. Die Besetzungsrügen der Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P* und Dr. S* behaupten Ausgeschlossenheit der Vorsitzenden des Schöffengerichts nach der Generalklausel des § 43 Abs 1 Z 3StPO im Zusammenhang mit dem Verhalten ihres Ehemanns.
[54] a) Die Angeklagten Mag. G*, M* und MMag. Dr. P* argumentieren zunächst – weitgehend inhaltsgleich – damit, dass die Vorsitzende mit dem ebenfalls als Strafrichter tätigen und überdies ehemals mit ihrer Ausbildung befassten Dr. M* Ho* verheiratet sei, der zwischen Anfang 2015 und Sommer 2017 auf seinem (damals) Twitter-Account „M*“ öffentlich diverse gegen Mag. G* gerichtete Äußerungen („Tweets“) getätigt, einen Link zu einem auf Mag. G* bezogenen satirischen Musikvideo veröffentlicht, eine Folge einer (im öffentlichen Fernsehen ausgestrahlten) Krimiserie kommentiert und weitere Nachrichten versendet habe. All diese Aktivitäten hätten eine tiefsitzende persönliche Abneigung sowie eine feindselige und zynische Haltung des Ehemanns der Vorsitzenden gegenüber dem Angeklagten Mag. G* sowie eine feste Überzeugung von dessen Schuld zum Ausdruck gebracht (ON 3569 S 9 ff, 25 ff, 40 sowie Beilagen 2 bis ./11 und [Mag. G*] ON 3542).
[55] Zudem habe Dr. M* Ho* auf seinem Twitter-Account zuvor das ebenfalls von seiner Ehefrau als Vorsitzende des Schöffengerichts geführte Strafverfahren gegen den ehemaligen Politiker * We* (AZ * des Landesgerichts für Strafsachen Wien) kommentiert, weshalb offensichtlich sei, dass er sich mit den Fällen seiner Ehefrau beschäftige. Weiters sei „gerichtsnotorisch bekannt“ und durch Zeugen belegbar, dass Dr. M* Ho* zur Urteilsverkündung im damaligen Strafverfahren erschienen sei und seine Ehefrau fotografiert habe. Es liege daher nahe, dass er sich mit seiner Ehefrau über die von ihnen geführten – und daher auch über das gegenständliche – Verfahren austausche. Auch der Umstand, dass Dr. M* Ho* einem Nachrichtenmagazin mitgeteilt habe, von seiner Ehefrau „ein Twitterverbot auferlegt bekommen“ zu haben, stütze die Annahme der „Vermengung von privaten und beruflichen Belangen“. Darauf gründe sich der äußere Anschein einer Voreingenommenheit der Vorsitzenden des Schöffengerichts. Dieser Zweifel an einer unabhängigen Rechtsprechung erweckende Eindruck spiegle sich auch in der Berichterstattung diverser Tageszeitungen wider (ON 3569 Beilagen 12 bis 15).
[56] Der Vollständigkeit halber ist dazu festzuhalten, dass der Rügeobliegenheit seitens des Angeklagten Mag. G* (auch) mit dem – zulässigerweise außerhalb der Hauptverhandlung (RISJustiz RS0097452 [T6]) – schriftlich gestellten Ablehnungsantrag vom 6. Dezember 2017 (ON 3542) entsprochen wurde. Der diesen Antrag abweisenden Entscheidung des Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Wien (ON 3543) kommt für die Prüfung des Beschwerdevorbringens keine Bindungswirkung zu (RISJustiz RS0125766; Lässig , WKStPO § 45 Rz 13; Ratz , WKStPO § 281 Rz 131, 142).
[57]Die Rügekritik an der Begründung der in der Hauptverhandlung ergangenen negativen Entscheidung nach § 45 StPO (ON 3569 S 61) geht schon deswegen ins Leere, weil diese Entscheidung gerade nicht Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde ist ( Ratz , WKStPO § 281 Rz 132).
[58]Gemäß § 43 Abs 1 Z 3 StPO, der im Lichte des Art 6 Abs 1 MRK auszulegen ist (dazu Lässig , WKStPO § 43 Rz 13 mwN), ist ein Richter vom gesamten Verfahren ausgeschlossen, wenn „andere“ Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen.
[59] Zur Auslegung dieser Generalklausel kommt der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum sogenannten Fair-trial-Gebot (Art 6 Abs 1 MRK) besondere Bedeutung zu. Die angesprochene Norm zur „richterlichen Befangenheit“ ( Lässig , WKStPO Vor §§ 43–47 Rz 1) umfasst alle Fälle der Hemmung einer unparteiischen Entscheidungsfindung durch unsachliche Motive. Wie die übrigen Bestimmungen der StPO über die Ausschließung stellt sie auch auf den äußeren Anschein ab. Unter dem Aspekt des § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist daher entscheidend, ob die konkreten äußeren Umstände geeignet sind, bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler naheliegende Zweifel an der unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung zu wecken. Bloße Spekulationen oder eine lediglich subjektive Besorgnis der Befangenheit durch den Ablehnenden genügen hingegen nicht. Die Behauptung der Befangenheit muss vielmehr objektiv begründet sein, wobei das Verhalten eines Richters nicht aus dem Zusammenhang gelöst werden darf, sondern im Gesamtkontext des Verfahrens zu bewerten ist (RISJustiz RS0097054, RS0096914 [T1, T4 T5, T9], RS0097086 [T5], RS0096823, RS0056962; zum Ganzen eingehend Lässig , WKStPO § 43 Rz 9 ff und § 44 Rz 9; zur stRsp des EGMR 6 Nc 18/11s; Grabenwarter/Pabel, EMRK 7 § 24 Rz 45; Harrendorf/König/Voigt in Meyer Ladewig et al, EMRK 5 Art 6 Rz 72; aA [nämlich {auch} auf die Perspektive eines Angeklagten abstellend] Swiderski, Anmerkung zu 12 Ns 36/23z, EvBl 2024, 310 f).
[60] Äußere Einflüsse auf einen Richter (etwa durch mediale Berichterstattung, Kommunikation mit anderen Personen), die – wie auch das Aktenstudium – die Meinungsbildung bereits im Vorfeld der Hauptverhandlung (mit )prägen können, sind per se nicht geeignet, die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Betroffenen in Zweifel zu setzen (RISJustiz RS0096930 [T1, T2]; Lässig , WKStPO § 43 Rz 12, 15). Nur soweit zu solchen Umständen auch der Einwand erhoben wird, der Richter sei (auch nur dem Anschein nach) nicht bereit, einer vorläufig gewonnenen Meinung widerstreitende Beweisergebnisse unvoreingenommen zu würdigen und ihnen gegebenenfalls auch Rechnung zu tragen,ist darüber zu befinden, ob die äußeren Umstände geeignet sind, diesen Einwand zu stützen und solcherart die von § 43 Abs 1 Z 3 StPO geforderten Zweifel zu wecken (RISJustiz RS0096733 [T1, T4, T6], RS0096914 [T6, T10 , T19], RS0097020[T1], RS0112903; erneut Lässig , WKStPO § 43 Rz 12).
[61] Ausgehend davon wird mit den Ausführungen, wonach der Ehemann der Vorsitzenden die von den Rügen als – zusammengefasst – feindlich gesinnt und vorverurteilend gegenüber dem Angeklagten Mag. G* kritisierten Aktivitäten im Wege eines Kurznachrichtendienstes (im Übrigen überwiegend vor der Befassung seiner Ehefrau mit dem gegenständlichen Verfahren) gesetzt und dass eine Medienberichterstattung darüber stattgefunden habe, sowie mit dem Vorbringen, aus dem bereits in der Vergangenheit bekundeten Interesse des Dr. M* Ho* an der beruflichen Tätigkeit seiner Ehefrau sei abzuleiten , dass zwischen den Ehegatten über das gegenständliche Verfahren gesprochen wurde, kein tauglicher Befangenheitsgrund geltend gemacht. Dies gilt auch unter Einbeziehung der vom Angeklagten Mag. G* aus einem Rechtsgutachten des Prof. Dr. Sa* zitierten Ansicht, die Befangenheit der Vorsitzenden sei insbesondere aufgrund des „engen, konkreten Verfahrensbezugs der Aussagen von Dr. M* Ho*“ und dem „hohen Grad an Despektierlichkeit“ dieser Aussagen zu bejahen (ON 5167 Beilage 7 S 29).
[62] Denn mit diesen Argumenten wird der Sache nach nur geltend gemacht, es bestünde ein Anschein, die vorsitzende Richterin könnte in ihrem familiären Umfeld (beeinflusst von den Verhaltensweisen und der daraus zu schließenden inneren Einstellung ihres Ehemanns) Umständen ausgesetzt gewesen sein, die ihre Meinungsbildung im gegenständlichen Strafverfahren negativ (mit )prägen hätten können. Von der Rechtsprechung geforderte konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, die Vorsitzende wäre auch angesichts (allfälliger) gegenteiliger Verfahrensergebnisse nicht in der Lage oder gewillt gewesen, von einer (möglicherweise) vorgefassten Meinung abzugehen, zeigt dieses Vorbringen aber gerade nicht auf .
[63] Dem weiteren Einwand, die Vorsitzende habe (angeblich; zum Bescheinigungsgebot siehe aber Lässig , WKStPO § 44 Rz 9) nicht mit sitzungspolizeilichen Maßnahmen reagiert, als ihr Ehemann sie im anhängig gewesenen Verfahren gegen den ehemaligen Politiker We* bei der Verkündung des Schuldspruchs fotografiert habe (ON 3569 S 28 f), fehlt es bereits an einem Konnex zum gegenständlichen Verfahren (siehe aber RISJustiz RS0045975 [T10]).
[64] Das Vorbringen, der Ehemann der Vorsitzenden habe ihr gegenüber eine „judizielle Vorbildfunktion“, sowie jenes zum „Wesen der Ehe“ samt psychologischen Überlegungen zum „Nutzen“ der Vorsitzenden aus einer Verurteilung des Mag. G* in Form einer dadurch zu erwartenden Anerkennung ihres Ehemanns, erschöpft sich in reiner Spekulation (siehe aber RISJustiz RS0109958; Ratz , WKStPO § 281 Rz 144).
[65] Äußere Umstände, die geeignet wären, bei einem objektiven Beurteiler naheliegende Zweifel an der unvoreingenommen und unparteilichen Dienstverrichtung der abgelehnten Vorsitzenden zu wecken, werden auch mit den Hinweisen auf Publikationen von Birklbauer (Die Befangenheit von Richtern im Spannungsfeld zwischen Vertrauen in die Justiz und Verfahrensökonomie: Überlegungen zum BUWOG Prozess, JSt 2018, 212 ff [der anregt, „die Befangenheit großzügiger auszulegen“]) und Swiderski (Zur Unparteilichkeit des Richters, ÖJZ 2019, 13 ff [der den „ausschließlich objektive[n] Maßstab“ der Rechtsprechung für „verfehlt“ erachtet]), eine Kommentarstelle ( Aichinger in LiKStPO § 43 Rz 24 [der den objektiven Anschein der Parteilichkeit und Voreingenommenheit „insb“ aus dem Verhalten der Vorsitzenden in einem anderen Strafverfahren ableitet]) und diverse Medienberichterstattung sowie mit der Berufung auf „Rechtsgespräche“ mit (namentlich nicht genannten) „ProfessorInnen, StaatsanwältInnen und RichterInnen“ nicht aufgezeigt.
[66] Vielmehr wird damit der Sache nach nur die bloß subjektive Besorgnis (siehe aber erneut RISJustiz RS0097086) angesprochen, mit Berufskollegen verheiratete Richter seien bei (öffentlich) geäußerter (Privat-)Meinung des Ehepartners grundsätzlich (zumindest dem Anschein nach) nicht mehr in der Lage, ihre Dienstpflichten gesetzeskonform zu erfüllen. Auch dem Akteninhalt lassen sich den Anschein einer Befangenheit begründende Umstände nicht entnehmen. Zudem führte die Vorsitzende in der Stellungnahme vom 6. Dezember 2017 (ON 3543 S 11 f) aus, dass ihr die im Ablehnungsantrag genannten Twitter-Nachrichten ihres Ehemanns nicht bekannt gewesen seien und sie sich „von allen veröffentlichten Meinungen, die die Unschuldsvermutung gegenüber einem Angeklagten verletzen“, distanziere.
[67] Aus den in einem sozialen Netzwerk getätigten Kommentaren des Ehemanns der Vorsitzenden kann eine Verletzung des Rechts auf Entscheidung durch ein unabhängiges und unparteiisches Gericht im Sinn des Art 6 MRK somit im vorliegenden Fall insgesamt nicht abgeleitet werden (vgl EGMR 18. 7. 2019, 16812/17, Rustavi 2 Broadcasting Company Ltd and Others/Georgien , Rn 344; Kristoferitsch/Struth , Rechtsprechung des EGMR, ecolex 2019, 821).
[68] Auf keinen vergleichbaren Sachverhalt beziehen sich die von den Rügen diesbezüglich begründend ins Treffen geführten Entscheidungen des EGMR (23. 4. 1996, 16839/90, Remli/Frankreich [rassistische Äußerungen eines Laienrichters]; 10. 4. 2003, 39731/98, Sigurdsson/Island [Geschäftsverbindung des Ehemanns der Richterin zu einer Verfahrenspartei, die auch das Vermögen der Richterin tangierte, vgl dazu insb Rn 15]; 24. 5. 1989, 10486/83, Hauschildt/Dänemark [Befassung des erkennenden Richters im Vorverfahren]; 24. 4. 2008, 14659/04, Dorozhko und Pozharskiy/Estland [Beteiligung des Ehemanns der vorsitzenden Richterin an den polizeilichen Ermittlungen des Verfahrens]; 28. 6. 1984, 7819/77, Campbell und Fell/Vereinigtes Königreich [Ablauf eines gegen Häftlinge geführten Disziplinarverfahrens] sowie 26. 10. 1984, 9186/80, De Cubber/Belgien [Tätigkeit des erkennenden Richters im Vorverfahren]). Dasselbe gilt für die zur Fundierung des Vorbringens zitierte Judikatur des Obersten Gerichtshofs (1 Präs 26901667/09x [freundschaftliche Beziehungen der Richter eines Berufungsgerichts zum Opfer der im Berufungsverfahren gegenständlichen Straftat]; 8 Nc 18/15m [Verfahrensbeteiligung des Ehemanns eines Senatsmitglieds des Obersten Gerichtshofs als Mitglied des Rekursgerichts]; 8 Nc 30/15a [Verfahrensbeteiligung der Ehefrau des Senatsvorsitzenden des Obersten Gerichtshofs als Vorsitzende des Berufungssenats]; 9 ObA 135/89, 136/89 [private persönliche Beziehungen des Richters zu einer Verfahrenspartei und zur Mehrzahl der Zeugen]; 4 Ob 143/10y [private persönliche Beziehung des Richters zu einer Verfahrenspartei]).
[69] b) Soweit der Angeklagte M* darüber hinaus vorbringt, er habe eine Privatanklage gegen Dr. M* Ho* erhoben, weil ihn dieser in einer Nachricht eines Kurznachrichtendienstes wahrheitswidrig als „bereits verurteilten Korruptionisten“ bezeichnet habe (ON 3569 S 26 ff), nennt er keinen konkreten, die objektive Besorgnis einer Befangenheit der vorsitzenden Richterin stützenden Umstand (erneut RISJustiz RS0056962, zur Einbringung einer Privatanklage – selbst – gegen den erkennenden Richter siehe im Übrigen RISJustiz RS0096823 [T6]).
[70] c)Der Einwand des Angeklagten Mag. G* (ON 4309 S 4 ff), die (weitgehend auf den hier gegenständlichen Kurznachrichten basierende) Disziplinarverurteilung des Dr. M* Ho* (Disziplinarerkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 4. Juli 2019, AZ 2 Ds 4/19i) müsse dazu geführt haben, dass „innerhalb der Familie Ho*“ das „Buwog Verfahren […] familieninternes Gesprächsthema“ gewesen sei und die Vorsitzende durch die Meinungen ihres Ehemanns und ihres Stiefsohns Mag. Ma* Ho* dem Anschein nach maßgeblich beeinflusst und in einer unparteiischen Entscheidung gehemmt gewesen sei, basiert auf bloßer Spekulation, weshalb er dem gesetzlichen Bestimmtheitsgebot nicht entspricht (erneut RISJustiz RS0109958 [T2]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 144).
[71] d) Das Vorbringen des Angeklagten M*, durch die mit der Disziplinarverurteilung des Dr. M* Ho* ausgesprochene Geldstrafe sei „unmittelbar das Familienvermögen der Familie […] Ho* beeinträchtigt“ (ON 5163 S 11), scheitert bereits daran, dass diesbezüglich der Rügeobliegenheit nicht entsprochen wurde (erneut RISJustiz RS0097452).
[72] e) Mit dem Einwand, er habe „befürchten“ müssen, „dass die negative Meinung gegenüber Mag. G* auch zu seiner Verurteilung führen würde (was letztendlich auch geschah)“ (ON 5134 S 126), lässt der Angeklagte MMag. Dr. P* konkrete Anhaltspunkte für die Annahme des Anscheins der Hemmung einer unparteiischen Entscheidungsfindung der Vorsitzenden durch unsachliche Motive nicht ansatzweise erkennen.
[73] 2.1.2. Mit ihrem weiteren Vorbringen machen die Besetzungsrügen der Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P*, Dr. S*, Dr. T* und W* (im Wesentlichen inhaltsgleich und jeweils erstmals in den Rechtsmittelschriften) Ausgeschlossenheit der Vorsitzenden des Schöffengerichts nach § 43 Abs 1 Z 1StPO geltend.
[74] Sie relevieren, dass der Stiefsohn der Vorsitzenden, Mag. Ma* Ho*, vom August 2016 bis zum November 2017 als Rechtsanwaltsanwärter bei der Fe*Partner Rechtsanwälte GmbH beschäftigt gewesen sei, welche ihrerseits – bis zur Vollmachtsauflösung am 26. August 2016 (ON 3282) – die Privatbeteiligte C* AG vertreten habe, was den Angeklagten erst nach Schluss der Verhandlung bekannt geworden sei. Ein Auftreten des Mag. Ma* Ho* als bevollmächtigt oder eine sonstige Befassung des Genannten mit dem gegenständlichen Strafverfahren steht nicht in Rede und wird auch gar nicht behauptet (insofern anders gelagert 12 Ns 36/23z).
[75] Ungeachtet der Frage der Zugänglichkeit des relevanten Tatsachensubstrats für die Beschwerdeführer (vgl dazu RISJustiz RS0106091, RS0114495; Ratz , WKStPO § 281 Rz 136) übersieht dieser Einwand, dass die einer Rechtsanwalts-Gesellschaft (hier in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung) erteilte Vollmacht (ON 24) nur zur Vertretung der GmbH befugte Gesellschafter als bevollmächtigt legitimiert (§ 21e zweiter Satz RAO), nicht aber einen bloß angestellten Rechtsanwalt oder einen Rechtsanwaltsanwärter. Solcherart ist die ins Treffen geführte Schwägerschaft der Vorsitzenden des Schöffengerichts zu einem solchen von vornherein ungeeignet, den Ausgeschlossenheitsgrund des § 43 Abs 1 Z 1 StPO herzustellen ( Rohregger in Engelhart et al, RAO 11§ 21e RAO Rz 2 f mwN).
[76]Das Beschäftigungsverhältnis des Stiefsohns der Vorsitzenden als Rechtsanwaltsanwärter in einer Rechtsanwalts-Gesellschaft im genannten Zeitraum ist in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation (Mandat der Privatbeteiligtenvertreter bis zum 26. August 2016, Beginn der Hauptverhandlung am 12. Dezember 2017 [ON 3569 S 1]) auch nicht geeignet, Zweifel an der vollen Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der vorsitzenden Richterin im Sinn des § 43 Abs 1 Z 3 StPO zu begründen (erneut RISJustiz RS0056962). Die diesbezüglich von den Angeklagten zitierte, auf den Anschein der Befangenheit durch verwandtschaftliche Beziehungen bezogene Judikatur des EGMR (15. 10. 2009, 17056/06, Micallef/Malta [vorsitzender Richter ist der Onkel des einschreitenden Anwalts einer Verfahrenspartei]; 27. 6. 2017, 5856/13, Ramljak/Kroatien [Sohn des Richters ist in der einschreitenden Anwaltskanzlei einer Verfahrenspartei als vertretungsbefugter Rechtsreferendar beschäftigt]; 26. 5. 2020, 48781/12, Koulias/Zypern [Sohn des vorsitzenden Richters ist in einer Anwaltskanzlei tätig, deren Gründungsmitglied als Parteienvertreter in der Berufungsverhandlung auftritt]) ist im jeweiligen Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.
[77] 2.1.3. Mit ihrem weiteren Vorbringen behaupten die Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P*, Dr. S* und Dr. T* die Ausgeschlossenheit der Berufsrichter des Schöffensenats wegen Befangenheit nach § 43 Abs 1 Z 3StPO, weil es im Hauptverfahren zu einer durchgehenden und umfassenden Aufzeichnung des Geschehens im Verhandlungssaal unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Ton- und Bildaufnahme gekommen sei, welche ohne gesetzliche Grundlage und ohne Offenlegung gegenüber den Angeklagten und ihren Verteidigern (denen dieser Umstand erst im Zuge einer Auswertung der zur Verfügung gestellten Daten am 5. März 2020 [Mag. G*] bzw im Mai 2020 [Dr. T*], den Angeklagten M*, MMag. Dr. P* und Dr. S* am 2. Juni 2020 bewusst geworden sei) auch Zeitabschnitte außerhalb der Hauptverhandlung, nämlich vor, nach und zwischen einzelnen Verhandlungsblöcken, demnach in „Verhandlungspausen“ in einem Ausmaß von „169 Stunden 30 Minuten und 20 Sekunden“ umfasst habe.
[78] Diese „heimlichen Aufnahmen“ hätten dem Schöffengericht die (potentielle) Möglichkeit eröffnet, auch die streng vertrauliche Kommunikation zwischen den Angeklagten und ihren Verteidigern in den „Verhandlungspausen“ (nachträglich) abzuhören, Bildmaterial zu sichten und es (allenfalls) bei seiner Entscheidungsfindung zu verwerten.
[79] Durch den Aktenvermerk vom 5. März 2019 (ON 1 S 1723) sei belegt, dass ein Rechtspraktikant in diese gesetzwidrig angefertigten Bild- und Tonaufnahmen Einsicht genommen habe. Dadurch sei erwiesen, dass die „außerhalb der Hauptverhandlung“ erstellten Aufnahmen mit Wissen des Schöffensenats „gesichtet und ausgewertet“ worden seien und die Berufsrichter „nichts dagegen unternommen“ hätten (vgl hiezu ON 4709 S 8 bis 40). Die Berufsrichter hätten überdies den Eingang dieser Aufnahmen in die Hauptverhandlung zugelassen, indem die im Aktenvermerk dargestellten Vorkommnisse Gegenstand einer Zeugenbefragung durch die Staatsanwaltschaft am 10. September 2019 (ON 4250 S 66 ff) geworden seien.
Der Antwort auf dieses Vorbringen ist voranzustellen:
[80] Im gegenständlichen Verfahren gab die Vorsitzende des Schöffengerichts am 12. Dezember 2017 (1. Verhandlungstag) bekannt, dass die Hauptverhandlung durchgehend in Bild und Ton aufgezeichnet würde (ON 3569 S 3). Die Aufzeichnung erfolgte – bis zum 2. Juni 2020 – „zur Unterstützung der beigezogenen Schriftführer“ (vgl [stellvertretend für sämtliche Verhandlungstage bis zum 2. Juni 2020]: ON 3569 S 3, ON 3570 S 3 sowie die Stellungnahme ON 5014; Danek/Mann , WKStPO § 271 Rz 27, 35 und § 271a Rz 5/1; Nimmervoll in LiKStPO § 271 Rz 18 f). Am 24. Jänner 2018 teilte die Vorsitzende mit, dass den Beteiligten das Recht zustünde, die Wiedergabe der Aufnahmen oder ihre Übersendung auf einem elektronischen Datenträger zu verlangen (ON 3613 S 22) und es wurden den Verteidigern in der Folge Datenträger der erstellten Audio-Aufnahmen (Tonspur in ungekürzter Form) zur Verfügung gestellt (ON 3614 S 58, ON 3615 S 49, ON 4136 S 4, ON 4709 S 40).
[81]Nach der Aktenlage erfolgte die Aufzeichnung unter Einsatz technischer Einrichtungen zur Ton- und Bildaufnahme tatsächlich auch in „Verhandlungspausen“, wofür sich aus §§ 271 und 271a StPO keine gesetzliche Grundlage ergibt (so bereits 11 Os 104/21k; Danek/Mann , WKStPO § 271a Rz 3; zur oberstgerichtlichen Beurteilung des gegenständlichen Sachverhalts aus datenschutzrechtlicher Sicht [§ 85 iVm § 85a GOG] siehe im Übrigen 11 Os 151/21x).
[82] Der hier relevierte Umfang der Aufnahmen wurde erstmals am 2. Juni 2020 durch einen „Antrag auf Ablehnung wegen struktureller Befangenheit der Berufsrichter“ (ON 4709 S 8 ff, 35 f) gerügt.
Davon ausgehend ist den Beschwerden zu entgegnen:
[83] Soweit sich das Vorbringen in bloßen Spekulationen und Hypothesen über den Inhalt der gesetzwidrigen Aufzeichnungen und deren Verwendung durch das Schöffengericht und durch Dritte erschöpft, entzieht es sich einer meritorischen Erledigung (RISJustiz RS0109958).
[84]Der bloße Umstand, dass die im Gerichtssaal anwesenden Personen vorliegend zwar von den Ton- und Bildaufnahmen informiert, aber nicht über deren Dimension und Umfang in Kenntnis gesetzt, insbesondere nicht auf die auch „Verhandlungspausen“ umfassende (überschießende [und offenbar der technischen Bedienung der Anlage geschuldete]) Aufzeichnung (vgl 11 Os 104/21k [Rz 19] sowie ON 5134 Beilage 33) hingewiesen wurden, indiziert kein doloses Vorgehen der Verhandlungsleiterin (§ 232 Abs 1 StPO) oder gar deren Intention, solche unzulässigen Aufnahmen anzufertigen und insbesondere durch § 59 Abs 3 StPO und Art 6 Abs 3 lit c MRK geschützte Verteidigergespräche später abzuhören und allenfalls zu verwerten (so bereits 11 Os 104/21k [Rz 18 f]). Vielmehr legen die Ausführungen der Vorsitzenden in ihrer an das Oberlandesgericht Wien gerichteten Stellungnahme vom 29. Juli 2021 (ON 5014) sowie die äußeren Umstände, wonach für Besprechungen ein Verteidigerzimmer zur Verfügung stand (vgl ON 1 S 1463 f; ON 4709 S 38 f) und die Verteidiger im Lauf der Verhandlung regelmäßig ungeschnittene Aufnahmen zur weiteren Verhandlungsvorbereitung erhielten, das Gegenteil nahe, nämlich dass der Vorsitzenden (oder auch dem beisitzenden Berufsrichter) des Schöffengerichts nicht bewusst war, dass die vor dem 2. Juni 2020 erstellten Ton- und Bilddateien (auch) Aufnahmen von „Verhandlungspausen“ und allenfalls in der Reichweite von Mikrofonen geführte Pausengespräche von Angeklagten mit ihren Verteidigern umfassen könnten.
[85] Dafür, dass die Genannten derartige Aufzeichnungen selbst angeordnet oder veranlasst haben könnten, finden sich keine Anhaltspunkte im Akt. Die dem widersprechende Behauptung des Angeklagten MMag. Dr. P*, die „systematischen Aufnahmen der Verhandlungspausen“ seien „mit Wissen und Willen“ der Vorsitzenden angefertigt worden, unterstellt deren gegenteiligen Ausführungen in ihrer Stellungnahme vom 29. Juli 2021 (ON 5014) einen ihrem Inhalt zuwiderlaufenden Sinn und erschöpft sich insgesamt in reiner Spekulation.
[86] Ebenso wenig nachvollziehbar ist die These des Angeklagten Mag. G*, aus der (im Rahmen der Begründung der hier kritisierten Antragsabweisung erfolgten) Berufung der Vorsitzenden auf vor dem Gerichtssaal aufgestellte Hinweisschilder, denen – selbst nach dem Beschwerdevorbringen – bloß zu entnehmen war, dass „während der Hauptverhandlung“ eine Bild- und Tonaufzeichnung stattfinde, sei abzuleiten, dass „den Berufsrichtern die gesetzwidrigen Aufnahmen“ – gemeint: vor dem 2. Juni 2020 – „offenbar bewusst waren“.
[87] Auch die Annahme der Beschwerdeführer, dass die Vorsitzende oder andere Mitglieder des Schöffengerichts den Inhalt der überschießenden, „klar außerhalb von Hauptverhandlungen“ erfolgten Aufnahmen im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens in irgendeiner Weise wahrgenommen, abgehört oder verwertet oder dritte Personen mit einem derartigen Vorgehen betraut haben könnten, beruht nur auf Mutmaßungen (siehe aber erneut RISJustiz RS0109958; Ratz , WKStPO § 281 Rz 144).
[88] Die Beschwerden rekurrieren dazu vor allem auf den Aktenvermerk eines Rechtspraktikanten vom 5. März 2019 (ON 1 S 1723). In diesem hatte der Genannte zunächst eine am Vormittag „gegen Ende der fünfzehnminütigen Unterbrechung der Hauptverhandlung“ im Zeugenzimmer getätigte Wahrnehmung über ein (ihm auffällig erscheinendes) Gespräch des Zeugen Dr. Tr* mit seiner Vertrauensperson Mag. * Pos* festgehalten und weiter ausgeführt, dass er „wenige Minuten später […] mit dem Zeugen“ den Verhandlungsaal über den Seiteneingang betreten und beobachtet habe, dass die zuvor genannte Vertrauensperson mit einem Verteidiger gesprochen und ihm etwas auf ihrem Mobiltelefon gezeigt habe. Dazu merkte der Rechtspraktikant an, dass die Szene auf den „Bild- und Tonaufnahmen der Hauptverhandlung“ im „oberen rechten Bild ab 2:35:15“ zu sehen sei; er habe dem Senat hierüber umgehend mündlich berichtet. Dieser – erstmals in den am 2. Juni 2020 gestellten Anträgen thematisierte (ON 4709 S 25 ff [139. Verhandlungstag]) – Aktenvermerk war Anlass zur Fragestellung an einen Zeugen in der Hauptverhandlung vom 10. September 2019 (ON 4250 S 66 f [104. Verhandlungstag]) und den Verteidigern damit zur Kenntnis gelangt (RISJustiz RS0106091, RS0114495; Ratz , WKStPO § 281 Rz 136, 139 mwN).
[89] Unabhängig von der Frage der diesbezüglichen Einhaltung der Rügeobliegenheit (RISJustiz RS0097452; abermals Ratz , WKStPO § 281 Rz 93, 133 ff; vgl auch RISJustiz RS0119225) indiziert dieses Verfahrensergebnis weder ein Wissen der Berufsrichter von den „gesetzwidrigen“ Aufzeichnungen noch ein sonstiges – von den Beschwerdeführern geortetes – damit in Zusammenhang stehendes Fehlverhalten, das geeignet wäre, deren potentielle Ausgeschlossenheit nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO zu begründen.
[90] Aus dem bloßen Wortlaut des Aktenvermerks lässt sich nämlich – wie der Angeklagte Mag. G* in seiner Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur selbst hervorhebt – allenfalls ableiten, dass mit der Bild- und Tonaufzeichnung in diesem Fall kurz vor Fortsetzung der Hauptverhandlung begonnen wurde, eine dadurch gewonnene Kenntnis des Schöffengerichts von einer generellen Aufzeichnung des Geschehens auch während sämtlicher Verhandlungspausen jedoch nicht fundiert erschließen.
[91] Dass die Überprüfung der im Aktenvermerk angesprochenen (oder gar von darüber hinausgehenden) Ton- und Bildaufnahmen im Anschluss an den Bericht des Rechtspraktikanten von den Berufsrichtern „angeordnet“ oder die Sichtung nicht nur vom Rechtspraktikanten selbst, sondern vom Schöffensenat vorgenommen worden sei, wird von den Angeklagten Mag. G* und MMag. Dr. P* – z ur Darstellung des Erstgerichts (ON 4709 S 39, ON 5014 S 3) konträr – b egründungslos unterstellt. Gleiches gilt für die substratlose Behauptung des Angeklagten M*, die Berufsrichter hätten „einen Rechtspraktikanten damit beauftragt, dem Senat Vorgänge in Verhandlungspausen (!) zur Kenntnis zu bringen und deshalb Rechtspraktikanten Zugriff auf Aufnahmen der Hauptverhandlungspausen in Bild und Ton gewährt“ sowie das – die gegenteiligen Erklärungen der Vorsitzenden ebenso außer Acht lassende – Vorbringen des Angeklagten Dr. T*, wonach ein Wissen der Berufsrichter von den gesetzwidrig angefertigten Bild- und Tonaufnahmen „offensichtlich“ und „erfahrungsgemäß nicht davon auszugehen“ sei, dass „der Rechtspraktikant von sich aus und ohne Weisung der Vorsitzenden“ Bild- und Tonaufzeichnungen „sichtet (oder überhaupt sichten darf!)“, das ausschließlich auf Hypothesen beruht.
[92] Soweit die Beschwerdeführer schließlich monieren, die Berufsrichter hätten den Vorhalt des Aktenvermerks und diesbezügliche Fragestellungen durch die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Vernehmung des Zeugen Dr. Tr* „zugelassen“, genügt der Hinweis darauf, dass Gegenstand der relevierten Zeugenbefragung ausschließlich jener Teil des Aktenvermerks war, der die unmittelbare Wahrnehmung eines Gesprächs zwischen diesem Zeugen und dessen Vertrauensperson durch einen Rechtspraktikanten im „Zeugenzimmer“ betraf. Die in diesem Zusammenhang behauptete Verwertung von „klar außerhalb von Hauptverhandlungen“ erfolgten Bild- und Tonaufnahmen im Verhandlungssaal ergibt sich aus dem Protokoll der Hauptverhandlung gerade nicht (ON 4250 S 66 f).
[93] Die vom Angeklagten Dr. T* dazu ins Treffen geführten Entscheidungen des EGMR (28. 11. 1991, 12629/87, S./Schweiz , sowie 25. 7. 2013, 11082/06, 13772/05, Khodorkovskiy und Lebedev/Russland [jeweils Überwachung der Gespräche und des Briefverkehrs eines Inhaftierten mit dem Verteidiger]; 13. 3. 2007, 23393/05, Castravet/Moldawien [durch räumliche Ausgestaltung des Besprechungsraumes begründete Annahme einer Überwachung des Gesprächs eines Inhaftierten mit dem Verteidiger]) ergingen zu nicht vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen.
[94] Soweit die Besetzungsrüge des Angeklagten Mag. G* argumentativ auf ein der Rechtsmittelausführung beigelegtes „Rechtsgutachten von Prof. Dr. * Bi*“ verweist, entzieht sie sich ebenfalls einer meritorischen Erwiderung, weil die angesprochene Expertise den Schluss einer Bejahung richterlicher Befangenheit auf die – hier (wie dargelegt) gerade nicht objektivierte – Annahme stützt, es seien „Ergebnisse der heimlichen Überwachung […] verwendet“ worden (ON 5167 Beilage 20 S 19 f). Das Gleiche gilt für den Verweis auf das Rechtsgutachten des Prof. DDr. * D*, das seine Argumentation, eine richterliche Befangenheit sei zu bejahen, auf der Basis einer „zumindest teilweise als Beweismittel zugelassen[en]“ Verwertung der „illegal aufgenommenen Aufzeichnungen“ entwickelt (ON 5167 Beilage 21 S 71 ff).
[95] 2.1.4.Weiters rügen die Angeklagten Mag. G*, M*, Dr. T* und W* „Ausgeschlossenheit des Schöffengerichts“ (§ 43 Abs 1 Z 3 StPO) im Zusammenhang mit der Fällung und Verkündung des Urteils.
[96] a)Die richterliche Befangenheit erblicken diese Angeklagten in einer angeblichen Verletzung des § 257 StPO, weil das Schöffengericht nach Schluss der Verhandlung nicht ohne Unterbrechungen täglich zur Beratung über das Urteil zusammengetroffen sei, die Mitglieder des Schöffensenats das Beratungszimmer und das Gerichtsgebäude in der Zeit der Beratung wiederholt verlassen hätten und überdies zwischen dem Schluss der Verhandlung am 15. Oktober 2020 (ON 4903 S 28 f) und der Urteilsverkündung am 4. Dezember 2020 (ON 4915 S 4 ff) „50 Tage“ gelegen seien.
[97]Demzuwider enthält § 257 StPO, der (auch) eine sorgfältige und gründliche Beratung der Richter sichern und das Vertrauen in eine gewissenhafte Prüfung der Sach- und Rechtslage gewährleisten soll (dazu Nimmervoll in LiKStPO § 257 Rz 8 mwN; vgl auch Nimmervoll , Strafverfahren 2, Kap V Rz 374), im Übrigen ebenso wie die Normen über die Beratung und Abstimmung in Senaten (§§ 40 ff StPO), weder eine Regelung über eine bestimmte (Mindest- oder Maximal-)Dauer der Urteilsberatung noch eine solche über deren faktische zeitliche Ausgestaltung. Zwar ist das Urteil unmittelbar nach der Beschlussfassung des Senats zu verkünden, jedoch muss eine Abstimmung nicht stets unmittelbar nach der Beratung stattfinden. § 257 StPO untersagt weder Beratungspausen noch die Erstreckung der Beratung über mehrere Tage. Dies wird auch dadurch verdeutlicht, dass dem schöffengerichtlichen Verfahren ein § 326 erster Satz StPO entsprechendes Verbot, das Beratungszimmer bis zur Entscheidungsfindung zu verlassen und jeden Verkehr mit dritten Personen zu unterlassen, fremd ist (zum Ganzen 15 Os 190/08t; Birklbauer in LiKStPO § 40 Rz 5; Markel , WKStPO § 40 Rz 6; Danek/Mann , WKStPO § 268 Rz 1 und § 273 Rz 14).
[98]Anders als durch § 326 erster Satz StPO, welcher die Beratung und die Abstimmung der Geschworenen betrifft, wird daher durch § 257 StPO der zeitliche und örtliche Ablauf der Beratung nicht vorgegeben und solcherart dem Ermessen des Gerichts anheim gestellt.
[99] Die – auch durch das Treffen von Ermessensentscheidungen vorgenommene – gesetzeskonforme Erfüllung von Dienstpflichten aber ist per se nicht geeignet, die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit eines Richters in Zweifel zu setzen (RISJustiz RS0096914 [T11, T30]; Lässig , WKStPO § 43 Rz 12 mwN). Hinzugefügt sei, dass von einem allfälligen Fehlgebrauch des von § 257 StPO eingeräumten Ermessens mit Blick auf den Umfang und die Komplexität des gegenständlichen Strafverfahrens (rund 5.000 Ordnungsnummern in rund 250 Bänden, Hauptverhandlung über 168 Tage mit rund 150 vernommenen Zeugen, Urteilsberatung hinsichtlich 14 Angeklagter, denen jeweils mehrere strafbare Handlungen basierend auf komplexen Sachverhalten zur Last gelegt wurden) keine Rede sein kann.
[100] Mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar ist die von den Angeklagten M* und Dr. T* zur Untermauerung ihres Rechtsstandpunkts zitierte Entscheidung des EGMR vom 2. 11. 2004, 69225/01, Fabre/Frankreich (vgl RISJustiz RS0121380).
[101] b)Die vom Angeklagten M* geforderte analoge Anwendung des § 326 StPO über die Beratung und Abstimmung der Geschworenen auch auf die Beratung im schöffengerichtlichen Verfahren würde eine Gesetzeslücke voraussetzen. Eine solche Lücke ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, planwidrig unvollständig ist. Sie liegt vor, wenn die – mit Hilfe der Interpretationsregeln ermittelte – ratio legis in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz die Erstreckung der Rechtsfolgenanordnung einer gesetzlichen Norm (oder auch mehrerer Vorschriften) auf den gesetzlich nicht unmittelbar geregelten Fall fordert (RISJustiz RS0008866 [T17]). Argumente, die eine solche Annahme stützen würden, sind der Beschwerde nicht zu entnehmen. Vielmehr spricht – neben der Verschiedenheit der hier gegenständlichen kollegialgerichtlichen Verfahrensarten – schon allein der Umstand, dass die in Rede stehenden Normen in ihrem hier relevanten Inhalt seit mehreren Jahrzehnten (trotz zahlreicher zwischenzeitiger Novellierungen der StPO) unverändert sind, gegen das Bestehen einer planwidrigen Unvollständigkeit.
[102] c) Das Ansprechen der österreichischen „Herbstferien“ vom 27. bis zum 31. Oktober 2020 und die Einschätzung der Vorsitzenden über den voraussichtlichen Termin für die Urteilsverkündung dienten nach der Aktenlage der Terminplanung der Angeklagten und deren Verteidiger (ON 4892 S 65 ff). Weshalb hieraus eine Voreingenommenheit oder Parteilichkeit „des Schöffengerichts“ abzuleiten sei, vermag die Besetzungsrüge des Angeklagten Mag. G* nicht darzulegen.
[103] d)Mangelnde Eignung, die Ausschließung nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO zu begründen, kommt auch dem – zudem schon nach seinem Wortlaut spekulativen – Einwand der Angeklagten Mag. G*, M* und W* zu, die Berufsrichter und Schöffen könnten bei „Verlassen des Beratungszimmers“ bzw bei „Verlassen des Gerichtsgebäudes in der Zeit der Beratung“ einer Beeinflussung durch Massenmedien oder Dritte ausgesetzt gewesen sein ( Lässig , WKStPO § 43 Rz 15 mwN).
[104] e)Entgegen dem Vorbringen des Angeklagten Mag. G* entspricht die Vorgangsweise der Vorsitzenden, die Urteilsverkündung für einen bestimmten, nach Schluss der Hauptverhandlung (§ 257 StPO) gelegenen Termin anzuberaumen, dem Gesetz (vgl Danek/Mann , WKStPO § 268 Rz 4). Befangenheit nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO kann aus diesem – gesetzeskonformen – Vorgehen nicht abgeleitet werden (abermals RISJustiz RS0096914 [T11, T30]).
[105] Im Übrigen ist die unter Berufung auf zwei Kommentarstellen ( Danek/Mann , WKStPO § 268 Rz 1, § 273 Rz 15) aufgestellte Behauptung, die Beschlussfassung des Schöffengerichts (§ 268 StPO) habe am Tag der Verständigung der Verteidiger vom „Termin für die Urteilsverkündung“ durch die Vorsitzende am 27. November 2020 stattgefunden, womit zwischen dieser und der tatsächlichen Urteilsverkündung am 4. Dezember 2020 eine (gesetzlich nicht vorgesehene) Pause von einer Woche gelegen sei, erneut bloße Hypothese.
[106] 2.1.5.Der Angeklagte M* rügt (erstmals) in der Rechtsmittelausführung Befangenheit der Vorsitzenden des Schöffengerichts (§ 43 Abs 1 Z 3 StPO) mit dem Vorbringen, er habe im September 2022, somit erst nach der Urteilsverkündung erfahren, dass die Vorsitzende im Spätsommer 2017 – von „* K*“ zum möglichen Ausgang des gegenständlichen Verfahrens mit den Worten „Was wird denn da herauskommen?“ befragt – diesem gegenüber geäußert habe, „Das weiß ich nicht. Aber irgendetwas wird herauskommen müssen, sonst wird es ein großer Justizskandal.“ Dieser Einwand entzieht sich schon infolge fehlender Bescheinigung der angeblich getätigten Äußerung einer inhaltlichen Erwiderung (erneut RISJustiz RS0097082; Lässig , WKStPO § 44 Rz 9).
[107] Davon abgesehen wäre die ins Treffen geführte Äußerung der Vorsitzenden auch nicht geeignet, den Anschein der Befangenheit zu erwecken, weil sich aus ihrem Wortlaut der vom Beschwerdeführer unterstellte Bedeutungsinhalt, wonach die Genannte zum damaligen Zeitpunkt „von einer Verurteilung ausging, um einen Justizskandal im Falle eines Freispruchs zu vermeiden“, gerade nicht ableiten lässt.
[108] 2.1.6.Entgegen der Rüge des Angeklagten Dr. T* (ON 4709 S 7 f) bewirkte der Ersatz der zur Hauptverhandlung am 18. Februar 2020 unentschuldigt nicht erschienenen „Hauptschöffin 1“ * Al* (ON 1 S 3027) durch den Ersatzschöffen * Sie*, der in der Bestimmung des § 14 Abs 4 GSchG (sowie des § 16 Abs 1 GSchG) Deckung findet (vgl dazu ON 4585 S 3), keine fehlerhafte Gerichtsbesetzung (RISJustiz RS0119769, RS0121700 [T4]).
[109] 2.1.7. Die Angeklagten Mag. G* und MMag. Dr. P* reklamierenAusgeschlossenheit der Berufsrichter Mag. Mar* Ho* und MMag. * Pa* nach § 43 Abs 1 Z 3 und Abs 2 StPO im Zusammenhang mit dem von diesen Richtern zuvor geführten Verfahren AZ 15 Hv 4/15p des Landesgerichts für Strafsachen Wien („Villa E*“) gegen MMag. Dr. P* und andere Angeklagte (ON 3569 S 40 ff).
[110] Zur behaupteten Ausgeschlossenheit nach § 43 Abs 1 Z 3StPO bringen sie vor, das Verfahren gegen MMag. Dr. P* sei in der dortigen Hauptverhandlung wegen dessen Verhandlungsunfähigkeit ausgeschieden und (gemäß §§ 275, 197 Abs 2b StPO) abgebrochen worden. Einer (dort) Mitangeklagten sei ein Diversionsangebot unterbreitet worden, ein (dort) Mitangeklagter sei mit (nicht in Rechtskraft erwachsenem) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 16. Juni 2016, GZ 15 Hv 4/15p225, des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB als Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB) schuldig erkannt worden. Passagen der Urteilsausfertigung hätten durch „überschießende Feststellungen“ MMag. Dr. P* ebenso einen wissentlichen Befugnismissbrauch unterstellt wie Teile der Begründung des die Mitangeklagte betreffenden Diversionsbeschlusses, weshalb eine Vorverurteilung des MMag. Dr. P* durch die Berufsrichter vorliege.
[111]Weiters bestehe zufolge Aufhebung des genannten Urteils mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 6. April 2017, AZ 12 Os 164/16h, eine Ausgeschlossenheit nach § 43 Abs 2StPO. Ungeachtet dessen habe aber Mag. Mar* Ho* (nachdem zuvor das gegen MMag. Dr. P* geführte Verfahren wegen wiedererlangter Verhandlungsfähigkeit fortgesetzt worden war) nach Rücklangen des Aktes AZ 15 Hv 4/15p vom Obersten Gerichtshof die Übermittlung an die Einlaufstelle zur Neuzuteilung im zweiten Rechtsgang nur hinsichtlich des von der Kassation betroffenen Mitangeklagten verfügt, das Verfahren gegen MMag. Dr. P* aber in der eigenen Geschäftsabteilung behalten und in der Folge das urteilsgegenständliche in dieses (ältere) Verfahren einbezogen. Dadurch sei das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt und den Beschwerdeführern ein faires Verfahren vorenthalten worden.
[112] Der Vollständigkeit halber ist diesem Vorbringen in tatsächlicher Hinsichtergänzend hinzuzufügen, dass das hier gegenständliche Verfahren AZ 15 Hv 1/17z (zuvor AZ 124 Hv 3/16v), nachdem es gemäß § 37 Abs 3 StPO in das Verfahren AZ 15 Hv 4/15p einbezogen worden war, unter einem auf der Basis der Ermessensbestimmung über die Verfahrensausscheidung wieder getrennt geführt wurde (dazu detailliert 12 Os 145/17s mwN).
[113]Festzuhalten ist, dass der relevierte Sachverhalt (nämlich die am 4. Mai 2017 nur hinsichtlich des von der Kassation betroffenen Mitangeklagten verfügte Neuzuteilung des Verfahrens AZ 15 Hv 4/15p des Landesgerichts für Strafsachen Wien für den zweiten Rechtsgang) bereits Gegenstand einer von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war, die der Oberste Gerichtshof mit Erkenntnis vom 11. Dezember 2017, AZ 12 Os 145/17s, verwarf und damit die Frage der richterlichen Zuständigkeit für das Verfahren AZ 15 Hv 4/15p des Landesgerichts für Strafsachen Wien bereits abschließend klärte. Die Gesetzeskonformität der mit dem oben dargestellten Vorbringen der Beschwerdeführer kritisierten Verfügung wurde solcherart bereits bestätigt (erneut eingehend AZ 12 Os 145/17s) und der hier erhobene Einwand einer daraus resultierenden Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B VG) höchstgerichtlich verneint.
[114] Dass der Oberste Gerichtshof bei dieser Entscheidung von unrichtigen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen sei (vgl Ratz , WKStPO § 292 Rz 15), behaupten die Rügen nicht. Demzufolge wird bloß – unzulässig – der Versuch unternommen, den Obersten Gerichtshof erneut mit einer bereits entschiedenen Sache zu befassen, indem die Beschwerdeführer die Zuständigkeit der Vorsitzenden für das hier gegenständliche Verfahren bestreiten und ihr in diesem Zusammenhang – ohne nachvollziehbare Grundlage – unsachliche Motive für ihre eben dargestellte Vorgangsweise unterstellen.
[115]Der Einwand von Ausgeschlossenheit der Berufsrichter nach § 43 Abs 2 StPO (bereits) ab Aufhebung des zu AZ 15 Hv 4/15p gegen einen Mitangeklagten ergangenen Urteils (ON 225) mit Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 6. April 2017, AZ 12 Os 164/16h, übergeht – trotz insoweit zutreffender Sachverhaltsdarstellung in den Beschwerden – argumentativ die bereits am 15. April 2016 erfolgte (und bis zur Verfahrenserledigung aufrecht gebliebene, in der eben erörterten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs als gesetzeskonform erachtete) Trennung des in diesem Zusammenhang auch gegen MMag. Dr. P* geführten Verfahrens von jenen der Mitangeklagten (§ 27 StPO analog). Der Ausschluss gemäß § 43 StPO knüpft jedoch an eine Vorbefasstheit „in derselben Sache“ an. Die Mitwirkung eines Richters an einem (abgesondert geführten) Verfahren gegen Mittäter oder sonstige Tatbeteiligte begründet daher – unabhängig davon, ob die Verfahrenstrennung unter faktischer Aktenneubildung erfolgte oder nicht – ebenso wenig Ausgeschlossenheit nach § 43 Abs 2 StPO wie die Dienstverrichtung in einem abgesondert geführten Verfahren gegen MMag. Dr. P* wegen eines hier nicht anklagegegenständlichen Vorwurfs (RISJustiz RS0096914 [T3, T17]; Lässig , WKStPO § 43 Rz 12, 16).
[116]Unter dem Aspekt des § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist die Erledigung eines gegen Beteiligte anhängig gewesenen Strafverfahrens per se gleichfalls nicht geeignet, die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des betreffenden Richters in Zweifel zu setzen (vgl RISJustiz RS0096914 [T3, T17], RS0133886; Lässig , WKStPO § 43 Rz 12). Für die begründet erscheinende Annahme, dass sich die genannten Richter – von den Beschwerdeführern gestützt auf die Wiedergabe einzelner Passagen des (hier nicht verfahrensgegenständliche Vorwürfe behandelnden) Urteils GZ 15 Hv 4/15p 225 (ON 5134 Beilage 10) und des (gleichfalls einen anderen Sachverhalt betreffenden) Diversionsbeschlusses (ON 5134 Beilage 9) behauptet – vor der Entscheidung eine Meinung über den hier gegenständlichen Fall gebildet hätten und auch angesichts allfälliger gegenteiliger Verfahrensergebnisse nicht gewillt gewesen wären, von dieser Meinung abzugehen (erneut RISJustiz RS0096733, RS0045975 [T10]), finden sich keine Anhaltspunkte.
[117] 2.1.8. Die Angeklagten Mag. G* und MMag. Dr. P* reklamieren weiters, das Schöffengericht sei zufolge eines Verstoßes gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B VG) nicht gehörig besetzt gewesen. Dazu bringen sie vor, dass im eben behandelten gegen MMag. Dr. P* und weitere Angeklagte geführten Verfahren AZ 15 Hv 4/15p (zuvor AZ 16 Hv 68/15g) des Landesgerichts für Strafsachen Wien die nach Rechtswirksamkeit der Anklageschrift damals mit diesem Verfahren befasste Richterin Dr. * Ö* den Akt am 9. Oktober 2015 (mit Blick auf ihre bevorstehende Karenzierung) kalendiert habe und dieser nicht von einem (laut Geschäftsverteilung) für den Fall einer solchen Verhinderung zuständigen Vertretungsrichter bearbeitet, sondern das Verfahren über Beschluss des Personalsenats des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom (richtig:) 16. Oktober 2015, GZ Jv 7919/15i 7a, neu im Zentralverzeichnis eingetragen worden sei (Punkt II./ A./ 7./ des Beschlusses; unjournalisierte Beilage zu ON 3569). Auf diese Weise fiel das Verfahren unter der AZ 15 Hv 4/15p in der Geschäftsabteilung der Vorsitzenden Mag. Mar* Ho* an.
[118]Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 1 StPO kommt im vorliegenden Kontext dann in Frage, wenn andere als nach der Geschäftsverteilung zuständige Richter entschieden haben (Verstoß gegen die Geschäftsverteilung) oder wenn die Geschäftsverteilung fehlerhaft ist (Fehler der Geschäftsverteilung; zum Ganzen RISJustiz RS0119260; Ratz , WKStPO § 281 Rz 105 ff).
[119] Eine solche liegt aber nur vor, wenn der Beschwerdeführer nach dem Zweck des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B VG iVm Art 6 Abs 1 MRK) schutzbedürftig ist. Ein Verstoß gegen die Geschäftsverteilung oder ein Fehler der Geschäftsverteilung führt also ungeachtet des Umstands, dass er – bei (hier vorliegender [ON 3569 S 40 ff]) Einhaltung der Rügeobliegenheit – zum Gegenstand oberstgerichtlicher Prüfung gemacht werden kann, nur dann zur Urteilsaufhebung, wenn er eine Unfairness (in Form von Willkür [in sachlich unvertretbarer Weise]) gegenüber dem Beschwerdeführer erkennen lässt ( Ratz , WKStPO § 281 Rz 106; Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 9.53; 11 Os 125/19w).
[120] Die Verfassungsbestimmung des Art 87 Abs 3 B VG normiert den Grundsatz der festen Geschäftsverteilung. Danach sind die Geschäfte auf die Richter des ordentlichen Gerichts für die durch Bundesgesetz bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen. Eine nach dieser Geschäftsverteilung einem Richter zufallende Sache darf ihm nur durch Verfügung des durch Bundesgesetz hierzu berufenen Senats und nur im Fall der Verhinderung oder dann abgenommen werden, wenn er wegen des Umfangs seiner Aufgaben an deren Erledigung innerhalb einer angemessen Frist gehindert ist (dazu Muzak , B VG 6 Art 87 Rz 7 mwN).
[121]Nach § 32 Abs 1 erster Satz GOG sind die einem Gerichtshof zufallenden gerichtlichen Geschäfte jeweils für ein Geschäftsverteilungsjahr (1. Jänner bis 31. Dezember) so unter die Richter zu verteilen, dass insgesamt eine möglichst gleichmäßige Auslastung aller Richter des Gerichtshofs erreicht wird.
[122]Die Geschäftsverteilung hat gemäß § 33 Abs 1 GOG auch Regelungen für die Vertretung der einzelnen Gerichtsabteilungen zu enthalten. Der Personalsenat ist aber gesetzlich ermächtigt (vgl Art 87 Abs 3 zweiter Satz BVG; §§ 26a und 27a GOG), aus wichtigen dienstlichen Gründen die Zuteilungsregeln während des Geschäftsverteilungsjahrs zu ändern oder auch die Abnahme einzelner Sachen zu beschließen. Bei der Abnahme wegen Verhinderung oder Überlastung dürfen die abzunehmenden Rechtssachen einzeln bestimmt werden, wobei der Gleichheitsgrundsatz einzuhalten ist. Eine willkürliche Auswahl ist hingegen unzulässig ( Fellner/Nogratnig, RStDG, GOG und StAG II 5§ 27a GOG Rz 2 ff [6, 12 f]).
[123]Diese gesetzlichen Vorgaben berücksichtigend, ist die vorliegend beschlossene Neuzuteilung des relevierten Verfahrens (sowie im Übrigen fünf weiterer Verfahren [s Punkt II./ A./ 7./ des Personalsenatsbeschlusses]) aufgrund des Karenzantritts einer Richterin, der zu einer unbesetzten Gerichtsabteilung geführt hätte und bei Anwendung der bestehenden Vertretungsregelungen geeignet gewesen wäre, eine bedeutende Änderung in der individuell verfügbaren Personalkapazität zu bewirken (vgl § 27a Abs 1 zweiter Satz GOG), entgegen den Beschwerdeausführungen sachlich begründet, weil ohne eine Änderung der Geschäftsverteilung eine gleichmäßige Auslastung der einzelnen Richter nicht mehr gegeben gewesen wäre.
[124] Nichts anderes bringt nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs der von MMag. Dr. P* im Rechtsmittelverfahren vorgelegte Aktenvermerk betreffend eine „persönliche Zuweisung des BUWOG Aktes“ an Mag. Ho* (ON 51 im Os Akt) zum Ausdruck.
2.2. Zu den Verfahrensrügen der Angeklagten Mag. G*, M*, Dr. H*, Dr. T* und W* (§ 281 Abs 1 Z 3 StPO) :
[125] 2.2.1.Die Angeklagten Mag. G*, M*, Dr. T* und W* wenden ein, * B*, der (bis Dezember 2000 [vgl ON 4194 S 41] oder bis zum 31. März 2001 [vgl ON 2281 S 5]) Kabinettschef im Infrastrukturministerium gewesen sei, sei als Beamter (§ 74 Abs 1 Z 4 StGB) entgegen dem Vernehmungsverbot des § 155 Abs 1 Z 2 StPO in der Hauptverhandlung am 24. Juli 2019 (ON 4194 S 4 ff und ON 4195 S 3 ff) und am 24. Oktober 2019 (ON 4373 S 4 ff) ohne Entbindung von der amtlichen Verschwiegenheitspflicht als Zeuge vernommen worden.
[126]Das Amtsgeheimnis im Sinn des § 155 Abs 1 Z 2 StPO umfasst nur Umstände und Angelegenheiten, die dem Beamten (§ 74 Abs 1 Z 4 bis 4c StGB) dienstlich bekannt geworden sind und die wegen der möglichen Gefährdung von Dienstinteressen nicht veröffentlicht werden dürfen, an deren Geheimhaltung also für den Staat ein solches Interesse besteht, dass das Interesse einer geordneten Strafrechtspflege dagegen zurückzutreten hat (RISJustiz RS0097871, RS0097877 [T5]; Kirchbacher/Keglevic , WKStPO § 155 Rz 16).
[127] Eine bei der Berufsausübung bekannt gewordene Tatsache spricht die Rüge mit den (einzig) relevierten Angaben des Zeugen B* betreffend einen ihm vom Angeklagten Dr. H* geschilderten „Tatplan“, „bei Staatsaufträgen Fees oder Provisionen zu kassieren“ (vgl US 361, 366 ff), – mangels Bezugs zur amtlichen Tätigkeit des Genannten (dienstlicher Offenbarung im Hinblick auf seine amtliche Tätigkeit) – nicht an (RISJustiz RS0105934; Dietrich/Höcher , LiKStPO § 155 Rz 7; vgl zu von § 31 MedienG geschützten Mitteilungen auch 13 Os 130/10g, 13 Os 136/10i). Davon abgesehen wurden diese Umstände den Strafverfolgungsbehörden (wenn auch just vom genannten Zeugen) bereits zuvor wiederholt zur Kenntnis gebracht (US 366; vgl dazu RISJustiz RS0097877 [T4]). Der Einwand einer Verletzung des Vernehmungsverbots des § 155 Abs 1 Z 2 StPO geht daher ins Leere.
[128] 2.2.2.An sich zutreffend reklamiert die Verfahrensrüge des Angeklagten Dr. H* (§ 281 Abs 1 Z 3 StPO) einen Verstoß gegen § 221 Abs 2 StPO, weil diesem Angeklagten die im schöffengerichtlichen Verfahren zwingend normierte Mindestvorbereitungsfrist (zur Fristenberechnung siehe § 84 StPO) von (hier maßgeblich) 14 Tagen nicht gewährt wurde. Denn Dr. H* konnte die (am 23. Oktober 2017 verfügte [ON 3423]) Ladung zur Hauptverhandlung am 12. Dezember 2017 (ON 3569 S 1) infolge seiner Ortsabwesenheit vom 7. Oktober 2017 bis einschließlich 2. Dezember 2017 nicht ordnungsgemäß zugestellt werden (§ 82 Abs 1 StPO iVm § 17 Abs 3 ZustellG; ON 3466), sodass er – seinem bescheinigten Vorbringen zufolge (ON 5141 Beilage 1) – erst am 3. Dezember 2017 vom Termin der Hauptverhandlung Kenntnis erlangt habe.
[129]Die daraus resultierende Gesetzesverletzung vermochte aber – und dies wird im Übrigen auch nicht substanziiert behauptet – in concreto keinen auf das Urteil des Angeklagten Dr. H* nachteiligen Einfluss im Sinn des § 281 Abs 3 erster Satz StPO auszuüben:
[130]Indem § 221 Abs 2 StPO Vorbereitungsfristen normiert, trägt er dem Grundrecht eines Angeklagten Rechnung, über ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung (gegen die erhobene Anklage) zu verfügen (Art 6 Abs 3 lit b MRK). Die Vorbereitungsfrist muss dem Angeklagten und seinem Verteidiger von der Zustellung der Ladung (§ 61 Abs 3 und § 63 StPO) zur Hauptverhandlung bis zu deren Beginn (§ 239 StPO) bleiben. Sie steht nur für den ersten, nicht aber für einen weiteren Verhandlungstermin zu (zum Ganzen Danek/Mann , WKStPO § 221 Rz 8 f; Nimmervoll in LiKStPO § 221 Rz 11 ff; RISJustiz RS0098370).
[131]Der Angeklagte Dr. H* war über die ihm zur Last gelegten Vorwürfe der Anklageschrift vom 20. Juli 2016 (ON 3234) durch deren Zustellung an seinen Verteidiger am 25. Juli 2016 (§ 83 Abs 4 erster Satz StPO; ON 1 S 1343) in Kenntnis gesetzt. Die Anklageschrift vom 24. Mai 2017 (ON 754 im einbezogenen Akt AZ 16 Hv 5/17w des Landesgerichts für Strafsachen Wien) wurde seiner (im dortigen Verfahren ausgewiesenen) Verteidigerin am 31. Mai 2017 (ON 1 S 465 in AZ 16 Hv 5/17w, Zustellnachweis in der VJ) und dem in der Folge bestellten Verfahrenshilfeverteidiger am 12. Juni 2017 (ON 1 S 467 und ON 765 S 2 in AZ 16 Hv 5/17w) zugestellt, sodass der (teilweise geständige [US 1086, 1272]) Angeklagte mehrere Monate Zeit und Gelegenheit hatte, den Akt zu studieren und seine Verteidigung vorzubereiten (vgl RISJustiz RS0098300).
[132] Die am 12. Dezember 2017 begonnene Hauptverhandlung war zudem am ersten Verhandlungstag im Wesentlichen der Sitzordnung, technischen Fragen, der Feststellung der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten, der Beeidigung der Schöffen, Anträgen mehrerer Verteidiger auf Ablehnung der Berufsrichter wegen Ausgeschlossenheit, weiteren prozessrechtlichen Anträgen und der Beschlussfassung darüber gewidmet (ON 3569), wobei sich auch die drei weiteren Verhandlungstage (bis zum 15. Dezember 2017 [ON 3570 bis ON 3572]) im Wesentlichen mit Anträgen der Verteidiger, dem Anklagevortrag und den Gegenäußerungen der Verteidiger befassten. Der Angeklagte Dr. H* wurde erst am 20. Dezember 2017 – demnach mehr als 14 Tage nach Kenntniserlangung vom Termin der Hauptverhandlung – zur Sache vernommen (ON 3576 S 15 ff). Dazu kommt, dass er w ährend der insgesamt 169 Verhandlungstage stets in der Lage war, im Rahmen seiner Verteidigung Anträge zu stellen, wiederholt und ausführlich zur Sache Stellung zu nehmen sowie die eigene Verantwortung zu ergänzen, anzupassen oder abzuändern . All diese Umstände lassen daher im konkreten Einzelfall einen Zweifel an der Effektivität der Verteidigung (dazu Grabenwarter/Pabel, EMRK 7 § 24 Rn 112, 115)des Angeklagten Dr. H* nicht zu, weshalb ein nachteiliger Einfluss im Sinn des § 281 Abs 3 StPO zu verneinen ist.
[133] 2.2.3.Weiters rügt der Angeklagte Dr. H*, an den in der Rechtsmittelausführung einzeln bezeichneten Verhandlungstagen zu den dort angeführten Uhrzeiten sei – jeweils nach Unterbrechung oder Vertagung der Hauptverhandlung – entgegen § 239 StPO ein neuerlicher Aufruf zur Sache unterblieben, weshalb es potenziellen Zuhörern nicht möglich gewesen sei, an der fortgesetzten Verhandlung teilzunehmen. Dadurch sei „der Öffentlichkeitsgrundsatz der Hauptverhandlung nach § 228 StPO“ verletzt worden.
[134]Dem ist zu erwidern, dass die Rüge mit der Bezugnahme auf § 239 StPO, dessen Einhaltung das Gesetz nicht bei sonstiger Nichtigkeit anordnet, den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht aufzeigt (RISJustiz RS0099118). Ebenso wenig legt sie plausibel einen daraus resultierenden (faktischen) Ausschluss der Öffentlichkeit dar ( Danek/Mann , WKStPO § 239 Rz 8/1; zuletzt auch 11 Os 17/23v).
2.3. Zu den Verfahrensrügen der Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P*, Dr. T* und W* (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO):
Diesen sei vorangestellt:
[135] Die erfolgversprechende Geltendmachung von Nichtigkeit aus Z 4 setzt einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag oder einen dort erhobenen Widerspruch voraus (RISJustiz RS0099250, RS0099112). Eine Antragstellung im Sinn des § 238 StPO kann auch erfolgen, indem sich ein Beteiligter dem Antrag eines anderen Beteiligten unmissverständlich anschließt (RISJustiz RS0099244). Beruft sich aber ein Angeklagter ohne eine solche Erklärung auf den Antrag eines Mitangeklagten, so verfehlt die Verfahrensrüge ihr Ziel ( Ratz , WKStPO § 281 Rz 324).
[136] Bei (wie hier) umfangreichem Aktenmaterial bedarf es zur prozessförmigen Ausführung der Verfahrensrüge der genauen Angabe der Fundstelle von Antrag oder Widerspruch (RISJustiz RS0124172).
[137] Als Antrag angesehen wird nur ein deutlich und bestimmt formuliertes Begehren (RISJustiz RS0118060; Ratz , WKStPO § 281 Rz 311).
[138]Ein Beweisantrag setzt nach § 55 Abs 1 StPO voraus, dass das Beweisthema, das Beweismittel und jene Informationen, die für die Durchführung der Beweisaufnahme erforderlich sind, bezeichnet werden. Zudem muss daraus hervorgehen, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse und inwieweit dieses für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage von Bedeutung sei (dazu ausführlich und mwN Danek/Mann , WKStPO § 238 Rz 7 sowie Ratz , WKStPO § 281 Rz 327 ff; RISJustiz RS0118444).
[139]Für Anträge, die keine Beweisanträge sind, gelten die Begründungserfordernisse des § 55 Abs 1 StPO sinngemäß (RISJustiz RS0130796 [T3]). Demzufolge bedarf es auch bei solchen Anträgen eines Vorbringens, zu welchem Zweck die beantragte Verfügung begehrt wird, warum die begehrte Verfügung zum angestrebten Zweck tauglich ist und warum der angestrebte Zweck mit einer (Fall )Norm in Verbindung steht, die ihrerseits aus dem rechtlichen Zweck der Absicherung eines fairen Verfahrens zur Feststellung der entscheidenden Tatsachen auf die konkrete Verfahrenssituation hin gebildet wurde ( Danek/Mann , WKStPO § 238 Rz 7/1; Ratz , WKStPO § 281 Rz 333 ff).
[140]Die Richtigkeit der Begründung für eine abweisliche Entscheidung (§ 238 StPO) steht nicht unter Nichtigkeitssanktion, wenn nur dem Antrag auch nach der – auf den Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen – Ansicht des Obersten Gerichtshofs (im Ergebnis) keine Berechtigung zukam (RISJustiz RS0116749, RS0121628 [T1]). Kritik an der Begründung abweislicher Zwischenerkenntnisse ist daher unbeachtlich.
[141] Allein der im Zeitpunkt der kritisierten Entscheidung des erkennenden Gerichts vorliegende Antrag bildet den Gegenstand des Nichtigkeitsgrundes. Mit Blick auf das aus dessen Wesen resultierende Neuerungsverbot ist in Rechtsmittelausführungen oder in Äußerungen zur Stellungnahme der Generalprokuratur zur Fundierung von Anträgen nachgetragenes, diese ergänzendes Vorbringen unbeachtlich (RISJustiz RS0099618 [T15, T26], RS0099117).
[142]§ 281 Abs 1 Z 4 StPO verlangt neben dem Befund, dass (zumindest) ein Gesetz oder Verfahrensgrundsatz verletzt wurde, eine darüber hinausgehende – vom Obersten Gerichtshof vorzunehmende – Bewertung der Schwere dieser Verletzung unter dem Gesichtspunkt, ob die Beachtung des übertretenen Gesetzes durch ein Grundrecht (insbesondere Art 6 MRK) oder sonst durch das Wesen eines die Strafverfolgung oder die Verteidigung sichernden fairen Verfahrens geboten war ( Ratz , WKStPO § 281 Rz 57, 336 f).
[143] Der Nichtigkeitsgrund ist relativ (dazu eingehend Ratz , WKStPO § 281 Rz 301, 734 ff).
[144] In Bezug auf Antragstellungen, Anschlusserklärungen und den Inhalt der Anträge geht der Oberste Gerichtshof vom Protokoll über die Hauptverhandlung (in dessen Fassung zufolge der in Rechtskraft erwachsenen Berichtigungsbeschlüsse) aus (vgl Ratz , WKStPO § 281 Rz 312).
[145] Unter Berücksichtigung dieser Kriterien wurden – entgegen der Kritik der Verfahrensrügen – durch die Abweisung nachstehender Anträge in der Hauptverhandlung Verteidigungsrechte aus nachangeführten Gründen nicht verletzt:
[146] 2.3.1. Die Rügen der Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P* und W* beziehen sich auf Anträge hinsichtlich der Sitzordnung im Verhandlungssaal, die die Angeklagten erstmalig in der Hauptverhandlung am 12. Dezember 2017 (und in der Folge wiederholt) entweder selbst stellten oder denen sie sich (in den eingangs dargestellten gesetzlichen Anforderungen entsprechender Weise) anschlossen (erstmalig ON 3569 S 66 ff [71] sowie ON 3576 S 4 f, sodann „aufrecht erhalten“ bzw „nicht zurückgezogen“ anfangs jedes Verhandlungstags [siehe etwa ON 3570 S 1 f, ON 3571A S 4, ON 3572 S 3]).
[147] Diese Anträge wurden zu Recht abgewiesen (ON 3569 S 74 f, ON 3576 S 13, ON 4900 S 8).
Zum besseren Verständnis sei vorweg festgehalten, dass sich die monierte Sitzordnung nach der Aktenlage wie folgt darstellte:
[148] Der größte Verhandlungssaal des Landesgerichts für Strafsachen Wien wurde eigens für das gegenständliche Großverfahren adaptiert. Die Sitzplätze der Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Privatbeteiligten befanden sich rechts vom Schöffensenat, weil bei diesen keine größere Personenanzahl zu platzieren war (ON 3569 S 5). In der ersten Sitzreihe des Zuschauerraums wurde eine ausreichende Anzahl von Sitzplätzen und Schreibtischen samt Stromanschlüssen für die 14 Angeklagten vorgesehen. In den weiteren drei Reihen hinter den Angeklagten wurden insgesamt 46 Plätze für die Verteidigung reserviert, und zwar wurde die zweite Sitzreihe für Sitzplätze und Schreibtische der (teils mehr als 20 [s US 17 ff sowie beispielsweise ON 3570 S 1 f, ON 3571 S 2 f]) Verteidiger vorgesehen. Dahinter waren zwei weitere Sitzreihen ausschließlich der Verteidigung vorbehalten. Vor den Plätzen der Angeklagten wurden zwei höhenverstellbare Bildschirme aufgestellt, um den Angeklagten und deren Verteidigern uneingeschränkte Sicht auf die zu vernehmenden Personen zu gewährleisten. Eine Abgrenzung zur Öffentlichkeit erfolgte dadurch, dass Zuhörer erst ab der fünften Sitzreihe Platz nehmen durften (ON 1 S 1427, 1463 f, 1467, 1479, ON 3569 S 4 f; ON 3570 S 4 [„leer halten“ einer gesamten Sitzreihe hinter den Verteidigern über deren Ersuchen samt Versetzen von Zuhörern durch die Vorsitzende], ON 3576 S 14). Weiters wurde zur rechten Seite des Schöffensenats ein weiterer Sitzplatz eingerichtet, der für den jeweiligen Verteidiger während der Vernehmung des von ihm vertretenen Angeklagten vorgesehen war (erneut ON 3569 S 5, ON 3576 S 14) und auch im Rahmen von Zeugenvernehmungen durch am Wort befindliche Verteidiger genutzt werden konnte (s etwa ON 3987 S 29, vgl [zur Verwendung auch der Sitzplätze der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft durch die Verteidiger] ON 3685 S 3, ON 3688 S 2). Diese Sitzordnung, die der Aktenlage zufolge der Vielzahl an Angeklagten und Verteidigern samt deren Mitarbeitern und den konkreten (angesichts dieses Großverfahrens) beschränkten Raumverhältnissen geschuldet war, wurde seitens des Gerichts mit sämtlichen Verteidigern bereits vor Beginn der Hauptverhandlung sowie am ersten Verhandlungstag erörtert und es wurden den Verteidigern auch Schlüssel für den Zugang zu einem Verteidigerzimmer, das für eine Besprechung zwischen den Angeklagten und ihren Verteidigern zur Verfügung gestellt wurde, sowie für Spinde zur Aufbewahrung von Unterlagen übergeben (ON 1 S 1463 f, ON 3569 S 4 f, ON 4709 S 38 f). Des Weiteren bot die Vorsitzende den Angeklagten und deren Verteidigern bei temporär geringerer Personenanzahl im Verhandlungssaal umgehend die Möglichkeit, die von ihnen begehrten Sitzplätze einzunehmen, welche teils angenommen, teils abgelehnt wurde (siehe etwa ON 3864 S 3 ff).
[149]Der Antrag der Angeklagten, eine Sitzordnung herzustellen, die „den rechtlichen und damit auch verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht“, genügt den eingangs dargelegten Erfordernissen an ein deutlich und bestimmt formuliertes Antragsbegehren schon deshalb nicht, weil er nicht darlegte, wie konkret das Gericht mit Blick auf die Vielzahl involvierter Personen einen der behaupteten Rechtslage entsprechenden Zustand herstellen hätte sollen. In diesem Zusammenhang sei insbesondere darauf hingewiesen, dass die StPO für das schöffengerichtliche Verfahren keine bestimmte Sitzordnung vorschreibt (vgl Ratz , WKStPO § 281 Rz 94; RISJustiz RS0100849 [T5], RS0099095; vgl allgemein zur Sitzordnung im Gerichtssaal Danek/Mann , WKStPO Vor §§ 228–279 Rz 6).
[150] Dem Antragsvorbringen, der Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 30. Oktober 1992, JMZ 146.00/49 III 2/92 („bauliche Ausstattung von Verhandlungssälen“) sehe vor, dass „die Verteidiger links vom Richtertisch aus gesehen sitzen“ (ON 3569 S 68), ist zu entgegnen, dass diesem – im Übrigen nicht bindenden – Erlass der behauptete Inhalt nicht zu entnehmen ist.
[151] Die Rügen reklamieren weiters eine Verletzung der von Art 6 MRK garantierten Verteidigungsrechte, insbesondere des Konfrontationsrechts (Art 6 Abs 3 lit d MRK) und des Gebots der Waffengleichheit (Art 6 Abs 1 MRK) durch die Antragsabweisung, weil die Angeklagten und deren Verteidiger „am tiefsten Punkt des Verhandlungssaales“ gesessen seien, diese Sitzposition der Öffentlichkeit eine direkte Einsichtsmöglichkeit in die Unterlagen der Verteidiger und der Angeklagten geboten habe, überdies kein „optisches Gleichgewicht“ zwischen Staatsanwaltschaft einerseits sowie Angeklagten und deren Verteidigern andererseits bestanden habe und schließlich den Angeklagten und ihren Verteidigern auch ein unmittelbarer Blickkontakt auf die zu vernehmenden Personen, teils auf deren Mimik und Gestik, verwehrt worden sei (ON 3569 S 68 f ua).
[152]Sie übersehen zunächst, dass weder aus der StPO noch aus Art 6 Abs 3 lit d MRK ein Anspruch des Angeklagten abzuleiten ist, das ihm durch § 249 Abs 1 StPO eingeräumte Fragerecht in bestimmter Form, insbesondere von einem bestimmten Sitzplatz aus, wahrzunehmen (RISJustiz RS0126900). Vielmehr gewährt Art 6 Abs 3 lit d MRK dem Angeklagten mit dessen Recht auf „Konfrontation“ mit zu vernehmenden Zeugen nicht unbedingt eine physische Gegenüberstellung („von Angesicht zu Angesicht“), sondern eine sachlich-inhaltliche in Form einer aktiven Befragung dieser Personen und eines Infragestellens ihrer Aussage. Dieses Konfrontationsrecht im Sinn eines Rechts auf kontradiktorische Gegenüberstellung verlangt, dass Zeugenaussagen im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (in Anwesenheit des Angeklagten und gegebenenfalls eines Verteidigers) präsentiert und kontradiktorisch erörtert werden. Es hat den Zweck, den Angeklagten vor dem erkennenden Gericht in die Lage zu versetzen, die Glaubwürdigkeit der Zeugen zu hinterfragen, sie in Widersprüche zu verwickeln und ihre Angaben falsifizieren zu können (zum Ganzen instruktiv und mwN 13 Os 134/10w; Harrendorf/König/Voigt in Meyer Ladewig et al, EMRK 5 Art 6 Rz 220 ff; Grabenwarter/Pabel, EMRK 7 § 24 Rz 131; Wiederin , WKStPO § 6 Rz 60 ff mwN).
[153] Demzufolge gewährt Art 6 Abs 3 lit d MRK dem Angeklagten ein Präsenz- und Fragerecht im Rahmen eines kontradiktorischen Verfahrens, dem vorliegend entsprochen wurde. Die oben beschriebene (räumlich tieferliegende) Sitzposition der Angeklagten (und deren Verteidiger), die auf der außerordentlichen personalen Dimension des gegenständlichen Verfahrens gründete, ermöglichte jedenfalls, das Fragerecht grundrechtskonform auszuüben. Denn es standen für diesen Sitzbereich einerseits Bildschirme zur Verfügung, um die von den Angeklagten und den Verteidigern abgewandten Gesichter der vom Gericht vernommenen Zeugen sehen und ihre Mimik und Gestik verfolgen zu können. Darüber hinaus wurde den Verteidigern im Rahmen der Ausübung ihres Fragerechts von der vorsitzenden Richterin die Möglichkeit geboten, auf einen zur rechten Seite des Gerichts eingerichteten Sitzplatz zu wechseln und die Vernehmung mit direktem Blickkontakt durchzuführen. Des Weiteren reagierte die Vorsitzende auf Beanstandungen der Verfahrensbeteiligten, den Gesichtsausdruck der vernommenen Person nicht einwandfrei zu sehen, umgehend mit Veränderung der Bildschirmpositionierung (so etwa ON 3576 S 4, ON 3592 S 19).
[154] Dem Antragsvorbringen , dass die Unterlagen der Verteidiger und der Angeklagten aufgrund der vorgegebenen Sitzpositionen nicht ausreichend vor den „Blicken aus den Zuschauerreihen“ geschützt seien (ON 3576 S 4 f), wurde seitens des Gerichts durch die oben beschriebenen Platzreservierungen für die Verteidiger über mehrere Sitzreihen Rechnung getragen. Des Weiteren wurde im Verhandlungssaal die Verwendung von jeglichen technischen Sehhilfen, die nicht medizinischen Zwecken dienen, untersagt (ON 3576 S 13). Allfälligem Fehlverhaltenvon Zuhörern im Gerichtssaal, wie etwa die relevierte Verwendung von Ferngläsern, ein sonstiges „Ausspähen“ oder Verstöße gegen das Film- und Fotografierverbot (§ 228 Abs 4 StPO), ist im Rahmen der sitzungspolizeilichen Zwangsmaßnahmen(§§ 233 bis 237 StPO) zu begegnen. Zum Erwirken solcher Maßnahmen stand den Angeklagten die Antragstellung nach § 238 Abs 2 StPO, bei Antragsa bweisung die Rüge aus Z 4 des §281 Abs 1 StPO offen ( Danek/Mann , WKStPO § 238 Rz 7). Beide prozessualen Instrumente haben die Angeklagten im gegebenen Zusammenhang nicht genutzt.
[155] Weshalb es den Angeklagten durch die ihnen zugewiesenen Sitzplätze in einer deren Recht auf ungestörten Verkehr mit dem Verteidiger (Art 6 Abs 3 lit c MRK; dazu eingehend Harrendorf/König/Voigt in Meyer Ladewig et al, EMRK 5 Art 6 Rz 217 f) verletzenden Weise nicht möglich gewesen sein soll, sich mit ihren (in den Reihen hinter ihnen sitzenden) Verteidigern zu besprechen, wurdenicht dargetan. Diesbezüglich wird im Übrigen darauf hingewiesen, dass § 245 Abs 3 StPO kein Recht auf jederzeitige Besprechung zwischen Verteidiger und Angeklagtem gewährt (RISJustiz RS0126899; vgl Kirchbacher/Sadoghi , WKStPO § 245 Rz 69 f).
[156] Der Grundsatz der Waffengleichheit ist zentraler Bestandteil des Fairnessgebots des Art 6 Abs 1 MRK und bildet gleichzeitig eine besondere Ausprägung des Gleichheitssatzes. Danach muss jede Partei Gelegenheit haben, ihren Fall einschließlich ihrer Beweise zu präsentieren, und zwar unter Bedingungen, die keinen wesentlichen Nachteil gegenüber dem Gegner darstellen. Das bedeutet, dass die Verfahrensparteien einander – ausgestattet mit den gleichen prozessualen Rechten – in einem kontradiktorischen Verfahren gegenüberstehen müssen. In Strafsachen muss Waffengleichheit zwischen der Vertretung der Anklage und dem Angeklagten bestehen, beide müssen in gleicher Weise von dem Vortrag der Gegenseite und über Beweismittel unterrichtet werden. Vollständige Waffengleichheit zwischen den Parteien muss der Staat durch Einsatz staatlicher Mittel nicht herstellen, solange jede Partei die Möglichkeit hat, ihren Fall unter Voraussetzungen zu führen, die sie gegenüber der Gegenseite nicht wesentlich benachteiligen (zum Ganzen Grabenwarter/Pabel, EMRK 7 § 24 Rz 67; Harrendorf/König/Voigt in Meyer Ladewig et al, EMRK 5 Art 6 Rz 41, 117 f; Grabenwarter/Frank , BVG Art 6 EMRK Rz 22; RISJustiz RS0105619, RS0074990, RS0103996).
[157] Demzufolge ist das Antragsvorbringen, durch die (tiefere) Sitzposition der Verteidiger im Vergleich zu jener der Sitzungsvertreter der Anklagebehörde sei ein „optisches Ungleichgewicht“ entstanden, unter dem Aspekt des Grundsatzes der Waffengleichheit nicht von Relevanz.
[158] Soweit sich die Rüge des Angeklagten Mag. G* auf eine „wiederholt releviert[e]“ Platzierung der Staatsanwaltschaft ebenfalls im „unteren Bereich“ bezieht, bleibt sie übrigens schon deshalb erfolglos, weil sie die bei – wie hier – umfangreichem Aktenmaterial gebotene Angabe der Fundstelle der behaupteten Antragstellung in den Protokollen der Hauptverhandlung unterlässt (RISJustiz RS0124172).
[159] Die ergänzenden Ausführungen in den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Mag. G*, M* und MMag. Dr. P* sowie jene in den Äußerungen der Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P* und W* zur Stellungnahme der Generalprokuratur haben mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (erneut RISJustiz RS0099618).
[160] 2.3.2. Entgegen dem Rügevorbringen des Angeklagten Mag. G*, wurden durch die Abweisung (ON 3613 S 21 f) seines am achten Verhandlungstag, dem 9. Jänner 2018, gestellten Antrags, das Gericht möge der Anklagebehörde „auftragen“, ihren (bereits am 13. Dezember 2017, dem zweiten Verhandlungstag [ON 3570 S 10 f] gehaltenen) Anklagevortrag in Bezug auf die unerwähnt gelassene „Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 12. 4. 2017“ über den Entfall zweier Anklagepunkte zu „korrigieren“ bzw zu „ergänzen“ (ON 3592 S 11 ff [15]), dessen Verteidigungsrechte schon deshalb nicht geschmälert, weil die damit der Sache nach angesprochene Norm des § 244 Abs 1 letzter Satz StPO bloß verlangt, dass der aufgrund einer Entscheidung eingetretene Entfall eines Anklagepunktes beim Anklagevortrag „zu berücksichtigen“ ist, welchen Vorgang der angesprochene Antrag nicht substanziiert in Abrede stellt.
[161]Dass der Sitzungsvertreter der Anklagebehörde im Rahmen des Anklagevortrags auf den Entfall des ursprünglich gegen Mag. G* erhobenen Vorwurfs im Zusammenhang mit der Auswahl des Investmenthauses Le* (Anklagepunkt I/1/A) hinwies („… uns im Verfahren nicht mehr interessieren werde“), wurde im Antrag eingeräumt (ON 3592 S 13). Weshalb dadurch den Anforderungen des § 244 StPO nicht entsprochen worden sein soll, ließ dieser offen. Ebenso wenig nachvollziehbar ist der weitere Vorwurf, die Zurückweisung der Anklage in deren Punkt I/1/B (§ 215 Abs 3 StPO iVm § 212 Z 3 StPO) durch das Oberlandesgericht Wien (mit dem in Rede stehenden Beschluss vom 12. April 2017, AZ 23 Bs 284/16g [ON 3358]) sei im Anklagevortrag nicht nur nicht berücksichtigt, sondern dieser Anklagepunkt sei durch die Ausführungen, wonach „Mag. G* angeblich am 13. Juni 2004 interveniert hätte, um einen Zuschlag an das Österreich-Konsortium sicher zu stellen und um nicht zu riskieren, dass die Vergabekommission zu dem Ergebnis kommt, man müsse eine weitere Runde … durchführen“ (wörtlich: „Jetzt gilt es wieder einzugreifen, zu handeln, zu bewirken, dass das Österreich-Konsortium zum Zug kommt.“), sogar „neuerlich als Anklagevorwurf“ in den „Anklagevortrag aufgenommen“ worden. Schließlich wird ein Verstoß gegen § 244 StPO und damit eine durch die Abweisung des thematisierten Antrags bewirkte Verletzung von Verteidigungsrechten auch mit dem Einwand, im Anklagevortrag sei „angemerkt“ worden, dass die Schöffen „die gesamte Anklageschrift gelesen hätten bzw sie diese ihnen von den Berufsrichtern zur Kenntnis gebracht worden wäre“, nicht angesprochen.
[162] 2.3.3. Ebenso ohne Verletzung von Verteidigungsrechten des Angeklagten Mag. G* abgewiesen (ON 3613 S 21 f) wurde dessen Antrag, der Anklagebehörde aufzutragen, den „beim Anklagevortrag verwendeten Foliensatz (ꞌPower Point Präsentationꞌ) […] vorzulegen, damit dieser […] zum Hauptverhandlungsprotokoll und damit zum Akt genommen werden kann“ (ON 3570B S 3 f, ON 3592 S 5 ff).
[163] Die Unterstützung des Anklagevortrags (ebenso wie der Gegenäußerung des Verteidigers) durch eine Power Point-Präsentation ist übliche und – sofern sie sich darauf beschränkt, den mündlichen Vortrag verständlicher zu machen – zulässige Praxis in Großverfahren ( Danek/Mann , WKStPO § 244 Rz 1/1, 4). Der Vortrag der Anklage (§ 244 Abs 1 StPO) umfasst sohin auch den Inhalt eines solchen Hilfsmittels der Präsentation. Auch dieser muss im Hauptverhandlungsprotokoll nicht im einzelnen festgehalten werden, weil das Hilfsmittel – ebenso wie der Vortrag der Anklage selbst – kein Beweismittel darstellt (vgl § 271 Abs 3 StPO). Insoweit genügt daher die Beurkundung der wesentlichen Förmlichkeiten (§ 271 Abs 1 Z 4 StPO; RISJustiz RS0098016).
[164] Erfolg der Verfahrensrüge hätte deshalb ein Vorbringen schon im Antrag erfordert, warum die begehrte Verfügung tauglich sei, konkrete Verteidigungsrechte zu sichern (erneut RISJustiz RS0130796 [T3]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 333 f, 337). Soweit sich das Antragsvorbringen darauf bezog, die Anklagebehörde hätte im Anklagevortrag „zum Teil auch neue Aspekte dargestellt“ (ON 3570B S 3 f) und den Angeklagten Mag. G* „teilweise mit Beweisergebnissen konfrontiert, ohne dass ihm die Möglichkeit gegeben wurde, in diese Einsicht zu nehmen“, und „zahlreiche [projizierte] Bilder“ seien „gar nicht Aktenbestandteil“ (ON 3592 S 7 f), wäre der damit angesprochenen Einhaltung der Erforderlichkeitsgrenze des § 244 Abs 1 zweiter Satz StPO mit einem – vom Angeklagten Mag. G* nicht gestellten – Antrag, den Ankläger zu einer entsprechenden Beschränkung seines Vortrags aufzufordern, zu begegnen gewesen ( Danek/Mann , WKStPO § 244 Rz 1/1, 9; Ratz , WKStPO § 281 Rz 323).
[165] 2.3.4. Entgegen der weiteren Rüge des Angeklagten Mag. G* wurde auch dessen Antrag, den in der Hauptverhandlung anwesenden Journalisten die textbasierte Berichterstattung durch sogenannte „Live Ticker“ zu untersagen (ON 3771 S 3 ff [14], ON 3774 S 47 f), zu Recht abgewiesen (ON 4900 S 6 ff [8]).
[166]§ 228 Abs 1 StPO normiert – wie auch § 12 Abs 1 StPO – auf einfachgesetzlicher Ebene den verfassungsrechtlich durch Art 6 Abs 1 MRK und Art 90 Abs 1 BVG gewährleisteten Grundsatz der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung. Die Bestimmungen der §§ 228 ff StPO sprechen die Volksöffentlichkeit und damit das objektive Recht an, dass Unbeteiligte Verhandlungen als Zuhörer beiwohnen dürfen. Volksöffentlichkeit umfasst auch die Medienöffentlichkeit. Journalisten ist unter den gleichen Bedingungen wie allen anderen Interessierten Zugang zu den öffentlichen Verhandlungen zu gewähren, über die sie auch frei berichten dürfen. Eine Einschränkung erfährt die Berichterstattung durch § 228 Abs 4 StPO und § 22 MedienG, die (gleichlautend) ein Verbot von Fernseh- und Hörfunkaufnahmen und -übertragungen sowie Film- und Fotoaufnahmen von Gerichtsverhandlungen normieren. Von diesem Verbot nicht erfasst ist das Mitschreiben eines Zuhörers und das Anfertigen von Zeichnungen über das in der Hauptverhandlung Vorgefallene sowie die Veröffentlichung derartiger Dokumentationen ( Danek/Mann , WKStPO § 228 Rz 1 f, 22 f, 28; Kroschl in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 2 § 228 Rz 16; Grabenwarter/Pabel, EMRK 7 § 24 Rz 86 f).
[167]Unter einem sogenannten „Live-Ticker“ wird eine besondere Form der schriftlichen medialen Berichterstattung über das Prozessgeschehen verstanden, bei der Journalisten mittels Smartphone, Tablet oder Notebook live oder mit nur sehr geringer zeitlicher Verzögerung aus dem Gerichtssaal berichten und diese Nachrichten mittels internetfähiger Geräte überall abgerufen werden können. Von der herkömmlichen Berichterstattung in Printmedien unterscheiden sich „Live-Ticker“ vor allem durch die Geschwindigkeit der Veröffentlichung und die häufig im Wesentlichen wörtliche Wiedergabe des Gesprochenen, wobei eine solche wörtliche Veröffentlichung des Verhandlungsinhalts auch bei sonstigen Presseberichten nicht auszuschließen ist. Das nach § 228 Abs 4 StPO und § 22 MedienG nicht verbotene Verfassen von „Live-Tickern“ kann im konkreten Einzelfall vom Vorsitzenden zur Vermeidung der Verfahrensbeeinträchtigung im Rahmen der Sitzungspolizei (§§ 233 bis 237 StPO) untersagt werden. Eine solche (allenfalls partielle, etwa für den Zeitraum der Vernehmung von Belastungszeugen, nicht aber für die Urteilsverkündung mögliche) Untersagung schriftlicher Berichterstattung, die einem Live-Bericht nahekommt, ist aber stets unter dem Aspekt des (verfassungsrechtlich garantierten) Rechts der Öffentlichkeit auf Information (Art 10 MRK) zu prüfen und nach sorgfältiger Interessenabwägung nur in Ausnahmefällen zulässig (zum Ganzen Danek/Mann , WKStPO § 228 Rz 22, 28 f; Kirchbacher, StPO 15 § 228 Rz 7; Nimmervoll , Strafverfahren 2 Kap V Rz 120; Kroschl in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 2 § 228 Rz 17; eingehend Thiele , Tweets aus dem Gerichtssaal, RZ 2016, 130; Sengstschmid in Fasching/Konecny 3II/3 § 171 ZPO Rz 123 f; Stuefer in Soyer , Handbuch Unternehmensstrafrecht Rz 11.11; vgl Sengstschmid in Fasching/Konecny 3II/3 § 171 ZPO Rz 125; hingegen für ein Verbot de lege ferenda Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 8.65).
[168] Demzufolge mangelte es dem Antrag an einer Begründung, inwieweit gerade ein (uneingeschränktes) sitzungspolizeiliches Verbot der textbasierten Berichterstattung mittels „Live-Ticker“ geeignet sein sollte, „falsche“ (ON 3771 S 9 ff, ON 3774 S 47), „in reißerische Schlagzeilen“ verpackte (ON 3771 S 9, 12, 14), „aus dem Zusammenhang gerissen[e], einseitig[e] und verzerrend wiedergegeben[e]“ (ON 3771 S 8, 11 f, 14) Medienberichterstattung oder eine mediale Beeinflussung von Zeugen (insb ON 3771 S 13) hintanzuhalten (siehe aber erneut RISJustiz RS0130796 [T3]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 333 f).
[169] Das erstmals im Rechtsmittel zur Antragsfundierung nachgetragene, die Argumentation einer medialen Zeugenbeeinflussung (im Hinblick auf die Ausführungen des Zeugen Dkfm * Ra* [ON 4731 S 77]) ergänzende Vorbringen hat auf sich zu beruhen (erneut RISJustiz RS0099618; Ratz , WKStPO § 281 Rz 325).
[170] 2.3.5.Auch das gegen die Abweisung (ON 4709 S 38 f, „Antrag 2“) des Antrags der Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P* und Dr. T*, das Gericht möge „klären und bekanntgeben, ob die Vertretung der Anklage über die Bild- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung Kenntnis hatte“ (ON 4709 S 20 f, 36), gerichtete Vorbringen der Verfahrensrügen dieser Angeklagten geht fehl. Denn dieser Antrag entsprach nicht den Begründungserfordernissen des § 55 Abs 1 StPO, ließ er doch – abgesehen von fehlender Bezugnahme auf eine der Absicherung eines fairen Verfahrens dienende (Fall )Norm – offen, weshalb die begehrte Aufklärung das offenbar unterstellte – auf bloßen Spekulationen fußende (ON 4709 S 19) – positive Ergebnis erwarten lasse (RISJustiz RS0130796 [T3], RS0118444 [insb T5]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 330, 333).
[171] 2.3.6. Das Rügevorbringen der Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P* und Dr. T* in Bezug auf deren Anträge auf Darlegung, „welche[n] Personen Einsicht in die gesetzwidrig angefertigten Bild- und Tonaufnahmen gewährt wurde“ (ON 4709 S 25, 36) und „welche gesetzwidrig aufgenommenen Bild- und Tonaufnahmen […] gelöscht bzw der Verteidigung des Erstangeklagten [Mag. G*] nicht zur Verfügung gestellt wurden“ (ON 4709 S 28, 36), lässt außer Acht, dass diesen Anträgen nach der Aktenlage von der Vorsitzenden entsprochen wurde (ON 4709 S 38 f, „Antrag 3“ [„ergibt sich aus dem Anordnungs- und Bewilligungsbogen sowie aus dem Akt […] wem die Aufnahmen wann zugestellt wurden“) und eine daran anschließende ergänzende Antragstellung (vgl dazu Ratz , WKStPO § 281 Rz 315) nicht erfolgte. Auf einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag, über den nicht im Sinn der Antragsteller entschieden wurde, stützt sich die Kritik der Rügen demnach nicht. Dies wäre aber Voraussetzung für die Geltendmachung der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO (RISJustiz RS0099250).
[172] Soweit der Angeklagte Mag. G* diesbezüglich moniert, es zeige sich durch den relevierten Aktenvermerk eines Rechtspraktikanten und einen „Zeitungsbericht“, dass „unzweifelhaft weitere Personen in die Aufnahmen Einsicht genommen“ hätten, weshalb „die Sorge“ weiterer Einsichtnahmen bestehe, argumentiert er auf der bloß spekulativen Annahme einer in diesem Punkt bestehenden Unvollständigkeit des Antrags- und Verfügungsbogens.
[173] 2.3.7. Die von den Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P* und Dr. T* gerügte Abweisung (ON 4709 S 38 f, „Antrag 3“) des Antrags auf „umgehend[e]“ Vernichtung der „gesetzwidrig aufgenommenen Bild- und Tonaufnahmen“ (ON 4709 S 25, 36) scheitert schon daran, dass dieser Antrag undifferenziert blieb, es ihm sohin an einem deutlich und bestimmt formulierten Begehren, welche Sequenzen hiervon umfasst sein sollen, fehlte (siehe aber RISJustiz RS0118060; Ratz , WKStPO § 281 Rz 311; vgl auch ON 5014 S 12, wonach diese Aufnahmen „um die Pausen bereinigt“, diese demnach insoweit gelöscht wurden).
[174] 2.3.8. Die Rügekritik der Angeklagten M* und MMag. Dr. P*, die sich auf die Anträge auf Bekanntgabe, „welche gesetzwidrig aufgenommenen Bild- und Tonaufnahmen bereits vom Schöffensenat gesichtet wurden“ (ON 4709 S 28, 36) und „ob noch weitere Varianten von Bild- und Tonaufnahmen tatsächlich existieren“ (ON 4709 S 13, 36) sowie auf Erläuterung des „genauen Ablauf[s] zum […] Aktenvermerk zum 104. Hauptverhandlungstag“ (ON 4709 S 28, 36) bezieht, übergeht, dass diesen Anträgen entsprochen wurde (ON 4709 S 38 f, „Antrag 1“ und „Antrag 4“; erneut RISJustiz RS0099250 sowie Ratz , WKStPO § 281 Rz 315). Im Übrigen zielte der in Bezug auf die mögliche Existenz weiterer Ton- und Bildaufzeichnungen gestellte Antrag – schon seiner Formulierung nach – auf Erkundungsbeweisführung ab ( Ratz , WKStPO § 281 Rz 330 f; RISJustiz RS0099353, RS0118123).
[175]Dem weiteren Antrag, „das Schöffengericht möge den Rechtspraktikanten zur Aufklärung des Ablaufs zum […] Aktenvermerk […] laden“ (ON 4709 S 28, 36), mangelte es bereits an den Erfordernissen des § 55 Abs 1 zweiter Satz StPO, weshalb er zu Recht der Abweisung (ON 4709 S 38 f) verfiel.
[176]Soweit die Beschwerden der Angeklagten M* und MMag. Dr. P* darüber hinaus die Abweisung (ON 4709 S 38 f, „Antrag 5“) des Antrags, „das Schöffengericht möge feststellen, dass Mag. * G*, aber auch die anderen Angeklagten aufgrund der Überwachung der Verteidigerkommunikation durch die unrechtmäßig angefertigten Bild- und Tonaufzeichnungen während Verhandlungspausen sowie vor Aufruf der Sache und nach dem Beschluss zur Vertagung der Hauptverhandlung und folglich durch die Aufnahme von unzähligen vertraulichen Gesprächen der Verfahrensbeteiligten in seinem subjektiven Recht auf Verteidigung nach § 7 StPO sowie seinem Grundrecht auf ein faires Verfahren gemäß Artikel 6 EMRK verletzt wurde“ (ON 4709 S 33, 36), moniert, geht sie schon von vornherein ins Leere, weil der relevierte Antrag weder auf Beweisführung noch auf eine gesetzlich vorgesehene verfahrensbezogene Verfügung gerichtet gewesen war.
[177] 2.3.9. Zu Recht erfolgte auch die Abweisung (ON 4900 S 6 ff [10]) der Anträge des Angeklagten Mag. G* auf a) „Aufforderung der BA*, aber auch der C*, zur vollständigen Vorlage der im Beschluss vom 13.07.2020, ON 4754 bereits angeforderten Unterlagen“, b) „Beischaffung der gesamten Kommunikation, insbesondere den E Mail- und Faxverkehr für den relevanten Zeitraum von Mai bis Juni 2004 zwischen der C* und der BA* im Zusammenhang mit der Finanzierung des Erwerbs der BWBG“ sowie c) „Beischaffung der allfälligen Unterlagen, die den Vertraulichkeitsbereich innerhalb der C*, deren Mitarbeiter nicht an das Bankgeheimnis gebunden sind, aber auch innerhalb der BA*, deren Mitarbeiter zum Teil in verschiedenen Funktionen auch außerhalb der BA* tätig wurden, zum Beispiel Dr. * Et*, Mag. * Hö* und andere mehr dokumentieren“ (ON 4882 S 53 ff [60 ff]), (zusammengefasst) zum Beweisthema, dass „die Summe von 960 Millionen Euro innerhalb der BA* und zwischen der C* und der BA* […] von Mai bis Juni 2004 kursiert ist und diese Summe bereits vor der finalen Angebotsrunde als wesentlicher Anknüpfungspunkt für den Erwerb der BWBG fungiert hat“, „die bedeutsame Kennzahl von 960 Millionen Euro breit kommuniziert wurde“, weshalb es „denkunmöglich und widerlegt ist, dass der Geheimnisverrat […] nur durch Mag. * G* ausgehen konnte“.
[178] Ungeachtet der (Ir )Relevanz des Beweisthemas für die Lösung der Schuld- und der Subsumtionsfrage (vgl dazu die nachstehende Beantwortung der Mängelrüge, Punkt 3.3.1.) geht die Rüge schon deshalb fehl, weil diese Anträge offen ließen, weshalb die angestrebten Beweisaufnahmen die behaupteten Ergebnisse jeweils hätten erwarten lassen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die (nunmehr) U* AG der diesbezüglichen gerichtlichen Aufforderung zur Urkundenvorlage (ON 4754) nachkam (ON 4777) und bekanntgab, dass weitere Unterlagen nicht mehr vorhanden seien (ON 4852). Es hätte deshalb eines konkreten Vorbringens bedurft, weshalb – entgegen der Mitteilung des genannten Unternehmens, das nach der Aktenlage Recherchen im historischen Archiv und interne Erhebungen durchführte (vgl ON 4769 und ON 4852) – noch weitere Unterlagen aus dem Jahr 2004 gerade zur Verifizierung des Beweisthemas, die „Kennzahl von 960 Millionen Euro“ sei – zusammengefasst – einem großen Personenkreis bekannt gewesen, vorhanden sein sollten. Das aus Seitennummerierungen, Faxdaten, hypothetischen Überlegungen betreffend den (als in zu geringfügigem Ausmaß vorhanden erachteten) internen Schrift- und Mailverkehr und der eigenständigen Interpretation des Sinngehalts der ON 4777 S 3 entwickelte Vorbringen, die übermittelten Unterlagen (ON 4777) seien „offensichtlich nicht vollständig“, erschöpft sich demgegenüber bloß in spekulativen Annahmen.
[179] Solcherart waren diese Beweisanträge auf im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (RISJustiz RS0118444, vgl auch RS0099399 und RS0099119 [T10]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 330 f). Erneut ist im Rechtsmittel und in der Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur nachgetragenes, die Anträge ergänzendes Vorbringen ebenso unbeachtlich, wie Kritik an der Begründung des abweislichen Zwischenerkenntnisses.
[180] 2.3.10.Weil die Besetzungsrüge (Z 1) in Bezug auf richterliche Ausgeschlossenheit den weitergehenden Rechtsschutz als die Verfahrensrüge (Z 4) bietet, ist auf die Kritik der Angeklagten M* und MMag. Dr. P* an der Abweisung ([richtig] ON 3569 S 60 f) der im Sinn der Besetzungsrüge argumentierenden Anträge auf „Ablehnung der vorsitzenden Richterin Mag. Mar* Ho* nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO“ (ON 3569 S 25 ff, 40) sowie „Führung des Verfahrens durch ein gehörig besetztes Gericht, ohne Beteiligung [zweier] ausgeschlossener Richter“ (ON 3569 S 40 ff, 57) nicht einzugehen (RISJustiz RS0124803; Ratz , WKStPO § 281 Rz 132, 386). Dies gilt ebenso für die Rügekritik des Angeklagten MMag. Dr. P* an der Abweisung (ON 4709 S 38, 40) des Antrags, „die beiden Berufsrichter des Schöffensenates sowie die sogenannte Ersatzrichterin wegen des zumindest objektiven Anscheins der Befangenheit gemäß § 43 Abs 1 Ziffer 3 StPO vom Verfahren […] auszuschließen“ (ON 4709 S 35 f).
[181]Nichtigkeit aus Z 4 bewirken kann hingegen die abweisliche Entscheidung über Anträge zum Nachweis von Ausgeschlossenheit (§ 43 StPO; erneut Ratz , WKStPO § 281 Rz 132, 386 ). Dennoch wurden – entgegen dem Einwand der Angeklagten M* und MMag. Dr. P* – nachstehende, zum Nachweis der Ausgeschlossenheit der beiden Berufsrichter gestellte Anträge (ON 3569 S 40 ff, 57) zu Recht abgewiesen (ON 3569 S 60 ff) :
[182] a) Der Angeklagte M* moniert die Abweisung des Antrags auf „Beischaffung des AB-Bogens aus dem Akt des Teilfaktums ꞌVilla E*ꞌ“, unterlässt aber die bei – wie hier – umfangreichem Aktenmaterial gebotene Angabe der Fundstelle der behaupteten (die Beischaffung einer Mehrzahl von Antrags- und Bewilligungs bögen [AB Bögen] unter Nennung jeweils unterschiedlicher Beweisthemen beinhaltenden), konkret relevierten Antragstellung im mehr als 70 Seiten umfassenden Protokoll der Hauptverhandlung am 12. Dezember 2017 (ON 3569), sodass dieses Rügevorbringen, dem es im Übrigen auch an Deutlichkeit und Bestimmtheit fehlt, schon deshalb erfolglos bleiben muss (RISJustiz RS0124172).
[183] b) Der ebenfalls im Zusammenhang mit der hier gerügten Antragsabweisung beantragten „Beischaffung des Beschlusses des Personalsenates“ vom (richtig) 16. Oktober 2015 (ON 3569 S 43) entsprach der Schöffensenat (ON 3569 S 60). Inwiefern die weiters begehrte Beischaffung des „AB-Bogens aus dem Verfahren 15 Hv 4/15p“ (ON 3569 S 54), dreier Aktenseiten des „AB Bogens aus 16 Hv 68/15g“ (ON 3569 S 40 f, 43), der „dokumentierten Eintragungen“ in das „Zentralverzeichnis 25 am 10.6.2015“ (ON 3569 S 40) sowie in das „Zentralverzeichnis 12 und 15 vom 21.10.2015“ (ON 3569 S 43) ergeben sollte, dass die mit dem eingangs bezeichneten Beschluss des Personalsenats angeordnete Neueintragung „fälschlicherweise“ erfolgte, ließ die Antragstellung nicht erkennen, weshalb – dem Vorbringen des Angeklagten MMag. Dr. P* zuwider – auch durch die Abweisung dieser Anträge keine Verteidigungsrechte verletzt wurden. Die darüber hinausgehende, diese Anträge ergänzende Argumentation kann zufolge des Neuerungsverbots dahingestellt bleiben.
[184] c) Weshalb die vom Angeklagten MMag. Dr. P* monierte Abweisung des Antrags auf Beischaffung der „Karenzmeldung“ und der „Meldung des avisierten Karenzantrittstermins von Rat Dr. Ö*“ zum Beweis dafür, dass diese Richterin „am 9.10.2015 um ihre bevorstehende Karenzierung Bescheid wusste“ (ON 3569 S 41), von verfahrensrechtlicher Relevanz sein sollte, ist nicht nachvollziehbar.
[185] d) Die Kritik der Angeklagten M* und MMag. Dr. P* an der Abweisung des Antrags auf Beischaffung des Urteils des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 16. Juli 2016, GZ 15 Hv 4/15p 225 („Villa E*“, ON 3569 S 49; vom Angeklagten M* im Übrigen abermals ohne Nennung der Fundstelle), sowie jene des Angeklagten MMag. Dr. P* an der Abweisung des Antrags auf „Beischaffung des Hauptverhandlungsprotokoll[s] vom 15.4.2015 und […] des Diversionsbeschlusses ON 234 im Akt 15 Hv 4/15p“ (ON 3569 S 44 ff [47]) verkennen, dass es diesen Anträgen an der gebotenen Darlegung der Tauglichkeit des begehrten Verfahrensschritts zum angestrebten Zweck fehlte (erneut Ratz , WKStPO § 281 Rz 333 f, 337; RISJustiz RS0130796).
[186]Denn wenn die Angeklagten mit diesen Anträgen den Nachweis von Ausgeschlossenheit nach § 43 Abs 2 StPO bezweckten, übersehen auch sie mit ihrer Rügekritik, dass diese Norm an eine – hier nicht vorliegende – Vorbefasstheit „in derselben Sache“ anknüpft, sodass diese Bestimmung nur solche Richter ausschließt, die in der jeweiligen Strafsache tätig geworden sind ( Lässig , WKStPO § 43 Rz 16; vgl dazu die obigen Darlegungen zu Punkt 2.1.7).
[187]Soweit sich die Anträge auf den Nachweis von Ausgeschlossenheit nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO bezogen , ist den Rügen erneut (vgl auch hiezu die Ausführungen zur ähnlich argumentierenden Besetzungsrüge) zu erwidern, dass die Erledigung selbst eines gegen Beteiligte anhängig gewesenen Strafverfahrens per se nicht geeignet ist, die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des betreffenden Richters in Zweifel zu setzen (vgl abermals RISJustiz RS0096914 [T3, T17], RS0133886; Lässig , WKStPO § 43 Rz 12). Dass sich aus den genannten – hier nicht verfahrensgegenständliche Vorwürfe gegen hier nicht verfahrensbeteiligte Angeklagte beinhaltenden – Aktenstücken Anhaltspunkte für die Annahme bieten sollten, die beiden Berufsrichter hätten sich bereits vor der Entscheidung eine (vorläufige) Meinung über den hier gegenständlichen Fall gebildet und wären auch angesichts allfälliger gegenteiliger Verfahrensergebnisse nicht gewillt gewesen, von dieser Meinung abzugehen (abermals RISJustiz RS0096733, RS0045975 [T10], RS0096914 [T19]), wurde mit dem Hinweis auf einzelne Passagen aus Urteil und Verhandlungsprotokoll, aus denen sich nach dem Beschwerdestandpunkt eine „Vorverurteilung“ von MMag. Dr. P* in Bezug auf den i m ( getrennt geführten ) Verfahren zu AZ 15 Hv 4/15p gegen ihn erhobenen Vorwurf ergeben soll, nicht dargetan .
[188] Die ergänzenden, der Antragsfundierung dienenden Argumente in den Rechtsmitteln der Angeklagten M* und MMag. Dr. P* sind zufolge des Neuerungsverbots abermals unbeachtlich.
[189] Den weiteren (infolge Ergänzung des Antragsvorbringens erneut unbeachtlichen) Rechtsmittelausführungen des Angeklagten MMag. Dr. P* zur „Judikatur von OGH und EGMR“ (samt dazu zitierten Entscheidungen, die – selbst nach der Auffassung des Beschwerdeführers – keine mit dem aktuellen Sachverhalt vergleichbaren Fälle behandeln) im Zusammenhang mit der in Art 6 Abs 2 MRK normierten Unschuldsvermutung (vgl dazu Grabenwarter/Pabel, EMRK 7 § 24 Rz 139 ff), die im Verfahren AZ 15 Hv 4/15p des Landesgerichts für Strafsachen Wien nach Ansicht der Beschwerde „durch die überschießenden Feststellungen im Urteil vom 16.6.2016“ verletzt worden sei, ist im Übrigen zu entgegnen, dass die Behauptung von derartigen Verstößen in einem anderen (hier: getrennt geführten) Verfahren nicht Bezugspunkt einer Urteilskritik nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO im gegenständlichen Verfahren sein kann.
[190] e)Die von der Rüge des Angeklagten MMag. Dr. P* weiters monierte Abweisung des Antrags auf „Einbeziehung des Verfahrens 15 Hv 4/15p (Teilfaktum ꞌVilla E*ꞌ) in das gegenständliche Verfahren 15 Hv 1/17z und anschließende Abtretung des gegenständlichen Verfahrens 15 Hv 1/17z zum Verfahren 15 Hv 2/17x (Teilfaktum ꞌVilla E*ꞌ)“ erfolgte zu Recht. Denn die Antragstellung ließ keine Umstände erkennen, die für eine abermalige Verbindung der – auf Basis der Ermessensbestimmung über die Verfahrensausscheidung (mit Blick auf das andere, überaus komplexe Sachverhalte betreffende und umfangreiche eigenständige Beweisaufnahmen erfordernde Verfahren AZ 15 Hv 1/17z des Landesgerichts für Strafsachen Wien) zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen (siehe 12 Os 145/17s; OLG Wien, AZ 23 Bs 181/17m [ON 3515 S 12]) – getrennt geführten Verfahren sprächen.
[191] 2.3.11. Der Angeklagte Dr. T* bekämpft die Abweisung (ON 3768 S 15) des Antrags auf „Vernichtung […] der Aktenseite 419 in ON 2404“. Bei diesem Aktenstück handle es sich um anwaltliche Korrespondenz in Form eines von ihm verfassten EMails an seinen Kanzleikollegen, das nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien als Rechtsmittelgericht vom 12. April 2017 zu (richtig) AZ 23 Bs 284/16g einem Beweisverbot unterliege (ON 3571A S 6). Weil aus der Nichtigkeitsdrohung des § 157 Abs 2 StPO kein Anspruch auf Vernichtung der vom Rechtsmittelgericht als (grund )rechtswidrig erklärten Durchsuchungsergebnisse abgeleitet werden kann (RISJustiz RS0125171, RS0125172), erfolgte die Antragsabweisung – dem Rügevorbringen zuwider – schon deshalb zu Recht. Für die unter einem beantragte „Erteilung einer Belehrung an die Staatsanwaltschaft, jede weitere Einbeziehung oder Verwertung, insbesondere diese jemandem vorzuhalten oder im Verhandlungssaal vorzuführen, im Verfahren zu unterlassen“ (ON 3571A S 6), fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage für eine solche Anleitungs- oder Belehrungspflicht. Im vorliegenden Kontext, nämlich der Kritik an der Tätigkeit der Staatsanwaltschaft im Hauptverfahren, wäre auf die Einhaltung von (behaupteten) Umgehungsverboten vielmehr durch entsprechende anlassbezogene Antragstellung – etwa auf Nichtzulassung von konkreten Vorhalten oder Fragen – oder einen Widerspruch dagegen, hinzuwirken gewesen (erneut Ratz , WKStPO § 281 Rz 323).
[192] Dass durch das Vorkommen dieses Aktenstücks auch das Aussageverweigerungsrecht des Adressaten dieses E Mails, eines Rechtsanwalts, umgangen worden sei, wurde in der Hauptverhandlung nicht vorgebracht. Die diesbezüglichen ergänzenden Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde unterliegen deshalb dem Neuerungsverbot (RISJustiz RS0099117 [insb T8]).
[193] Mit der als „rechtlich unrichtig“ kritisierten erstgerichtlichen Begründung der Antragsabweisung entfernt sich die Rüge vom Prüfungsmaßstab dieses Nichtigkeitsgrundes (RISJustiz RS0116749 [T9])
3. Zu den verbleibenden Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Mag. G*, M*, Dr. H*, MMag. Dr. P*, Dr. S*, Dr. T* und W*:
3.1. Deren Erledigung ist grundlegend voranzustellen :
[194] 3.1.1. Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) und der Tatsachenrüge (Z 5a) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen (dazu Ratz , WKStPO § 281 Rz 398 bis 408), also – soweit hier von Interesse (Sanktionsfragen werden insoweit nicht angesprochen) – über schuld- oder subsumtionsrelevante Tatumstände (RISJustiz RS0106268 [T7], RS0117499).
[195] 3.1.2. Die Mängelrüge ( Z 5 ) muss zur deutlichen und bestimmten Bezeichnung eines Begründungsmangels überdies konkret auf jene Feststellungen Bezug nehmen, auf die sich dieser beziehen soll (RISJustiz RS0130729).
[196] Hievon ausgehend nennt das Gesetz fünf Kategorien von Begründungsfehlern, die Nichtigkeit aus Z 5 nach sich ziehen:
[197] Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn – nach der Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, somit aus objektiver Sicht – nicht für sämtliche (unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten) Urteilsadressaten, also für den Beschwerdeführer und das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (RISJustiz RS0117995 [insb T3, T4]).
[198]Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (13 Os 138/03, SSt 2003/93; RISJustiz RS0118316).
[199] Widersprüchlich sind zwei Urteilsaussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungssätzen nicht nebeneinander bestehen können ( Ratz , WKStPO § 281 Rz 438). Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), (mehrere) Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen (15 Os 51/04, SSt 2004/43; RISJustiz RS0119089).
[200] Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (14 Os 72/02, SSt 64/39; RISJustiz RS0116732, RS0118317).
[201] Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (11 Os 122/00, SSt 63/112; RISJustiz RS0099431, RS0099547).
[202] Wo das Gesetz auf einen Vergleich der angefochtenen Entscheidung mit Verfahrensergebnissen abstellt (Z 5 zweiter Fall und Z 5 fünfter Fall), ist überdies der entsprechende Aktenbezug herzustellen, was bei – wie hier – umfangreichem Aktenmaterial die genaue Angabe der jeweiligen Fundstelle erfordert (RISJustiz RS0124172).
[203]Hinsichtlich aller fünf Fehlerkategorien ist die Mängelrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt. Die isolierte Hervorhebung einzelner Verfahrensergebnisse ist demnach nicht zielführend (11 Os 53/07i, SSt 2007/68; RISJustiz RS0116504, RS0119370).
[204]Bei der Ausführung der Mängelrüge ist weiters die Verpflichtung des Gerichts zu gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) zu beachten (RISJustiz RS0098778 [insb T6]).
[205] 3.1.3. Die Tatsachenrüge ( Z 5a ) erfordert zu ihrer prozessordnungsgemäßen Ausführung – von ihrer Eigenschaft als Aufklärungsrüge abgesehen (dazu Ratz , WKStPO § 281 Rz 477 ff) – die Bezugnahme auf deutlich und bestimmt bezeichnete aktenkundige Beweismittel und – im Fall umfangreicher Akten wie hier – die genaue Angabe der Fundstelle (RISJustiz RS0117446; Ratz , WKStPO § 281 Rz 471, 481, 487). Weiters sind die ins Treffen geführten Beweismittel in Hinsicht auf ihre Eignung, erhebliche Bedenken hervorzurufen, an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen zu messen (RISJustiz RS0118780; Ratz , WKStPO § 281 Rz 487).
[206] 3.1.4. Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RISJustiz RS0099810). Die in der Rechtsrüge ( Z 9 lit a bis c ) oder der Subsumtionsrüge ( Z 10 ) behauptete rechtliche Konsequenz ist methodengerecht aus dem Gesetz abzuleiten (RISJustiz RS0116565, RS0116569).
[207] 3.1.5. Eine zielführende Diversionsrüge ( Z 10a ) erfordert eine methodisch korrekte Argumentation auf der Basis der Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RISJustiz RS0124801, RS0116823).
3.2. Zum strafrechtlich relevanten Sachverhaltskern der Schuldsprüche zu I/1(§ 153 StGB), VI, VIII/2/A/a und b, VIII/2/B/a(§ 304 StGB idF BGBl I 2001/130 und 2004/136) sowie zu VII, VIII/2/A/c und d, VIII/2/B/b(§ 307 StGB idF BGBl I 1998/153) ist vorauszuschicken :
3.2.1. Zu I/1 :
[208]Das Wesen der Untreue (§ 153 StGB) besteht im wissentlichen Missbrauch der Befugnis, unmittelbar über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, und dadurch bewirkter (zumindest bedingt) vorsätzlicher Schädigung des anderen am Vermögen. Gegenstand der Beurteilung ist nicht die gesamte Geschäftsführungstätigkeit des Machthabers, sondern die konkrete missbräuchliche Rechtshandlung (im Sinn einer Handlung mit vermögensrechtlicher oder verpflichtungsbegründender Wirkung), die den Machtgeber am Vermögen schädigt (zum Ganzen Pfeifer , SbgK § 153 Rz 19, 25 f; Leukauf/Steininger/ Flora, StGB 4 § 153 Rz 21; Marek/Jerabek , Korruption, Amtsmissbrauch und Untreue 17 § 302 Rz 65 ff; Kienapfel/Schmoller , BT II 2 § 153 Rz 8 ff, 50; Kirchbacher/Sadoghi in WK 2StGB § 153 Rz 1, 25, 29/1). Mit Blick auf Bestimmungs- und Beitragstäterschaft sei hinzugefügt, dass „Missbrauch“ schon von der Wortbedeutung her vorsätzlicher Fehlgebrauch ist (RISJustiz RS0090382 [T3]).
[209]Schon die Verletzung des allgemeinen Grundsatzes, dem Machtgeber größtmöglichen Nutzen zu verschaffen (vgl § 1009 ABGB) und jedes den Interessen des Vertretenen abträgliche Verhalten zu unterlassen, wie etwa die Vereinbarung und Bezahlung eines höheren Preises als der Vertragspartner verlangt hätte , begründet Befugnismissbrauch und führt zu einem Vermögensschaden in Höhe der Preisdifferenz (RISJustiz RS0094686, RS0094918; 11 Os 104/21k [Rz 51, 55]; Kirchbacher/Sadoghi in WK 2StGB § 153 Rz 28, 30/9).
[210] Vice versa kann ein Befugnismissbrauch auch in der Vereinbarung eines niedrigeren Preises, als der Vertragspartner angeboten hätte , erblickt werden. Auch in dieser Konstellation liegt eine für den Machtgeber nachteilige Vereinbarung vor, die (unabhängig vom tatsächlichen Wert der Leistung) zu einem Vermögensschaden in Höhe der Preisdifferenz führt.
[211] Auch Machthaber juristischer Personen öffentlichen Rechts müssen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung wie redliche und verantwortungsbewusste Kaufleute agieren und die gesamte Geschäftstätigkeit so ausüben, dass sie den größten Nutzen für die von ihnen vertretene Gebietskörperschaft hervorbringt (vgl RISJustiz RS0113813; 13 Os 145/18z).
[212] Der tatbestandsmäßige Vermögensschaden kann (als „effektiver Verlust an Vermögenssubstanz“) in einer Verminderung der Aktiven, in einem Gewinnentgang oder in einer Vermehrung der Passiven (also im Hinzutreten einer Verbindlichkeit) bestehen (RISJustiz RS0094836, RS0095618, RS0098599; Kirchbacher/Sadoghi in WK 2StGB § 153 Rz 36; Leukauf/Steininger/ Flora, StGB 4 § 153 Rz 28; Pfeifer , SbgK § 153 Rz 32; aA im Hinblick auf Gewinnentgang als Schaden Kienapfel/Schmoller , BT II 2 § 153 Rz 88).
[213]Eine § 153 StGB zu subsumierende Tat ist mit dem effektiven Eintritt des Vermögensschadens vollendet (RISJustiz RS0094913). Bei (hier relevant) Mietverträgen und Kaufverträgen, die als Konsensualverträge bereits mit der Willenseinigung der Parteien zustande kommen (dazu RISJustiz RS0020342, RS0020394 [T1], RS0011298 [T4]), entsteht die Pflicht des Vertragspartners, das Entgelt (auch in Gestalt von wiederkehrenden Leistungen) zu entrichten, bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Demzufolge tritt die Tat insoweit (in der Begehungsvariante der Vermehrung von Passiven) im Abschlusszeitpunkt ins Vollendungsstadium (RISJustiz RS0095618 [T2]).
Diesem Schuldspruchfaktum liegt (zusammengefasst) folgender (Urteils ) Sachverhalt zugrunde:
[214] Mag. G* war im Tatzeitraum Bundesminister für Finanzen und als solcher – über den eingangs dargelegten allgemeinen Grundsatz der Verschaffung eines größtmöglichen Nutzens für den Machtgeber hinaus – nach § 2 Abs 2 und 3 BMG ausdrücklich zu einer den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entsprechenden Geschäftsführung verhalten (US 127).
a) Zu I/1/A („Buwog“):
[215] Der Bundesminister für Finanzen wurde mit dem Bundesgesetz betreffend Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften (BGBl I 2003/46) vom 25. Juli 2003 ermächtigt, den Geschäftsanteil des Bundes an fünf Bundeswohnbaugesellschaften (soweit hier von Bedeutung) bestmöglich zu veräußern (US 127).
[216] Für die Abwicklung dieses Verwertungsverfahrens (im Urteil auch als „Bieterverfahren“ bezeichnet) beauftragte Mag. G* eine Investmentbank, die das Verfahren ab August 2003 mittels sogenannter „Prozessbriefe“ steuerte, indem in diesen Schriftstücken den als „Bieter“ bezeichneten Kaufinteressenten inhaltliche und zeitliche Vorgaben kommuniziert wurden und mit denen die Investmentbank auf eine Vergleichbarkeit der Angebote abzielte (US 114, 117; US 128 iVm ON 2504 S 239 ff; US 406 f iVm ON 1791 S 865 ff [875]). Diese „Prozessbriefe“ enthielten den Hinweis, dass kein Anspruch auf Vertragsabschluss bestehe, die Verkäuferin vielmehr das Recht habe, jederzeit eine andere Veräußerungsstruktur zu wählen, den Prozess zu stoppen , sich aus diesem zurückzuziehen oder dessen Ablauf zu ändern , Gespräche mit den Bietern oder mit anderen Investoren zu beenden und auch mit Dritten zu verhandeln (bspw US 128 iVm ON 2504 S 245, 259; US 166 iVm ON 1791 S 953; US 428 iVm ON 1791 S 937 ff [945]).
[217] Im Zuge des Privatisierungsverfahrens traten mehrere potentielle Geschäftspartner, teils in Konsortien zusammengeschlossen, auf, neben anderen auch das sogenannte „Österreich-Konsortium“, als dessen Vertreter MMag. Dr. P* und Dr. S* fungierten (US 134 uva).
[218]Weiters wurde eine Kommission nach § 8 BMG eingesetzt, die als „Auswahlkommission“ bezeichnet wurde, aber nur die Ermächtigung hatte, Entscheidungsempfehlungen für den Bundesminister für Finanzen vorzubereiten. Die endgültige Entscheidungskompetenz lag allein beim Bundesminister für Finanzen (US 134, 136, 410 bis 413).
[219] Bereits ab dem elften Prozessbrief wurde die Höhe des Kaufpreises als alleiniges „Zuschlagskriterium“ definiert. Weiters wurde in einer Sitzung der Auswahlkommission im April 2004 die Möglichkeit einer Nachverhandlungsrunde für den Fall, dass die Angebote nicht wesentlich auseinanderliegen würden, thematisiert, wobei dies den Bietern, die nur von einer einzigen Möglichkeit der Angebotslegung ausgehen sollten, nicht kommuniziert wurde (US 138 f, 172; US 166 iVm ON 1791 S 951; US 148; US 417, US 428 iVm ON 1791 S 937 ff).
[220] Am 4. Juni 2004 boten mit dem ersten „verbindlichen Angebot“ das „Österreich-Konsortium“ einen Kaufpreis von 836 Millionen Euro und die C* AG einen solchen von 922,70 Millionen Euro (US 159). Am selben Tag informierte Dr. * Tr*, ein Mitglied der Auswahlkommission, Mag. G* über den Inhalt und die Höhe der Angebote, es wurde die Durchführung einer weiteren Angebotsrunde erörtert (US 160) und dies am 7. Juni 2004 von Mag. G* beschlossen (US 162, 440 f, 443).
[221] Daraufhin lud am 8. Juni 2004 der 14. Prozessbrief das „Österreich-Konsortium“ und die C* AG zur Abgabe eines „Last and Final Offers“ ein (US 166).
[222] Das finale Angebot des „Österreich-Konsortiums“ lag bei einem Kaufpreis von 961.281.700 Euro, jenes der C* AG bei einem Kaufpreis von 960.100.000 Euro (US 169 f [jeweils zum „Zuschlagszeitpunkt“ 15. Juni 2004]).
[223] Mag. G* wurde in der Folge von der Auswahlkommission über das Ergebnis dieser zweiten „Bieterrunde“ informiert. Die Kommission kam zur Einschätzung, dass der Spielraum der „Bieter“ nun ausgereizt sei und die Angebotspreise bereits sehr knapp nebeneinander lägen. Sodann traf Mag. G* den Entschluss, keine dritte Angebotsrunde durchzuführen (US 172) und erteilte dem „Österreich-Konsortium“, das in der zweiten Angebotsrunde den höchsten Kaufpreis geboten hatte, am 15. Juni 2004 den „Zuschlag“ (US 175).
[224] Dies, obwohl Mag. G* wusste, dass er verpflichtet war, den höchstmöglichen Verwertungspreis für die Geschäftsanteile des Bundes an den Bundeswohnbaugesellschaften zu erzielen (US 1242, 1247) und er vor der „Erteilung des Zuschlags“ mit MMag. Dr. P* und Dr. S* als den Vertretern dieses (nunmehrigen) Geschäftspartners (im Wege von Mittelsmännern) eine Vereinbarung getroffen hatte, derzufolge das „Österreich-Konsortium“ für die „Zuschlagserteilung“ eine als „Provision“ bezeichnete (weitere) Zahlung von einem Prozent des gebotenen Kaufpreises, sohin 9.612.812 Euro, an Mag. G* persönlich leisten werde. Dem Bund wurde aufgrund des solcherart „ verminderten Preises “ ein von Mag. G* intendierter Schaden in Höhe der „Provisionszahlung“ zugefügt (US 175 bis 178 f, 180 ff, 1014, 1244 f; vgl auch US 526 [„entgangener Mehrerlös“]).
Davon ausgehend sei zum besseren (juristischen) Verständnis klargestellt :
[225] Wenngleich die Tatrichter das gegenständliche Verkaufsverfahren auch als „Bieterverfahren“ und die potenziellen Geschäftspartner als „Bieter“ bezeichnen, handelte es sich – wie auch die Generalprokuratur zutreffend anmerkt – weder um ein nach Regelungen des Bundesvergabegesetzes 2002 abzuwickelndes Vergabeverfahren im Sinn eines „Verfahrens zur Beschaffung von Leistungen“ (vgl VwSlg 17.801 A/2009; zur Terminologie Kirchbacher/Ifsits in WK 2StGB § 168b Rz 12 ff mwN, Rz 36; Nikolay/Kallinger, Zum Begriff „Vergabeverfahren“ iSd § 168b StGB, ÖJZ 2024, 806 ff; vgl auch Brugger , Unternehmenserwerb 2Kap 5 Rz 5.1, 5.18 f) noch um eine Versteigerung (in der der Zuschlag an den Meistbieter zu erfolgen hat [vgl § 85 Abs 9 EO]), sondern um ein privatautonomes Prozedere zur Veräußerung der Geschäftsanteile des Bundes an den Bundeswohnbaugesellschaften. In dessen Rahmen bediente sich Mag. G* zur Einholung von Kaufangeboten der Unterstützung durch eine Investmentbank. Diese wiederum strukturierte die Anbotslegung durch sogenannte Prozessbriefe, also informative Schreiben, die an potentielle Geschäftspartner gerichtet wurden, denen jedoch kein normativer Charakter zukam.
[226] Die Befugnis des Mag. G*, die gegenständlichen Geschäftsanteile des Bundes zu verwerten, wurde demnach weder durch das Tätigwerden der Investmentbank noch durch die Bestellung der „Auswahlkommission“, die nur Empfehlungen aussprechen konnte, eingeschränkt. Es bestand sohin kein „Zwang zum Zuschlag“ an einen „Bestbieter“. Vielmehr stand es Mag. G* nach den Urteilskonstatierungen jederzeit, somit auch noch nach Einlangen der finalen Angebote („Last and Final Offers“) frei, das Verwertungsverfahren zu beenden oder abzuändern, weitere Angebotsrunden durchzuführen oder den Preis auf andere Weise nachzuverhandeln.
[227] Der Wille der Tatrichter, ungeachtet der Vielzahl an gewählten Formulierungen („Bieterverfahren“, „Bieter“, „Bieterrunde“, „Bestbieter“, „Provision“, „Provisionszahlung“, „Provisionsvereinbarung“, „Höchstgebot“, „Zuschlag“, „Zuschlagserteilung“ etc) festzustellen, dass sich Mag. G* angesichts der (ihm persönlich zugute kommenden, mit dem „Österreich-Konsortium“ für den Fall des Vertragsabschlusses getroffenen) zusätzlichen Zahlungsvereinbarung (in Höhe von einem Prozent des gebotenen Kaufpreises) befugnismissbräuchlich entschloss, den von diesem Geschäftspartner im „Last and Final Offer“ angebotenen Preis nicht nachzuverhandeln, Mag. G* also trotz seines Wissens, dass sich das „Österreich-Konsortium“ (der Sache nach) zu einer Mehrzahlung von rund 9,6 Millionen Euro verpflichtet hatte und dazu auch bereit war, dessen finales schriftliches Angebot annahm und dadurch den Kaufvertrag zu einem solcherart „verminderten Preis“ abschloss , die Geschäftsanteile des Bundes demnach nicht bestmöglich verkaufte , wodurch der Bund einen Vermögensschaden in der genannten Höhe der „Provisionszahlung“ erlitt, geht aus der Sicht des Obersten Gerichtshofs bei gebotener Gesamtbetrachtung und Analyse der Entscheidungsgründe im Zusammenhalt mit den dort vorgenommenen Verweisen auf den Akteninhalt (erneut insb US 127 f iVm ON 2504 S 239 ff [255, 259]; US 134, 138 f; US 166 iVm ON 1791 S 953; US 169, 172, 175; US 405 f iVm ON 1791 S 865 ff [875]; US 410 bis 413, 417 f; US 428 iVm ON 1791 S 937 ff; US 440 f, 443, 526, 1014, 1242, 1244 ff, 1247) mit hinreichender Deutlichkeit hervor (RISJustiz RS0117228, RS0116759 [T1]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 19).
[228] Die (hier) relevante Rechtshandlung , die die Vertragspartner zur wechselseitigen Leistung verpflichtete, war beim vorliegenden Konsensualvertrag die als „ Erteilung des Zuschlags “ bezeichnete Annahme des Kaufangebots am 15. Juni 2004 . Im Abschluss dieses für den Machtgeber nach den Urteilskonstatierungen nachteiligen Kaufvertrags lag der tatbestandsmäßige Befugnismissbrauch. Dadurch trat – nach Obgesagtem – auch der effektive Verlust an Vermögenssubstanz, sohin der tatbestandsmäßige Vermögensschaden zu diesem Zeitpunkt ein, womit die Tat vollendet war.
[229]Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass diesem Schuldspruchpunkt das Verfolgungshindernis rechtswirksamer Verfahrenseinstellung (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO; vgl § 17 Abs 1 StPO) nicht entgegensteht.
Der Oberste Gerichtshof geht dabei von folgendem – für die Beurteilung des in Rede stehenden Verfolgungshindernisses entscheidenden – Sachverhalt aus (zur Kompetenz des Obersten Gerichtshofs, auf prozessuale Fragen bezogene Feststellungen nach Vorführung der Beweismittel selbst zu treffen vgl RISJustiz RS0118545, RS0096300; Ratz , WKStPO § 288 Rz 40):
[230]Mit Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 12. April 2017, AZ 23 Bs 284/16g, wurde – soweit hier wesentlich – die im gegenständlichen Verfahren gegen Mag. G* und andere Angeklagte eingebrachte Anklageschrift vom 20. Juli 2016, AZ 12 St 7/16g, in Stattgebung eines Einspruchs des Mag. G* im ihn betreffenden Anklagepunkt I/1/B gemäß § 215 Abs 3 StPO aus dem Grunde des § 212 Z 3 StPO zurückgewiesen (ON 3358).
[231] Mit dem – vom Obersten Gerichtshof beigeschafften und den Verteidigern zur Kenntnis gebrachten – (unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen) Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 28. Mai 2019, AZ 316 HR 50/10p (ON 48 im OsAkt), wurde über entsprechenden Antrag des Beschuldigten Mag. G* das von der Staatsanwaltschaft (nach teilweiser Zurückweisung der Anklageschrift zu diesem Vorwurf weiter) gegen ihn „zum Aktenzeichen 12 St 8/11x geführte Ermittlungsverfahren wegen § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB (Faktum Einzel-/Paketverkauf) gemäß § 108 Abs 1 Z 2 StPO eingestellt“.
[232] Begründend kam das Erstgericht nach Auflistung der hiefür relevanten Verfahrensergebnisse zum Schluss, dass die Annahme, der Beschuldigte hätte durch Einzelverkauf der zu privatisierenden Wohnbaugesellschaften anstatt des letztlich durchgeführten Gesamtverkaufs einen Mehrerlös von über 300.000 Euro für den Bund erzielen können, „reine Spekulation“ darstelle (S 30 des Beschlusses).
[233] Konkret geht der vom Einstellungsbeschluss erfasste Vorwurf demnach – ungeachtet der (im Beschluss aus der Anklageschrift übernommenen missverständlichen) Bezeichnung der Tatzeit („15. Juni 2004“) – recht besehen dahin, Mag. G* habe es schon nach Kenntnisnahme von der Bewertung der einzelnen Wohnbaugesellschaften durch die Bieter in der ersten Angebotsrunde (am 4. Juni 2004), aus welcher sich der von der Staatsanwaltschaft hypothetisch angenommene Schadensbetrag ergeben habe (vgl BS 3 f, 8, 15 sowie S 197 ff der Anklageschrift ON 3234), unterlassen, das „öffentliche Ausschreibungsverfahren“ mit dem Ziel eines Gesamtverkaufs zu stoppen und stattdessen aus Sicht der Anklagebehörde mögliche „Erlösmaximierung“ durch Einzelverkauf zu betreiben. Dies wäre jedoch nur durch gänzlichen Abbruch des bereits im Mai 2004 im Sinn eines Gesamtverkaufs festgelegten Prozesses und neue öffentliche Ausschreibung eines anders gestalteten Verwertungsverfahrens möglich gewesen (BS 23 ff und 26).
[234] Teilt die Staatsanwaltschaft ein unter Anklage gestelltes Gesamtgeschehen (Tat im prozessualen Sinn [vgl RISJustiz RS0113142]) in mehrere – sachverhaltsmäßig (etwa nach Zeit und Modalität) abgrenzbare – Einzeltaten (im materiellen Sinn [vgl dazu Ratz , WKStPO § 281 Rz 516 ff]), indem sie diese in verschiedenen Anklagepunkten (vgl § 211 Abs 1 Z 2 StPO) anführt, bildet jede dieser einzelnen Taten den (selbständigen) Bezugspunkt von Schuld- oder Freispruch, Anklage oder Einstellung (RISJustiz RS0113754 [zur Tat im materiellen Sinn unter dem Aspekt der Z 7 oder 8]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 524; Nordmeyer ebd § 190 Rz 17 ff).
[235] Eintätiges Zusammentreffen des Mag. G* im angefochtenen Urteil zu I/1/A angelasteten (oben näher dargestellten, [auch] durch aktives Tun begangenen) Missbrauchs, nach der ersten Angebotsrunde eine zweite (am 11. Juni 2004) durchzuführen, um dem „Österreich-Konsortium“ die Möglichkeit zu eröffnen, dessen Angebot auf Basis der pflichtwidrig weitergegebenen Information nachzubessern und dann mit dem „Bieter“ am 15. Juni 2004 den Vertrag – ohne Durchführung faktisch und rechtlich möglicher Nachverhandlungen – mit einem daraus resultierenden Vermögensschaden des Bundes von 9.612.812 Euro abzuschließen, mit der vom Einstellungsbeschluss erfassten Unterlassung, einen alternativen Geschehensverlauf (mit einem möglichen Schaden von über 35 Millionen Euro) herbeizuführen, scheidet damit aus ( Ratzin WK² StGB Vor §§ 28–31 Rz 13; vgl 17 Os 2/18z).
b) Zu I/1/B („Terminal Tower“):
[236] Im Bundesministerium für Finanzen bestanden seit März 2004 Bestrebungen, die Li* in einem gemeinsamen Haus neu unterzubringen. Die Letztentscheidung über den Standort und den Abschluss eines Mietvertrags lag bei Mag. G* als dem dafür zuständigen Bundesminister für Finanzen (US 199, 204, 210, 1241 f). Eines der in Rede stehenden Objekte war der sogenannte „Terminal Tower“. Für die Umsetzung dieses Projekts wurde im November 2005 die tt GmbH Co KEG gegründet (US 198). Nachdem Mag. G* im Dezember 2005 seine Zustimmung zur Neuunterbringung der Li* im „Terminal Tower“ verweigert hatte, um Druck auf die für die genannte Gesellschaft diesbezüglich agierenden DI Pö* und Dr. Sch* auszuüben, konnten sich diese am 31. Jänner 2006 durch die (bereits im Frühjahr 2004 von Mag. G* im Wege eines Mittelsmanns geforderte) verbindliche Zusage einer „Provisions “Zahlung von 200.000 Euro, die Mag. G* selbst zukommen sollte, letztlich doch dessen Zustimmung zum Abschluss des Mietvertrags erkaufen (US 200, 210 f, 213, 215, 607 f, 616, 629 bis 631 f, 634 f, 642, 1015).
[237] Diese zwischen Mag. G* und den Vertretern der tt GmbH Co KEG vereinbarte Zahlung von 200.000 Euro für den am 31. März 2006 erfolgten Mietvertragsabschluss zwischen der genannten Gesellschaft als Vermieterin und dem Bund als Mieter wirkte sich zu Lasten des Mietpreises des Bundes aus. Denn Mag. G* hätte mit dieser Gesellschaft – angesichts deren dokumentierter Zahlungsbereitschaft erfolgversprechende – Verhandlungen über eine Mietzinsreduktion oder eine mietzinsfreie Zeit in entsprechendem Ausmaß führen können, wozu er als Machthaber – im Sinn der obigen allgemeinen Ausführungen – auch verpflichtet war. Dem Bund wurde dadurch ein Schaden in Höhe der genannten Zahlung zugefügt (US 216 f, 639 f, 643 f, 1016 f, 1242, 1245 f).
[238] Der tatbestandsmäßige Befugnismissbrauch liegt im Fall einer (wie hier konstatiert) zu Lasten des Machtgebers getroffenen Zahlungsvereinbarung im Abschluss des für den Machtgeber nachteiligen (hier Miet )Vertrags (RISJustiz RS0094791).
[239] Der Untreueschaden – und damit Deliktsvollendung – trat daher (wie eingangs dargelegt) mit dem Mietvertragsabschluss am 31. März 2006 ein.
3.2.2. Zu VI, VII und VIII/2/A/a und b, VIII/2/B/a, VIII/2/A/c und d sowie VIII/2/B/a und b :
[240] Bestechlichkeit (hier: Geschenkannahme durch Beamte) und Bestechung setzen die (tatbildm äßige) Verknüpfung eines Vorteils mit der pflichtwidrigen Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts voraus. Als alternative Mischtatbestände (RISJustiz RS0096125, RS0096190) normieren sie jeweils gleichwertige Begehungsweisen in Bezug auf den Vorteil, nämlich einerseits das Fordern, Annehmen und Sich-Versprechen-Lassen (§ 304 Abs 1 StGB) sowie andererseits das Anbieten, Versprechen und Gewähren (§ 307 Abs 1 StGB). Verwirklicht jemand in Bezug auf einen Vorteil mehrere Tatbestandsvarianten, wird die Tat zwar durch deren erste vollendet und die strafbare Handlung wird insgesamt nur einmal zugerechnet (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO; vgl zu den weiteren prozessualen Konsequenzen RISJustiz RS0116655). Zusätzliche Varianten begründende Verhaltensweisen stellen allerdings keine straflosen Nachtaten dar. Vielmehr setzt der Täter in einer solchen Konstellation weiteres (im Sinn des Tatbestands) strafbares Verhalten, das grundsätzlich (zur Begehung im Rahmen tatbestandlicher Handlungseinheit siehe unten zu Punkt 3.2. 4. ) selbständiger Anknüpfungspunkt für eine Beteiligung anderer und für die Verjährung ist. Davon abgesehen ist die Verwirklichung mehrerer Varianten im Rahmen der Strafbemessung erschwerend zu berücksichtigen (RISJustiz RS0118774 [insb T2], RS0126145; zum Ganzen Nordmeyer/Stricker in WK 2StGB § 304 Rz 7 und 96 sowie § 307 Rz 40).
[241] Pflichtwidrig ist die Vornahme (oder Unterlassung) des in Zweckbeziehung zum Vorteil stehenden Amtsgeschäfts (und zwar auch eines solchen der Privatwirtschaftsverwaltung, dazu RISJustiz RS0095954; Nordmeyer/Stricker in WK 2StGB § 304 Rz 13 ff mwN, § 307 Rz 50) nicht nur, wenn das Handeln (oder Unterlassen) gegen Vorschriften verstößt, die im Zusammenhang mit dem (konkreten) Amtsgeschäft zu beachten sind, sondern – insbesonders bei Ermessensentscheidungen – auch dann, wenn es parteilich erfolgt. Pflichtwidrigkeit einer parteilichen Vornahme (oder Unterlassung) eines Amtsgeschäfts ist aber nur dann zu bejahen, wenn der Vorteil (nach der Vorstellung des Amtsträgers) einen (maßgeblichen) Einfluss im Sinn einer Kausalbeziehung auf das Amtsgeschäft hat, mit anderen Worten sachliche Gründe überlagert, die ein anderes Ergebnis nahelegen. Neben einem Einfluss des Vorteils auf den Inhalt des Amtsgeschäfts kann auch der (mit dem Vorteil verknüpfte) Weg dorthin pflichtwidrig sein. Auch in diesem Fall liegt Unsachlichkeit (und damit Pflichtwidrigkeit) nur dann vor, wenn ein Mindestmaß an Erheblichkeit erreicht wird. Sie kann sich etwa aus der (ungerechtfertigt) unterschiedlichen Behandlung von Parteien ergeben, also dann, wenn die bevorzugte Behandlung einer Partei mit der Benachteiligung einer anderen einhergeht (zum Ganzen eingehend und mwN Nordmeyer/Stricker in WK 2StGB § 304 Rz 24 ff [30, 32 f], § 307 Rz 16; RISJustiz RS0096099, RS0096116).
a) Zu VI/1 („Buwog“):
Dazu traf das Erstgericht (zusammengefasst) folgende Feststellungen :
[242] Mag. G* forderte im Verwertungsverfahren der Buwog von Vertretern des „Österreich-Konsortiums“ für die „Zuschlagserteilung“ eine an ihn persönlich zu leistende Zahlung und entschloss sich in der Folge, das schriftliche Angebot dieses (solcherart zu einer dem geforderten Betrag entsprechenden Mehrzahlung bereiten) Geschäftspartners (ohne weitere Preisverhandlung) anzunehmen, obwohl er gesetzlich (§ 1 des Bundesgesetzes betreffend die Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften, BGBl I 2003/46, § 2 Abs 2 und 3 BMG) zur bestmöglichen Verwertung dieser Geschäftsanteile des Bundes verpflichtet war (siehe 3.2.1.a samt den dort wiedergegebenen US).
[243] Davon ausgehend ist das pflichtwidrige Handeln des Mag. G* schon in dem gegen ein Gesetz verstoßenden, für den Bund nachteiligen Vertragsabschluss („Zuschlagserteilung“) begründet ( Nordmeyer/Stricker in WK 2StGB § 304 Rz 24 f). Zudem war in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation auch der (mit dem Vorteil verknüpfte) „Weg zum Zuschlag“, also die Durchführung des Verwertungsverfahrens in seiner Gesamtheit, pflichtwidrig. Denn nach den Feststellungen bevorzugte Mag. G* „aus eigenen monetären Begehrlichkeiten“ („Interessen“) und um sich „persönlich unrechtmäßig zu bereichern“ (US 523, 656 f, 1255 f) das „Österreich-Konsortium“, indem er diesem – sohin unter Beeinträchtigung der Interessen des solcherart ungleich behandelten Mitbewerbers – geheime „Bieterinformationen“ zukommen ließ (US 156 ff [163 f]), die es dem „Österreich-Konsortium“ ermöglichten, das in der zweiten „Bieterrunde“ erstellte Angebot nach einer Orientierungszahl (hinsichtlich der vermeintlichen Obergrenze des „Mitbieters“) auszurichten, welches Mag. G* annahm (dazu Nordmeyer/Stricker in WK 2StGB § 304 Rz 33 mwN).
b) Zu VI/2 („Terminal Tower“):
[244] Dem diesbezüglichen Urteilssachverhalt zufolge ist die Pflichtwidrigkeit im Abschluss eines für den Bund als Mieter nachteiligen Mietvertrags begründet, der entgegen den gesetzlichen Vorgaben (§ 2 Abs 2 und 3 BMG) deshalb erfolgte, weil Mag. G* zuvor von der (potentiellen) Vermieterin eine „Provisions “Zahlung von 200.000 Euro an ihn persönlich gefordert hatte, die auf die Konditionen des Mietvertrags entsprechend nachteilig wirkte (siehe 3.2.1.b samt den dort wiedergegebenen US, insb US 634 f).
3.2.3. Zu VII, VIII/2/A/c und d sowie VIII/2/B/b :
[245]Unmittelbarer Täter (§ 12 erster Fall StGB) ist, wer eine dem Wortlaut des Tatbestands entsprechende Ausführungshandlung setzt (RISJustiz RS0117320 [T1]). Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB) ist, wer sonst zur Ausführung einer strafbaren Handlung eines anderen durch physische oder psychische Unterstützung beiträgt, indem er dessen Tatbildverwirklichung ermöglicht, erleichtert, absichert oder in sonstiger Weise fördert (RISJustiz RS0090508). Bestimmungstäter (§ 12 zweiter Fall StGB) ist, wer vorsätzlich einen anderen zur Ausführung einer strafbaren Handlung veranlasst, also den Anstoß zur Tatausführung durch einen anderen gibt (RISJustiz RS0089717; Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 42 ff). Die Täterschaftsformen des § 12 StGB sind gleichwertig (RISJustiz RS0090765; Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 16).
[246]Da eine wortlautkonforme Ausführungshandlung nach § 307 Abs 1 StGB auf ein unmittelbares Verhältnis zwischen dem, der den Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, und dem Amtsträger abstellt, begründet das (soweit hier von Bedeutung) indirekte Versprechen eines Vorteils im Wege eines Mittelsmanns nicht unmittelbare, sondern Bestimmungstäterschaft nach § 12 zweiter Fall StGB. Ob der Mittelsmann vorsätzlich handelt, ist ohne Bedeutung (zum Ganzen RISJustiz RS0133490; Nordmeyer/Stricker in WK 2StGB § 307 Rz 24, 36 f; Marek/Jerabek , Korruption, Amtsmissbrauch und Untreue 17§§ 307–307b StGB Rz 1; Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 19, 44).
a) Zu VII, VIII/2/A/c und VIII/2/B/b („Buwog“) :
[247] Nach den dazu getroffenen Feststellungen hat Dr. H* zu den strafbaren Handlungen des MMag. Dr. P* und des Dr. S*, die vom ersten Halbjahr 2004 Mag. G* „für die [zu VI/1 beschriebene] pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäfts“ über den „als Mittelsmann für Mag. * G* fungierenden Dr. * H* einen Vorteil, und zwar eine Bestechungszahlung von jeweils eines Prozents ihres anteiligen Kaufpreises“ versprochen haben (US 184 f), „beigetragen“, indem er die Genannten „in ihrem Versprechen bestärkt[e]“, deren „Bestechungsversprechen entgegennahm [US 178] und – über den (weiteren) Mittelsmann M* – für die Weiterleitung der Zusage an Mag. * G*“ sorgte, wobei M*, als „Kommunikationsschnittstelle“ fungierend, diese Information Mag. G* überbrachte (insb US 183 ff sowie auch US 63, 72, 140, 175, 177 f, 180 ff, 424, 1127 ff, 1130, 1145 f, 1162 f, 1247 ff).
[248] Ausgehend vom Vorgesagten ist der Angeklagte M*, der demnach als direkter Mittelsmann zu Mag. G* fungierte, zufolge Vornahme der tatbildmäßigen Ausführungshandlungen – nach den dies objektiv und (auch) subjektiv mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringenden Feststellungen (US 185 f) – bei rechtsrichtiger Beurteilung des Urteilssachverhalts unmittelbarer Täter der Bestechung.
[249]Die konstatierten Tathandlungen der Angeklagten MMag. Dr. P* und Dr. S*, die nach den Feststellungen demgegenüber ein indirektes Versprechen im Wege zweier Mittelsmänner abgaben, sowie jene des Dr. H*, der (unter anderem) für dessen Weiterleitung an M* sorgte, sind demgegenüber nicht als Ausführungshandlungen zu beurteilen. Insoweit kommt – wie auch die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt – jeweils Bestimmungstäterschaft im Sinn des § 12 zweiter Fall StGB (und zwar in Bezug auf den unmittelbaren Täter M*) in Frage.
[250]Eine Bestimmung (§ 12 zweiter Fall StGB) muss auf eine ausreichend individualisierte Tat zielen, die aber dem Bestimmenden nicht in allen Einzelheiten bekannt sein muss. Die Bestimmungshandlung wird vom Gesetz nicht näher umschrieben. In Betracht kommt jede Verhaltensweise, die den Anstoß zur Tatausführung durch einen anderen gibt. Für den Bestimmenden braucht der Adressat der Bestimmung nicht von der Person her festzustehen. Auch eine unmittelbare Verbindung zwischen Bestimmendem und Bestimmtem ist nicht erforderlich. Der Bestimmungstäter kann sich auch einer oder mehrerer Mittelspersonen zur Einwirkung auf den Willensentschluss des anderen bedienen. Kettenbestimmung – wie hier – ist somit Bestimmungstäterschaft, wobei die Einflussnahme auf die Mittelsperson bereits eine Bestimmungshandlung darstellt und der Bestimmende weder den unmittelbaren Täter noch die einzelnen Kettenmitglieder oder deren Zahl kennen muss. Auch der Bestimmungsvorsatz muss sich auf eine ausreichend individualisierte Tat beziehen, die aber noch nicht in allen Einzelheiten feststehen muss. Es genügt, wenn der Bestimmende die angesonnene Tat der Art nach und in groben Umrissen in seine Vorstellung aufgenommen hat (zum Ganzen Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 50, 52 f, 58, 66, 77 je mwN; Kienapfel/Höpfel/Kert AT 7 Rz 34.9, 34.13, 34.38; RISJustiz RS0089581, RS0109797).
[251] Davon ausgehend tragen die eben dargestellten Feststellungen, denen – aus Sicht des Obersten Gerichtshofs – sowohl zur objektiven als auch zur subjektiven Tatseite mit hinreichender Deutlichkeit ( Ratz , WKStPO § 281 Rz 19) zu entnehmen ist, dass die Angeklagten MMag. Dr. P* und Dr. S* durch die Abgabe des inkriminierten Versprechens einer „Bestechungszahlung“ an den Angeklagten Mag. G* gegenüber Dr. H* bewusst und gewollt den Anstoß zur Tatausführung durch den unmittelbaren Täter (mag ihnen die Involvierung eines weiteren „Mittelsmanns“ auch nicht bekannt gewesen sein) gaben, diesen also zur strafbaren Handlung der Bestechung verleiten wollten, und dass Letztgenannter eine kausale Bestimmungshandlung für die Ausführungshandlung des Angeklagten M* setzte, indem er „dafür sorgte“, dass das Versprechen über diesen „Mittelsmann“ an Mag. G* weitergeleitet wurde, zu jedem dieser Angeklagten die (wenngleich erstgerichtlich unter falschen Täterschaftsformen erfolgte) Subsumtion der Tat (also des historischen Sachverhalts) als Vergehen der Bestechung nach § 307 Abs 1 Z 1 StGB idF BGBl I 1998/153 (zur rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen vgl RISJustiz RS0117604 [T3, T4, T8], RS0089433, RS0090648; Ratz , WKStPO § 281 Rz 646; Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 13, 16, 119 f; vgl im Übrigen zum misslungenen Bestimmungsversuch in Bezug auf einen bereits zur Tat Entschlossenen Fabrizy in WK² § 12 Rz 54, 78).
b) Zu VIII/2/A/d („Terminal Tower“) :
[252] Nach den Feststellungen zu den objektiven Tathandlungen des Angeklagten M* im Zusammenhang mit der Bestechung des Angeklagten Mag. G* für die „parteiliche“ Genehmigung des Mietvertrags zwischen der tt GmbH Co KEG und de m Bund zur Neuunterbringung der Li* im „T* T*“ hatM* zu den strafbaren Handlungen der dort Genannten (§ 307 StGB) beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), indem er sich „als Mittelsmann und Kommunikationsstelle zu Mag. * G* zur Verfügung stellte, mit DI * Pö* die Höhe und die Abwicklungsmodalitäten der Bestechungszahlung besprach, um eine der Verschleierung dienende diskrete Vereinnahmung der Provisionszahlungen zu ermöglichen, und hiezu als Mittelsmann zu Mag. * G* fungierte, und dadurch insgesamt die Genannten bestärkte, ihr Versprechen abzugeben“ (US 213, 219 f).
[253] Weiters konstatierten die Tatrichter dazu, dass, nachdem Mag. G* zuvor über seinen Mittelsmann Pl* von DI Pö* die Leistung der Bestechungszahlung von 200.000 Euro gefordert hatte, diese in der Folge von DI Pö* dem Mittelsmann Pl* zugesagt wurde und Mag. G* aufgrund der über Pl* arrangierten Bestechungszahlung dem Mietvertrag zustimmte (US 213, 215, 217 ff).
[254]Dass der Angeklagte M* allein oder in einem allfälligen bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Pl* als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB; RISJustiz RS0117320 [T6]; Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 24 ff) eine (wortlautkonforme) Ausführungshandlung im Sinn der obigen Erläuterungen setzte, ist diesen Urteilsannahmen – wie die Generalprokuratur zutreffend ausführt – zwar nicht zu entnehmen.
[255]Ein vom Erstgericht in rechtlicher Hinsicht angenommener (strafbarer) Beitrag (§ 12 dritter Fall StGB) kann jedoch auch zu einer Bestimmungs- oder Beitragshandlung geleistet werden. Die eben zu Punkt 3.2.3.a dargestellten Grundsätze zur Bestimmungstäterschaft gelten gleichermaßen für die Beitragstäterschaft. Demnach muss auch der Beitrag zu einer ausreichend individualisierten Tat erfolgen, die dem Beitragstäter aber nicht in allen Einzelheiten bekannt sein muss. In Betracht kommt jede Verhaltensweise, welche die Ausführung der Tat durch einen anderen ermöglicht, erleichtert, absichert oder fördert. Der Beitragstäter muss weder den unmittelbaren Täter noch die einzelnen Kettenmitglieder oder deren Zahl kennen. Zwischen ihm und dem unmittelbaren Täter muss es zu keiner unmittelbaren Kontaktaufnahme kommen, für die Strafbarkeit genügt es vielmehr, wenn der Beitrag zur Tatbegehung benützt wird (zum Ganzen RIS JustizRS0132345, RS0090165; 13 Os 145/18z; Fabrizyin WK² StGB § 12 Rz 81 ff [84], 93, 96, 101).
[256] Davon ausgehend tragen die eben dargestellten Feststellungen sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht die Annahme eines (insbesonders durch die vor dem Versprechen getroffene Vereinbarung der Höhe und der Abwicklungsmodalitäten der Zahlung zum Zweck deren – der Verschleierung dienenden – diskreten Vereinnahmung mit DI Pö* geleisteten [US 213]) strafbaren Beitrags des Angeklagten M* zur Bestimmung des unmittelbaren Täters (Pl*) mit hinreichender Deutlichkeit ( Ratz , WKStPO § 281 Rz 19). Kausalität dieses Beitrags in Bezug auf die Veranlassung des unmittelbaren Täters ist auf Basis des Urteilssachverhalts gleichfalls zu bejahen .
[257]Im Übrigen hat M* nach den weiteren Konstatierungen (bewusst und gewollt) die „Umsetzung und Abwicklung“ der „unzulässigen Provisionsvereinbarung“ organisiert (US 218 ff) sowie umfangreiche Aktivitäten im Zusammenhang mit der Auszahlung (also dem Gewähren) des Vorteils entfaltet (US 221 ff iVm 641 ff) und dadurch zur strafbaren Handlung von DI Pö* und Dr. Sch* beigetragen, womit der Schuldspruch nach §§ 12 dritter Fall, 307 Abs 1 Z 1 StGB – im Sinn der obigen allgemeinen Ausführungen zu Punkt 3.2.2. – auch unter diesem Aspekt (also in der Tatbegehungsvariante des „Gewährens“) zu Recht erfolgte.
[258] 3.2.4. Bleibt zu sämtlichen der wegen der Vergehen der Geschenkannahme durch Beamte und der Bestechung erfolgten Schuldsprüchen der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass nach dem Urteilssachverhalt die im Zusammenhang mit den gegenständlichen Amtsgeschäften (kurz: „Buwog“ und „Terminal Tower“) stehenden Vorteile nicht nur gefordert und versprochen, sondern in mehreren Tranchen bis November 2007 auch angenommen und gewährt wurden (vgl US 195 f und 230), sodass den daran – in unterschiedlicher Form – beteiligten Angeklagten (deren Vorsatz nach den insoweit hinreichend deutlichen Urteilsannahmen auch darauf gerichtet war) bei rechtsrichtiger Betrachtung – ungeachtet insoweit fehlender Aufnahme in den Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) – auch die Tatbestandsvarianten des „Annehmens“ oder des „Gewährens“ zur Last liegen.
[259] A uf Basis de r Feststellungen ist weiters davon auszugehen, dass diese Angeklagten ihr Verhalten jeweils im Rahmen einer tatbestandlichen Handlungseinheit gesetzt haben (zum Begriff RISJustiz RS0122006), weshalb das Verhalten vom Fordern bis zum Annehmen und vom Versprechen bis zum Gewähren des Vorteils jeweils eine Tat im materiellen Sinn darstellt (vgl [zu tatbestandlicher Handlungseinheit bei Korruptionstatbeständen] RISJustiz RS0096174 sowie 17 Os 20/13i und 17 Os 30/14m). Gleiches trifft auf die im Zusammenhang stehenden Beteiligungshandlungen zu.
Auf all dem basierend sei den Nichtigkeitsbeschwerden Folgendes erwidert:
3.3. Zur verbleibenden Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mag. G*:
3.3.1. Zu § 281 Abs 1 Z 5StPO:
Zu I/1/A:
[260] Der Einwand von Undeutlichkeit der Feststellungen „zur Frage, ob die Provision einen Teil des Kaufpreises bildete“ (sich nachteilig auf den Kaufpreis auswirkte), erschöpft sich zum einen in eigenen beweiswürdigenden Überlegungen, vor allem zur Aussagekraft der darauf bezogenen Bekundungen des Angeklagten MMag. Dr. P* (US 1138), mit welchen die Rüge insofern das Vorliegen von (typischerweise anfallenden) „Anschaffungs(neben)kosten“ plausibel zu machen versucht, und moniert zum anderen inhaltlich bloß das Unterbleiben einer Definition („Offenlegung“) von im Urteil verwendeten – an anderer Stelle vom Beschwerdeführer selbst als „rechtliche Termini“ bezeichneten – Begriffen (wie „Kaufpreis“, „Gesamtkaufpreis“), womit Undeutlichkeit nicht angesprochen wird (siehe im Allgemeinen 3.1.1. und 3.1.2., im Besonderen Ratz , WKStPO § 281 Rz 419, 443).
[261] Gleiches gilt für die unter dem Aspekt eines Widerspruchs (Z 5 dritter Fall) geäußerte These, die „Feststellungen“, nach denen die Provisionszahlung „wirtschaftlich Teil des Kaufpreises“ (des „Gesamtkaufpreises“, „eingepreist“) gewesen sei (US 175, 177 ff, 182, 426 ua), und jene, mit denen das Erstgericht zum Ausdruck gebracht habe, dass die Höhe der Provisionszahlung von der Höhe des (Gesamt )Kaufpreises abhängig gewesen sei (US 55 f, 154 f, 175 ff, 455, 533 ua), würden einander nach den Gesetzen logischen Denkens ausschließen.
[262] Mit beiden Einwänden versucht die Beschwerde (in rechtlicher Hinsicht) in Zweifel zu ziehen, dass ein zur Bemessungsgrundlage (konkret zur Höhe des offiziellen Anbots) vorgesehener fixer Satz (hier von einem Prozent) als Bestechungssumme einkalkuliert werden kann (eine entsprechende Vereinbarung also die Selbstverpflichtung des Bestechenden, einen um diese Summe höheren Preis zu bezahlen, beinhaltet), ohne aber dabei die Gesamtheit der Entscheidungsgründe in ihrem Sinnzusammenhang in den Blick zu nehmen (siehe erneut oben zu 3.2.1.a sowie 3.1.2.; Ratz , WKStPO § 281 Rz 419, 440 f; RISJustiz RS0099636).
[263] Zur Kritik an den Konstatierungen zu Beitragshandlungen des Angeklagten Dr. H* fehlt dem Beschwerdeführer die Legitimation zur Anfechtung (vgl RISJustiz RS0099257 [T3]).
[264] Soweit sich die Rüge mit dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) gegen die Feststellungen des Erstgerichts zum Geheimnisverrat des Mag. G* durch Weitergabe der „Information des Österreich-Konsortiums über das Gebot der Ban* A*“ von „960 Millionen“ (insb US 163) wendet, die überdies offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall) seien, spricht sie in Bezug auf den hier bekämpften Teil des Schuldspruchs, dessen tatbestandsrelevante Handlung der Abschluss des für den Bund nachteiligen Kaufvertrags ist, abermals keine entscheidende Tatsache an.
[265] Die diesbezüglich aufgezeigten Auszüge aus Aussagen der Zeugen Dr. Tr* (zum Ablauf der Besprechung am 7. Juni 2004 [ON 4019 S 78 ff, ON 4025 S 54 ff, ON 4140 S 66]), Mag. Hö* (zum Inhalt eines Schriftstücks [ON 4731 S 147 f]) und Dr. * Se* (zur Anzahl der bei den „finanzierenden und Garantien erstellenden Banken“ involvierten Personen [ON 4775 S 74 ff]) sowie des Angeklagten Dr. H* (in Bezug auf Angebotsobergrenzen von Kaufinteressenten [ON 3592 S 69 ff]) betreffen demnach auch keine erheblichen Tatsachen, also solche, die geeignet sind, die dem Gericht durch die Gesamtheit der übrigen Beweisergebnisse vermittelte Einschätzung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer entscheidenden Tatsache maßgeblich zu beeinflussen (RISJustiz RS0116877 [T1]).
[266] Gleiches gilt für die ins Treffen geführten Urkunden und einen im gegenständlichen Verfahren ergangenen Beschluss (im Wesentlichen zum Kreis der – nach dem Beschwerdestandpunkt – über die „Summe von 960 Millionen Euro“ informierten Personen [ON 1670 S 23 ff, ON 28 S 261 ff, ON 4754 S 5 und ON 4777 S 65 ff]) sowie den in diesem Zusammenhang thematisierten „Rechenfehler“, der den Verantwortlichen der C* AG bei der Ermittlung des Angebotspreises unterlaufen sein soll (US 172).
[267]Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die relevierten Aussagen nicht unberücksichtigt blieben (insb US 166 ff, 393, 405, 414 ff, 433, 445, 473 ff, 556, 561 ff, 578, 582 ff, 585, 592 ff, 1093 f) und das Erstgericht zur Erörterung sämtlicher Aussagedetails nicht verhalten war (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO, siehe 3.1.2.). Zudem übersieht das Vorbringen in Bezug auf die Aussagen der Zeugen Mag. * O* (ON 2498 S 213, ON 3981 S 37) und Dr. * Mi* (ON 2498 S 133), jeweils zu deren Einschätzung der Erlöserwartung des Bundes, und betreffend jene des Zeugen Dr. * R* zu dessen Beurteilung der Preisdifferenz der Angebote (ON 28 S 163 ff [173]), dass subjektive Meinungen, Ansichten, Wertungen und ähnliche intellektuelle Vorgänge als Inhalt des Zeugenbeweises von vornherein ausscheiden (vgl § 154 Abs 1 StPO; RISJustiz RS0097540, RS0097573). Hinzugefügt sei auch, dass mit Behauptungen der Art, dass das Gericht bestimmte Aspekte ohnehin verwerteter Beweismittel nicht oder nicht den Intentionen des Angeklagten Mag. G* entsprechend berücksichtigt habe, kein Begründungsmangel geltend gemacht, sondern nur nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) bekämpft wird (RISJustiz RS0099599).
[268] Der weiteren Rüge (nominell Z 5 zweiter Fall, der Sache nach Z 5 vierter Fall) zuwider ließ das Schöffengericht die Konstatierung, wonach der Angeklagte Mag. G* am 7. Juni 2004 die Durchführung einer zweiten Angebotsrunde veranlasste (US 162), nicht unbegründet, sondern erschloss dies aus dessen Stellung als Bundesminister für Finanzen, den in Bezug auf den relevierten Entscheidungsprozess getätigten Angaben der Zeugen Dr. * Pf*, Dr. * Ma*, Mag. * Kr*, Dr. * Fi*, Dr. * Man* und Dr. * St*, einer handschriftlichen Notiz des Dr. Tr* und einem E Mail des Zeugen DI * Wi* (US 439 bis 441, 463, 465 f, 473 ff, 494, 519 f, 966 ff, 1006). Soweit auch die diesbezüglich festgestellte Zielsetzung des Mag. G*, dem „Österreich-Konsortium“ dadurch die Möglichkeit einer Nachbesserung des ersten Angebots zu geben, damit der „vereinbarte Provisionsfall eintreten konnte“ (US 162), mit der Behauptung bekämpft wird, es seien Teile der Aussage des Zeugen Dr. Tr* (ON 2505 S 235 ff, ON 4019 S 78) „mit Stillschweigen“ übergangen worden, wird damit erneut weder eine entscheidende noch eine erhebliche Tatsache angesprochen (siehe aber erneut 3.1.1.). Im Übrigen kritisiert der Angeklagte mit der eigenständigen Bewertung von im Urteil durchaus berücksichtigten Verfahrensergebnissen bloß abermals in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Tatrichter (vgl US 439 f, 473 ff, 1013 ff).
[269] Entgegen dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der mehrfach und „unter Verwendung unterschiedlicher Begriffe“ getroffenen Konstatierungen des Erstgerichts, wonach es sich bei der „Provision“ um eine „kaufpreisrelevante Zahlung“ handelte (US 55 [„verdeckte Preisnachlässe zulasten der ... Republik“], US 218 [„unzulässige Provision zum Nachteil der Republik“], US 1244 [„Gewährung von Preisnachlässen“], US 1245 [„Einfluss auf die Preisbildung“; „versteckter Preisnachlass ... weil die Republik ... einen ... verminderten Preis einnahm“]), stützte das Erstgericht die entscheidende Feststellung, dass sich die „Provisionsvereinbarung“ (im zu 3.2.1.a dargestellten Sinn) „nachteilig auf den Kaufpreis“ auswirkte, auf den objektiven Geschehensablauf und die Angaben des Angeklagten MMag. Dr. P* (US 1013 ff [1014], 1132 ff [1138, 1145 f]). Mit der Kritik an einer isoliert hervorgehobenen, im Rahmen rechtlicher Erwägungen verwendeten Formulierung („Preisnachlass“; vgl aber RISJustiz RS0100877 [T8, T11]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 413, 561) wird im Ergebnis bloß erneut die erstgerichtliche Beweiswürdigung in unzulässiger Weise bekämpft.
[270] Soweit die Beschwerde die Feststellungen zu einem Treffen zwischen Mag. G*, M* und Pl* am 19. Dezember 2003 (US 133 f) als offenbar unzureichend begründet moniert, weil die darauf basierende Konstatierung „nicht nachvollziehbar“ darstelle, „durch welche konkrete Handlung“ Mag. G* seine „Befugnisse, über fremdes Vermögen, und zwar das Vermögen der Republik Österreich, zu verfügen“, missbraucht haben soll (US 176), lässt sie keinen Konnex zu den Kriterien der Mängelrüge (siehe 3.1.2.) erkennen.
[271] Nicht entscheidend ist, zu welchem konkreten Zeitpunkt in einer ersten „konspirative[n] […] Sitzung“ (US 363) eine Absprache über die Lukrierung einer „Provisionszahlung“ stattgefunden hat (vgl RISJustiz RS0098557 [T14]).
Zu I/1/A und B:
[272]Mit der bloßen Behauptung, die Feststellungen zu einem dem Bund zugefügten Vermögensschaden von 9.612.812 Euro (I/1/A; US 175 f, 1244 f) und von 200.000 Euro (I/1/B; US 217, 639, 644, 1248) seien undeutlich, widersprüchlich und offenbar unzureichend begründet (nominell Z 5 erster, dritter und vierter Fall), wird die Mängelrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS-Justiz RS0099563). Sollte der Einwand, von einer Schädigung könne „nicht die Rede sein“, auch als Kritik an der richtigen Lösung der Rechtsfrage (der Sache nach Z 9 lit a) aufzufassen sein (siehe dazu RISJustiz RS0116672), entwickelt er seine Argumentation nicht auf der Basis der dazu vom Erstgericht getroffenen Feststellungen (vgl deren zusammenfassende Darstellung zu 3.2.1.) und verfehlt damit den im Urteilssachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (siehe 3.1.4.).
Zu I/1/A und VI/1:
[273]Untreue (§ 153 StGB) setzt keine Bereicherung des Machthabers voraus (RISJustiz RS0095455). Für die Vollendung des Tatbestands der Geschenkannahme durch Beamte (§ 304 StGB idF BGBl I 2001/130) genügt, dass der Täter den Vorteil für ein Amtsgeschäft (hier) fordert oder sich versprechen lässt (vgl RISJustiz RS0129092, RS0095972). Ob dem Angeklagten Mag. G* das für die Abwicklung der gegenständlichen „Provisionszahlungen“ verwendete Konto „400.815“ bei der liechtensteinischen Hy* AG zuzuordnen ist (US 177, 183, 218 f, 229 f, 232, 268 f), ist daher weder für die Schuld- noch für die Subsumtionsfrage bedeutsam, somit nicht entscheidend. Soweit die Rüge (Z 5 vierter Fall) diese Feststellungen bekämpft, geht sie schon deshalb ins Leere (siehe erneut 3.1.1.).
Zu VI/1:
[274]Mit dem Vorbringen, die diesem Schuldspruchpunkt zugrunde liegenden Konstatierungen seien mit dem Mangel einer „gänzlich fehlenden bzw nur unzureichenden (Schein-)Begründung iSd Z 5 vierter Fall […] belastet“, weil das Erstgericht zwar von einer Pflichtwidrigkeit des Amtsgeschäfts ausgehe, aber keine „in der Zeit von zumindest Ende 2003 bis 2.6.2004“ parteilich vorgenommenen Amtsgeschäfte nenne und „unbegründet“ geblieben sei, „worin die Pflichtwidrigkeit“ des mit der „Zuschlagserteilung“ erfolgten Amtsgeschäfts „gelegen sein soll“ (nominell Z 5 vierter Fall), wird kein Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt angesprochen (§ 285 Abs 1 zweiter Satz, § 285a Z 2 StPO; RISJustiz RS0100183 [T2, T3]).
[275] Denn der sich in einer bloßen Behauptung erschöpfende Vorwurf offenbar unzureichender Begründung lässt schon die gebotene Substanziierung vermissen (erneut RISJustiz RS0099563). Als Rechts- oder Subsumtionsrüge verstanden fehlt diesem Einwand die gebotene methodengerechte Argumentation (siehe 3.1.4.).
Zu VI/2:
[276] Mit dem substratlosen Vorbringen, das Tatbestandselement der Pflichtwidrigkeit sei mangels Feststellungen „unzureichend begründet“ (nominell Z 5 vierter Fall, der Sache nach Z 10), wird einmal mehr der Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit verfehlt, weil die Beschwerde insoweit nicht auf der Basis der diesbezüglichen Urteilskonstatierungen (siehe dazu 3.2.2.b iVm 3.2.1.b) argumentiert (siehe erneut 3.1.4.).
3.3.2. Zu § 281 Abs 1 Z 5aStPO:
[277] In Betreff des gesamten Schuldspruchs wendet sich die Tatsachenrüge gegen die „unerträgliche“ Beweiswürdigung in Bezug auf die erstgerichtlichen Feststellungen zum Geheimnisverrat des Mag. G* durch Weitergabe der „Information des Österreich-Konsortiums über das Gebot der Ban* A*“ von „960 Millionen“ Euro (insb US 163). Damit spricht sie – auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Beantwortung der Mängelrüge sei verwiesen – keine entscheidende Tatsache (zu VI/1, weil der Geheimnisverrat angesichts des festgestellten Handelns gegen eine Gesetzesbestimmung nur eine weitere Pflichtwidrigkeit darstellt) an.
[278] Im Übrigen erschöpft sich das Vorbringen darin, aus vom Erstgericht eingehend berücksichtigten Zeugenaussagen und Aktenteilen (insb US 505 ff, 555 ff) sowie aus dem Hinweis auf ein EMail (ON 4777 S 97, vgl US 555), einen gerichtlichen Beschlagnahmebeschluss (ON 4754), eine dazu ergangene Mitteilung (ON 4852) und die Einschätzung einer Zeugin (ON 4775 S 109; siehe aber erneut § 154 Abs 1 StPO, RISJustiz RS0097540) durch eigene Beweiswerterwägungen den für den Beschwerdestandpunkt günstigeren Schluss zu ziehen, eine „Vielzahl von Personen“ habe von den „€ 960 Mio“ gewusst, weshalb es „geradezu denkunmöglich“ sei, dass „nur“ Mag. G* für die Informationsweitergabe in Frage käme. Damit verfehlt die Tatsachenrüge den Anfechtungsrahmen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes schon von vornherein (RISJustiz RS0099674).
3.3.3. Zu § 281 Abs 1 Z 9 lit aStPO:
Zu I/1:
[279]Soweit die Rechtsrüge das Referat der entscheidenden Tatsachen im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) als „rechtlich verfehlt“ kritisiert, verkennt sie, dass nicht dieses, sondern die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) den tatsächlichen Bezugspunkt der rechtlichen Beurteilung bildet (siehe 3.1.4. sowie RISJustiz RS0118775 [T3, T4], RS0116266 [insb T3, T4]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 584).
[280]Das Vorbringen, die Erläuterungen des Erstgerichts zur rechtlichen Beurteilung seien „widersprüchlich“ und nicht „konsistent“, der Verweis auf ein oberstgerichtliches Judikat (12 Os 121/82) sei „verfehlt“ und das Erstgericht sei „nach der Vorlage der Rz 24 zu § 153 StGB des Leukauf/Steininger Kommentars“ vorgegangen, geht schon im Ansatz fehl, weil rechtliche Erwägungen in den Entscheidungsgründen nicht Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde sind (RISJustiz RS0100877 [insb T8, T11]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 413, 561).
[281] Die gebotene Orientierung an der Gesamtheit der tatrichterlichen Feststellungen (siehe dazu 3.1.4.) unterlässt die Rechtsrüge, indem sie im Urteil „verwendete Formulierung[en]“ betreffend die wirtschaftlichen Auswirkungen der zu I/1 inkriminierten Handlungen des Mag. G* isoliert hervorhebt und davon ausgehend das Fehlen des gebotenen Sachverhaltsbezugs behauptet.
[282] Die allgemeinen Rechtsausführungen zu „Kick-Back-“Zahlungen und Verkäufen durch „Versteigerungen und versteigerungsähnliche Transaktionen“ lassen eine konkrete Bezugnahme auf den Urteilssachverhalt vermissen, weshalb die Rüge abermals den gesetzlichen Anfechtungsrahmen verlässt (siehe erneut 3.1.4.).
[283] Auch der Verweis auf das zu Z 5 Vorgebrachte entspricht nicht der Strafprozessordnung (RISJustiz RS0115902).
[284] Indem die Rüge das Fehlen von Feststellungen zum Befugnismissbrauch des Angeklagten Mag. G* sowie dazu, dass „die Provisionsvereinbarungen in die vorliegenden Verträge (Kaufvertrag, Mietvertrag) eingepreist wurden und dadurch – in Form eines unterpreisigen Verkaufs respektive überzahlten Mietvertrags – wirtschaftlich zu Lasten des Machtgebers wirksam geworden sind“, behauptet, dabei aber die dazu getroffenen Konstatierungen in ihrer Gesamtheit übergeht (zu I/1/A siehe 3.2.1.a, insb die dort angeführten US 127, 172, 175 bis 177, 1242, 1245 [Einnahme eines „verminderten Preis{es}“], 1247; zu I/1/B siehe 3.2.1.b, insb die dort angeführten US 199, 217, 639 f, 644 [wonach die 200.000 Euro dem Bund „über eine Mietpreisreduktion oder eine weitere mietfreie Zeit zugute gekommen“ wären], 1245 f), verfehlt sie erneut den gesetzlichen Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (siehe dazu abermals im Grundlegenden 3.1.4.).
[285]Weshalb es zu I/1/A für die Subsumtion nach § 153 StGB auf eine (aus Beschwerdesicht „mangelnde“) „Parteienidentität“ zwischen dem „Geschäft des Gesamtkonsortiums“ („Österreich-Konsortium“) und jenem der „Provisionsvereinbarung“, die „bloß eine solche zweier [Konsortial]Gesellschaften“ gewesen sei (vgl aber US 405, 526, 551, 1118 zu den „wesentlichen Entscheidungsträger[n]“ des „Österreich-Konsortiums“), ankommen sollte, entbehrt der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz (RISJustiz RS0116565).
[286] Selbiges gilt, soweit die Rüge zu I/1/A einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zum „genauen Angebotspreis des Ban*“ behauptet (siehe abermals 3.1.4. sowie RISJustiz RS0129293).
[287]Das die Erfüllung des Tatbestands des § 153 StGB, insbesondere einen Schadenseintritt, bestreitende Vorbringen, das Erstgericht habe (zusammengefasst wiedergegeben) konstatiert, dass „ein Einfluss der (angenommenen) Provisionsvereinbarungen auf die Preisbildung der Transaktionen strukturell“ – „wegen des vordeterminierten Privatisierungsverfahrens“ bei einer „versteigerungsgleichen Vergabe der Anteile“ (zu I/1/A) und wegen der „ausschließlich von Mitarbeitern geführten Preisverhandlungen“ (zu I/1/B) – „nicht in Betracht“ komme, das Verhalten des Angeklagten Mag. G* zu einer Verbesserung der Konditionen geführt habe, eine (über das „Zuschlagsangebot“ hinausgehende) höhere Zahlungsbereitschaft der Bestbieterin zu I/1/A nicht vorgelegen sei und keine Bereitschaft zur Senkung des Mietpreises zu I/1/B bestanden habe, eine „überhöhte Einmietung“ im „Terminal Tower“ daher „nicht vorstellbar“ sei, entwickelt seine Argumentation erneut nicht auf der Basis des – gerade gegenteiligen – Urteilssachverhalts (vgl dazu abermals 3.1.4. und 3.2.1.).
[288] Auch der Einwand zu I/1/A, entgegen der „verfehlten Rechtsmeinung“ des Erstgerichts (vgl dazu jedoch ein weiteres Mal RISJustiz RS0100877 [T8]), wonach das „Einbehalten der Provision“ einen Verstoß gegen § 1009 ABGB darstelle, bedeute dieses keine rechtliche Vertretungshandlung, aus der ein tatbildlicher Schaden entstehen könne, hält – wiederum prozessordnungswidrig – nicht am Urteilssachverhalt fest (siehe 3.2.1.a [Entschluss des Mag. G*, den Preis nicht nachzuverhandeln, sondern einen versteckten Preisnachlass in Höhe der Bestechungszahlung zu gewähren – insb US 172, 176 f, 1245]).
Zu VI:
[289] Die Rechtsrüge vermisst in objektiver und subjektiver Hinsicht Feststellungen zur Pflichtwidrigkeit der vorgenommenen Amtsgeschäfte. Indem sie ihre Argumentation darauf aufbaut, erstgerichtliche Konstatierungen teils zu bestreiten, teils außer Acht zu lassen, orientiert sie sich abermals prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit des diesbezüglich relevanten Urteilssachverhalts (siehe zum Generellen erneut 3.1.4., zu den Feststellungen 3.2.2.).
[290] Entgegen dem Vorbringen, es fehle „im Übrigen“ an Konstatierungen zur subjektiven Tatseite, finden sich diese – mit hinreichender Deutlichkeit getroffen ( Ratz , WKStPO § 281 Rz 19) – insbesondere auf US 176 f, 182, 656 f und 1255 f.
Zu I/1 und VI:
[291]Mit den jeweiligen „Anmerkungen“ betreffend die (aus Beschwerdesicht nicht anwendbaren) Bestimmungen des § 153a StGB und des § 305 StGB wird ein Nichtigkeit begründender Umstand nicht deutlich und bestimmt bezeichnet (vgl Ratz , WKStPO § 285d Rz 10).
3.3.4. Zu § 281 Abs 1 Z 9 lit bStPO:
[292]Die Strafbarkeit von Taten erlischt nach § 57 Abs 2 erster Satz StGB – außer in den in Abs 1 leg cit genannten Fällen – durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört (§ 57 Abs 2 zweiter Satz StGB). Tritt ein zum Tatbild gehörender Erfolg erst ein, nachdem die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufgehört hat, so endet die Verjährungsfrist nicht, bevor sie – soweit hier relevant – auch vom Eintritt des Erfolgs ab verstrichen ist (§ 58 Abs 1 StGB).
[293]Bei Tatmehrheit verjähren die einzelnen Taten – abgesehen vom Fall des § 58 Abs 2 StGB – grundsätzlich jeweils für sich, woran auch deren Zusammenfassung zu einer Subsumtionseinheit nach § 29 StGB nichts ändert. Es ist daher jede einzelne Tat (als historisches Geschehen) anhand der im Urteil getroffenen Feststellungen einer (oder mehreren) strafbaren Handlung(en) zu unterstellen und auf dieser Basis der Eintritt der Verjährung zu beurteilen ( Marek in WK 2StGB § 57 Rz 12 mwN).
[294] Ob eine Tat verjährt ist, richtet sich grundsätzlich nach dem im Entscheidungszeitpunkt geltenden Recht, nach früherem Recht nur dann, wenn Verjährung bereits unter dessen Geltung eingetreten war, der Täter also bereits nach früherem Recht straflos wurde ( Marek in WK 2StGB § 57 Rz 23; RISJustiz RS0072368, RS0116876). Allerdings ist nach Art 12 § 2 des StRÄG 2015 (BGBl I 2015/112) für Taten, deretwegen am 31. Dezember 2015 bereits ein Ermittlungsverfahren anhängig war, die Verjährungsfrist (§ 57 Abs 3, § 58 StGB) nach der an diesem Tag geltenden Strafdrohung zu berechnen. Korrespondierend dazu bleibt nach § 58 Abs 3a StGB eine nach Abs 1 bis Abs 3 des § 58 StGB eingetretene Hemmung der Verjährung wirksam, auch wenn durch eine spätere Änderung des Gesetzes die Tat im Zeitpunkt der Hemmung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre ( Marek in WK 2StGB § 58 Rz 35 f; 14 Os 17/23s).
[295]Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein aus § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO relevanter Rechtsfehler mangels Feststellungen vor, wenn fehlende Konstatierungen die (implizite rechtliche) Annahme der Beseitigung eines (nach dem Urteilssachverhalt gegebenen) Ausnahmesatzes (vorliegend Verjährung) unschlüssig machen (vgl RISJustiz RS0122332 [insb T11]).
[296] Die Rechtsrüge, die (der Sache nach) das Fehlen von Feststellungen zu verjährungshemmenden Umständen und daraus folgend zur (impliziten rechtlichen) Verneinung des Eintritts von Strafbarkeitsverjährung releviert, orientiert sich zu den Schuldspruchpunkten zu I/1 und VI (zu III/3 siehe oben zu 1.2.) nicht an der Gesamtheit der diesbezüglich relevanten Entscheidungsgründe (siehe aber erneut RISJustiz RS0099810).
[297]Nach den Urteilskonstatierungen beging der Angeklagte Mag. G* die Taten zu VI/1 im ersten Halbjahr 2004 (bis zum 2. Juni 2004; unter Berücksichtigung der oben angestellten Erwägungen zu 3.2.4. zur [zusätzlich] festgestellten Annahme des Vorteils bis zum November 2007), zu I/1/A am 15. Juni 2004, zu I/1/B am 31. März 2006 und zu VI/2 von Februar 2004 bis Jänner 2006 (unter Berücksichtigung der festgestellten Annahme des Vorteils bis zum 6. Juli 2007; zu I/1 siehe 3.2.1., zu VI siehe 3.2.2., 3.2.4. sowie US 213 und 230). Am 13. Oktober 2009 wurde das Ermittlungsverfahren wegen „§§ 12, 153, 168b, 302, 310 StGB“ gegen Mag. G* eingeleitet (US 1260 iVm ON 1 S 145 [f]; US 1278).
[298] Die Tat zu I/1/A war im Tatzeitpunkt (15. Juni 2004) § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB idF BGBl I 2001/130 (bedroht mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren) zu subsumieren, wobei die daraus folgende zehnjährige Verjährungsfrist des § 57 Abs 3 zweiter Fall StGB durch die festgestellte realkonkurrierende Tatbegehung zu I/1/B (am 31. März 2006) nach § 58 Abs 2 StGB (bis zum 31. März 2016; vgl dazu gleich unten) verlängert wurde. Zudem bringt das Urteil auch den Willen der Tatrichter, eine Feststellungsbasis für die Fortlaufhemmung der Verjährungsfrist im Sinn des § 58 Abs 3 Z 2 StGB zu schaffen, hinreichend deutlich zum Ausdruck (siehe dazu Ratz , WKStPO § 281 Rz 19; RISJustiz RS0116759). Denn die Entscheidungsgründe nehmen – unter Hinweis auf das Thema der Befragung – Bezug auf die Beschuldigtenvernehmung des Mag. G* vom 2. September 2010 (US 741, 1226 iVm ON 679 [ident mit ON 2495 S 321 ff], beinhaltend Fragen zur „Zahl 15.444“, der „Affäre um den Verkauf von 58.000 Bundeswohnungen samt mysteriöse[r] Überweisungen“, der „BUWOG-Privatisierung“ und den „BUWOG-Provisionen“, zu Treuhandschaften, der „Veranlagung von Euro 500.000“ der „Schwiegermutter“ und zu einer Überweisung von rund 10 Mio Euro) sowie auf überwachte Telefongespräche zwischen Mag. G*, M* und Pl* im Jahr 2010 betreffend deren Austausch „über die erhobenen Vorwürfe“ (US 327 iVm ON 963 und 964).
[299] Die Tatbegehung zu I/1/B erfolgte nach den Feststellungen des Erstgerichts (wie dargelegt) am 31. März 2006. Zum damaligen Zeitpunkt war die Tat § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB idF BGBl I 2004/136 (bedroht mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren) zu subsumieren, woraus ebenfalls eine zehnjährige Verjährungsfrist (§ 57 Abs 3 zweiter Fall StGB) folgt. Dazu erwogen die Tatrichter, dass die (über gerichtlich bewilligte Anordnung der Staatsanwaltschaft vom 28. September 2011 [ON 119 insb S 33 f in ON 2546]) überwachten „Telefongespräche der [ehemals] Angeklagten Mag. * Wa* und Ing. * Gr* vom 29.9.2011 und 5.10.2011 bewiesen, dass aufgrund der eingeleiteten Ermittlungen bzw der Hausdurchsuchungen Gesprächsbedarf“ bestand (US 644).
[300]Ausgehend von diesen Urteilsannahmen war wegen der Tat zu I/1/B am 31. Dezember 2015 ein Ermittlungsverfahren anhängig, womit die Verjährungsfrist gemäß Art 12 § 2 des StRÄG 2015 nach der an diesem Tag geltenden Strafdrohung (hier somit nach § 153 Abs 2 zweiter Fall StGB idF vor BGBl I 2015/112) zu berechnen ist und die eingetretene Hemmung der Verjährung wirksam bleibt, obwohl durch eine spätere Änderung des Gesetzes (hier durch BGBl I 2015/112) die Tat im Zeitpunkt der Hemmung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre. Solcherart ist auch die Nichtannahme der Verjährung zum von I/1/B umfassten Sachverhalt nicht unschlüssig.
[301]Dass die Strafbarkeit der vom Schuldspruch zu VI erfassten Taten nicht verjährt ist, erschließt sich nach dem zu 3.2.4. Gesagten schon aus dem Tatzeitraum bis November 2007 (in Bezug auf das jeweilige Annehmen des Vorteils) und den auch insoweit gesetzten verjährungshemmenden Maßnahmen innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist (§ 57 Abs 3 dritter Fall StGB). Im Übrigen dokumentiert sich in den Straftaten zu I/1 (Subsumtion nach § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB) und jenen zu VI (Subsumtion nach § 304 Abs 1 und 3 erster Fall StGB idF BGBl I 2001/130 [VI/1] und BGBl I 2004/136 [VI/2]) nach der konstatierten Begehungsweise das Streben des Mag. G*, sich oder Dritten – jeweils durch eigenes pflichtwidriges Handeln – rechtswidrig Vermögensvorteile zu verschaffen (US 523, 613, 656 f, 1255 f; vgl 17 Os 23/17m; Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 71 Rz 2, 8), sodass selbst unter Zugrundelegung der erstgerichtlichen rechtlichen Annahme bloßer Forderung des Vorteils auch insoweit die Strafbarkeit der vom Schuldspruch zu VI/1 und VI/2 erfassten Taten – zufolge darauffolgender, innerhalb der Verjährungsfrist konstatierter Tatbegehung jeweils zu I/1/A und I/1/B – nicht verjähren konnte.
3.4. Zur verbleibenden Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten M*:
[302] M* trug nach den Urteilskonstatierungen zu VIII/1/A zur strafbaren Handlung des Mag. G* (I/1) dadurch bei, dass er jeweils als Mittelsmann und Kommunikationsschnittstelle zu Mag. G* fungierte, die diskrete Abwicklung der „Provisionszahlung“ organisierte und Mag. G* dadurch insgesamt auch psychischen Rückhalt bot (insb US 143, 177 f, 180, 183, 213, 218 f, 1083 ff, 1247 f).
3.4.1. Zu § 281 Abs 1 Z 5StPO:
Zu VIII/1/A/a:
[303] Der Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) der erstgerichtlichen Konstatierungen „zum Geheimnisverrat der EUR 960 Mio“ des Mag. G* an den Mittelsmann M* (insb US 163) spricht weder eine entscheidende noch eine erhebliche Tatsache an (siehe dazu die Beantwortung der Mängelrüge des Mag. G* zu 3.3.1., die obangeführten Konstatierungen zu mehreren Beitragshandlungen des Angeklagten M* sowie 3.1.1.).
[304] Mit ihrem auf Urteilspassagen, die sich mit einem Treffen zwischen Mag. G*, M* und Pl* am 19. Dezember 2003 und einem zu diesem Zeitpunkt erfolgten Entschluss der Angeklagten Mag. G*, M* und Dr. H*, „im Zuge des Verwertungsverfahrens mit den potentiellen Geschäftspartnern der Republik Österreich, konkret mit den Vertretern des Österreich-Konsortiums […] eine unzulässige Provisionsvereinbarung abzuschließen“, befassen (US 133 f), sowie auf beweiswürdigende Erwägungen (US 361 unter Verweis auf ON 2674, US 1088) bezogenen Vorwurf eines Widerspruchs (Z 5 dritter Fall) stellt die Rüge erneut keinen Konnex zum Ausspruch über entscheidende Tatsachen her. Damit verfehlt sie schon von vornherein den Bezugspunkt der unternommenen Anfechtung. Im Übrigen bekämpft die Rüge der Sache nach lediglich den Umstand, dass die Tatrichter aus einzelnen Verfahrensergebnissen nicht für den Angeklagten M* günstige Schlüsse gezogen haben (vgl aber RISJustiz RS0098400, RS0099455).
[305] Soweit sich die Kritik offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) auf Konstatierungen, wonach sich die „Provisionsvereinbarung“ (im zu 3.2.1.a dargestellten Sinn) „nachteilig auf den Kaufpreis“ auswirkte (US 217 f, 1244 f), bezieht, genügt es, auf das im Wesentlichen inhaltsgleiche Vorbringen der Mängelrüge des Mag. G* und deren Beantwortung zu 3.3.1. zu verweisen.
[306]Mit einer eigenständigen Auslegung eines im Urteil verwendeten Begriffs („Gesamtkaufpreis“ [US 1138, 1146]) und der selbständigen Würdigung darauf bezogener Aussagen des Angeklagten MMag. Dr. P* (US 1138) wird bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichts (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld bekämpft (erneut RISJustiz RS0099599).
Zu VIII/1/A/b:
[307]Das (nominell aus Z 5 vierter Fall erhobene) Vorbringen, angesichts der festgestellten „Chronologie zum Abschluss des Mietvertrags“ (US 213 f, 639 f), aus der sich „ausschließlich vorteilshafte Vertragsverhandlungen“ ergäben, sei ein „Schaden für die Republik Österreich nicht ableitbar“, wird nicht deutlich (§ 285 Abs 1 zweiter Satz, § 285a Z 2 StPO), ob die Rüge ein Begründungsdefizit (Z 5) oder einen Subsumtionsfehler (Z 10 [zufolge Idealkonkurrenz zu VIII/2/A/b]) releviert (siehe aber erneut RISJustiz RS0100183 [T3]).
[308] Als Rüge nach Z 5 verstanden erweist sie sich schon mangels Berücksichtigung der Gesamtheit der diesbezüglichen Entscheidungsgründe als gesetzwidrig ausgeführt (siehe 3.1.2. sowie die zu 3.2.1.b wiedergegebenen Feststellungen zum Schadenseintritt [insb US 644]). Eine an der Strafprozessordnung orientierte Subsumtionsrüge (Z 10) wiederum hätte eine methodengerechte Argumentation erfordert (siehe 3.1.4.).
Zu VIII/1/A:
[309]Indem sich die Rüge unter dem Aspekt offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) gegen die Konstatierungen zur Zurechnung des vom Angeklagten M* eröffneten Kontos mit der Nummer „400.815“ bei der liechtensteinischen Hy* AG zum Angeklagten Mag. G* und solcherart gegen die Feststellung einer die Tatausführung des Letztgenannten fördernden (§ 12 dritter Fall StGB; vgl Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 83) Zurverfügungstellung dieser Kontoverbindung wendet (US 177, 183, 218 f), spricht sie – mit Blick auf die (insofern unbeanstandet gebliebenen, eingangs wiedergegebenen) Konstatierungen betreffend weitere Beitragshandlungen des M* – keine entscheidende Tatsache an (siehe 3.1.1. sowie jüngst 12 Os 86/24z [Rz 6], vgl auch RISJustiz RS0117499).
3.4.2. Zu § 281 Abs 1 Z 5aStPO:
[310] Der den Schuldspruch zu VIII/1/A/a und zu VIII/2/A/c (in Bezug auf VIII/2/A/a siehe gleich unten zu Punkt 4.2.) bekämpfenden Tatsachenrüge, die sich gegen die Feststellungen „zum Geheimnisverrat der EUR 960 Mio“ des Mag. G* an den Mittelsmann M* (insb US 163) richtet, fehlt es an einer Relevierung entscheidender Tatsachen (siehe aber 3.1.1.). Denn in Bezug auf den Schuldspruch zu VIII/1/A/a ist diese Feststellung deshalb weder für die Schuld- noch für die Subsumtionsfrage von Bedeutung, weil die Tatrichter weitere Beitragshandlungen des M* zur Ausführung der strafbaren Handlung des Mag. G* konstatierten, dessen relevante Rechtshandlung (nicht im Geheimnisverrat, sondern) im Abschluss des für den Bund nachteiligen Kaufvertrags lag (dazu 3.3.1.). Zum Schuldspruch zu VIII/2/A/c hinwieder sind jene Konstatierungen rechtlich von Bedeutung, wonach M* die Forderung des Vorteils organisierte, die Zusicherung einer „Provisionszahlung“ von Dritten als Mittelsmann zu Mag. G* diesem weiterleitete und die Pflichtwidrigkeit des Mag. G* bei Vornahme des zu VI/1 bezeichneten Amtsgeschäfts in der „Zuschlagserteilung“, also dem für den Bund nachteiligen Vertragsabschluss, lag (siehe dazu 3.2.2.a sowie 3.3.2.).
[311] Auch im Übrigen verlässt die Tatsachenrüge den Anfechtungsrahmen, indem sie die tatrichterliche Beweiswürdigung als „lebensfremd“ und „denkunmöglich“ kritisiert und dieser eigene Beweiswerterwägungen entgegenhält (siehe 3.1.3. sowie RISJustiz RS0119583, RS0099674).
3.4.3. Zu § 281 Abs 1 Z 9 lit a und lit b sowie Z 10StPO:
[312] Indem die Beschwerde zu VIII/1/Aihre Behauptung fehlender Feststellungen zu den „Voraussetzungen des § 2 StGB“ aus der Prämisse entwickelt, dem unmittelbaren Täter Mag. G* liege hinsichtlich der vom Angeklagten M* geförderten (§ 12 dritter Fall StGB) strafbaren Handlung jeweils das Unterlassen des Abführens der „Provision“ zur Last, geht sie nicht von der Gesamtheit der tatrichterlichen Konstatierungen aus, wonach die Tathandlungen des Mag. G* jeweils im Abschluss eines für seinen Machtgeber nachteiligen Geschäfts lagen (siehe dazu 3.2.1.). Solcherart verfehlt die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) den Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (siehe 3.1.4.).
[313] Soweit die Rüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) zu VIII/2/A/c die Pflichtwidrigkeit des zu I/1/A vorgenommenen Amtsgeschäfts mit dem Vorbringen bestreitet, Mag. G* habe „nach der Zustimmung der Bundesregierung“ in der Ministerratssitzung „keinen Handlungsspielraum“ gehabt, weshalb eine „Pflichtwidrigkeit bei der Erteilung des Zuschlags […] ausgeschlossen“ sei, sich dabei aber argumentativ vom Urteilssachverhalt (dazu 3.2.1.a) entfernt, entzieht sie sich erneut einer inhaltlichen Erwiderung. Im Übrigen leitet die Rüge ihre Behauptung rechtsfehlerhafter Subsumtion zufolge der (basierend auf einem Vortrag des Mag. G*) erteilten Zustimmung der Bundesregierung (US 175, vgl § 4 Privatisierungsgesetz BGBl I 1997/97), die einer Beurteilung des gegenständlichen Amtsgeschäfts als „pflichtwidrig“ entgegenstehe, nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (siehe aber RISJustiz RS0116565).
[314] Mit der unsubstanziierten Bestreitung der subjektiven Tatseite des Angeklagten M* und der Behauptung, es liege keine „Unrechtsvereinbarung“ vor, verfehlt die Nichtigkeit nach Z 9 lit a relevierende Rüge ebenfalls den im Urteilssachverhalt gelegenen Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (siehe 3.1.4.).
[315] Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) zu VIII/1/Aeinen Befugnismissbrauch des Mag. G* (im Sinn des § 153 StGB) und zu VIII/2/A/c(in Bezug auf VIII/2/A/a siehe erneut gleich unten zu Punkt 4.2.) die Pflichtwidrigkeit des Amtsgeschäfts (im Sinn des § 307 StGB) bloß in Abrede stellt (siehe aber erneut 3.1.4.) und unter Außerachtlassung der Gesamtheit des Urteilssachverhalts auf Basis eigener Überlegungen eine rechtliche Beurteilung (zu VIII/1/A) nach § 153a StGB idF BGBl I 2015/112 und (zu VIII/2/A/c) nach § 307 Abs 2 Z 1 StGB idF BGBl I 1998/153 als „zu prüfen“ reklamiert (siehe aber RISJustiz RS0118415 [insb T4, T5]), um darauf basierend den Eintritt von Strafbarkeitsverjährung (Z 9 lit b) zu behaupten, verfehlt sie ebenfalls die prozessordnungsgemäße Darstellung.
[316]Nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe orientiert ist auch der Einwand, dem Angeklagten M* sei mangels „zurechenbare[r] Beitragshandlungen zum Nichtabführen der Erfolgsprovision“, „zur Erteilung des Zuschlags im Verwertungsverfahren der Bundeswohnbaugesellschaften“ und zum „Nichtabführen der Provisionszahlung nach Abschluss des Mietvertrages beim Terminal Tower“ keine „Beteiligung als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB an einer Geschenkannahme durch Machthaber gemäß § 153a StGB“ anzulasten.
3.5. Zur verbleibenden Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dr. H*:
[317] Wie die zu VIII/1/B/a, VIII/2/B/a und VIII/2/B/b erhobene Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) einräumt, hat das Erstgericht die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe bereits im Jahr 2014 im Zuge der Vorbereitung einer Schadenersatzklage seinem Rechtsvertreter Dr. * Pla* davon berichtet, dass er (erst) im Jahr 2005 von Mag. * Wir* über die Aufteilung der „BUWOG-Provisionszahlungen“ und damit von der „Involvierung“ des Angeklagten Mag. G* informiert worden sei, in seine Überlegungen einbezogen, ist aber – mit ausführlicher und nicht zu beanstandender Begründung – dennoch zum Schluss gekommen, dass ein Gespräch dieses Inhalts zwischen Mag. Wir* und dem Angeklagten Dr. H* gar nicht stattgefunden hat (US 422, 1102 ff [1104 f]).
[318] Zu einer gesonderten Erörterung des in diesem Zusammenhang vorgelegten und in der Hauptverhandlung verlesenen (ON 4872 S 90 iVm der unjournalisierten Beilage zu ON 4862, ON 4900 S 4) „Anwaltsbriefs“ des Dr. Pla* vom 24. September 2020, inhaltlich dessen der Genannte bloß den Bericht Dris. H* über das Gespräch mit Mag. Wir* bestätigte, naturgemäß aber keine eigenen Wahrnehmungen dazu beschrieb, ob die behauptete „Informationserteilung“ tatsächlich stattfand, bestand daher unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) keine Veranlassung (vgl RISJustiz RS0098642 [T1]).
3.6. Zur verbleibenden Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten MMag. Dr. P*:
[319] MMag. Dr. P* trug nach den in objektiver und subjektiver Hinsicht getroffenen Feststellungen zu VIII/1/C zur strafbaren Handlung des Mag. G* (I/1/A) dadurch bei, dass er im Verwertungsverfahren der Buwog als (einer der) Vertreter eines potentiellen Käufers, nämlich der Im* AG als einer Mitgliedsgesellschaft des „Österreich-Konsortiums“, Mag. G* für die (zu VI/1 beschriebene) pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäfts (nämlich die am 15. Juni 2004 erfolgte „Zuschlagserteilung“) vorweg eine Mag. G* selbst zukommende „Provisionszahlung“ von einem Prozent des gebotenen Kaufpreises im Wege des Mittelsmanns Dr. H*, der die Zusage an M* zur Weiterleitung an Mag. G* überbrachte, versprach (Tathandlung zu VII ) sowie weiters durch die Unterfertigung eines der Verschleierung der „Provisionszahlung“ dienenden Geschäftsbesorgungsvertrags (siehe 3.2.1.a, 3.2.2.a und 3.2.3. samt den dort wiedergegebenen US sowie US 146, 154 f, 164, 178 f, 180 f, 1144 ff, 1249 f).
3.6.1. Zu § 281 Abs 1 Z 5StPO:
[320] Voranzustellen ist, dass mit dem Vorbringen, MMag. Dr. P* werde „aufzeigen, dass er – entgegen den Feststellungen des Erstgerichts – keine Kenntnis von der Zusammenarbeit zwischen Dr. H*, Ing. M* und Mag. G* hatte“, ein Begründungsmangel im Sinn der Z 5 ebenso wenig angesprochen wird wie mit dem Einwand nicht getroffener Feststellungen. Mit der Bekämpfung bloß einzelner Beweiswerterwägungen der Tatrichter unter Außerachtlassung der Gesamtheit der diesbezüglichen Entscheidungsgründe wird der herangezogene Nichtigkeitsgrund ebenfalls nicht gesetzmäßig zur Darstellung gebracht (zu den fünf vom Gesetz genannten Kategorien von Begründungsfehlern, die Nichtigkeit nach sich ziehen, siehe 3.1.2.; RISJustiz RS0099575 [T5], RS0118317 [T3, T9]).
Zu VII und VIII/1/C:
[321] Ob MMag. Dr. P* (auch) aufgrund der „Medienberichterstattung“ von der „Involvierung“ (auch) des M*im Rahmen der festgestellten (US 183) „Kommunikationskette […] als Mittelsmann und Kommunikationsschnittstelle zwischen Dr. * H* und Mag. * G*“ Kenntnis hatte, ist nicht entscheidend. Denn MMag. Dr. P* musste als Beitragstäter im Sinn des § 12 dritter Fall StGB ( VIII/1/C ) weder alle Einzelheiten der geförderten Tat noch sämtliche weitere an der Tat beteiligten Personen kennen ( Kirchbacher/Sadoghi in WK 2StGB § 153 Rz 44/1; Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 81 ff [84], 93, 101). Betreffend die als Bestimmungstäterschaft zu qualifizierende Tathandlung des MMag. Dr. P* zu VII genügt der Hinweis auf das zu 3.2.3. Gesagte, insbesondere, dass der Bestimmende im Fall einer Kettenbestimmung weder den unmittelbaren Täter noch die einzelnen Kettenmitglieder oder deren Anzahl kennen muss ( Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 53). Die nur darauf bezogene aus Z 5 erster, zweiter und vierter Fall vorgebrachte Rügekritik geht daher ins Leere (siehe 3.1.1.).
[322] Mit zur „Nahebeziehung von Mag. G*, M* und Dr. H*“ und zur „Kenntnis“ des MMag. Dr. P*, dass „ Mag. G*mit Dr. H* zusammenarbeitet“, angestellten eigenständigen Erwägungen zu Details von erstgerichtlich berücksichtigten Beweisergebnissen, nämlich Aussagen der Angeklagten MMag. Dr. P* (US 1132 ff [1132, 1142, 1144]) und M* (US 1018 ff) sowie (jeweils betreffend deren fehlende mediale Wahrnehmung eines Naheverhältnisses zwischen den Angeklagten Mag. G*, Dr. H* und M*) der Zeugen Mag. * Ge* (vgl US 597), Dr. * Schi* (US 543 f), Mag. * Oh* (US 386 ff), Mag. * So* (US 388 f), Dr. * Si* (US 544 ff), Mag. * Bu* (US 551 ff) und Dr. * J* (US 595), wendet sich die (die subjektive Tatseite des Beschwerdeführers bekämpfende, nominell aus Z 5 erster, zweiter, dritter und vierter Fall erhobene) Rüge nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).
[323] Der Einwand der Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) der Feststellung, wonach Dr. H* „seit September 2001“ (US 178) als Mittelsmann und Kommunikationsschnittstelle zwischen den Angeklagten M* und MMag. Dr. P* agierte, die Behauptung, dass diese Konstatierung mit der Feststellung, dass bereits „Ende 2003“ ein Treffen zwischen den Angeklagten MMag. Dr. P* und Dr. H* stattfand, bei dem „die Teilnahme am Privatisierungsverfahren“ angesprochen wurde (US 133), in Widerspruch (Z 5 dritter Fall) stehe sowie die Behauptung von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) der letztgenannten Konstatierung beziehen sich angesichts der festgestellten – vom genannten Zeitraum jedenfalls mitumfassten – konkreten Tatzeiten (bspw US 140, 145, 151, 154, 184, 424 [ab Ende des Jahres 2003 bzw im ersten Halbjahr 2004 bis zum 2. Juni 2004]) auf keinen entscheidenden Aspekt (vgl RISJustiz RS0098557 [insb T9, T12, T13]).
[324] Zwischen den Feststellungen, dass Dr. H* als Mittelsmann für Mag. G* auftrat, MMag. Dr. P* die Involvierung des Mag. G* bewusst und ihm auch klar war, dass Dr. H* als Mittelsmann für diesen agierte und die erhaltene Information über die „Orientierungszahl von 960 Millionen Euro“ von diesem stammte (US 140, 164, 184 f), und den beweiswürdigenden Erwägungen, wonach die „enge Verbindung“ zwischen den Angeklagten Mag. G*, Dr. H* und M* durch die Medienberichterstattung „offensichtlich“ gewesen sei, weshalb die ein solches Wissen leugnende Verantwortung des MMag. Dr. P* auch durch diese Berichterstattung als widerlegt erachtet werde (US 354, 1132 f), besteht kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall).
[325] Dem Rügevorbringen zuwider blieben die Konstatierungen, dass MMag. Dr. P* – über Dr. H* erlangte – Kenntnis von der Involvierung des Mag. G* hatte und ihm bewusst war, dass Mag. G* die „Informationsquelle für Dr. H*“ war (US 140, 164, 180 f), weder undeutlich (Z 5 erster Fall) oder unvollständig (Z 5 zweiter Fall) noch wurden sie offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall). Ein Vorbringen in der Bedeutung der Z 5 erster Fall (siehe dazu 3.1.2.) wird gar nicht erstattet. Jenes zu Z 5 zweiter und vierter Fall hingegen orientiert sich nicht an der Gesamtheit der diesbezüglichen Entscheidungsgründe, sondern beschränkt seine Argumentation auf die isolierte Betrachtung von Textpassagen der – vom Erstgericht nicht übergangenen und in nicht zu beanstandender Weise gewürdigten (US 1086 ff [1112], 1018 ff [1032 f], 1132 ff [1142]) – Aussagen der Angeklagten Dr. H*, M* und MMag. Dr. P*, aus denen die Rüge von jenen des Schöffengerichts abweichende Schlüsse gezogen wissen will. Damit aber erschöpft sie sich – in unzulässiger Weise – in einem Angriff auf die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung.
[326] Die Konstatierungen zur (auch den relevierten Eintritt eines Vermögensschadens zu VIII/1/C und die Kenntnis des Angeklagten MMag. Dr. P* von der „Nahebeziehung“ zwischen Dr. H* und Mag. G* umfassenden) subjektiven Tatseite (insb US 180 f, 1145 f, 1249) hat das Erstgericht aus einer vernetzten Betrachtung mehrerer (Begleit )Umstände und Verfahrensergebnisse, unter anderem aus der Verantwortung des Angeklagten MMag. Dr. P* sowie aus dem äußeren Tatgeschehen, auch betreffend die Abwicklung der „Provisionszahlung“, und daran geknüpften Plausibilitätserwägungen geschlossen (US 1132 ff [1138, 1145 f]).
[327] Soweit die Rüge in der Verwendung von Formulierungen („zweifellos“ [US 1108], „unzweifelhaft“ [US 1249], „keine Zweifel“ [US 1249], „abwegig zu glauben“ [US 1021 f]) eine „Scheinbegründung“ (Z 5 vierter Fall) erblickt, geht sie daran vorbei, dass aus einer solchen Wortwahl dem Gericht nur dann der geltend gemachte nichtigkeitsbegründende Vorwurf gemacht werden könnte, wenn dies dazu dienen sollte, ohne Vorliegen konkreter Beweisergebnisse entscheidungswesentliche Tatsachen als gegeben darzustellen, also eine sachgerechte, fallbezogene Begründung zu ersetzen (RISJustiz RS0099494 [T5, T11, T12]). Davon kann aber angesichts der oben dargestellten, eingehenden Beweiswürdigung der Tatrichter keine Rede sein.
[328] Der in Ansehung der zwischen den Angeklagten Dr. H* und MMag. Dr. P* konstatierten Besprechungen vom 3. Mai 2004 (US 140), vom 10. Mai 2004 (US 145) und vom 28. Mai 2004 (US 151) erhobene Vorwurf der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) verkennt, dass eine solche nur dann vorliegt, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (siehe 3.1.2.), nicht aber, wenn die Tatrichter (wie hier) aus vorliegenden Verfahrensergebnissen – insbesondere aus Kalendereinträgen des MMag. Dr. P* (US 140, 145, 151 je iVm ON 2618 S 287 ff) – nicht für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse abgeleitet haben (RISJustiz RS0099455 [T9]).
[329] Soweit sich das Aktenwidrigkeit behauptende Vorbringen auf die Annahme einer am 9. September 2007 erfolgten (Zahlungs )Urgenz des Angeklagten Dr. H* an MMag. Dr. P* und Mag. Th* (US 194) sowie auf Konstatierungen zu gemeinsamen Terminen der Angeklagten Dr. H*, Dr. S* und MMag. Dr. P* ab dem 31. März 2005 (US 189, 1162) bezieht, spricht sie – angesichts der Tatvollendung im Jahr 2004 – keine entscheidende Tatsache an (siehe jedoch abermals 3.1.2.).
Zu VIII/1/C:
[330] Die Behauptung, das angefochtene Urteil sei betreffend die Feststellungen, wonach „die Erfolgsprovision Teil des Kaufpreises“ gewesen sei (US 175 f, 181, 537), undeutlich (Z 5 erster Fall) und unvollständig (Z 5 zweiter Fall), nimmt abermals keine entscheidende Tatsache in den Blick (siehe dazu [auch unter dem Aspekt nachteiligen Einflusses auf den Kaufpreis] die Beantwortung zu 3.3.1. zum der Sache nach inhaltsgleichen Vorbringen des Angeklagten Mag. G*).
[331]Im Übrigen erschöpft sich die diesbezügliche Rügekritik darin, aus einer allgemeinen Wiedergabe von Begriffsbestimmungen des § 203 UGB, Überlegungen zur „Erfolgsprovision“ beim Maklergeschäft, dem Bestreiten von Konstatierungen „zur Verrechnung der Erfolgsprovision“ sowie einer eigenständigen Würdigung von im Urteil durchaus berücksichtigten Verfahrensergebnissen (nämlich Passagen der Aussagen des Angeklagten MMag. Dr. P* [vgl US 1132 ff], des Angeklagten Dr. H* [vgl US 1088 ff] und der Zeugin Dr. * Po* [vgl US 534 ff] sowie des Protokolls über eine Konsortialsitzung [vgl US 136, 413]) eigenständige, für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse als jene des Erstgerichts zu ziehen, sodass sich die Rüge erneut darauf beschränkt, nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung anzugreifen.
[332] Mit dem Hinweis auf für aktenwidrig erachtete Konstatierungen zu einer sogenannten „Bieter-Paranoia“ bei der Im* GmbH, aufgrund derer der Angeklagte MMag. Dr. P* „unbedingt den Zuschlag im Verwertungsverfahren“ erhalten und „nicht noch einmal verlieren wollte“ (US 407 f, 1144), thematisiert die Mängelrüge bloß das Tatmotiv und bekämpft damit abermals keinen für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage entscheidenden Umstand (RISJustiz RS0088761; vgl im Übrigen 3.1.2.).
3.6.2. Zu § 281 Abs 1 Z 5aStPO:
[333] Ausgehend von dem zu 3.1.1. und 3.1.3. Gesagten führt auch die Tatsachenrüge nicht zum Ziel.
Zu VIII/1/C:
[334] Das Vorbringen zur „Motivation“ des Angeklagten MMag. Dr. P*, den „Zuschlag für die Buwog“ zu erhalten, bezieht sich auf keine entscheidende Tatsache (erneut RISJustiz RS0088761).
Zu VII und VIII/1/C:
[335] Indem die Rüge den Erwägungen der Tatrichter, und zwar deren Beweiswürdigung zur „Kenntnis des Beschwerdeführers, dass Mag. G* die Informationsquelle für Dr. H* ist“, zur „Funktion von Dr. H* als Mittelsmann“, der „öffentlichen Bekanntheit einer Nahebeziehung zwischen Dr. H*, M* und Mag. G*“, einer „Aussage von Mag. Ge*“, zur „Geheimhaltung von Informationen im Privatisierungsverfahren“ sowie zur „Höhe des Angebots des Österreich-Konsortiums in der ersten Runde“ nur eigene Beweiswerterwägungen und Hypothesen entgegensetzt, die für den Beschwerdeführer günstiger sind, sowie die tatrichterliche Beweiswürdigung als „mit den allgemeinen Erfahrungs- und Vernunftsätzen nicht in Einklang zu bringen“, „lebensfremd“ und „absurd“ bezeichnet, verlässt sie den Anfechtungsrahmen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (insb RISJustiz RS0117446 [T9], RS0106588).
[336] Gleiches gilt für die eigenständige Würdigung von isoliert hervorgehobenen Details von erstgerichtlich berücksichtigten Verfahrensergebnissen – hier von Passagen der Aussagen der Angeklagten MMag. Dr. P* (US 1132 ff) und Dr. S* (US 1147 ff) sowie jener der Zeugen Dr. * Mic* (US 498 ff), Dr. Fi* (US 462 ff), Dr. Man* (US 467 ff), DI Wi* (US 490 ff), Dr. Ma* (US 500 ff), Mag. Kr* (US 511 ff), Mag. Hö* (US 582 ff), Mag. Ge* (US 597 f), Mag. Oh* (US 386 ff), Mag. So* (US 388 f), Dr. Schi* (US 543 f), Dr. Si* (US 544 ff), Mag. Bu* (US 551 ff), Dr. J* (US 595), Dr. La* (US 594 f), Dkfm * Men* (US 579 ff), Dr. Po* (US 534 ff), Mag. * Fro* (US 573 ff), Mag. * Ec* (US 590 ff) und Dr. Se* (US 592 f), des Aufsichtsratsprotokolls der Im* AG vom 7. Mai 2004 (US 144 f) sowie des E Mails des Mag. Ec* vom 8. Juni 2004 (US 165) – unter Außerachtlassung der Gesamtheit der diesbezüglichen Beweiswürdigung des Erstgerichts (US 346 ff; erneut RISJustiz RS0118780 [insb T1, T5, T7, T11, T15]).
3.6.3. Zu § 281 Abs 1 Z 9 lit aStPO:
Zu VIII/1/C:
[337]Zum Einwand, es wären Festellungen zu „den Voraussetzungen des § 2 StGB“ zu treffen gewesen, weil Mag. G*, zu dessen strafbarer Handlung (I/1/A) MMag. Dr. P* nach dem Urteilssachverhalt beigetragen hat, das Abführen der „Erfolgsprovision“ unterlassen habe, wird auf die Beantwortung des im Ergebnis inhaltsgleichen Vorbringens der Rechtsrüge des Angeklagten M* zu 3.4.3. verwiesen.
[338] Indem die Rüge das Fehlen von Festellungen zur „strafrechtlichen Relevanz der unterlassenen Bekanntgabe der Erfolgsprovision an den Ministerrat“ mit dem Argument releviert, dass der unmittelbare Täter Mag. G* (nach dem Vortrag im Ministerrat) „exakt die Zustimmung der Bundesregierung umgesetzt und den Zuschlag an das Österreich-Konsortium erteilt“ habe, dabei aber die (eingangs dargestellten) Konstatierungen zum Befugnismissbrauch und zu der diesbezüglich relevanten Rechtshandlung außer Acht lässt, verfehlt sie den im Urteilssachverhalt gelegenen Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (siehe 3.1.4. sowie in Bezug auf die relevierte Zustimmung des Ministerrats auch die Rügebeantwortung betreffend den Angeklagten M* zu 3.4.3.).
[339] Im Übrigen ist weder eine alleinige Vertretungsmacht des Verf ügenden (RISJustiz RS0094845 [T4, T9]; vgl [in Ansehung oberster Organe der Vollziehung] RISJustiz RS0053373) noch die endgültige rechtliche Wirkung einer Verfügung Voraussetzung für das Vorliegen von Untreue (RISJustiz RS0132854; Kirchbacher/Sadoghi in WK 2StGB § 153 Rz 18; Pfeifer, SbgK § 153 StGB Rz 28; Kienapfel/Schmoller StudB BT II 2 § 153 Rz 53).
[340]Mit dem Vorbringen des Fehlens von „Feststellungen zur strafrechtlichen Relevanz“ der „Nichthinzurechnung der EUR 9.612.812,-“ zum „Kaufpreis“, wird ein Nichtigkeit begründender Umstand nicht deutlich und bestimmt bezeichnet (§ 285 Abs 1 zweiter Satz, § 285a Z 2 StPO; RISJustiz RS0100877 [T8, T11]).
[341] Weshalb die eingangs referierten Unterstützungshandlungen des MMag. Dr. P*, der im Vorfeld der Untreuehandlung des Mag. G* diesem eine Bestechungszahlung für die befugnismissbräuchliche „Zuschlagserteilung“ zusicherte und zur „Tarnung“ einen „Geschäftsbesorgungsvertrag“ unterfertigte, keine ursächliche und konkret wirksam gewordene Förderung der Tat (siehe die Rechtsausführungen zur Beitragstäterschaft zu 1.1. sowie Fabrizy/Michel Kwapinski/Oshidari, StGB 14 § 12 Rz 15) bedeuten soll, leitet die Rüge mit dem Verweis auf eine isoliert betrachtete Textpassage der Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 12. April 2017, AZ 23 Bs 284/16g (ON 3358 S 112), und einen (ihre Behauptung nicht stützenden) Rechtssatz (RISJustiz RS0090508) nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (siehe aber RISJustiz RS0116565).
[342] Der Einwand des Fehlens von Feststellungen „zur objektiven Zurechnung der festgestellten Handlungen des Beschwerdeführers“ begnügt sich mit der diesbezüglichen Behauptung unter Zitierung einiger allgemeiner Rechtssätze zur Beitragstäterschaft und eines Lehrbuchs sowie einer oberstgerichtlichen Entscheidung betreffend die Erforderlichkeit einer „Prüfung des rechtmäßigen Alternativverhaltens […] auch bei Vorsatzdelikten“, ohne auch nur im Ansatz darzulegen, aus welchen Gründen der vom Erstgericht in concreto festgestellte Sachverhalt die von ihm vorgenommene Subsumtion nicht tragen soll. Ein solches Vorbringen genügt aber den Anforderungen einer Rechtsrüge nicht (siehe erneut 3.1.4. sowie RISJustiz RS0099689 [T11]).
[343] Da für die Frage des Eintritts eines Vermögensnachteils nicht ein hypothetischer, sondern der tatsächliche Geschehensablauf maßgebend ist (RISJustiz RS0094836, RS0129293), kommt dem Vorbringen, „wenn das Land Kärnten das Vorkaufsrecht für die ES* wahrgenommen hätte, wäre der Angebotsunterschied zwischen der C* und dem Österreich-Konsortium bei EUR 22 Mio gelegen“, keine Bedeutung zu.
Zu VII:
[344] Indem die Rüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) die Pflichtwidrigkeit des zu I/1/A bezeichneten Amtsgeschäfts mit dem urteilsfremden Vorbringen bestreitet, Mag. G* habe „nach der Zustimmung der Bundesregierung“ den „Zuschlag“ betreffend „keinen Handlungsspielraum“ gehabt (siehe aber 3.2.1.a), entzieht sie sich erneut einer inhaltlichen Erwiderung (vgl auch die diesbezügliche Antwort zum inhaltsgleichen Vorbringen des Angeklagten M* zu 3.4.3.).
[345] Gleiches gilt für die auf einem (auf Basis der Feststellungen gerade nicht eingetretenen) „Entfall der Pflichtwidrigkeit“ aufbauende, die subjektive Tatseite bestreitende Argumentation, es sei „das Nichtbestehen einer Unrechtsvereinbarung indiziert“.
3.6.4. Zu § 281 Abs 1 Z 10StPO:
[346] Indem die Subsumtionsrüge die Konstatierungen zu VIII/1/C im Hinblick auf den Befugnismissbrauch des unmittelbaren Täters und zu VIIbetreffend die Pflichtwidrigkeit des Amtsgeschäfts für unzureichend ansieht, den Schuldspruch nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB (VIII/1/C) und nach § 307 Abs 1 Z 1 StGB idF BGBl I 1998/153 (VII) zu tragen, dabei aber nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, sondern auf konträren Annahmen basierend eine rechtliche Beurteilung nach § 153a StGB idF BGBl I 2015/112 (zu VIII/1/C) und nach § 307 Abs 2 Z 1 StGB idF BGBl I 1998/153 (zu VII) anstrebt, um auf dieser Grundlage wiederum den Eintritt von Strafbarkeitsverjährung (Z 9 lit b) zu behaupten, verfehlt auch sie die gesetzmäßige Ausführung (siehe erneut 3.1.4.).
3.7. Zur verbleibenden Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dr. S*:
[347] Dr. S* trug nach den Urteilskonstatierungen zu VIII/1/D ab Ende des Jahres 2003 (in Bezug auf einen Vermögensschaden von 4.806.406 Euro) zur strafbaren Handlung des Mag. G* (I/1/A) dadurch bei, dass er im Verwertungsverfahren der Buwog als Vertreter der Ra* (im Folgenden: Ra*) als einer der Mitgliedsgesellschaften des potentiellen Käufers „Österreich-Konsortium“ Mag. G* für die (zu VI/1 beschriebene) pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäfts (nämlich die am 15. Juni 2004 erfolgte „Zuschlagserteilung“) vorweg eine Mag. G* selbst zukommende „Provisionszahlung“ von (insgesamt) einem Prozent des gebotenen Kaufpreises im Wege des Mittelsmanns Dr. H*, der die Zusage an M* zur Weiterleitung an Mag. G* überbrachte, versprach (Tathandlung zu VII) sowie weiters dadurch, dass er mit Dr. H* und MMag. Dr. P* vor dem 2. Juni 2004 die vertragliche Abwicklung der „Provisionszahlung“ besprach (siehe 3.2.1.a, 3.2.2.a und 3.2.3. samt den dort wiedergegebenen US sowie insb US 68 f, 178 f, 181 f, 184 ff, 1162 f, 1249 f).
3.7.1. Zu § 281 Abs 1 Z 5StPO:
Zu VII:
[348] Zwischen der beweiswürdigenden Erwägung, dass der elfte Prozessbrief vom 23. April 2004 „schon deutlich regelte, dass das alleinige Zuschlagskriterium der Preis sein werde“, sodass „wohl sämtlichen Beteiligten klar gewesen sein [musste], dass nur Insiderinformationen in Frage kommen konnten“ (US 536), und jenen, wonach die vom Angeklagten M* „gelieferten Informationen [nur] die Schlussfolgerung zu[ließen], dass der Angeklagte Mag. * G* Teil der unzulässigen Provisionsvereinbarung war“ (US 1131), und sich dem Erstgericht nicht erschlossen habe, „woher der Angeklagte Dr. * H* diese alles entscheidenden Informationen haben hätte sollen, wenn nicht direkt aus dem Bundesministerium für Finanzen in der Person des Angeklagten Mag. * G*“ (US 1144), besteht kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall; siehe dazu 3.1.2.).
[349] Die Behauptung offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zu einem „Bestechungsvorsatz“ (insb US 185) übergeht die Beweiswürdigung der Tatrichter zur subjektiven Tatseite in ihrer Gesamtheit (US 1147 ff, 1162 f; siehe aber RISJustiz RS0119370) und bekämpft dabei nur Teile der erstgerichtlichen Erwägungen (etwa US 1021 f) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
[350] Im Übrigen ist die von den Tatrichtern dabei vorgenommene Ableitung der Konstatierungen zur inneren Tatseite (auch) aus dem – zuvor detailliert dargestellten – äußeren Geschehensablauf (vgl US 1163) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keineswegs zu beanstanden (RISJustiz RS0098671, RS0116882 [insb T1, T3]).
[351]Entgegen dem Vorbringen (Z 5 zweiter Fall) blieben die Aussagen der von der Rüge angeführten Mitangeklagten beim Ausspruch über die subjektive Tatseite des Angeklagten Dr. S* nicht unberücksichtigt. Denn die Tatrichter haben die (bloß in einzelnen Teilen als übergangen relevierten) Angaben der Angeklagten Dr. H* (US 1086 ff), MMag. Dr. P* (US 1132 ff) und M* (US 1018 ff) sehr wohl gewürdigt. Das Eingehen auf jedes Detail dieser Aussagen war aus dem Blickwinkel des § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall nicht erforderlich (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO sowie RISJustiz RS0098642 [T1, T2]). Davon abgesehen bezieht sich der Einwand großteils auf subjektive Einschätzungen der Genannten über den Wissensstand des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Zusammenarbeit von Dr. H* und M* „im Rahmen des Privatisierungsprozesses“ (vgl dazu aber auch US 419 iVm US 1021 f und 1091) und geht daran vorbei, dass nur sinnliche Wahrnehmungen über Tatsachen Gegenstand von (Zeugen )Aussagen sind (vgl RISJustiz RS0097545, RS0097540).
[352]Indem die Rüge aus Details der (vom Erstgericht [teils partiell, teils gänzlich] für unglaubwürdig erachteten) Depositionen lediglich von jenen des Schöffengerichts abweichende Schlüsse gezogen wissen und der leugnenden Verantwortung des Dr. S* (US 1147 ff) zum Durchbruch verhelfen will, erschöpft sie sich erneut in einem Angriff auf die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
Zu VIII/1/D:
[353] Mit dem Einwand (nominell Z 9 lit a), der konstatierte Tatzeitraum „Ende 2003 bis zum 2. Juni 2004“ (US 176, 182, 186 ua) sei undeutlich (Z 5 erster Fall) und in Widerspruch (Z 5 dritter Fall) mit Feststellungen und beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter stehend, weil der „frühestmögliche Zeitpunkt für die Tathandlung“ „viel zu weit gegriffen“ sei und die relevierten Konstatierungen den Tatzeitraum, der sich „weit in den Monat Mai 2004“ hineinziehe, „erheblich einschränken“ würden, wird kein entscheidender Aspekt angesprochen (siehe aber 3.1.1.; RISJustiz RS0098557 [vgl insb T7, T8, T10, T11, T16]).
[354] Das Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) aufgrund „fehlende[r] Differenzierung zwischen dem Angeklagten Dr. * S* und der Ra*“ behauptende Vorbringen beschränkt sich darauf, (nicht konkret bezeichnete Feststellungen [RISJustiz RS0130729], sondern) bloß beweiswürdigende Erwägungen des Schöffengerichts in Frage zu stellen.
[355] Im Übrigen bringen die Entscheidungsgründe unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Tatrichter Dr. S* als agierenden Verantwortlichen der Ra* und (neben MMag. Dr. P*) als Entscheidungsträger im „Österreich-Konsortium“ ansahen (vgl etwa US 534, 551 ff, 1118 ua).
[356] Die Kritik offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite lässt die Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter in ihrem Sinnzusammenhang außer Acht (siehe aber RISJustiz RS0119370).
[357] Mit dem Hinweis auf einzelne Urteilspassagen und Details von Aussagen der Mitangeklagten, die der Beschwerdeführer eigenständig würdigt, und dem Vorwurf einer „Scheinbegründung“, der auf die (aus dem Zusammenhang gerissene) Verwendung von Formulierungen („keine Zweifel“ [US 1249], „unschwer ableitbar“ [US 1163]; siehe dazu aber RISJustiz RS0099494 [T5, T11, T12]) gestützt wird, übt die Rüge bloß abermals unzulässige Kritik an der tatrichterlichen Beweiswürdigung.
[358] Der weitere Vorwurf einer „Scheinbegründung“ der Feststellungen zum Vermögensschädigungsvorsatz des Beschwerdeführers (US 182) übersieht, dass der Schluss vom objektiven Tatgeschehen auf die subjektive Tatseite (US 1163) aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist (RISJustiz RS0098671, RS0116882).
[359] Mit dem Verweis auf das – im Übrigen nach dem Vorgesagten nicht erfolgreiche – Vorbringen zu „Punkt E 1. (Bestechungsvorsatz [zu VII])“ wird die Mängelrüge den strafprozessualen Anforderungen nicht gerecht (RISJustiz RS0115902).
[360] Keine entscheidenden Tatsachen (dazu erneut 3.1.1.) spricht die Mängelrüge an, wenn sie sich auf
Entscheidungsgründe, wonach die gegenständliche Zahlung „einen Teil des Kaufpreises“ darstellte (US 182; siehe dazu [auch unter dem Aspekt nachteiligen Einflusses auf den Kaufpreis] die Beantwortung der Rügen des Mag. G* zu 3.3.1. und des MMag. Dr. P* zu 3.6.1.),
Konstatierungen zum „Einfluss der angeblichen Provisionsvereinbarung auf die Höhe des ersten Angebots des Österreich-Konsortiums“ sowie
Feststellungen zur „Weitergabe der Information ꞌ960 Mio EUR Fin.zusageꞌ“ (US 443) (siehe zu den beiden letztgenannten Vorbringen die Beantwortung der Mängelrügen des Mag. G* zu 3.3.1. und des M* zu 3.4.1.),
bezieht.
Zu VII und VIII/1/D:
[361] Dem Vorwurf der Urteilsunvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider ließ das Erstgericht jene Passagen der Aussagen des Dr. H*, wonach er „bis zum Zuschlag [...] von der Käuferseite nur mit der Im* beschäftigt“ gewesen sei (ON 28 S 13), Dr. S* ihm gegenüber „nie gesagt“ habe, „Sie bekommen es“, aber auch nie „Sie bekommen es nicht“, Dr. S* also (zusammengefasst) nicht – wie jedoch festgestellt (insb US 178 f, 181, 184 f, 1162 f) – vor der „Zuschlagserteilung“ am 15. Juni 2004 eine als „Provision“ bezeichnete Bestechungszahlung zugesagt habe (ON 2506 S 749, ON 3593 S 18 ff [22], ON 3613 S 11 [berichtigt zu ON 3890 S 13 ff]), nicht unberücksichtigt (insb US 1086 ff, 1126 f).
[362] Vielmehr erachtete der Schöffensenat – unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (siehe 3.1.2. zu Z 5 vierter Fall; RISJustiz RS0116882, RS0098671) – (neben anderen auch) diesen Teil der Verantwortung des Dr. H* (teilweise implizit) deshalb für nicht glaubwürdig (zur Zulässigkeit der Zuerkennung bloß partieller Glaubwürdigkeit siehe RISJustiz RS0098372), weil er sie durch eine vernetzte Betrachtung mehrerer Beweisergebnisse, des objektiven Tathergangs und des Nachtatverhaltens der Angeklagten sowie daran geknüpfter Plausibilitätserwägungen als widerlegt beurteilte (siehe insb US 1086 iVm dem Verweis [zur Zulässigkeit vgl RISJustiz RS0119301] auf die Aussagen des Angeklagten Dr. H*; US 1090 iVm ON 3613 S 7 ff; US 1098 iVm ON 3576 S 53 ff; US 1126 ff iVm dem Verweis auf ON 3613 S 11 ff und die „damalige E Mail-Konversation“ [ON 2018] sowie zwischen Dr. H*, Dr. S* und MMag. Dr. P* absolvierte Termine [US 1162]; weiters die in Bezug auf den vorliegenden Kontext für glaubhaft erachteten, den Angeklagten Dr. S* belastenden Aussagen der Angeklagten MMag. Dr. P* [insb US 1115, 1134 f, 1138 f] und M* [insb US 1031 f, 1162] sowie die aus sichergestellten Vertragsentwürfen geschlossene Vorbereitung eines „Geschäftsbesorgungsvertrags“ durch Dr. H* auch für die „Provisionshälfte“ der Ra* [insb US 1092 ff, 1127]). Der leugnenden Verantwortung des Angeklagten Dr. S* folgten die Tatrichter mit eingehender Beweiswürdigung (insb US 599 f, 1149 ff, 1154, 1156, 1097, 1135, 1138 f, 1143) nicht.
[363] Dass das Erstgericht aus all diesen Verfahrensergebnissen nicht die vom Angeklagten Dr. S* gewünschten Schlüsse zog, begründet keine Nichtigkeit (RISJustiz RS0098400, RS0099438).
[364] Im Übrigen stellt es keine Unvollständigkeit dar, wenn das Gericht – wie hier im Umfang der relevierten Aussagen des Dr. H* – der Verantwortung eines Angeklagten die Glaubwürdigkeit (auch nur partiell) versagt und deshalb auf die diesbezüglichen Aussageteile nicht mehr einzeln eingeht (vgl RISJustiz RS0098642 [insb T1, T2]). Davon ausgehend ist es unter dem Aspekt des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes auch ohne Bedeutung, dass im Urteil nicht sämtliche der von der Beschwerde ins Treffen geführten (im Wesentlichen gleichlautenden) Passagen aus den Depositionen des Genannten ausdrücklich erwähnt wurden. Die in diesem Zusammenhang weiters als übergangen reklamierten Details aus den Aussagen des MMag. Dr. P*, nach denen – zusammengefasst – nicht er, sondern Dr. H* sich um die Zusage einer „Provisionszahlung“ des Dr. S* kümmerte, stehen den Urteilsfeststellungen – auf Grundlage des eben Dargelegten – nicht erörterungsbedürftig entgegen.
[365] Das die Konstatierungen „im Zusammenhang mit dem Themenkreis Geschäftsbesorgungsvertrag“ (nominell aus Z 5 vierter Fall) relevierende Vorbringen übergeht einmal mehr, dass das Erstgericht die diesbezügliche Verantwortung des Angeklagten Dr. H* – in nicht zu beanstandender Weise – gewürdigt, ihr aber die Glaubwürdigkeit versagt hat. Die „Aktenwidrigkeit“ (zum Wesen dieses Nichtigkeitsgrundes siehe im Übrigen 3.1.2.) zwischen einzelnen Teilen der Aussagen dieses Angeklagten monierende Rüge erschöpft sich erneut nur in einer unzulässigen Kritik an der Beweiswürdigung der Tatrichter.
3.7.2. Zu § 281 Abs 1 Z 5aStPO:
[366] Indem die Tatsachenrüge in Bezug auf die konstatierte Tathandlung des Dr. S* zu VII– ohne konkreten Verweis auf in der Hauptverhandlung vorgekommenes Beweismaterial (§ 258 Abs 1 StPO) – moniert, es liege „gänzlich außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung“, wenn das Erstgericht „zu dem Ergebnis gelangt“, Dr. S* habe „den damaligen Bundesminister für Finanzen bestechen wollen“, erweist sie sich als nicht gesetzmäßig ausgeführt (siehe dazu 3.1.3.).
[367] Das zu VIII/1/D erhobene Vorbringen zur festgestellten „Informationsweitergabe ꞌNicht unter EUR 960 Mio.ꞌ“ spricht weder einen entscheidenden noch einen erheblichen Umstand an (siehe aber erneut 3.1.3. sowie die Beantwortung der Rügen des Mag. G* zu 3.3.1. und 3.3.2. sowie des Angeklagten M* zu 3.4.1. und 3.4.2.).
[368] Das Gleiche gilt (unter dem Aspekt der Beteiligung an der Untreue) für die Kritik an den – Vorgänge nach der Tatvollendung zu I/1/A betreffenden – Feststellungen zur „Provisionsverrechnung“ (US 601 ff, 1099) und zur „Abwicklung der Provisionszahlung“ (US 531).
[369] Die Beschwerde leitet die diesbezügliche Entscheidungswesentlichkeit daraus ab, dass das Erstgericht den kritisierten Feststellungen Indizwirkung für seine Überzeugung von der Täterschaft des Beschwerdeführers zuerkannt habe, geht mit dieser Argumentation jedoch daran vorbei, dass die sachverhaltsmäßige Bejahung einzelner als erheblich beurteilter Umstände kein Gegenstand von Mängel- oder Tatsachenrüge ist, soweit diese – wie hier – keine notwendige Bedingung für die Feststellung (hier aus einer vernetzten Betrachtung einer Reihe von Verfahrensergebnissen abgeleiteten; vgl dazu die vorstehenden Ausführungen zur Mängelrüge samt Verweisen auf die Fundstellen im Urteil) entscheidender Tatsachen darstellen (RISJustiz RS0116737; Ratz , WKStPO § 281 Rz 410).
3.7.3. Zu § 281 Abs 1 Z 9 lit aStPO:
Zu VIII/1/D und VII:
[370]Indem die Rechtsrüge das Fehlen von Feststellungen zu einer Tathandlung des Beschwerdeführers behauptet, ohne die Gesamtheit der – eingangs angeführten – Konstatierungen in den Blick zu nehmen, verfehlt sie den Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).
[371]Das Rügevorbringen, wonach die „zur Tathandlung getroffenen Feststellungen in ihrer Gesamtschau“ die vorgenommene Subsumtion nicht tragen würden, erschöpft sich in einer Neuinterpretation einzelner erstgerichtlicher Konstatierungen unter Ziehen eigener Schlüsse zu deren Bedeutungsgehalt und bekämpft solcherart bloß erneut die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer hier nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
Zu VIII/1/D:
[372] Auch die auf eine einzelne Urteilsseite (181) rekurrierende Behauptung eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen zur Kausalität der Beitragshandlungen des Angeklagten Dr. S* entwickelt ihre Argumentation nicht auf der Basis der Gesamtheit der tatrichterlichen Konstatierungen. Folglich verfehlt die Rüge ein weiteres Mal die prozessförmige Darstellung des geltend gemachten materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes (siehe 3.1.4.).
[373]Selbiges gilt, indem sie das Fehlen von Feststellungen zur „objektiven Zurechenbarkeit des Vermögensschadens“ zu den Beitragshandlungen des Dr. S* auf der urteilsfremden Prämisse aufbaut, es wäre bei „ordnungsgemäßem Verhalten […] ebenso ein Schaden eingetreten wie bei dem vom Erstgericht festgestellten pflichtwidrigen Verhalten“. Außerdem verkennt sie, dass Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB hinsichtlich Kausalität und objektiver Zurechnung bloß verlangt, dass die Beitragshandlung die Tat fördert und das Risiko der Tatbestandsverwirklichung durch den unmittelbaren Täter in rechtlich missbilligter Weise erhöht ( Fabrizy/Michel Kwapinski/Oshidari, StGB 14 § 12 Rz 15, 18 mwN).
[374]Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) beim Sonderdelikt der Untreue (§ 153 StGB) erfordert auf der subjektiven Tatseite, dass der Beitragstäter den zumindest bedingt vorsätzlichen (§ 5 Abs 1 StGB) Fehlgebrauch der in Rede stehenden Befugnis durch den Intraneus (hier Mag. G* als Machthaber) für gewiss hält (§ 5 Abs 3 StGB) und dass er zudem mit zumindest bedingtem Vermögensschädigungsvorsatz handelt (RISJustiz RS0103984 [T8]; Kirchbacher/Sadoghi in WK 2StGB § 153 Rz 44 mwN).
[375] Der Kritik eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen (Z 9 lit a) zur Wissentlichkeit des Angeklagten Dr. S* in Ansehung des Befugnismissbrauchs des Mag. G*, weil die Feststellungen (US 181 f) und die Beweiswürdigung (US 1163) des Erstgerichts zueinander derart in Widerspruch (Z 5 dritter Fall) stünden, dass die Feststellungen als nicht getroffen anzusehen seien, verkennt, dass ein solcher Rechtsfehler nur dann anzunehmen ist, wenn die Urteils feststellungen in Hinsicht auf ein und dieselbe entscheidende Tatsache – aus Sicht des Obersten Gerichtshofs – in unauflösbarem Widerspruch zueinander stehen (zum Ganzen Ratz , WKStPO § 281 Rz 570 f), was – zu Recht – nicht behauptet wird. Die Feststellungen , wonach Dr. S* es „für gewiss [hielt], dass Mag. * G* ꞌdurch den Abschluss dieser Provisionsvereinbarungꞌ seine Befugnis missbrauchte […]“, er einen „bedingt vorsätzlichen Befugnismissbrauch von Mag. * G* für gewiss“ und eine Vermögensschädigung des Bundes „ernstlich für möglich“ hielt, sind nämlich in sich widerspruchsfrei (und entsprechen den dargelegten Erfordernissen zur rechtsrichtigen Subsumtion in Bezug auf die subjektive Tatseite).
[376] Unter dem Aspekt eines allfälligen Widerspruchs von Feststellungs- und Begründungsebene der angefochtenen Entscheidung (Z 5 dritter Fall) ist der Einwand gleichfalls nicht berechtigt, weil sich die angesprochene Passage aus der – aus Z 5 vierter Fall nicht zu beanstandenden – Beweiswürdigung des Erstgerichts, wonach schon aus dem objektiven Geschehensablauf ableitbar sei, dass der Angeklagte Dr. S* den „wissentlichen“ Befugnismissbrauch des Mag. G* „zumindest“ bedingt vorsätzlich in Kauf genommen hat (US 1163), bei – gebotener (RISJustiz RS0119370, siehe auch 3.1.2.), von der Rüge indes nicht vorgenommener – Gesamtbetrachtung des Urteilssachverhalts ohne Weiteres dahin klarstellen lässt ( Ratz , WKStPO § 281 Rz 440; Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 9.127), dass damit auch in Bezug auf Dr. S* die qualifizierte Vorsatzform des § 5 Abs 3 StGB zum Ausdruck gebracht werden sollte (vgl dazu die von der Beschwerde übergangenen weiteren Passagen aus den beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter: „Zwanglos nachweisbar war, dass der Angeklagte Dr. * S* über die Beamteneigenschaft des Mag. * G* Bescheid wusste und dass dieses parteiliche Einschreiten natürlich auch ein pflichtwidriges Amtsgeschäft darstellte“ [US 1163]; es „bestanden für den Senat keine Zweifel, dass es die Angeklagten […] und Dr. * S* auch in subjektiver Hinsicht für gewiss hielten, dass der Angeklagte Mag. * G* seine Befugnis missbrauchte und, dass der Angeklagte Mag. * G* dies wenigstens vorsätzlich tat“ und Dr. S* „dabei den Eintritt eines Vermögensschadens zumindest billigend in Kauf nahm und sich damit abfand“ [US 1249]).
3.7.4. Zu § 281 Abs 1 Z 10StPO:
[377] Die Behauptung der (Pflichtwidrigkeit des Mag. G* bei dem zu I/1/A bezeichneten Amtsgeschäft in Abrede stellenden) Subsumtionsrüge zu VII , wonach Mag. G* dem „Österreich-Konsortium“ als „Bestbieter“ den „Zuschlag erteilen musste“, orientiert sich nicht an den (konträren) zu 3.2.1.a wiedergegebenen Feststellungen (siehe aber RISJustiz RS0099810 [insb T7, T9]).
[378] Diesen Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit verfehlt auch die gegen den Schuldspruch zu VIII/1/Dgerichtete Rüge (nominell Z 5 vierter Fall), indem sie die (eingangs referierten) Feststellungen zu einer Tathandlung des Dr. S* vor der Tatvollendung am 15. Juni 2004 bestreitet und von dieser urteilsfremden Basis ausgehend eine Subsumtion nach § 153a StGB anstrebt.
3.8. Zur verbleibenden Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dr. T*:
3.8.1. Zu § 281 Abs 1 Z 5StPO:
Zu III/1, IV/1 und V/1 :
[379] Der von der Mängelrüge behauptete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) liegt nicht vor.
[380] Denn die Konstatierung, dass Pl* am 13. Oktober 2009 einen vom Angeklagten Dr. T* erstellten Vertrags entwurf der Immobilieninvestmentvereinbarung aus der Kanzlei des Beschwerdeführers „mitnahm“ (US 313), und die weitere Feststellung, dass am 29. Oktober 2009 noch „geeignete Projekte für die zu erstellende Immobilieninvestmentvereinbarung gesucht wurden und die finale Abstimmung mit der Buchhalterin von KR * Pl* geplant wurde“ (US 319), sowie die beweiswürdigenden Erwägungen, wonach (zusammengefasst) dem Inhalt des E Mails vom 13. Oktober 2009 zufolge Pl* „den Entwurf des Vertrages mitgenommen habe“, womit „nur die Immobilieninvestmentvereinbarung gemeint gewesen sein kann“, und die E-Mail-Konversation vom 29. Oktober 2009 zwischen Dr. T* und Mag. * Met* belege, dass „gemeinsam mit dem Angeklagten Dr. * T* Projekte für den behaupteten Immobilienfonds gesucht wurden“ (US 890), können ohne Verstoß gegen den logischen Satz vom Widerspruch nebeneinander bestehen (siehe dazu 3.1.2.).
[381]Die diesbezügliche Kritik „denkunmögliche[r] Schlussfolgerungen“ stellt nur einen (im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen [§ 283 Abs 1 StPO]) Versuch dar, die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) in Zweifel zu ziehen.
[382] Nicht widersprüchlich sind auch einerseits die Konstatierung, wonach der Angeklagte Dr. T* anlässlich des Termins am 2. Oktober 2009 bei der Hy* AG plante, die Verantwortlichen der Bank davon zu überzeugen, dass der Angeklagte M* der wirtschaftlich Berechtigte am Konto „Karin“ war, „damit den österreichischen Ermittlungsbehörden zur Untermauerung der Selbstanzeige von Ing. * M* eine entsprechende Bestätigung vorgelegt werden kann, aber auch um die Feststellung des Mittelzuflusses an Mag. * G* sowie KR * Pl* zu verschleiern und letztlich sämtliche Spuren für die tatsächlich vorgenommene Vierteilung der Provisionszahlungen zwischen Mag. * G*, Ing. * M*, Dr. * H* und KR * Pl* zu verwischen“ (US 303), und andererseits die in der Beweiswürdigung angestellte Erwägung, wonach sich der Wissensstand des Angeklagten Dr. T* betreffend das Konto „Karin“ vor der Besprechung am 2. Oktober 2009 bei der Hy* AG „auch mit dem von Dr. * Mar* angefertigten Aktenvermerk beweisen“ ließe, „weil der Fokus in diesem Gesprächsteil vom Angeklagten Ing. * M* sofort auf das Konto Karin gelegt wurde und auch von Rechtsanwalt Dr. * Ga* unmittelbar daran anschließend eine Erklärung für die Diskrepanz der Erklärung des Angeklagten Ing. * M* zu den unbedenklichen Kontounterlagen geliefert wurde“ (US 864).
[383] Die aus Z 5 vierter Fall erhobene Kritik,
die obgenannte Begründungspassage beziehe sich „in keiner Weise auf den Angeklagten Dr. T*“, weshalb sie zur Begründung seines „Wissensstand[s]“ nicht geeignet sei, und
die tatrichterlichen Erwägungen zum „Wissen“ des Dr. T* „um die gefälschten Urkunden“ stellten eine „Scheinbegründung“ dar,
nimmt prozessordnungswidrig nicht Maß an der Gesamtheit der diesbezüglichen Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (siehe aber RISJustiz RS0119370).
[384] Denn das Erstgericht leitete die Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten Dr. T* unter Verwerfung seiner für nicht glaubwürdig erachteten leugnenden Verantwortung aus seinem – aus dem Inhalt von E Mail-Nachrichten, Aufzeichnungen über durchgeführte Besprechungen, Tätigkeits- und Arbeitsberichten, von ihm erstellten „Strategie“-, „Masterdoc“- und „Brainstorming“-Dokumenten, Vertragsentwürfen und vorbereiteten Stellungnahmen hervorgekommenen – Agieren als „ab initio“ (auch seitens des Mag. G* und des Pl*) umfassend ins Vertrauen gezogener Verteidiger des Angeklagten M* ab (insb US 846 ff, 850, 856, 858 ff, 864 ff, 900 ff, 1167 ff, 1178 ff, 1194 ff, 1208). Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit sind diese Schlüsse nicht zu beanstanden (RISJustiz RS0098671, RS0116882).
[385] Entgegen der Behauptung offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Kenntnis des Dr. T* vom „wahren Sachverhalt auch hinsichtlich der Einmietung der Li* in den Terminal Tower“ (US 297) gründeten die Tatrichter dies – abermals logisch und empirisch einwandfrei – auf die festgestellten Parallelen der zu den Selbstanzeigen führenden Sachverhalte und die Stellung des Dr. T* als (auch seitens des Mag. G* und des Pl*) umfassend ins Vertrauen gezogenen Verteidiger des M* (insb US 297, 847, 853 f, 902).
[386] Da die Urteilskontrolle mittels Mängelrüge nur den zu den entscheidenden Tatsachen getroffenen, nicht aber nicht vorliegenden Feststellungen gilt, verlässt die Rüge mit dem Einwand (nominell Z 5 vierter Fall), es sei „unbegründet geblieben“, „in welcher Weise der Angeklagte Dr. T* an der Erstellung der [zu III/1 genannten] Unterlagen mitgewirkt oder zu dessen Erstellung beigetragen haben soll“, es fehlten diesbezüglich Feststellungen zum „vermeintlichen Vorsatz“ und es liege ein „rechtlicher Feststellungsmangel“ zufolge Fehlens von Feststellungen in Bezug auf die „Nachträge zur Immobilieninvestmentvereinbarung“ vor, den Anfechtungsrahmen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (RISJustiz RS0099575 [T5]).
[387] Mit der Kritik, wonach getroffene Feststellungen von Depositionen der Zeugin Mag. Met* und des Angeklagten Dr. T* abweichen würden, wird ein Fehlzitat in der Bedeutung der – angesprochenen – Z 5 fünfter Fall nicht aufgezeigt (RISJustiz RS0099431 [T17]).
[388] Das übrige Vorbringen der Mängelrüge erschöpft sich darin, unter isoliertem Hervorheben von einzelnen, erstgerichtlich gewürdigten Verfahrensergebnissen (siehe aber RISJustiz RS0116504) sowie von Beweiswerterwägungen der Tatrichter (siehe aber RISJustiz RS0118317 [T3]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 449 ff) anhand eigener beweiswürdigender Überlegungen für den Angeklagten günstigere Schlüsse als jene des Erstgerichts zu ziehen. Solcherart wendet sich die Rüge bloß abermals in unzulässiger Weise gegen die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung und verlässt damit den aus Z 5 eröffneten Anfechtungsrahmen.
3.8.2. Zu § 281 Abs 1 Z 9 lit aStPO:
Zu III/1:
[389]An sich zutreffend verweist die Rüge zunächst darauf, dass in der Zeit vom 1. Jänner 2008 bis zum 31. Dezember 2009, sohin zur hier vorliegenden Tatzeit (November 2009), eine (Beteiligung an der) Herstellung eines falschen Beweismittels, sofern dies mit dem Vorsatz erfolgte, das Falsifikat in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung zu gebrauchen, nach § 293 Abs 1 StGB strafbar war. Nicht strafbar nach § 293 Abs 2 StGB war der (nachfolgende) Gebrauch eines solchen Beweismittels in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung (§ 293 StGB idF BGBl I 2007/93; Plöchl in WK 2StGB § 293 Rz 29/1). Demgegenüber begründet seit Inkrafttreten des BGBl I 2009/142 die (Beteiligung an der) Herstellung eines falschen Beweismittels bei darauffolgendem Gebrauch desselben in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung – aufgrund der Subsidiarität des § 293 Abs 1 StGB gegenüber § 293 Abs 2 StGB – Strafbarkeit nach § 293 Abs 2 StGB (RISJustiz RS0120003; Plöchl in WK 2StGB § 293 Rz 38).
[390]Das weitere Vorbringen baut jedoch auf der (verfehlten) Prämisse auf, es würden Feststellungen zur vorsätzlichen (Beteiligung an der) Herstellung der verfahrensgegenständlichen falschen Beweismittel (§ 293 Abs 1 StGB) oder deren Gebrauch in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung durch Dr. T* fehlen. Solcherart orientiert sich die Rüge (nominell Z 9 lit a; zufolge Idealkonkurrenz [vgl IV/1 und V/1 sowie unten 4.2.b] der Sache nach Z 10) nicht an den Urteilskonstatierungen und verfehlt deshalb den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RISJustiz RS0099810).
[391] Danach haben die Angeklagten M* und sein (damaliger) Verteidiger Dr. T* nämlich am 10. November 2009 falsche Beweismittel in einem bei der Staatsanwaltschaft anhängigen Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung gebraucht, indem sie die zu III/1 aufgezählten Kopien von inhaltlich unrichtigen Urkunden im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung des M* vorlegten (US 329 f).
[392] Nach dem weiteren – von der Rüge zur Gänze ignorierten – Urteilssachverhalt wirkte Dr. T*, der „der Koordinator der umfassenden Verschleierungsaktivitäten war“ (US 1182 f), zudem – mit entsprechendem Vorsatz (insb US 315, 330, 335 f, 850, 875, 886, 889, 900 f) – bereits dadurch an der Herstellung sämtlicher der vom Schuldspruch zu III/1 umfassten gefälschten Urkunden mit, dass er als rechtlicher Vertreter des M* im Rahmen einer kollusiven Zusammenarbeit mit Mag. G*, M*, W* und Pl* (US 335 f, 850 f, 854, 856 f, 894 f, 1064 f) Vorschläge zur Verschleierung der Herkunft sowie der Verteilung der „Provisionszahlungen“ erstattete, hiezu „Masterdoc“ bzw „Brainstorming“- Dokumente erarbeitete (US 307 f, 869 f, 894 f), den Entwurf für die (tatsächlich erst knapp vor dem 10. November 2009 erstellte und in der Folge von M* und Pl* unterzeichnete [US 886 f]) Immobilieninvestmentvereinbarung vom „12.3.2006“ samt Zusätzen verfasste, deren Errichtung (samt Zusätzen) für die Vorlage am 10. November 2009 auch dadurch förderte, dass er Projekte für den behaupteten Immobilienfonds suchte (III/1/a bis d; insb US 313, 322, 333, 335, 848, 850, 854, 873, 889 f, 1182, 1185 f, 1194 f), sich – im Bewusstsein um die im gegebenen Zusammenhang besondere „Problematik“ der Überweisungen auf Konten der M* Group (US 302, 307 f, 311, 315, 329) – in Besprechungsrunden mit Mag. G*, M* und W* darüber einigte, die Aktientransaktionen von den Konten bei der Hy* AG als „Securities Lending“ (III/1/f; US 302, 307 f, 855) und die Überweisung von 500.000 Euro vom Konto Nummer „400.815“ auf das Konto der M* Group als Kreditvertrag (III/1/e; US 311) darzustellen, wobei der Entschluss, falsche Beweismittel, nämlich Verträge und Unterlagen herzustellen und in weiterer Folge auch im Ermittlungsverfahren zu gebrauchen (US 315 iVm 855, 857 f, 875), von Mag. G*, W*, Dr. T* sowie Pl* in die Tat umgesetzt (US 857 f) und diese Dokumente – auch von Dr. T* (vgl insb US 333, 335) – erstellt wurden (US 329 f, 333, 335 f, 873, 882, 886 f).
[393] Das Vorbringen, nur der Angeklagte M* habe die falschen Beweismittel in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung „gebraucht“ (dazu eingehend Plöchl in WK 2StGB § 293 Rz 25), übergeht gleichfalls prozessordnungswidrig die – ebenso auf alle inkriminierten Dokumente bezogenen – Urteilskonstatierungen zur Mittäterschaft des Angeklagten Dr. T* sowie seinen auf den – der Herstellung nachfolgenden – Gebrauch der Falsifikate gerichteten Vorsatz (US 59, 329 f).
[394] Aus welchem Grund die Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten als (mehrere; vgl dazu RISJustiz RS0118718; Fabrizy/Michel Kwapinski/Oshidari, StGB 14§ 295 Rz 8) Vergehen der Fälschung eines Beweismittels auf dieser Feststellungsbasis rechtlich verfehlt sein sollte, wird nicht erklärt. Ein dem Erstgericht in Zusammenhang mit der Anwendung von § 61 StGB gleichwohl unterlaufener Subsumtionsfehler wird nicht geltend gemacht (vgl dazu erneut unten 4.3.b).
[395]Die auf US 1258 rekurrierende Kritik der Beschwerde, die Tatrichter hätten zu Unrecht „vermeint“, § 22 Abs 3 FinStrG „nicht heranziehen zu müssen“, legt nicht auf Basis der Feststellungen aus dem Gesetz abgeleitet dar (siehe aber RISJustiz RS0116569), weshalb die relevierte Norm, die die Tatbestände der §§ 223 und 293 StGB als gegenüber Finanzvergehen subsidiär erklärt, wenn sie „im Zusammenhang“ mit diesen und nicht – wie hier – zu Zwecken der Verschleierung in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung begangen worden sind (vgl RISJustiz RS0133495; Lässig in WK 2FinStrG § 22 Rz 10), vorliegend zur Anwendung gelangen sollte.
Zu IV/1:
[396]Soweit die Rüge das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Bezug auf eine Begünstigungshandlung des Dr. T* mit der erforderlichen Vorsatzform (§ 5 Abs 2 StGB) behauptet, weil die Konstatierungen „zum Wissen des Angeklagten über die Vortat“ dafür nicht ausreichten, zumal „unklar“ bleibe, ob es der Angeklagte „ernsthaft für möglich hielt und sich damit abfand, dass Mag. * G* und/oder Ing. * M* strafbare Handlungen zu verantworten hatten“, sich dabei aber nicht am gesamten, dies klar zum Ausdruck bringenden Urteilssachverhalt (arg „zielte darauf ab“, „darauf ankam“ uvm; siehe insb US 295, 297, 333 ff, 849 f, 902) orientiert, verfehlt sie erneut den gesetzlichen Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (abermals RISJustiz RS0099810).
Zu V/1:
[397] Die Behauptung eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen „in objektiver und subjektiver Hinsicht“ geht von der urteilsfremden Annahme aus, Dr. T* habe die Mittelherkunft nicht verschleiert, sondern „mit der Abgabe der Selbstanzeige am 18.9.2009 […] aufgedeckt“ (siehe aber insb US 293 ff, 297, 335 f, 902), sodass sie sich ebenfalls einer inhaltlichen Erwiderung entzieht.
[398] Selbiges gilt für das keinen Konnex zum Urteilssachverhalt aufweisende Vorbringen in Bezug auf eine „Eigengeldwäsche“, wird doch dem Angeklagten Dr. T* eine Beteiligung an einer Vortat gerade nicht angelastet (US 335).
3.8.3. Zu § 281 Abs 1 Z 10StPO:
[399] Gegen den Schuldspruch zu IV/1 und V/1richtet sich die Subsumtionsrüge. Sie moniert, gestützt auf eine unsubstanziierte Rechtsbehauptung („nach hL“), die erstgerichtliche Annahme von Idealkonkurrenz der Geldwäscherei (hier nach § 165 Abs 1 und 3 erster Fall StGB idF BGBl I 2007/109) und Begünstigung (hier nach § 299 Abs 1 StGB idF BGBl I 2007/93) als rechtlich verfehlt. Mit diesem Vorbringen legt sie nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (siehe aber 3.1.4.), weshalb eine sachliche Begünstigung nach § 165 Abs 1 und 3 erster Fall StGB aF, die überdies auch in der Absicht (US 333) geschah, dadurch Vortäter persönlich zu begünstigen, nur als Geldwäscherei (§ 165 StGB) zu beurteilen und keine echte Konkurrenz mit (persönlicher) Begünstigung (§ 299 Abs 1 StGB) zulassen sollte (vgl demgegenüber RISJustiz RS0094974; Pilnacek/Swiderski in WK 2StGB § 299 Rz 30 und Leukauf/Steininger/ Zöchbauer/Bauer, StGB 4 § 299 Rz 26, je mwN).
3.8.4. Zu § 281 Abs 1 Z 10aStPO:
[400]Keine gesetzmäßige Ausführung einer Diversionsrüge (dazu 3.1.5.) stellt das Vorbringen dar, die „Voraussetzungen des § 198 Abs 2 StPO“ lägen vor, es sei von keiner schweren Schuld auszugehen und Gründe der Spezial- und der Generalprävention sprächen nicht gegen ein diversionelles Vorgehen. Denn diese Argumentation lässt außer Acht, dass die – für eine diversionelle Erledigung erforderliche, entsprechendes Unrechtsbewusstsein voraussetzende (RISJustiz RS0126734, RS0116299 [T3]) – Verantwortungsübernahme des Angeklagten Dr. T* nach den Urteilsfeststellungen, an welchen sich eine Diversionsrüge zu orientieren hat (RISJustiz RS0124801), fehlt (vgl US 351, 1167 ff).
3.8.5. Zu § 281 Abs 1 Z 11StPO:
[401] Die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) übersieht, dass die Verhängung einer Zusatzstrafe nur getrennt, nämlich bei Finanzvergehen einerseits (§ 21 Abs 3 und 4 FinStrG) und sonstigen gerichtlichen Straftaten andererseits (§ 31 StGB), demnach nur innerhalb der jeweiligen Deliktsgruppe möglich ist (RISJustiz RS0086229, RS0085930, RS0085988, RS0086065; Lässig in WK 2FinStrG § 21 Rz 5 f), und lässt – bei einem hier vorliegenden Schuldspr uch(bloß) wegen allgemeiner Straftaten – nicht erkennen, weshalb fallbezogen die Verhängung einer Zusatzstrafe gemäß § 31 StGB zu einem gegen den Nichtigkeitswerber wegen „Beihilfe zur Steuerhinterziehung“ ergangenen, seit 23. November 2017 rechtskräftigen Urteil des Landgerichts München I vom 17. Juli 2017, AZ 6 KLs 405 Js 161731/11 (US 106 iVm ON 3753 S 3 ff) geboten gewesen sein sollte (siehe 13 Os 101/16a, 14 Os 108/95).
3.9. Zur verbleibenden Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten W*:
3.9.1. Zu § 281 Abs 1 Z 10StPO:
[402] Die Subsumtionsrüge beanstandet, dass der Schuldspruch zu IV/2rechtsfehlerhaft erfolgt sei, weil das Erstgericht das Tatgeschehen nicht nur nach § 165 Abs 1 und 3 erster Fall StGB idF BGBl I 2007/109 (V/2), sondern – unter angeblich irriger Bejahung von Idealkonkurrenz – auch nach § 299 Abs 1 idF BGBl I 2007/93 (IV/2) subsumiert hat. Die Argumentation, die „von § 165 Abs 1 StGB erfassten Verschleierungshandlungen“ würden „die Vereitelungshandlungen nach § 299 StGB“ „verdrängen“ oder „diesen vor[gehen]“, wird nicht aus dem vom Erstgericht (zutreffend) angewendeten Tatzeitrecht des § 165 Abs 1 und 3 erster Fall StGB idF BGBl I 2007/109 abgeleitet, sondern bezieht sich auf eine Kommentarstelle ( Kirchbacher/Ifsits in WK 2StGB § 165 Rz 25) sowie einen wissenschaftlichen Beitrag ( Glaser/Manhart, Geldwäscherei neu – ein Vorschlag zur Neufassung des Straftatbestands unter Berücksichtigung europäischer und internationaler Vorgaben und österreichischer Judikatur, AnwBl 2019, 204 [208]), die ihrerseits gerade nicht auf die hier anzuwendende Rechtslage, sondern auf die (erst) seit 1. September 2021 in Geltung stehende (demnach also nach dem Urteilszeitpunkt in Kraft getretene) Bestimmung des § 165 StGB idF BGBl I 2021/159 (die in § 165 Abs 1 Z 1 dritter Fall StGB einen persönlichen Begünstigungsvorsatz enthält) abstellen. Solcherart entbehrt der Standpunkt, es sei keine echte Konkurrenz mit § 299 StGB gegeben, einer methodengerechten Ableitung aus dem Gesetz (siehe aber 3.1.4.; vgl erneut RISJustiz RS0094974; Pilnacek/Swiderski in WK 2StGB § 299 Rz 30 und Leukauf/Steininger/ Zöchbauer/Bauer, StGB 4 § 299 Rz 26, je mwN).
[403] Die in der Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur zur Fundierung des Vorbringens nachgetragenen Rechtsausführungen sind schon aufgrund der Einmaligkeit des Rechtsmittels der Nichtigkeitsbeschwerde unbeachtlich (RISJustiz RS0097055).
3.9.2. Zu § 281 Abs 1 Z 10aStPO:
[404] Indem die Diversionsrüge die nach der Sachverhaltsgrundlage nicht gegebene (vgl US 351, 1209 ff) Bereitschaft des Angeklagten W* zur Verantwortungsübernahme ausblendet (siehe aber erneut RISJustiz RS0116299, RS0126734), erweist auch sie sich als nicht gesetzmäßig ausgeführt (siehe dazu 3.1.5.). Einen diesbezüglichen Feststellungsmangel macht sie nicht geltend (RISJustiz RS0118580).
[405]Im dargestellten Umfang waren daher die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Mag. G*, M*, Dr. H*, MMag. Dr. P*, Dr. S*, Dr. T* und W* (mit Ausnahme jener der Angeklagten Mag. G* und Dr. H* jeweils zur Gänze) – überwiegend in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur – zu verwerfen (§ 288 Abs 1 StPO).
[406]Die Erklärungen der Angeklagten M*, Dr. H*, Dr. S* und Dr. T*, „Berufung wegen Schuld“ zu erheben (ON 4915 S 60), waren – weil eine Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen ist (§ 283 Abs 1 StPO) – zurückzuweisen (§ 296 Abs 3 StPO).
[407] 4. Bleibt mit Blick auf§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO anzumerken, dass dem Urteil zu den Schuldsprüchen mehrerer Angeklagter nachstehende – von diesen nicht (von Dr. T* nicht prozessordnungsgemäß) geltend gemachte – Subsumtionsfehler (Z 10) anhaften:
[408] 4.1. Das vom Schuldspruch des Angeklagten Mag. G* zu VI/1 erfasste Täterverhalten wäre unter Berücksichtigung obiger Erwägungen zu 3.2.4. § 304 Abs 1 und 3 StGB idF BGBl I 2004/136 zu unterstellen gewesen, weil der Angeklagte den geforderten Vorteil nach den Feststellungen bis November 2007 annahm (vgl US 230). Dieser Subsumtionsfehler gereicht dem Angeklagten (zufolge den Wert von 3.000 Euro übersteigenden Vorteils und gleichgebliebener Strafdrohung) nicht zum Nachteil und war daher nicht von Amts wegen aufzugreifen.
4.2. Zum Schuldspruch des Angeklagten M* zu VIII/2/A/a(§§ 12 dritter Fall, 304 Abs 1 und 3 StGB idF BGBl I 2001/130):
[409]Angesichts der Konstatierungen zum Schuldspruch zu VIII/2/A/c (wegen §§ „12 dritter Fall“, 307 Abs 1 Z 1 StGB idF BGBl I 1998/153), wonach M* bei dieser Bestechung als Mittelsmann agierte (US 185), demnach nicht Beitrags-, sondern unmittelbare Täterschaft vorliegt (vgl dazu oben zu 3.2.3. und 3.2.3.a), scheidet gleichzeitige Strafbarkeit wegen (des kraft materieller Subsidiarität zurücktretenden) § 304 StGB aus ( Nordmeyer/Stricker in WK 2StGB § 307 Rz 38 f und § 304 Rz 94).
[410] Da sich dieser (zufolge Idealkonkurrenz zu VIII/1/A/a; vgl US 177 f, 183 f) Subsumtionsfehler (Z 10) nicht auf den Strafrahmen auswirkte und auch sonst keine nachteilige Wirkung nach sich zog (vgl Ratz , WKStPO § 290 Rz 22 ff), sah sich der Oberste Gerichtshof nicht zu amtswegiger Wahrnehmung veranlasst. Angesichts dieser Klarstellung besteht bei der Entscheidung über die Straffrage keine Bindung an den insoweit verfehlten Schuldspruch (RISJustiz RS0118870 [insb T24]).
4.3.Zu Subsumtionsfehlern in Zusammenhang mit der Anwendung von § 61 StGB:
[411]Der in § 61 Abs 1 zweiter Satz StGB angeordnete Günstigkeitsvergleich ist für jede Tat (im materiellen Sinn) gesondert vorzunehmen (RIS-Justiz RS0089011). Dabei sind stets die auf der Basis des Urteilssachverhalts konkret anzuwendenden Strafgesetze (einschließlich allfälliger Qualifikationstatbestände) in den Blick zu nehmen (RISJustiz RS0133827, RS0119085 [insb T1]; Höpfel in WK 2StGB § 61 Rz 13 ff). Das Ergebnis dieser streng fallbezogenen Prüfung ist entweder, dass die Strafgesetze zur Tatzeit günstiger oder jene zum Urteilszeitpunkt zumindest gleich günstig für den Täter sind (vgl RISJustiz RS0112939; zur Auslegung des Begriffs „Strafgesetze“ in § 61 StGB Ratz , WKStPO § 288 Rz 36). Je nachdem ist die Subsumtion (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) der einzelnen Tat – in vollem Umfang (RISJustiz RS0091798) – entweder nach den Tatzeit- oder nach den Urteilszeitgesetzen vorzunehmen. Eine Mischung der verschiedenen Rechtsschichten in Bezug auf eine Tat (im materiellen Sinn) ist unzulässig (RISJustiz RS0119085 [T4, T5], RS0088953). Dieses Mischungsverbot bezieht sich auch auf Fälle der Idealkonkurrenz (RISJustiz RS0119085 [T5]; Höpfel in WK 2StGB § 61 Rz 6 und 15). Aspekte (nicht der gerichtlichen Strafbarkeit [Z 9], der Subsumtion [Z 10] oder der Strafbefugnis [Z 11 erster Fall], sondern) der – einzelfallbezogenen – Strafbemessung (Z 11 zweiter und dritter Fall) sind für den Günstigkeitsvergleich jedoch bedeutungslos (RISJustiz RS0091928, RS0091850).
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:
a) Zu den Schuldsprüchen der Angeklagten M* zu VIII/2/A/b, VIII/2/A/c und d, Dr. H* zu VIII/2/B/a und VIII/2/B/b, MMag. Dr. P* und Dr. S* jeweils zu VII:
[412]Die Tatrichter subsumierten das diesen Schuldsprüchen zugrunde liegende Verhalten zu VIII/2/A/b (M*) und zu VIII/2/B/a (Dr. H*) jeweils einem Verbrechen der Geschenkannahme nach § 304 Abs 1 und 3 (erster Fall) StGB in der Tatzeitfassung (demnach zu VIII/2/A/b idF BGBl I 2004/136 und zu VIII/2/B/a idF BGBl I 2001/130) sowie zu VIII/2/A/c und d (M*), VIII/2/B/b (Dr. H*) und VII (MMag. Dr. P* und Dr. S*) jeweils einem, bei M* mehreren Vergehen der Bestechung nach § 307 Abs 1 Z 1 (erster Fall) StGB in der gleichfalls zu den Tatzeitpunkten geltenden Fassung BGBl I 1998/153 (zu all diesen Schuldspruchpunkten in den jeweiligen – nach dem oben Gesagten teils verfehlt angenommenen – Beteiligungsformen).
[413]Nach den dazu getroffenen Feststellungen (vgl im Wesentlichen zu M* US 177 f, 183 ff; zu Dr. H* US 178 ff, 184 ff, 193 ff; zu MMag. Dr. P* und Dr. S* US 180 f, 181 f, 184 f) verwirklichten die Angeklagten durch diese Taten jedoch nicht nur die zur Verurteilung gelangten Korruptionstatbestände, sondern trugen dadurch (teilweise) tateinheitlich jeweils auch zur Untreue des Angeklagten Mag. G* in Zusammenhang mit der Privatisierung der Bundeswohnbaugesellschaften („Buwog“) mit einem 300.000 Euro übersteigenden Schaden (I/1/A), M* (in Bezug auf VIII/2/A/b und d) auch in Zusammenhang mit der Einmietung der Li* in den Terminal Tower (I/1/B) mit einem Schaden von 200.000 Euro (VIII/1/A/b) bei. Insoweit erfolgten die Schuldsprüche (M* zu VIII/1/A, Dr. H* zu VIII/1/B, MMag. Dr. P* zu VIII/I/C und Dr. S* zu VIII/1/D) jeweils wegen eines Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB in der zum Urteilszeitpunkt geltenden Fassung (BGBl I 2015/154).
[414] Weil sich nach dem Vorgesagten auf Basis des Urteilssachverhalts die tatbestandsmäßigen Verhaltensweisen (also die unmittelbaren Ausführungshandlungen) zumindest teilweise überschneiden, die dadurch begründeten strafbaren Handlungen also jeweils eintätig zusammentreffen (zur Idealkonkurrenz bei Teilidentität vgl RISJustiz RS0124174 [T1]), war die vorgenommene Mischung von Rechtsschichten verfehlt. Vielmehr wäre die Subsumtion der betreffenden Taten (im materiellen Sinn) – im Gegenstand – ausschließlich nach den zum Zeitpunkt der Urteilsfällung in erster Instanz geltenden Strafgesetzen vorzunehmen gewesen:
[415]Zwar sah § 304 Abs 1 und 3 (erster Fall) StGB in den im Tatzeitraum geltenden Fassungen BGBl I 2004/136 und BGBl I 2001/130 eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor, während die Strafdrohung des (hier zufolge eines jeweils über 50.000 Euro betragenden Vorteils relevanten) § 304 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB in der zum Urteilszeitpunkt geltenden Fassung BGBl I 2019/111 ein Jahr bis zehn Jahre Freiheitsstrafe betrug. Gleiches gilt in Bezug auf die den Angeklagten angelastete Bestechung, die (ebenso wegen eines versprochenen Vorteils von über 50.000 Euro) im Urteilszeitpunkt mit einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe (§ 307 Abs 2 zweiter Fall StGB idF BGBl I 2019/111), zu den Tatzeitpunkten mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren (§ 307 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB idF BGBl I 1998/153) bedroht war.
[416]Das Verbrechen der Untreue mit einem – hier relevanten – Schaden von jedenfalls über 300.000 Euro war jedoch sowohl nach Tatzeit- als auch nach Urteilszeitrecht mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu bestrafen (vgl § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB idF BGBl I 2001/130, 2004/136 sowie § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB idF BGBl I 2015/154).
[417]Da demzufolge nach § 28 StGB (auch zu den Tatzeiten) § 153 StGB strafrahmenbestimmend ist und im Sinn des § 61 zweiter Satz StGB den Ausschlag gibt, war die betreffende Tat jedes der genannten Angeklagten zur Zeit ihrer Begehung mit gleich strenger Strafe bedroht wie zum Urteilszeitpunkt. Demzufolge sind die Tatzeitgesetze – ungeachtet der insoweit höheren Strafdrohungen der Korruptionstatbestände – in ihrer fallkonkreten Gesamtauswirkung nicht günstiger als die Urteilszeitgesetze (vgl dazu erneut RISJustiz RS0091850, RS0091928 [zu einem ähnlich gelagerten Fall insb 11 Os 81/21b]), sodass gemäß § 61 zweiter Satz StGB eben Letztere anzuwenden gewesen wären.
[418]Die Taten wären daher – jeweils neben § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB idF BGBl I 2015/154 – zu VIII/2/A/b und zu VIII/2/B/a § 304 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB idF BGBl I 2019/111, zu VIII/2/A/c und d, VIII/2/B/b und VII § 307 Abs 2 zweiter Fall StGB idF BGBl I 2019/111 zu unterstellen gewesen.
b) Zu den Schuldsprüchen der Angeklagten Dr. T* und W* zu III :
[419]Durch die zu (Dr. T*) III/1 und (W*) III/2 und 3 inkriminierten, vom Erstgericht mehreren Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach (zu III/3) § 293 Abs 1 und (zu III/1 und 2) § 293 Abs 2 StGB, jeweils in der zum Urteilszeitpunkt geltenden Fassung subsumierten Taten verwirklichten Dr. T* und W* nach den Urteilskonstatierungen (US 331 ff, 335 f, 1260 ff) – gleichfalls zufolge zumindest teilweiser Überlappung der Ausführungshandlungen – jeweils in Idealkonkurrenz mehrere Vergehen der Begünstigung nach § 299 Abs 1 StGB (Dr. T* zu IV/1, W* zu IV/2; dazu Plöchl in WK 2StGB § 293 Rz 47) und das Verbrechen der qualifizierten Geldwäscherei (Dr. T* zu V/1, W* zu V/2).
[420]§ 293 StGB sah in der Tatzeitfassung (BGBl I 2007/93) zwar eine Strafdrohung bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe, in der Urteilszeitfassung (BGBl I 2015/112) dagegen eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen vor, womit letztere bezogen auf die Strafdrohung wegen der alternativ angedrohten Geldstrafe günstiger ist (RISJustiz RS0088989 [T2]). Das Vergehen der Begünstigung nach § 299 Abs 1 StGB war zur Tatzeit (BGBl I 2007/93) mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder alternativ mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen, in der Urteilszeitfassung (BGBl I 2015/112) mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bedroht.
[421]Die insoweit nach § 28 StGB den Ausschlag gebende strafbare Handlung des Verbrechens der Geldwäscherei war in der (nach den Feststellungen in Bezug auf beide betroffenen Angeklagten begründeten) Qualifikation eines 50.000 Euro übersteigenden Wertes des inkriminierten Vermögensbestandteils in der zur Tatzeit geltenden Fassung (§ 165 Abs 1 und 3 erster Fall StGB idF BGBl I 2007/109) wegen der geringeren Strafdrohung (einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren) günstiger als Urteilszeitrecht (§ 165 Abs 1 und 4 erster Fall StGB idF BGBl I 2017/117 mit einer Strafdrohung von einem Jahr bis zu zehn Jahren), weshalb – ungeachtet der im Vergleich zu § 293 Abs 1 StGB idF BGBl I 2007/93 (Tatzeitrecht) geringeren Strafdrohung der im Zeitpunkt der Urteilsfällung in Geltung stehenden Fassung des § 293 Abs 2 StGB (BGBl I 2015/112; vgl dazu erneut RISJustiz RS0091850, RS0091928 [zu einem ähnlich gelagerten Fall insb 11 Os 81/21b]) – der gesamte zu beurteilende Lebenssachverhalt Tatzeitrecht zu unterstellen gewesen wäre.
[422]Durch das inkriminierte Verhalten haben daher Dr. T* (zu V/1) und W* (zu V/2) jeweils das Verbrechen der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 und 3 erster Fall StGB idF BGBl I 2007/109, (Dr. T* zu IV/1 und W* zu IV/2) jeweils mehrere Vergehen der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB idF BGBl I 2007/93 sowie (Dr. T* zu III/1 und W* zu III/2 und 3) jeweils – richtig – mehrere Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach (mangels Strafbarkeit des hier [auch] in Rede stehenden Gebrauchs falscher Beweismittel in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung nach § 293 Abs 2 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung) § 293 Abs 1 StGB idF BGBl I 2007/93 begangen.
[423]Die zu 4.3. aufgezeigten – von den Angeklagten insoweit nicht geltend gemachten – Subsumtionsfehler wirkten sich jedoch nicht zu deren Nachteil aus und waren daher nicht von Amts wegen aufzugreifen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), sodass es mit diesem Hinweis sein Bewenden haben kann.
5. Zu den Straffragen und den Berufungen gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche:
[424] 5.1. Den Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe sowie der Strafneubemessung ist vorauszuschicken, dass der besondere Milderungsgrund des § 34 Abs 2 StGB vorliegend – entgegen der Ansicht des Erstgerichts (US 1278 f) – in die Grundrechtssphäre aller Angeklagten reicht:
[425] Nach Art 6 Abs 1 erster Satz MRK hat das Gericht „innerhalb angemessener Frist“ zu entscheiden.
[426] Bei der Beurteilung der (Un )Verhältnismäßigkeit der Verfahrensdauer ist auf den Zeitraum zwischen dem In-Kenntnis-Setzen des Beschuldigten, dass gegen ihn wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung ermittelt wird, und der Rechtskraft des verurteilenden Erkenntnisses abzustellen. Nach Fällung des Urteils erster Instanz eingetretene Verzögerungen sind vom Rechtsmittelgericht zu beachten (RISJustiz RS0124901; Harrendorf/König/Voigt in Meyer Ladewig et al, EMRK 5 Art 6 Rz 179 f; Kier , WKStPO § 9 Rz 17, 19; Riffel in WK 2StGB § 34 Rz 43).
[427] Für die Prüfung der Angemessenheit der Verfahrensdauer stellt die Judikatur auf eine Einzelfallbetrachtung ab, in der vier Kriterien (Komplexität des Falls, das Verhalten des Beschwerdeführers und der Strafverfolgungsbehörden sowie die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer) maßgeblich sind, die (auch) der EGMR im Rahmen der Überprüfung der Verfahrensdauer heranzieht. Absolute und verallgemeinerungsfähige Höchstfristen werden nicht definiert (zum Ganzen Grabenwarter/Pabel, EMRK 7 § 24 Rn 81 ff; Harrendorf/König/Voigt in Meyer Ladewig et al, EMRK 5 Art 6 Rz 179 ff).
[428] Das Grundrecht auf Entscheidung in angemessener Frist (Art 6 Abs 1 erster Satz MRK) ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich die Verfahrensdauer insgesamt als unangemessen erweist (dazu eingehend und mwN Grabenwarter/Pabel, EMRK 7 § 24 Rn 83; Kier , WKStPO § 9 Rz 16).
[429] Darüber hinaus kann sich der Milderungsgrund – bei insgesamt verhältnismäßig erscheinender Verfahrensdauer – auch aus längeren Phasen behördlicher Inaktivität ergeben (RISJustiz RS0124901 [T3]).
[430] Im vorliegenden Verfahren wurde gegen zahlreiche Beschuldigte wegen Korruptions- und Wirtschaftsdelikten umfangreich und mit Auslandsbezug ermittelt. Das Hauptverfahren wurde gegen 14 Angeklagte an insgesamt 169 Verhandlungstagen geführt, das Rechtsmittelverfahren umfasst acht Angeklagte, der Aktenumfang ist exorbitant (246 Aktenbände mit mehr als 5.200 Ordnungsnummern [darunter ein einbezogener Akt mit weiteren 68 Aktenbänden und rund 800 Ordnungsnummern], mehr als 16.000 Seiten Protokoll über die Hauptverhandlung, rund 1.000 Seiten Anklageschrift, 1.280 Seiten Urteilsschrift, 1.150 Seiten Rechtsmittelausführungen sowie 250 Seiten Gegenäußerungen zum 180 seitigen Croquis der Generalprokuratur).
[431] Die hier maßgebende Verfahrensdauer beträgt nunmehr – nach Überprüfung des erstgerichtlichen Urteils durch den Obersten Gerichtshof – rund 15 Jahre (hinsichtlich Mag. G*, M*, Dr. H*, MMag. Dr. P* und Dr. T* [US 741, 1226 iVm ON 679 S 53 ff; ON 2 S 3 ff, 53 ff, 63 ff; ON 253, ON 515]) sowie rund 13 Jahre (hinsichtlich Dr. S* und W* [ON 289, ON 1940]).
[432] Ungeachtet des dargestellten, weit überdurchschnittlichen Umfangs des Verfahrens und der außerordentlich hohen Komplexität des Falls (vgl dazu Grabenwarter/Pabel, EMRK 7 § 24 Rn 82) verstößt diese Verfahrensdauer unter Anlegung des vom EGMR im Rahmen der Gesamtschau herangezogenen Maßstabs (vgl dazu erneut Harrendorf/König/Voigt in Meyer Ladewig et al, EMRK 5 Art 6 Rz 182 ff [191]) jedenfalls gegen das Angemessenheitserfordernis des Art 6 Abs 1 erster Satz MRK, sodass sich eine Detailuntersuchung nach allfälligen Perioden behördlicher Untätigkeit erübrigt.
[433] Darauf sind die Berufungswerber M*, MMag. Dr. P*, Dr. S*, Dr. T* und W* mit ihrem diesbezüglichen, auf „behördliche Untätigkeit“ gestützten und die Verfahrenseffizienz in Frage stellenden Vorbringen zu verweisen.
[434]Die in der unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer (§ 34 Abs 2 StGB) gelegene Grundrechtsverletzung (Art 6 Abs 1 MRK) erkennt der Oberste Gerichtshof hinsichtlich aller Angeklagten an und gleicht sie in Form einer ausdrücklichen und messbaren Reduktion des – im Folgenden jeweils für angemessen erachteten Strafmaßes – um jeweils rund ein Drittel aus (RISJustiz RS0114926 [T3]; zur gebotenen Vorgangsweise Riffel in WK 2StGB § 34 Rz 58 mwN).
[435] Zu einer weiteren Reduktion der Strafen als Ausgleich der von der Verteidigung des Mag. G* im Ergebnis behaupteten Verletzung von Art 6 Abs 3 lit c MRK zufolge Aufzeichnung von Gesprächen zwischen Angeklagten und ihren Verteidigern außerhalb der Hauptverhandlung sah sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlasst. Denn für die Annahme, es habe eine geplante Überwachung dieser Konversation stattgefunden, finden sich keine Anhaltspunkte. Vielmehr sorgte die Vorsitzende nach Kenntniserlangung vom Umstand, dass das Geschehen im Verhandlungssaal auch während der Verhandlungspausen aufgezeichnet wurde, dafür, dass diese Vorgangsweise sofort abgestellt wird (s oben Punkt 2.1.3.).
5.2. Zu den Berufungen der Angeklagten M*, MMag. Dr. P*, Dr. S*, Dr. T* und W* gegen den Ausspruch über die Strafe:
[436]Das Schöffengericht verhängte (je unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB) bei M*, MMag. Dr. P* und Dr. S* jeweils nach dem zweiten Strafsatz des § 153 Abs 3 StGB, bei Dr. T* und W* jeweils nach § 165 Abs 3 StGB idF BGBl I 2007/109, über M* eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren, über MMag. Dr. P* (unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 12. April 2013, AZ 121 Hv 87/12v) eine Zusatzfreiheitsstrafe von zwei Jahren, über Dr. S* eine Freiheitsstrafe von drei Jahren, über Dr. T* eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und über W* eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten (US 77 f).
[437]Jeweils unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren wurden beim Angeklagten Dr. S* gemäß § 43a Abs 4 StGB ein Strafteil von zwei Jahren, beim Angeklagten Dr. T* gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Strafteil von sechzehn Monaten und beim Angeklagten W* gemäß § 43 Abs 1 StGB die gesamte Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen (US 79).
[438]Bei der Strafbemessung (US 1272 ff) wertete das Erstgericht hinsichtlich aller – hier interessierenden – Angeklagten das Zusammentreffen von Verbrechen mit Vergehen (bei M* von mehreren Verbrechen mit mehreren Vergehen, bei MMag. Dr. P* und Dr. S* von einem Verbrechen mit einem Vergehen und bei Dr. T* und W* von einem Verbrechen mit mehreren Vergehen; bei MMag. Dr. P* zudem verstärkt durch den – mit Blick auf das Bedachtnahmeurteil – langen Tatzeitraum [§ 33 Abs 1 Z 1 StGB]) erschwerend, (außer bei Dr. T*) den bisher ordentlichen Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), den Umstand, dass die Angeklagten die Taten schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten haben (§ 34 Abs 1 Z 18 StGB) sowie die lange Verfahrensdauer (§ 34 Abs 2 StGB [US 1279]) mildernd.
[439]Darüber hinaus gelangten beim Angeklagten MMag. Dr. P* der Milderungsgrund der teilweisen Schadensgutmachung (§ 34 Abs 1 Z 15 StGB) und bei den AngeklagtenDr. T* und W* jener, dass es teilweise beim Versuch blieb (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB), zur Anwendung.
[440] Erschwerend ins Kalkül zog das Schöffengericht zudem bei den Angeklagten M*, MMag. Dr. P* und Dr. S* die hohe Schadenssumme, bei M* und MMag. Dr. P* überdies die (bei Letztgenanntem mit Blick auf das Bedachtnahmeurteil) mehrfache Tatbegehung. Bei M* wurden darüber hinaus der lange Tatzeitraum, die sorgfältige Planung und die eigene Bereicherung bei der Untreue als Erschwerungsgründe beurteilt.
[441] Die – jeweils eine Herabsetzung des Strafmaßes, hinsichtlich der Angeklagten M* und MMag. Dr. P* zudem die gänzlich oder teilweise, hinsichtlich des Angeklagten Dr. T* die gänzlich bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe anstrebenden – Berufungen der Angeklagten M*, MMag. Dr. P*, Dr. S*, Dr. T* und W* sind im Recht.
5.2.1. Der Erledigung der Berufungen ist voranzustellen :
[442]Grundlage des Sanktionsausspruchs (§ 260 Abs 1 Z 3 StPO) ist der Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO). Soweit die Berufungen nicht auf der Basis des Schuldspruchs argumentieren, gehen sie bereits im Ansatz fehl.
[443]Bei der vorliegenden Verfahrensdauer von mehr als einem Jahrzehnt kommt dem Milderungsgrund des § 34 Abs 2 StGB hohes Gewicht zu (zum größeren Gewicht des Milderungsgrundes der überlangen Verfahrensdauer bei einem Verstoß gegen Art 6 Abs 1 MRK Riffel in WK 2StGB § 34 Rz 48, 56 f; Birklbauer/Stiebellehner , SbgK § 34 Rz 145 f, 158).
[444]Ebenso in hohem Maße mildernd (§ 34 Abs 1 Z 18 StGB) zu berücksichtigen ist das langjährige Wohlverhalten der Angeklagten seit der letzten Tathandlung (RISJustiz RS0108563 [T4]) vor mehr als 20 Jahren (MMag. Dr. P* und Dr. S*) und vor mehr als 15 Jahren (M*, Dr. T* und W*), wobei sich der Wohlverhaltenszeitraum bei MMag. Dr. P* um die in Strafhaft zugebrachten Zeiten von rund dreieinhalb Jahren (RISJustiz RS0108563 [T3]) auf 16 ½ Jahre reduziert.
Im Einzelnen sei darüber hinaus erwidert:
5.2.2. Zur Berufung des Angeklagten M* :
[445]Erschwerend war – ausgehend von den vom Erstgericht ansonsten zutreffend herangezogenen Strafzumessungsgründen – das Zusammentreffen von (zufolge Nichtberücksichtigung des Schuldspruchs zu VIII/2/A/a; vgl oben Punkt 4.2.) zwei Verbrechen mit mehreren Vergehen, verstärkt durch die Tatbegehung über einen längeren Zeitraum und die Mehrheit von Straftaten zu VIII/1/A (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB). Mildernd war weiters ins Kalkül zu ziehen, dass von einer außergewöhnlich hohen psychischen, sozialen, familiären, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Täterbetroffenheit auszugehen war (§ 34 Abs 1 Z 19 StGB; vgl 17 Os 30/14m, 13 Os 143/14z).
[446]Im Rahmen allgemeiner Strafbemessungserwägungen (§ 32 Abs 3 StGB) wirkten zu VIII/1/A der hohe Schaden von insgesamt 9,8 Mio Euro, somit eine Überschreitung der zweiten Qualifikationsgrenze des § 153 Abs 3 StGB um das 31Fache, weiters zu §§ 304 und 307 StGB die diesem Angeklagten nach dem Urteilssachverhalt angelastete Verwirklichung jeweils mehrerer Varianten (Fordern und Annehmen einerseits und Versprechen und Gewähren andererseits) dieser alternativen Mischtatbestände (RISJustiz RS0118774, RS0126145, RS0096190; Nordmeyer/Strickerin WK² StGB § 304 Rz 96 und § 307 Rz 11; siehe auch oben 3.2.2. und 3.2.3.c) aggravierend. In Bezug auf VIII/1/A waren weiters die umsichtige und sorgfältige Planung der Taten ( Riffel in WK 2StGB § 32 Rz 87) und die hohe persönliche Bereicherung erschwerend zu berücksichtigen.
[447]Ausgehend von den dargestellten Strafbemessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB), die – wie die Berufung zu Recht einwendet – vom Erstgericht nicht ihrem Gewicht entsprechendgewertet wurden, wäre auf der Grundlage der Schuld des Angeklagten M* (§ 32 Abs 1 StGB) unter Berücksichtigung der Kriterien des § 32 Abs 2 und 3 StGB an sich eine Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren angemessen. Als Ausgleich für die in der unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer gelegene Grundrechtsverletzung (siehe dazu 5.1.) wird die Strafe um (weitere) zwei Jahre, sohin auf eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren reduziert.
[448]Die begehrte Gewährung bedingter Nachsicht der gesamten oder eines Teils der Strafe (§ 43 Abs 1, § 43a Abs 4 StGB) kommt schon infolge der Höhe der verhängten Freiheitsstrafe nicht in Betracht.
5.2.3. Zur Berufung des Angeklagten MMag. Dr. P* :
[449]Der Angeklagte wurde mit seit 20. Oktober 2015 rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 12. April 2013, AZ 121 Hv 87/12v, auf das gemäß § 31 Abs 1 StGB Bedacht genommen wurde, des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB idF BGBl I 2004/136 schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die verhängte Freiheitsstrafe wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 13. Juni 2018, AZ 23 Bs 23/18b, zufolge Schadensgutmachung im Ausmaß von rund 11 Mio Euro (§ 34 Abs 1 Z 14 StGB) gemäß § 31a Abs 1 StGB auf fünf Jahre und sechs Monate herabgesetzt und ist seit 21. Mai 2020 vollzogen.
[450] Angesichts dieser ( im Bedachtnahmeverfahren vollständigen) insgesamt – auch unter Berücksichtigung eines mit einer Privatbeteiligten abgeschlossenen „Generalvergleichs“ (ON 3620 S 25; vgl dazu auch RISJustiz RS0095160 [T3]) – teilweisen Schadensgutmachung ist zunächst der vom Erstgericht erhobene Strafzumessungskatalog insofern zugunsten des Angeklagten dahin zu konkretisieren, dass diesem Milderungsgrund ein vom Angeklagten MMag. Dr. P* zusätzlich geleisteter Betrag von rund 11 Mio Euro zugrunde liegt ( Riffel in WK 2StGB § 34 Rz 33 f).
[451]Aggravierend tritt hinzu (§ 32 Abs 3 StGB), dass der erstgerichtlich erschwerend berücksichtigte „hohe Vermögensschaden“ die zweite Qualifikationsgrenze des § 153 Abs 3 StGB um das 31Fache, jener in der Bedachtnahmeverurteilung die Wertgrenze des § 153 Abs 2 zweiter Fall StGB aF um das 495 Fache überstieg ( Riffel in WK 2StGB § 32 Rz 69, 77; RISJustiz RS0091130, RS0091126 [T3, T4], RS0099961 [T9, T11, T12]).
[452] Ebenso schlägt auch zum Nachteil dieses Angeklagten aus, dass er (nach dem Urteilssachverhalt) das Vergehen der Bestechung nach § 307 Abs 1 Z 1 StGB idF BGBl 1998/153 in zwei Varianten (Versprechen und Gewähren) des alternativen Mischtatbestands verwirklichte (vgl erneut RISJustiz RS0118774, RS0126145, RS0096190; Nordmeyer/Strickerin WK² StGB § 304 Rz 96 und § 307 Rz 11 sowie oben 3.2.2. und 3.2.4.).
[453]Der vom Berufungswerber in Abrede gestellte, den Erschwerungsgrund des § 33 Abs 1 Z 1 StGB verstärkende Umstand des „langen Tatzeitraums“ (siehe dazu Birklbauer/Stiebellehner , SbgK § 33 Rz 45) liegt mit Blick auf die Bedachtnahmeverurteilung (Tatzeitraum vom Juli 2004 bis zum Oktober 2006) vor.
[454]Mit ihrem Hinweis auf die fehlende Bereicherung des Angeklagten zeigt die Berufung keinen für die Strafzumessung relevanten Aspekt auf. Denn die bloße Nichterfüllung eines vom Tatbestand des § 153 StGB nicht verlangten Umstands fällt nicht mildernd ins Gewicht (13 Os 145/18z).
[455]Ausgehend von den dargestellten Strafbemessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) erweist sich die verhängte Zusatzfreiheitsstrafe aufgrund der (insoweit vom Berufungswerber zutreffend moniert) gebotenen stärkeren Gewichtung der vorliegenden Milderungsgründe bei einer Strafdrohung von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe (§ 153 Abs 3 zweiter Strafsatz StGB) auf der Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB), unter Berücksichtigung der Kriterien des § 32 Abs 2 und 3 StGB sowie unter Bedachtnahme auf § 40 StGB an sich einer Reduktion auf 18 Monate zugänglich.
[456] Darauf basierend war der in der langen Verfahrensdauer gelegene Grundrechtsverstoß (siehe dazu 5.1.) durch eine spürbare Strafmaßreduktion um (weitere) sechs Monate, sohin auf eine Zusatzfreiheitsstrafe von 12 Monaten, zu kompensieren.
[457] Angesichts des zwischenzeitig durch Verbüßung der im Bedachtnahmeurteil verhängten, mehrjährigen Freiheitsstrafe verspürten Haftübels, des jahrzehntelangen ordentlichen Lebenswandels vor den Taten und des langjährigen Wohlverhaltens des mittlerweile 70jährigen MMag. Dr. P* seit der letzten Tathandlung standen der Gewährung bedingter Strafnachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB weder spezial- noch generalpräventive Gründe entgegen. Um beim Angeklagten einen effektiven Anreiz zu weiterem Wohlverhalten zu erwirken, war die Probezeit mit drei Jahren zu bestimmen.
5.2.4. Zur Berufung des Angeklagten Dr. S* :
[458]Die vom Erstgericht zutreffend herangezogenen, eingangs referierten Strafbemessungsgründe sind dahin zu konkretisieren, dass der von Dr. S* zu verantwortende, im Rahmen des § 32 Abs 3 StGB aggravierend wirkende, Vermögensschaden die zweite Qualifikationsgrenze des § 153 Abs 3 StGB um das 15 Fache überstieg (dazu erneut Riffel in WK 2StGB § 32 Rz 69, 77; RISJustiz RS0091130, RS0091126 [T3, T4], RS0099961 [T9, T11, T12]). Zur auch hier nachteilig zu berücksichtigenden Erfüllung mehrerer Tatbestandsvarianten (zum Schuldspruchpunkt VII) kann auf die Ausführungen zum Angeklagten MMag. Dr. P* verwiesen werden.
[459]Davon ausgehend erweist sich (zufolge zu geringer Gewichtung der Milderungsgründe durch das Erstgericht; § 32 Abs 2 erster Satz StGB) die verhängte Sanktion – bei einer Strafdrohung von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe (§ 153 Abs 3 zweiter Strafsatz StGB) – auf der Grundlage der Schuld des Dr. S* (§ 32 Abs 1 StGB) unter Berücksichtigung der Kriterien des § 32 Abs 2 und 3 StGB an sich einer Herabsetzung auf zweieinhalb Jahre zugänglich.
[460] Darauf basierend war der in der unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer gelegene Grundrechtsverstoß (siehe dazu 5.1.) durch eine spürbare Reduktion dieses Strafmaßes um (weitere) zehn Monate, sohin auf eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten, auszugleichen.
[461] Angesichts des jahrzehntelangen ordentlichen Lebenswandels vor den Taten und des Wohlverhaltens des inzwischen 67jährigen Dr. S* seit der Tatbegehung vor rund 20 Jahren, standen der Gewährung bedingter Strafnachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB weder spezial- noch generalpräventive Bedenken entgegen. Um beim Angeklagten einen effektiven Anreiz zu weiterem Wohlverhalten zu erwirken, war die Probezeit mit drei Jahren zu bestimmen.
5.2.5. Zur Berufung des Angeklagten Dr. T *:
[462]Neben den eingangs zu 5.2. referierten, vom Erstgericht zutreffend herangezogenen Strafzumessungsgründen war weiters zu berücksichtigen, dass sich im Rahmen allgemeiner Strafbemessungserwägungen (§ 32 Abs 3 StGB) zu V/1 die Überschreitung der Wertgrenze des § 165 Abs 3 StGB idF BGBl I 2007/109 um das mehr als 9 Fache aggravierend auswirkt (vgl Riffel in WK 2StGB § 32 Rz 69, 77).
[463]Der von der Berufung erhobene Vorwurf zu Unrecht erfolgter Anwendung des Erschwerungsgrundes des Zusammentreffens mehrerer strafbarer Handlungen „iSd § 33 Z 2 StGB“, weil den „Dr. T* vorgeworfenen Delikten […] ein nahezu identes Tatgeschehen bzw mitunter sogar eine Idealkonkurrenz“ zugrunde liege, trifft nicht zu (vgl Riffel in WK 2StGB § 32 Rz 75, 86 und § 33 Rz 2). Aus welchem Grund „dadurch der Handlungs- insbesondere aber der Erfolgsunwert auf ein gering(er)es Maß reduziert“ werde, bleibt unklar.
[464]Ausgehend von den dargestellten Strafbemessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) wäre auf der Grundlage der Schuld des Angeklagten Dr. T* (§ 32 Abs 1 StGB) unter Berücksichtigung der Kriterien des § 32 Abs 2 und 3 StGB an sich eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten angemessen. Als Ausgleich für die in der unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer gelegene Grundrechtsverletzung (siehe dazu 5.1.) wird die Strafe um (weitere) sechs Monate, sohin auf eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, reduziert.
[465]Angesichts des jahrzehntelangen ordentlichen Lebenswandels des Angeklagten vor der Tatbegehung, die dem vorhin angesprochenen Urteil des Amtsgerichts München zugrunde lag, und des langjährigen Wohlverhaltens seit den hier verfahrensgegenständlichen Taten standen der Gewährung bedingter Strafnachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB weder spezial- noch generalpräventive Gründe entgegen. Um beim Angeklagten einen effektiven Anreiz zu weiterem Wohlverhalten zu erwirken, war die Probezeit mit drei Jahren zu bestimmen.
5.2.6. Zur Berufung des Angeklagten W* :
[466]Die vom Schöffengericht zutreffend herangezogenen, eingangs dargestellten Strafbemessungsgründe erfordern auch bei diesem Angeklagten im Hinblick darauf, dass die Wertgrenze beim Verbrechen der Geldwäscherei nach § 165 Abs 3 StGB idF BGBl I 2007/109 um mehr als das 9-Fache überschritten wurde, einer die Erschwerungsgründe verstärkenden Korrektur (vgl abermals Riffel in WK 2StGB § 32 Rz 69, 77).
[467]Der von der Berufung mit dem Ziel geringerer Gewichtung des Zusammentreffens eines Verbrechens mit mehreren Vergehen als bloß „mäßig“ relevierte Erfolgs- und Handlungsunwert, der „klar hinter dem üblicherweise bei Anwendung des § 33 Abs 1 Z 1 StGB anzunehmenden Maß“ zurückbleibe, weil „faktisch ein nahezu identes Tatgeschehen bzw mitunter sogar eine Idealkonkurrenz“ vorliege, ist nicht zu ersehen (vgl erneut Riffel in WK 2StGB § 32 Rz 75, 86 und § 33 Rz 2).
[468]Dem Berufungsvorbringen zuwider wurde dem Umstand, dass das Strafverfahren für den Angeklagten W* „mit erheblichen und nachhaltigen negativen Konsequenzen auf beruflicher, gesellschaftlicher und privater Ebene“ und „mit ganz erheblichen Verteidigungskosten“ verbunden war, mit dem vom Erstgericht bejahten Milderungsgrund der unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer (§ 34 Abs 2 StGB) grundsätzlich Rechnung getragen ( Riffel in WK 2StGB § 32 Rz 48 und § 34 Rz 48), diesen Umständen aber im konkret vorliegenden Fall (auch) aus Sicht des Obersten Gerichtshofs zu geringes Gewicht beigemessen.
[469]Unter Abwägung dieser Strafbemessungsgründe (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) sowie der nach den Kriterien des § 32 Abs 2 und 3 StGB relevanten Umstände erweist sich – bei einer Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe (§ 165 Abs 3 StGB idF BGBl I 2007/109) – auf der Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) die verhängte Sanktion angesichts der (vom Berufungswerber insoweit zutreffend relevierten) gebotenen höheren Gewichtung der vorliegenden Milderungsgründe an sich einer Reduktion auf zwölf Monate zugänglich.
[470] Darauf basierend war der in der unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer gelegene Grundrechtsverstoß (siehe dazu 5.1.) durch eine spürbare Strafmaßreduktion um (weitere) vier Monate, sohin auf eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, zu kompensieren.
[471]Die Gewährung bedingter Strafnachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB folgt bereits aus dem Verschlechterungsverbot (§ 290 Abs 2 StPO; Ratz , WKStPO § 290 Rz 43). Eine Reduktion der dreijährigen Probezeit erfolgte nicht, um auch bei diesem Angeklagten einen effektiven Anreiz zu weiterem Wohlverhalten sicherzustellen.
5.3. Zu den Berufungen der Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P* und Dr. S* gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche:
[472]Nach § 366 Abs 2 StPO iVm § 369 Abs 1 StPO verurteilte das Schöffengericht die Angeklagten Mag. G*, M*, MMag. Dr. P* und Dr. S* (zur ungeteilten Hand) zur Zahlung von 4.806.406 Euro, die Angeklagten Mag. G*, M* und MMag. Dr. P* zudem (zur ungeteilten Hand) zu einer weiteren Zahlung von 4.806.406 Euro, jeweils samt 4 % Zinsen seit 2. November 2007 an die Privatbeteiligte „Republik Österreich“. Des Weiteren wurden die Angeklagten Mag. G* und M* (zur ungeteilten Hand) schuldig erkannt, der genannten Privatbeteiligten weitere 200.000 Euro samt 4 % Zinsen seit 8. Mai 2007 zu zahlen (US 80).
[473] Ansprüche des Staates, die privatrechtlicher Natur sind, können im Adhäsionsverfahren geltend gemacht werden ( Spenling , WKStPO Vor §§ 366–379 Rz 29).
[474] Ein vom Geschädigten geltend gemachter Schaden muss zivilrechtlich ersatzfähig und aus der strafbaren Handlung und dem ihr zugrunde liegenden Sachverhalt ableitbar sein. Grundvoraussetzung für einen Zuspruch an den Privatbeteiligten ist, dass der Angeklagte wegen der Straftat, aus der der Privatbeteiligte seine privatrechtlichen Ansprüche ableitet, verurteilt wird. Der Zuspruch an den Privatbeteiligten muss durch den Schuldspruch gedeckt sein ( Spenling , WKStPO Vor §§ 366–379 Rz 27 sowie § 366 Rz 14).
[475] Bei einem – wie hier – vorsätzlich begangenen Vermögensdelikt steht dem Privatbeteiligten der Ersatz des gesamten durch die Straftat herbeigeführten Vermögensschadens zu. Bei Schadenszufügung durch gemeinsames, vorsätzliches Zusammenwirken mehrerer, wenn auch in unterschiedlichen Täterschaftsformen, haften alle an der Tat Beteiligten solidarisch für den Gesamtschaden ( Spenling , WKStPO Anh § 369 Rz 8; 14 Os 79/12t).
[476] Die Berufungen fordern eine Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg. Sie erweisen sich nur in Bezug auf einen Teil des Zinsenbegehrens als berechtigt.
[477] Das Berufungsvorbringen desAngeklagten Mag. G*, wonach der Privatbeteiligten nach den Urteilskonstatierungen „kein Vermögensschaden, sondern vielmehr ein Vermögensvorteil entstanden“ sei, sich aus dem Urteil ein Schaden „nicht ableiten“ lasse und das Erstgericht „unberücksichtigt“ lasse, dass „ansonsten der zwischen der Republik Österreich und dem Österreich-Konsortium abgeschlossene Kaufvertrag […] zivilrechtlich nichtig im Sinn des § 879 Abs 1 ABGB wäre, sodass die gesamte Transaktion ex tunc rückabzuwickeln wäre“, stellt bloß eine Behauptung auf, orientiert sich damit aber nicht an den gegenteiligen Urteilskonstatierungen und nennt keine konkreten Verfahrensergebnisse, auf die sich die Berufung diesbezüglich stützen will.
[478]Dasselbe gilt für die Argumentation des Berufungswerbers M*, der spekulativ vorbringt, man „müsste“ den Kaufvertrag zu I/1 „aufgrund von Nichtigkeit im Sinn des § 879 ABGB rückabwickeln“, sowie unsubstanziiert behauptet, die Feststellungen im Zusammenhang mit dem Faktum „Terminal Tower“ seien „unzureichend“ und der Schaden daraus „auch nicht ableitbar“.
[479]Das Berufungsvorbringen des MMag. Dr. P* erklärt nicht, weshalb vorliegend ein Privatbeteiligtenzuspruch die (vom Tatbestand des § 153 StGB nicht geforderte) persönliche Bereicherung des Berufungswerbers erfordern sollte.
[480] Kein erfolgversprechendes Berufungsvorbringen stellt auch jenes des Angeklagten Dr. S* dar, er erachte sich durch das Adhäsionserkenntnis „beschwert“, weil „insbesondere (aber nicht nur) der Schuldspruch wegen Beitragstäterschaft zur Untreue zu Unrecht erfolgt“ sei.
[481] Denn mit Blick auf die von den Nichtigkeitsbeschwerden erfolglos bekämpften Feststellungen zu den Schuldsprüchen zu I/1, VIII/1/A, VIII/1/B/a, VIII/1/C und VIII/1/D, aus denen sich (auch) in Bezug auf die jeweils vom Adhäsionserkenntnis umfassten Angeklagten deren der jeweiligen Verurteilung zugrunde liegenden Taten und der dadurch vorsätzlich herbeigeführte Vermögensschaden der Privatbeteiligen ergeben, sind die vom Erstgericht genau darauf basierenden Privatbeteiligtenzusprüche (US 1279), die auch von der Teilaufhebung der Schuldsprüche durch den Obersten Gerichtshof nicht berührt wurden, in Bezug auf das Kapital nicht zu beanstanden.
[482] Allerdings wird der Schadenersatzanspruch nicht mit dem auf das Schadensereignis folgenden Tag oder – wie das Erstgericht hier ersichtlich vermeint – mit dem Tag, an dem „die Bestechungszahlungen vollständig auf dem Konto der A* eingegangen“ sind (ON 3503 S 47 f iVm US 80 und 1279 f), sondern erst mit der zahlenmäßig bestimmten Geltendmachung durch den Geschädigten fällig, sodass (auf dieser Anspruchsgrundlage) Verzugszinsen auch erst ab diesem Zeitpunkt mit Erfolg gefordert werden können (vgl RISJustiz RS0023392 [T2, T3, T6, T8]; Reischauer in RummelABGB³ § 1323 Rz 16; Danzl in KBB 5 § 1334 Rz 1). Da es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt (RISJustiz RS0024386), ist der Zugang der Mahnung, im Fall der Klage deren Zustellung oder im Fall – wie hier – eines Privatbeteiligtenanschlusses der Zeitpunkt maßgeblich, an dem der Angeklagte davon Kenntnis erlangt (6 Ob 197/23y; 10 Ob 2/23a; ausführlich mwN 2 Ob 88/17f; 12 Os 68/22z).
[483] Dass die Privatbeteiligte den Schaden (zahlenmäßig bestimmt) vor ihrer Erklärung, sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte anzuschließen (ON 3503), bei den Angeklagten eingemahnt oder die Forderung auf andere Weise gegen sie geltend gemacht hätte, behauptet sie gar nicht. Der die Anschlusserklärung samt eines zahlenmäßig bestimmten Begehrens enthaltende Schriftsatz langte am 15. November 2017 bei Gericht ein und wurde den Verteidigern der Angeklagten am 17. November 2017 zugestellt (Zustellschein VJ, ON 56 im Os Akt). Damit stehen aus dem Titel des Schadenersatzes Verzugszinsen erst ab diesem Zeitpunkt zu.
[484]Für einen Zuspruch aus einem anderen Rechtsgrund bieten die Ergebnisse des Strafverfahrens keine ausreichende Entscheidungsgrundlage, deren Verbreiterung im Rechtsmittelverfahren würde zu einer erheblichen Verzögerung führen (§ 366 Abs 2 StPO).
[485]Inwieferne die Privatbeteiligte (hier als Trägerin von Privatrechten) ihre aus § 1304 ABGB abzuleitende Schadensminderungspflicht verletzt haben soll, wird mit dem im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung nachgetragenen bloßen Hinweis des Angeklagten MMag. Dr. P* auf die unangemessen lange Verfahrensdauer nicht substanziiert dargetan.
[486] Den Berufungen war daher (nur) im dargestellten Umfang Folge zu geben und die Privatbeteiligte mit ihren Ansprüchen in Bezug auf das einen Zeitraum vor dem 17. November 2017 betreffende Zinsenbegehren auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.
5.4. Zur Strafneubemessung betreffend die Angeklagten Mag. G* und Dr. H*:
[487] Bei diesen Angeklagten machte der Oberste Gerichtshof in Hinsicht auf die außergewöhnlich lange Verfahrensdauer sowie in Bezug auf Mag. G* auch angesichts der gewichtsmäßigen Relation zwischen den bestätigten und den kassierten Schuldspruchpunkten von seinem Recht ( Ratz , WKStPO § 289 Rz 21; 14 Os 143/09z, 14 Os 79/12t) Gebrauch, betreffend die nunmehr rechtskräftigen Teile der Schuldsprüche selbst die Strafen festzusetzen.
[488]Die Strafneubemessung hatte – jeweils unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB – bei beiden Angeklagten jeweils nach dem zweiten Strafsatz des § 153 Abs 3 StGB (Strafdrohung von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe) zu erfolgen. Beim Angeklagten Dr. H* war überdies auf die rechtskräftigen Verurteilungen des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 23. August 2016, AZ 12 Hv 1/13x, und vom 21. November 2022, AZ 15 Hv 23/22t, Bedacht zu nehmen (§ 31 Abs 1 StGB; Bauer Raschhofer , SbgK § 31 Rz 18).
5.4.1. Zur Strafneubemessung des Angeklagten Mag. G* :
[489]Erschwerend war das Zusammentreffen von drei Verbrechen, verstärkt durch die Tatbegehung über einen längeren Zeitraum und die Mehrheit von Straftaten zu I (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB; Riffel in WK 2StGB § 32 Rz 71 und § 33 Rz 4; Birklbauer/Stiebellehner, SbgK § 33 Rz 45), mildernd hingegen waren der bisher ordentliche Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), der Umstand, dass der Angeklagte die letzte Tathandlung vor mehr als 15 Jahren begangen und sich seither wohlverhalten hat (§ 34 Abs 1 Z 18 StGB; RISJustiz RS0108563 [T1, T2, T4]), die unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer (§ 34 Abs 2 StGB; siehe dazu 5.1.) und der Umstand, dass Mag. G* als Folge der Tat – über die von § 34 Abs 2 StGB umfassten (dazu Riffel in WK 2StGB § 34 Rz 48) – in wirtschaftlicher, sozialer und familiärer Hinsicht gewichtige Nachteile erlitten hat (§ 34 Abs 1 Z 19 StGB; Riffel in WK 2StGB § 34 Rz 40 ff und § 32 Rz 34; Birklbauer/Stiebellehner, SbgK § 34 Rz 138 f; 13 Os 93/23k [Rz 64]).
[490]Ergänzend festgehalten sei, dass den Milderungsgründen des § 34 Abs 1 Z 2, 18 und 19 StGB vorliegend besonders hohes Gewicht zukommt. Zu Letzterem ist zwar ins Kalkül zu ziehen, dass die hohe Medienpräsenz und das außergewöhnliche öffentliche Aufsehen, das diesem Straffall in Bezug auf Mag. G* zuteil wurde, auch dem Umstand geschuldet waren, dass dieser die Taten zu I/1 und VI als Bundesminister für Finanzen beging und damit naturgemäß im besonderen öffentlichen Interesse stand (vgl 17 Os 30/14m, 13 Os 143/14z), jedoch waren die öffentlich wahrnehmbaren Reaktionen in Bezug auf Mag. G* auch geprägt von Häme und Spott gegenüber dem Angeklagten über einen jahrelangen Zeitraum, sodass von einer außergewöhnlich hohen psychischen, sozialen, familiären, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Täterbetroffenheit auszugehen und diese angemessen in Anschlag zu bringen war.
[491]Im Rahmen allgemeiner Strafbemessungserwägungen (§ 32 Abs 3 StGB) wirkten zu I/1 der hohe Schaden von insgesamt 9,8 Mio Euro, somit eine Überschreitung der zweiten Qualifikationsgrenze des § 153 Abs 3 StGB um das 31 Fache, die Überschreitung der Qualifikationsgrenze zu VI/1 um das 4.800 Fache und zu VI/2 um das 66 Fache (dazu Riffel in WK 2StGB § 32 Rz 69, 77; RISJustiz RS0091130, RS0091126 [T3, T4], RS0099961 [insb T9, T11, T12]) sowie zu diesen Punkten des Schuldspruchs die Verwirklichung zweier Varianten (Fordern und Annehmen) des alternativen Mischtatbestands (vgl erneut RISJustiz RS0118774 [T2], RS0126145, RS0096125; Nordmeyer/Strickerin WK² StGB § 304 Rz 7 und 96 sowie oben 3.2.2. und 3.2.4.) aggravierend. In Bezug auf I/1 waren weiters die umsichtige und sorgfältige Planung der Taten ( Riffel in WK 2StGB § 32 Rz 87), die hohe persönliche Bereicherung (vgl Riffel in WK 2StGB § 32 Rz 59/2) sowie die Tatbegehung unter Ausnützung der Mag. G* durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit (§ 313 StGB; RISJustiz RS0132029; Nordmeyerin WK² StGB § 313 Rz 23; Fabrizy/Michel Kwapinski/Oshidari, StGB 14 § 313 Rz 2) erschwerend zu berücksichtigen.
[492] Mag. G*, der im Tatzeitraum als Bundesminister für Finanzen eine hohe staatliche Funktion bekleidete, war zudem in besonderem Maße verpflichtet, mit dem Staatshaushalt (hier im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung) sorgsam und untadelig umzugehen.
[493]Ausgehend von den dargestellten Strafbemessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) wäre auf der Grundlage der Schuld des Angeklagten Mag. G* (§ 32 Abs 1 StGB) unter Berücksichtigung der Kriterien des § 32 Abs 2 und 3 StGB an sich eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren angemessen. Als Ausgleich für die in der langen Verfahrensdauer gelegene Grundrechtsverletzung (siehe dazu 5.1.) wird die Strafe um (weitere) zwei Jahre, sohin auf eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, reduziert.
[494]Die Gewährung bedingter Nachsicht der gesamten oder eines Teils der Strafe (§ 43 Abs 1, § 43a Abs 4 StGB) kommt schon infolge der Höhe der verhängten Freiheitsstrafe nicht in Betracht.
5.4.2. Zur Strafneubemessung des Angeklagten Dr. H* :
[495]Bei ihm war gemäß § 31 Abs 1 StGB auf zwei rechtskräftige Urteile Bedacht zu nehmen (RISJustiz RS0112524; Bauer Raschhofer , SbgK § 31 Rz 18, 40) und es waren die Sanktionen der VorUrteile zu berücksichtigen (§ 40 StGB).
[496]Mit seit 27. August 2016 rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 23. August 2016, AZ 12 Hv 1/13x, wurde Dr. H* des Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB idF BGBl I 2004/136 (Tatbegehung im Jahr 2006; Schaden 960.000 Euro) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, wovon gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Strafteil von 16 Monaten bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe, den der Angeklagte (zufolge bedingter Entlassung) im Ausmaß von fünf Monaten Strafhaft verbüßte, wurde bis 26. Jänner 2017 vollzogen.
[497]Mit seit 25. November 2022 rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 21. November 2022, AZ 15 Hv 23/22t, wurde der Angeklagte des Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und 3 erster Fall StGB (Tatbegehung in den Jahren 2006 und 2007; Schaden von rund 250.000 Euro) verurteilt, wobei unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 StGB auf das zuvor genannte Urteil von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen wurde.
[498]Erschwerend war das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen, dies zu VIII/1/B/a (mit Blick auf die Bedachtnahmeverurteilungen) verstärkt durch die Mehrheit von Straftaten, die über einen längeren Zeitraum begangen wurden (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB). Mildernd in Anschlag zu bringen waren der bisher ordentliche Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), das (mit Blick auf die zweite Bedachtnahmeverurteilung) umfassende und reumütige Geständnis und (im gegenständlichen Verfahren) der wesentliche Beitrag zur Wahrheitsfindung (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB), weiters der Umstand, dass die letzte Tathandlung (im Hinblick auf die Tatbegehung im Vor-Urteil) im Dezember 2007 erfolgte, sodass (unter Abzug der in Haft zugebrachten Zeiten) ein Wohlverhalten seit nahezu 17 Jahren vorliegt (§ 34 Abs 1 Z 18 StGB; RISJustiz RS0108563 [T1 bis T4]), sowie die unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer (§ 34 Abs 2 StGB; siehe dazu 5.1.) und der Umstand, dass Dr. H* als Tatfolge – über die von § 34 Abs 2 StGB umfassten – in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht gewichtige Nachteile erlitten hat (§ 34 Abs 1 Z 19 StGB; zur diesbezüglichen Judikatur und Literatur siehe die Zitate beim Angeklagten Mag. G* zu diesem Milderungsgrund).
[499]Im Rahmen allgemeiner Strafbemessungserwägungen (§ 32 Abs 3 StGB) wirkten der hohe Schaden (etwa zu VIII/1/B/a mit einer Überschreitung der zweiten Qualifikationsgrenze des § 153 Abs 3 zweiter Fall StGB um das 31Fache, zu VIII/2/B/a mit einer Überschreitung der Wertgrenze des § 304 Abs 3 erster Fall StGB idF BGBl I 2001/130 um das 4.800Fache), zu VIII/1/B/a die umsichtige und sorgfältige Planung der Taten und die hohe persönliche Bereicherung sowie zu §§ 304 und 307 StGB die Verwirklichung jeweils mehrerer Varianten dieser alternativen Mischtatbestände (siehe dazu die Verweise bei den Mitangeklagten) erschwerend.
[500]Ausgehend von den dargestellten Strafbemessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) wäre auf der Grundlage der Schuld des Angeklagten Dr. H* (§ 32 Abs 1 StGB) unter Berücksichtigung der Kriterien des § 32 Abs 2 und 3 StGB an sich eine Zusatzfreiheitsstrafe von viereinhalb Jahren angemessen. Als Ausgleich für die in der langen Verfahrensdauer gelegene Grundrechtsverletzung (siehe dazu 5.1.) wird die Strafe um (weitere) eineinhalb Jahre, sohin auf eine Zusatzfreiheitsstrafe von drei Jahren, reduziert.
[501] Angesichts des zwischenzeitig (im Rahmen der Bedachtnahmeverurteilung) verspürten Haftübels, des jahrzehntelangen ordentlichen Lebenswandels des mittlerweile 75jährigen Angeklagten vor den Taten und des langjährigen Wohlverhaltens seit der letzten Tatbegehung war von einer hohen Wahrscheinlichkeit auch künftigen Wohlverhaltens des Angeklagten auszugehen, sodass gemäß § 43a Abs 4 StGB ein zweijähriger Strafteil bedingt nachgesehen werden konnte. Um beim Angeklagten einen effektiven Anreiz zu weiterem Wohlverhalten zu erwirken, war die Probezeit mit drei Jahren zu bestimmen.
[502] Mit ihren Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe waren die Angeklagten Mag. G* und Dr. H* auf die Strafneubemessung zu verweisen.
[503] Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (RISJustiz RS0101558), gründet auf § 390a Abs 1 StPO.