JudikaturJustiz4Ob222/22h

4Ob222/22h – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. November 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Dr. Schwarzenbacher, Dr. Tarmann Prentner, MMag. Matzka, Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Waldstätten als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, *, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei * Ltd, *, Ungarn, vertreten durch die DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 68.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Juli 2022, GZ 3 R 107/21h 17, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 3. September 2021, GZ 17 Cg 15/20t 13, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben und die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass:

A. im klagsstattgebenden Spruchpunkt I. die Klausel Punkt 87. entfällt;

B. der klagsabweisende Spruchpunkt IV., der im Übrigen in Ansehung der Klauseln Punkte 6., 9., 15., 43., 68. und 70., als unangefochten unberührt bleibt, wie folgt lautet:

„Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, die Verwendung der nachstehend genannten Klauseln oder sinngleicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen und es weiters zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen, soweit diese bereits Inhalt der von der beklagten Partei mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträge geworden seien:

6. […],

9. […],

15. […],

43. […],

68. […],

70. […], sowie

87. Sofern nicht anders im Übereinkommen oder anderen geltenden Rechtsvorschriften angegeben, gilt: b) alle Streitfälle zwischen Ihnen und uns hinsichtlich einer solchen Beförderungunterliegendernichtausschließlichen [sic] Gerichtsbarkeit der Gerichte von Ungarn. 'Nichtausschließliche Gerichtsbarkeit' bedeutet, dass Sie Ihre Ansprüche auch bei Gerichtsbarkeiten in Gerichten außerhalb Ungarns erheben können.“

wird abgewiesen.

Im Übrigen werden die Entscheidungen der Vorinstanzen mit der Maßgabe bestätigt, dass die Verwendung der und Berufung auf die Klauseln nur im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern untersagt wird, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben, sofern sich auch der Abgangsort oder der Bestimmungsort des Vertrags über die Beförderung von Personen in Österreich befindet.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.272,68 EUR (darin enthalten 378,78 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin ist gemäß § 29 Abs 1 KSchG berechtigt, Unterlassungsansprüche nach § 28 KSchG geltend zu machen.

[2] Die Beklagte ist eine in Ungarn registrierte Gesellschaft und betreibt ein Luftfahrtunternehmen . Sie tritt unter anderem über die Webseite * regelmäßig mit Verbrauchern aus ganz Österreich in rechtsgeschäftlichen Kontakt und schließt mit diesen Beförderungsverträge ab, denen sie die auf dieser Webseite abrufbaren Allgemeinen Beförderungsbedingungen (ABB) zugrunde legt.

[3] Die Klägerin begehrte, der Beklagten im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern die Verwendung von und Berufung auf 87 konkret genannte Klauseln aus ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und sinngleiche Klauseln zu verbieten; weiters begehrte sie Urteilsveröffentlichung.

[4] Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Laut ihren ABB sei die Anwendung ungarischen Rechts vereinbart, nach dem daher die Gültigkeit der Klauseln beurteilt werden müsse. Im Übrigen seien die Klauseln auch nach österreichischem Recht zulässig.

[5] Das Erstgericht hielt die Rechtswahlklausel für unwirksam und prüfte die übrigen Klauseln nach österreichischem Recht. Es wies das Klagebegehren zu Klausel 6 unbekämpft ab, untersagte die Klauseln 1 bis 5 und 7 bis 87 im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Österreich und gab den Veröffentlichungsbegehren statt.

[6] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und wies die Klage zu den Klauseln 9, 15 mit Ausnahme des letzten Satzes, 43, 68 und 70 ab. Im Übrigen bestätigte es das Ersturteil. Es ließ die Revision zu, weil die ABB der Beklagten für eine größere Anzahl von Kunden und damit Verbrauchern bestimmt und von Bedeutung seien.

[7] Die Revision der Beklagten strebt eine gänzliche Klagsabweisung an.

[8] Die Klägerin beantragt, die Revision zurück- oder abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

[9] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und (zu Klausel 87) teilweise berechtigt .

I. Anwendbares Recht und Klausel 86 (21.1.a ABB)

[10] 1. Vor der Prüfung der einzelnen Klauseln im Detail ist das in diesem Verbandsprozess anwendbare Recht zu klären.

[11] Die ABB der Beklagten enthalten folgende Rechtswahlklausel, die die Klägerin als missbräuchlich und intransparent untersagen lassen will:

„Sofern nicht anders im Übereinkommen oder anderen geltenden Rechtsvorschriften angegeben, gilt:

a) Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen sowie sämtliche Beförderungsbedingungen, die wir Ihnen (in Hinsicht auf Ihre Person bzw. Ihr Gepäck) zusagen, unterliegen den Gesetzen von Ungarn.“

[12] 2. Die Vorinstanzen hielten die Klausel für intransparent, missbräuchlich und deshalb nichtig . Die Wirksamkeit d er Rechtswahlklausel sei gemäß Art 10 Rom I VO nach ungarischem Recht zu beurteilen. Dieses müsse jedoch nicht im Detail ermittelt werden, weil es richtlinienkonform auszulegen sei, sodass die Rechtswahlklausel zumindest den Erfordernissen des Art 3 Abs 1 Klausel-RL genügen müsse. Der Verweis der Beklagten „sofern nicht anders im Übereinkommen oder in anderen geltenden Rechtsvorschriften angegeben“ sei für den Durchschnittsverbraucher unverständlich, weil er im Unklaren darüber gelassen werde, welche Rechtsnormen dies sein sollen und zu welchem Ergebnis diese führen können. Insbesondere fehle an dieser Stelle der ABB ein Hinweis auf die Fluggastrechte-VO. Es sei dem Verbraucher auch nicht zuzumuten, die ABB mit ungenannten Rechtsvorschriften zu vergleichen.

[13] 3. Die Parteien stellen im Revisionsverfahren nicht mehr in Frage, dass das anwendbare Recht auch im Verbandsprozess nach der Rom I VO (Verordnung [EG] Nr 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht) zu ermitteln ist ( RS0131886 ; EuGH C 191/15 Rn 60).

[14] Die Wirksamkeit einer Vertragsbestimmung beurteilt sich laut Art 10 Abs 1 Rom I VO nach dem Recht, das nach dieser Verordnung anzuwenden wäre, wenn die Bestimmung wirksam wäre. Dies ist primär das von den Parteien gewählte Recht (Art 3 Abs 1 Rom I VO ).

[15] In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass für Beförderungsverträge nach Art 5 Abs 2 Rom I VO nur das Recht bestimmter Staaten wirksam vereinbart werden kann. Dazu zählt auch das Recht jenes Staates, in dem der Beförderer seine Hauptverwaltung hat (lit b). Das ist nach dem insoweit unbestrittenen Vorbringen der Beklagten Ungarn, sodass die in den ABB vorgesehene Wahl ungarischen Rechts dieser Vorgabe entspricht.

[16] Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die Gültigkeit der Rechtswahl in Klausel 87 nach ungarischem Recht zu prüfen ist.

[17] 4. Die Beklagte rügt als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, dass die Vorinstanzen das ungarische Recht nicht ermittelt hätten. Die Wahl ungarischen Rechts sei an sich weder überraschend noch nachteilig für den Verbraucher und daher nicht missbräuchlich iSd Art 3 Klausel-RL. Ungenügende Verständlichkeit einer Klausel werde von der Klausel-RL nicht mit Nichtigkeit, sondern mit einer Auslegung zulasten des Klauselverwenders sanktioniert (Art 5 Abs 1 Satz 1 Klausel-RL). Gegenteiliges sei außerhalb des Anwendungsbereichs des Günstigkeitsprinzips in Art 6 Abs 2 Rom I-VO auch aus der Entscheidung EuGH C 191/15 , Amazon , nicht abzuleiten.

[18] 5.1. Der EuGH hat in der zitierten Entscheidung ausgesprochen , dass im Verbrauchergeschäft eine nicht im Einzelnen ausgehandelte Rechtswahlklausel, die den Verbraucher nicht über die von Art 6 Abs 2 Rom I VO vorgesehene Weitergeltung der zwingenden Verbraucher-schutzbestimmungen seines Heimatrechts (sog Günstigkeitsprinzip) aufklärt, irreführend und daher auch missbräuchlich iSd Art 3 Abs 1 der Klausel-R L sein kann ( EuGH C 191/15 , Amazon , Rn 71; 7 Ob 44/23f Rz 5 mwN; in diesem Sinn zuletzt auch EuGH 14. 9. 2023, C 821/21, Club La Costa ua ).

[19] 5.2. Personenbeförderungsverträge, wie sie Gegenstand der ABB der Beklagten sind, sind jedoch nach Art 6 Abs 4 lit b Rom I VO ausdrücklich vom Günstigkeitsprinzip ausgenommen. Der Verbraucherschutz wird für diese Art von Verträgen dadurch erreicht, dass nach Art 5 Abs 2 Rom I VO die Rechtswahl nicht völlig frei erfolgen kann, sondern auf bestimmte Rechtsordnungen beschränkt ist, zu denen der Beförderungsvertrag einen von mehreren konkret genannten Anknüpfungspunkten aufweist (vgl Mankowski , Rechtswahlklauseln in den AGB von Fluggesellschaften IPRax 2019, 208 [209]; Führich/ Staudinger , Reiserecht 8 [2019] § 5 Rz 29).

[20] Der Beklagten ist deshalb zuzustimmen, dass eine nach diesen Vorgaben zulässige Rechtswahl – wie etwa jenes des Sitzstaats des Luftfahrtunternehmers – per se für den Verbraucher weder überraschend noch nachteilig ist (vgl auch EuGH C 191/15, Amazon , Rn 67).

[21] 5.3. In Deutschland ergingen bereits eine Reihe von – allerdings nicht höchstgerichtlichen – Entscheidungen, in denen Gerichte die Rechtswahl in den AGB zu Luftbeförderungsverträgen unter Berufung auf EuGH C 191/15, Amazon , auch ohne nähere Prüfung des nationalen Rechts als irreführend und daher missbräuchlich iSd Art 3 Klausel RL beurteilten (vgl Magnus , Rechtsmissbräuch-lichkeit von Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln, in FS Bydlinski [2022] 675 [687] ).

[22] Die Irreführung wurde dabei auf drei verschiedene Argumentationslinien gestützt:

[23] Die Klausel „Sofern das Übereinkommen oder einschlägige Gesetze nichts anderes vorsehen, unterliegen der Beförderungsvertrag, diese Beförderungsbestimmungen und unsere Regelungen dem irischen Recht“ sei irreführend, weil für den Verbraucher nicht erkennbar sei, welcher Rechtsordnung die einschlägigen Gesetze zu entnehmen seien ( OLG Köln 9 U 184/20, NZV 2021, 196 [zust Staudinger ]; LG Köln 25 O 212/19, BeckRS 2020, 16774 , zust Plottek in Unwirksamkeit von Rechtswahlklauseln ausländischer Fluggesellschaften wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 I EWG RL 93/13, NZV 2020, 647 ; AG Köln 142 C 616/18 , BeckRS 2020, 10816; AG Bühl, 2 C 106/19 , BeckRS 2019, 30626).

[24] Kritisiert wurde auch, dass Klauseln den Verbraucher entgegen EuGH C 191/15, Amazon , nicht ausdrücklich über solche bindenden Rechtsvorschriften unterrichten, welche die Wirkung einer Rechtswahlabrede bestimmen, insbesondere die der Rechtswahl vorgehende Fluggastrechte VO. Vielmehr schließe der Begriff „einschlägige Gesetze“ nach einigen Entscheidungen europäische Verordnungen sogar aus (zB OLG Köln 9 U 184/20, NZV 2021, 196 [zust Staudinger ]; LG Köln 25 O 212/19, BeckRS 2020, 16774 , zust Plottek in Unwirksamkeit von Rechtswahlklauseln ausländischer Fluggesellschaften wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 I EWG RL 93/13, NZV 2020, 647 ; LG Frankfurt a. M. 2 24 O 100/19, NJW-RR 2020, 1312 [1313] und 2 24 O 99/19, BeckRS 2020, 32499 ; LG Baden-Baden 2 O 287/19, BeckRS 2020, 31121; AG Nürnberg 21 C 8856/19, BeckRS 2020, 5794 ; AG Erding 9 C 1679/19, BeckRS 2021, 15200 ; AG Memmingen 12 C 1112/20, BeckRS 2021, 8476 ; AG Köln 142 C 616/18, BeckRS 2020, 10816; AG Bühl 2 C 106/19 , BeckRS 2019, 30626; vgl auch die weiteren Judikaturnachweise in Magnus , Rechtsmissbräuchlichkeit von Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln, in FS Bydlinski [2022] 675 [687] , der die herrschende Rechtsprechung jedoch für verfehlt hält). Die Nennung der Fluggastrechte-VO in anderen Teilen der AGB könne der Irreführung nicht entgegenwirken, sondern verstärke eher sogar den Eindruck, dass es sich dabei eben um keine für die Rechtswahl relevante Norm handle (LG Berlin 51 O 133/18, BeckRS 2020, 27549). Mitunter wird daher sogar vertreten, dass die Fluggastrechte VO in einer wirksamen Rechtswahlklausel jedenfalls ausdrücklich genannt werden müsse, um eine Irreführung der Verbraucher zu vermeiden (LG Düsseldorf 22 O 133/20, BeckRS 2021, 20151 ).

[25] Dagegen hielt das Amtsgericht Hamburg die Rechtswahlklausel für zulässig: „Vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen des Abkommens, einschlägiger Gesetze, staatlicher Vorschriften oder Regelungen gilt Folgendes: (a) Für diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen und alle Beförderungen, zu deren Durchführung wir uns verpflichten (für Sie und/oder Ihr Gepäck), gilt das Recht von England und Wales“ (AG Hamburg 23a C 416/17, BeckRS 2019, 4697 ).

[26] Eine weitere in der deutschen Judikatur und Literatur behandelte Rechtsfrage lautet, ob das Luftfahrtunternehmen bei der Rechtswahl in seinen AGB darauf hinweisen muss, dass die Wahlmöglichkeiten durch Art 5 Abs 2 Rom I VO beschränkt sind (Hinweis auf die sog Ermächtigungsgrundlage). Dies wurde vom OLG Frankfurt/Main ausdrücklich verneint und eine entsprechende Rechtswahlklausel zugunsten englischen und walisischen Rechts für zulässig erachtet (16 U 15/18, RdTW 2019, 472 Rz 32; zust Führich/Staudinger , Reiserecht 8 [2019] § 5 Rz 29). Gegenteilig entschied das Amtsgericht Nürnberg (21 C 8856/19, BeckRS 2020, 5794 ; zust Tiede/Bergel/ Krannich , Rechtswahlklauseln bei Ryanair, easyJet Co. im Lichte europäischer Transparenzanforderungen, VuR 2020, 215).

[27] 5.4. Noch fehlt EuGH-Rechtsprechung, welche Anforderungen Rechtswahlklauseln für Personentransport-verträge erfüllen müssen, um eine missbräuchliche Irreführung im Sinn der Klausel-RL zu vermeiden ( Tonner/Bergmann/Blankenburg , Reiserecht² [2022] § 9 Rz 47).

[28] Das vom Amtsgericht Nürnberg dazu vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen (AG Nürnberg C 2134/20, BeckRS 2020, 35092 ; EuGH C 469/20) hatte der Gerichtshof nicht mehr zu entscheiden, weil das Ausgangsverfahren durch Vergleich endete ( Mankowski , Rechtswahlklauseln in den AGB von Fluggesellschaften IPRax 2019, 208 [212]).

[29] 5.5. Ob und w elche konkreten Schlussfolgerungen aus der Entscheidung EuGH C 191/15 , Amazon , für Transparenz- und Informationspflichten im Zusammenhang mit Rechtswahlklauseln nach Art 5 Rom I VO für Personentransportverträge gezogen werden können, kann jedoch im konkreten Fall dahinstehen.

[30] Das nationale ungarische Recht sieht nämlich – anders als Art 5 Abs 1 Satz 1 Klausel-RL – nicht eine Auslegung zu Lasten des Klauselverwenders vor (vgl RS0040189 [T5]; RS0045163; RS0040189 ). Vielmehr lautet § 6:103 des ungarischen BGB:

„(2) In einem Vertrag zwischen einem Verbraucher und einer Unternehmung wird der unfaire Charakter einer allgemeinen Vertragsbedingung und einer durch die Unternehmung vorab bestimmten und individuell nicht verhandelten Vertragsbedingung bereits alleine dadurch begründet, dass die Bedingung nicht eindeutig ist.

(3) Eine unfaire Vertragsbedingung, die zum Bestandteil eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einer Unternehmung wird, ist nichtig. Auf die Nichtigkeit kann sich im Interesse des Verbrauchers berufen werden.“ (Übersetzung abgedruckt in Breidenbach , Handbuch Wirtschaft und Recht in Osteuropa [EL 133] IV 235; die aktuelle Fassung der Norm kann im ungarischen Originaltext auf der Website des ungarischen Justizministeriums unter https://njt.hu/jogszabaly/2013-5-00-00 abgerufen werden [Stand 2. 11. 2023])

[31] 6. Die Revision der Beklagten argumentiert, dass der allgemeine Hinweis auf „andere geltende Rechtsvorschriften“ die Klausel nicht missbräuchlich mache. Das in der Klausel erwähnte Übereinkommen werde in den Begriffsbestimmungen der ABB klar als Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Regeln im internationalen Luftverkehr von Montreal vom 28. Mai 1999 definiert. Die Fluggastrechte VO werde in etlichen Klauseln erwähnt und sei als europarechtliche Verordnung bekanntlich auch neben dem ungarischen Recht anzuwenden.

[32] Diese Ausführungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der von der Beklagten beabsichtigte Bedeutungsgehalt der Klausel selbst für Juristen schwer zu fassen ist. Befreit von zahlreichen Einschüben sieht die Klausel in ihrem Kern nämlich vor, dass die ABB der Beklagten den Gesetzen von Ungarn unterliegen, sofern nicht anders in anderen geltenden Rechtsvorschriften angegeben. Nach dem Wortlaut wird also nicht für das gesamte Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihren Kunden, sondern nur für ihre AGB eine Rechtswahl getroffen. Welches Recht damit zur Anwendung gelangen soll, wenn ein für die Geschäftsbeziehung relevanter Aspekt nicht in den ABB geregelt ist, bleibt daher völlig offen.

[33] Außerdem bringt die Klausel keineswegs zum Ausdruck, dass sie mit dem Hinweis auf „andere geltende Rechtsvorschriften“ etwa lediglich einen Vorrang zwingenden Rechts anerkennen will. Vielmehr können nach der Textierung offenbar „Angaben“ in beliebige Rechtsvorschriften (beliebiger Rechtsordnungen?) der vereinbarten Rechtswahl derogieren.

[34] Die Rechtswahlklausel der Beklagten ist damit auch unabhängig vom genauen Umfang allfälliger Informations- und Hinweispflichten nach der Klausel RL in Zusammenhang mit Personenbeförderungsverträgen unverständlich und damit nicht eindeutig im Sinn des ungarischen BGB.

[35] 7. Das Erfordernis einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung der AGB der Beklagten durch die ungarische Luftfahrtbehörde kann die gerichtliche Geltungs- und Inhaltskontrolle nach ABGB und KSchG weder ersetzen noch einschränken ( RS0112133 ).

[36] 8. Schließlich m oniert die Beklagte, dass ohne gültige Rechtswahlklausel Art 5 Abs 2 Rom I VO je nach dem gewöhnliche n Aufenthaltsort des Passagiers sowie den Abgangs- und Bestimmungsorten auf eine Vielzahl von Rechtsordnungen, darunter insbesondere auch auf ungarisches Recht verweisen könne.

[37] Dieser Einwand ist zwar richtig, jedoch für das vorliegende Verbandsverfahren ohne Bedeutung, weil die Klägerin sich in ihrer Revisionsbeantwortung ausdrücklich damit einverstanden erklärt hat, dem Urteilsspruch eine noch deutlichere Fassung zu geben, als es die Vorinstanzen schon taten, und das Unterlassungsgebot ausdrücklich auf den geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu beschränken, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben, sofern sich auch der Abgangsort oder der Bestimmungsort des Vertrags über die Beförderung von Personen in Österreich befinden.

[38] Die Klägerin hatte bereits in der Klage vorgebracht, dass für diesen Personenkreis ohne Rechtswahl (jedenfalls) österreichisches Recht zur Anwendung kommt, sodass eine entsprechende Präzisierung des Spruchs auf das tatsächliche Rechtsschutzziel zulässig und geboten ist (vgl RS0039357; RS0037440). Jedenfalls mit der Maßgabe-bestätigung erfasst das Verbot nur noch jene Fälle, in denen gemäß Art 5 Abs 2 Rom I VO österreichisches Recht zur Anwendung gelangt, sodass die Wirksamkeit der Klauseln wie bereits von den Vorinstanzen erkannt nach österreichischem Recht zu prüfen ist.

[39] 9. Zusammengefasst hält die Rechtswahlklausel auch einer Prüfung nach ungarischem Sachrecht nicht stand. Sie ist nichtig, sodass die Prüfung der übrigen Klauseln für den im modifizierten Spruch genannten Kundenkreis nach österreichischem Recht zu erfolgen hat.

II. Auslegungsgrundsätze im Verbandsprozess

Für sämtliche Klauseln sind im Verbandsprozess folgende Grundsätze maßgeblich:

[40] 1. Die Geltungskontrolle bezieht sich auf nachteilige überraschende und ungewöhnliche Klauseln. Objektiv ungewöhnlich ist eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Der Klausel muss ein Überrumpelungseffekt innewohnen (RS0014646). Entscheidend ist, ob die Klausel beim jeweiligen Geschäftstyp unüblich ist oder ob sie den redlichen Verkehrsgewohnheiten entspricht (RS0105643 [T3]; RS0014627 [T3]). Dabei kommt es nicht allein auf den Inhalt der Klausel an. Diesem kommt vielmehr im Zusammenhang mit der Stellung im Gesamtgefüge des Vertragstextes Bedeutung zu, weil sich das Ungewöhnliche einer Vertragsbestimmung insbesondere aus der Art ihrer Einordnung in den AGB ergibt (RS0014659 [T2]). Die Bestimmung darf im Text nicht derart versteckt sein, dass sie der Vertragspartner nicht dort vermutet, wo er sie findet, und dort nicht findet, wo er sie vermuten könnte (RS0105643 [T2]; RS0014646 [T14]). Erfasst sind alle dem Kunden nachteiligen Klauseln; eine grobe Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB wird nicht vorausgesetzt (RS0123234). Die Geltungskontrolle ist nicht allein auf Nebenabreden beschränkt, sondern umfasst auch Vertragsbestimmungen über die Begründung, Umgestaltung bzw Erweiterung der Hauptpflichten (RS0014603).

[41] 2. Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Das dadurch geschaffene bewegliche System berücksichtigt einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ (RS0016914). Die Ausnahme von der Inhaltskontrolle ist dabei möglichst eng zu verstehen (RS0016908; RS0128209). Ein Abweichen vom dispositiven Recht wird unter Umständen schon dann eine „gröbliche“ Benachteiligung des Vertragspartners sein können, wenn sich für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung ergibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht, wenn also keine sachlich berechtigte Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm des nachgiebigen Rechts vorliegt (RS0016914 [T3, T4, T6]). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, orientiert sich somit am dispositiven Recht, das als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs für den Durchschnittsfall gilt (RS0014676 [T7, T13, T43]).

[42] 3. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Das Transparenzgebot soll es dem Kunden ermöglichen, sich aus den AGB oder Vertragsbestandteilen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren (RS0115217 [T41]). Das setzt die Verwendung von Begriffen voraus, deren Bedeutung dem typischen Verbraucher geläufig ist oder von ihm jedenfalls festgestellt werden kann . Das können naturgemäß auch Fachbegriffe sein, nicht aber Begriffe, die so unbestimmt sind, dass sich ihr Inhalt jeder eindeutigen Festlegung entzieht. Der durch ihre Verwendung geschaffene weite Beurteilungsspielraum schließt es aus, dass der Verbraucher Klarheit über seine Rechte und Pflichten gewinnen kann (RS0115217 [T3]). Das Transparenzgebot begnügt sich nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher „durchschaubar“ sind (RS0122169 [T2]). Mit dem Verbandsprozess soll nicht nur das Verbot von gesetzwidrigen Klauseln erreicht, sondern es sollen auch jene Klauseln beseitigt werden, die den Verbraucher – durch ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position – von der Durchsetzung seiner Rechte abhalten können oder ihm unberechtigt Pflichten auferlegen. Daraus kann eine Pflicht zur Vollständigkeit folgen, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden andernfalls unklar bleiben (RS0115219 [T1, T14, T21]; RS0115217 [T8]; RS0121951 [T4]).

[43] 4. Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG hat die Auslegung der Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen; es ist von der für die Kunden der Beklagten nachteiligsten Auslegungsvariante auszugehen. Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Klausel kann nicht Rücksicht genommen werden, weil eine geltungserhaltende Reduktion nicht möglich ist ( RS0038205 [insbes T20]; 4 Ob 63/21z mwN).

III. Zu den einzelnen Klauseln

[44] Bestätigt der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichts und erachtet er dessen Begründung für zutreffend, so reicht es nach § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO aus, wenn er auf deren Richtigkeit hinweist. Die Ausführungen zu den einzelnen Klauseln beschränken sich daher in der Regel auf eine Replik auf die Argumente in der Revision.

1. Klausel 1 (2.1.1. ABB)

„Die Bestimmungen dieser Allgemeinen Beförderungsbedingungen bilden einen Teil des Vertrags, der ab dem Datum der Ausgabe des Reiseplans gültig ist. Sie gelten, wenn in Ihrem Reiseplan [die Beklagte] als Fluggesellschaft angegeben ist.“

[45] Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als nachteilig und überraschend gemäß § 864a ABGB sowie als gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB. Der Beförderungsvertrag komme einschließlich der ABB nur durch Abgabe übereinstimmender Willenserklärungen zustande. Laut Klausel 1 könnte die Beklagte die Geltung der ABB nachträglich b eseitigen, indem sie im Reiseplan ein anderes Beförderungsunternehmen anführte. Dies erschwere dem Verbraucher die Ermittlung der geltenden Vertragsbedingungen in unzumutbarer Weise.

[46] Di e Revision der Beklagten argumentiert weiterhin, dass der Reiseplan in den ABB genau definiert sei und deshalb von der Beklagten dort als Annahme des Vertragsanbots des Verbrauchers festgelegt werden dürfe. Eine nachträgliche Beseitigung der Geltung der ABB sehe die Klausel daher nicht vor.

[47] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[48] 1.1. AGB bedürfen, soweit keine besondere gesetzliche Regelung ihrer Geltung durch Gesetz oder Verordnung besteht, zu ihrer Geltung der Einbeziehung in den Vertrag und sind nur anzuwenden, wenn sie durch einen entsprechenden Hinweis im Vertragstext oder zumindest stillschweigend zum Vertragsinhalt gemacht wurden (RS0014506 [T9]). Sie gestalten das Vertragsverhältnis und setzen somit dessen gültiges Entstehen voraus (RS0014506 [T20]).

[49] 1.2. Nach den Ausführungen der Beklagten in der Revision stellt sie den Reiseplan erst aus, nachdem sie die Kreditkartenzahlung des Verbrauchers erhalten hat.

[50] Wenn sie sich in Klausel 1 vorbehält, den Vertrag erst mit Ausstellung des Reiseplans anzunehmen, erfolgt ihre Annahme (oder Ablehnung) des Vertragsanbots des Verbrauchers erst, nachdem dieser seine gesamte Leistung erbracht hat. Eine solche Vorleistungspflicht kann weder dem Gesetz noch einer Parteienvereinbarung entnommen werden, weil ja nach Ansicht der Beklagten noch gar kein Vertrag geschlossen und auch sonst die Geltung der ABB – einschließlich der Bestimmung über das Zustandekommen des Vertrags – noch nicht vereinbart wurde.

[51] 1.3. Selbst wenn man von diesem chronologischen Paradoxon absieht und davon ausgeht, dass der Vertrag erst mit Ausstellung des Reiseplans zustande käme, ist die Klausel missbräuchlich. Der Verbraucher müsste dann nämlich ein Vertragsanbot abgeben, obwohl er noch nicht weiß, zu welchen Bedingungen die Beklagte eigentlich kontrahieren möchte. Erst wenn er sieht, welches Beförderungsunternehmen sie im Reiseplan anführt, weiß er, ob die ABB der Beklagten auf den Vertrag anzuwenden sind oder einfach nur dispositives Recht gilt. Für ein solches einseitiges Wahlrecht der Beklagten ist keine sachliche Rechtfertigung erkennbar (vgl RS0016914 [T3, T6]).

2. Klausel 2 (2.1.2. ABB)

„Zusätzlich zu den Bestimmungen der vorliegenden Allgemeinen Beförderungsbestimmungen gelten auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Pauschalreise, wenn Sie diese von uns erworben haben.“

[52] Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Dem Durchschnittsverbraucher sei nicht zumutbar, aus mehreren Regelwerken das für sein Vertragsverhältnis gültige herauszusuchen. Die Klausel suggeriere außerdem, dass die Pauschalreise-AGB unabhängig davon gelten würden, ob ihre Geltung im Pauschalreisevertrag vereinbart worden sei.

[53] D ie Revision der Beklagten wendet ein, dass der durchschnittliche Verbraucher sehr wohl verstehe , ob er eine Pauschalreise gebucht habe und dementsprechend auch andere Vertragsbestimmungen berücksichtigen müsse. Ein Heraussuchen von Regelungen sei überflüssig, weil für eine andere vertragliche Leistung ganz klar andere AGB zur Anwendung kämen.

[54] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[55] 2.1. Das Berufungsgericht hat die höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Intransparenz eines Pauschalverweises auf ergänzende Bedingungen völlig richtig angewendet (zB 6 Ob 17/16t; 1 Ob 88/14v).

[56] 2.2. Die in der Revision vertretene Lesart der Bestimmung, dass für jede leicht einem Vertragsverhältnis zurechenbare Leistung ganz klar nur ein Set an AGB zur Anwendung komme, überzeugt den Senat nicht. Zum einen ist die Beförderung mit einem Flugzeug ein typischer Leistungsinhalt eines Pauschalreisevertrags. Zum anderen sieht die Klausel 2 ausdrücklich die zusätzliche Geltung der Pauschalreise AGB vor, also eine Parallelgeltung von allenfalls abweichenden oder gar widersprüchlichen Klauselwerken.

3. Klausel 3 (2.2.1. ABB)

„Wird eine Beförderung aufgrund eines Chartervertrags durchgeführt, gelten diese Allgemeinen Beförderungsbedingungen nur bis dem Maß oder mit den Änderungen, die im Charterticket oder in den Charter-Richtlinien in Artikel 19.“

[57] Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel wegen des Pauschalverweises ebenfalls als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Auch das Fehlen eines Verbes trage zur Unklarheit der Klausel bei.

[58] D ie Revision der Beklagten betont, dass ein Querverweis in einem Klauselwerk oder ein Verweis auf Preislisten nicht zur Intransparenz führe. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte sogar eine Verlinkung zum relevanten Art 19 der ABB vorgenommen. Das fehlende Verb mache die Klausel nicht unverständlich.

[59] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[60] 3.1. Richtig ist, dass ein Querverweis in einem Klauselwerk an sich noch nicht zur Intransparenz i Sv § 6 Abs 3 KSchG führen muss. Allerdings kann im Einzelfall unklar sein, welche Rechtsfolgen sich aus dem Zusammen-wirken der aufeinander bezogenen Bestimmungen ergeben (RS0122040). Wird nämlich dem Verbraucher aufgebürdet, Allgemeine Bestimmungen und Sonderbestimmungen miteinander zu vergleichen und zu entscheiden, inwieweit welche Regelung ergänzt oder abgeändert wird, ist die Klausel intransparent (8 Ob 125/21x Rz 60 f).

[61] 3.2. Nach der beanstandeten Klausel muss der Verbraucher die ABB der Beklagten nicht nur mit dem verlinkten Art 19, sondern auch mit dem Charterticket vergleichen, um herausfinden zu können, welche Regelungen auf sein Vertragsverhältnis mit der Beklagten zur Anwendung kommen. Diese Intransparenz iSd § 6 Abs 3 KSchG kann auch nicht durch die Verlinkung mit einem Teil der zu vergleichenden Regeln beseitigt werden.

[62] Abgesehen davon enthält die Revision keine Ausführungen zum Inhalt von Art 19, sodass sich auch daraus keine Argumente gegen die Entscheidungen der Vorinstanzen sowie dazu erschließen, ob ein Verweis auf diesen Teil der ABB der Aufklärung des Verbrauchers dienlich ist oder Unklarheiten noch verstärkt.

4. Klausel 4 (2.3. ABB)

„Sollten eine der Bestimmungen der Allgemeinen Beförderungsbedingungen nicht mit den Anforderungen des geltenden Rechts übereinstimmen, gilt das geltende Recht. Die anderen Bestimmungen dieser Allgemeinen Beförderungsbedingungen bleiben davon unangetastet.“

[63] Die Vorinstanzen sahen die Klausel als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB an. Im Anwendungsbereich der Klausel RL komme weder eine geltungserhaltende Reduktion von Klauseln noch eine Lückenfüllung durch die Anwendung des dispositiven Rechts in Betracht, sofern der Vertrag durch den Wegfall von Klauseln nicht undurchführbar werde und dies dem Verbraucher zum Nachteil gereiche (9 Ob 85/17s). Die abweichende Regelung in Satz 1 der Klausel sei unzulässig. Die salvatorische Klausel im zweiten Satz widerspreche in kundenfeindlichster Auslegung dem Grundsatz, dass die Nichtigkeit einer Klausel, auf die verwiesen wird, auch zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung führt.

[64] D ie Revision der Beklagten argumentiert, dass die Klausel nur das geltende Recht wiedergebe und daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zulässig sei.

[65] 4.1. D er Oberste Gerichtshof legte schon in 4 Ob 63/21z dar, dass die von der Beklagten zitierten Entscheidungen 7 Ob 84/12x, 8 Ob 132/15t und 4 Ob 228/17h zur generellen Vertragsanpassung nicht mehr der Rechtslage, insbesondere der aktuellen EuGH Judikatur entsprächen (Rz 21). Diese Rechtsprechung wurde vom Berufungsgericht richtig auf den ersten Satz der hier zu prüfenden Klausel übertragen.

[66] 4.2. Für die Zulässigkeit des zweiten Satzes der Klausel finden sich in der Revision keine Argumente.

5. Klausel 5 (2.4. ABB)

„Soweit nicht anders in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen angegeben, gelten im Fall von Rechtsunstimmigkeiten zwischen den Allgemeinen Beförderungsbedingungen und anderen für andere Rechtsgegenstände anwendbaren Richtlinien immer die Allgemeinen Beförderungsbedingungen.“

[67] Die Vorinstanzen untersagten die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Dem Verbraucher werde unzulässigerweise zugemutet, verschiedene Regelungen auf Widersprüche zu prüfen. Außerdem bleibe unklar, was unter „für andere Rechtsgegenstände anwendbaren Richtlinien“ zu verstehen sei und wie der Verbraucher zu diesen Richtlinien gelangen könne.

[68] Die Revision der Beklagten meint, dass gerade dank des klaren Anwendungsvorrangs in der Klausel die Notwendigkeit eines Vergleichs entfalle . Als Richtlinien seien eindeutig alle Texte zu verstehen, die Regelungen für jemandes Verhalten in einer bestimmten Situation beinhalten.

[69] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[70] 5.1. Das Berufungsgericht sah zurecht eine Parallele zur vergleichbaren Klausel in der Entscheidung 4 Ob 63/21z (Rz 78), die ebenfalls untersagt wurde.

[71] 5.2. Gerade die von der Beklagten propagierte weite Auslegung des Begriffs „Richtlinie“ unterstreicht die Intransparenz der von ihr formulierten Bestimmung. Nach ihrer Definition wäre auch zwingendes Recht als „Richtlinie“ zu verstehen. Ein Anwendungsvorrang der ABB gegenüber diesem ist aber per definitionem unzulässig, sodass die Klausel die Rechtsposition des Verbrauchers unzulässig verschleiert (vgl RS0122045 [T3]).

6. Klausel 7 (3.1. ABB)

„Wir behalten uns das Recht vor, unsere Tarife zu ändern.“

[72] Die Vorinstanzen verboten die Klausel wegen eines Verstoßes gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG .

[73] Die Revision der Beklagten vertritt die Ansicht, dass sich die Klausel nicht auf bereits abgeschlossene Verträge beziehe. Es handle sich um eine bloße Information, dass die Beklagte es sich vorbehalte , zukünftig Tarifänderung vorzunehmen.

[74] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[75] 6.1. Nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG sind für den Verbraucher besonders solche Vertragsbestimmungen nicht verbindlich, nach denen dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine Leistung ein höheres als das bei der Vertragsschließung bestimmte Entgelt zusteht, es sei denn, dass der Vertrag bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen für eine Entgeltänderung auch eine Entgeltsenkung vorsieht, dass die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag umschrieben und sachlich gerechtfertigt sind sowie dass ihr Eintritt nicht vom Willen des Unternehmers abhängt.

[76] 6.2. Eine Einschränkung der Änderungsbefugnis auf künftige Tarife ist dem Text der Klausel nicht zu entnehmen. D ie Revision widerlegt die Lesart der Vorinstanzen als die im Verbandsprozess gebotene kundenfeindlichste Auslegung nicht; sie ist ungünstigstenfalls eine auch nach Vertragsabschluss geltende Preisgleitklausel (RS0016590).

[77] Im Übrigen ist nicht ersichtlich, wieso die Beklagte in einem Vertrag für ein Zielschuldverhältnis darauf hinweisen sollte, dass sie künftige Verträge allenfalls zu anderen Bedingungen schließen wird.

7. Klausel 8 (3.3. ABB)

„Für jeden Kauf gelten die jeweiligen Tarife, die zum Zeitpunkt des Kaufes gültig sind.“

[78] Die Vorinstanzen sahen auch diese Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG an, weil unklar bleibe, welche Tarife relevant seien, und welche Folgen eine allfällige Divergenz zwischen dem im konkreten Vertrag vereinbarten Preis und dem „jeweiligen Tarif“ habe.

[79] D ie Revision der Beklagten argumentiert, dass Tarife in den ABB selbst klar definiert würden, und zwar als „die auf der Webseite angegebenen Bestimmungen und Bedingungen in Bezug auf Gesamtflugpreise und Bedingungen, Gebühren und Aufpreise für verschiedene von uns erbrachten Leistungen sowie weitere [Firmenschlagwort der Beklagten]-Richtlinien. Weitere Information zu unseren Tarifen finden Sie auf unserer Webseite unter dem Link [...].“ Damit würden nachträgliche Abweichungen vom vereinbarten Tarif ausgeschlossen.

[80] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[81] D ie von der Beklagten ins Treffen geführte Definition in den ABB kann die von den Vorinstanzen mit überzeugenden Argumenten bejahte Intransparenz nicht widerlegen. Im Gegenteil ist diese Erklärung für „Tarife“ in den ABB selbst so verworren, dass jeder Verweis darauf zur Intransparenz der verweisenden Klausel führen muss.

[82] Die Beklagte weitet den Begriff nämlich weit über den allgemeinen Sprachgebrauch hinaus aus, wonach Tarife als festgesetzte Preise, Entgelte oder Gebühren, etwa für in Anspruch genommene Leistungen verstanden werden (Duden, Deutsches Universalwörterbuch [2019] 1769). Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, was nach der Begriffsbestimmung in den ABB als „Tarif“ zu verstehen sein soll. So bleibt zB unverständlich, was „Bedingungen in Bezug auf [...] Bedingungen“ sein sollen oder welche „weitere [Firmenschlagwort der Beklagten]-Richtlinien“ als „Tarife“ gelten sollen und wo sie in Erfahrung gebracht werden können.

8. Klausel 10 (5.1. ABB)

„Die Vertragsbedingungen gelten für den zwischen Ihnen und uns geschlossenen Vertrag für die Beförderung im Luftverkehr.“

[83] Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil sie die Rechtslage falsch darstelle. Die Geltung der ABB folge aus ihrer Einbeziehung beim Abschluss des Vertrags und nicht aus der Klausel selbst.

[84] Die Revision der Beklagten macht geltend, dass die Klausel nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur den Regelungsinhalt der ABB deklarativ darstelle. Die Klausel könne ohne Geltung der ABB auch keine Rechtswirkung entfalten.

[85] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[86] 8.1. Die Beklagte zweifelt zu Recht nicht an, dass AGB nur gelten , wenn sie durch einen entsprechenden Hinweis im Vertragstext oder zumindest stillschweigend zum Vertragsinhalt gemacht wurden (RS0014506 [T9]).

[87] 8.2. Klausel 10 sieht aber – zumindest in ihrer k undenfeindlichsten Auslegung – ganz im Gegenteil die Geltung der ABB für alle mit Kunden geschlossenen Vertr äge vor; und zwar ohne Einschränkung auf jene Fälle, bei denen der Verbraucher spätestens bei Vertragsabschluss auf die Geltung der ABB hingewiesen wurde. Dies kann Verbraucher, bei denen ein (gültiger) Hinweis auf die ABB im Vertrag fehlt, von der Durchsetzung ihrer Rechte abhalten (vgl 4 Ob 28/01y) und macht die Klausel daher intransparent.

9. Klausel 11 (5.2.4. ABB)

„Sie können den Ersatz (Neuversendung) Ihres Reiseplans oder Ihres Buchungscodes telefonisch bei unserem Callcenter anfordern. [Die Beklagte] kann Ihnen für diesen Service Gebühren verrechnen.“

[88] Die Vorinstanzen sahen in dieser Klausel einen Verstoß gegen § 6b KSchG und untersagten sie. Nach der kundenfeindlichsten Auslegung sei die Klausel dahingehend zu verstehen, dass sie dem Unternehmer im Fall der telefonischen Kontaktaufnahme durch den Verbraucher die Möglichkeit einräume, bereits für diesen Anruf eine Gebühr zu verrechnen. Klausel 15 sehe eine Callcenter Transaktionsgebühr von 15 EUR pro Anfrage vor und untermauere diese Lesart .

[89] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass die Beklagte Gebühren eindeutig nur für d en Service des Ersatzes von Reiseplan oder Buchungscode und nicht schon für eine telefonische Anfrage verrechnen wolle. E in Verweis auf Preislisten oder andere Klauseln in einer vertraglichen Bestimmung sei nicht intransparent.

[90] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[91] 9.1. Nach § 6b KSchG darf ein Unternehmer, der einen Telefonanschluss für die Kontaktaufnahme mit Verbrauchern einrichtet, dem Verbraucher für einen solchen Kontakt kein Entgelt anlasten.

[92] 9.2. Der zweite Satz der Klausel nimmt nicht auf eine Ersatzleistung B ezug, sondern auf „diesen Service“. Damit ist – wie die Vorinstanzen richtig erkannten – jedenfalls in der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung auch die bloße telefonische Anfrage gemeint.

[93] 9.3. Einen Verweis auf eine Preisliste enthält diese Klausel gerade nicht.

10. Klausel 12 (6.2.2. ABB)

„Gemäß der Bestimmungen der Allgemeinen Beförderungsbedingungen übernimmt [die Beklagte] keinerlei Haftung für Unfälle, die Verschlechterung Ihres Gesundheitszustands oder Todesfall im Laufe der Flugreise, wenn Sie keinen ärztlichen Rat einholen oder diesen nicht befolgen.“

[94] Laut den Vorinstanzen ist die Klausel nichtig. Der Haftungsausschluss er fasse insbesondere auch Personenschäden und sei daher nach § 6 Abs 1 Z 9 KSchG unwirksam. Außerdem bleibe sowohl inhaltlich als auch auf grammatikalischer Ebene unverständlich, in welchen Fällen den Verbraucher die Pflicht treffe, ärztlichen Rat einzuholen, sodass die Klausel auch gegen § 6 Abs 3 KSchG verstoße.

[95] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass die Klausel gar keinen Haftungsausschluss für Personenschäden enthalte. Sie schließe nur eine Haftung für Schäden aus, die dem Verbraucher aus eigenem Fehlverhalten entstünden.

[96] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[97] 10.1. § 6 Abs 1 Z 9 KSchG verbietet Haftungsausschlüsse für Personenschäden, selbst wenn diese nur leicht fahrlässig zugefügt wurden (RS0016567 [T2]).

[98] 10.2. Wieso etwa die Verschlechterung des Gesundheitszustands oder der Todesfall des Verbrauchers nicht als Personenschaden anzusehen sein soll, versucht die Revision erst gar nicht zu begründen .

[99] 10.3. Auch kann sie nicht darlegen, woraus sich in der Klausel ein Zusammenhang mit einem Fehlverhalten des Verbrauchers ergeben soll. Aus dem Wortlaut der Klausel selbst ist nicht einmal ersichtlich, wann und zu welchem Thema der Verbraucher einen ärztlichen Rat einholen soll. Bei kundenfeindlichster Lesart wäre etwa auch denkbar, dass die Beklagte jegliche Haftung ausschließen will, wenn der Beklagte nach einer Verletzung bei der Beförderung durch die Beklagte keinen ärztlichen Rat einholt.

11. Klausel 13 (6.2.4. ABB)

„Sollten Sie die Anforderungen in den Artikeln 6.1.2, 6.2.2 und 6.2.3 nicht erfüllen oder wir nicht in der Lage sein sollten, die in Ihrer ärztlichen Bescheinigung dargelegten Bedingungen auf unserem planmäßigen Flug zur Verfügung zu stellen, stornieren wir Ihre Buchung, verweigern Ihnen die Beförderung und erstatten Ihnen den Flugpreis nach Abzug der Gebühren für Sonstige Serviceleistungen und der Sitzfreigabegebühr zurück.

[…]

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND AUSLEGUNG

[…]

SITZFREIGABEGEBÜHR: Bezeichnet die auf der Webseite festgelegte Gebühr, die von Ihnen zu entrichten ist, wenn [die Beklagte] von seinem Recht gebrauch macht, Ihrer Buchung gemäß der vorliegenden Allgemeinen Beförderungsbedingungen zu stornieren, oder wenn Sie die Buchung gemäß dem Punkt 6.5.2. [sic]

[…]

Alle Serviceleistungen und Gebühren

[…]

Sitzfreigabegebühr pro Flug und Passagier 80,00 €“

[100] Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Auch in Zusammenschau der beanstandeten Klausel mit den darin zitierten Klauseln bleibe unklar, wann die Beklagte ärztliche Bescheinigungen über die Flugtauglichkeit fordern und wann sie die Beförderung verweigern dürfe. Dies widerspreche der zwingenden Bestimmung des Art 3 der VO 1107/2006/EG (vgl 4 Ob 63/21z [Klausel 24]). D ie Definition der Sitzfreigabegebühr sei ein unvollständiger und damit unverständlicher Satz . Die Sitzfreigabegebühr von 80 EUR sei vor allem angesichts der notorisch günstigen Ticketpreise ein unangemessen hoher pauschalierter Schadenersatz ohne jeden Bezug zu den Kosten der Beklagten. Sie falle nach dem Wortlaut sogar dann an, wenn die Beförderung daran scheitere, dass die Beklagte nur aus eigenem Verschulden die notwendigen Rahmenbedingungen nicht schaffe . Die Klausel 13 sei auch schon deshalb unwirksam, weil sie auf die unzulässige Klausel 12 verweise.

[101] Die Revision der Beklagten setzt sich – wie schon die Berufung – in keiner Weise mit den zutreffenden Argumenten der Vorinstanzen auseinander und ist insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt ( RS0043603 ).

12. Klausel 14 (6.3.3. ABB)

„Für diese Allgemeinen Beförderungsbedingungen wird die für die Sitzplatzauswahl anfallende Gebühr als Gebühr für Sonstige Serviceleistungen behandelt.“

[102] Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil für den Verbraucher nicht ersichtlich sei, welche Bedeutung oder Folgen diese Kategorisierung habe. Insbesondere die an anderer Stelle der ABB erfolgende Definition von „Gebühren für weitere Serviceleistungen bzw. Servicegebühren“ werfe die Frage auf, ob es sich um deckungsgleiche oder andere Gebühren handle.

[103] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass diese Klausel dem Verbraucher erkläre, dass die für die Sitzplatzwahl anfallende Gebühr bei einer Stornierung nicht rückerstattet werde. Diese Folgen ergäben sich etwa aus Klausel 13.

[104] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[105] 12.1. Entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht enthält Klausel 14 keine Regelung über d ie Behandlung der Gebühr für die Sitzplatzauswahl im Fall einer Stornierung.

[106] 12.2. Aufgrund der Unwirksamerklärung der Klausel 13 kann die Kategorisierung als „Gebühr für Sonstige Serviceleistungen“ in Klausel 14 auch nicht mehr durch diese als notwendig gerechtfertigt werden.

13. Klausel 15 (6.3.8.1. ABB)

„Sollte [die Beklagte] (i) die Flugroute oder den Zeitplan der Flüge Ihres Reiseplans gemäß Artikel 15.1 ändern oder (ii) Ihren Flug stornieren oder eine Verspätung von mehr als fünf (5) Stunden vorliegen und Sie im Rahmen der Buchung einen Sitzplatz reserviert haben, und Sie aufgrund dieser Umstände Ihre Buchung

a) stornieren, wird Ihnen die entrichtete Gebühr für einen ausgewählten Sitzplatz rückerstattet;

b) umbuchen, übernehmen wir den ausgewählten Sitzplatz in den umgeleiteten Flug oder weisen Ihnen einen anderen Sitzplatz zu. Im letzteren Fall steht Ihnen der volle Wert, den Sie für den ausgewählten Sitzplatz bezahlt haben, für die Auswahl und den Erwerb eines Sitzplatzes im umgebuchten Flug anstelle des vorab zugewiesenen Sitzplatzes im umgeleiteten Flug zur Verfügung oder wir erstatten Ihnen den bezahlten Betrag für den ausgewählten Sitzplatz auf Anfrage zurück. Im letzteren Fall wenden sie sich an unser Callcenter.“

[107] Die Gebührentabelle der Beklagten sieht eine Callcenter-Transaktionsgebühr von 15 EUR pro Anfrage vor.

[108] Das Erstgericht verbot die Klausel als ganzes , weil die Kosten belastung bei der erforderlichen Inanspruchnahme des Callcenters für die Rückerstattung im Widerspruch zu § 6b KSchG stehe.

[109] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und untersagte nur den letzten Satz der Klausel. Die Aufforderung, sich ans Callcenter zu wenden, verschweige die dadurch entstehenden Kosten und sei daher intransparent.

[110] Die Revision der Beklagten wendet ein, dass der letzte Satz der Klausel nicht so auszulegen sei, dass die Rückerstattung mit einer Callcenter Transaktionsgebühr verknüpft sei.

[111] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[112] 13.1. D er Satz „Im letzteren Fall wenden sie sich an unser Callcenter“ ist trotz de r fehlerhaften Kleinschreibung des Personalpronomens „Sie“ eindeutig eine Aufforderung.

[113] 13.2. Zumindest in der im Verbandsprozess ausschlaggebenden kundenfeindlichsten Lesart schließt diese Aufforderung andere – kostenfreie – Kontaktmöglichkeiten zur Beklagten aus, um so die Rückerstattung zu veranlassen.

14. Klausel n 16 (6.5.1. ABB) und 17 (6.5.2. ABB)

„Sie können Ihre Buchung bis zum vierzehnten (14.) Tag vor der planmäßigen Abflugzeit Ihres Fluges stornieren. Sie sind dann zu einer Rückerstattung des Gesamtflugpreises abzüglich der Stornierungsgebühr berechtigt.“ (Klausel 16)

„Wenn Sie Ihre Buchung innerhalb von vierzehn (14) Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit Ihres Flugs stornieren, wird Ihnen der Gesamtflugpreis abzüglich der Gebühren für weitere Leistungen und der Sitzfreigabegebühr erstattet.“ (Klausel 1 7 )

[114] Die an anderer Stelle angeführte Stornierungsgebühr beträgt pro Flug und Passagier 60 EUR, die Sitzfreigabegebühr 80 EUR.

[115] Die Definition des Begriffs „ Gesamtflugpreis “ unter Punkt 1.1. der ABB lautet: „Bezeichnet den zu entrichtenden Betrag für sämtliche von [der Beklagten] an Sie erbrachte Leistungen, wie z.B. die Preise für die Beförderung im Luftverkehr und Gebühren für sonstige Serviceleistungen oder Gebühren für andere Serviceleistungen, die Sie auf unserer Webseite erworben haben.“ (Beilage ./C, Seite 7)

[116] Die Definition des Begriffs „ Flugpreis “ unter Punkt 1.1. der ABB lautet: „Bezeichnet den Preis der Beförderung vom Abflug- zum Zielort. Der Flugpreis umfasst Steuern und Kosten (einschließlich Flughafengebühren sowie staatliche Steuerabgaben) und Gebühren in niedrigster verfügbarer Höhe für Sonstige Serviceleistungen, die für Buchungszwecke unabdingbar sind.“

[117] Die Vorinstanzen beurteilten beide Klauseln als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG und gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB. Die Beklagte verwende die Begriffe „Gesamtflugpreis“ und „Flugpreis“ irreführend, weil der Verbraucher nach dem allgemeinen Sprachverständnis erwarte, dass der „Gesamtflugpreis“ mehr umfasse als „Flugpreis“ und nicht umgekehrt. Nach der Definition der Beklagten enthalte der „Gesamtflugpreis“ (im Gegensatz zum „Flugpreis“) aber keine Steuern und Kosten. Die Stornierungsgebühr sei unangemessen hoch. In der kundenfeindlichsten Auslegung könne die Beklagte vom Verbraucher sogar eine Aufzahlung fordern, wenn der Ticketpreis unter 60 EUR bzw 80 EUR liege . Außerdem fehle eine sachliche Rechtfertigung für die Abweichung von § 1168 Abs 1 ABGB.

[118] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass unklare Klauseln nicht vorliegen könnten, weil ihre ABB Begriffsdefinitionen enthielten. Die Beklagte sei berechtigt, ihren wirtschaftlichen Nachteil aus einer Stornierung des Verbrauchers durch die Sitzfreigabegebühr abzudecken. Dass Tickets günstiger als die Sitzfreigabegebühr seien, sei unerheblich für die Höhe der Gebühr. Ein negativer Betrag, der eine Betrachtung der Klausel als gröblich benachteiligend rechtfertigen könnte, lieg e sohin jedenfalls nicht vor.

[119] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[120] 14.1. Der Senat teilt die Auffassung der Vorinstanzen, dass ein Unternehmen in seinen AGB Begriffe nicht völlig losgelöst vom allgemeinen Sprachgebrauch umdefinieren darf. Dadurch würden das Lesen und Verstehen von AGB entscheidend erschwert, weil der Vertragspartner sie mit dem Glossar in der Hand wie mit einem Wörterbuch lesen müsste und im Geiste den Worten ständig andere als die gewohnten oder naheliegenden Bedeutungen beimessen müsste.

[121] Die Beklagte setzt sich aber nicht mit der rechtlichen Begründung der Vorinstanzen auseinander, wieso die von der Beklagten gewählten Begriffe gegen den allgemeinen Sprachgebrauch verstießen und schon aus diesem Grund intransparent seien (vgl RS0043603 ).

[122] 14.2. Die von ihr selbst kreierten Bezeichnungen verwirren offenbar sogar die Beklagte, versucht sie in ihrer Revision doch für Klausel 16 und 17 die Berechtigung ihrer Sitzfreigabegebühr darzulegen, obwohl die Klausel 16 die Stornierungsgebühr regelt.

[123] 14.3. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Beklagte bei einer Stornierung am 14. Tag vor der Reise sowohl eine Sitzfreigabegebühr als auch eine Stornierungsgebühr verlangen kann, ohne dass dafür eine sachliche Rechtfertigung erkennbar ist.

15. Klausel 18 (6.5.4. ABB)

„Sollte [die Beklagte] die Flugroute oder den Zeitplan der Flüge Ihres Reiseplans gemäß Artikel 15.1. ändern, den Vereinbarten Zwischenlandeort auslassen oder einen solchen hinzufügen, können Sie den Vertrag kündigen und sind berechtigt, sich den Gesamtflugpreis rückerstatten zu lassen.“

[124] Die Vorinstanzen untersagten die Klausel. Sie setze entgegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG ein einseitiges Leistungsänderungsrecht der Beklagten voraus. Die Verwendung des Begriffs „Gesamtflugpreis“ mache sie intransparent (vgl Klausel 16). Da der Gesamtpreis nicht alle vom Verbraucher bezahlten Entgelte umfasse, werde ihm ein Teil seiner bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungs-ansprüche vorenthalten, was gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB sei. Außerdem würden weitere Ansprüche des Verbrauchers aus dem dispositiven Recht verschwiegen.

[125] Die Revision der Beklagten meint , dass Verbraucherr echte nach der Fluggastrechte VO nicht eingeschränkt würden. Von Dritten erhobene Abgaben oder Gebühren wie etwa für die Abfertigung, Check-in, Sicherheits- und Passkontrollen sowie Boarding könnten nicht pauschal zurückverlangt werden, sondern nur abhängig vom bereits getätigten Aufwand.

[126] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[127] 15.1. Tatsächlich schließt die Klausel bei der gebotenen kundenfeindlichsten Lesart Schadenersatzansprüche, verschuldensunabhängige Ausgleichsansprüche und Ansprüche auf Ersatzbeförderung und Betreuungsleistungen nach der Fluggastrechte VO aus und hält den Verbraucher von der Durchsetzung seiner Ansprüche etwa aus dem dispositiven Vertragsrecht oder nach der Fluggastrechte-VO ab (vgl 4 Ob 63/21z [Klausel 29, Rz 174 und Klausel 32, Rz 184 f]).

[128] 15.2. Zur Intransparenz des auch hier verwendeten Begriffs „Gesamtflugpreis“ sei auf die Ausführungen zu Klausel 16 verwiesen.

16. Klausel 19 (7.2.1. ABB)

„Sämtliche von einem Flughafenbetreiber erhobenen Steuern und Gebühren, auch wenn sie auf die Anzahl der Passagiere zurückzuführen sind, können nicht zurückerstattet werden.“

[129] Nach den Vorinstanzen verstoße die Klausel gegen §§ 864a und 879 Abs 3 ABGB. Die Regelung finde sich nicht im Abschnitt über die Rückerstattung im Fall einer Stornierung und daher an unerwarteter Stelle. Außerdem schließe die Beklagte die Rückerstattung auch jener Auslagen aus , die sie selbst nicht leisten müsse, wie etwa von der Anzahl der beförderten Passagiere abhängige Gebühren.

[130] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass die Rückerstattung der angeführten Gebühren mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre. Es sei nicht ersichtlich, wieso die Beklagte diese Mehrkosten tragen müsse, wenn der Verbraucher den Flug nicht antrete oder aufgrund seines Verschuldens nicht transportiert werde.

[131] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[132] 16. Die Beklagte setzt sich nicht mit der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen auseinander, dass die Klausel die Rückerstattung in der gebotenen kundenfeindlichen Lesart auch für jene Beträge ausschließt, die die Beklagten wegen Nichtantritt des Fluges durch den Verbraucher noch gar nicht abzuführen hatte (vgl 4 Ob 63/21z [Klausel 23, Rz 150]). Sie ist daher in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043603).

17. Klausel 20 (7.2.2. ABB)

„[Die Beklagte] behält sich das Recht vor, zu fordern, und durch Akzeptieren dieser Allgemeinen Beförderungsbedingungen erklären Sie sich damit einverstanden, dass Sie [die Beklagte] für jeden neuen oder erhöhten Betrag von Steuern und Gebühren (einschließlich Gebühren für Sonstige Leistungen) bezahlen werden, die für Ihre Reise relevant sind und von Regierungen, anderen Behörden oder von Flughafenbetreibern zwischen dem Datum der Ausgabe des Reiseplans und dem Zeitpunkt Ihrer Reise, gegebenenfalls rückwirkend, verhängt wurden. Sollten Sie diese Beträge nicht zahlen, hat [die Beklagte] das Recht, Ihre Beförderung gemäß Artikel 12. Sollte der Gesamtflugpreis aufgrund neuer oder erhöhter Beträge für Steuern, Aufpreise oder von Regierungen, Behörden oder Flughafenbetreibern erhobene Gebühren erheblich höher ausfallen, sind Sie berechtigt, Ihre Buchung zu stornieren und sich den Gesamtflugpreis rückerstatten zu lassen.“

[133] Die Vorinstanzen verboten die Klausel wegen Verstößen gegen § 6 Abs 1 Z 5 und Abs 3 KSchG sowie § 879 Abs 3 ABGB. Ihr Bedeutungsgehalt erschließe sich aufgrund grammatikalischer Fehler und unvollständiger Sätze nicht. Außerdem werde auch der intransparente Begriff „Gesamtflugpreis“ verwendet. Die Umstände für eine Entgelterhöhung seien unzureichend konkret, eine Entgeltsenkung gar nicht vorgesehen. So wie die Beklagte den „Gesamtflugpreis“ definiere, würden bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsansprüche des Verbrauchers auch im Fall eines von der Beklagten verursachten Rücktritts beschränkt .

[134] Die Revision der Beklagten meint, dass die Klausel die für die Änderung maßgeblichen, externen Umstände keinesfalls klar definiere .

[135] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[136] 17. Auf die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass eine spiegelbildliche Preissenkung bei Änderung der äußeren Umstände fehle, geht die Revision genauso wenig ein wie auf die Intransparenz und gröbliche Benachteiligung. Sie ist daher auch in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043603).

18. Klausel 21 (7.4.1.2. ABB)

„Sie sind auch dann für die Zahlung des Gesamtflugpreises haftbar, wenn der Gesamtflugpreis von Dritten bezahlt wurde. [Die Beklagte] kann die zur Zahlung oder zur Überweisung verwendete Kredit- oder Bankkarte bzw. die bei der Buchung gemachten Angaben nach eigenem Ermessen als Angaben einstufen, bei denen ein hohes Betrugsrisiko besteht. In einem solchen Fall werden wir Sie über die Telefonnummer kontaktieren, die Sie bei Ihrer Buchung zur Bestätigung der Buchungs- und Zahlungsangaben hinterlassen haben. Sollten wir Sie nicht über eine dieser Telefonnummern erreichen können, oder Sie die Zahlungs- und Buchungsangaben nicht bestätigen können, behalten wir uns das Recht vor, Ihre Buchung zu stornieren und Ihnen den Gesamtflugpreis zurückzuerstatten.“

[137] Die Vorinstanzen sahen die Klausel als überraschend nach § 864a ABGB, gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und als Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 1 KSchG an. Weder eine Haftung für bereits bezahlte Beträge noch das Recht zur einseitigen Stornierung bei bloßem Betrugsverdacht seien sachlich gerechtfertigt. Für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung stelle die Beklagte a uch hier wieder auf den „Gesamtflugpreis“ ab und enthalte dem Verbraucher einen Teil seiner A nsprüche vor.

[138] Die Revision der Beklagten wendet ein , dass Haftung des Verbrauchers auch für bereits bezahlte Beträge gerechtfertigt sei, weil Zahlungen von Dritten auch zurückgefordert oder storniert werden können. Über ein hohes Betrugsrisiko befinde d ie Beklagte nicht nach Gutdünken, sondern aufgrund jahrelanger Erfahrung, Compliance Richtlinien und gesetzliche r Vorgaben. Sie könne den Verbraucher nur ein einziges Mal anrufen, um ihren Verdacht zu entkräften, weil ein längeres Zuwarten aufgrund der oftmals bestehenden Dringlichkeit nicht zumutbar sei und auch nicht im Interesse der gesamten Luftfahrtindustrie liege.

[139] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[140] 18.1. Die Berufung der Beklagten ging nicht auf den ersten Satz der Klausel ein. Da es sich dabei um eine selbständig zu beurteilende Rechtsfrage handelt, kann die Gültigkeit dieser Bestimmung in der Revision nicht mehr thematisiert werden (RS0043352 [T33]).

[141] 18.2. Wie das Berufungsgericht völlig richtig darlegte, ist nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung ein für eine vorzeitige Beendigung erforderlicher wichtiger Grund iSd § 6 Abs 2 Z 1 KSchG erst dann verwirklicht, wenn der in der Klausel angeführte Umstand die Erfüllung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Unternehmen tatsächlich gefährden kann (2 Ob 198/10x [Klausel 15]; RS0117369 [T10]; 8 Ob 144/18m [Klauseln 51, 53, 54]). Ein bloßer Betrugsverdacht reicht dafür nicht aus.

[142] Dies gilt umso mehr, als die Klausel die Einstufung von Angaben als betrugsverdächtig dem Ermessen der Beklagten vorbehält, ohne Kriterien zu nennen, sodass sie damit jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung eine willkürliche Einstufung ermöglicht (vgl 7 Ob 69/23g Rz 43).

[143] Überdies gibt es keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass den Verbraucher selbst nach der Lesart der Beklagten ab Buchung die Obliegenheit trifft, Tag und Nacht sofort erreichbar zu sein, um einen allfälligen Betrugsverdacht zu zerstreuen. Auch aus der Revision ist nicht erkennbar, wieso in allen Fällen – also völlig unabhängig von der noch verfügbaren Zeit bis zum Abflug – eine umgehende Aufklärung von Verdachtsmomenten geboten sein soll.

19. Klausel 22 (7.4.4.2. ABB)

„Der überwiesene Betrag muss den vollständigen und genauen Betrag des Gesamtflugpreises decken und innerhalb des auf unserer Webseite dargelegten Zeitraums bei [der Beklagten] eingehen. Wenn wir den gesamten Betrag des Gesamtflugpreises nicht im angegebenen Zeitraum erhalten, ist Ihre Buchung ungültig und wird gelöscht.“

[144] Die Vorinstanzen hielten die Klausel für intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil der Verbraucher nicht wisse, wo er den auf der „Webseite dargelegten Zeitraum“ finde. Außerdem verstoße die Klausel gegen die zwingende Fälligkeitsregel des § 6a Abs 2 KSchG, weil sie verlange , dass der Geldbetrag am Fälligkeitstag schon auf dem Konto der Beklagten eingelangt sein müsse.

[145] Die Revision der Beklagten betont, dass sie auf der Webseite – in einer für den Verbraucher eindeutig erkennbaren Art und Weise – darstelle, dass die Zahlung innerhalb von einem Tag zuzüglich der Überweisungsdauer einzulangen habe.

[146] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[147] 19.1. Nach § 6a Abs 2 KSchG, von dem gemäß § 2 Abs 2 KSchG nicht zu Lasten des Verbrauchers abgegangen werden kann, reicht für die Rechtzeitigkeit der Erfüllung der Geldschuld eines Verbrauchers gegenüber einem Unternehmer durch Banküberweisung die Erteilung des Überweisungsauftrags am Tag der Fälligkeit. Eine Klausel, nach der der Gesamtflugpreis innerhalb eines bestimmten Zeitraums bei der Beklagten eingehen muss, widerspricht dieser Regelung (vgl 8 Ob 59/20i Rz 48 [Klausel 11]).

[148] 19.2. Der Verweis auf einen auf der Webseite dargelegten Zeitraum widerspricht dem Transparenzgebot, we il der Verbraucher gezwungen ist, sich die notwendigen Informationen aus den AGB und der Webseite zusammenzusuchen (vgl RS0122040 [T16]).

[149] 19.3. Im Übrigen ändert ein auf der Webseite festgelegtes Respiro nichts daran, dass die Klausel entgegen § 6a Abs 2 KSchG nicht auf das Erteilen des Überweisungsauftrags, sondern auf ein Einlangen auf dem Konto der Beklagten abstellt.

20. Klausel 23 (7.4.4.3. ABB)

„Im Fall der Zahlung per Banküberweisung ist der Zeitraum für die Durchführung der Buchung begrenzt.“

[150] Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil die Rechtsfolgen dieser Bestimmung nicht klar seien. Dies gelte entgegen der Ansicht der Beklagten – auch in Gesamtbetrachtung mit der im Übrigen selbst intransparenten – Klausel 22.

[151] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass die Klausel 22 nicht intransparent und ein Verweis auf sie daher zulässig sei.

[152] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[153] 20.1. Die Vorinstanzen haben die Klausel nicht vor allem und schon gar nicht allein wegen eines Verweises auf Klausel 22 untersagt.

[154] 20.2. Da die Beklagte sich nicht mit den Argumenten der Vorinstanzen zur unklaren Bedeutung von Klausel 2 3 selbst auseinandersetzt, ist ihre Revision in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043603).

21. Klausel 24 (7.4.5. ABB)

„Für den Fall, dass Sie innerhalb von fünf (5) Tagen nach dem Datum der Buchung noch keine Buchungsbestätigung über die bei der Buchung angegebene E-Mail-Adresse erhalten haben, liegt es in Ihrer Verantwortung, sich mit dem Callcenter in Verbindung zu setzen, um die Gültigkeit Ihrer Buchung zu prüfen.“

[155] Die Callcenter-Transaktionsgebühr beträgt pro Anfrage 15 EUR.

[156] Die Vorinstanzen untersagten die Klausel als nichtig gemäß § 864a ABGB. Die Beklagte habe den gültig zustande gekommenen Beförderungsvertrag zu erfüllen. Die Bestimmung lege dem Verbraucher eine – noch dazu mit Kosten verbundene – Obliegenheit zur prompten Urgenz auf. Die Folgen einer Obliegenheitsverletzung blieben unklar, in kundenfeindlichster Auslegung könnte sie sogar zum Verlust der Beförderungsleistung führen . Die Festlegung einer kostenpflichtigen Holschuld verstoße gegen § 6b KSchG und sei gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[157] Die Revision der Beklagten meint , eine Obliegenheitsverletzung des Verbrauchers bleibe sanktionslos, sodass die Klausel weder intransparent sei noch gegen § 6b KSchG verstoße.

[158] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[159] 21.1. Das Transparenzgebot soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung der AGB sicherstellen, um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird oder ihm unberechtigt Pflichten abverlangt werden (RS0115217 [T8]).

[160] 21.2. Klausel 24 suggeriert dem Verbraucher, dass er nach Ablauf einer bestimmten Zeit konkrete – für ihn noch dazu kostenpflichtige – Schritte setzen müsse. Eine sachliche Rechtfertigung für eine solche Pflicht zur Nachforschung ist den Ausführungen der Beklagten nicht zu entnehmen.

[161] Gerade weil die Konsequenzen eines Verstoßes gegen die hier festgelegte Pflicht ungeregelt bleiben, muss der Verbraucher überdies n achteilige Rechtsfolgen in Hinblick auf die Gültigkeit seiner Buchung befürchten.

22. Klausel 25 (8.2. ABB)

„Durch Akzeptieren dieser Allgemeinen Beförderungsbedingungen erklären Sie sich mit unseren Datenschutzrichtlinien einverstanden.“

[162] Laut den Vorinstanzen verstoße diese in AGB enthaltene Einwilligungserklärung gemäß Art 4 Z 11 DSGVO gegen das Gebot der Freiwilligkeit. Tatsächlich sei gemäß Art 7 DSGVO eine gesonderte Einwilligungserklärung des Verbrauchers nötig. Inhalt und Tragweite seiner Zustimmung in Klausel 22 würden dem Verbraucher n icht klar, es sei nicht einmal erkennbar, ob er einer Datenverarbeitung zustimme. Die Klausel sei deshalb auch intransparent.

[163] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass der Verbraucher bereits bei der Buchung seine Zustimmung erteile. Klausel 22 sei ein rein deklarativer Hinweis darauf.

[164] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[165] 22.1. Die Lesart der Beklagten ist vo m Wortlaut der Bestimmung nicht gedeckt. Klausel 22 nimmt keinen Bezug auf eine bereits früher erteilte Zustimmung (wozu auch immer). Sie misst eindeutig der Willenserklärung des Verbrauchers, die ABB zu akzeptieren, einseitig einen weiteren Erklärungswert bei, nämlich zugleich auch den Datenschutzrichtlinien der Beklagten zuzustimmen.

[166] 22.2. Der Einwand, eine gesetzwidrige Klausel werde in der Praxis anders gehandhabt, ist im Verbandsprozess überdies unerheblich (RS0121943).

23. Klausel n 26 (9.1. ABB) und 27 (9.2. ABB)

„Sollten Sie aus irgendwelchen Gründen nicht reisen können oder nicht rechtzeitig zum Check-in oder zum Abfluggate kommen, verweigern wir Ihnen (gemäß Artikel 9.16) die Beförderung, stornieren Ihre Buchung und erstatten auf Ihre Anfrage den Gesamtflugpreis abzüglich sämtlicher Gebühren für Sonstige Serviceleistungen und der Sitzfreigabegebühr.“ (Klausel 26)

„Sie müssen beim Check-in Ihre Identität nachweisen und Ihren Buchungscode und Ihre gültigen Reisedokumente vorlegen, wie in Artikel 11 beschrieben. Sollten Sie dies nicht tun, verweigern wir Ihnen die Beförderung, stornieren Ihre Buchung und erstatten auf Ihre Anfrage den Gesamtflugpreis abzüglich sämtlicher Gebühren für Sonstige Serviceleistungen und der Sitzfreigabegebühr.“ (Klausel 27)

[167] Die Vorinstanzen beurteilten beide Klauseln bereits aufgrund der Verwendung des Begriffs „Gesamtflugpreis“ als intransparent i Sd § 6 Abs 3 KSchG (vgl Klausel 16). Außerdem seien die Klauseln gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB, weil sie ohne sachliche Rechtfertigung von § 1168 Abs 1 ABGB abwichen und keine Anrechnung dessen vorsähen, was sich die Beklagte durch das Unterbleiben der Beförderung erspare. Klausel 26 erfasse überdies auch Fälle, in denen das Unterbleiben der Beförderung nicht auf Umstände in der Sphäre des Verbrauchers zurückzuführen sei. Klausel 27 fordere die Vorlage von gültigen Reisedokumenten unabhängig davon, ob für die Einreise in das Zielland aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen auch ein abgelaufener Reisepass akzeptiert werde.

[168] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass der Begriff „ Gesamtflugpreis “ nicht intransparent sei. Die Wortfolge „nicht reisen können“, bezeichne eindeutig nur Gründe, welche in die Sphäre des Verbrauchers fallen. Die Formulierung „gültige Reisedokumente“ meine solche, die rechtmäßig zum Reisen verwendet werden dürften.

[169] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[170] 23.1. D ie Interpretation der Beklagten für die Wortfolgen „nicht reisen können“ und „gültige Reisedokumente“ entspricht weder dem allgemeinen Sprachgebrauch noch der hier relevanten kundenfeindlichsten Auslegung.

[171] 23.2. Zur Intransparenz des Begriffs „Gesamtflugpreis“ in der von der Beklagten gewählten Bedeutung sei auf die Ausführungen zu Klausel 16 verwiesen.

24. Klausel n 28 (9.6. ABB) und 29 (9.10. ABB)

„Für bestimmte Flugrouten ist der Online-Check-in und der Check-in über die [Firmenschlagwort der Beklagten]-Mobilanwendung verfügbar. Wenn der Online-Check-in verfügbar ist, müssen Sie bei der Buchung wählen, ob Sie online oder am Flughafen einchecken. Wenn Sie den Check-in am Flughafen gewählt haben, stellen wir eine nicht rückerstattbare Bearbeitungsgebühr in Rechnung, die zum Zeitpunkt der Buchung bezahlt werden muss. Wenn Sie bei der Buchung den Online-Check-in gewählt haben und Sie später entscheiden, am Flughafen einzuchecken, wird Ihnen in diesem Fall eine Bearbeitungsgebühr berechnet, die am Flughafen entrichtet werden muss.“ (Klausel 28)

„Sollten Sie (bei Online-Check-in) Ihre Bordkarte nicht abgespeichert oder ausgedruckt haben oder Ihre Bordkarte aus anderen Gründen nicht am Abfluggate vorlegen können, können Sie gegen Entrichtung der Flughafen-Check-in-Gebühr den Check-in am Flughafen vornehmen.“ (Klausel 29)

[172] Die Gebühr für ein Check-In am Flughafen beträgt pro Flug und Passagier 30 EUR.

[173] D as Erstgericht untersagte die Klauseln gemäß § 864a ABGB. Der Verbraucher müsse nicht mit zusätzlichen Kosten für den Check-in rechnen.

[174] Das Berufungsgericht hielt unter Verweis auf die Entscheidung 8 Ob 107/19x [Klausel 1] nicht die Check In Gebühr an sich für überraschend. Jedoch würde sie der Verbraucher unter Punkt 7. der ABB „Gesamtflugpreis, Ticketpreis, Steuern, Aufpreise und Gebühren für weitere Leistungen“ vermuten und nicht unter Punkt 9. „Check-In und Einstieg“ suchen (vgl RS0014646 [T14]). Außerdem würde die Gebühr sogar anfallen, wenn der rechtzeitige Online-Check-In aus Gründen scheitere, die in der Sphäre der Beklagten l ä gen (vgl 8 Ob 107/19x [Klausel 1]).

[175] Die Revision der Beklagten argumentiert , dass die Einordnung der Bestimmung in den ABB nicht überraschend sei. Auch könne die Beklagte nicht nachvollziehen, wie ein Online-Check-In aus Gründen in ihrer Sphäre scheitern sollte.

[176] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[177] 24.1. Der Senat stimmt de r Ansicht des Berufungsgerichts zu, dass ein Verbraucher nach der Lektüre eines Abschnitts der ABB mit dem Titel „Gesamtflugpreis, Ticketpreis, Steuern, Aufpreise und Gebühren für weitere Leistungen“ keinen Anlass mehr hat, verstreute Bestimmungen in anderen Teilen der ABB zu vermuten, die darüber hinausgehende Entgeltbestandteile erstmals erwähnen.

[178] 24.2. Typische Umstände in der Sphäre eines Luftfahrtunternehmens, die einen rechtzeitigen Online Check In verhindern, wären etwa Funktionsstörungen von Webseite und App oder die vorübergehende Deaktivierung derselben wegen Wartungsarbeiten. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist also sehr wohl auch eine gröbliche Benachteiligung der Verbraucher möglich.

25. Klausel 30 (10.1. ABB)

„Sie müssen alle für Ihren Flug erforderlichen Einreise- und anderen Sicherheitsformalitäten und die Zollkontrolle durchlaufen. Sollten Sie dies nicht tun, verweigern wir Ihnen die Beförderung, stornieren Ihre Buchung und erstatten auf Ihre Anfrage hin den Gesamtflugpreis abzüglich sämtlicher Gebühren für Sonstige Serviceleistungen und der Sitzfreigabegebühr.“

[179] Die Vorinstanzen untersagten die Klausel wegen Verwendung des unklaren Begriffs „Gesamtflugpreis“ als intransparent. Außerdem weiche die Klausel ohne sachliche Rechtfertigung von § 1168 Abs 1 ABGB ab .

[180] Die Revision der Beklagten bestreitet die Intransparenz des Begriffs „Gesamtflugpreis“ und hält den Abzug von Serviceleistungen und Sitzfreigabegebühren für gerechtfertigt, weil diese Kosten unabhängig von der Vertragstreue des Verbrauchers entstünden.

[181] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[182] 25.1. Zur Intransparenz des Begriffs „Gesamtflugpreis“ in der von der Beklagten verwendeten Definition sei auf die Ausführungen zu Klausel 16 verwiesen.

[183] 25.2. Wieso die Ersparnis der Beklagten im konkreten Fall durch Abzug von in den ABB pauschal festgesetzten Gebühren ermittelt werden kann, ist in der Revision nicht nachvollziehbar dargestellt.

26. Klauseln 31 (10.4. ABB), 32 (11.4. ABB) und 48 (14.7.1. ABB)

„Im Rahmen der geltenden Gesetze schließen wir jegliche Haftung für Schäden und Verluste aus, die durch die im vorliegenden Artikel 10 beschrieben Kontrolle bzw. durch Ihre Verweigerung entstehen, sich selbst oder Ihr Gepäck solchen Kontrollen zu unterziehen.“ (Klausel 31)

„Sofern nicht anders im ungarischen bürgerlichen Gesetzbuch festgelegt, sind wir für die Verweigerung Ihrer Beförderung nicht haftbar zu machen, wenn wir hinreichend Grund zur Annahme haben, dass die geltenden Gesetze und Vorschriften Ihre Beförderung nicht zulassen.“ (Klausel 32)

„Sollten die Durchsuchungen Schäden an Ihrem Gepäck verursachen, übernehmen wir, soweit gemäß den geltenden gesetzlichen Bestimmungen zulässig, keine Haftung für derartige Schäden.“ (Klausel 48)

[184] Die Vorinstanzen beurteilten die Klauseln als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil sie dem Verbraucher aufbürdeten, seine Rechte selbst zu erkennen.

[185] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass die Klauseln keine Haftungseinschränkungen enthalten, sondern den Verbraucher nur informieren würden, dass die Beklagte keine weitergehenden Haftungen übernehme .

[186] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[187] 26.1. § 6 Abs 1 Z 9 KSchG erklärt Haftungsausschl üsse zugunsten des Unternehmers für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Unternehmers für unwirksam.

[188] Klauseln, die d em Verbraucher das Risiko aufbürden, die (teilweise) Rechtswidrigkeit eines darüber hinausgehenden Haftungsausschlusses zu erkennen, vermitteln ihm daher ein unrichtiges Bild der Rechtslage.

[189] Der Oberste Gerichtshof hat deshalb bereits folgende Haftungseinschränkungen als (nachgeschobene) salvatorische Klauseln untersagt : „sofern nicht gesetzliche Bestimmungen entgegen stehen“ (4 Ob 221/06p [Klausel 2.23]), „soweit zulässig“ (4 Ob 179/18d [Klausel 5]), „soweit nicht zwingende Bestimmungen des KSchG entgegenstehen“ (7 Ob 173/10g [Klausel 12]), „sofern eine derartige Vereinbarung gesetzlich möglich ist“ (4 Ob 59/09v [Klausel 26]).

[190] Die in Klausel 31 gewählte Formulierung „im Rahmen der Gesetze“ ist damit vergleichbar. Sie umfasst auch Sicherheitskontrollen, die „von der Fluggesellschaft“, also auch der Beklagten oder eines ihrer Erfüllungsgehilfen durchgeführt werden.

[191] Die Argumentation, dass die Formulierung „schließen wir jegliche Haftung für Schäden und Verluste aus“ nicht als H aftungsausschluss für von der Beklagten verursachte Schäden zu verstehen sei, ist geradezu absurd.

[192] 26.2. Auch die Formulierung in Klausel 32 „Sofern nicht anders im ungarischen bürgerlichen Gesetzbuch festgelegt“ ist eine solche salvatorische Klausel. Die Intransparenz wird noch dadurch verstärkt, dass sie eine Einschränkung de s Haftungsausschlusses durch andere Normen, insbesondere aus dem hier anzuwendenden österreichischen Recht nicht zulässt.

[193] 26.3. Klausel 48 mit der Wortfolge „soweit gemäß den geltenden gesetzlichen Bestimmungen zulässig“ ist ebenfalls den bereits vom Obersten Gerichtshof untersagten salvatorischen Klauseln vergleichbar (vgl 4 Ob 221/06p [Klausel 2.23]; 4 Ob 179/18d [Klausel 5]; 7 Ob 173/10g [Klausel 12]; 4 Ob 59/09v [Klausel 26]).

27. Klausel n 33 bis 39 (12.1. ABB)

„Für alle nicht in den anderen Absätzen der vorliegenden Allgemeinen Beförderungsbedingungen beschriebenen Fälle behalten wir uns das Recht vor, Ihnen die Beförderung bzw. die Beförderung Ihres Gepäcks zu verweigern, insbesondere wenn, (Klausel 33)

[...]

d. Sie, Ihr körperlicher Zustand, Ihre Kleidung oder Ihr Verhalten die Mitreisenden an Bord ängstigen, empören oder bei ihnen Anstoß erregen; (Klausel 34)

[...]

f. wir Ihnen im Voraus mitgeteilt haben, dass wir Sie zu keiner Zeit mehr auf unseren Flügen befördern werden; (Klausel 35)

g. wir Ihre Buchung auch hätten ablehnen können; (Klausel 36)

[...]

j. Sie die nötigen Gebühren für die Reise, Steuern, Aufpreise oder Gebühren für weitere Leistungen nicht bezahlt haben; (Klausel 37)

k. Sie uns Geld von vorangegangenen Flügen schulden; (Klausel 38)

[...]

r. Sie es versäumt haben, uns über besondere Bedürfnisse oder die Absicht besonderes Gepäck oder Gepäckstücke, die wir nur bedingt befördern, mitzuführen zu informieren; (Klausel 39)

[194] Die Vorinstanzen sahen in diesen Klauseln einen Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 1 KSchG, weil sie nur beispielhaft aufzählen würden, wann die Beklagte die Beförderung verweigern dürfe (arg: „insbesondere, wenn“). K lausel 33 räume deshalb in kundenfeindlichster Auslegung ein Rücktrittsrecht auch ohne sachlichen Grund ein. Da die einzelnen Beispiele ohne den Einleitungssatz nicht bestehen könnten, müsse nicht geprüft werden, ob sie jeweils den Rücktritt rechtfertigen würden.

[195] Die Revision der Beklagten moniert, dass die Klauseln sachlich gerechtfertigte Rücktrittsgründe auflisten würden. Auch das dispositive Recht sehe eine Vertragsauflösung aus wichtigem Grund vor, eine abschließende Aufzählung aller Rücktrittsgründe sei nicht möglich. Die beispielhafte Aufzählung helfe dem Verbraucher bei der Einschätzung, welches Verhalten so schwerwiegend sei, dass er mit einer Leistungsverweigerung rechnen müsse.

[196] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[197] 27.1. Nach § 6 Abs 2 Z 1 KSchG sind Vertragsbestimmungen, nach denen der Unternehmer ohne sachliche Rechtfertigung vom Vertrag zurücktreten kann, nicht verbindlich, wenn sie nicht einzeln ausgehandelt wurden.

[198] 27.2. Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt die Klausel ihr Leistungsverweigerungsrecht nicht auf schwerwiegende Gr ünde , sondern gilt „[f]ür alle nicht in den anderen Absätzen der vorliegenden Allgemeinen Beförderungsbedingungen beschriebenen Fälle“ . Daran ändert auch die nachfolgende Aufzählung von Beispielen nichts.

[199] 27.3. Da jedenfalls im Verbandsprozess keine geltungserhaltende Reduktion möglich ist, können die einzelnen Beispiele nach Wegfall des Obersatzes nicht Bestand haben.

28. Klausel 40 (12.3. Satz 1 ABB)

„Sollten wir nach eigenem Ermessen Ihre Beförderung verweigern oder Ihre Buchung auf der Grundlage des vorliegenden Artikels oder der Artikel 13.3.4. oder 13.3.6. stornieren, erstatten wir auf Ihre Anfrage über das Callcenter den Gesamtflugpreis abzüglich der Gebühren für Sonstige Serviceleistungen und der Sitzfreigabegebühr zurück.“

[200] Die Callcenter-Transaktionsgebühr beträgt pro Anfrage 15 EUR.

[201] Die Vorinstanzen untersagten die Klausel. Sie verwende den intransparent definierten Begriff „Gesamtflugpreis“ (vgl zu Klausel 16) und sei gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, weil (i) der Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht „nach eigenem Ermessen“ zugestanden, (ii) die Rückerstattung des vom Verbraucher geleisteten Entgelts eingeschränkt werde und (iii) die Geltendmachung nur über das Callcenter erfolgen könne. Kosten für die Kontaktaufnahme des Callcenters widerspr ä chen § 6b KSchG.

[202] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass die Klausel eindeutig Leistungsverweigerungen aus Gründen in der Sphäre des Verbrauchers regle. In diesen Fällen sei er auch nach dispositivem Recht schadenersatzpflichtig. Der Begriff „Gesamtflugpreis“ sei durch die Definition in den ABB selbst ausreichend transparent.

[203] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[204] 28.1. Das Wort „Ermessen“ bedeutet Einschätzung, Beurteilung (Duden, Deutsches Universalwörterbuch [2019] 552). Die Wortfolge „nach eigenem Ermessen“ stellt daher auf die Einschätzung der Beklagten ab und lässt damit keinen Zusammenhang mit einem Fehlverhalten des Verbrauchers oder auch nur einem Umstand in seiner Sphäre erkennen.

[205] Da die Klausel keine Kriterien für die Ermessensausübung nennt, ermöglicht sie jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung eine willkürliche Verweigerung der Beförderung (vgl 7 Ob 69/23g Rz 43).

[206] 28.2. Zur Intransparenz des Begriffs „Gesamtflugpreis“ sei auf die Ausführungen zu Klausel 16 verwiesen.

[207] 28.3. Zu den Kosten für den Anruf beim Callcenter, das für die Rückerstattung kontaktiert werden muss, kann auf die Ausführungen zu den Klauseln 11 und 15 verwiesen werden.

29. Klausel 41 (12.3. Satz 2 ABB)

„Für Schäden oder Verluste, die als Folge der Verweigerung der Beförderung auftreten, übernehmen wir keinerlei Haftung.“

[208] Die Vorinstanzen sahen in der Klausel einen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, weil der Haftungsausschluss nicht nach dem Grad des Verschuldens der Beklagten differenziere und sogar in jenen Fällen greife, in denen die Beklagte die Beförderung zu Unrecht verweigere.

[209] Die Revision der Beklagten argumentiert wie zu Klausel 40, dass die Beklagte die Beförderung nach den Klauseln 33 bis 39 ohnedies n ur aufgrund eine s Fehlverhaltens des jeweiligen Kunden verweigern könne.

[210] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[211] 29. Weder Klausel 41 noch die Klauseln 33 bis 39 sehen die in der Revision behauptete Einschränkung des Leistungsverweigerungsrechts vor. Der Haftungsausschluss in Klausel 41 umfasst daher auch Fälle, in denen die Beklagte die Beförderung des Verbrauchers oder seines Gepäcks zu Unrecht verweigert hat.

30. Klausel 42 (13.4.2. ABB)

„Wird die Beförderung von mehreren Beförderungsunternehmen durchgeführt, ist [die Beklagte] (gemäß den vorliegenden Allgemeinen Beförderungsbedingungen) nur für den Abschnitt der Beförderung haftbar, der von ihr durchgeführt wurde.“

[212] Die Vorinstanzen hielten die Klausel für unzulässig. Wenn sich die Beklagte zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten Dritter bediene, habe sie nach § 1313a ABGB für deren Verschulden einzustehen. Ein Haftungsausschluss für Erfüllungsgehilfen verstoße gegen § 6 Abs 1 Z 9 sowie gegen § 9 KSchG, sofern es sich um Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln handelt, die von Gehilfen verursacht werden.

[213] Die Revision der Beklagten meint, dass die Bestimmung keine Haftungseinschränkung sei. Im Gegenteil, sie erweitere den Haftungspool für den Verbraucher um die im Beförderungsvertrag genannten einzelnen Vertragspartner. Eine solche Vereinbarung sei Ausfluss der Privatautonomie und für den Verbraucher nicht nachteilig.

[214] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[215] 30.1. § 6 Abs 1 Z 9 KSchG untersagt Haftungsausschlüsse für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Unternehmers oder derer, für deren Verhalten er – insbesondere nach § 1313a ABGB – haftet.

[216] Nach § 9 KSchG sind Einschränkungen der Gewährleistungsrechte des Verbrauchers vor dessen Kenntnis des Mangels nur in hier nicht relevanten Sonderkonstellationen zulässig.

[217] 30.2. Klausel 42 normiert einen generellen Haftungsausschluss der Beklagten für den Teil der Beförderung, der von einem anderen Beförderungsunternehmen durchgeführt wird. Damit verstößt sie evident gegen § 6 Abs 1 Z 9 und § 9 KSchG.

[218] 30.3. Die von der Beklagten gepriesene Erweiterung des Haftungspools findet nicht statt. Die Klausel sieht ja gerade nicht vor, dass der Erfüllungsgehilfe neben, sondern statt der Beklagten haften solle. Damit steht der Verbraucher einem Schuldner gegenüber, den er – anders als seinen Vertragspartner – nicht einmal selbst wählen konnte.

[219] 30.4. Die Ausführungen zur Privatautonomie lassen unberücksichtigt, dass die strukturell ungleich größere Verhandlungsstärke eines Unternehmers dazu führen kann, dass er vertragliche Regelungen faktisch einseitig setzen kann und damit den die Privatrechtsordnung tragenden Gedanken der Privatautonomie obsolet macht (vgl RS0048312 ). Einem solchen Missbrauch der Privatautonomie durch Aufdrängen benachteiligender vertraglicher Nebenbestimmungen, vor allem in den AGB eines typischerweise überlegenen Vertragspartners, setzt das zwingende Recht nicht durch Parteienvereinbarung abänderbare Grenzen (vgl RS0014676 [T35]).

31. Klausel n 44 (14.1.7. ABB) und 46 (14.3.2. letzter Satz ABB)

„Auf einigen Flughäfen können weitere und im Vergleich zu den oben genannten Konditionen strengere Beschränkungen bezüglich des Mitgeführten Gepäcks und der Persönlichen Gegenstände gelten. In solchen Fällen gelten die Vorschriften des Flughafens.“ (Klausel 44)

„An einigen Flughäfen können weitere Bestimmungen bezüglich der Einschränkungen gelten. In solchen Fällen gelten die Vorschriften des Flughafens.“ (Klausel 4 6 )

[220] Die Vorinstanzen verboten die Klauseln als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil dem V erbraucher nicht zugemutet werden könne, die Bestimmungen des betreffenden Flughafens mit den ABB zu vergleichen und sich die im Einzelfall gültige Regelung herauszusuchen. Zudem sei bei Klausel 46 unklar, wofür eigentlich „weitere Bestimmungen bezüglich der Einschränkungen“ bestehen könnten , weil der vorhergehende Satz (Klausel 45) einen Haftungsausschluss regle.

[221] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass es auch der Beklagten nicht zumutbar sei, den Verbrauchern die Regelungen jedes Flughafenbetreibers im Einzelnen mitzuteilen. Der Hinweis in den Klauseln 44 und 46 sei immer noch hilfreicher als den Verbraucher im Unklaren darüber zu lassen, dass strengere Regelungen existieren könnten. Im Übrigen sei „Einschränkungen“ in Klausel 44 gleichbedeutend mit „Beschränkungen“ in Klausel 46 und damit ausreichend klar.

[222] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[223] 31.1. Entgegen der Ansicht der Beklagten erschöpf en sich die Klauseln nicht in einem Hinweis auf allfällige strengere Beschränkungen. Vielmehr machen die Klauseln die Vorschriften eines Dritten zum Inhalt des Beförderungsvertrags. Damit vermittel n sie dem Verbraucher ein völlig unklares Bild seiner vertraglichen Position (vgl 1 Ob 146/15z [Klausel 3]).

[224] 31.2. Anders als der Verbraucher wird die Beklagte in einem unmittelbaren Vertragsverhältnis zum Flughafenbetreiber stehen und von diesem über die Regeln informiert werden, zu welchen Konditionen der Flughafen angeflogen und seine Infrastruktur benutzt werden darf.

[225] Sollten doch andere Parteien in einer Vertragskette zwischen der Beklagten und dem Flughafenbetreiber stehen, ist sie immer noch ein Kettenglied „näher dran“ als der Verbraucher, sodass es eher ihr als dem Fluggast zumutbar ist, für diesen relevante Vorschriften zu erforschen.

[226] 31.3. Die Ausführungen der Beklagten zum Wortsinn des Begriffs „Einschränkungen“ gehen nicht auf die von den Vorinstanzen aufgezeigte Unklarheit darüber ein, was Klausel 46 überhaupt einschränken will (vgl RS0043603).

32. Klausel n 45 (14.3.2. ABB) und 47 (14.4.4. ABB)

„Sollten Sie in ihrem Aufgabegepäck einen der folgenden Gegenstände mitführen:

übernehmen wir keinerlei Verantwortung für Verspätung, Verlust oder Beschädigung solcher Gegenstände.“ (Klausel 45)

„Wir übernehmen keinerlei Haftung für Schäden, die an zerbrechlichen Gegenständen aufgrund der Beförderung entstehen.“ (Klausel 47)

[227] Die Vorinstanzen verboten die Klauseln. Sie würden zahlreiche typischerweise von Reisenden mitgeführte Gegenstände (zB Kameras, Medikamente, geschäftliche oder private Unterlagen) nennen. Ein Haftungsausschluss für derart gängiges Reisegepäck sei nicht nur unsachlich und gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB), sondern auch überraschend nach § 864a ABGB. Die Klauseln würden außerdem gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG verstoßen, weil sie nicht nach dem Verschulden der Beklagten differenzieren würden.

[228] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass ein Haftungsausschluss nur für Verspätung, Verlust oder Beschädigung nicht gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG verstoße . Da etwa Kunstwerke oder verderbliche Waren ohnehin eher im Handgepäck befördert würden, sei der Haftungsausschluss auch weder überraschend noch gröblich benachteiligend. Eine Haftung der Beklagten für zerbrechliche Gegenstände sei unzumutbar.

[229] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[230] 32.1. § 6 Abs 1 Z 9 KSchG erklärt Haftungsausschlüsse für sonstige Schäden für unverbindlich, wenn sie auch für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit gelten.

[231] Nach der Judikatur sind außerdem Klauseln gröblich benachteiligend, nach denen eine Haftungsfreizeichnung bei Verletzung vertraglicher Hauptpflichten auch die von einem Unternehmer oder seinen Erfüllungsgehilfen verursachten Schäden erfasst (vgl RS0130673).

[232] Da die Klauseln 45 und 47 nicht nach Verschuldensgrad differenzieren, schließen sie die Haftung auch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit aus und sind daher unzulässig.

[233] 32.2. Dass die Klausel 45 als Schadenstypen „Verspätung, Verlust oder Beschädigung“ aufzählt, macht den Haftungsausschluss entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zulässig – zumal damit vielleicht nicht alle, aber doch alle typischen Ereignisse aufgezählt werden, die Aufgabegepäck negativ betreffen können.

[234] 32.3. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine Haftung des Luftfahrtunternehmens für zerbrechliche Gegenstände im Gepäck auch nicht „uferlos“. Schon das dispositive Recht sieht keine Erfolgshaftung für die unbeschädigte Ankunft von Gepäck unabhängig von allen Umständen des Einzelfalls vor. § 6 Abs 1 Z 9 KSchG lässt überdies eine Haftungsfreizeichnung für leichte Fahrlässigkeit sogar gegenüber Verbrauchern zu. Außerdem schreibt die Beklagte – von der Klägerin gar nicht beanstandet – in ihren ABB vor, dass zerbrechliches Gepäck als solches zu kennzeichnen ist, sodass der Beklagten ein entsprechend sorgfältiger Transport einzelner sensibler Frachtstücke erleichtert wird und vom Kunden auch erwartet werden darf.

[235] 32.4. Im Übrigen verst oßen die Klauseln auch gegen Art 17 Abs 2 MÜ (Montrealer Übereinkommen – Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr). Danach hat der Luftfrachtführer den Schaden an Gepäck zu ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht. Gemäß Art 26 MÜ ist jede Bestimmung des Beförderungsvertrags, durch die die Haftung des Luftfrachtführers ausgeschlossen wird, nichtig.

33. Klausel 49 (15.1.1. ABB)

„Bevor wir Ihre Buchung akzeptieren, werden wir Sie über die zu diesem Zeitpunkt gültige Flugzeiten informieren. Diese Flugzeiten sind auch in Ihrem Reiseplan angegeben.“

[236] Die Vorinstanzen untersagten die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil sie die wahre Rechtslage verschleiere. Vertragsinhalt seien die bei Vertragsabschluss vereinbarten Flugzeiten, nicht jene, die die Beklagte dem Verbraucher mitteile oder in den Reiseplan aufnehme.

[237] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass die Klausel in ihrem Gesamtkontext die Abwicklung von Angebot und Annahme verständlich beschreibe .

[238] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[239] 33.1. Gemäß § 6 Abs 2 Z 3 KSchG sind vom Unternehmer vorgegebene Vertragsbestimmungen, in denen er sich Abweichungen oder Änderungen der zu erbringenden Leistung vorbehält, nur dann wirksam, wenn die Leistungsänderung oder abweichung dem Verbraucher zumutbar ist.

[240] 33.2. In der kundenfeindlichsten Auslegung gibt Klausel 49 der Beklagten jedoch die unbeschränkte Möglichkeit, die Flugzeiten im Zuge ihrer Annahme des Anbots des Verbrauchers einseitig zu ändern. Diese Auslegung wird auch dadurch gestützt, dass sich die Klausel im Pkt 15.1 „Vertragsänderungen durch [die Beklagte]“ findet.

[241] Wie schon die Berufung stellt auch die Revision nicht klar, welcher konkrete Gesamtkontext für welches andere Auslegungsergebnis sprechen soll .

34. Klausel 50 (15.1.1. ABB)

„Sollten Sie im Falle einer Änderung der Flugzeit, des Datums oder der Flugroute die Änderungen in irgendeiner Form annehmen, gilt der Vertrag zwischen Ihnen und [der Beklagten] als dementsprechend berichtigt.“

[242] Die Vorinstanzen sahen in der Klausel einen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 2 und Abs 3 KSchG. Ein Vertrag komme durch übereinstimmende ausdrückliche oder konkludente Willenserklärungen (Angebot und Annahme) zustande. Die Formulierung „in irgendeiner Form annehmen“ verschleiere die wahre Rechtslage und suggeriere, dass auch andere, nicht genannte „Formen“, etwa ein Schweigen, ein geändertes Vertragsverhältnis begründen könnten . Dies sei schon deshalb unzulässig, weil die Klausel entgegen § 6 Abs 1 Z 2 KSchG keine Fristsetzung für die Abgabe der Erklärung des Verbrauchers vor sehe.

[243] Die Revision der Beklagten meint, dass die Klausel keine Zustimmungsfiktion regle. Vielmehr erleichtere sie dem Verbraucher die Abgabe seiner Willenserklärung, weil sie diese an keine bestimmte Form knüpfe.

[244] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[245] 34.1. § 6 Abs 1 Z 2 KSchG be schränkt die Zulässigkeit vertraglicher Erklärungsfiktionen, nach denen ein bestimmtes Verhalten des Verbrauchers als Abgabe oder Nichtabgabe einer Erklärung gewertet wird. Klauseln, die etwa Schweigen als Zustimmung werten , sind nur dann wirksam, wenn der Unternehmer dem Verbraucher für die Abgabe seiner Erklärung eine angemessene Frist setzt und ihn bei Beginn der Frist auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hinweist.

[246] 34.2. Wieso die Formulierung „in irgendeiner Form“ entgegen dem Verständnis der Vorinstanzen in ihrer kundenfeindlichsten Auslegung nicht auch die Zustimmung durch (unzulässige) Erklärungsfiktion umfassen soll, legt die Beklagte in ihrer Revision nicht dar.

35. Klausel 51 (15.1.2. ABB)

„Sofern im Abkommen oder in der Verordnung 261 nicht anderes angegeben, können Sie – indem Sie sich mit unserem Callcenter in Verbindung setzen – unter den nachfolgend aufgeführten Optionen auswählen, wenn wir zwischen dem Zeitpunkt Ihrer Buchung und der planmäßigen Abflugzeit Ihres Fluges Ihren Flug stornieren oder die planmäßige Abflugzeit ändern oder die neue Flugzeit für Sie nicht annehmbar ist und wir Ihnen keinen für Sie annehmbaren Alternativflug buchen können:

a) Wir buchen Sie je nach Verfügbarkeit der Plätze auf einen anderen Flug von [der Beklagten] auf der gleichen oder – falls erforderlich – einer vergleichbaren Strecke innerhalb von vierzehn (14) Tagen vor oder innerhalb von dreißig (30) Tagen nach dem planmäßigen Abflugdatum des verspäteten bzw. gestrichenen Flugs um, oder

b) Sie können Ihre Buchung stornieren und beantragen, dass ein Guthaben im Wert von 120 % des von Ihnen entrichteten Flugpreises und 100 % des Betrags der Servicegebühren des stornierten Flugs, sowie gegebenenfalls 120 % des Flugpreises und 100 % des Betrags der Servicegebühren für den Rückflug auf Ihr 'Kundenkonto' gutgeschrieben wird; oder

c) Sie können Ihre Buchung stornieren und wir erstatten den Gesamtflugpreis für den stornierten Flug und gegebenenfalls für den Rückflug zurück (einschließlich Steuern und Gebühren). Wenn Sie Ihre Auswahl ändern möchten, können Sie dies entsprechend den allgemeinen Vorschriften tun, indem Sie die entsprechende Gebühr entrichten.

Bitte beachten Sie, dass hinsichtlich der zusätzlichen Leistungen bei Stornierung die entsprechenden Richtlinien für Stornierung und Rückerstattung Dritter des jeweiligen Anbieters gelten.“

[247] Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Die Formulierung „Sofern im Abkommen oder in der Verordnung 261 nicht anderes angegeben“ stelle eine salvatorische Klausel dar, die dem Verbraucher das unzumutbare Risiko aufbürde, die Rechtswidrigkeit der Regelung zu erkennen. Ihm sei auch nicht erkennbar, dass mit „Verordnung 261“ die Fluggastrechteverordnung VO (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 gemeint sei.

[248] Die Möglichkeit für die Beklagte, ohne Angabe von Gründen Flüge zu stornieren oder Flugzeiten zu ändern, verstoße gegen § 6 Abs 2 Z 1 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB. Schließlich widerspreche die verpflichtende kostenpflichtige Kontaktaufnahme mit dem Callcenter § 6b KSchG.

[249] Die Revision der Beklagten meint, dass die Klausel den Verbraucher auf die Fluggastrechte VO aufmerksam mache und ihm darüber hinaus weitere individuelle Ersatzmöglichkeiten einräume. Die Klausel sei daher weder intransparent noch nachteilig.

[250] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[251] 35.1. Zur Unzulässigkeit salvatorischer Klauseln, die dem Verbraucher das unzumutbare Risiko aufbürden, die (teilweise) Rechtswidrigkeit der beanstandeten Regelung zu erkennen und ihm daher ein unrichtiges Bild der Rechtslage vermittelt, sei auf die in Punkt 26 zitierte Rechtsprechung verwiesen.

[252] Die Formulierung „Sofern im Abkommen oder in der Verordnung 261 nicht anderes angegeben“ ist den dort untersagten Klauseln vergleichbar.

[253] 35.2. Eingehend mit der Verschleierung von Rechten nach der Fluggastrechte VO befasste sich die Entscheidung 4 Ob 63/21z [Klausel 32]. Dort erachtete der Oberste Gerichtshof eine Klausel, die die Erstattung im Fall einer Flugannullierung, einer Flugplanänderung, des Nichtanfliegens des Bestimmungsorts oder eines Zwischenlandeorts sowie im Fall eines von der Beklagten verschuldeten Nichterreichens eines gebuchten Anschlussfluges betraf, also mit zumindest teilweise gleichem Regelungsinhalt, für intransparent. So wie hier Klausel 51 bildete auch jene Klausel nicht sämtliche Ansprüche des Kunden im Fall einer Leistungsstörung ab, sondern ließ die Ansprüche auf Zahlung der Ausgleichszahlung (Art 7 Fluggastrechte VO), auf volle Erstattung auch bereits konsumierter Flüge, wenn die in Anspruch genommenen Flüge für ihn zwecklos waren (Art 8 Abs 1 lit a Fluggastrechte VO), und auf Betreuungsleistungen (Art 9 Fluggastrechte VO) unerwähnt.

[254] 35.3. Auch Klausel 51 kann vom Verbraucher als abschließende Regelung seiner Ansprüche missverstanden werden und vermittelt daher ein unklares und unvollständiges Bild über seine Rechtsposition. Der Verweis auf die „Verordnung 261 “, vermag diese Intransparenz nicht zu beseitigen, weil dem Verbraucher nicht zugemutet werden kann, seine Ansprüche nach den ABB mit jenen laut der Fluggastrechte VO zu vergleichen, selbst wenn er diese als durch die unklare Wendung „Verordnung 261“ gemeint erkennen sollte.

36. Klausel 52 (15.3.1. ABB)

„[Die Beklagte] kann Sie im Falle einer Umbuchung oder Umleitung mit einem alternativen Beförderungsmittel befördern, das nicht der Luftfahrt angehört.“

[255] Die Vorinstanzen sahen in der Klausel Verstöße gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB. D ie Beförderung mit einem Flugzeug sei eine von der Beklagten zu erbringende Leistung. Mit der Umstellung auf ein anderes Beförderungsmittel räume die Klausel der Beklagten ein nicht nur geringfügiges Leistungsänderungsrecht ein, ohne es auf sachlich gerechtfertigte Fälle zu beschränken . Dadurch entstehe ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den Rechtspositionen beider Vertragsparteien.

[256] Die Revision der Beklagten moniert, dass sich die Klausel eindeutig nur auf Kurzstrecken beziehe, bei denen eine alternative Beförderung ohne gravierende Zeitdifferenzen möglich sei . Im Übrigen folge aus der Formulierung „kann Sie … befördern“ , dass die alternative Beförderungsart eine Zustimmung des Verbrauchers voraussetze.

[257] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[258] 36.1. Gemäß § 6 Abs 2 Z 3 KSchG ist ein konkretisierter Vorbehalt einseitiger Leistungsänderungen in AGB nur wirksam, wenn diese dem Verbraucher zumutbar sind, insbesondere wenn sie geringfügig und sachlich gerechtfertigt sind.

[259] S achlich nicht gerechtfertigte Änderungen sind nach der Rechtsprechung jedenfalls unzumutbar (RS0128732). Auf eine solche stellt die Klausel jedenfalls in ihrer kundenfeindlichsten Auslegung nicht ab.

[260] 36.2. I n einem Individualprozess hielt der Oberste Gerichtshof zwar nachträgliche Flugzeitenänderungen wegen Änderung der Fluggesellschaft, des Fluggeräts und/oder der Streckenführung für zulässig, weil es keine Anhaltspunkte gab, dass das gebuchte und d a s tatsächlich eingesetzte Flugunternehmen nicht gleichwertig waren (4 Ob 203/18h [Pkt 3.2]). Jedenfalls im Verbandsprozess kann dagegen nicht von einer Gleichwertigkeit einer Beförderung mit einem Flugzeug und einer Beförderung mit einem nicht der Luftfahrt zuzuordnenden Beförderungsmittel ausgegangen werden.

[261] Für die in der Revision behauptete Einschränkung von Umbuchungen auf Kurzstrecken und nur bei Zustimmung des Verbrauchers gibt es im Wortlaut der Klausel keinen Anhal t spunkt.

37. Klausel 53 (15.3.2. ABB)

„Wenn Sie einer Beförderung mit einem alternativen Beförderungsmittel ausdrücklich oder indirekt zustimmen, wird der Vertrag durch die Erbringung der alternativen Beförderung als erfüllt erachtet, und wir übernehmen Ihnen gegenüber keine weitere Haftung mehr. Sie haben danach kein Anrecht mehr auf eine vollständige oder anteilige Rückerstattung des Gesamtflugpreises bzw. auf eine Entschädigung.“

[262] Die Vorinstanzen verboten die Klausel wegen Verst ößen gegen § 6 Abs 1 Z 9, § 6 Abs 3 und § 9 KSchG s owie § 879 Abs 3 ABGB. Sie sehe einen weitgehenden Ausschluss der Geltendmachung von Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüchen durch den Verbraucher vor, falls die Beklagte die zugesagte Beförderung nicht durch eine Flugreise, sondern durch andere Beförderungsmittel erbringe. Nach dem Wortlaut seien sogar Ansprüche nach Art 9 der Fluggastrechte VO ausgeschlossen.

[263] Die Revision der Beklagten meint, dass die Zustimmung des Kunden zur alternativen Beförderung eine Anpassung des Beförderungsvertrags bewirke, sodass aus dem ursprünglichen Vertrag gerade keine Ansprüche mehr bestünden. Wenn der Verbraucher von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch mache, könne er natürlich die Ansprüche nach der Fluggastrechte VO geltend machen.

[264] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[265] 37.1. Entgegen der Ansicht der Beklagten stehen die Ansprüche nach der Fluggastrechte VO – bei Vorliegen der dort normierten Voraussetzungen – jedoch auch dann zu, wenn der Fluggast eine alternative Beförderung zum Zielort in Anspruch nimmt . Nach der Rechtsprechung des EuGH steht sogar dem Fluggast, der wegen einer Annullierung schon eine Ausgleichszahlung erhalten und den ihm angebotenen Alternativflug akzeptiert hat, bei einer großen Verspätung des Alternativflugs ein weiterer Ausgleichsanspruch zu (C 832/18, Finnair Oyj , Rn 33; Maruhn in Schmid, BeckOK Fluggastrechte-Verordnung 24 [2022] Art 7 Rz 25).

[266] Gemäß Art 15 Abs 1 Fluggastrechte VO dürfen die Verpflichtungen aus der VO gegenüber dem Fluggast nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

[267] 37.2. Auch Schadenersatzansprüche, etwa wegen Verspätung, bestehen nach dispositivem Recht selbst dann, wenn der Fluggast eine alternative Transportgelegenheit wahrnimmt:

[268] Ein Personenbeförderungsvertrag mit Luftfahrzeugen im Linienverkehr ist ein relatives Fixgeschäft iSd § 919 zweiter Satz ABGB, weil Natur und Zweck der vereinbarten Flugtermine im Allgemeinen erkennen lassen, dass der Fluggast als Gläubiger an einer verspäteten Leistung kein Interesse mehr hat (RS0018434). N immt er die verspätete Erfüllung trotzdem an, kann er gemäß §§ 918 Abs 1 und 1333 ABGB zwar nicht den Schadenersatz wegen Nichterfüllung, wohl aber den Verspätungsschaden begehren (RS0018422).

38. Klausel 54 (15.4.1. ABB)

„Wenn wir nicht vom Abflugort abfliegen oder am Bestimmungsort bzw. am vereinbarten Zwischenlandeort landen können und das Flugzeug auf einen anderen Flughafen umgeleitet wird (nachstehend 'Umleitung'), werden wir – sofern das Flugzeug nicht zum ursprünglichen Bestimmungsort weiterfliegt – eine von uns selbst gestellte oder durch anderweitige Transportmittel ermöglichte Transportmöglichkeit organisieren, um Sie zum Bestimmungsort bringen. In einem solchen Fall wird der Vertrag als erfüllt erachtet, und wir übernehmen Ihnen gegenüber keine weitere Haftung mehr.“

[269] Die Vorinstanzen untersagten die Klausel. Der im zweiten Satz enthaltene Haftungsausschluss greife nämlich auch in Fällen, in denen eine Umleitung nicht auf höhere Gewalt, sondern auf einen von der Beklagten zu vertretenden Grund zurückzuführen sei. Bei kundenfeindlichster Auslegung schließt die Klausel selbst in diesen Fällen auch die nach der Fluggastrechte VO zustehenden Entschädigungsleistungen und Betreuungsleistungen aus. Dies verstoße auch gegen § 6 Abs 1 Z 9 und § 9 KSchG sowie gegen § 879 Abs 3 ABGB und die Fluggastrechte VO.

[270] Die Revision der Beklagten wiederholt ihre Argumentation aus der Berufung, dass sie durch das kostenlose Transportmittel ihrer Verpflichtung gemäß der Fluggastrechte VO nachkomme, sodass keine Haftung mehr in Frage komme.

[271] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[272] 38.1. Da die Beklagte sich nicht mit den Argumenten der Vorinstanzen zur kundenfeindlichsten Auslegung der Klausel auseinandersetzt, ist ihre Revision in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043603).

39. Klausel 55 (15.7.1. erster Satz ABB)

„Sofern in den vorangegangenen Abschnitten des Artikels 15 nicht anders angegeben, haften wir nicht weiter für Vertragsänderungen, die aufgrund von außergewöhnlichen Umständen oder höherer Gewalt entstehen.“

[273] D as Erstgericht verbot die Klausel als intransparent i Sd § 6 Abs 3 KSchG. Die Formulierung „Vertragsänderungen, die aufgrund von außergewöhnlichen Umständen oder höherer Gewalt entstehen“ erwecke beim Verbraucher den Eindruck, eine Änderung des Vertrags käme durch äußere Umstände und nicht durch Willenserklärungen der Vertragsparteien zustande. Insofern verschleiere sie die wahre Rechtslage.

[274] Das Berufungsgericht meinte, dass ein durchschnittlicher Verbraucher die Klausel so verstehe, dass sich der Haftungsausschluss auf jene Vertragsänderungen beziehe, die notwendig geworden seien , weil die Leistungserbringung des ursprünglichen Vertrags wegen außergewöhnlicher Umstände oder höherer Gewalt nicht mehr möglich gewesen sei . Die vom Erstgericht beanstandete Passage sei daher nicht intransparent.

[275] Jedoch schließe die Klausel nach kundenfeindlichster Auslegung auch Rücktrittsrechte des Verbrauchers, etwa bei objektivem Verzug wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (vgl 9 Ob 42/04y) oder wegen außergewöhnlicher Umstände am Reiseziel (zB Reisewarnung der Stufe 5 oder 6, gravierende und unvorhersehbare Lock-down-Maßnahmen am Reiseziel; vgl dazu 8 Ob 99/99p; 1 Ob 257/01b) aus . Ebenso erwecke die Klausel den Eindruck, dass dem Verbraucher auch die Betreuungsleistungen nach Art 9 Fluggastrechte VO nicht zustünden. Im Übrigen verweise die Wortfolge „vorangegangenen Abschnitte des Artikel 15“ auf zum Teil unzulässige Bestimmungen, weshalb auch die verweisende Klausel 55 unzulässig sei (RS0122040).

[276] Die Revision der Beklagten betont, dass die Klausel nur die Haftung für Schäden regle. Da Betreuungsleistungen nach der Fluggastrechte VO keine Schadenersatzansprüche seien, würden diese auch nicht eingeschränk t . Die Abschnitte des Art 15 seien in den elektronischen ABB der Beklagten verlinkt, sodass der Verbraucher leicht auf diese Bestimmungen zugreifen könne.

[277] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[278] 39.1. Die Beklagte tritt damit der Argumentation des Berufungsgerichts gar nicht entgegen, dass die Klausel die Rücktrittsrechte des Verbrauchers verschleiere. Auch kann eine noch so benutzerfreundliche Verlinkung nicht darüber hinweghelfen, dass Klausel 55 auf Bestimmungen Bezug nimmt, die intransparent sind, und durch den Verweis darauf selbst unzulässig wird ( RS0122040 ).

[279] 39.2. Da sich die Beklagte damit nur mit einem Teil der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts auseinandersetzt, ist ihre Revision zu Klausel 55 nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043603).

40. Klausel 56 (15.7.1. zweiter Satz ABB)

„Sofern im Rahmen der geltenden Gesetze und vorliegenden Allgemeinen Beförderungsbedingungen zulässig, schließen wir jegliche Haftung für Schäden oder Verluste aus, die aufgrund oder infolge von Außergewöhnlichen Umständen oder Höherer Gewalt entstanden sind.“

[280] D ie Vorinstanzen sahen in der Klausel eine nachgeschobene salvatorische Klausel und verb o ten sie als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Zwar könne für (ausschließlich) durch Zufall oder höhere Gewalt ausgelöste Schäden grundsätzlich niemand zur Haftung herangezogen werden (7 Ob 243/08y), sodass in dieser Hinsicht die Gesetzeslage wiedergegeben werde. Der Verbraucher werde die Bestimmung aber so verstehen, dass ihm bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände auch die nach der Fluggastrechte VO zu gewährenden Betreuungsleistungen nicht zustünden.

[281] Die Revision der Beklagten meint, dass Betreuungsleistungen nach der Fluggastrechte VO keine Schadenersatzansprüche seien und daher durch die Klausel auch nicht eingeschränk t würden .

[282] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[283] 40.1. Wird Fluggästen gegen ihren Willen die Beförderung verweigert, so steh en ihnen nach Art 4 Abs 3 Fluggastrechte VO Ausgleichsleistungen gemäß Art 7 und Unterstützungsleistungen gemäß den Art 8 und 9 zu.

[284] D ie Ausgleichsleistungen entfallen nach Art 5 Abs 3 Fluggastrechte VO nur, wenn die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

[285] Diese Ansprüche des Fluggastes sind zwingendes Recht (Art 9 Abs 1 Fluggastrechte-VO).

[286] 40.2. Die Klausel der Beklagten enthält anders als der Verordnungstext keine Einschränkung auf durch zumutbare Maßnahmen unvermeidbare außergewöhnliche Umstände. Er ist daher jedenfalls in der kundenfeindlichsten Auslegung als weitergehender Haftungsausschluss zu verstehen.

[287] Wie bereits mehrfach dargelegt (vgl Klausel 31), darf dem Verbraucher nicht d urch eine salvatorische Klausel die unzumutbare Aufgabe aufgebürdet werden, durch V ergleich mit zwingenden Normen selbst zu ermitteln, in welchem Ausmaß ihm entgegen der Regelung in den ABB doch Ansprüche zustehen.

41. Klausel 57 (16.1.1. ABB)

„Soweit nicht anders in den vorliegenden Allgemeinen Beförderungsbedingungen angegeben ist, können alle von uns berechneten Ticketpreise, Steuern, Aufpreise und Gebühren für weitere Dienstleistungen nicht rückerstattet werden.“

[288] Die Vorinstanzen hielten die Klausel für unzulässig, weil sie sich auf die in diesem Verfahren ebenfalls untersagten Rückerstattungsklauseln 58 und 62 beziehe.

[289] Die Revision der Beklagten meint, dass die Klausel nicht ausdrücklich auf die Klauseln 58 und 62 Bezug nehme. Die Klausel 57 könne jedenfalls unabhängig von diesen Klauseln bestehen, weil die ABB zahlreiche Fälle anführe, wann eine Erstattung der Flugscheinkosten vorgesehen sei.

[290] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[291] 41.1. Die Beklagte behauptet in ihrer Revision nicht einmal, dass ihre ABB alle (sondern nur zahlreiche) Ansprüche der Verbraucher nach der Fluggastrechte VO aufzeige, geschweige denn alle Ansprüche nach zwingendem nationalen Recht, etwa bei Arglist.

[292] Damit wird nicht erkennbar, wie der Ausschluss aller nicht in den ABB aufgezählten Rückerstattungsansprüche in Klausel 57 zulässig sein könnte.

42. Klausel 58 (16.1.3. ABB)

„Eine Rückerstattung, die an eine Person erfolgt, von der wir nach Vorlage der entsprechenden Buchung (einschließlich Buchungscode) oder von anderen Dokumenten, die wir in Bezug auf die Beförderung und die Person ausgestellten haben allen Grund haben anzunehmen, dass es sich um die Buchende Person handelt, gilt als ordnungsgemäße Rückerstattung und entbindet uns von jeglichen weiteren Ansprüchen auf Rückerstattung an eine Buchende Person oder einen Passagier.“

[293] Die Vorinstanzen verboten die Klausel als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Die Klausel schließe eine Rückerstattung an den eigentlichen Kunden aus, obwohl an den Dritten aus bereicherungsrechtlicher Sicht eine Nichtleistung erbracht werde, die Ansprüche des eigentlichen Kunden nach dispositivem Recht unberührt lasse. Für diese Abweichung sei keine sachliche Rechtfertigung ersichtlich. Auch lasse die Klausel offen , wieso die Beklagte nur aufgrund der Vorlage von Buchungsunterlagen jedenfalls davon ausgehen dürfe, dass diese Person die Buchung vorgenommen habe .

[294] Die Revision der Beklagten wendet ein, dass sie bei Buchung über einen Drittanbieter des dreipersonalen Verhältnisses nicht an den Fluggast, sondern an ihren Vertragspartner zurückerstatten müsse.

[295] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[296] 42.1. Klausel 58 nimmt keinen erkennbaren Bezug auf eine Rückerstattung im Dreiecksverhältnis, sondern statuiert eine Schuldbefreiung, (auch) wenn die Beklagte an eine unberechtigte Person leistet, von der sie aufgrund der Vorlage von Buchungsunterlagen annimmt, dass es sich um ihren Vertragspartner handle.

[297] Die Revisionsausführungen können daher die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen nicht entkräften.

43. Klausel 59 bis 61 (16.2.1. ABB)

„Wenn Sie gemäß der Verordnung 261 ein Recht auf Betreuungsleistungen haben, bieten wir Ihnen Folgendes kostenlos an:

[…]

b) Organisation einer Hotelunterkunft oder Erstattung der Kosten für die Hotelunterkunft in folgenden Fällen:

- wenn eine Übernachtung von mindestens einer (1) Nacht erforderlich ist; oder

- wenn zusätzlich zu der vom Passagier am Abflugort beabsichtigten Übernachtung eine (1) weitere Übernachtung am Abflugort erforderlich wird;“ (Klausel 59)

„c) Organisation eines Beförderungsmittels oder Rückerstattung der Kosten für ein Beförderungsmittel zwischen Flughafen und dem in Klausel 16.2.1 b) beschriebenen Unterkunftsort (Hotel oder andere Unterkunft).“ (Klausel 60)

„Wir erstatten die Kosten für Betreuungsleistungen gemäß den Artikel 16.2.1. b) und c) bis zu einem angemessenen Betrag und gegen Vorlage der Rechnung(en).“ (Klausel 61 )

[298] Die Vorinstanzen untersagten alle drei Klauseln. In der verbraucherfeindlichsten Auslegung komme der Beklagten ein Wahlrecht zwischen der Zurverfügungstellung der Unterkunft/Beförderung und der Kostenerstattung zu. Die einseitig zwingende Fluggastrechte VO sehe aber weder dieses Wahlrecht, noch eine Kostenerstattung oder gar eine Angemessenheitsgrenze vor. Der Verbraucher könne außerdem nicht vorhersehen, welchen Betrag die Beklagte als angemessen ansehen und rückerstatten würde. Die Formulierung entspreche deshalb nicht § 6 Abs 3 KSchG und sei intransparent.

[299] Die Revision der Beklagten betont, dass die Klausel die Rechte des Verbrauchers nach der Fluggastrechte VO nicht beschränke, sondern im Gegenteil seine Optionen erweitere. Er könne sich ohne auf die Organisation der B eklagten angewiesen zu sein, eine Unterkunft oder ein Beförderungsmittel suchen, deren Kosten die Beklagte zu den gleichen Konditionen übernehme, wie wenn sie dem Verbraucher diese Leistungen zur Verfügung gestellt hätte. Der Verbraucher trete also nur auf einen Wunsch in Vorleistung.

[300] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[301] 43.1. Art 9 Abs 1 Fluggastrechte VO sieht vor, dass Fluggästen (bei großer Verspätung, Nichtbeförderung oder Annullierung von Flügen) unentgeltlich eine Hotelunterbringung und eine Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung anzubieten ist. „Anbieten“ bedeutet, dass das Luftfahrtunternehmen diese Leistungen unaufgefordert gewähren muss. Es genügt nicht, wenn es diese auf Nachfrage zur Verfügung stellt oder gar die Suche und Buchung eines Hotelzimmers dem Fluggast überlässt und später die angefallenen Kosten erstattet. Die in Art 9 statuierten Ansprüche sind nach Art 15 Abs 1 der Fluggastrechte VO zwingendes Recht und dürfen daher durch die Luftfahrtunternehmen in ABB weder beschränkt noch ausgeschlossen werden ( Hopperdietzel in Schmid , BeckOK Fluggastrechte-Verordnung Art 9 Rz 2). Der Fluggast muss deshalb auch nicht mit eigenen Mitteln in Vorlage treten ( Hopperdietzel in Schmid , BeckOK Fluggastrechte-Verordnung Art 9 Rz 5).

[302] 43.2. Die Klauseln 59 bis 60 besagen im Kern: „Wenn Sie [...] ein Recht auf Betreuungsleistungen haben, bieten wir Ihnen Folgendes kostenlos an:“ [Betreuungsleistung oder Kostenersatz].

[303] Wem die Wahl zwischen den beiden Optionen zukommt, ist nicht ausdrücklich ausgesprochen. Der Senat teilt deshalb die Ansicht der Vorinstanzen, dass die Beklagte zumindest in der k undenfeindlichsten Auslegung wählen kann, ob sie Betreuungsleistungen erbringt oder nur die Kosten für vom Verbraucher selbst organisierte Unterkünfte bzw Beförderungsmittel erstattet.

[304] 43.3. Auf die Intransparenz wegen der u nvorhersehbaren Höhe des Kostenersatzes geht die Revision der Beklagten nicht ein.

44. Klausel 62 (16.2.3. ABB)

„Wir erstatten die Kosten für Hilfeleistungen gemäß Artikel 16.2.1. wenn dies weitere Verspätungen zur Folge hätte.“

[305] Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als intransparent i Sd § 6 Abs 3 KSchG. Für den Verbraucher – wie auch für das Gericht – bleibe unklar, was die Klausel regeln wolle. Außerdem verweise die Klausel auf eine unzulässige Bestimmung, was auch zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung führ e .

[306] Die Revision der Beklagten meint, dass die Zielklauseln des Verweises zulässig seien. Klausel 62 selbst stelle klar, dass die Leistungsansprüche des Verbrauchers laut ABB Punkt 16.2.1. bei Verspätungen bestehen und weitere Verspätungen möglichst hintangehalten werden sollen.

[307] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[308] 44.1. Wegen der Unzulässigkeit der Klauseln 59 bis 61, auf die Klausel 62 verweist, ist auch Klausel 62 selbst unzulässig (RS0122040).

[309] 44.2. Weitere Bemühungen, einen intersubjektiv nachvollziehbaren Bedeutungsgehalt von Klausel 62 zu erschließen erübrigen sich damit.

45. Klausel 63 (17.1.2. erster Satz ABB)

„Gegebenenfalls ist die Schadenshaftung von [der Beklagten] gemäß des Übereinkommens und den vorliegenden Allgemeinen Beförderungsbedingungen begrenzt.“

[310] Die Vorinstanzen verboten die Klausel. Sie bezwecke in Zusammenhang mit Punkt 17.1.5. der ABB (Klauseln 65 und 66) einen unzulässigen Haftungsausschluss. Der Verweis auf ein „Übereinkommen“ mache die Klausel außerdem intransparent i Sd § 6 Abs 3 KSchG, weil dem Verbraucher ein Vergleich zwischen ABB und dem nicht zumutbar sei.

[311] Die Revision der Beklagten sieht in der Bestimmung keine vertragliche Freizeichnungsklausel. Der Verbraucher werde lediglich auf die Gesetzeslage verwiesen, die er so wie in anderen Lebensbereichen auch erfassen können müsse.

[312] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[313] 45.1. Gemäß Art 26 und 47 des ist jede vertragliche Bestimmung, durch welche die Haftung des vertraglichen oder des ausführenden Luftfrachtführers ausgeschlossen oder der maßgebende Haftungshöchstbetrag herabgesetzt werden soll, nichtig. Das Übereinkommen ist also einseitig zwingendes Recht zulasten des Luftfrachtführers ( Pokrant in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn , Handelsgesetzbuch 4 [2020] Art 26 MÜ Rz 1 ) . Es ist daher durchaus möglich, dass den Luftfrachtführer aus dem Vertrag eine weitergehende Haftung trifft als es die Mindeststandards des Übereinkommens vorsehen.

[314] 45.2. Klausel 63 lässt nicht erkennen, in welchen Fällen sie gelten soll (arg: „gegebenenfalls“). Auch wird nicht klar, welche Haftungsbegrenzung die Beklagte gelten lassen will, falls ihre ABB und das MÜ von einander abweichen.

46. Klausel 64 (17.1.2. zweiter Satz ABB)

„Wir haften nur für hinlänglich nachweisliche Schäden unter keinen Umständen für Beträge, die über der nachweislichen Schadenshöhe liegen.“

[315] Die Vorinstanzen untersagten die Klausel nach § 879 Abs 1 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG. Der erste Teil des Satzes beschränke sich nicht auf die Schadenshöhe, sodass er jedenfalls bei der kundenfeindlichsten Auslegung alle Tatbestandselemente wie auch das Verschulden umfasse. Er suggeriere so , dass den Verbraucher auch im Anwendungsbereich des § 1298 ABGB die Beweislast für das Verschulden träfe. Die Klausel enthalte außerdem keine Kriterien für das Ermessen der Beklagten, einen Nachweis als „hinlänglich“ anzusehen oder nicht. Da die Beklagte ihren Kundenkontakt offensichtlich telefonisch oder online abwickle, könnte damit sogar gemeint sein, dass sie die Vorlage unbedenklicher Urkunden fordere.

[316] Die Revision der Beklagten meint, dass die Klausel d ie Beweisgrundsätze entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht verschärfe, sondern sogar abmildere. „Hinlänglich“ könnte gar nicht anders als „objektiv ausreichend“ verstanden werden, sodass die Klausel auch transparent sei.

[317] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[318] 46.1. Die Revision setzt sich mit der Rechtsansicht der Vorinstanzen zur unzulässigen Beweislastverschiebung (zB im Bereich des Verschuldens) nicht auseinander. Sie ist daher in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043603).

47. Klausel 65 (17.1.5. erster Satz ABB)

„Der Beförderungsvertrag, die Allgemeinen Beförderungsbedingungen sowie Haftungsausschlüsse und Haftungsbeschränkungen gelten für unser Personal, unsere Angestellten und Vertretungen in demselben Umfang, in dem sie auch für uns gelten.“

[319] Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als unzulässig, weil sie gegen den zwingenden Art 30 verstoße. Danach müssten die Leute des Luftfrachtführers nämlich für die Haftungsbeschränkungen beweisen, dass sie in Ausführung ihrer Verrichtungen gehandelt haben. Gemäß Art 49 MÜ dürfe von Art 30 MÜ nicht abgewichen werden.

[320] Die Revision der Beklagten entgegnet, dass die Beklagte in einem vertraglichen Verhältnis mit dem Verbraucher stehe und somit stets in Ausführung ihrer Verrichtung handle, sodass diese Einschränkung ohnedies auch für ihre Leute gelten müsse .

[321] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[322] 47.1. Art 30 Abs 1 MÜ lautet: „Wird einer der Leute des Luftfrachtführers wegen eines Schadens in Anspruch genommen, der unter dieses Übereinkommen fällt, so kann er sich auf die Haftungsvoraussetzungen und beschränkungen berufen, die nach diesem Übereinkommen für den Luftfrachtführer gelten, sofern er nachweist, dass er in Ausführung seiner Verrichtungen gehandelt hat.“

[323] 47.2. Eine Klausel, die zwar eine geltende Rechtslage wiedergibt, dies aber unvollständig, sodass der Verbraucher einen unrichtigen Eindruck von seiner Rechtsposition bekommen kann, ist intransparent (RS0115217 [T52]). Das Transparenzgebot erfordert zwar in der Regel nicht die vollständige Wiedergabe des Gesetzestextes. Der Unternehmer kann aber bei Beachtung des Transparenzgebots auch dann zur Vollständigkeit verpflichtet sein, wenn andernfalls die Auswirkungen einer Klausel für den Verbraucher unklar blieben (RS0115219; RS0121951 [T2]).

[324] 47.3. Die Auffassung der Beklagten, es sei denkunmöglich, dass ihre Leute außerhalb der Ausübung ihrer Verrichtungen Schäden bei Verbrauchern verursachen könnten, überzeugt nicht. Gehilfen können den Vertragspartner nicht nur in Erfüllung der vertraglichen Pflichten des Geschäftsherren schädigen, sondern auch anlässlich der Erfüllung. Dies gilt etwa, wenn der Schaden durch eine vorsätzlich begangene Straftat (insbesondere Diebstahl oder Unterschlagung) entsteht. In diesem Fall besteht im Allgemeinen kein unmittelbarer innerer Zusammenhang mehr mit der vom Luftfrachtführer übertragenen Tätigkeit ( Pokrant in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn , Handelsgesetzbuch 4 [2020] Art 30 MÜ Rz 4).

48. Klausel 66 (17.1.5. zweiter Satz ABB)

„Der Betrag, der von uns und solchen Personen insgesamt zu leisten ist, darf unsere eigene, in den vorliegenden Allgemeinen Beförderungsbedingungen genannte obere Haftungsgrenze nicht überschreiten.“

[325] Die Vorinstanzen sahen in der Klausel Verstöße gegen § 879 Abs 3 ABGB sowie § 6 Abs 1 Z 9 und Abs 3 KSchG , weil in den ABB gar keine Haftungsgrenzen genannt werden . Außerdem differenziere die Haftungsbegrenzung nicht nach der Art der Schäden.

[326] Die Revision der Beklagten wiederholt die Argumentation aus der Berufung, dass die ABB wiederholt auf das MÜ verweisen würden, aus dem sich die Haftungsgrenzen klar ergäben.

[327] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[328] 48.1. Nach ständiger Rechtsprechung sind AGB so zu gestalten , dass der Vertragspartner Bestimmungen dort vermutet, wo er sie findet, und dort findet, wo er sie vermuten könnte (vgl RS0105643 [T2]; RS0014646 [T14], hier zur Geltungskontrolle).

[329] 48.2. Der Senat teilt die Ansicht der Vorinstanzen, dass der Verbraucher unter einer „in den vorliegenden Allgemeinen Beförderungsbedingungen genannte[n] obere[n] Haftungsgrenze“ nicht die Bestimmungen des MÜ verstehen wird , selbst wenn dieses internationale Abkommen in den ABB mehrfach erwähnt wird . Dies gilt umso mehr, als auch andere Passagen in den ABB auf in den ABB selbst genannte Beträge Bezug nehmen (vgl Klausel 63).

[330] Die oben genannten Vorgaben an die Transparenz werden völlig außer Acht gelassen, wenn die Beklagte ihren Geschäftspartner durch mehrfache Hinweise auf eine Haftungshöchstgrenze zum zwecklosen Durcharbeiten von 34 Seiten der AGB veranlasst, obwohl sich die konkreten Beträge selbst nach dem Vorbringen der Beklagten nur aus dem MÜ ergeben sollen.

49. Klausel 67 (17.1.6. ABB)

„Sofern nicht anders im Übereinkommen oder anderen geltenden Vorschriften des anwendbaren Rechts angegeben, haften wir nicht für Einnahmenverluste, indirekte oder Folgeschäden.“

[331] Die Vorinstanzen untersagten diese Bestimmung als intransparente salvatorische Klausel (vgl K lausel 51 ) . Außerdem verstoße der Haftungsausschluss gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG und Art 19 MÜ iVm Art 26 MÜ.

[332] Die Beklagte verweist im Wesentlichen auf ihre Revisionsausführungen zu Klausel 31 .

[333] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[334] 49.1. Wie bereits mehrfach dargelegt (vgl Klausel 31), darf dem Verbraucher nicht d urch eine salvatorische Klausel die unzumutbare Aufgabe aufgebürdet werden, durch V ergleich mit zwingenden Normen selbst zu ermitteln, in welchem Ausmaß ihm entgegen der Regelung in den ABB doch Ansprüche zustehen (vgl RS0121953 ).

[335] 49.2. Dies gilt insbesondere im vorliegenden Fall, wo mehrere zwingende Normen die Zulässigkeit des Haftungsausschlusses begrenzen:

[336] So differenziert die Beklagte entgegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG nicht nach dem Grad des Verschuldens und schließt ihre Haftung damit auch für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz aus.

[337] Art 19 MÜ sieht außerdem eine Haftung des Luftfrachtführers für Schäden vor, die durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entstehen, sofern nicht alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen wurden. Diese Bestimmung ist nach Art 26 MÜ einseitig zwingend .

50. Klausel 69 (17.2.5. ABB)

„Wir übernehmen keine Haftung für geringfügige Schäden am Äußeren Ihres Gepäcks (beispielsweise Kratzer, Schmutz, Flecken, Beulen usw.), die durch normale Abnutzung entstanden sein können.“

[338] Die Vorinstanzen sahen auch in diesem undifferenzierten Haftungsausschluss einen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG. Abgesehen davon sei der Haftungsausschluss für geringfügige Schäden sachlich nicht gerechtfertigt und benachteilige den Verbraucher gröblich iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[339] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass die Klausel keinen Haftungsausschluss enthalte, sondern auf die Ursache abstelle. Gewöhnliche Abnutzungserscheinungen seien gerade nicht auf das Fehlverhalten der Beklagten – und schon gar nicht auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit – zurückzuführen.

[340] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[341] 50.1. § 6 Abs 1 Z 9 KSchG schließt die Freizeichnung bezüglich vorsätzlich oder grob fahrlässiger Schadenszufügung bei Sachschäden aus.

[342] 50.2. Wie die Vorinstanzen bereits völlig richtig betont haben, stellt die Klausel nach ihrem Wortlaut nicht auf Schäden am Äußeren des Gepäcks ab, die durch normale Abnützung entstanden sind , sondern durch normale Abnützung entstanden sein können . Damit sind etwa auch Kratzer, Schmutz, Flecken, Beulen etc umfasst, die durch ein Verschulden der Beklagten oder ihrer Erfüllungsgehilfen – sogar vorsätzlich oder grob fahrlässig – verursacht wurden.

51. Klausel 71 (17.4.3. ABB)

„Entschädigungsansprüche gemäß der Verordnung 261 sind direkt bei [der Beklagten] über die Website einzureichen. Die Antwort senden wir innerhalb von 30 Tagen direkt an Sie.“

[343] Die Vorinstanzen untersagten die Klausel wegen eines Verstoßes gegen § 6 Abs 1 Z 4 KSchG. Sie zwinge den Verbraucher, Entschädigungsansprüche über die Webseite der Beklagten geltend zu machen , was eine strengere Form als die Schriftform und zugleich ein bestimmtes Zugangserfordernis darstelle.

[344] Die Revision der Beklagten meint, dass die Einreichung über eine bestimmte Webseite den Verbraucher bei der Verfolgung seiner Interessen nicht mehr einschränke als die Angabe einer zustellfähigen Anschrift für Korrespondenz mit dem Unternehmen. Er könne seine Anzeige oder Erklärung dann ja auch nicht mehr an eine beliebige Anschrift übermitteln.

[345] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[346] 51.1. Nach § 6 Abs 1 Z 4 KSchG darf eine Anzeige oder Erklärung des Verbrauchers keiner strengeren Form als der Schriftform oder besonderen Zugangserfordernissen unterworfen werden.

[347] Der Oberste Gerichtshof sah aufgrund dieser Norm die Vorgaben als unzulässig an, eigene Reklamations-formulare zu verwenden (8 Ob 59/20i [Klausel 22, Rz 91]), oder die Erklärung des Verbrauchers an eine bestimmte Stelle im Bereich der Unternehmensorganisation zu richten (RS0121729).

[348] 51.2. Dies gilt ebenso für die Anforderung die Entschädigungsansprüche ausschließlich über die Webseite der Beklagten einzureichen. Damit werden nämlich sogar alle anderen Kommunikationswege, insbesondere die schriftliche (dh postalische) Bekanntgabe von Ansprüchen, für den Verbraucher ausgeschlossen.

52. Klausel 72 (17.4.7. ABB)

„Durch Ihr Einverständnis mit den vorliegenden Allgemeinen Beförderungsbedingungen stimmen Sie ausdrücklich zu, dass jede Art von Entschädigungszahlung auf die jeweilige Geldkarte die Sie bei der Buchung verwendet haben, oder auf Bankkonto von einem der Passagiere der Buchung gebucht wird, […].“

[349] Das Erstgericht meinte, dass die Klausel der Geltungskontrolle nach § 864a ABGB nicht standhalte. Sie verschaffe der Beklagten ein Wahlrecht, auf welches Konto sie die Entschädigungszahlung leiste. Damit könne sie auch ein in einer Zahlungsaufforderung genanntes Konto ignorieren, was beispielsweise im Fall einer Zession oder der Bevollmächtigung eines Dritten zur Geltendmachung nachteilig wäre. Sie könne sogar willkürlich an eine dritte Person leisten, solange diese nur in derselben Buchung aufscheine. Zwar sehe die nachfolgende, nicht angefochtene Bestimmung unter Punkt 17.4.8 ABB. Voraussetzungen für die Zahlung der Beklagten an einen Zessionar vor. Diese Regelung sei aber nicht geeignet, die Unzulässigkeit der Klausel 72 nach § 864a ABGB zu beseitigen.

[350] Das Berufungsgericht bejahte einen Verstoß gegen Art 7 Abs 3 Fluggastrechte VO, weil die Klausel 72 dort vorgesehene Zahlungsarten wie etwa Barzahlung und Scheck ausschließe. Diese Prüfung sei vom Vorbringen der Klägerin zu § 8 79 ABGB gedeckt. Ob die Klausel auch gegen § 864a ABGB verstieß, prüfte es nicht mehr.

[351] Die Revision der Beklagten rügt , dass die Klägerin sich auf keinen Verstoß der Klausel gegen die Fluggastrechte VO berufen habe, sodass dieser auch nicht in die Entscheidungsgründe miteinzubeziehen sei .

[352] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[353] 52.1. Selbst nach früherer Rechtsprechung, wonach die Nichtigkeit von Vertragsbestimmungen nur auf Einwendung aufgegriffen wurde (RS0016450), waren die Anforderungen ans Parteivorbringen b ei auf der Hand liegender Sittenwidrigkeit gering (vgl etwa RS0016450 [insbes T1, T2]).

[354] Ein Verzicht auf nach zwingendem Recht – wie hier der Fluggastrechte VO – zustehende Ansprüche ist geradezu der Archetypus einer gröblich benachteiligenden Vertragsbestimmung ( Krejci in Rummel/Lukas , ABGB 4 [2014] § 879 Rz 137).

[355] 52.2. Die Klägerin verweist in ihrer Revisionsbeantwortung auf die neuere Rechtsprechung zur Amtswegigkeit der Klauselprüfung im Hinblick auf die EuGH-Judikatur zur Klausel RL (vgl RS0016435 [T16 und T17]). Da die Einwendungen der Klägerin gegen Klausel 72 jedoch schon nach den althergebrachten Maßstäben ausreichend waren, erübrigt sich ein Eingehen auf die Anwendbarkeit der genannten Rechtsprechung im Verbandsprozess nach § 28 KS c hG.

53. Klausel 73 (17.4.9. ABB)

„Um die Kosten zu decken, die [die Beklagte] im Zusammenhang mit der Abtretung entstehen, erhebt [die Beklagte] eine Abtretungsbearbeitungsgebühr pro abgetretenen Anspruch pro Passagier in Höhe des Betrags, der zum jeweiligen Zeitpunkt auf der Website veröffentlicht ist. Die abtretende Person und der Abtretungsempfänger sind für die Zahlung der Abtretungsbearbeitungsgebühr und zusätzlichen Ausgaben, die aus der Abtretung entstehen, gemäß Artikel 6:200 des Bürgergesetzbuches gesamtschuldnerisch haftbar. [Die Beklagte] ist berechtigt, die Abtretungsbearbeitungsgebühr von jeglichem dem Abtretungsempfänger zu zahlenden Betrag abzuziehen.“

[356] Laut Erstgericht halte die Klausel der Geltungskontrolle nach § 864a ABGB nicht stand. Ein zusätzliches Entgelt für den Fall einer Zession sei überraschend und behindere den Verbraucher in der effektiven Geltendmachung seiner Rechte.

[357] Das Berufungsgericht hielt die Klausel für intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG. Die Höhe der Bearbeitungsgebühr sei für den Verbraucher nicht vorhersehbar, zumal sogar unklar bleibe, ob auf den Zeitpunkt der Abtretung, der Geltendmachung, der Bearbeitung der Anspruchsanfrage durch die Beklagte oder der Entscheidung über den Anspruch (oder einen sonstigen Zeitpunkt) abzustellen sei. Außerdem müsse der Verbraucher neben der Bearbeitungsgebühr noch „zusätzliche Ausgaben, die aus der Abtretung entstehen“ zahlen, deren Bedeutung völlig offen bleibe. Die Prüfung der Klausel nach § 864a ABGB könne deshalb dahinstehen.

[358] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung 1 Ob 201/20w [Klausel 7] nicht vergleichbar sei. Dort sei eine Gebühr auf die Entwicklung des Goldkurses basiert worden, der vom Unternehmer nicht beeinflusst werden könne. Bei von der Beklagten selbst festgesetzten Tarifen könne der Verbraucher dagegen auf Stabilität vertrauen. Der „jeweilige Zeitpunkt“ sei eindeutig jener, in dem die Beklagte über die Abtretung in Kenntnis gesetzt werde, da ihr vorher keine Kosten entstünden.

[359] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[360] 53.1. Die Klausel erwähnt die Verständigung der Beklagten von der Abtretung mit keinem Wort, sodass die Ansicht der Beklagten, dass sie „eindeutig“ gerade diesen Zeitpunkt für die Ermittlung der Abtretungsbearbeitungsgebühr heranziehe, den erkennenden Senat nicht überzeugt. Auch die anderen vom Berufungsgericht genannten Anlässe kommen (mindestens) ebenso gut als „jeweiliger Zeitpunkt“ in Frage.

[361] 53.2. Dass die Beklagte ihr Preisanpassungsrecht nicht an externe, von ihr nicht beeinflussbare Faktoren knüpft, spricht entgegen ihrer Rechtsansicht nicht für, sondern gegen die Gültigkeit. Ein Unternehmen darf gemäß § 6 Abs 1 Z 5 KSchG für seine Leistungen nämlich nur ein höheres als das bei der Vertragsschließung bestimmte Entgelt fordern, wenn die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag umschrieben und sachlich gerechtfertigt sind sowie ihr Eintritt nicht vom Willen des Unternehmers abhängt.

[362] 53.3. Zuletzt sei erwähnt, dass die Klausel den falschen Eindruck erweckt, die Beklagte könne durch Vereinbarung ihrer ABB mit dem Vertragspartner auch den Forderungsempfänger zur Zahlung der Abtretungsgebühr und weiteren Kostenersatzes verpflichten. Verträge zulasten Dritter sind jedoch jedenfalls dem Dritten gegenüber unwirksam ( RS0084880 ), sodass die Klausel auch in dieser Hinsicht dem Verbraucher ein unklares Bild seiner Rechtslage vermittelt.

54. Klausel 74 (17.4.10. ABB)

„Die Zahlung einer Entschädigung an einen Passagier in Ihrem Namen wird als ordnungsgemäße Zahlung der Entschädigung erachtet und entbindet uns von jeglicher Haftung und von sonstigen Ansprüchen auf Entschädigungszahlungen ihrerseits.“

[363] Die Vorinstanzen verboten die Klausel. Es sei unklar, was mit der „Zahlung einer Entschädigung an einen Passagier in Ihrem Namen“ gemeint sei. Bei kundenfeindlichster Auslegung s ehe die Klausel auch dann einen Anspruchsverlust vor, wenn ein unberechtigter Dritter erfolgreich einen Anspruch „im Namen“ des Verbrauchers geltend gemacht habe. Dies könne entgegen der Ansicht der Beklagten auch das Erfordernis angemessener und hinlänglicher Unterlagen laut Punkt 17.4.5. der ABB nicht zur Gänze verhindern.

[364] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass ihr die Kontrolle sämtlicher Dokumente auf Fälschungen nicht zumutbar sei .

[365] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[366] 54.1. Die Beklagte missversteht die Begründung der Vorinstanzen, die ihr keineswegs eine ungenügende Überprüfung von Ansprüchen attestieren. Vielmehr geht es um die Frage, ob die Beklagte sich entgegen der Risikoverteilung im d ispositiven Recht von der Gefahr befreien kann, in Einzelfällen nicht schuldbefreiend an Unberechtigte zu leisten.

[367] Die Revision enthält keine Argumente, wieso die abweichenden Regelungen in ihren ABB sachlich gerechtfertigt sein sollten.

55. Klausel 75 (18.1.1. ABB)

„Wenn das Gepäck ohne Einreichen einer Beschwerde und ohne eines Schadensberichtes (PIR – Property Irregularity Report) angenommen wird, gilt die Annahme als Anscheinsbeweis, dass das Gepäck in gutem Zustand und in Übereinstimmung mit dem Beförderungsvertrag ausgehändigt wurde.“

[368] Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Ein Anscheinsbeweis sei eine Herabsetzung des Beweismaßes. Die Beweislast für den Schaden am Gepäck und seine Ursache treffe n ach österreichischem Recht den Verbraucher. Bei dieser Rechtslage sei eine Herabsetzung des Beweismaßes zugunsten der ohnedies nicht beweisbelasteten Beklagten ausgeschlossen. Der Regelungsinhalt der Klausel bleibe damit unklar.

[369] Die Revision der Beklagten betont, dass die Klausel ein eindeutiger Hinweis für den Verbraucher sei, allfällige Schäden an seinem Gepäckstück bei Übernahme von der Beklagten anzuzeigen, da ansonsten die Vermutung bestehe, dass eine Beschädigung erst nach Übernahme eingetreten sei.

[370] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[371] 55.1. Die Revision der Beklagten geht nicht auf die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen ein, dass ein Anscheinsbeweis in der hier geregelten Konstellation nicht denkmöglich ist. Sie ist damit nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043603).

56. Klausel 76 (18.1.2. ABB)

„Wenn Ihr Gepäck nicht mit demselben Flug ankommt, mit dem Sie gereist sind, müssen Sie dies unmittelbar melden und eine PIR Verlustmeldung ausfüllen, bevor Sie den Transitbereich verlassen. Sollten Sie sich nicht an diese Bedingung halten, sind wir nicht haftbar.“

[372] Die Vorinstanzen untersagten die Klausel als Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG. Sie schließe die Haftung auch für grob fahrlässige oder vorsätzliche Schäden aus und nehme keine Rücksicht darauf, ob es dem Verbraucher überhaupt möglich sei, die vorgesehene Vorgangsweise einzuhalten. Es sei auch denkbar, dass im Transitbereich das notwendige Formular oder ein Repräsentant der Beklagten nicht zur Verfügung stehe. Die PIR Verlustmeldung stelle eine unzulässige strengere Form i Sd § 6 Abs 1 Z 4 KSchG dar.

[373] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass die PIR Verlustmeldung eine in Art 31 MÜ vorgeschriebene Anzeige an den Flughafenbetreiber sei.

[374] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[375] 56.1. Art 31 MÜ regelt die fristgerechte Schadensanzeige. Nach Abs 1 begründet die vorbehaltlose Annahme des aufgegebenen Reisegepäcks die widerlegbare Vermutung, dass dieses unbeschädigt und entsprechend Beförderungsschein abgeliefert wurde. Die folgenden Absätze normieren eine Frist für später entdeckte Schäden und legen ein Schriftformerfordernis sowie einen Verlust der Ansprüche bei Fristversäumnis fest.

[376] 56.2. Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten ist diese Bestimmung aber auf den Teil- oder Totalverlust nicht anwendbar ( Koller , Transportrecht 11 [2023] Art 31 MÜ Rz 7, 9 ).

57. Klausel n 77 (18.1.3. erster Satz ABB) und 78 (18.1.3. letzter Satz ABB)

„Wenn Ihr Aufgabegepäck beschädigt oder bestohlen [sic] wird, müssen Sie dies umgehend melden und eine PIR-Verlustmeldung ausfüllen, bevor Sie den Transitbereich verlassen.“ (Klausel 77)

„Sollte es nicht möglich sein, den Schaden oder Diebstahl bei Empfang des Gepäcks zu erkennen, müssen Sie dies anschließend am Flughafen innerhalb von sieben (7) Tagen nach Empfang des Gepäcks melden.“ (Klausel 7 8 )

[377] Die Vorinstanzen verboten die Klauseln wegen Verstoßes gegen § 6 Abs 1 Z 4 und Z 9 KSchG. Sie enth ielten zwar keinen ausdrücklichen Haftungsausschluss zugunsten der Beklagten, dieser sei jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung im Kontext aber impliziert. Sogar die Beklagte habe vorgebracht , dass ihre Haftung ausgeschlossen sei, wenn keine umgehende Meldung der Beschädigung oder des Verlusts des Gepäcks im Transitbereich mittels PIR Verlustmeldung erfolge. Die PIR Verlustmeldung stelle eine unzulässige strengere Form i Sd § 6 Abs 1 Z 4 KSchG dar, vor allem wenn sie laut Klausel 78 auch noch an einem bestimmten Flughafen abgegeben werden müsse.

[378] Die Revision der Beklagten verweist zu beiden Klauseln auf Art 31 MÜ und ihre Ausführungen zu Klausel 7 6 .

[379] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[380] 57.1. Damit kann auch auf die rechtliche Beurteilung zu Klausel 76 verwiesen werden, weil ein Diebstahl in der Regel zum Verlust und nicht zur Beschädigung des Gepäcks führt (vgl Koller , Transportrecht 11 [2023] Art 31 MÜ Rz 7, 9 , wonach Art 31 MÜ den Verlust nicht regelt).

58. Klausel 79 (18.1.4. letzter Satz ABB)

„Wenn wir den Verlust Ihres Aufgabegepäcks eingestehen oder Ihr Aufgabegepäck auch nach Ablauf von einundzwanzig (21) Tagen nach dem Datum, an dem es eintreffen sollte, noch nicht eingetroffen ist, sind Sie berechtigt, Ihre damit verbundenen Rechtsansprüche geltend zu machen.“

[381] Die Vorinstanzen untersagten die Klausel . Sie erwecke den Eindruck, die Geltendmachung von Ansprüchen sei nur bei einem Eingeständnis der Beklagten und erst nach Ablauf einer konkreten Frist zulässig . Eine sachliche Rechtfertigung für eine derartige Einschränkung von Schadenersatzansprüchen des Verbrauchers bestehe nicht.

[382] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass die Klausel ganz klar darlege, dass A nsprüche, die vor der Wartefrist von 21 Tagen oder dem Eingeständnis der beklagten Partei geltend gemacht werden, keine Beachtung f ä nden.

[383] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[384] 58.1. Die Beteuerung der Beklagten, dass die Klausel nicht unklar sei, sondern die Schadenersatzansprüche der Verbraucher tatsächlich in der angeführten Art beschneiden soll, lässt die Regelung nicht zulässig werden.

[385] Die Transparenz ist zwar eine notwendige Voraussetzung, aber keine hinreichende Bedingung für die Wirksamkeit einer Klausel ( Apathy/Frössel in Schwimann/ Kodek , ABGB 5 [2021] § 6 KSchG Rz 86). Die gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB kann also nicht dadurch ausgeglichen werden, dass der Klauselverwender die unsachliche Regelung mit besonderer Deutlichkeit formuliert oder das Missverhältnis zwischen den den Vertragspartnern zugedachten Rechtspositionen mit besonderer Vehemenz vertritt ( vgl Krejci in Rummel ABGB 3 [2002] § 6 KSchG Rz 207 ).

[386] Eine sachliche Rechtfertigung für die Regelung wird in der Revision nicht einmal mehr behauptet.

59. Klausel 80 (18.1.5. ABB)

„Wenn Ihr nicht aufgegebenes Gepäck oder Ihre persönlichen Gegenstände beschädigt wird, müssen Sie dies noch an Bord des Flugzeugs melden. Sollten Sie diese Bedingung nicht erfüllen, übernehmen wir keinerlei Haftung.“

[387] Die Vorinstanzen verboten die Klausel wegen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG. Sie schließe die Haftung für Sachschäden generell aus, also auch bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schädigung durch Personen, für die die Beklagte einzustehen habe.

[388] Die Revision der Beklagten wendet ein, dass sie ohnehin nach Art 17 Abs 2 letzter Satz MÜ hafte, wenn sie ein Verschulden treffe . Die Klausel enthalte keinen Haftungsausschluss, sondern nur einen Hinweis, damit der Passagier seine Beweispflicht besser erfüllen k önne .

[389] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[390] 59.1. Die Lesart der Klausel durch die Beklagte als bloßer Hinweis ist mit dem Wortlaut ( „übernehmen wir keinerlei Haftung“ ) nicht in Einklang zu bringen.

60. Klausel n 81 (18.1.6. letzter Satz ABB) und 82 (18.1.7. ABB)

„Falls Ihr Gepäck so stark beschädigt sein sollte, dass es nicht mehr repariert werden kann, holen Sie von der Werkstatt, die die Reparatur durchführen sollte, eine schriftliche Bestätigung ein, in der auch die Gepäckmarke und der Gepäckwert angegeben werden.“ (Klausel 81)

„Ansprüche müssen an uns für jeden Fall in schriftlicher Form und unter Beilage sämtlicher Belege für Ihren Anspruch nach Ankunft am Zielort eingereicht werden.“ (Klausel 82)

[391] Die Vorinstanzen untersagten die Klauseln. Sie ließen nicht erkennen, welche Rechtsfolgen das Fehlen der vorgesehenen Bestätigung bzw Belege habe und seien daher intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Sollten die Klauseln zusätzliche Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs normieren , seien sie gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[392] Die Revision der Beklagten argumentiert, dass schon Art 31 Abs 3 MÜ eine fristgerechte und schriftliche Beanstandung vorsehe. Darüber hinaus würden die Klauseln nur Dokumentationsempfehlungen im Eigeninteresse des Verbrauchers aussprechen und daran keine Rechtsfolge knüpfen. Sie seien daher weder intransparent noch gröblich benachteiligend .

[393] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[394] 60.1. Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend darlegte, ist die Formulierung der Klauseln im Imperativ nicht mit einer unverbindlichen Empfehlung in Einklang zu bringen. Die so zum Ausdruck gebrachten Aufforderungen können nur eine Vertragspflicht oder zumindest eine Obliegenheit des Verbrauchers festlegen.

[395] 60.2. Richtig ist zwar, dass die Klauseln keine Rechtsfolge bei einer fehlenden Bestätigung bzw fehlenden Belegen nennen. Genau dieser Umstand führt jedoch zur Unzulässigkeit gemäß § 6 Abs 3 KSchG. Der Verbraucher darf nämlich nach der Rechtsprechung zum Transparenzgebot auch nicht über die aus einer Regelung resultierenden Rechtsfolgen getäuscht oder im Unklaren gelassen werden (vgl RS0115219 [T21]).

61. Klausel 83 (18.1.8. ABB)

„Sollte in der o.g. Frist kein Anspruch gegen uns erhoben worden sein, wird jede Klage ausgeschlossen.“

[396] Die Vorinstanzen verboten die Klausel, weil die Wortfolge „o.g. Frist“ , wenn auch nicht ausdrücklich, auch auf die ganz bzw teilweise unzulässigen Klauseln 76 und 79 verweise . Dies führe auch zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung. Außerdem sei Klausel 83 der letzte Punkt im Abschnitt 18.1. „Rechtzeitige Einreichung von Beschwerden, Verjährung – Gepäckschäden“ , in dem zahlreiche Fristen genannt würden, wie etwa Meldung noch im Transitbereich (18.1.2. [Klausel 76], 18.1.3. [Klausel 77]), 7 Tage nach Empfang des Gepäcks (18.1.3. [Klausel 78]), 21 Tage nachdem das Gepäck nicht eingetroffen ist (18.1.4. [Klausel 79]), an Bord des Flugzeugs (18.1.5. [Klausel 80]), nach Ankunft am Zielort (18.1.7. [Klausel 82]). Es sei deshalb unklar, welche dieser Fristen die eindeutig nur im Singular genannte „o.g. Frist“ sein solle.

[397] Die Revision der Beklagten meint, dass eine Verweisung innerhalb desselben Abschnitts durchaus üblich sei und keine Intransparenz begründe .

[398] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[399] 61.1. Die Revision der Beklagten setzt sich mit keiner der beiden Begründungslinien in der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen auseinander, sodass sie nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (RS0043603).

62. Klausel 84 (18.2.1. erster und zweiter Satz ABB)

„Beschwerden zur Beförderung im Luftverkehr (die sich nicht auf das Gepäck beziehen) müssen schriftlich und so schnell wie möglich nach Ankunft des Fluges, auf den sich Ihre Beschwerde bezieht, und nicht später als zwei (2) Monate, nachdem Sie die Sachlage erkannt haben, eingereicht werden. Sie sind selbst haftbar für Verluste und Schäden, die aus einer verspätet eingereichten Beschwerde entstehen.“

[400] Die Vorinstanzen sahen in der Klausel einen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 9 und § 9 KSchG. Sie beschränke die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers und auch die Haftung der Beklagten für Sach- und Personenschäden ohne R ücksicht auf den Verschuldensgrad. Außerdem bürde sie dem Verbraucher eine unzulässige Mängelrügeobliegenheit auf.

[401] Die Revision der Beklagten vertritt die Ansicht, dass die Klausel nur darauf hinweise, dass den Kunden für weitere Schäden aufgrund einer schuldhaft verspäteten Meldung ein Mitverschulden treffe . Sie gebe also allgemeine Grundsätze des Schadenersatzrechts wieder.

[402] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[403] 62.1. Gemäß § 1304 ABGB trägt der Geschädigte den Schaden verhältnismäßig, wenn ihm eine Obliegenheitsverletzung zur Last fällt, er also mit seinen eigenen Rechtsgütern sorglos umgeht (vgl RS0022831 [T3]).

[404] Das gilt auch, wenn er seiner Schadensminderungsobliegenheit nicht nachkommt und durch sein verspätetes Handeln den Schaden vergrößert (vgl RS0027043 [T4a]).

[405] 62.2. Im Gegensatz zur Rechtsansicht der Beklagten gibt Klausel 84 diese Rechtslage nicht wieder. Vielmehr erweckt sie den unrichtigen Eindruck, dass der Geschädigte jene Nachteile jedenfalls zur Gänze selbst tragen müsse, die aus einer Beschwerde entstehen, die mehr als zwei Monate nach Kenntnis des Schadens resultieren.

63. Klausel 85 (18.3.1. ABB)

„Ihr Recht, Ansprüche jeglicher Art (einschließlich Ansprüche auf Entschädigung in Übereinstimmung mit der Verordnung 261) an uns geltend zu machen erlischt zwei (2) Jahren nach Ankunft am Zielort oder ab dem Datum, an dem das Flugzeug planmäßig hätte ankommen sollen oder ab dem Datum, an dem die Beförderung eingestellt wurde.“

[406] Die Vorinstanzen untersagten die Klausel als unzulässige Verkürzung der Schadenersatzverjährungsfrist von drei Jahren auf zwei Jahre (§ 6 Abs 1 Z 9 KSchG) sowie von Gewährleistungsansprüchen (§ 9 KSchG). Anders als die im Verfahren 4 Ob 63/21z [Klausel 47, Rz 55 ff] untersagte Klausel beziehe sich Klausel 85 der Beklagten nicht einmal auf eine internationale Beförderung. Damit regle sie eindeutig nicht nur Ansprüche nach dem MÜ und umfasse insbesondere auch „standardisierte Maßnahmen zur Wiedergutmachung von Schäden“ nach der Fluggastrechte VO.

[407] Die Revision der Beklagten betont, dass Art 35 MÜ eine zweijährige Verjährungsfrist für Schadenersatzklagen vorsehe. Die gesetzliche Gewährleistungsfrist betrage ohnedies zwei Jahre und werde durch die Klausel nicht verkürzt, weil der Fristenlauf laut ABB erst mit der Ankunft oder planmäßigen Ankunft beginne, was typischerweise später als die Kenntnis des Mangels sei.

[408] Die Revision ist insofern nicht berechtigt.

[409] 63.1. Die Revision der Beklagten setzt sich nicht mit der differenzierten rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen auseinander. Insbesondere bestreitet sie nicht, dass nach den ABB auch nicht dem MÜ unterliegende Ansprüche binnen zwei Jahren geltend zu machen seien, obwohl die Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche nach dem ABGB drei Jahre beträgt. Sie ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043603).

64. Klausel 87 (21.1. ABB)

„Sofern nicht anders im Übereinkommen oder anderen geltenden Rechtsvorschriften angegeben, gilt:

b) alle Streitfälle zwischen Ihnen und uns hinsichtlich einer solchen Beförderungunterliegendernichtausschließlichen [sic] Gerichtsbarkeit der Gerichte von Ungarn. 'Nichtausschließliche Gerichtsbarkeit' bedeutet, dass Sie Ihre Ansprüche auch bei Gerichtsbarkeiten in Gerichten außerhalb Ungarns erheben können.“

[410] Die Vorinstanzen verboten die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. D ie zwischen den Worten fehlenden Leerzeichen würden d as Verständnis hier besonders erschweren, weil der Ausdruck „nicht-ausschließliche Gerichtsbarkeit“ dem Durchschnittsverbraucher nicht geläufig sei. Gemeint sei offenbar ein Gerichtsstand. Auf inhaltliche r Ebene verschleiere die Beklagte, dass ihr die Klausel einen Wahlgerichtsstand eröffne, was § 14 KSchG jedoch nur in engen Grenzen zulasse. Das Berufungsgericht führt insbesondere folgende Fälle ins Treffen, in denen v ergleichbare Wahlgerichtsstandsvereinbarungen deshalb als intransparent untersagt worden seien : (RS0121953; 4 Ob 221/06p [Klausel 23 eines Kreditunternehmens]; 10 Ob 70/07b [Klausel 21 in Kreditkarten verträgen ]; 4 Ob 59/09v [Klausel 26 in Leasingbedingungen]; 4 Ob 179/18d [Klausel 5 einer Partnervermittlung]; 1 Ob 201/20w [Klausel 27 zum Vertrieb von Edelmetallen]). Außerdem sei die Formulierung „sofern nicht anders im Übereinkommen oder in anderen geltenden Rechtsvorschriften angegeben“ eine unzulässige nachgeschobene salvatorische Klausel.

[411] Die Revision der Beklagten bestreitet, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung einer Missbrauchskontrolle nach den Bestimmungen des nationalen Rechts unterzogen werden dürfe. Art 25 EuGVVO gehe in seinem Anwendungsbereich dem nationalen Recht vor und regle Zulässigkeit, Form und Wirkungen einer Gerichtsstandsvereinbarung abschließend. Die Beschränkungen für Verbraucherverträge in Art 19 EuGVVO würden gemäß Art 17 Abs 3 EuGVVO nämlich nicht für Beförderungsverträge gelten.

[412] Sie ist insofern berechtigt .

[413] 64.1. Die Bestimmungen der EuGVVO sind zwingend und gehen in ihrem Anwendungsbereich den innerstaatlichen Regelungen vor (RS0106679 [T6]). In diesen Fällen ist die Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung daher nicht nach österreichischem Recht, insbesondere auch nicht nach dem von den Vorinstanzen herangezogenen § 14 KSchG zu beurteilen.

[414] 64.2. Ob und inwieweit internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, die in den Regelungsbereich der EuGVVO fallen, einer allgemeinen Missbrauchskontrolle unterliegen, wurde zwar früher in der Literatur kontrovers diskutiert (vgl 8 Ob 107/19x mwN).

[415] D er EuGH hat aber bereits in sein er Entscheidung vom 18. 11. 2020, C 519/19, Ryanair/DelayFix , klargestellt, dass die Klausel RL auch für Gerichtsstandsklauseln gilt, die eine Vereinbarung über die internationale Zuständigkeit enthalten. Die Zulässigkeit von Gerichtsstandsklauseln richtet sich damit nicht mehr nur nach Art 25 EuGVVO 2012, sondern unterliegt auch einer Missbrauchskontrolle nach dem Maßstab der Klausel RL einschließlich der nationalen Umsetzungsvorschriften des Prorogationsstaats ( Kranzer , Streitfragen bei internationalen Gerichtsstandsklauseln, RdW 2021/203). Denn die nationalen Umsetzungsvorschriften sind Vorschriften, die die „materielle Gültigkeit“ iSd Art 25 Abs 1 EuGVVO 2012 betreffen (C 519/19 Rz 49 ff).

[416] 64.3. Laut dem Berufungsurteil i st Klausel 87 daher auch nach § 6 Abs 3 KSchG zu überprüfen, weil diese Norm in Umsetzung der Klausel RL ergangen ist.

[417] Art 5 der Klausel RL lautet jedoch: „Sind alle dem Verbraucher in Verträgen unterbreiteten Klauseln oder einige dieser Klauseln schriftlich niedergelegt, so müssen sie stets klar und verständlich abgefasst sein. Bei Zweifeln über die Bedeutung einer Klausel gilt die für den Verbraucher günstigste Auslegung. Diese Auslegungsregel gilt nicht im Rahmen der in Artikel 7 Absatz 2 vorgesehenen Verfahren.“

[418] Dagegen sieht § 6 Abs 3 KSchG für unklare oder unverständliche Vertragsbestimmungen in AGB oder Vertragsformblättern eine gänzlich andere Sanktion vor, nämlich deren Unwirksamkeit.

[419] Ob § 6 Abs 3 KSchG eine nationale Umsetzung der Klausel-RL ist, war im Schrifttum deshalb von Anfang an strittig (vgl etwa die zahlreichen Nachweise in Krejci in Rummel ABGB 3 [2002] § 6 KSchG Rz 202 ff; Apathy/Frössel in Schwimann/Kodek , ABGB 5 [2021] § 6 KSchG Rz 84 ff). Die jüngere Lehre scheint dies eher zu verneinen, weil die Nichtigkeit in bestimmten Fallgruppen für den Konsumenten sogar nachteilig sein kann : So bietet etwa eine unklare Garantiezusage, die zum Nachteil des Formulierenden ausgelegt wird, für den Konsumenten zumindest mögliche Ansprüche gegen den Hersteller, während ihre Nichtigkeit ihn auf die gesetzlichen Gewährleistungsrechte gegen den Verkäufer beschränkt ( Apathy/Frössel in Schwimann/Kodek , ABGB 5 [2021] § 6 KSchG Rz 86 unter Verweis auf F. Bydlinski , AcP 204 [2004] 376; Kellner , Rechtsbegriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen [2013] 70).

[420] Diese Frage kann aber hier dahinstehen, weil die Gerichtsstandsklausel der Beklagten ohnedies nicht missbräuchlich ist:

[421] 64.4. Dem Erstgericht ist zuzustimmen, dass die Klausel der Beklagten einen Wahlgerichtsstand für Klagen gegen den Verbraucher in Ungarn eröffnet. Dies ist aber nach der EuGVVO wie oben dargestellt nicht unzulässig. Die österreichische Bestimmung des § 14 KSchG ist für die im Verbandsprozess maßgeblichen Beförderungsverträge zwischen der ungarischen Beklagten und Verbrauchern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht von Belang.

[422] Die übrigen Kritikpunkte (Verwendung des Wortes „Gerichtsbarkeit“ statt „Gerichtsstand“ sowie das Fehlen von Leerzeichen) treffen zu; dem Verbraucher wird durch diese Unschärfen aber kein unrichtiges Bild der Rechtslage vermittelt. Auch einem juristischen Laien ist erkennbar, dass die Beklagte Gerichtsverfahren aus der Vertragsbeziehung in Ungarn führen möchte. Der zweite Satz weist ihn ausdrücklich darauf hin, dass er selbst auch außerhalb Ungarns klagen darf. Dass die Klausel hätte noch deutlicher formuliert werden können, führt per se noch nicht zu ihrer Unwirksamkeit.

[423] Auch die salvatorische Klausel bürdet dem Verbraucher hier nicht auf, eine (teilweise) Rechtswidrigkeit zu erkennen (vgl RS0122045 [T3]). Anders als bei den in der Rechtssatzkette RS0121953 veröffentlichten Fällen vermittelt die hier zu prüfende Klausel nämlich gerade keinen unzutreffenden Eindruck davon, welche Gerichtsstände für Klagen aus dem Vertragsverhältnis bestehen.

IV. Zum Urteilsveröffentlichungsbegehren

[424] 1. Die Vorinstanzen sprachen die von der Klägerin begehrte Urteilsveröffentlichung in einer Samstagsausgabe der Kronen-Zeitung zu.

[425] 2. Die Beklagte kritisiert, dass Talionsprinzip und Äquivalenzgrundsatz eine Veröffentlichung nur in jenem Medium vorsähen , in dem auch die Verletzung begangen worden sei. Da die Beklagte ihre Leistungen überwiegend auf ihrer Webseite anbiete, sei eine Veröffentlichung auf der Webseite der Beklagten ausreichend.

[426] Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein (RS0121963). In der Regel ist die Urteilsveröffentlichung in einem solchen Umfang zuzusprechen, dass die Verkehrskreise, denen gegenüber die Rechtsverletzung wirksam geworden ist, über den wahren Sachverhalt bzw den Gesetzesverstoß aufgeklärt werden (RS0121963 [T9]).

[427] Entgegen dem Vorbringen der Beklagten ist der Oberste Gerichtshof auch in jüngeren Entscheidungen davon ausgegangen, dass eine Veröffentlichung in einer auflagenstarken Tageszeitung auch dann sinnvoll ist, wenn der Fokus der Geschäftstätigkeit des beklagten Unternehmens im Internet liegt (RS0121963 [T10, T13]; 1 Ob 124/18v mwN; 1 Ob 201/20w; 4 Ob 117/14f; 6 Ob 169/15v; zuletzt 8 Ob 106/20a). So werden diese Kunden nicht nur vor neuerlichen Vertragsabschlüssen gewarnt, sondern auch in die Lage versetzt, allfällige Rückforderungsansprüche geltend zu machen. E hemalige Vertragspartner werden in vielen Fällen – verärgert über die Geschäftspraktiken der Beklagten – gerade nicht auf deren Internetseiten zurückkehren. Damit ist nur durch die Veröffentlichung des Urteils auch in Printmedien sichergestellt, dass ehemalige Kunden der Beklagten erreicht werden können (4 Ob 180/22g; Rz 13, vgl 4 Ob 18/08p Pkt 3 mwN; vgl auch RS0123550).

[428] 3. Die Beklagte wendet ein, dass ihr Zielpublikum – aufgrund der attraktiven Preispolitik – überwiegend jung sei, wohingegen der Anteil der Leser der Kronen-Zeitung mit einem Altersdurchschnitt von 40+ deutlich höher sei.

[429] Auch im Verbandsprozess 8 Ob 24/18i wandte die Beklagte ein, dass die Urteilsveröffentlichung in einer Samstags-Ausgabe der Kronen-Zeitung unangemessen sei, weil der Leserkreis in keinem Verhältnis zum tatsächlichen oder potentiellen Kundenkreis der Beklagten stehe und die immensen Kosten der Veröffentlichung zu berücksichtigen seien. Der Oberste Gerichtshof bestätigte aber auch im damaligen Fall die Urteilsveröffentlichung in der begehrten Form, weil d as berechtigte Interesse bei der Verbandsklage nach dem KSchG gerade darin liege, den Rechtsverkehr bzw die Verbraucher als Gesamtheit darüber aufzuklären, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz- bzw sittenwidrig sind (RS0121963 [T7]).

[430] Da die Beklagte ihre Leistungen im gesamten Bundesgebiet anbietet, ist es auch zweckmäßig, die Entscheidung in einer österreichweit erscheinenden Ausgabe einer auflagenstarken Tageszeitung zu veröffentlichen.

[431] 4. Schließlich kritisiert die Beklagte, dass d er Urteilsspruch mit 17 DIN A4 Seiten zu lang sei, um die betreffenden Verkehrskreise aufzuklären. Die Veröffentlichung habe wegen der hohen Kosten eher Strafcharakter.

[432] Da die Urteilsveröffentlichung vor allem das Publikum aufklären und einer Weiterverbreitung unrichtiger Ansichten entgegenwirken soll (RS0079820), kann mit einer verkürzten Darstellung des Urteilsspruchs nicht das Auslangen gefunden werden. Für das Publikum ist der Wortlaut der Klauseln entscheidend, kann doch andernfalls nicht beurteilt werden, ob eine Übereinstimmung mit den im Einzelfall anwendbaren Klauseln vorliegt.

[433] Die tatsächlich beachtliche Länge des Urteilsspruchs ergibt sich hier nicht aus einem besonders wortreichen Klagebegehren, sondern allein aus der großen Anzahl der von der Beklagten verwendeten unzulässigen Klauseln. Entgegen der Ansicht der Beklagten macht sie die Vielzahl ihrer Verstöße gegen zwingendes Recht aber nicht besonders schutzwürdig. Die Veröffentlichungskosten sind daher im Vergleich mit anderen Unternehmen proportional, die weniger unzulässige Klauseln oder einfach kürzere AGB verwenden. Ein „Mengenrabatt“ ist nicht angebracht.

[434] 5. Die Revision ist daher auch mit Blick auf das Veröffentlichungsbegehren nicht berechtigt .

V. Kostenentscheidung

[435] Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43 Abs 2 und 50 ZPO. Die Beklagte war nur mit einem geringfügigen Teil ihrer Revision erfolgreich, sodass die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen bestehen bleiben können. Auch im Revisionsverfahren waren der Klägerin die Kosten zuzusprechen, jedoch war die Bemessungsgrundlage zu korrigieren. Die Klägerin hatte das Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren für 87 Klauseln mit 6 8 .000 EUR bewertet. Gegenstand des Revisionsverfahrens waren nur noch 82 der Klauseln, was einem Streitwert von 64.091,95 EUR entspricht.

Rechtssätze
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