JudikaturJustiz8Ob259/98s

8Ob259/98s – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Januar 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred P*****, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, wider die beklagte Partei Josef P*****, vertreten durch Mag. Friedrich Kühleitner, Rechtsanwalt in Schwarzach, wegen S 1,059.850,-- sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 8. Juni 1998, GZ 1 R 185/97z-26, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 27. Mai 1997, GZ 3 Cg 185/96g-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung einschließlich des unangefochten gebliebenen Teiles zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 104.300,-- samt 7,41 % Zinsen seit 10. 10. 1995 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere S 955.550,-- samt 12 % Zinsen seit 10. 10. 1995 sowie 4,59 % Zinsen aus S 104.300,-- seit 10. 10. 1995 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 137.766,86 (darin S 22.077,81 USt und S 5.300,-- Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei an anteiligen Barauslagen des Verfahrens erster Instanz S 2.700,-- binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.376,94 (darin S 2.729,49 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei an anteiligen Barauslagen des Revisionsverfahrens S 3.446,30 binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hatte Anfang 1994 erfahren, daß es risikoarme lukrative Anlagemöglichkeiten bei einem "EKC" gebe und daß der Beklagte dieses Unternehmen vertrete. Bei einem ersten Gespräch im März 1994 erklärte der Beklagte dem Kläger, der EKC sei ein ideeller Verein, welcher über die EKC Re-Insurance Ltd. in Irland Gelder in der Hochfinanz veranlage, worüber nähere Details nicht bekanntgegeben werden dürften. Der Beklagte erklärte, die Veranlagung sei seiner Ansicht nach zu 100 % sicher und es gebe zudem eine Rückversicherung für allfällige Ausfälle, weshalb die 100 %ige Sicherheit "doppelt" gegeben sei. Der Kunde investiere sein Geld durch den Ankauf von "letters". Ein "letter" koste S 9.800, ab dem zweiten Monat nach dem Ankauf würden insgesamt pro "letter" durch 12 Monate je S 1.400 ausbezahlt. Es bestehe aber auch die Möglichkeit, anstelle der Auszahlungen neue "letters" zu kaufen und so die Erlöse beliebig wiederholbar wieder zu veranlagen. Der Beklagte erzählte dem Kläger weiters, daß er selbst seinen Beruf aufgegeben habe und jetzt ausschließlich Vertreter des EKC auf Provisionsbasis sei. Bei dieser Anlageform handle es sich nicht um ein Pyramidenspiel, weil keine Pflicht bestehe, andere Interessenten anzuwerben. Weiters übergab der Beklagte dem Kläger mehrere Tabellen, wo modellartig anhand von Beispielen der Ertrag der "letters" einschließlich verschiedener Modelle der Wiederveranlagung dargestellt wurde.

Der Kläger war unentschlossen und verlangte eine persönliche Garantie des Beklagten, weil er bei Ausfällen nicht im Ausland klagen wolle. Der Beklagte lehnte dieses Ansinnen vorerst ab. Als der Kläger ihm in Aussicht stellte, einen Betrag von S 700.000 und später noch weitere Beträge investieren zu wollen, erklärte der Beklagte, die Sache sei ohnehin 100 %ig sicher, weshalb er dem Kläger in der Form garantiere, daß er ihm für den Fall der Nichtauszahlung der durch die zu kaufenden "letters" verbrieften Summe den Ausfall einschließlich des Gewinnanteils ersetze. Der Beklagte sagte dem Kläger zu "wenn etwas sei, werde er zahlen und dann schauen, daß er vom EKC zu diesem Geld wieder komme". Der Beklagte versicherte dem Kläger auch, er bleibe, solange es den Club gebe, bei diesem, der Käger müsse sich um die Abwicklung nicht kümmern, das mache einschließlich der Überbringung der Auszahlungen alles der Beklagte.

Am 31. 3. 1994 erwarb der Kläger durch Vermittlung des Beklagten 30 "letters" auf seinen Namen um den Betrag von S 294.000 und 40 "letters" zwar auf seine Rechnung, jedoch auf Namen der Tochter um S 392.000. Insgesamt investierte der Kläger an diesem Tag S 686.000. Die auf den Namen der Tochter erworbenen Beteiligungsscheine sollten ehestmöglich, beginnend mit Mai 1994, ausbezahlt werden. Die Erträge der auf eigenen Namen gekauften "letters" sollten auf die Dauer eines Jahres reinvestiert werden.

Der Kläger beabsichtigte in der Folge, weitere Investitionen vorzunehmen, worauf ihm der Beklagte am 29. 4. 1994 überraschend erklärte, er beende aus persönlichen Gründen seine Tätigkeit für den EKC, der Kläger könne sich einen von mehreren vom Beklagten namentlich genannten Vermittlern aussuchen. Der Kläger fragte bei diesem Gespräch, ob die vom Beklagten erklärte Garantie aufrecht bleibe, worauf der Beklagte erwiderte, daß sich daran nichts änderte. Eine Erörterung der vom Kläger beabsichtigten künftigen Investitionen fand bei diesem Gespräch nicht statt.

Am 29. 4. 1994 kaufte der Kläger bei einem der ihm namhaft gemachten Vermittler 20 "letters" für insgesamt S 196.000 auf eigenen Namen sowie 33 "letters" für insgesamt S 323.400 auf Namen seiner Tochter. Die Erlöse aus den auf den Namen des Klägers erworbenen Beteiligungsscheine sollten wieder für die Dauer eines Jahres reinvestiert werden. Der Kläger investierte somit am 29. 4. 1994 insgesamt S 519.400.

Der Kläger wendete für den Erwerb von "letters" zu den beiden vorgenannten Terminen einen Gesamtbetrag von S 1,205.400 auf. In der Zeit von Mai 1994 bis November 1994 wurden vom EKC in sechs Teilzahlungen insgesamt S 704.200 an den Kläger ausgezahlt. Von diesen Auszahlungen entfallen auf die am 31. 3. 1994 durchgeführten Investitionen, und zwar auf die vom Kläger im eigenen Namen angekauften "letters" S 85.400 und auf die im Namen der Tochter angekauften Beteiligungsscheine S 392.000, insgesamt daher S 477.400.

Der Beklagte hatte sein bis dahin 15 Jahre lang bestandenes Dienstverhältnis 1994 gekündigt, um ausschließlich als Vermittler für den EKC tätig zu sein. Er schloß einen freien Dienstvertrag mit einer Vertriebs-GesmbH ab und bezog je verkauftem "letter" S 385 Provision. Spesenersätze erhielt er nicht, er mußte Werbematerial, Reisekosten udgl aus eigenem finanzieren. Nach dem 31. 3. und vor dem 19. 4. 1994 erhielt er von der Vertriebs-GesmbH einen neuen Dienstvertrag zur Unterschrift vorgelegt, womit er sich verpflichten sollte, aus eigenem eine EDV-Anlage um rund S 80.000 anzuschaffen. Der Beklagte beschloß daraufhin, diesen neuen Vertrag nicht mehr zu unterschreiben und den bestehenden Vertrag mit 31. 5. 1994 auslaufen zu lassen. Der Beklagte und seine Gattin hatten selbst "letters" gekauft. Die bis dahin vorliegenden Auszahlungsbestätigungen verwendete der Beklagte insoweit als Werbemittel, als er gegenüber potentiellen Kunden damit den Wahrheitsgehalt der Auszahlungszusage dokumentierte.

Der Kläger hatte seine Investitionen mit Hypothekarkrediten finanziert, für welche er zuletzt jährlich 7,41 % Zinsen zu bezahlen hatte.

Mit seiner am 5. 7. 1996 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger, den Beklagten zur Zahlung eines Betrages von S 1,059.850 samt 12 % Zinsen seit 10. 10. 1995 schuldig zu erkennen. Er habe für den Erwerb von "letters" insgesamt einen Betrag von S 1,205.400 bezahlt. Bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Auszahlungsversprechen wäre ein Betrag von S 1,773.800 an ihn zurückgeflossen. Tatsächlich habe er jedoch nur S 704.200 erhalten. Der Beklagte habe persönlich den Schuldbeitritt, die Schuldübernahme und eine Garantie nicht nur für das eingesetzte Kapital, sondern auch für die daraus zugesagten Erlöse erklärt. Er sei Vollkaufmann und selbständiger Handelsvertreter und habe ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluß der Verträge gehabt. Zwischen den Parteien sei ein Betreuungsvertrag zustandegekommen und habe der Beklagte im Rahmen des vorvertraglichen Schuldverhältnisses Aufklärungspflichten verletzt, weshalb er schadenersatzpflichtig sei. Der Beklagte hätte wissen müssen, daß es sich bei den Investitionen um ein gesetzlich verbotenes unzulässiges sogenanntes Pyramidengewinnspiel gehandelt habe, das nichtig sei.

Der Beklagte bestritt, irgendeine persönliche Haftungserklärung abgegeben zu haben. Für die Ankäufe im April 1994 sei er schon deshalb nicht verantwortlich, weil er diese Geschäfte nicht vermittelt habe. Im übrigen habe er seinen eigenen Wissensstand korrekt an den Kläger weitergegeben. Dem Kläger sei bekannt gewesen, daß der EKC eine rund 70 %ige Rendite versprochen habe. Es habe dem Kläger bewußt sein müssen, daß derartige Geldanlagen hoch spekulativ und entsprechend riskant seien. In Anbetracht des geltend gemachten Schadenersatzanspruches werde daher ein gravierendes Mitverschulden des Klägers eingewendet.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, dem Kläger S 208.600 samt 7,41 % Zinsen seit 10. 10. 1995 zu bezahlen und wies das Mehrbegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, daß anzunehmen sei, der Beklagte habe sich mit seiner Erklärung zu garantieren für den Ausfall verbürgen wollen. Diese Bürgschaft sei gemäß § 1346 Abs 2 ABGB mangels Schriftform unwirksam. Nach den als unbestritten zugrundezulegenden Prozeßbehauptungen liege im Grundgeschäft ein sogenanntes verbotenes Pyramidenspiel vor. Der Beklagte sei als Vertreter des Veranstalters des Pyramidenspiels zu sehen. Er hafte schon deshalb, weil er ein erhebliches eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrages gehabt und zudem im besonderen Maß das persönliche Vertrauen des Klägers in Anspruch genommen habe. Diese Haftung greife auch dann ein, wenn es gelte, den Vertreter für die Rückabwicklung eines aufgehobenen Vertrags aus dem Titel des Schadenersatzes einstehen zu lassen. Ausschüttungen schmälerten dabei den Anspruch auf Rückersatz. Der Beklagte hafte dem Kläger auch wegen Verletzung vorvertraglicher und vertraglicher Aufklärungspflichten, wovor ihn auch sein geringer Informationsstand nicht zu schützen geeignet sei. Der Beklagte habe Verträge vermittelt, die ihrer Natur nach geeignet seien, die wirtschaftliche Stellung des Vertragspartners massiv zu erschüttern. Es sei ihm daher der Vorwurf einer unzureichenden Aufklärung des Vertragspartners umso mehr anzulasten, je weniger er selbst vom wahren Risiko des Geschäfts gewußt habe. Das Veranlassen zu einem Vertrag durch einen Vertreter, der die Natur des Geschäftes selbst nicht kenne, sei schon deshalb schuldhaft. Der Schadenersatzanspruch des Klägers sei daher dem Grunde nach für den Vertragsschluß vom 31. 3. 1994 zu bejahen. Wegen der Nichtigkeit des Grundgeschäfts könne der Kläger allerdings keine vertraglichen Ansprüche auf Auszahlung des Gewinns geltend machen, dies umabhängig davon, daß die Bürgschaft des Beklagten mangels Einhaltung der Schriftform unwirksam sei. Der weitere Vertragsabschluß vom 29. 4. 1994 sei dem Beklagten nicht zuzurechnen, da der Beklagte ihn nicht vorbereitet und auch keine Provisionen bezogen habe. Von dem am 31. 3. 1994 insgesamt eingesetzten Kapital von S 686.000 seien die aus den auf den Namen der Tochter erworbenen "letters" resultierenden Auszahlungen durch insgesamt sieben Monate in der Höhe von S 392.000 zur Gänze und hinsichtlich der übrigen "letters" im Verhältnis 30 : 20 zu den Erlösen aus der Folgeinvestition am 29. 4. 1994 mit S 85.400 in Abzug zu bringen, weshalb sich das verlorene und zuzusprechende Kapital aus dieser Investition mit S 208.600 errechne. Der Mitverschuldenseinwand des Beklagten sei nicht schlüssig ausgeführt. Bei spekulativen Veranlagungen seien Renditen bis zu 70 % durchaus nicht vollkommen unrealistisch, auch wenn Verluste in solchen Größenordnungen wahrscheinlicher sein mögen. Der alleinige Hinweis auf diese Rendite begründe keinen schlüssigen Mitverschuldenseinwand.

Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte zur Rechtsrüge aus, der Beklagte hafte im Einklang mit der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs als Anlageberater wegen Verletzung (vor-)vertraglicher Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten. Diese Haftung greife selbst dann Platz, wenn der Beklagte gutgläubig gewesen sein sollte, weil er sich dann seine eigene unzulängliche Beurteilungsgrundlage nicht bewußt gemacht habe. Aus dieser Beraterhaftung könne aber eine Haftung für das positive Vertragsinteresse nicht abgeleitet werden. Der Anleger könne nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Anlageberater pflichtgemäß gehandelt, ihn also richtig aufgeklärt hätte. In diesem Fall hätte der Anleger etwa von dem riskanten Geschäft Abstand genommen und sein Kapital entsprechend dem Veranlagungsziel in einen seriösen Immobilienfonds eingebracht. Dem Kläger stehe daher der von ihm unter anderem begehrte Ersatz von S

558.600 aus reinvestierten Erträgen jedenfalls nicht zu. Dem Erstgericht sei darin beizupflichten, daß die Erklärung des Beklagten, dem Kläger zu garantieren, als Bürgschaft aufzufassen sei. Diese Haftungsübernahme sei jedoch mangels Schriftlichkeit unwirksam. Nach Lehre und Rechtsprechung bürge nicht als Kaufmann, wer persönlich für den Kaufmann bürge und nicht in dessen Namen als sein Vertreter. Die Frage nach der wohl zu verneinenden Vollkaufmannseigenschaft des Beklagten stelle sich daher nicht. Sei das Grundgeschäft nichtig, könnten Nebenverbindlichkeiten gleichfalls keine Rechtswirksamkeit entfalten. Auch aus diesem Grunde könne sich der Kläger nicht auf die Haftung des Beklagten aus den Titeln der Schuldübernahme, des Schuldbeitritts oder des Garantievertrags berufen. Die Haftung des Beklagten sei lediglich auf die am 31. 3. 1994 erworbenen "letters" zu beschränken. Dem Kläger sei zwar zuzugestehen, daß der weitere Ankauf am 29. 4. 1994 auf die schuldhaft fehlerhafte Beratung des Beklagten zurückzuführen gewesen sei, sodaß diesbezüglich die Adäquanz nicht verneint werden könne. Es mangle aber am Rechtswidrigkeitszusammenhang. Bloße Beratung bzw Auskunft reiche nicht hin, einen Schaden zu verursachen, wenn nicht der nachfolgende Kaufabschluß hinzutrete. Auf diesen habe aber der Beklagte bei der Veranlagung am 29. 4. 1994 keinen Einfluß mehr gehabt. Vielmehr habe es dem Kläger auffallen müssen, daß der Beklagte "aussteigen" habe wollen, weshalb dem Kläger gesteigerte Bedenken an der Rechtmäßigkeit seines Handelns hätten kommen müssen. Der Vertrauensschutz sei ab diesem Zeitpunkt weggefallen, Neuabschlüsse über einen anderen Vermittler könnten nur dessen Sphäre zugeordnet werden. Der vom Beklagten erhobene Mitverschuldenseinwand sei zu bejahen. Es stelle eine außerordentliche Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten dar, daß sich der Kläger allein auf die Auskünfte und Versprechungen des Beklagten verlassen habe. Hätte er sich nur halbwegs ernsthaft mit der gegenständlichen Geldanlage beschäftigt, hätten ihm Zweifel an ihrer Seriosität kommen müssen.

Eine Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 1 erweise sich daher als gerechtfertigt. Unter diesem Gesichtspunkt des Mitverschuldens des Klägers könne es dahingestellt bleiben, ob die Veranlagung des Klägers vom 29. 4. 1994 dem Beklagten zuzuordnen sei. Die Gesamtinvestition von S 1,205.400 sei zu halbieren. Dies ergäbe S

602.700. Der direkte Rückfluß an Erträgnissen an den Kläger habe aber S 704.200 betragen, sodaß der Vermögensschaden, soweit er vom Beklagten schuldhaft und rechtswidrig verursacht wurde, mehr als ausgeglichen sei. Nicht anders würde es sich verhalten, wenn man die Veranlagungen auf den Namen des Klägers (insgesamt S 490.000) einschließlich der getätigten Reinvestitionen (S 558.600) in Betracht ziehe, weil selbst unter Einschluß der Veranlagung vom 31. 3. 1994 lautend auf den Namen der Tochter des Klägers (S 392.000) die Investitionssumme insgesamt S 1,244.600 betragen würde, wovon der Hälftebetrag wiederum in den dem Kläger zugekommenen Erträgnissen Deckung finde.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist zulässig und teilweise auch berechtigt.

Die Vorinstanzen haben zutreffend dargestellt, daß die festgestellte Haftungserklärung des Beklagten nicht als - formfreier - Schuldbeitritt gewertet werden kann. Im Zweifel ist selbstschuldnerische Verpflichtung nicht anzunehmen, zumal im hier zu entscheidenden Fall nach den getroffenen Feststellungen ein persönliches und sachliches unmittelbares Interesse des Beklagten an der wirtschaftlichen Existenz des Urschuldners nicht zu erkennen ist und auch kein Anhaltspunkt dafür besteht, der Beklagte habe angenommen, der Schuldner werde seine Verpflichtung nicht erfüllen (vgl SZ 49/53; SZ 62/160; SZ 65/109; 8 Ob 245/97f ua). Ob die Erklärung des Beklagten als Bürgschaft oder Garantie zu werten ist, muß nicht abschließend untersucht werden, weil das für die Bürgschaft vom Gesetz im § 1346 Abs 2 ABGB normierte Gültigkeitserfordernis der Schriftlichkeit von nunmehr gesicherter Rechtsprechung auch für das Garantieversprechen analog angewendet wird (SZ 65/109; SZ 68/64; SZ 70/31 ua). Ausdrücklich ausgenommen vom Gültigkeitserfordernis der Schriftlichkeit ist lediglich der Fall, daß der Interzedent Vollkaufmann ist, weil dann gemäß § 350 HGB auch eine Bürgschaft nicht der Formvorschrift des § 346 Abs 2 ABGB unterliegen würde.

Es ist daher vorerst zu prüfen, ob der Beklagte im Zeitpunkt des Eingehens der festgestellten Verpflichtung Vollkaufmann war. Gemäß § 1 Abs 2 Z 7 HGB ist Kaufmann, wer die Geschäfte der Handelsvertreter oder der Handelsmäkler betreibt. Hinweise, daß der Beklagte als Handelsmäkler anzusehen wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Nach dem hier noch anzuwendenden § 93 HGB (das MaklerG BGBl 262/1996 trat gemäß seinem Art III Abs 1 erst mit 1. 7. 1996 in Kraft) wird der Handelsmäkler gewerbsmäßig für mehrere Personen tätig, ohne von ihnen damit ständig betraut zu sein. Gerade dies traf aber unbestrittenermaßen auf den Beklagten nicht zu. Dieser war vielmehr nach den erstinstanzlichen Feststellungen durch einen freien Dienstvertrag an eine Vertriebsgesellschaft gebunden, wobei sich aus den Umständen des Nichtabschlusses eines neuen Dienstvertrages mit Deutlichkeit ergibt, daß der Vertragspartner dem Beklagten weitestgehende organisatorische Vorschriften machen konnte. Auch für den Bereich des seit 1. 3. 1993 in Kraft stehenden HandelsvertreterG, BGBl 88/1993, hat es bei den bisher von der Rechtsprechung vorgenommenen Abgrenzungen zum selbständigen Handelsvertreter zu verbleiben, weil das Gesetz keine Erweiterung des persönlichen Geltungsbereichs gegenüber der bisherigen Rechtslage herbeiführen wollte (RV 578 BlgNR 18. GP, 9 f; Feil, Makler- und Handelsvertreterrecht, 145). Schon bisher hat die Rechtsprechung neben den klassischen Formen des meist für mehrere Auftraggeber tätigen und durch unternehmerische Selbständigkeit, eigene Betriebsorganisation und Unternehmerrisiko bei Fehlen von Weisungsgebundenheit charakterisierten selbständigen Handelsvertreters und des in den Betrieb des Dienstgebers integrierten weisungsgebundenen und demnach auch persönlich abhängigen angestellten Handelsvertreters im Rahmen des allgemeinen Begriffs des "freien Dienstvertrages" den Typus des "freien Handelsvertreters" anerkannt. Auch dessen Arbeitsbedingungen werden zwar so frei wie möglich gestaltet, er ist aber von dem meist einzigen Geschäftsherrn selbst bei nebenberuflicher Tätigkeit wirtschaftlich abhängig und demnach in ähnlicher Weise wie ein Angestellter schutzbedürftig und mangels wirtschaftlicher Selbständigkeit nicht Unternehmer oder Kaufmann (EvBl 1974/85; ArbSlg 9400; ArbSlg 10.025; ArbSlg 12.606; SZ 54/30; SZ 63/118). Auf den Beklagten treffen alle Merkmale des "freien Handelsvertreters" zu, war er doch von seinem einzigen Geschäftsherrn wirtschaftlich derart abhängig, daß er zweifelsohne als arbeitnehmerähnliche Person zu betrachten war. Mangels Kaufmannseigenschaft ist nicht weiter zu untersuchen, ob er überhaupt über einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb (§ 4 Abs 1 HGB) verfügte.

Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, daß die Erklärung des Beklagten, er garantiere dem Kläger für das eingesetzte Kapital zuzüglich der Gewinnausschüttungen, gleichgültig, ob sie als Bürgschaft oder Garantieerklärung zu werten wäre, mangels Schriftform nicht gültig zustandegekommen ist, weshalb darauf der Anspruch des Klägers nicht gegründet werden kann. Es erübrigt sich daher, näher darauf einzugehen, daß - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - eine Garantiezusage für die Rückzahlung dessen, was aufgrund eines unwirksamen Glücksvertrags gezahlt wurde, rechtlich zulässig wäre (SZ 69/69; 10 Ob 2429/96w).

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner jüngsten Rechtsprechung jeweils die Vermittlung des Ankaufs von "letters" des EKC betreffend klargestellt, daß nicht nur der Anlageberater zur Aufklärung seiner Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage verpflichtet ist, sondern auch der Anlagevermittler, soweit der Anlageinteressent klarmacht, er wolle - bezogen auf eine bestimmte Anlageentscheidung - die einschlägigen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen und dieser die gewünschte Tätigkeit auch entfaltet. Der dadurch zustandegekommene Vertrag beschränke sich auf Auskunftserteilung und verpflichte den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über jene tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluß des Interessenten von besonderer Bedeutung sind. Um dieser Verpflichtung zu entsprechen, müsse sich der Anlagevermittler vorher selbst auf verläßliche Weise über die Wirtschaftlichkeit der Anlage und - nicht zuletzt - über die Bonität des Kapitalsuchenden informieren, weil seine Auskünfte sonst jeder objektiven Grundlage entbehrten. Zumindest aber müsse der Anlagevermittler, sei er dazu nicht imstande, das dem Interessenten offenlegen. Durch die Darstellung eines typischen Risikogeschäfts als sichere Anlageform komme zwischen dem Anleger und dem Anlagevermittler ein schlüssiger Auskunftsvertrag zustande. Habe der Anlagevermittler durch diese seine Darstellung den Anleger zur Zeichnung solcher Beteiligungen veranlaßt, so hafte er selbst dann, wenn er selbst von der Seriosität des von ihm vermittelten Anlagegeschäfts überzeugt gewesen sei, weil er sich dann seine eigene unzulängliche Beurteilungsgrundlage nicht bewußt gemacht habe. Wer sich aber als Anlagevermittler betätige, habe über die dafür erforderlichen und von den Anlageinteressenten, die gerade bei dieser Vertriebsmethode regelmäßig ohne jede Geschäftserfahrung und ohne ausreichenden konkreten Kenntnisstand sind, erwarteten Kenntnisse zu verfügen bzw offenzulegen, daß dies bei ihm nicht der Fall sei. In der Anpreisung der beworbenen Kapitalanlage als extrem ertragreich und sicher, ohne offenzulegen, daß es sich dabei um eine völlig subjektive Überzeugung handle, die nicht auf objektiven Informationen beruhe, liege eine schuldhafte Verletzung der auskunftsvertraglichen Verpflichtungen (ÖBA 1998, 230; 7 Ob 118/97x; 7 Ob 79/98p je mwH).

Die dargestellten rechtlichen Überlegungen sind ohneweiteres auch auf den hier zu entscheidenden Fall anzuwenden. Der Beklagte hat die vom Kläger genannten Bedenken mit dem Hinweis auf die angeblich 100 %ige Sicherheit und die Tatsache, daß er anderenfalls nicht selbst Beteiligungen gezeichnet hätte, zu zerstreuen gewußt, ohne über objektive Informationen, insbesondere zur Bonität der ausgebenden Gesellschaft, zu verfügen. Der Beklagte haftet dem Kläger daher aus dem Titel des Schadenersatzes wegen Verletzung der aus dem schlüssig zustandegekommenen Beratervertrag entspringenden Pflichten.

Aus der Beraterhaftung kann allerdings eine Haftung für das positive Vertragsinteresse nicht abgeleitet werden. Der Anleger kann nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Anlageberater pflichtgemäß gehandelt, ihn also richtig aufgeklärt hätte. In diesem Fall hätte der Anleger etwa von dem riskanten Geschäft Abstand genommen und sein Kapital entsprechend seinem Anlageziel in einem seriösen Immobilienfonds veranlagt. Der Anleger kann daher nicht die mit den gekauften Wertpapieren theoretisch zu erzielende Rendite fordern, sondern lediglich die Beträge, die er bei richtiger Beratung erzielt hätte (ecolex 1993, 669; RdW 1998, 13 mwH). Im gegenständlichen Fall hat der Kläger nicht behauptet, er hätte seine Gelder bei richtiger Beratung anders in seriöser Weise veranlagt und ist Derartiges schon deshalb nicht anzunehmen, weil er nach den Feststellungen den gesamten eingesetzten Betrag im Kreditwege aufbringen mußte. Der Vertrauensschaden des Klägers kann daher ausschließlich in jenen Beträgen bestehen, die er eingezahlt und in der Folge verloren hat. Insoweit er bei seiner Schadensberechnung auch einen Betrag von S 558.600 an reinvestierten Beträgen in Anschlag bringt, begehrt er in Wahrheit aus der Investition erlöste und in der Folge wieder verlorene Beträge und wünscht daher so bezahlt zu werden, wie er bei zumindest teilweise erfolgreicher Durchführung des Spekulationsgeschäftes gestellt gewesen wäre. Damit begehrt er aber das positive Vertragsinteresse, worauf ein Anspruch nicht besteht. Bei dieser Sachlage muß nicht weiter erörtert werden, daß der Oberste Gerichtshof den Erwerb von "letters" des EKC als verbotene und daher nichtige Pyramidenspiele qualifiziert hat (10 Ob 2429/96w; 7 Ob 79/98p), weshalb zwar der Einsatz, nicht jedoch der Gewinn gefordert werden könne.

Beide Vorinstanzen haben den bei einem anderen Vermittler erfolgten Ankauf von "letters" am 29. 4. 1994 als nicht mehr dem Beklagten zurechenbar angesehen und daher den darauf gestützten Teil des Begehrens schon deshalb als unbegründet erachtet. Diese Rechtsansicht bekämpft der Kläger in seiner Revision nicht, sondern begehrt nur mehr die Abänderung des angefochtenen Urteils dahingehend, daß dem Klagebegehren mit einem Betrag von S 771.400 sA Folge gegeben werde. Dieser Betrag errechnet sich nach der vom Kläger in der Revision vorgenommenen Aufschlüsselung aus der Summe der Investition am 31. 3. 1994 von S 686.000 zuzüglich der darauf entfallenden reinvestierten Beträge von S 85.400. Im Zusammenhang mit diesem Rechtsmittelantrag können die Ausführungen der Revision zu Punkt II. i, welche in ihrem letzten Satz dahin zusammengefaßt werden, daß der Beklagte bei richtiger rechtlicher Beurteilung auch für die bei seinem Nachfolger angekauften "letters" hafte, "zumindest aber für die aus den Rückflüssen der Investitionen vom 31. 3. 1994 reinvestierten Beträge", nur dahin verstanden werden, daß der Kläger sich nunmehr als anspruchsbegründend nur mehr auf den am 31. 3. 1994 verwirklichten Sachverhalt stützt. Damit scheiden aber die für die Ankäufe am 29. 4. 1994 aufgewendeten Beträge aus der Betrachtung aus und sind der Berechnung des dem Kläger zustehenden Schadenersatzes nicht mehr zugrundezulegen. Dies gilt - wenngleich aus den bereits dargestellten rechtlichen Überlegungen zum Umfang des zustehenden Schadenersatzanspruches - auch für den vom Kläger nun noch begehrten Betrag von S 85.400, weil er, wie bereits dargestellt, nur Anspruch auf den tatsächlich verlorenen Kapitaleinsatz, nicht jedoch auf die, wenngleich reinvestierten, Erträge desselben hat.

Der Berechnung ist daher ausschließlich der für den Erwerb von "letters" am 31. 3. 1994 vom Kläger insgesamt aufgewendete Betrag von S 686.000 zugrundezulegen.

Der Beklagte hat im Verfahren das Mitverschulden des Klägers eingewendet und diesen Einwand - entgegen der Ansicht des Revisionswerbers - ausreichend damit begründet, daß das Versprechen einer 70 %igen Rendite die Geldanlage als hoch spekulativ ausgewiesen habe. Dieser Einwand ist durchaus zutreffend, muß doch jedem einigermaßen vernünftigen Menschen einleuchten, daß eine breit gestreute Gewinnchance in diesem Ausmaß kaum auf Dauer realisierbar sein kann (vgl auch 1 Ob 2389/96x). Hiezu kommt, daß gerade der wesentliche Kernpunkt für die Beurteilung der Seriosität des Anbots, nämlich die Art der Veranlagung nach den Feststellungen vom Beklagten nicht aufgeklärt wurde, sondern der Kläger lediglich die Auskunft erhielt, das Geld werde in der Hochfinanz angelegt, nähere Details dürften nicht bekanntgegeben werden. Diese völlig nichtssagende Auskunft mußte bei einem in eigenen Angelegenheiten nur durchschnittlich sorgfältigen Menschen schwere Bedenken hervorrufen, die auch durch den Nachweis, daß bisher in einigen Fällen Auszahlungen erfolgten, nicht ernsthaft zerstreut werden konnten.

Eine Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 1, wie sie der Oberste Gerichtshof in vergleichbaren Fällen in seinen Entscheidungen ÖBA 1998, 230 und 7 Ob 118/97x ebenfalls billigte, ist daher gerechtfertigt.

Dem Revisionswerber ist darin beizupflichten, daß der Beklagte im Verfahren nicht eingewendet hat, der Kläger habe aus der von ihm vorgenommenen Veranlagung Auszahlungen erhalten. Dies schadet jedoch nicht, da der Kläger selbst von der Anrechenbarkeit dieser Leistungen ausgegangen ist und es daher eines diesbezüglichen rechtlichen Hinweises durch die Beklagte nicht mehr bedurfte (ZVR 1995/125). Das Berufungsgericht hat daher die dem Kläger zugeflossenen Zahlungen grundsätzlich zu Recht als schadensmindernd berücksichtigt, jedoch zu Unrecht von dem um die Mitverschuldensquote gekürzten Betrag den dem Kläger zugekommenen Vorteil abgezogen. Es hat damit eine nur im Fall des Vorliegens einer Legalzession zugunsten eines Versicherers (Schlagwort: "Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers", vgl hiezu 2 Ob 155/89; ZVR 1991/38; 2 Ob 180/87b ua) zulässige Berechnungsmethode angewandt, welche jedoch im Schadenersatzrecht nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen kann. Es ist vielmehr gesicherte Lehre und Rechtsprechung, daß § 1304 ABGB nur jenen Betrag kürzen will, der ohne Mitverschulden zustünde, weshalb anrechenbare Vorteile vor Berücksichtigung der Mitverschuldensquote vom Gesamtschaden abzuziehen sind (ZVR 1995/125; JBl 1991, 653, 2 Ob 180/97b; Reischauer in Rummel ABGB2 § 1312 Rz 6).

Das Erstgericht hat unbekämpft festgestellt, daß der am 31. 3. 1994 vorgenommenen Veranlagung von insgesamt S 686.000 Auszahlungen von S

477.400 zuzuordnen sind. Das verlorene Kapital des Klägers aus dieser Investition beträgt daher S 208.600. Die Berücksichtigung eines 50 %igen Mitverschuldens ergibt den nunmehr zugesprochenen Betrag von S

104.600.

Der Revision ist daher teilweise Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 43 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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  • RS0102179OGH Rechtssatz

    30. Oktober 2014·3 Entscheidungen

    Pyramidenspiel: Die zur Wahrung oder Erhöhung der eigenen Gewinnchance notwendige Anwerbung neuer Mitspieler hängt hier nicht nur von den Fähigkeiten des werbenden Teilnehmers ab, sondern ist durch die Anzahl der vorhandenen Interessenten begrenzt. Daß diese Zahl nicht beliebig vermehrbar ist, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, die auch dadurch nicht widerlegt wird, daß die Möglichkeit einer mehrmaligen Beteiligung an einem von der ständigen Vermehrung der Mitspieler abhängigen Gewinnspiel besteht. Auch dieses Reservoir an Mitspielern erschöpft sich zwangsläufig, weil nicht erwartet werden kann, daß sich alle Spieler oder auch nur einzelne, diese dafür in einer sich unendlich wiederholenden, immer schneller fortschreitenden Reihe, für eine Wiederbeteiligung gewinnen lassen. Die Gewinnchance der Mitspieler insgesamt hängt daher bei jedem nach dem Schneeballsystem funktionierenden Pyramidenspiel letztlich vom Zufall ab, wenn man die Inkaufnahme des unausweichlichen Verlustes der letzten Teilnehmer nicht überhaupt als Betrug wertet. Es kommt hier auf eine Gesamtschau an, die nicht nur die ersten Teilnehmer mit (noch) intakten "Gewinnchancen", sondern auch die Spieler einer späteren Phase berücksichtigt, deren Verlust praktisch vorprogrammiert ist. Eben diese Gesamtschau verbietet es auch, die organisatorische, verwaltende Tätigkeit der beklagten Partei vom eigentlichen "Spielbetrieb" zu trennen. Die Klägerin wurde für die Teilnahme am streitgegenständlichen Pyramidenspiel gewonnen, wofür sie einen Einsatz zu leisten und dazu noch eine Verwaltungsgebühr zu entrichten hatte. Der "(Werk-)Auftrag" an die beklagte Partei war Voraussetzung für die Beteiligung am verbotenen Spiel und damit so eng mit diesem verflochten, daß die Nichtigkeit das gesamte Vertragsverhältnis erfaßt. Zu Recht ist daher von der Nichtigkeit des gesamten zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrages auszugehen.