JudikaturJustiz3Ob156/06x

3Ob156/06x – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. September 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Josef F*****, vertreten durch Dr. Elisabeth Scheuber, Rechtsanwältin in Wien, wider die verpflichtete Partei P***** GmbH, ***** vertreten durch Ferner Hornung Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 18.523,81 EUR s.A., infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 30. März 2006, GZ 22 R 74/06w-10, womit infolge Rekurses der betreibenden Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Saalfelden vom 15. Februar 2006, GZ 2 E 3714/05k-7, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 16. Dezember 2005 bewilligte das Erstgericht dem Betreibenden zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Kostenforderung von 18.523,81 EUR (er obsiegte als beklagte Partei im Verfahren AZ 29 Cg 157/03b des Landesgerichts St. Pölten in zwei Instanzen) die Fahrnisexekution. Die Exekution wurde über Antrag der verpflichteten Partei mit dem rechtskräftigen Beschluss des Erstgerichts vom 9. Jänner 2006 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die außerordentliche Revision der klagenden (hier: verpflichteten) Partei gegen das Berufungsurteil gemäß § 42 Abs 1 Z 2a EO gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von 20.000 EUR aufgeschoben. Die verpflichtete Partei legte am 2. Februar 2006 eine Bankgarantie des R***** Salzburg vom 24. Jänner 2006 über 20.000 EUR vor und beantragte, „die Exekution dementsprechend aufzuschieben". Der Betreibende äußerte sich dazu dahin, dass die Bankgarantie keine Sicherheitsleistung darstelle und die bewilligte Fahrnisexekution daher nicht weiter aufzuschieben sei.

Das Erstgericht nahm die angebotene Bankgarantie der verpflichteten Partei als Sicherheitsleistung an und sprach weiters aus, dass es die Bankgarantie bei deren Nichtverlängerung am 15. Jänner 2007 abrufen werde; denn nach der Rsp sei eine befristete Bankgarantie ein taugliches Sicherungsmittel, sodass die verpflichtete Partei die Bedingungen für die Exekutionsaufschiebung erfüllt habe. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Betreibenden Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluss dahin ab, dass die als Sicherheitsleistung angebotene Bankgarantie nicht zugelassen werde. Auch befristete Bankgarantien seien nach der oberstgerichtlichen Rsp geeignete Sicherheitsleistungen. Sie dürften nur keine Bedingungen enthalten. Entgegen der Ansicht des Betreibenden liege hier keine die Tauglichkeit des Sicherungsmittels beeinträchtigende Bedingung vor. Dem Betreibenden sei aber zuzustimmen, dass die Bankgarantie bestimmten Formvorschriften unterliege. Nach stRsp müsse sie im Original vorgelegt werden, weil nur so die Echtheit der Unterschriften sowie die Zeichnungsberechtigung geprüft werden könne. Im Zusammenhang mit der Aufhebung bereits vollzogener Sicherungsexekutionsmaßnahmen (§ 376 EO) sei schon ausgesprochen worden, dass eine Bankgarantie nur dann als Sicherheitsleistung in Betracht komme, wenn darauf die Unterschriften der Vertreter der Bank beglaubigt und ihre Zeichnungsberechtigung nachgewiesen sei. Es könne dem Betreibenden nicht zugemutet werden, sich bei einer allfälligen Klage gegen den Garanten aus der Garantieerklärung auf eine Anscheinsvollmacht berufen zu müssen, sollten die Unterschriften auf der Bankgarantie nicht von den Zeichnungsberechtigten stammen. Auch in der Entscheidung 3 Ob 179/97p habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass ein notarieller Beglaubigungsvermerk der die Bankgarantie unterzeichnenden Personen erforderlich sei. Nach Auffassung des Rekursgerichts sei auch bei der Sicherheitsleistung nach § 44 EO eine gewisse Formstrenge erforderlich. Der Betreibende habe zwar das Original der Bankgarantie vorgelegt, diese weise aber nur zwei unleserliche Unterschriften auf, sodass dem Betreibenden rechtliche Schwierigkeiten aufgebürdet würden, wenn die beiden Unterschriften nicht von den Zeichnungsberechtigten der Bank stammten. Dem betreibenden Gläubiger dürfe kein zusätzliches Prozess- und Einbringlichkeitsrisiko aufgebürdet werden.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Beglaubigung von Unterschriften auf einer Bankgarantie im Zusammenhang mit einer Exekutionsaufschiebung gemäß § 44 EO oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Mit ihrem Revisionsrekurs beantragt die verpflichtete Partei die Abänderung dahin, dass der erstinstanzliche Beschluss wiederhergestellt werde. Mit dem Revisionsrekurs wurde die Bankgarantie im Original (Beil. 3) neuerlich vorgelegt, weiters erstmalig eine „Unterschriftenregelung" der Garantiebank (Beil. 1) und ein Firmenbuchauszug dieser Bank zum Stichtag 4. Mai 2006 (Beil. 2).

Die Revisionsrekurswerberin steht zusammengefasst auf dem Standpunkt, in der oberstgerichtlichen Judikatur sei bislang noch nicht verlangt worden, dass bei einer als Sicherheitsleistung gegebenen Bankgarantie die Unterschriften der Vertreter der garantierenden Bank notariell beglaubigt sein müssten. Dies gelte auch für die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung 3 Ob 179/97p, in der nur in einem Nebensatz auf den dort vorliegenden Beglaubigungsvermerk auf der Originalurkunde der Bankgarantie Bezug genommen worden sei. Dass eine solche Beglaubigung in jedem Fall vorliegen müsse, habe der Oberste Gerichtshof nicht ausgesprochen. Ein solches Formerfordernis werde auch nicht im Schrifttum verlangt. Banken könnten rechtsgeschäftliche Erklärungen nicht nur durch ihre Organe, sondern auch durch ihre handelsrechtlichen Vertreter (Prokuristen; Handlungsbevollmächtigte) abgeben. Hier sei die Garantie von zwei zeichnungsberechtigten Gesamtprokuristen gefertigt worden. Durch Abruf eines Firmenbuchauszugs und durch Einsichtnahme in die Musterzeichnungserklärungen der Prokuristen könne ihre Vertretungsbefugnis überprüft werden. Erhebungen hätte sowohl das Erstgericht als auch das Rekursgericht durchführen können. Jedenfalls hätte vor Fassung der angefochtenen Rekursentscheidung ein Verbesserungsverfahren eingeleitet werden müssen.

Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist wegen nachträglichen Wegfalls der Beschwer zurückzuweisen, dennoch die sachliche Überpüfung wegen der Kostenbestimmung des § 50 Abs 2 ZPO iVm § 78 EO geboten. Die Rechtsfragen sind auch erheblich iSd § 528 Abs 1 ZPO.

Rechtliche Beurteilung

I. Die Beschwer der Revisionsrekurswerberin ist nach Einbringung des Revisionsrekurses weggefallen, das Rechtsmittel daher unzulässig:

Die Exekutionsaufschiebung wurde bis zur Entscheidung über die im Titelverfahren eingebrachte außerordentliche Revision bewilligt, nicht aber wie von der verpflichteten Partei beantragt, auch bis zur rechtskräftigen Erledigung der schon eingebrachten Oppositionsklage. Die außerordentliche Revision der nun verpflichteten Partei wurde aber nach Einbringung des vorliegenden Revisionsrekurses mit dem Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 29. März 2006, AZ 7 Ob 269/05t, zurückgewiesen. Damit kann sich die verpflichtete Partei durch die Ablehnung der Bankgarantie als Sicherheitsleistung nicht mehr für beschwert erachten. Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Rechtsmittelgerichts, theoretisch gewordene Rechtsfragen zu lösen (stRsp RIS-Justiz RS0002495).

II. Hier ist allerdings die Tauglichkeit der Bankgarantie im Hinblick auf die Kostenbestimmung des § 50 Abs 2 ZPO im Wege eines hypothetischen Nachvollzugs des Rechtsmittelverfahrens zu prüfen. Der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses in der Hauptsache führt zwar zur Zurückweisung des Rechtsmittels, ist aber bei der Entscheidung über die Rechtsmittelkosten nicht zu berücksichtigen. Die Kostenentscheidung ist vielmehr so zu treffen, wie wenn das Rechtsschutzinteresse nicht weggefallen wäre (RIS-Justiz RS0036102). Auf den hypothetischen Rechtsmittelerfolg kommt es auch bei den Kosten eines Zwischenstreits an (6 Ob 302/00f für den Fall des Beitritts eines Nebenintervenienten).

In der Sache ist daher Folgendes auszuführen:

1. Nach hA ist eine unbedingte Bankgarantie, auch wenn sie befristet ist, ein geeignetes Instrument für jede in den Verfahrensgesetzen vorgesehene Sicherheitsleistung (3 Ob 4/97b = SZ 70/77 mwN; Schoibl in Fasching Zivilprozessgesetze², § 56 ZPO Rz 55 mwN). Sie muss dem Gericht im Original vorgelegt werden, damit die Echtheit der Unterschriften geprüft werden kann und im Fall der Abrufung der Garantie die Herausgabe der Originalurkunde nicht mehr erwirkt werden muss (Schoibl aaO Rz 58 mwN). Diese Voraussetzungen sind erforderlich, weil die Bankgarantie den für den Sicherungsberechtigten sicheren Barerlag wirtschaftlich ersetzt, also ebenfalls größtmögliche Sicherheit bieten muss.

2. Ein absolutes Formerfordernis der Beglaubigung der Unterschriften auf einer Bankgarantie besteht nicht:

Das Gesetz normiert kein derartiges Formerfordernis. Es ist der Revisionsrekurswerberin zuzustimmen, dass sowohl im Schrifttum als auch in der oberstgerichtlichen Rsp keineswegs für jeden Fall die Forderung aufgestellt wird, dass die Unterschriften auf einer Bankgarantie beglaubigt sein müssten. Dies trifft vor allem auf die in der Rechtssatzkette RIS-Justiz RS0002277 angeführten Entscheidungen (2 Ob 596/86; 7 Ob 592/87; 4 Ob 511/96; 3 Ob 179/97p; 3 Ob 4/97b; 5 Ob 81/98t; 7 Ob 164/01w; 4 Ob 172/03b und 9 Ob 22/06k) zu, in denen zu den wesentlichen Rechtsfragen zum Inhalt der Bankgarantie (Einfluss von Bedingungen und Befristungen; Erfordernis der Originalvorlage) Stellung genommen wurde. Auch in der vom Rekursgericht herangezogenen Entscheidung 3 Ob 179/97p war die Frage der Unterschriftenbeglaubigung nur insofern von Bedeutung, als dort (im Gegensatz zu den Sachverhalten in den übrigen Entscheidungen) eine Bankgarantie mit beglaubigten Unterschriften (§ 89a NotO) existierte und der Oberste Gerichtshof dazu bemerkte, dass dies zur Bescheinigung der Vertretungsbefugnis der beiden unterzeichnenden Vorstandsdirektoren ausreiche. Dass eine Bescheinigung der Vertretungsbefugnis nicht auch in anderer Form erfolgen könne, die Beglaubigung der Unterschriften also stets vorliegen müsse, wurde nicht ausgesprochen. Für eine solche im Gesetz nicht vorgesehene Formstrenge müssten plausible Gründe ins Treffen geführt werden, die im Ergebnis nicht vorliegen. Im Allgemeinen reicht im Exekutionsverfahren schon die bloße Bescheinigung eines Sachverhalts und es wird ein strikter Beweis iSd Beweisvorschriften des Zivilprozesses nicht verlangt. Es ist daher grundsätzlich als ausreichend anzusehen, wenn die zu einer Sicherheitsleistung in einem Exekutionsverfahren verpflichtete Partei (hier gemäß § 44 Abs 2 EO) bei der Vorlage einer Bankgarantie dem Exekutionsgericht die Vertretungsbefugnis der Unterzeichner der Garantie bloß bescheinigt. Dies kann durch Vorlage eines Firmenbuchauszugs und eines Auszugs aus dem in der Urkundensammlung des Firmenbuchgerichts erliegenden Unterschriftenverzeichnis geschehen.

3. Den zur Sicherung verpflichteten Aufschiebungswerber trifft zur Frage der Echtheit der Bankgarantie eine Behauptungs- und Bescheinigungslast:

Er muss sich zum Nachweis, dass die vorgelegte Bankgarantie von einer Bank mit entsprechender Bonität stammt, zumindest auf Beweismittel berufen, die iS des aus § 55 Abs 2 und 3 EO abgeleiteten und eingeschränkten Untersuchungsgrundsatzes vom angerufenen Exekutionsgericht beigeschafft werden können. Ein Firmenbuchauszug zur Feststellung der Vertretungsbefugnis von Organen oder Prokuristen einer Bank wird im Allgemeinen leicht beschaffbar sein, ein Auszug aus Urkunden der Urkundensammlung aber eher nicht. In jedem Fall kann das Exekutionsgericht nach den Umständen des Einzelfalls die Mitwirkung der Parteien einfordern und Aufträge, etwa zur Urkundenvorlage erteilen (§ 55 Abs 2 EO). Entgegenzutreten ist jedenfalls der Ansicht, dass aus dem Firmenbuch und der Urkundensammlung des Firmenbuchs eines Firmenbuchgerichts ersichtliche Umstände für andere Gerichte allgemein notorisch oder auch nur gerichtskundig wären (3 Ob 224/97f u.a.; vgl auch 6 Ob 4/99b = SZ 72/172).

4. Daraus folgt, dass das Rekursgericht, weil seine Rechtsansicht über ein absolutes Erfordernis der Beglaubigung von Unterschriften einer Bankgarantie nicht geteilt wird, vor der Fassung des angefochtenen Beschlusses entweder amtswegige Erhebungen durchzuführen oder Verbesserungsaufträge zu erteilen gehabt hätte, weil selbst bei Untauglichkeit einer vorgelegten Bankgarantie als Sicherungsmittel der verpflichteten Partei Gelegenheit zur Verbesserung eingeräumt werden muss (RIS-Justiz RS0110962). Ob mit den mit dem Revisionsrekurs vorgelegten Urkunden eine ausreichende Sachverhaltsgrundlage geschaffen wurde, um die Frage der Echtheit der Bankgarantie und die Vertretungsbefugnis der Unterzeichner verlässlich beurteilen zu können, kann indes hier nicht mit Sicherheit bejaht werden, weil die Echtheit der Unterschriften - insbesondere wenn der Betreibende dagegen opponierte - aus dem Schriftenvergleich allein nicht unbedingt feststeht (vgl die Unterschiede der Unterschriften betreffend den Prokuristen F*****). Bei diesem noch unentschiedenen hypothetischen Verfahrensausgang, dessen Beurteilung hier ein hypothetisches ergänzendes weiteres Verfahren im Tatsachenbereich voraussetzte, kann in der Kostenfrage nach § 50 Abs 2 ZPO nicht von einem Obsiegen der verpflichteten Partei ausgegangen werden. Die Prüfung des hypothetischen Prozesserfolgs hat insbesondere bei unverhältnismäßigem Verfahrensaufwand nicht streng zu erfolgen. Über den Kostenersatz ist nach freier Überzeugung zu entscheiden, auch eine Kostenteilung im Verhältnis der Erfolgschancen ist möglich (3 Ob 78/02w). Die Anwendung dieser Grundsätze fällt hier der verpflichteten Partei zur Last, weil der Nachweis der Tauglichkeit der von ihr vorgelegten Bankgarantie in ihre Sphäre fiel und eine Verfahrensergänzung primär deswegen notwendig wäre, weil die Rekurswerberin im Verfahren erster Instanz keine tauglichen Urkunden vorlegte und dies erst im Revisionsrekursverfahren nachholte.

Rechtssätze
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