JudikaturJustiz13Os20/20w

13Os20/20w – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. September 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. September 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Pöttinger in der Finanzstrafsache gegen Martin M***** und andere Angeklagte wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Martin M*****, Robert S***** und Nikolaus K***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 12. September 2019, GZ 24 Hv 6/16p 105, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Stani, sowie der Angeklagten Martin M***** und Robert S***** und ihrer Verteidiger Dr. Vacarescu und Mag. Klein zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Martin M***** und aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den die Angeklagten Martin M***** und Robert S***** betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

Es werden

Martin M***** für die ihm zur Last liegenden Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (1 und 2 B iVm 2 A I) und nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (2 B iVm 2 A II) unter Anwendung des § 21 Abs 1 und 2 FinStrG nach § 33 Abs 5 FinStrG idF BGBl I 1999/28 (1) und idF BGBl I 2010/104 (2 B) zu einer

Geldstrafe von 140.000 Euro , im Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 20 FinStrG zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Monaten, und

Robert S***** für die ihm zur Last liegenden Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (1) unter Anwendung des § 21 Abs 1 und 2 FinStrG idF BGBl 1975/335 nach § 33 Abs 5 FinStrG idF BGBl I 1999/28 zu einer

Geldstrafe von 90.000 Euro , im Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 20 FinStrG zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von vier Monaten,

verurteilt.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Robert S***** und Nikolaus K***** sowie die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Martin M***** im Übrigen werden verworfen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Martin M***** und Robert S***** auf die Strafneubemessung verwiesen.

Der Berufung des Angeklagten Nikolaus K***** wird Folge gegeben und über ihn eine

Geldstrafe von 40.000 Euro , für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Monaten,

verhängt.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird nicht Folge gegeben.

Den Angeklagten Martin M*****, Robert S***** und Nikolaus K***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden und die amtswegige Maßnahme von Bedeutung – Martin M***** (zu 1 und 2 B iVm 2 A I), Robert S***** (zu 1) und Nikolaus K***** (zu 2 A I) jeweils mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG, M***** (zu 2 B iVm 2 A II) und K***** (zu 2 A II) darüber hinaus jeweils mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt.

Danach haben

(1) Robert S***** und Martin M***** vorsätzlich zur Ausführung der strafbaren Handlungen des gesondert Verfolgten Wolfgang Br***** beigetragen (§ 11 dritter Fall FinStrG), der

im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Graz-Umgebung als unternehmensrechtlicher Geschäftsführer der B*****gmbH unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten durch Nichtabgabe von Jahressteuererklärungen binnen der gesetzlichen Erklärungsfrist (US 30) eine Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben bewirkte, und zwar

an Umsatzsteuer für das Jahr 2009 um 68.295,84 Euro und für das Jahr 2010 um 75.327,25 Euro sowie

an Körperschaftsteuer für das Jahr 2009 um 27.313,69 Euro und für das Jahr 2010 um 69.509,06 Euro,

indem sie ihn bei der Beschaffung von Rechnungen, denen keine Lieferungen oder sonstigen Leistungen zugrunde lagen und die zur Aufnahme in die Buchhaltung bestimmt waren, unterstützten, ferner

(2) im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Graz-Stadt

(A) Nikolaus K***** als unternehmensrechtlicher Geschäftsführer der N***** GmbH vorsätzlich eine Verkürzung an Umsatzsteuer

(I) unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten durch Abgabe unrichtiger Jahressteuererklärungen

für das Jahr 2012 um 62.825,04 Euro bewirkt und

für das Jahr 2013 um 6.199,80 Euro zu bewirken versucht (§ 13 FinStrG) sowie

(II) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen für die Kalendermonate

Jänner 2013 um 9.831,40 Euro,

April 2013 um 9.858 Euro,

Juni 2013 um 9.100 Euro,

Juli 2013 um 15.385,83 Euro und

August 2013 um 8.394 Euro

bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, weiters

(B) Martin M***** vorsätzlich zur Ausführung der strafbaren Handlungen des Nikolaus K***** laut den Schuldsprüchen A I und A II beigetragen (§ 11 dritter Fall FinStrG), indem er Rechnungen, denen keine Lieferungen oder sonstigen Leistungen zugrunde lagen und die zur Aufnahme in die Buchhaltung bestimmt waren, teils ausstellte, teils ihm vermittelte, wobei er die zu A II bewirkten Abgabenverkürzungen nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielt.

Dagegen wenden sich die von M***** auf Z 1, 3, 5, 9 und 11, von S***** auf Z 4, 5, 9 lit a und 11 und von K***** auf Z 3 und 5 jeweils des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der genannten Angeklagten.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Martin M*****, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet:

Rechtliche Beurteilung

Die von der Besetzungsrüge (Z 1) behauptete Ausgeschlossenheit der Vorsitzenden des Schöffengerichts liegt nicht vor. Dass sie „im Verfahren“ (§ 43 Abs 1 Z 1 StPO) Staatsanwältin gewesen wäre, trifft – wie die Beschwerde selbst einräumt – nicht zu. Der Umstand, dass sie zurückliegend als (damals noch) Staatsanwältin mit einem anderen (Ermittlungs-)Verfahren gegen den Beschwerdeführer befasst war (das wegen nicht vom Anklagevorwurf umfasster Vorwürfe geführt wurde), hinwieder begründet (auch) keine Ausgeschlossenheit nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO. Dass bei einer in jenem Verfahren durchgeführten D urchsuchung Datenträger mit den darauf gespeicherten gegenständlich inkriminierten Scheinrechnungen „gefunden wurden“, ändert daran nichts; ebenso wenig, dass die Vorsitzende daher am 13. Oktober 2016 (im Sinn des § 44 Abs 2 StPO) den Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Graz „im Hinblick auf § 43 Abs 1 Z 1 StPO um Überprüfung“ ersuchte (ON 1 S 19 verso; vgl auch ON 1 S 29 f). Die gesetzeskonforme Erfüllung von Dienstpflichten ist nämlich per se nicht geeignet, bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler naheliegende Zweifel an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit eines Richters zu wecken ( Lässig , WK-StPO § 43 Rz 12; vgl RIS-Justiz RS0097017, RS0097086 [T4, T5], RS0096914).

Der Verfahrensrüge (Z 3) zuwider hat die Vorsitzende in der Hauptverhandlung am 28. März 2019 – nach dem hierüber aufgenommenen, unbedenklichen Protokoll – die Schöffen gemäß § 240a StPO beeidigt (ON 87 S 4). Der auf die Behauptung des Gegenteils gegründete Einwand eines Verstoßes gegen diese Bestimmung geht schon deshalb ins Leere.

Die von der Rechtsrüge (Z 9 [gemeint] lit a) vermissten Feststellungen zum auf Pflichtverletzungen und auf das Bewirken von Abgabenverkürzungen gerichteten Vorsatz des Beschwerdeführers finden sich auf den US 26 f und 31 f (zum Schuldspruch 1) sowie den US 35 f und 37 (zum Schuldspruch 2).

Der Vorwurf, diese – zuvor als gar nicht getroffen bezeichneten – Feststellungen seien außerdem „begründungslos“ (der Sache nach Z 5 vierter Fall) geblieben, versäumt es, an der Gesamtheit der diesbezüglichen Beweiswerterwägungen (US 44 f) Maß zu nehmen (siehe aber RIS-Justiz RS0119370).

Welcher konkreten Konstatierungen zur „inneren Tatseite“ es – über die ohnedies getroffenen hinaus – zur rechtsrichtigen Beurteilung aus welchen Gründen noch bedurft haben sollte, wird nicht erklärt (siehe aber RIS-Justiz RS0116569).

Soweit die Rüge (zu den Schuldsprüchen 1 und 2 B) Feststellungen zu einem auf bestimmte „Beträge“ bezogenen Vorsatz des Beschwerdeführers fordert, sei hinzugefügt, dass der strafbestimmende Wertbetrag (§ 53 Abs 1 FinStrG) eine – außerhalb des jeweiligen Tatbestands gelegene – reine Rechengröße ist, auf deren (nicht „null“ betragende) Höhe sich der Vorsatz (gerade) nicht erstrecken muss ( Lässig in WK 2 FinStrG Vor FinStrG Rz 20 und FinStrG § 33 Rz 48, je mwN).

Dass es in Bezug auf jeden einzelnen der Monate Jänner, April und Juni bis August 2013 zu (mehr als „null“ betragenden) Verkürzungen kam, wurde – dem gegen den Schuldspruch 2 B (iVm 2 A II) gerichteten Vorbringen zuwider – im Ersturteil festgestellt (US 36 f).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Robert S*****, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet:

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) verfielen nachstehende Beweisanträge des Beschwerdeführers aus folgenden Gründen zu Recht der Abweisung (ON 96 S 29 f, ON 104 S 36):

Die Anträge auf zeugenschaftliche Vernehmung der Vesna Bj*****, des Karim Ib***** und des Erich Le***** zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer „von Anfang 2009 bis Mitte 2010“ „in Innsbruck lebte, sodass es erst gar nicht möglich ist, dass“ er (den in Graz lebenden) „Wolfgang Br***** bei der Organisation und Beschaffung von Schein- und Deckungsrechnungen für die B*****GmbH unterstützt haben kann“ (ON 96 S 28 iVm ON 74 S 7 ff), machten nicht klar, weshalb Verschiedenheit der Aufenthaltsorte des unmittelbaren Täters und des Beschwerdeführers ausschließen könnte, dass dieser die ihm (als Beiträge im Sinn des § 11 dritter Fall FinStrG) zur Last gelegten Verhaltensweisen gesetzt habe. Damit blieb sowohl offen, inwieweit Ersteres in der Lage wäre, die zur Feststellung entscheidender Tatsachen anzustellende Beweiswürdigung maßgeblich zu beeinflussen (siehe aber RIS-Justiz RS0116987), als auch, inwieweit die gewünschten Beweisaufnahmen geeignet wären, Letzteres unter Beweis zu stellen (siehe aber RIS-Justiz RS0118444; Ratz , WK StPO § 281 Rz 330 f).

Soweit Anträge auf Vernehmung mehrerer Personen als Zeugen (ON 96 S 28 iVm ON 74 S 13 f, 15 ff und 21) zum Beweis dafür gestellt wurden, dass der Beschwerdeführer „nicht der faktische Machthaber bzw Verantwortliche“ der L***** GmbH, der I***** GmbH oder der CP***** GmbH war, galten dem Erstgericht diese Beweisthemen ohnehin als erwiesen (US 25 bis 28 iVm US 22 f [§ 55 Abs 2 Z 3 StPO]).

Weshalb deren Bejahung der Annahme entgegenstehen sollte, der Beschwerdeführer habe Wolfgang B***** „bei der Organisation und Beschaffung von Schein- und Deckungsrechnungen“ der genannten Unternehmen „für die B*****GmbH“ unterstützt, machten die Anträge im Übrigen ebenso wenig deutlich (siehe aber RIS-Justiz RS0118444).

Ob die dem Beschwerdeführer „angelasteten Beitragshandlungen keineswegs kausal sind, weil Wolfgang Br***** auch alleine imstande gewesen ist, Scheinfirmen zu gründen“ (zum „Beweis“ wofür die zeugenschaftliche Vernehmung des Pascal Z***** beantragt wurde [ON 104 S 34]), hinwieder ist – als Rechtsfrage (siehe dazu RIS-Justiz RS0089832; Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 82 f) – von vornherein kein Gegenstand der Beweisaufnahme ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 343).

Mit Kritik an der Begründung der abweislichen Zwischenerkenntnisse entfernt sich die Rüge vom Prüfungsmaßstab des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0116749, RS0121628 [insbesondere T1]).

Der Erledigung der Mängelrüge (Z 5) sei vorangestellt, dass die Tathandlung des § 33 Abs 1 FinStrG (nicht im Gründen von „Scheingesellschaft[en]“, sondern) im Bewirken einer Abgabenverkürzung besteht (zum finanzstrafrechtlichen Tatbegriff eingehend Lässig in WK 2 Vor FinStrG Rz 7 ff mwN). Kausale Beiträge (§ 11 dritter Fall FinStrG) hierzu können zeitlich bis zur Vollendung (§ 33 Abs 3 lit a FinStrG) des Finanzvergehens (dazu vorliegend US 28, 30 f) geleistet werden (RIS-Justiz RS0090346, jüngst 13 Os 118/18d [zu § 33 Abs 1 FinStrG]). Soll ein Beitrag – wie hier unter anderem (US 26) – im „Anwerben“ einer Person als Geschäftsführer für ein Unternehmen bestehen, das (unter anderem) zum Zweck des Ausstellens von Scheinrechnungen gegründet wurde, die den (inhaltlich unrichtigen) Abgabenerklärungen zugrundegelegt werden sollten (US 25 ff), kommt es für die Kausalität (zu diesem Erfordernis näher Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 82 f mwN) des betreffenden Verhaltens demnach nicht darauf an, ob es vor oder nach der Gründung dieses Unternehmens gesetzt wurde.

Entgegen dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 erster Fall) ist Letzteres daher weder für die Schuld- noch für die Subsumtionsfrage bedeutsam, somit nicht entscheidend (RIS-Justiz RS0117264). Soweit sie diesbezügliche Feststellungen bekämpft, verlässt sie schon deshalb den Anfechtungsrahmen (RIS-Justiz RS0117499).

Im Übrigen ging das Erstgericht – unmissverständlich – davon aus, dass der Beschwerdeführer zu einem Zeitpunkt „im Jänner/Februar 2009“ Tomaz L***** als Geschäftsführer der L***** GmbH anwarb, bevor diese Gesellschaft („sodann“) am 24. Februar 2009 errichtet wurde (US 26).

Auf Z 5 zweiter Fall gestützte Spekulationen, Wolfgang Br***** wäre auch „ohne die Mithilfe“ des Beschwerdeführers in der Lage gewesen, „Scheinfirmen zu gründen“, berühren ebenfalls keinen entscheidenden Aspekt. Dass die geleistete Hilfe zur Vollendung (§ 33 Abs 3 lit a FinStrG) des Finanzvergehens (§ 33 Abs 1 FinStrG) notwendig war und dessen Ausführung (§ 11 erster Fall FinStrG) ohne diese Hilfe unmöglich gewesen wäre, verlangt das Gesetz nämlich nicht (erneut RIS-Justiz RS0089832; Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 82 f).

Die – das Ausstellen von Scheinrechnungen leugnende – Verantwortung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung hat das Erstgericht nicht übergangen (Z 5 zweiter Fall), sondern als unglaubhaft verworfen (US 41 f).

Das weitere Vorbringen vermisst Feststellungen (nominell auch Z 5, der Sache nach nur Z 9 lit a) zur Frage, an welchem „genauen Tag“ oder zu „welchem genauen Zeitpunkt“ der Beschwerdeführer den jeweiligen (Schein-)Geschäftsführer für die L***** GmbH, die ST***** GmbH, die I***** GmbH und die CP***** GmbH „angeworben“ oder „vermittelt“ hat (vgl US 26, 27 f). Weshalb es derartiger Konstatierungen (über die ohnehin getroffenen hinaus) zur rechtsrichtigen Beurteilung bedurft haben sollte, versäumt sie aus dem Gesetz abgeleitet darzulegen (siehe aber RIS-Justiz RS0116569).

Die Behauptung, das angefochtene Urteil lasse „offen, ob Wolfgang Br***** als unmittelbarer Täter die diesem gemäß § 33 Abs 1 FinStrG obliegenden abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten vorsätzlich verletzt hat“ (nominell verfehlt Z 5, der Sache nach Z 9 lit a), setzt sich – prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0099810) – über die (gerade) dazu getroffenen Urteilsfeststellungen (US 6 iVm US 28 und 30 f) hinweg. Mangels qualitativer Akzessorietät sonstigen Beitrags (§ 11 dritter Fall FinStrG) ist für die Strafbarkeit des Beschwerdeführers übrigens gar nicht von Bedeutung, ob der unmittelbare Täter (§ 11 erster Fall FinStrG ) vorsätzlich gehandelt hat (RIS-Justiz RS0120600; Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 95).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Nikolaus K*****:

Zum Einwand der Verfahrensrüge (Z 3), in der Hauptverhandlung am 28. März 2019 wäre – entgegen § 240a StPO – die Beeidigung der Schöffen unterblieben, sei auf die Erledigung des inhaltsgleichen Vorbringens des Angeklagten Martin M***** verwiesen.

Die Tatrichter gingen davon aus, dass es sich bei den der Jahresumsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2013 (2 A I) und den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate April, Juni, Juli und August 2013 (2 A II) zugrunde gelegten (in der tabellarischen Übersicht auf US 37 angeführten) Rechnungen der C***** GmbH um „Schein- bzw. Deckungsrechnungen“ über Lieferungen und Leistungen handelte, die das genannte Unternehmen „tatsächlich nicht erbracht“ hat (US 36 f). Diese Feststellungen erschloss das Schöffengericht – im Übrigen willkürfrei – in vernetzter Betrachtung einer Vielzahl von Beweisergebnissen und daran geknüpften Plausibilitätserwägungen (US 47 bis 53).

Das dagegen gerichtete Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter und vierter Fall) versäumt es, an der Gesamtheit der diesbezüglichen Beweiswürdigung Maß zu nehmen, und bringt damit den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht zu prozessförmiger Darstellung (RIS Justiz RS0119370).

Weshalb für die rechtsrichtige Beurteilung Feststellungen darüber erforderlich sein sollten, ob in den betreffenden Rechnungen angeführte Leistungen von jemandem anderen erbracht wurden und wer „wenn nicht die C***** GmbH“ dies gewesen sein könnte, erklärt die Beschwerde (nominell Z 5, der Sache nach als Rechtsrüge) nicht (siehe aber RIS-Justiz RS0116569 ).

Soweit die Rüge (Z 5 zweiter, vierter und fünfter Fall) nicht deutlich und bestimmt (§§ 285 Abs 1, 285a Z 1 StPO) konkrete Feststellungen über entscheidende Tatsachen (RIS-Justiz RS0117499), sondern – jeweils isoliert – einzelne der dazu angestellten beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter (zur Frage der Beschaffung und Verarbeitung von Estrich [US 50], des Einkaufs von Fenstern [US 52] und der Erbringung von Elektroinstallationsarbeiten [US 51]) bekämpft, verfehlt sie von vornherein den Bezugspunkt der unternommenen Anfechtung (RIS-Justiz RS0130729 [insbesondere T2]).

Auf der Feststellungsgrundlage des Ersturteils ist die Annahme echter Konkurrenz zwischen § 33 Abs 2 lit a FinStrG (2 A II) und § 33 Abs 1 FinStrG (2 A I in Bezug auf Jahresumsatzsteuer 2013) übrigens nicht zu beanstanden. Denn danach wurde Letzterer zwar nach Verwirklichung des Ersteren mit Beziehung auf denselben Steuerzeitraum, aber nicht mit Beziehung auf den gleichen Umsatzsteuer Verkürzungsbetrag versucht (dazu Lässig in WK² FinStrG § 33 Rz 18 mwN).

In diesem Umfang waren die Nichtigkeitsbeschwerden daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – zu verwerfen (§ 288 Abs 1 StPO).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei hinzugefügt und der weiteren Rechtsmittelerledigung vorangestellt:

Gemäß § 4 Abs 2 FinStrG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung des Gerichts erster Instanz geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre (zur Beschränktheit des Gesetzesbegriffs „Recht“ auf finanzstrafgesetzliche Vorschriften RIS-Justiz RS0086016, RS0086020 [T1], RS0132285).

Der damit angeordnete Günstigkeitsvergleich ist nicht abstrakt, sondern konkret auf Basis des Urteilssachverhalts, und zwar – im Fall von Tatmehrheit (Realkonkurrenz) – für jede Tat (im materiellen Sinn) gesondert vorzunehmen (RIS-Justiz RS0089011). Das Ergebnis dieser Prüfung ist entweder, dass – streng fallbezogen in einer konkreten Gesamtschau der möglichen Unrechtsfolgen (RIS-Justiz RS0119085 [insbesondere T1], RS0119545 [T1, T2], RS0089014) – das Urteilszeitrecht günstiger oder das Tatzeitrecht zumindest gleichgünstig für den Täter ist (vgl RIS-Justiz RS0112939). Je nachdem ist auf die (einzelne) Tat – in vollem Umfang (RIS-Justiz RS0091798) – entweder Tatzeit- oder Urteilszeitrecht anzuwenden, eine Mischung der verschiedenen Rechtsschichten ist insoweit also unzulässig (RIS-Justiz RS0119085 [T4, T5], RS0088953).

Aspekte (nicht der gerichtlichen Strafbarkeit [Z 9], der Subsumtion [Z 10] oder der Straf befugnis [Z 11 erster Fall], sondern) der – einzelfallbezogenen – Straf bemessung (Z 11 zweiter und dritter Fall) sind für den Günstigkeitsvergleich (§ 4 Abs 2 FinStrG) jedoch bedeutungslos (RIS-Justiz RS0091928, jüngst 13 Os 88/19v).

Nach dem Urteilssachverhalt erfüllen die von den Schuldsprüchen umfassten Taten die Tatbestandselemente teils des § 33 Abs 1 FinStrG, teils des § 33 Abs 2 lit a FinStrG (nicht aber des – mit BGBl I 2019/62, somit zum Urteilszeitpunkt bereits aufgehobenen – § 38 FinStrG in der zur jeweiligen Tatzeit geltenden Fassung). Der Tatbestand des § 33 Abs 1 FinStrG (in der weiterhin geltenden Fassung BGBl 1975/335) blieb – ungeachtet wiederholter Änderungen des gesetzlichen Umfelds dieser Bestimmung – von den jeweiligen Tatzeitpunkten (1, 2 A I, 2 B iVm 2 A I) bis zum Zeitpunkt der Urteilsfällung erster Instanz unverändert. Gleiches gilt für § 33 Abs 2 lit a FinStrG (in der weiterhin geltenden Fassung BGBl I 2010/104) in Bezug auf die von den Schuldsprüchen 2 A II und 2 B iVm 2 A II erfassten Taten. Urteilszeitrecht und Tatzeitrecht sind daher hier unter dem Aspekt der Subsumtion (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO, vgl dazu RIS-Justiz RS0087102 und 13 Os 129/18x) ident.

Die Strafdrohung ergibt sich – hiervon ausgehend – jeweils aus § 33 Abs 5 FinStrG, der nach jeweiligem Tatzeitregime (idF vor BGBl I 2019/62) eine Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrags und daneben eine nach Maßgabe des § 15 FinStrG zu verhängende Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren androhte. Demgegenüber droht § 33 Abs 5 FinStrG in der zum Urteilszeitpunkt geltenden Fassung (BGBl I 2019/62) – neben einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrags – eine nach Maßgabe des § 15 FinStrG zu verhängende Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren an.

Die von den Schuldsprüchen 1 umfassten Beiträge (§ 11 dritter Fall FinStrG) des M***** und des S***** wurden nach den Urteilsfeststellungen in den Jahren 2009 und 2010, somit jedenfalls vor Inkrafttreten der FinStrG-Novelle 2010 (mit 1. Jänner 2011, BGBl I 2010/104) geleistet (zum Tatzeitpunkt von Beteiligungshandlungen Salimi in WK 2 StGB § 67 Rz 12, 14). Erst seit dieser Novelle umfasst der für den Strafrahmen maßgebliche Verkürzungsbetrag (strafbestimmende Wertbetrag; § 53 Abs 1 FinStrG) nur jene Beträge (an verkürzten Abgaben oder ungerechtfertigten Abgabengutschriften), deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht (§ 33 Abs 5 zweiter Satz FinStrG idF BGBl I 2010/104 und idF BGBl I 2019/62; dazu näher 13 Os 94/16x, RIS-Justiz RS0086282 [T7]). Nach der zur (jeweiligen) Tatzeit geltenden Normenlage dagegen entsprach der strafbestimmende Wertbetrag jedenfalls dem – gesamten – Verkürzungsbetrag (vgl 13 Os 17/12t und 13 Os 12/17i zum diesbezüglich unter Miteinbeziehung der durch die FinStrG Novelle 2010 im Übrigen vorgenommenen Verschärfungen des Sanktionensystems anzustellenden Günstigkeitsvergleich).

Auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen belaufen sich jene Beträge, deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des M***** und des S***** jeweils bezog (§ 33 Abs 5 zweiter Satz FinStrG idgF), an Umsatzsteuer auf 67.295,84 Euro für das Jahr 2009 und 74.327,25 Euro für das Jahr 2010 sowie an Körperschaftsteuer auf 26.063,69 Euro für das Jahr 2009 und 68.259,06 Euro für das Jahr 2010 (US 34; Schuldspruch 1). Die Summe der Verkürzungsbeträge umfasst aber zusätzlich auf (den Feststellungen zufolge nur vom unmittelbaren Täter „zu verantwortende“) „Schwarzumsätze“ von jährlich 5.000 Euro entfallende Beträge an Umsatzsteuer (von zusammen 2.000 Euro) und an Körperschaftsteuer (von zusammen 2.500 Euro, US 31, 33 f und 45).

Demzufolge beträgt die Summe der strafbestimmenden Wertbeträge (§ 53 Abs 1 FinStrG) aus den von den Schuldsprüchen 1 umfassten Finanzvergehen des M***** und des S***** nach Tatzeitrecht (§ 33 Abs 5 FinStrG idF BGBl I 1999/28) jeweils 240.445,84 Euro und nach Urteilszeitrecht (§ 33 Abs 5 FinStrG idgF) jeweils 235.945,84 Euro. Hiervon ausgehend würde die Anwendung des Urteilszeitrechts (anstelle des Tatzeitrechts) auf diese Sachverhalte – fallkonkret – (jeweils) zu einer Reduktion der Geldstrafdrohung um 9.000 Euro (§ 33 Abs 5 zweiter Satz FinStrG idgF), jedoch (im Gegenzug) zu einer Verdoppelung der (fakultativen) Freiheitsstrafdrohung (§ 33 Abs 5 letzter Satz FinStrG idgF) führen.

Soweit es die von den Schuldsprüchen 2 umfassten (durchwegs nach Inkrafttreten der FinStrG Novelle 2010 BGBl I 2010/104, aber vor Inkrafttreten des Art 4 des EU-FinAnpG 2019 BGBl I 2019/62 begangenen) Finanzvergehen des K***** und des M***** betrifft, ist auf Basis des Urteilssachverhalts – bei gleichbleibendem strafbestimmenden Wertbetrag (jeweils 121.594,07 Euro, US 38) – nur Letzteres der Fall.

Drohen zu vergleichende Normen (§ 4 Abs 2 FinStrG) – wie hier – Geld- und Freiheitsstrafen nebeneinander an, ist jene Norm günstiger, welche die geringere Freiheitsstrafe androht. Die Höhe der Geldstrafdrohungen ist bei dieser Konstellation unter dem Aspekt des Günstigkeitsvergleichs bedeutungslos (13 Os 84/19f, RIS-Justiz RS0132910 [T1]).

Auf der Tatsachengrundlage des angefochtenen Urteils ist die Strafe daher – richtigerweise – für die von den Schuldsprüchen 1 umfassten Finanzvergehen des M***** und des S***** nach § 33 Abs 5 idF BGBl I 1999/28 und für die von den Schuldsprüchen 2 umfassten Finanzvergehen des K***** und des M***** nach § 33 Abs 5 FinStrG idF BGBl I 2010/104 zu bemessen. Hiervon ausgehend beträgt die Summe der zusammentreffenden Geldstrafdrohungen (§ 21 Abs 2 dritter Satz FinStrG) für M***** 724.079,82 Euro (2 x 362.039,91 Euro), für S***** 480.891,68 Euro (2 x 240.445,84 Euro) und für K***** 243.188,14 Euro (2 x 121.594,07 Euro). Daneben wird jeweils eine (nach Maßgabe des § 15 Abs 2 FinStrG zu verhängende) Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren angedroht.

Verfehlt nicht nach Tatzeitrecht bemessen wurden – ersichtlich – die über M***** und S***** verhängten Strafen. Ging doch das Erstgericht zu den Schuldsprüchen 1 von einer (in § 33 Abs 5 FinStrG idF BGBl I 1999/28 noch nicht vorgesehenen) Reduktion der strafbestimmenden Wertbeträge um Abgabenbeträge aus, deren Verkürzung im Zusammenhang mit Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz dieser beiden Angeklagten nicht bezog (US 33 f, 45, 58, 59). Darin gelegene materielle Nichtigkeit (Z 11 erster Fall) der betreffenden Sanktionsaussprüche kann mit Blick auf deren schon aus anderen Gründen erforderliche Aufhebung (siehe sogleich) dahinstehen.

Mangels gegenteiligen Anhaltspunkts im angefochtenen Urteil besteht jedoch – nur insoweit entgegen der Stellungnahme der Generalpokuratur – kein Anlass für die Annahme, das Erstgericht wäre (auch) bei der K***** betreffenden Strafbemessung – rechtsfehlerhaft (Z 11 erster Fall) – von der nach Urteilszeitrecht (anstelle der nach Tatzeitrecht) eröffneten Strafbefugnis ausgegangen.

Zur Sanktionsrüge des Angeklagten Martin M*****:

Entgegen dem Beschwerdevorbringen (der Sache nach Z 11 erster Fall iVm Z 5 erster Fall) lassen die Konstatierungen zum Ausmaß der Verkürzungen an Umsatzsteuer der B*****gmbH (US 31, 34; Teil des Schuldspruchs 1) an Deutlichkeit nichts vermissen. Ihre Begründung findet sich – von der Rüge (Z 11 erster Fall iVm Z 5 vierter Fall) prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0119370) übergangen – auf den US 43 f und 45 (iVm US 6).

Seine Feststellungen zur Höhe der Verkürzungen an Körperschaftsteuer (US 31; Teil des Schuldspruchs 1) hat das Erstgericht auf die – von ihm als glaubwürdig erachteten – Angaben des Wolfgang Br***** gestützt (US 40 und 42 ff). Dem Beschwerdevorwurf (Z 11 erster Fall iVm Z 5) zuwider ließ es damit weder Letztere unerwogen (Z 5 zweiter Fall) noch blieben die bekämpften Konstatierungen unbegründet (Z 5 vierter Fall).

Dagegen zeigt die weitere Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) zutreffend auf, dass die Tatrichter von einem unrichtigen Strafrahmen ausgingen. Hat doch das Schöffengericht die Summe der strafbestimmenden Wertbeträge (§ 21 Abs 2 dritter Satz FinStrG) – wie es im Nachhinein selbst erkannte (US 59) – infolge irrtümlicher Miteinrechnung eines gar nicht vom Schuldspruch umfassten KESt Betrags von 102.937,25 Euro verfehlt mit 460.477,17 Euro, somit einen Strafrahmen bis zu 920.954,34 Euro Geldstrafe angenommen.

Zur amtswegigen Maßnahme:

In gleicher Weise wurde – zu dessen Gunsten allerdings nicht geltend gemacht – in Ansehung des Robert S***** die Strafbefugnis überschritten (Z 11 erster Fall): Auch zum Nachteil (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) dieses Angeklagten nahm das Erstgericht die Summe der strafbestimmenden Wertbeträge (§ 21 Abs 2 dritter Satz FinStrG) – wie es ebenfalls selbst einräumt (US 58) – infolge irrtümlicher Miteinrechnung des nicht vom Schuldspruch umfassten KESt Betrags von 102.937,25 Euro verfehlt mit 338.883,10 Euro, somit einen Strafrahmen bis zu 677.766,20 Euro Geldstrafe an.

Diese Beträge übersteigen (zum Nachteil dieser beiden Angeklagten) jene Geldstrafdrohungen, die sich auf Basis der Urteilsfeststellungen – wie dargelegt – nach der jeweils anzuwendenden Fassung des § 33 Abs 5 FinStrG errechnen (nämlich 724.079,82 Euro für M***** und 480.891,68 Euro für S*****).

Die darin (jeweils) gelegene materielle Nichtigkeit (Z 11 erster Fall; RIS-Justiz RS0099852 [insbesondere T1 und T6], RS0088469; Lässig in WK 2 FinStrG § 21 Rz 7; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 667) führte – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – zur Aufhebung der die Angeklagten M***** und S***** betreffenden Strafaussprüche wie aus dem Spruch ersichtlich (§ 288 Abs 2 StPO, teils iVm § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Das – die Berechnungsgrundlage für den strafbestimmenden Wertbetrag in tatsächlicher Hinsicht nicht infrage stellende – Beschwerdevorbringen (Z 11 zweiter Fall) des Angeklagten S***** zu dessen damit von Amts wegen beseitigtem Strafausspruch hat demnach auf sich zu beruhen.

Zur Strafneubemessung (betreffend die Angeklagten Martin M***** und Robert S*****):

N ach dem Urteilssachverhalt wurden die – auf dessen Grundlage nach Tatzeitrecht zu beurteilenden (§ 4 Abs 2 FinStrG) – Finanzvergehen des S***** (Schuldspruch 1) durchwegs vor Inkrafttreten der FinStrG-Novelle 2010 begangen. Dagegen treffen bei M***** vor dem Inkrafttreten dieser Novelle begangene (Schuldspruch 1) mit danach begangenen (Schuldspruch 2 B) Finanzvergehen zusammen. In Bezug auf die – einheitliche (§ 21 FinStrG) – Geldstrafe des M***** sind daher § 23 Abs 4 FinStrG und § 26 Abs 1 FinStrG in der durch die FinStrG-Novelle 2010 geänderten Fassung (Strafuntergrenze von einem Zehntel der Strafdrohung, keine Möglichkeit gänzlich bedingter Strafnachsicht) anzuwenden, in Bezug auf jene des S***** hingegen nicht (RIS-Justiz RS0132216).

Bei der Strafbemessung war – jeweils iVm § 23 Abs 2 letzter Satz FinStrG – erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Finanzvergehen und der lange Tatzeitraum (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), mildernd bei M***** der Umstand, dass es teils (2 B iVm 2 A I 2) beim Versuch geblieben ist (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB), bei S*****, dass er durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB), welcher Milderungsgrund durch (teilweisen) Widerruf dieser Verantwortung in der Hauptverhandlung (vgl US 41 f) nicht beseitigt wird (RIS Justiz RS0091473, RS0091510 [T2]; Ebner in WK 2 StGB § 34 Rz 38).

Dass das gegen die Angeklagten geführte Verfahren aus einem nicht von ihnen oder ihren Verteidigern zu vertretenden Grund – unter dem Aspekt individueller Mehrbelastung – unverhältnismäßig lange gedauert hat (§ 34 Abs 2 StGB [hier] iVm § 23 Abs 2 letzter Satz FinStrG), ist (zwar ebenfalls mildernd, aber) nicht per se grundrechtswidrig (13 Os 94/16x, 13 Os 145/18z, RIS-Justiz RS0132858, Ebner in WK 2 StGB § 34 Rz 56 ff). Dabei kann sich eine Verletzung des Grundrechts auf Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist – unabhängig von der (wenngleich mit Blick auf die Komplexität der Sache noch nicht unangemessenen) Verfahrensdauer insgesamt – auch aus einer längeren Phase behördlicher Inaktivität ergeben (RIS Justiz RS0124901 [T3]; Grabenwarter/Pabel , EMRK 6 § 24 Rz 83). Genau dies ist hier der Fall:

Nach der Aktenlage wurde (im Verfahren wegen der von den Schuldsprüchen 1 umfassten Vorwürfe) das im ersten Rechtsgang ergangene (erstinstanzliche) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 11. März 2016, GZ 171 Hv 29/15z-53, mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 6. September 2016, AZ 13 Os 62/16s, aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Im insoweit zweiten Rechtsgang wurde die am 15. Dezember 2016 begonnene Hauptverhandlung auf „voraussichtlich 10. Februar 2017“ vertagt (ON 73 S 23). Auch nach Rechtswirksamkeit der (wegen der von den Schuldsprüchen 2 umfassten Taten eingebrachten) Anklageschrift vom 26. Juni 2017 (ON 17 in ON 76) und „Abtretung“ des betreffenden Verfahrens zur Verbindung mit jenem Hauptverfahren am 10. August 2017 (ON 1 S 15 in ON 76) setzte das Gericht allerdings zunächst keine weiteren Verfahrensschritte. Erst am 22. Februar 2019 verfügte die Vorsitzende die Verbindung (§ 37 Abs 3 StPO) beider Verfahren und beraumte die Hauptverhandlung für den 28. März 2019 an (ON 1 S 37 f). Nach deren Fortsetzung am 27. Juni 2019 (ON 96) und am 12. September 2019 (ON 104) erging schließlich das angefochtene Urteil (ON 105).

Die in der Untätigkeit des Gerichts über einen Zeitraum von rund zwei Jahren (vom Dezember 2016 bis zum Februar 2019) gelegene Grundrechtsverletzung wird anerkannt und in Form einer ausdrücklichen und messbaren Strafreduktion ausgeglichen:

Ausgehend von den übrigen Strafzumessungsgründen (§ 23 Abs 2 erster Satz FinStrG ) wäre auf der Grundlage der Schuld der Angeklagten (§ 23 Abs 1 FinStrG ) unter Einbeziehung ihrer persönlichen Verhältnisse und ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (§ 23 Abs 3 FinStrG) für M***** eine Geldstrafe von 150.000 Euro und für Sa***** eine solche von 100.000 Euro (das sind jeweils rund 21 % der gesetzlich vorgesehenen Maximalsanktion) schuldangemessen. Die vorliegende Reduktion um jeweils 10.000 Euro auf 140.000 Euro für M***** und 90.000 Euro für S***** gleicht den anerkannten Grundrechtsverstoß aus.

Die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen jeweils ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe (§ 20 Abs 1 FinStrG) ist mit Blick auf die diesbezügliche Höchststrafe von einem Jahr (§ 20 Abs 2 erster Satz FinStrG) und die jeweils ausgesprochene Geldstrafe angemessen.

B edingte N achsicht eines Teiles der Strafe kam im Hinblick auf den Schuldgehalt, die gezielte Vorgangsweise und das Gewicht der Taten sowohl aus spezialpräventiven als auch aus generalpräventiven Erwägungen bei keinem von beiden Angeklagten in Betracht.

Auf eine (nach Maßgabe des § 15 Abs 2 FinStrG neben der Geldstrafe zu verhängende) Freiheitsstrafe (§ 33 Abs 5 letzter Satz FinStrG) wurde im Ersturteil – dessen M***** und S***** betreffende Strafaussprüche nicht zu deren Nachteil angefochten wurden – nicht erkannt. Der Verhängung einer solchen steht daher jeweils das Verbot der reformatio in peius (§ 290 Abs 2 StPO) entgegen.

Mit ihren Berufungen waren diese beiden Angeklagten auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Zu den Berufungen des Angeklagten Nikolaus K***** und der Staatsanwaltschaft:

Über Nikolaus K***** verhängte das Erstgericht eine Geldstrafe von 48.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Monaten. Als erschwerend wertete es das Zusammentreffen mehrerer Finanzvergehen und den langen Tatzeitraum, als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel, den Umstand, dass es teils beim Versuch geblieben ist, sowie die „lange Verfahrensdauer“. In dieser erblickte es einen Grundrechtsverstoß, dem es mit einer Reduktion der als schuldangemessen erachteten Geldstrafe um 600 Euro begegnete (US 59 f).

Dagegen richten sich die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Ersterer strebt ein (insgesamt) geringeres Strafmaß, Letztere strebt eine Erhöhung der Geld- und der Ersatzfreiheitsstrafe an.

Entgegen dem Einwand der Staatsanwaltschaft trägt der Urteilssachverhalt nicht die Annahme, der Angeklagte habe die vom Schuldspruch umfassten Taten in der in § 23 Abs 2 zweiter Satz FinStrG (idF BGBl I 2019/62) umschriebenen Absicht begangen. Wäre es ihm bei den – (wie hier nach den Feststellungen) ohne den Tatbestand des § 38a oder des § 39 FinStrG zu erfüllen begangenen – Abgabenhinterziehungen darauf angekommen, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wären die betreffenden Taten übrigens bei (wie hier) 500.000 Euro nicht übersteigendem strafbestimmenden Wertbetrag – schon auf Subsumtionsebene – (nicht nur § 33 Abs 1 oder Abs 2 lit a FinStrG, sondern auch) § 38 Abs 1 FinStrG in der (zur jeweiligen Tatzeit geltenden) Fassung BGBl I 2012/112 zu unterstellen gewesen (zu deren Günstigkeitsvergleich mit der sich aus § 33 Abs 5 FinStrG idF BGBl I 2019/62 ergebenden Strafdrohung siehe 13 Os 88/19v, RIS-Justiz RS0132910).

Der seit der letzten Tat verstrichene Zeitraum von (inzwischen) mehr als fünf Jahren allerdings stellt – wie der Angeklagte zutreffend reklamiert – mit Blick auf sein seitheriges Wohlverhalten den (gemäß § 23 Abs 2 letzter Satz FinStrG auch im Finanzstrafverfahren zu berücksichtigenden) Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 18 StGB her ( Ebner in WK 2 StGB § 32 Rz 46).

Davon abgesehen haben die Tatrichter die Strafzumessungsgründe nicht nur vollständig erfasst, sondern – dem Vorbringen beider Berufungswerber zuwider – auch zutreffend gewichtet (US 59 f), sowie (gemäß § 23 Abs 3 FinStrG) die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten berücksichtigt (US 21 und 60).

Trotz der (geringfügigen) Ergänzung des Strafzumessungskatalogs um den zusätzlichen (besonderen) Milderungsgrund erweist sich – noch ungeachtet der mit Blick auf das Folgende gebotenen spür- und messbaren Reduktion des Strafmaßes – an sich eine Geldstrafe von 48.600 Euro (das sind rund 20 % der gesetzlich vorgesehenen Maximalsanktion) als schuldangemessen.

Die Dauer des gegen K***** (wegen der vom Schuldspruch 2 A umfassten Vorwürfe) geführten Verfahrens ist zwar nicht schon gesamthaft betrachtet als (per se) unangemessen zu beurteilen. Jedoch stand es – nach Eintritt der Rechtswirksamkeit der betreffenden Anklageschrift (ON 17 in ON 76) – vom August 2017 (ON 1 S 15 in ON 76) bis zum Februar 2019 (ON 1 S 37 f), somit für rund eineinhalb Jahre, aus nicht vom Angeklagten oder seinem Verteidiger zu vertretenden Gründen still (siehe oben). Dem darin gelegenen Grundrechtsverstoß (abermals RIS-Justiz RS0124901 [T3]) wird – wie der Angeklagte im Kern zutreffend einwendet – die vom Erstgericht vorgenommene Strafmaßreduktion um 600 Euro nicht gerecht. Erst eine (auch spürbare) solche um 8.600 Euro gleicht ihn aus.

Dies führt zu einer Herabsetzung der über den Angeklagten verhängten Geldstrafe wie aus dem Spruch ersichtlich.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der (somit in Stattgebung der Berufung des Angeklagten reduzierten) Geldstrafe war eine – mit Blick auf die diesbezügliche Höchststrafe von einem Jahr (§ 20 Abs 2 erster Satz FinStrG) angemessene – Ersatzfreiheitsstrafe (§ 20 Abs 1 FinStrG) von zwei Monaten vom Obersten Gerichtshof zu bestimmen (vgl Lässig in WK 2 FinStrG § 20 Rz 8).

Angesichts des hohen Schuldgehalts, der gezielten Vorgangsweise und der Tatschwere standen der – vom Angeklagten ohnedies nicht ausdrücklich begehrten – bedingten N achsicht eines Teiles der Strafe sowohl spezial- als auch generalpräventive Gründe entgegen.

Die – die amtswegige Maßnahme nicht umfassende ( Lendl , WK-StPO § 390a Rz 12) – Kostenersatzpflicht der Angeklagten M*****, S***** und K***** beruht auf (§ 195 Abs 1 FinStrG iVm) § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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  • RS0089014OGH Rechtssatz

    03. Mai 2022·3 Entscheidungen

    Bei dem nach dem § 61 StGB vorzunehmenden Günstigkeitsvergleich sind - soferne nicht schon die für die Lösung der Schuldfrage maßgeblichen Umstände den Ausschlag geben - die den Täter in concreto treffenden Unrechtsfolgen nach altem und nach neuem Recht gegenüberzustellen. Drohen die zu vergleichenden Gesetze Strafen verschiedener Art (wie Geldstrafen und Freiheitsstrafen) an, dann kommt jenes Recht zum Zug, das die mildere Strafart vorsieht. Lautet die Strafdrohung hingegen in beiden Gesetzen (nur) auf Freiheitsstrafe, dann sind die jeweils in Betracht kommenden Strafsätze miteinander zu vergleichen. Auf die Strafstufen (des alten Rechtes) kommt es dabei nicht an. Bei Strafsätzen mit gleicher Obergrenze und Untergrenze hat nach der Anordnung des § 61 StGB das neue Recht den Vorzug. Bei Strafdrohungen mit gleicher Untergrenze, aber verschiedener Obergrenze ist das Recht mit der niedereren Obergrenze anzuwenden, denn dieses ist für den Täter günstiger. Bei gleicher Obergrenze und verschiedener Untergrenze der Strafsätze entscheidet die (für den Täter günstigere) niederere Untergrenze. Bei unterschiedlicher Obergrenze und Untergrenze und bei sonstigen Überschneidungen der Gesetze in Bezug auf die Strafdrohung (nach Strafart und Strafmaß), die nicht schon durch die vorstehenden Regeln gelöst werden können, ist der Vergleich zwischen altem und neuem Recht unter Berücksichtigung der Gesamtauswirkungen der Sanktionen für den Täter vorzunehmen, wobei hilfsweise auch die Bestimmung des § 1 Abs 2 StGB heranzuziehen ist.