JudikaturJustiz12Os14/01

12Os14/01 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Mai 2002
Rechtssätze
26
  • RS0116658OGH Rechtssatz

    11. Oktober 2007·3 Entscheidungen

    Ungeachtet der Frage, ob durch §28a GOG allenfalls eine Anfechtungserweiterung des Nichtigkeitsgrundes der Z1 des §281 Abs1 StPO auf den Fall einer der Geschäftsverteilung widersprechenden Gerichtsbesetzung geschaffen wurde oder nicht, ist es jedenfalls unzulässig, mit diesem Nichtigkeitsgrund eine mit den Rechtsmittelausschlüssen nach §§71 Abs2, 74 Abs3 StPO; § 27a Abs5 GOG kollidierende Überprüfung solcher richterlicher Verfügungen im Vorfeld der Hauptverhandlung herbeizuführen, die indirekt in die Verteilung des Geschäftsanfalls eingreifen, indem durch den Entscheidungsinhalt ein nach der Geschäftsverteilung an sich berufener Richter von der konkreten Fallbearbeitung wegen Ausschlussgründen oder Befangenheitsgründen entbunden wird. Gegen diese Anfechtungsbeschränkung bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Auf welche Weise innerstaatlich sichergestellt ist, dass sich ein Angeklagter über behauptete Verletzungen der in der MRK festgelegten Rechte und Freiheiten wirksam beschweren kann, ist Sache des nationalen Gesetzgebers (SSt57/47; EvBl 1984/138); im Fall einer schon erfolgten richterlichen Prüfung des Beschwerdegegenstandes kann demnach kraft innerstaatlicher Beschränkung des Rechtszuges ein weiteres Rechtsmittel durchaus konform mit der MRK ausgeschlossen werden. Sowohl derartige Gerichtsentscheidungen als auch die Beschlüsse des Personalsenates werden in Wahrung des Prinzips "sichtbarer Gerechtigkeit" als wesentlicher Bestandteil eines in Art6 MRK festgeschriebenen fair trial dem Spannungsverhältnis zwischen dem Recht auf den gesetzlichen Richter und jenem auf einen unparteilichen Richter in ausgleichender Form gerecht. Eben weil das Gesetz eine Bekämpfung von Befangenheitsentscheidungen verbietet, bleibt eine Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren - von einer Rüge nach §281 Abs1 Z4 StPO abgesehen - ausdrücklich auf die Fälle der Ausgeschlossenheit beschränkt (§281 Abs1 Z1 dritter Fall StPO). Dieser klare Regelungsinhalt schließt eine Anfechtungsvariante durch Anerkennung einer Befangenheit als Verhinderungsgrund im Sinne des Art87 Abs3 B-VG im Umweg über den Nichtigkeitsgrund einer nicht gehörigen Besetzung des Gerichtes im Sinne des ersten Falles der Z1 des §281 Abs1 StPO aus. In dieser Richtung kommen daher weder eine extensive Interpretation noch Analogie in Betracht.