JudikaturJustiz2Ob256/06w

2Ob256/06w – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. September 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei (nunmehr) W*****, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Izzet Ö*****, vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Feststellung (Streitinteresse EUR 8.760,24), in eventu Zahlung von EUR 8.760,24 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 10. August 2006, GZ 4 R 190/06f 15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bezau vom 31. Mai 2006, GZ 3 C 200/06w 10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.820,97 (darin EUR 448,49 USt und EUR 130, - Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist ferner verpflichtet, die Pauschalgebühr für das Rechtsmittelverfahren dritter Instanz von EUR 1.168, - zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte wurde am 10. 12. 1997 bei einem Unfall schwer verletzt, für dessen Folgen die klagende Partei aus dem Rechtsgrund der Gefährdungshaftung nach dem EKHG einzustehen hat. In dem vom Beklagten (als Kläger) zuletzt nur noch gegen den Halter und den Haftpflichtversicherer (die nunmehr klagende Partei) des den Unfall verursachenden Fahrzeuges vor dem Bezirksgericht Bregenz geführten Vorprozess wurde dem Beklagten mit Endurteil vom 30. 7. 2002 eine monatliche Verdienstentgangsrente von EUR 243,34 ab 1. 7. 2001 rechtskräftig zuerkannt. In diesem Verfahren waren auch Leistungen der Sozialversicherung an den Beklagten Verhandlungsgegenstand. Bereits mit Schreiben vom 2. 8. 2000 hatte die Pensionsversicherungsanstalt der klagenden Partei mitgeteilt, dass sie derzeit keine Leistungen an den Beklagten erbringe, auf Grund der Verletzungsfolgen eine zukünftige Leistungspflicht aber nicht ausschließen könne.

Nachdem sein diesbezüglicher Antrag mit Bescheid der damaligen Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 15. 7. 2002 abgelehnt worden war, begehrte der Beklagte mit am 26. 7. 2002 beim Landesgericht Feldkirch als Arbeits und Sozialgericht eingebrachter Klage, ihm ab dem Stichtag 1. 4. 2002 eine Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren. Mit Urteil vom 10. 7. 2003 wurde dem Klagebegehren stattgegeben; diese Entscheidung erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

Am 27. 2. 2004 richtete die Pensionsversicherungsanstalt ein Schreiben an die klagende Partei, in welchem sie diese „in gegenständlicher Regressangelegenheit" von der Zuerkennung einer Invaliditätspension an den Beklagten unterrichtete. Gleichzeitig wies sie daraufhin, dass das endgültige Leistungsausmaß infolge noch ausstehender Erhebungen zur Höhe der Ausgleichszulage noch nicht feststehe und zum gegebenen Zeitpunkt nachgereicht werde. Mit weiterem Schreiben vom 10. 8. 2004 gab die Pensionsversicherungsanstalt der klagenden Partei bekannt, dass sich ihr Aufwand für den Zeitraum 1. 4. 2002 bis 31. 12. 2004 mit EUR 25.604,65 errechne. Dem Beklagten wurden in diesem Zeitraum folgende monatliche Leistungen erbracht: 1. 4. 2002 bis 31. 12. 2002: EUR 636,51; 1. 1. 2003 bis 31. 7. 2003: EUR 639,61; 1. 8. 2003 bis 31. 12. 2003: EUR 639,69; 1. 1. 2004 bis 31. 12. 2004: EUR 649,29.

Die klagende Partei richtete am 17. 8. 2004 ein Schreiben an den Rechtsanwalt des Beklagten und wies auf die Regressforderung der Pensionsversicherungsanstalt hin. Sie ersuchte, den „irrtümlich geleisteten Betrag" von EUR 7.056,86 wieder zurückzuerstatten und zu erklären, dass vom Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz „in aller Zukunft kein Gebrauch mehr gemacht und auch keine Exekution geführt werde". Mit Antwortschreiben vom 10. 1. 2005 wurde dieses Ansinnen der klagenden Partei zurückgewiesen, gutgläubiger Verbrauch behauptet und die Klägerin aufgefordert, rückwirkend ab dem 1. 9. 2004 den gerichtlich zuerkannten Betrag von monatlich EUR 243,34 anzuweisen. Weiters wurde die Exekution angedroht. Da dieser Aufforderung vorerst nicht entsprochen wurde, brachte der Beklagte zur Hereinbringung der ihm laut Titel geschuldeten Beträge einen Exekutionsantrag ein, den er aber nach der Zusicherung der klagenden Partei, dass der Rückstand abgedeckt, die Rente weiter bezahlt und die Kosten übernommen werden würden, wieder zurückzog. Der Beklagte hat die gesamten von der klagenden Partei geleisteten Beträge für seinen Lebensunterhalt verbraucht.

Die klagende Partei begehrte mit ihrer am 13. 5. 2006 beim Erstgericht eingelangten Klage die Feststellung, dass der (näher bezeichnete) Rentenanspruch des Beklagten und die ihm entsprechende Verpflichtung der klagenden Partei aus dem Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 30. 7. 2002 jeweils erloschen sei. Hilfsweise begehrte sie die Zahlung von EUR 8.760,24 sA. Die klagende Partei brachte vor, die Verdienstentgangsansprüche des Beklagten seien bis zur Höhe der geleisteten Invaliditätspension gemäß § 332 ASVG auf die Pensionsversicherungsanstalt übergegangen. Sie habe erstmals mit deren Schreiben vom 10. 8. 2004 davon Kenntnis erhalten, dass der Beklagte seit 1. 4. 2002 eine monatliche Invaliditätspension beziehe. Davor sei sie in Unkenntnis allfälliger Regressforderungen der Pensionsversicherungsanstalt gewesen, weshalb sie diesen Einwand im Titelverfahren nicht erheben habe können. Auch der anwaltlich vertretene Beklagte habe zum Forderungsübergang geschwiegen. Er könne sich daher nicht auf gutgläubigen Verbrauch berufen. Die klagende Partei sei von der Pensionsversicherungsanstalt zwischenzeitlich bereits zur Zahlung aufgefordert worden, sodass sie bei Fortbestand des Urteiles aus dem Titelverfahren zur doppelten Zahlung der Rentenbeträge verpflichtet sei. Das Eventualbegehren stützte die klagende Partei auf die Behauptung, dass die von ihr im Zeitraum vom 27. 2. 2003 bis 27. 2. 2006 geleisteten Beträge zur Rückzahlung fällig seien.

Der Beklagte wandte ein, im Vorprozess seien auch Leistungen des Sozialversicherungsträgers verfahrensgegenständlich gewesen. Die klagende Partei habe es verabsäumt, entsprechende Behauptungen aufzustellen. Es sei unzulässig, diese in einer späteren Feststellungs oder Bereicherungsklage nachzuholen. Außerdem habe die klagende Partei ihre Rentenverpflichtungen vollumfänglich anerkannt. Ihre Ansprüche seien verfristet und verjährt.

Das Erstgericht wies sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren der klagenden Partei ab. Es stützte sich im Wesentlichen auf den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt und erörterte rechtlich, maßgeblich für die Legalzession nach § 332 ASVG sei auch in der Kranken- und Pensionsversicherung der Eintritt des Versicherungsfalles. Der Anspruch gehe sofort auf den Sozialversicherungsträger über, auch wenn das Ausmaß der vom Schädiger zu erbringenden Schadenersatzleistungen regelmäßig noch ungewiss sei und auch die Voraussetzungen für die Zahlungspflicht des Sozialversicherungsträgers noch nicht feststünden. Die klagende Partei hätte den Rechtsübergang schon im Titelverfahren vorbringen müssen. Es läge ein Verstoß gegen die materielle Rechtskraft des im Vorprozess geschaffenen Titels vor, wollte man diesen unter Berücksichtigung des Einwandes der Legalzession nachträglich beseitigen. Darüber hinaus sei im Hinblick auf ihr Verhalten anlässlich der gegen sie eingeleiteten Exekution auch von einem Anerkenntnis der klagenden Partei auszugehen.

Das Berufungsgericht änderte das erstinstanzliche Urteil im Sinne einer Stattgebung des Hauptbegehrens ab, wobei es den Spruch - abweichend vom Wortlaut des Klagebegehrens - wie folgt formulierte: „Es wird festgestellt, dass der Anspruch der beklagten Partei und die Verpflichtung der klagenden Partei aus dem Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 30. 7. 2002 [.....] ab dem 1. 4. 2002 auf die Pensionsversicherungsanstalt, 1020 Wien, übergegangen ist." Die Abweisung eines Mehrbegehrens unterblieb. Das Berufungsgericht sprach ferner aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

In rechtlicher Hinsicht führte es aus, durch die Legalzession nach § 332 ASVG solle einerseits eine Doppelbefriedigung des Geschädigten, andererseits eine Entlastung des Schädigers im Wege der Vorteilsausgleichung verhindert werden. Der Rechtsübergang sei dem Grunde nach bereits mit dem Schadensereignis eingetreten, habe sich der Höhe nach aber erst nachträglich im Umfang des mit 1. 4. 2002 entstandenen „Sozialversicherungsanspruches" des Beklagten konkretisiert. Ab diesem Zeitpunkt sei der Beklagte hinsichtlich der ihm im Vorprozess zugesprochenen Verdienstentgangsrente nicht mehr (sach)legitimiert. Bei Schluss der Verhandlung im Vorprozess (am 27. 6. 2001) sei der Rentenanspruch des Beklagten jedoch noch gar nicht auf die Pensionsversicherungsanstalt übergegangen gewesen. Der klagenden Partei sei ein entsprechender Einwand daher nicht möglich gewesen. Entgegen der Meinung des Erstgerichtes könne aus dem Umstand, dass die klagende Partei nach Einleitung des Exekutionsverfahrens ihre titulierte Verpflichtung weiter erfüllt habe, auch nicht zweifelsfrei auf ein schlüssiges Anerkenntnis des Fortbestehens des Anspruches geschlossen werden; habe doch die Weiterzahlung ganz offensichtlich nur der Vermeidung einer Exekutionsführung gedient. Unabhängig vom Bestehen eines allfälligen Rückforderungsanspruches bestehe jedenfalls ein rechtliches Interesse der klagenden Partei an der Feststellung des Forderungsüberganges per 1. 4. 2002. Da der Anspruch des Beklagten als solcher nicht erloschen sei, hätte das Klagebegehren aber richtig auf Feststellung des Überganges und nicht auf Erlöschen des Anspruches lauten müssen. Aus dem Prozessvorbringen der klagenden Partei ergebe sich im Zusammenhang mit dem Eventualbegehren aber ohnehin, dass es ihr um die Feststellung des Forderungsüberganges gehe. Dem nur unrichtig formulierten Feststellungsbegehren habe daher in der richtigen Fassung stattgegeben werden können.

Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht mit dem Fehlen von Rechtsprechung zu den rechtlichen Konsequenzen eines Forderungsüberganges nach § 332 ASVG, dessen Geltendmachung dem Haftpflichtigen im Schadenersatzprozess noch nicht möglich gewesen sei.

Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsabweisenden Sinn abzuändern.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist auch berechtigt.

Der Beklagte wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und steht weiterhin auf dem Standpunkt, die Klägerin hätte schon im Titelverfahren die Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers einwenden müssen. Es sei unzulässig, dieses Versäumnis nun durch ein Feststellungs oder Leistungsurteil zu beheben. Die klagende Partei habe ihre Rentenverpflichtung außerdem anerkannt. Für das Feststellungsbegehren fehle es ihr am rechtlichen Interesse, weil ein Leistungsbegehren möglich sei. Der Spruch des zweitinstanzlichen Urteiles sei mit dem Klagebegehren nicht in Einklang zu bringen. Im Ergebnis liege hinsichtlich des Zeitraumes 1. 7. 2001 bis 31. 3. 2002 eine abweisende Entscheidung vor.

Hiezu wurde erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kann der Titelschuldner vor Einleitung der Exekution die Feststellung begehren, dass die rechtskräftig festgestellte Forderung wegen eines der in § 35 EO genannten Gründe erloschen sei (2 Ob 93/00s; 1 Ob 48/02v = EvBl 2002/226; 10 Ob 119/05f [§ 36 EO]; RIS Justiz RS0001931; Fasching in Fasching/Konecny2 III § 228 Rz 17). Während nach Einleitung der Exekution nur noch die Oppositionsklage zulässig ist, bleibt vorher die negative Feststellungsklage der einzige Weg, gegen eine titulierte Verpflichtung vorzugehen. Das rechtliche Interesse an einer solchen Feststellungsklage wird, sofern der Titelgläubiger diese Rechtslage bestreitet, grundsätzlich als gegeben erachtet, weil es dem Titelschuldner nicht zugemutet werden kann, eine der materiell rechtlichen Grundlage entbehrende Exekutionsführung abzuwarten (SZ 54/85; 2 Ob 93/00s; 10 Ob 119/05f; RIS Justiz RS0039067; Fasching aaO Rz 17). Das mit einer solchen Feststellungsklage verfolgte Rechtsschutzziel geht in jenem einer Oppositionsklage auf, die darüber hinaus auch noch die Unzulässigerklärung jeglicher Zwangsvollstreckung aus dem Exekutionstitel verfolgt (3 Ob 150/03k = JBl 2004, 190; RIS Justiz RS0001674 [T10]; Jakusch in Angst, EO § 35 Rz 8).

Bei einer Oppositionsklage kommt als tauglicher Klagstatbestand jeglicher nach Entstehung des Titels verwirklichter Sachverhalt in Betracht, der nach der Rechtsordnung geeignet ist, den betriebenen Anspruch aufzuheben oder seine Fälligkeit hinauszuschieben (8 ObA 169/00m; Jakusch aaO Rz 12). Sie ist kein prozessuales Mittel zur Durchbrechung der Rechtskraft des Titels, sondern dient der Geltendmachung von Änderungen der Sachlage nach Abschluss des Titelverfahrens. Als maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei jener anzusehen, bis zu dem der Verpflichtete im Titelverfahren einen neuen Sachverhalt hätte mit Erfolg vorbringen können, im Zivilprozess somit der Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz. Bei der Prüfung, ob der den Oppositionsgrund bildende Sachverhalt nach dem nach § 35 EO maßgeblichen Zeitpunkt entstanden ist, kommt es allein auf die objektive Entstehung der Tatsachen, nicht aber auf die subjektive Kenntnis des Titelschuldners oder sonstige Umstände an, die den Titelschuldner daran hinderten, die bereits entstandenen Tatsachen im Titelverfahren vorzubringen (3 Ob 3/97f; 8 ObA 169/00m mwN).

Alle diese Grundsätze sind - wegen des identen Rechtsschutzzieles - sinngemäß auch im Verfahren über eine negative Feststellungsklage anzuwenden, mit der die Feststellung des Erlöschens des titulierten Anspruches angestrebt wird. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der (unveröffentlichten) Entscheidung 6 Ob 89/65 zum Ausdruck gebracht hat, wäre nicht einzusehen, warum die Stellung eines Titelschuldners (der im damaligen Anlassfall im Titelverfahren von einer Aufrechnungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht hatte) verschieden sein soll, je nachdem, ob er nach Einleitung der Exekution die Oppositionsklage oder noch vor ihrer Einleitung die in diesem Falle nur mögliche negative Feststellungsklage erhebt (vgl auch RIS Justiz RS0000776 [T1] und RS0001931). Zuletzt hat der erkennende Senat in der Entscheidung 2 Ob 228/04z = SZ 2004/184 (mwN) klargestellt, dass die Rechtskraft des Zuspruches einer Verdienstentgangsrente einer Klage auf Feststellung des Erlöschens wegen geänderter Verhältnisse nicht entgegen steht, weil auch für die Verdienstentgangsrente die clausula rebus sic stantibus gilt.

Im vorliegenden Fall kann nicht zweifelhaft sein, dass sich die klagende Partei mit ihrer Behauptung, der titulierte Anspruch des Beklagten sei infolge der Legalzession nach § 332 ASVG erloschen, auf das Vorliegen eines Oppositionsgrundes stützt. Eine Exekution zur Hereinbringung der Rentenansprüche des Beklagten ist nicht anhängig; der im Februar 2005 eingebrachte Exekutionsantrag wurde noch vor der Exekutionsbewilligung wieder zurückgezogen. Es liegt somit eine gegen den titulierten Anspruch des Beklagten gerichtete negative Feststellungsklage vor.

Die Zession der titulierten Forderung durch den aus dem Titel Berechtigten stellt nach herrschender Auffassung einen Oppositionsgrund dar (SZ 43/21; 3 Ob 305/02b; vgl auch 3 Ob 324/02x = SZ 2003/41; RIS Justiz RS0000316; Jakusch aaO Rz 27). Dies gilt auch für solche Legalzessionen, bei denen der Forderungsübergang erst nach Schluss der Verhandlung im Titelverfahren eingetreten ist (vgl 3 Ob 305/02b zur Legalzession gemäß § 67 VersVG). Zu der in § 332 Abs 1 ASVG angeordneten Legalzession vertritt der Oberste Gerichtshof aber in ständiger, trotz teilweise kritischer Stimmen der Lehre (insb Resch, Der Zeitpunkt des Forderungsüberganges bei einer Legalzession gemäß § 332 ASVG, JBl 2002, 341) gefestigter Rechtsprechung die Rechtsansicht, dass der Rechtsübergang schon mit dem Eintritt des schädigenden Ereignisses (in der „juristischen Sekunde") erfolgt (2 Ob 242/03g; 2 Ob 48/05f; 2 Ob 268/06k; RIS Justiz RS0045190; Neumayr in Schwimann, ABGB3 VII § 332 ASVG Rz 26). Die Schadenersatzansprüche des Geschädigten gehen schon zu diesem Zeitpunkt auf den Sozialversicherungsträger in jenem Umfang über, als dieser sachlich und zeitlich kongruente Leistungen zu erbringen hat, während ein darüber hinausgehender Schadenersatzanspruch beim Geschädigten verbleibt (RIS Justiz RS0030708, RS0087557). Damit tritt eine vollkommene Trennung der Schicksale der dem Geschädigten zu seiner eigenen Geltendmachung verbliebenen Direktansprüche und der auf den Sozialversicherungsträger übergegangenen „Regressansprüche" ein (2 Ob 48/05f; Neumayr aaO Rz 13). Der Forderungsübergang vollzieht sich auch unabhängig davon, ob der Geschädigte die Leistungen des Sozialversicherungsträgers in Anspruch nimmt (2 Ob 242/03g; 2 Ob 16/05z = EvBl 2006/120; RIS Justiz RS0085022). Entscheidend ist lediglich, ob ein Anspruch auf eine Sozialversicherungsleistung besteht. In diesem Ausmaß fehlt es dem Geschädigten gegenüber dem Schädiger an der Aktivlegitimation (RIS Justiz RS0035295). Am Zeitpunkt des Rechtsüberganges ändert auch der Umstand nichts, dass sich dieser erst während des gesamten künftigen Schadensverlaufes der Höhe nach im Umfang des jeweiligen Ersatzanspruches und des jeweiligen Sozialversicherungsanspruches konkretisiert (vgl 2 Ob 119/00i = ZVR 2001/14; 2 Ob 268/06k; Neumayr aaO Rz 26).

Nach diesen Grundsätzen sind die Verdienstentgangsansprüche des Beklagten bereits im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses, also des Unfalles, insoweit auf den Sozialversicherungsträger übergegangen, als dieser kongruente Leistungen, etwa als Invaliditätspension, zu erbringen hat. In diesem Umfang fehlte es dem Beklagten daher schon bei Einbringung der Schadenersatzklage im Titelverfahren an der Dispositionsbefugnis über den Anspruch und somit an der aktiven Klagslegitimation.

Die mangelnde Aktivlegitimation des Geschädigten infolge einer Legalzession zu Gunsten des Sozialversicherungsträgers ist aber im Direktprozess gegen den ersatzpflichtigen Schädiger nicht von Amts wegen, sondern als Frage des materiellen Rechtes nur auf Grund einer Einwendung des Beklagten zu berücksichtigen: Er hat Tatsachen vorzubringen, aus denen sich in rechtlicher Beurteilung der Mangel der Sachlegitimation ergibt (6 Ob 260/03h mwN; 2 Ob 35/05v; RIS Justiz RS0084869). Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die klagende Partei im Titelverfahren derartiges Vorbringen nicht erstattet hat. Zu prüfen ist daher, ob ihr der Einwand der Legalzession objektiv möglich gewesen wäre. Bei der Beurteilung dieser Frage kommt es nicht darauf an, wann die klagende Partei vom Zeitpunkt der Geltendmachung und Gewährung der Invaliditätspension Kenntnis erlangte. Es ist auch nicht entscheidend, ab welchem Zeitpunkt der Beklagte die Invaliditätspension bezieht; konnte doch im sozialrechtlichen Verfahren das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen erst zu dem nach § 223 Abs 2 ASVG durch die Antragstellung ausgelösten Stichtag (der auf die Antragstellung folgende Monatserste) geprüft werden. Zeitpunkt und Umfang der Legalzession hängen aber - wie erörtert - nicht davon ab, ob und wann der Geschädigte beim Sozialversicherungsträger einen Antrag auf Gewährung von Sozialversicherungsleistungen stellt. Maßgeblich ist daher nur die Sachlage, wie sie bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Titelverfahren gegeben war.

Nach den erstinstanzlichen Feststellungen, insbesondere über den Inhalt des Schreibens des Sozialversicherungsträgers vom 2. 8. 2000, war die klagende Partei schon während des Titelverfahrens jedenfalls in Kenntnis davon, dass der Beklagte in einem Sozialversicherungsverhältnis stand. Diese Kenntnis reichte aus, um schon in diesem Stadium mit der Behauptung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Beklagten den Rechtsübergang durch Legalzession einwenden zu können (idS EvBl 1955/91; vgl auch 3 Ob 305/02b sowie RIS Justiz RS0032961). Auf Grund eines solchen Einwandes hätte im Titelverfahren sodann als Vorfrage geklärt werden müssen, ob und in welchem Umfang der Beklagte Ansprüche gegen einen Sozialversicherungsträger hat (2 Ob 56/98v = SZ 71/3; ebenso 2 Ob 29/94 zur vergleichbaren deutschen Rechtslage). Den Beweis, dass der Einwand deshalb erfolglos geblieben wäre, weil die Anspruchsvoraussetzungen (unabhängig vom Tag der Antragstellung) etwa erst nach Schluss der Verhandlung des Titelverfahrens eingetreten sind, hat die insoweit behauptungs- und beweisbelastete klagende Partei (vgl RIS Justiz RS0001133, RS0048064 [T1]), aber nicht einmal angetreten.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass nicht die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung des Titelverfahrens eingetretenen Tatumstände, auf welche sich die klagende Partei zur Begründung ihres Feststellungsbegehrens beruft (Gewährung der Invaliditätspension und Regressforderungen des Sozialversicherungsträgers), zum Erlöschen des Anspruches des Beklagten führten, sondern die bereits mit dem Schadensereignis eingetretene Legalzession. Dies hätte schon im Titelverfahren eingewendet werden können. Den Beweis der Erfolglosigkeit eines derartigen Einwandes hat die klagende Partei nicht erbracht.

Da sich die klagende Partei somit auf keinen tauglichen Oppositionsgrund zu stützen vermag, ist das Feststellungsbegehren abzuweisen. Bei dieser Rechtslage können weiterführende Überlegungen zu der Frage, ob das Feststellungsinteresse (auch) hinsichtlich der den gewährten Pensionsleistungen zeitlich nicht kongruenten Rentenansprüche sowie der von den schon geleisteten Zahlungen erfassten Zeiträume zu bejahen gewesen wäre, ebenso auf sich beruhen, wie solche zur richtigen Fassung eines stattgebenden Urteilsspruches.

Die Abweisung des Hauptbegehrens erfordert es, auch auf das Eventualbegehren einzugehen:

Der Gesamtzusammenhang des erstinstanzlichen Vorbringens der klagenden Partei lässt erkennen, dass sie ihr Rückzahlungsbegehren auf eine ungerechtfertigte Bereicherung des Beklagten stützt. Der klagenden Partei ist grundsätzlich zuzugeben, dass der Zweck der Legalzession nach § 332 Abs 1 ASVG, einerseits eine ungerechtfertigte Befreiung des Schädigers von seiner Schadenersatzpflicht, andererseits eine Bereicherung des Geschädigten zu verhindern, nicht erreicht werden kann, wenn der Schädiger sowohl an den Geschädigten als auch an den sich regressierenden Sozialversicherungsträger leisten muss, während der Geschädigte Doppelbefriedigung erlangt (vgl dazu Neumayr aaO Rz 6). Zur Hintanhaltung dieses unerwünschten Ergebnisses sieht § 332 Abs 2 ASVG vor, dass der Sozialversicherungsträger Ersatzbeträge, die der Ersatzpflichtige dem Geschädigten in Unkenntnis der Legalzession - also gutgläubig - geleistet hat, auf die Sozialversicherungsansprüche ganz oder zum Teil anrechnen „kann"; insoweit erlischt der übergegangene Ersatzanspruch. Diese Bestimmung solle es dem Sozialversicherungsträger ermöglichen, in Unkenntnis der Legalzession geleistete Ersatzbeträge auf einfache Weise hereinzubringen (2 Ob 210/06f; Neumayr aaO Rz 135 mwN). Findet eine Anrechnung nicht statt, dann steht dem Haftpflichtigen, der allenfalls doppelt leisten muss, gegen den Leistungsempfänger, an den er rechtsgrundlos geleistet hat, ein bereicherungsrechtlicher Rückersatzanspruch zu (2 Ob 16/05z; Neumayr aaO Rz 136 mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung setzt eine auf § 1431 ABGB gestützte Rückforderung des irrtümlich (oder unter dem Druck einer Zwangsvollstreckung: RIS Justiz RS0033569) auf eine Nichtschuld Geleisteten aber voraus, dass dem Kondiktionsanspruch nicht die Rechtskraft einer Entscheidung entgegensteht (SZ 44/14; 3 Ob 72/98d; 3 Ob 229/01y). Eine rechtsgrundlose Leistung liegt nämlich jedenfalls dann nicht vor, wenn sie auf Grund eines rechtskräftigen Urteiles erfolgte (vgl 2 Ob 120/00m = ZVR 2001/15; 2 Ob 256/05v). Auch ein Anspruch nach § 1435 ABGB käme nur dann in Betracht, wenn eine die materiell rechtliche Grundlage des Urteiles nachträglich beseitigende Sachverhaltsänderung eingetreten ist (vgl 1 Ob 56/05z = SZ 2005/93; RIS Justiz RS0120043).

Ungeachtet der Frage, ob ein Rückforderungsanspruch überhaupt schon fällig wäre, kann daher auch dem Leistungsbegehren kein Erfolg beschieden sein. Hält die materielle Rechtskraft der Entscheidung des Titelverfahrens nur solchen nachträglich eingetretenen Tatumständen nicht stand, die zu einem wenigstens teilweisen Erlöschen des Anspruches führen, so scheitert nicht nur das auf andere Umstände gestützte Feststellungsbegehren, sondern auch die statt dessen geltend gemachte Kondiktion. Die infolge der Unterlassung eines möglichen Vorbringens im Titelverfahren entstandenen Nachteile können nicht im Wege des Bereicherungsrechtes ausgeglichen werden (SZ 44/14; 2 Ob 120/00m). Für den Ersatzpflichtigen, der im Titelverfahren den möglichen Einwand der Legalzession unterlassen hat, führt dies zu der Konsequenz, dass er sich auch durch eine gegen den Geschädigten gerichtete Bereicherungsklage von seiner allenfalls doppelten Zahlungspflicht nicht mehr befreien kann.

In Stattgebung der berechtigten Revision war daher das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Da dem Beklagten im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 ZPO die Verfahrenshilfe bewilligt wurde, war gemäß § 70 ZPO mit Beschluss auszusprechen, dass die klagende Partei die Gerichtsgebühren dritter Instanz zu ersetzen hat.

Rechtssätze
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