JudikaturBVwG

W150 2316309-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
25. Juli 2025

Spruch

W150 2316309-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KLEIN über die Beschwerde von Herrn XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX geb. XXXX .2007 alias XXXX .2006 alias XXXX .2005 alias XXXX .2005 alias XXXX .2000, alias XXXX .1994, StA. ALGERIEN, vertreten durch die Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, FN 272779x, gegen den Bescheid des BFA Regionaldirektion Wien (BFA-W) vom 02.06.2025, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG, § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG, § 76 Abs. 2 Z 2, Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG wird festgestellt, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom 30.05.2023 bis zum 15.06.2023 rechtmäßig war.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG iVm § 1 Z 3, 4 und 5 VwG-AufwErsV, hat der Beschwerdeführer dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge auch: „BF“), reiste zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt, spätestens jedoch am 06.05.2024, unter Umgehung der Grenzkontrollen illegal in das Bundesgebiet ein und stellte an diesem Tage einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, am XXXX .1994 geboren worden zu sein.

2. Im Zuge der Erstbefragung am 07.05.2024 gab der BF an, minderjährig zu sein und am XXXX .2007 geboren worden zu sein.

3. Mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 21.06.2024, 048 HV 71/2024i, rechtskräftig mit 25.06.2024, wurde der BF wegen §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 2 StGB (schwere Körperverletzung), § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall SMG (Erwerb und Besitz von Suchtgift), § 15 StGB § 269 Abs. 1 3. Fall StGB (versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt), §§ 27 Abs. 2a, 27 Abs. 3 SMG (gewerbsmäßiges entgeltliches Anbieten, Überlassen oder Verschaffen von Suchtgift), Datum der Tat 09.06.2024, zu einer Freiheitsstrafe (Jugendstraftat) von 6 Monaten, bedingt nachgesehen auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

4. Der BF war von 10.07.2024 - 05.08.2024 und vom 13.08.2024 - 23.08.2024 in einem Quartier der BBU gemeldet. Dazwischen wurde der BF am 11.07.2024 von der Grundversorgung abgemeldet, da er die Betreuungsstelle verlassen hatte und unbekannten Aufenthaltes war. Daraufhin hatte der BF am 15.07.2024 um Wiederaufnahme ersucht.

5. Am 18.07.2024 wurde vom BFA ein Konsultationsverfahren gem. Art. 13 Abs. 1 der Dublin-III-VO mit Spanien eingeleitet.

6. Am 24.07.2024 langte beim BFA ein Sachverständigengutachten über die Feststellung der Volljährigkeit zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung in Österreich ein (Mindestalter von 18,81 Jahren zum Zeitpunkt des Asylantrages). Als spätmöglichstes fiktives Geburtsdatum wurde der XXXX .2005 festgelegt.

7. Am 30.07.2024 wurde der BF von der Grundversorgung abgemeldet, da er unbekannten Aufenthaltes war. Er suchte später um Wiederaufnahme an.

8. Am 10.08.2024 wurde der BF von der Grundversorgung abgemeldet, da er unbekannten Aufenthaltes war. Er suchte später um Wiederaufnahme an.

9. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 14.08.2024 wurde der BF und der Rechtsberater der BBU über seine festgestellte Volljährigkeit informiert.

10. am 14.08.2024 wurde der BF von der Grundversorgung abgemeldet, da er unbekannten Aufenthaltes war.

11. Am 16.09.2024 langte beim BFA von der spanischen Asylbehörde eine Ablehnung bezüglich des Wiederaufnahmegesuches gem. Art. 13 Abs. 1 der Dublin-III-VO ein.

12. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge auch: „BFA“ oder „belangte Behörde“) wies mit Bescheid vom 10.10.2024 den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte ihm keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei, erließ gegen ihn ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot, erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab und gewährte ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise. Da der BF für die Behörde unbekannten Aufenthaltes war und nicht gemeldet war, wurde der Bescheid gem. § 23 Abs. 2 ZustG am 14.10.2024 durch Hinterlegung im Akt zugestellt und erwuchs unbekämpft am 12.11.2024 in Rechtskraft in 1. Instanz.

13. Am 19.02.2025 wurde der BF von Organwaltern der LPDion Wien wegen des Verdachtes eines Verstoßes gegen das SMG festgenommen und befand sich im Anschluss daran bis 20.03.2025 in der Justizanstalt

14. Das BFA leitete in Februar 2025 ein HRZ-Verfahren mit Algerien ein.

15. Mit Urteil des Straflandesgerichtes Wien vom 20.03.2025, 161 HV 17/2025p, rechtskräftig mit gleichem Tage, wurde der BF wegen §§ 27 Abs. 2a, 27 Abs. 3 SMG (Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften durch gewerbsmäßiges entgeltliches Überlassen von Suchtgift in einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anlage in 1100 Wien von Anfang Februar 2025 bis 19.02.2025), zu einer Freiheitsstrafe (junger Erwachsener) von 9 Monaten, davon 8 Monate bedingt nachgesehen auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt. Die Probezeit bezüglich der ersten Verurteilung wurde auf 5 Jahre verlängert.

16. Mit Bescheid des BFA vom 21.03.2025, Zl. XXXX , wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dieser Bescheid wurde dem BF am selben Tage durch persönliche Übergabe zugestellt.

17. Mit Bescheid des BFA vom 24.03.2025, Zl. XXXX , wurde dem BF keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei, keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt, und gegen den BF ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

18. Am 03.04.2025 wurde vom BFA die Vorführung des BF einer algerischen Delegation für den 11.04.2025 im PAZ angeordnet.

19. Am 10.04.2025 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Als Grund gab er Probleme wegen eines Mordfalles an, dessentwegen sein Vater verhaftet worden sei, sich im Gefängnis befinde und die Familie des Ermordeten Rache an ihm nehmen wolle.

20. Mit begründetem Aktenvermerk des BFA vom 10.04.2025 gemäß § 76 FPG wurde die Schubhaft weiter aufgehalten. Dieser wurde dem BF am gleichen Tage durch persönliche Übergabe zugestellt.

21. Der BF trat am Morgen des 11.04.2025 in Hungerstreik, den er am 26.04.2025 wieder beendete.

22. Am 11.04.2025 wurde der BF im PAZ einer algerischen Delegation vorgeführt. Diese bestätigte dabei die algerische Staatsangehörigkeit des BF, die Unterlagen des BF würden an die algerischen Behörden nach Algier zur Überprüfung übermittelt.

23. Mit Bescheid des BFA vom 07.05.2025, XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück, erteilte ihm keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei und gewährte ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise. Der Bescheid wurde dem BF am gleichen Tage durch persönliche Übergabe zugestellt und erwuchs unbekämpft am 22.05.2025 in Rechtskraft in 1. Instanz.

24. Am 08.05.2025 gab Herr RA Mag. Mirsad MUSLIU dem BFA bekannt, dass er den BF vertrete und regte die Verhängung eines gelinderen Mittels an, da der BF bei seiner Bekannten, Frau D XXXX H XXXX in 1020 Wien im Falle seiner Entlassung eine feste Unterkunft haben werde, und sie ihn auch verpflegen werde; Kaufvertrag bezüglich der Wohnung und ZMR der Bekannten wurden beigelegt.

25. Auf Ersuchen des BFA führten Organwalter der LPDion Wien am 10.05.2025 eine Wohnungsüberprüfung an der vom rechtsfreundlichen Vertreter oben genannten Adresse durch. Laut deren Berichts erschien der BF dabei verwirrt und schien nicht zu wissen, wo sich diese Wohnung befindet. Den Beamten wurde trotz mehrmaligem Anklopfen und Anläuten nicht geöffnet. Der BF verfügte über keine Schlüssel zu dieser Wohnung.

26. Am 13.05.2025 urgierte Herr RA Mag. Mirsad MUSLIU dem BFA gegenüber seine Anregung.

27. Am 14.05.2025 erhob das BFA die Besuche, die der BF im Zeitraum von 26.03.2025 bis 04.05.2025 erhalten hatte; dies ergab, dass Frau D XXXX H XXXX den BF nur ein Mal, nämlich am 04.05.2025 besucht hatte.

28. Am 02.06.2025 wurde um 10:11 Uhr vom BFA verfügt, den BF aus der Schubhaft zu entlassen, aufgrund einer Anordnung des Straflandesgerichtes Wien zur Zahl 72Hv 104/24a. Ab 13:30 wurde der BF sodann gerichtlich in der Justizanstalt Wien-Josefstadt angehalten. Um 16:15 Uhr wurde mit richterlichem Beschluss die gerichtliche Anhaltung des BF beendet und dieser aufgrund eines Festnahmeauftrages des BFA gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG von Organwaltern der LPDion Wien in der Justizanstalt Wien-Josefstadt festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum überstellt.

29. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 02.06.2025, Zl. XXXX , wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Übernahme des Bescheides am gleichen Tage wurde vom BF verweigert.

30. Am 17.06.2025 legte die Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH Vollmacht und beantragte und erhielt elektronisch Akteneinsicht.

31. Am 04.07.2025 überprüfte das BFA amtswegig gemäß § 80 Abs. 6 FPG mittels Aktenvermerk die Schubhaft und stellte die Verhältnismäßigkeit fest. Dieser Aktenvermerk wurde am gleichen Tage dem BF zugestellt.

32. Der BF trat am 04.07.2025 abermals in Hungerstreik, den er am 10.07.2025 wieder beendete.

33. Am 16.07.2025 nahm ein Mitarbeiter der Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH Akteneinsicht.

34. Mit Schriftsatz vom 18.07.2025 brachte der BF im Wege seiner Rechtsvertretung Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Mandatsbescheid ein. Dabei wurde im Wesentlichen und soweit verfahrensrelevant zusammengefasst ausgeführt, dass der Mandatsbescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet sei, da der BF am 02.06.2025 nur formal aus der Schubhaft entlassen, diese aber materiell nie beendet worden sei. Weiters hätte daher der Akt dem BVwG für eine amtswegige Überprüfung nach 4 Monaten Haftdauer für den 21.07.2025 vorgelegt werde müssen. Wenige Stunden einer künstlichen „Entlassung“ könnten zu rechtsmissbräuchlichem Vorgehen der Behörde führen, was den Schutzzweck der Norm, nämlich die regelmäßige gerichtliche Haftüberprüfung unterlaufen. Weiters habe das BFA sich nicht ausreichend nachvollziehbar mit der Anwendung gelinderer Mittel auseinandergesetzt. Der BF hätte eine Wohnmöglichkeit bei einer Bekannten von welcher der Kaufvertrag bezüglich der Wohnung und ZMR im Akt enthalten seien.

Nebst Kostenzuspruch wurde begehrt, das BVwG möge aussprechen, dass die Anhaltung ab dem 02.06.2025 in rechtswidriger Weise erfolgte und die Fortsetzung der Anhaltung unverhältnismäßig sei, weiters im Rahmen einer „Habeas Corpus Prüfung“ aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorliegen.

35. Mit Schreiben vom 21.07.2025 legte das BFA dem BVwG den bezughabenden Akt samt einer Stellungnahme zur anhängigen Schubhaftbeschwerde des BF vor. Darin wurde im Wesentlichen und soweit verfahrensrelevant zusammengefasst ausgeführt, dass der BF materiell aus der Schubhaft entlassen worden sei, andernfalls müsste ein Schubhäftling im Falle einer gerichtlich angeordneten Verhaftung zunächst auf freien Fuß gesetzt werden. Bei seiner Einvernahme am 21.03.2025 habe er den Namen und die Adresse seiner Freundin nicht nennen können, er sei an dieser Adresse auch nie gemeldet gewesen. Eine Nachschau an der Adresse habe ergeben, dass der BF zu dieser Wohnung keine Zugangsmöglichkeit habe. Auf das Schärfste verwahre sich das BFA gegen den Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Vorgehens.

Algerien stelle regelmäßig Heimreisezertifikate aus, Abschiebungen nach Algerien finden regelmäßig statt.

36. Am 23.07.2025 teilte die Algerische Botschaft dem BFA mit, dass der BF als XXXX , geb XXXX .2000 in XXXX identifiziert wurde. Diese Information langte erst am 24.07.2025 beim BVwG ein.

37. Am 23.07.20025 um 14:48 Uhr teilte die Rechtsvertreterin dem BVwG mittels E-Mail bezüglich der mündlichen Verhandlung am 24.07.2025 mit, dass „auch eine Zeugin erscheinen wird, welche Angaben betreffend einer möglichen Unterkunftnahme machen kann.“

38. Aufgrund eines gerichtlichen Auftrages übermittelte die Sanitätsstelle des Polizeianhaltezentrums am 24.07.2025.2025 eine tagesaktuelle amtsärztliche Bestätigung dass der BF haft-, einvernahme- und prozessfähig sei.

39. Am 24.07.2025 fand vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der der BF, ein gerichtlich beeideter Dolmetscher für die Arabische Sprache und seine Rechtsvertreterin teilnahm. Das BFA nahm nicht an der Verhandlung teil. Die Vertreterin des BF teilte eingangs mit, dass die angekündigte Zeugin nicht erscheinen könne. Gründe dafür wurden keine genannt. Der BF erklärte eingangs, physisch und psychisch in der Lage zu sein, der Verhandlung zu folgen. Aufgrund des abgegebenen Verzichtes bezüglich der Verlesung der der für das Ermittlungsverfahren wesentlichen Aktenteile wurden diese zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und zum Inhalt der hier zu Grunde liegenden Verhandlungsniederschrift erklärt. Befragt zu seinem Namen gab er an: „BF: Der Name ist immer ist so gewesen.“ Andere Identitäten habe er nicht. Der BF verwickelte sich bei seiner Befragung hinsichtlich seiner Aufenthaltsdauer in Österreich („RI: Seit wann sind Sie in Österreich? - BF: 1,5 Jahre oder seit 2 Jahren.“) in Widersprüche, da dies eine Ankunft im Bundesgebiet zwischen Juli 2023 und Jänner 2024 bedeuten würde, er aber bis dato den Mai 2024 angegeben hatte. Weiters behauptete er entgegen der klaren Aktenlage, dass er nur wegen Konsums von Marihuana verurteilt worden sei. Erst auf Vorhalt der Verurteilung gab er auch den Verkauf zu, bestritt aber Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt, räumte aber dann ein: „ein Polizist ist zu Boden gefallen“. In Algerien wohnten seine Mutter und seine zwei Geschwister. In Österreich habe er Cousins, die in 1050 Wien wohnten. Nähere Angaben dazu machte er nicht. Er habe eine Freundin, die – von ihm - schwanger sei. Ein Kind werde bald auf die Welt kommen. Die Vertreterin des BF merkte dazu an, dass dies die verhinderte Zeugin sei. Die Adresse und den vollen Namen dieser Freundin vermochte der BF nicht zu nennen, er nannte sie „ XXXX “. („BF: Die Diakonie weiß schon Bescheid, wie Ihr Nachname ist und wo sie sich aufhält.“). Er habe im 10. Bezirk gelebt. Das hätte er den Behörden gesagt. Er habe sich aber nicht anmelden können. Das Problem, das er nach wie vor habe, sei die Adresse. Er habe seit seiner ersten Antragsstellung viele Probleme in Ö bekommen, z. B. Verwaltungsstrafen. Er habe illegal im 10. Bezirk gearbeitet („Da sind viele Araber und ich habe für die illegal gearbeitet.“). Deutsch spreche er nicht so gut. Der Versuch des Richters, mit dem BF ein paar Sätze auf Deutsch zu sprechen führte zu keinem Erfolg. Eine Fluchtgefahr bzw. Gefahr des Untertauchens bezüglich seiner Person verneinte der BF („BF: Das kann nicht passieren. Die Polizei ist überall im 10. Bezirk. Außerdem hat man mir diese Möglichkeit nicht gegeben, damit man von einer Fluchtgefahr ausgeht. Man sollte man mir zuerst die Möglichkeit geben und wenn ich meine Aufgaben und Verpflichtungen nicht erfülle, dann könnte mich die Behörde bestrafen.“). Er führte weiters aus, dass er darum bitte, dass man ihn nach Algerien zurückschicke. Er wolle nicht zurück in die Schubhaft. Befragt, seit wann er rückkehrwillig sei, antwortete er: „BF: Seitdem ich in der Haft bin. Seitdem ich in der Schubhaft bin. Sie haben mir keine Möglichkeit gegeben, dass ich draußen auf meine Rückkehrentscheidung warte.“ Konfrontiert damit, dass er ungefähr 20 Tage nachdem er in Schubhaft genommen wurde, einen neuen Asylantrag gestellt habe antwortete er: BF: Herr D, bitte, verstehen Sie mich. Zu Beginn wollte ich wirklich in Österreich bleiben, in den ersten 20 Tagen. Deshalb habe ich auch den Antrag auf Asyl gestellt. Es mir aber nachher klar, dass ich in diesem Land nicht bleiben darf, weil dieser Antrag zurückgewiesen wurde und ich konnte mich damit abfinden, dass ich zurück nach Algerien gehen muss. - RI: Aber Ihr Asylantrag wurde ja bereits im November letzten Jahres rechtskräftig abgewiesen. Das passt ja wieder nicht zusammen, was Sie mir erzählen. - BF: Herr D, es ist egal, wann der Antrag abgewiesen wurde. Nach der Antragsstellung bin ich davon ausgegangen, dass der Antrag abgewiesen wird, weil ich in Haft geblieben bin.“

Abschließend erstatte die Vertreterin des BF ihre Stellungnahme, in der sie – erstmals – Namen und Adresse der Zeugin bekanntgab, es handle sich um Frau H XXXX B XXXX , wohnhaft in XXXX im 10. Bezirk in Wien. Der BF habe entgegen der Annahme der belangten Behörde ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich. Der BF sei in einer aufrechten Partnerschaft und erwartet gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin zeitnah ein Kind. Rechtlich wiederholte sie im Wesentlichen das Beschwerdevorbringen und verwies dazu auf die Judikatur des VwGH vom 11.05.2021 zur Geschäftszahl Ra 2021/21/0066.

Zuletzt langte bei Gericht noch die Information ein, dass der BF von den algerischen Behörden als XXXX , geb XXXX .2000, identifiziert worden sei. Auf Vorhalt dieser Information hin bestritt der BF, diese Person und damit sieben Jahre älter, als von ihm ursprünglich angegeben, zu sein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

1. Feststellungen:

1. Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird der oben dargelegte Verfahrensgang zur Feststellung erhoben.

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

1.2.1. Die Identität des BF steht nicht fest. Soweit im Erkenntnis und Verfahren Namen und Geburtsdaten genannt werden, dient dies nur zur Individualisierung und stellt eine Verfahrensidentität dar. Der BF ist algerischer Staatsangehöriger. Der BF besitzt weder die österreichische Staatsbürgerschaft, noch die Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates. Der BF ist jedenfalls volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

1.2.2. Der BF wird seit dem 25.04.2025, 17:00 Uhr, in Schubhaft angehalten. Der BF wurde am 02.06.2025 aus der Schubhaft entlassen. Eine neuerliche Inschubhaftnahme des BF wurde mit dem verfahrensgegenständlichen Mandatsbescheid am 02.06.2025 verhängt. Dazwischen befand sich der BF aufgrund richterlicher Anordnung in der Gewahrsame der Strafjustiz in einer Justizvollzugsanstalt. Der BF wird in Summe bereits 161 Tage in Schubhaft angehalten.

1.2.3. Der BF ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen bei dem BF vor. Der BF hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

1.2.4. Der BF weist in Österreich folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:

01) LG WR.NEUSTADT 048 HV 71/2024i vom 21.06.2024 RK 25.06.2024

§§ 83 (1), 84 (2) StGB

§ 27 (1) Z 1 1.2. Fall SMG

§ 15 StGB § 269 (1) 3. Fall StGB

§§ 27 (2a), 27 (3) SMG

Datum der (letzten) Tat 09.06.2024

Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

zu LG WR.NEUSTADT 048 HV 71/2024i RK 25.06.2024

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG F.STRAFS.WIEN 161 HV 17/2025p vom 20.03.2025

02) LG F.STRAFS.WIEN 161 HV 17/2025p vom 20.03.2025 RK 25.03.2025

§§ 27 (2a), 27 (3) SMG

Datum der (letzten) Tat 19.02.2025

Freiheitsstrafe 9 Monate, davon Freiheitsstrafe 8 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Junge(r) Erwachsene(r)

1.3. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

1.3.1. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.10.2024 wurde der erste Antrag des BF auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen und gegen den BF erstmals eine Rückkehrentscheidung erlassen und u.a. dabei festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Diese Entscheidung erwuchs seinerzeit in 1. Instanz in Rechtskraft.

1.3.2. Mit Bescheid des BFA vom 07.05.2025, XXXX , wurde aufgrund eines Folgeantrages neuerlich u.a. eine Rückkehrentscheidung gegen den BF erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Dieser Bescheid erwuchs in erster Instanz am 22.05.2025 in Rechtskraft. Gegen den BF liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

1.3.3. Der BF verließ bereits während seines laufenden ersten Asylverfahrens mehrfach seine Unterkunft, war unbekannten Aufenthaltes und wurde daher mehrfach von der Grundversorgung abgemeldet. Nach dem 14.08.2024 war der BF, abgesehen von Aufenthalten in Justizvollzugsanstalten und Polizeianhaltezentren nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet, sondern untergetaucht und hielt sich im Verborgenen auf.

1.3.4. Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach. Der BF achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Der BF ist nicht vertrauenswürdig. Der BF ist nicht rückkehrwillig.

1.3.5. In Österreich leben keine Angehörige der Kernfamilie des BF, sondern nur Cousins, zu denen der BF keinen engen Kontakt hat. Er verfügt auch sonst über keine nennenswerten sozialen Kontakte. Er ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach sondern bestritt sein Einkommen mit illegaler Erwerbstätigkeit und gewerbsmäßigem Handel mit Suchtmitteln. Der BF verfügt weder über Vermögen noch über einen eigenen gesicherten Wohnsitz.

1.3.6. Der BF befand sich vom 11.04.2025 bis 26.04.2025 und vom 04.07.2025 bis 10.07.2025 in Hungerstreik, um sich aus der Schubhaft freizupressen.

1.4. Zur Verhältnismäßigkeit

1.4.1. Der BF wurde bereits zwei Mal wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz rechtskräftig verurteilt. Er hatte unter anderem in einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anlage in 1100 Wien von Anfang Februar 2025 bis 19.02.2025 anderen Personen gewerbsmäßig entgeltlich Suchtgift überlassen. Er wurde in diesem Zusammenhang auch wegen Straftaten, die gegen andere Rechtsgüter gerichtet waren (schwere Körperverletzung und versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt) rechtskräftig verurteilt.

1.4.2 Die Mitglieder der Kernfamilie des BF leben in Algerien. Der BF verfügt im Bundesgebiet abgesehen von Cousins, zu denen er aber keinen engen Kontakt hat und nicht einmal deren Adressen kennt, über keine familiäre Anknüpfungspunkte. Der BF hat eigener Darstellung zu Folge eine Freundin in Österreich, die von ihm schwanger sein soll. Eine Ehe oder Lebensgemeinschaft des BF mit dieser besteht jedenfalls nicht. Der BF spricht so gut wie kein Deutsch. Der BF verfügt über keine ausreichenden Mittel zur Existenzsicherung. Er weist über den Kontakt mit einigen Personen, die ihn in der Schubhaft besucht hatten, über keine eigenen sozialen Kontakte und weist auch sonst keine Integrationsmerkmale auf. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der BF verfügt zur Zeit über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

1.4.3. Das Gericht geht von hoher Fluchtgefahr aus. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der BF untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten um sich einer Abschiebung zu entziehen.

1.4.2. Der BF wurde bereits im Stande der Schubhaft am 11.04.2025 der Vertretungsbehörde Algeriens vorgeführt. Dabei wurde der BF als Staatsangehöriger Algeriens identifiziert und seine Unterlagen an die Behörden in Algerien zur Identifizierung weitergeleitet. Am 23.07.2025 wurde seitens der Vertretungsbehörde Algeriens mitgeteilt, dass der BF in Algerien identifiziert wurde und demgemäß XXXX heißt und am XXXX .2000 in Algerien geboren wurde.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die am 21.072025 vorgelegten Akten des BFA, die verfahrensgegenständliche Beschwerde, die im gegenständlichen Beschwerdeverfahren eingeholten Stellungnahmen, insbesondere das amtsärztliche Gutachten, sowie durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das GVS-Informationssystem, in das Sozialversicherungsregister und die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

2.2. Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zuvor genannten Akten, aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie aus dem Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister und aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres. Der Verfahrensgang ist den Verwaltungs- bzw. Gerichtsakten schlüssig zu entnehmen und zudem unbestritten.

2.3. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand beruhen auf dem amtsärztlichen Gutachten vom 24.07.2025. und dem persönlichen Eindruck des erkennenden Richters in der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung.

2.4. Die Feststellungen zur Identität des BF bzw. dass diese nicht vollständig geklärt ist, beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes und dem Umstand, dass bis dato keine Identitätsdokumente des BF vorliegen. Dem Verwaltungsakt ist zu entnehmen, dass der BF bereits bei seiner ersten Asylantragstellung eine andere Identität verwendet hat als jene, unter der er im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung auftrat. Weiters sind weitere Identitäten insbesondere Geburtsdaten des BF dem Akteninhalt zu entnehmen. Eine Altersfeststellung im Rahmen des ersten Asylverfahrens hatte zudem ergeben, dass der BF spätestens am XXXX .2005 geboren wurde, somit jedenfalls die verwendeten Geburtsdaten XXXX .2007, XXXX .2006 und XXXX .2005 nicht stimmen können. Zuletzt wurde der BF durch die algerischen Behörden mit wieder einem neuen Namen identifiziert. Aufgrund der Vielfalt der Identitäten – die der BF übrigens in aktenwidriger Weise bestreitet – kann vorsichtigerweise bis zur endgültigen Ausstellung eines Dokumentes, etwa eines HRZ, durch die algerischen Behörden nicht mit absoluter Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die zuletzt festgestellte Identität auch wirklich zutreffend ist. Allerdings deuten zahlreiche Besuche einer Person mit gleichem Familiennamen (im algerischen Reisepass eingetragen) wie der Familienname der zuletzt bekanntgewordenen Identität, die der BF während seiner Schubhaft empfing darauf hin, dass die letztgenannte Identität die richtige sein dürfte,

Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft oder die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedsstaates der EU besitzt, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Da sein Antrag auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen und der Folgeantrag zurückgewiesen wurde, konnte die Feststellung getroffen werden, dass der BF weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter ist.

2.5. Die Anhaltedauer des BF im Rahmen seiner jetzigen Schubhaft, wie auch der der davor stattgefundenen ergibt sich aus dem Verfahrensgang, insbesondere den dazugehörigen (Mandats)Bescheiden, dem Entlassungsschein des BFA vom 02.06.2025 (AS. 159) und dem Festnahmeauftrag des BFA vom 02.06.2025 (AS. 167). Dass sich der BF dazwischen in der Gewahrsame der Strafjustiz befunden hat, ergibt sich aus der Entlassungsbestätigung der JA Wien Josefstadt vom 02.06.2025, der Haftnummer des BF (193860) und der Geschäftszahl der HV-Abteilung (72 Hv 104/24a) deren Richter diese Anhaltung des BF durch die Strafjustiz angeordnet hatte.

2.6. Dass der BF schon während seines offenen ersten Asylverfahrens mehrfach untergetaucht ist, abgemeldet wurde und dazwischen wieder aufgenommen wurde, ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere ergibt sich der Umstand, dass sich der BF nach seinem letzten Untertauchen am 14.08.2024 nie mehr an einem Wohnsitz selbsttätig angemeldet hat, aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister (ZMR).

2.7. Dass der BF die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, ergibt sich zunächst aus seiner strafgerichtlichen Delinquenz, die mehrere Drogendelikte und ein Gewaltdelikt beinhalten, weiters aus dem Umstand, dass er bis dato die Ausreise verweigert hat, oftmals und lange untertauchte, seine Meldeverpflichtungen verletzte und aus den von ihm selbst eingestandenen weiteren Verwaltungsübertretungen. Dies und der Umstand, dass der BF sich mehrerer Identitäten bedient hat, dies aber leugnet, ergibt sich auch, dass der BF nicht vertrauenswürdig ist. Es wird nicht verkannt, dass der BF mittlerweile erklärt hat, dass er mit der Rückkehr nach Algerien einverstanden ist. Dies ist aber aus mehreren Gründen unglaubwürdig. Zunächst hat der BF durch oftmaliges Untertauchen die Asyl- bzw. Fremdenrechtlichen Verfahren behindert und verzögert, auch durch die Verwendung mehrerer Identitäten, falsche Altersangabe. Weiters hat der BF entgegen seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung, seit seiner Inschubhaftnahme nach Algerien zurückkehren zu wollen, erst 20 Tage nach Inschubhaftnahme einen unbegründeten Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt, um das Verfahren zu seiner Außerlandesbringung zu verzögern, denn dieser Antrag wurde rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Zuletzt ist nicht sehr glaubhaft, dass der BF zwar einerseits behauptet, eine Freundin zu haben, die bald ein Kind von ihm erwarte und mit der er eine Liebesbeziehung habe, von der aber nicht weiß, wie deren Nachname ist und wo sie sich aufhält aber gleichzeitig seine Bereitschaft erklärt, sofort nach Algerien zurückkehren zu wollen. Einen Antrag auf freiwillige Ausreise hat der BF jedoch noch nicht gestellt. Es ist daher insgesamt festzustellen, dass es sich nur um Schutzbehauptungen handelt, um in ein gelinderes Mittel zu kommen, der BF aber tatsächlich nicht rückkehrwillig ist.

2.8. Dass sich die Kernfamilie des BF in Algerien aufhält ergibt sich aus den diesbezüglich gleichbleibenden Angabe des BF im bisherigen Verfahren. Dass sich nur Cousins, zu denen der BF keinen engen Kontakt hat, in Österreich aufhalten, ergibt sich schon aus den Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung, in der er deren Adressen nicht zu nennen vermochte. Dass der BF auch sonst über keine nennenswerten sozialen Kontakte verfügt ergibt sich aus dem Umstand, dass der BF zwar mehrere Personen genannt hat, bei denen er wohnte, bzw. wohnen könnte, jedoch keine dieser Personen durch die Vertretung des BF zur Verhandlung stellig gemacht werden konnte. Die Person, die ihm angeblich in 1020 Wien Obdach gewährt haben soll, bzw. gewähren wollte, konnte an der angegebenen Adresse im Zuge einer Hauserhebung nicht angetroffen werden und der BF war an der Örtlichkeit sichtlich verwirrt und konnte dort die Wohnung nicht finden. Die andere - angeblich von ihm schwangere - Person wurde erst am Ende der mündlichen Verhandlung dem Gericht mit Namen und ladungsfähiger Adresse bekanntgegeben, was einem – unzulässigen – Erkundungsbeweis nahekommt, vor allem unter Berücksichtigung der kurzen Fristen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren. Außerdem sind beide vorgenannten Personen vom BF in seinen bisherigen behördlichen Einvernahmen nicht erwähnt, sondern eine gewisse „O XXXX “, die er dabei als seine Freundin bezeichnet hatte, aber nun auf einmal nicht als mögliche Unterkunftgeberin ins Treffen geführt wird.

2.9. Dass der BF seit 14.08.2024 über keinen gesicherten Wohnsitz mehr verfügt, ergibt sich bereits aus dem ZMR.

2.10. Die Hungerstreiks des BF ergeben sich bereits aus der Anhaltedatei, dass diese darauf abzielten eine Freipressung aus der Schubhaft zu erzielen, ergibt sich aus dem Umstand, dass dies bedei male unmittelbar als Reaktion auf eine für den BF ungünstige Entwicklung des Verfahrens geschah. Das erste Mal (11.04.2025) anlässlich der Vorführung einer algerischen Delegation. Das zweite Mal (04.07.2025) nach Erhalt der negativen Verhältnismäßigkeitsprüfung.

2.11. Dass der BF illegaler Arbeit nachging, hat er im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst angegeben.

2.12. Dass Fluchtgefahr, bzw. Gefahr des Untertauchens besteht, ergibt sich bereits aus dem zahlreichen Untertauchen und dem Verletzen seiner Meldepflichten durch den BF während seines Asylverfahrens. Nun, da er unter – wahrscheinlich – seinem richtigen Namen von den Behörden seines Heimatlandes identifiziert wurde, ist mit zeitnaher Ausstellung eines HRZ und Effektuierung der Abschiebung zu rechnen, was die Fluchtgefahr noch verstärkt.

2.13. Dass der BF so gut wie kein Deutsch spricht, ergibt sich bereits aus dem diesbezüglich erfolglosen Kommunikationsversuch des erkennenden Richters mit dem BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A):

3.1.1. §§ 76, 77 und 80 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Abs. 2 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) sowie Art. 2 und 15 der RL 2008/114/EG (Rückführungsrichtlinie) lauten auszugsweise:

„Schubhaft (FPG)

§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

„Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

2. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

„Dauer der Schubhaft (FPG)

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich,

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil,

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

[…]“

„Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

§ 22a (2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.“

„Anwendungsbereich (Rückführungsrichtlinie)

Art 2. (1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.

[…]“

„Inhaftnahme (Rückführungsrichtlinie)

Art 15. (1) Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, (…)

[…]

(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf.

(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern:

a. mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen oder,

b. Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.

[…]“

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).

Nach § 76 Abs. 6 FPG kann die Schubhaft aufrechterhalten werden, wenn der Fremde während seiner Anhaltung einen Antrag auf internationalen Schutz stellt und Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag (nur) zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde (vgl. VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0204).

Eine unzureichende Begründung des gemäß § 76 Abs. 6 FPG erstellten Aktenvermerks oder diesbezüglich mangelhafte Ermittlungen des BFA ziehen nicht schon für sich genommen die Rechtswidrigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft nach sich. Dem Aktenvermerk kommt nämlich in erster Linie Rechtsschutzfunktion zu und er stellt keinen die Schubhaft anordnenden Bescheid dar. Dass das VwG in Bezug auf den Schubhaftbescheid nur eine nachträgliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit des "konkret erlassenen Bescheides" vorzunehmen hat, lässt sich daher auf den Aktenvermerk iSd. § 76 Abs. 6 FrPolG 2005 nicht übertragen. Vielmehr ist vom VwG zu klären, ob es aus damaliger Sicht rechtens war, dem Schubhäftling bei Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine Verzögerungs- oder Vereitelungsabsicht iSd genannten Bestimmung zu unterstellen. In diesem Sinn ist vom VwG auch nur eine "nachträgliche Kontrolle" durchzuführen, die sich allerdings nicht auf die Tragfähigkeit der Begründung des diesbezüglichen Aktenvermerks beschränken darf; lediglich erst nach diesem Zeitpunkt eingetretene Tatsachen dürften vom VwG nicht berücksichtigt werden (VwGH vom 11.03.2021, Ra 2020/21/0274).

Im Verfahren der gemäß § 76 Abs. 6 erfolgten Aufrechterhaltung einer nach § 76 Abs. 2 Z 2 FPG verhängten Schubhaft darf vor allem berücksichtigt werden, dass der Fremde schon vor seiner Festnahme mehrfach Gelegenheit gehabt hat, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Diese Tatsache zählt nämlich nach Art. 8 Abs. 3 lit. d der Aufnahme-RL (Richtlinie 2013/33/EU), der mit § 76 Abs. 6 FrPolG 2005 umgesetzt wird (vgl. VwGH 31.08.2017, Ro 2017/21/0004, 0013), ausdrücklich zu den objektiven Kriterien für die Annahme einer Verzögerungs- oder Vereitelungsabsicht (VwGH vom 15.12.2020, Ra 2020/21/0079).

Die Anwendung des § 76 Abs. 6 FPG kommt in beiden Fällen einer zunächst gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordneten Schubhaft in Betracht und setzt nicht voraus, dass im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz während des Vollzugs einer solchen Schubhaft bereits eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde. Dieser Auffassung steht auch nicht entgegen, dass sowohl in der genannten Bestimmung der Aufnahme-RL als auch in § 76 Abs. 6 FPG auf eine Absicht zur Verzögerung bzw. Vereitelung der ‚Vollstreckung‘ einer Rückkehrentscheidung abgestellt wird, weil eine Verzögerung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme letztlich immer auch die Verzögerung von deren Vollstreckung nach sich zieht [vgl. im Übrigen auch den zu VwGH 15.12.2020, Ra 2020/21/0079, entschiedenen Fall, in dem im Zeitpunkt der nach dem Beginn der Schubhaft erfolgten Stellung des Antrags auf internationalen Schutz noch keine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen worden war und trotzdem von Seiten des Verwaltungsgerichtshofes keine Bedenken gegen die Anwendung des § 76 Abs. 6 FPG bestanden; siehe in diesem Sinn auch VwGH 27.08.2020, Ro 2020/21/0003, Rn. 19 bis 22] (VwGH 11.05.2021, Ra 2021/21/0116).

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG darf die Anhaltung in Schubhaft nur bei Vorliegen der dort in den Z 1 bis 4 genannten alternativen Voraussetzungen höchstens achtzehn Monate dauern. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so beträgt die Schubhaftdauer - wie in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG als Grundsatz normiert - nur sechs Monate. Mit § 80 Abs. 4 FPG soll Art. 15 Abs. 6 RückführungsRL umgesetzt werden, sodass die Bestimmung richtlinienkonform auszulegen ist. In diesem Sinn ist auch der Verlängerungstatbestand des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG dahingehend auszulegen, dass der Verlängerungstatbestand nur dann vorliegt, wenn das Verhalten des Beschwerdeführers kausal für die längere (mehr als sechsmonatige) Anhaltung ist. Wenn kein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Drittstaatsangehörigen und der Verzögerung der Abschiebung festgestellt werden kann, liegen die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 80 Abs. 4 Z 4 FPG über die Dauer von sechs Monaten nicht vor (VwGH vom 15.12.2020, Ra 2020/21/0404).

Gemäß § 80 Abs. 5 FPG darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten.

3.1.3. Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde begehrt, die Schubhaft für rechtswidrig zu erklären.

3.1.4. Der BF ist volljährig und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremde im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Daher ist auch die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich.

3.1.5.Für den vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass eine rechtskräftige, durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt, eine solche wäre jedoch nach der oben genannten Judikatur des VwGH gar nicht erforderlich. Vielmehr kommt die Anwendung des § 76 Abs. 6 FPG in beiden Fällen einer zunächst gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordneten Schubhaft in Betracht (VwGH 11.05.2021, Ra 2021/21/0116).

3.1.6. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass das BFA zu Recht von Sicherungsbedarf und Fluchtgefahr ausgegangen ist, insbesondere war der BF in Österreich untergetaucht und beging Straftaten; erst durch die daraus resultierende Inhaftierung wurde der BF wieder für die belangte Behörde wieder greifbar.

Der BF achtet die österreichische Rechtsordnung nicht, er ist nicht kooperativ. hält sich nicht an Meldevorschriften, war untergetaucht und hat sich so Verfahren und seiner möglichen Abschiebung entzogen und hat durch Stellung eines unbegründeten Folgeantrages das Verfahren verzögert und dadurch seine Abschiebung behindert, weshalb der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt ist.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG ist bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Da der BF schon während seines Asylverfahrens untergetaucht ist und er dadurch auch seine Abschiebung behindert hat und zudem seit vielen Monaten seinen Meldeverpflichtungen nicht nachgekommen ist, ist daher insgesamt der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Diese Bestimmung ist dahin zu verstehen, dass es für das Vorliegen von Fluchtgefahr darauf ankommt, dass keine maßgebliche – der Annahme einer Entziehungsabsicht entgegenstehende – soziale Verankerung des Fremden in Österreich vorliegt, was an Hand der genannten Parameter zu beurteilen ist (VwGH 16.04.2021, Ra 2020/21/0337).

Da der BF kein Familienleben in Österreich glaubhaft machen konnte, sondern erst in letzter Minute die Daten einer – nicht von ihm, sondern nur von seiner Rechtsvertreterin als aolche bezeichneten – „Lebensgefährtin“ bekanntgab, war eher zur Verfahrensverzögerung geeignet, nicht jedoch ein Familienleben glaubhaft zu machen. Zudem ist festzuhalten, dass selbst im Falle des Bestehen eines solchen, diese – oder andere – Personen bislang es nicht vermochten, den BF zu einem rechtskonformen Verhalten anzuleiten, sondern ihm sogar mutmaßlich Unterschlupf gewährten, damit er sich weiterhin verborgen halten konnte. Da er auch sonst keine relevanten Integrationsschritte vorzuweisen vermochte, keinem legalen Erwerb nachgeht bzw. nachgehen kann, straffällig wurde und er so gut wie kein Deutsch spricht, ist eine soziale Verankerung in Österreich zu verneinen.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem BF ein hohes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben, zumal der BF in über mehrere Identitäten verfügt und bereits in Spanien aufhältig war und folgerichtig zwischen diesen Ländern reiste also hoch mobil ist.

Es liegt daher jedenfalls weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Die Kernfamilie des BF hält sich in Algerien auf, in Österreich leben Cousins, zu denen er keinen engen Kontakt pflegt. Ja nicht einmal deren Adresse kennt. Er ist aber beruflich nicht verwurzelt, verfügt über keine ausreichenden eigenen Mittel zur Existenzsicherung. Die bisherigen sozialen Kontakte haben ihn jedenfalls bis dato nicht daran gehindert in Österreich unterzutauchen und im Rahmen einer arabischen Community unerlaubtem Erwerb nachzugehen und zudem Drogen zu verkaufen. Somit stellt sich auch aus diesem Aspekt heraus die weitere Anhaltung jedenfalls als nicht unverhältnismäßig dar.

Des Weiteren sind keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die der Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft entgegenstehen, hervorgekommen. Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass der BF durch die Anhaltung in Schubhaft einer unzumutbaren bzw. unverhältnismäßigen Belastung ausgesetzt ist. Der BF wurde amtsärztlich begutachtet und unterliegt auch weiterhin medizinischer Kontrolle. Gegenteilige Befunde wurden nicht vorgelegt.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zudem auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, ein solches liegt beim BF in erheblichem Maße vor, da Drogenhandel ein schweres Delikt darstellt.

Den persönlichen Interessen des BF kommt insgesamt ein deutlich geringerer Stellenwert zu als dem weit überwiegenden öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung – zumal der BF bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die österreichische Rechtsordnung missachtet und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändert, weshalb auch die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft erforderlich ist.

3.1.7. Zur Schubhaftdauer:

Der BF wird erst sehr kurz in Schubhaft angehalten und es gibt keine Anzeichen dafür, dass seine Außerlandesbringung innerhalb der zulässigen Höchstdauer nicht möglich sein sollte. Das BVwG geht folglich davon aus, dass die derzeit aufrechte Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

3.1.8 Wie bereits in der Beweiswürigung oben näher ausgeführt, befand sich der BF aufgrund richterlicher Anordnung am 02.06.2025 nach ordnungsgemäßer Entlassung aus der Schubhaft in der Gewahrsame der Strafjustiz und nicht mehr in behördlicher Gewahrsame der belangten Behörde. Somit war es erforderlich, dass das BFA neuerlich die Schubhaft über ihn verhängte. Die Behauptung der Vertreterin des BF, dieser habe sich in der Gewahrsame der Behörde befunden ist somit unzutreffend und aktenwidrig.

Soweit die Beschwerde moniert, die Behörde habe einen erforderlichen Überprüfungstermin durch das BVwG versäumt, ist dem jedenfalls entgegenzuhalten, dass gemäß § 22a Abs. 4 letzter Satz BFA-VG eine solche Überprüfung zu entfallen hat, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde wurde jedoch am 18.07.2025, somit 3 Tage vor einem allfällig zu beachtenden Termin für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung eingebracht, weshalb schon deshalb eine solche nicht durchzuführen war-

3.1.9. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die äußerst konkrete Gefahr des Untertauchens des BF besteht. Bei der allfälligen plötzlichen Aufbringung einer hohen Sicherheitsleistung wäre zudem die Herkunft des Betrages angesichts der bisherigen Vermögenslosigkeit des BF nicht nachvollziehbar und die Herkunft nicht unbedenklich.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nicht in Betracht.

3.10. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Die Beschwerde war daher im Ergebnis abzuweisen und festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.2. Zu Spruchteil A) –– Kostenentscheidung:

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Im gegenständlichen Verfahren wurde gegen die Anhaltung in Schubhaft Beschwerde erhoben. Sowohl der BF als auch das BFA haben einen Antrag auf Kostenersatz im Sinne des § 35 VwGVG gestellt. Da der Beschwerde nicht stattgegeben wurde, ist das BFA die obsiegende Partei. Ihr gebührt daher der Kostenersatz im Ausmaß der zitierten gesetzlichen Bestimmungen.

Dem BF gebührt als unterlegene Partei gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG kein Kostenersatz.

Zur beantragte Verfahrenshilfe im Ausmaß der Eingabengebühr (Spruchpunkt V.):

§ 8a VwGVG hat nachstehenden, auszugsweise wiedergegebenen Wortlaut:

„§ 8a. (1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.“

§ 35 VwGVG hat nachstehenden, auszugsweise wiedergegebenen Wortlaut:

„§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(3a) § 47 Abs. 5 VwGG ist sinngemäß anzuwenden.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.“

Wenn der BF sein Begehren auf Ersatz der Eingabengebühr unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 35 Abs. 1 iVm Abs. 4 VwGVG begründet und dies mit Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes untermauert (VwGH vom 28.05.2020, 2019/21/0336), so ist dem schon alleine aus dem Umstand heraus kein Erfolg bestimmt, da die beschwerdeführende Partei im Verfahren eben nicht obsiegte.

Im Übrigen ist über diese Begründung des BF hinaus einerseits zu prüfen, ob die die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Diese für die Bewilligung der Verfahrenshilfe erforderlichen Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, was zur Folge hat, dass Verfahrenshilfe nicht schon dann zu bewilligen ist, wenn der notwendige Unterhalt einer Partei durch die Kosten der Verfahrensführung beeinträchtigt ist. Zudem darf die Rechtsverfolgung nicht offenbar mutwillig und nicht offenbar aussichtslos erscheinen. Dabei kommt es auf das subjektive Wissen bzw. die subjektive Einschätzung des Antragstellers bezüglich der Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels nicht notwendiger Weise an. (VwGH vom 11.10.2021, Ra 2021/22/0197).

Eine etwaige Beeinträchtigung des Unterhalts des BF kann nicht ersehen werden, zumal die Verfahrensführung vor dem Bundesverwaltungsgericht kostenlos ist und seine Eingabe entsprechende Angaben zur Gänze vermissen lässt, inwiefern er durch die Zahlung von 30,-- Euro Eingabengebühr in seinem Lebensunterhalt beeinträchtigt sein könnte, zumal er im Stande der Schubhaft aktuell umfassend versorgt wird. Außerdem wurde nicht formell ein Verfahrenshilfeantrag gestellt und daher auch kein Vermögensverzeichnis vorgelegt.

Zur Verhandlung in Abwesenheit der belangten Behörde

Das Bundesverwaltungsgericht hat in Abwesenheit der belangten Behörde verhandelt. Die Parteien wurden vom Gericht ordnungsgemäß geladen. In der Ladung wurde die Teilnahme eines informierten Vertreters zur Wahrung der Parteienrechte (§ 18 VwGVG) freigestellt.

Die belangte Behörde blieb ohne Entschuldigung der Verhandlung fern. Durch das Fernbleiben von der Verhandlung hat sich die belangte Behörde ihrer Gelegenheit begeben, ihren Standpunkt im Verfahren zu vertreten, sich zur Berichtslage zu äußern, Fragen an die jeweils andere Seite und an allfällige Zeugen zu richten sowie Beweisanträge zu stellen.

Versäumt die Partei die Verhandlung, so kann sie in ihrer Abwesenheit durchgeführt werden (vgl. Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 291; weiters § 45 Abs. 2 VwGVG sowie die auch für das Administrativverfahren darauf Bezug nehmende Rechtsprechung des VwGH 18.06.2015, Ra 2015/20/0110; 10.11.2015, Ra 2014/19/0166). Gemäß (dem nach § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anwendbaren) § 19 Abs. 3 AVG hat einer Ladung Folge zu leisten, "wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist".

Voraussetzung für die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Partei ist eine "ordnungsgemäße Ladung". Davon kann dann nicht gesprochen werden, wenn einer der im § 19 Abs. 3 AVG genannten - das Nichterscheinen des Geladenen rechtfertigenden - Gründe vorliegt (VwGH 26.02.2014, 2012/02/0079; 29.04.2004, 2001/09/0068, uva.).

Seitens der belangten Behörde wurden keine triftigen Gründe für ihr Nichterscheinen dargetan. Das Bundesverwaltungsgericht durfte daher in Abwesenheit der belangten Behörde verhandeln.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu obigen Spruchpunkten zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf und waren auch nicht Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.