JudikaturVwGH

Ra 2019/21/0204 4 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
19. September 2019

Im Gegensatz zu Art. 8 Abs. 3 lit. d der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahme-RL) stellt der Wortlaut des § 76 Abs. 6 FrPolG 2005 nur auf die Absicht zur "Verzögerung" der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ab; das erfasst allerdings im Sinne eines Größenschlusses ohnehin auch die beabsichtigte "Vereitelung" einer Abschiebung. Bedeutsam ist jedoch, dass im Text der nationalen Regelung - anders als in der damit umgesetzten Norm der Aufnahme-RL - nicht zum Ausdruck kommt, die beabsichtigte Verzögerung müsse der ausschließliche Grund für die Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gewesen sein (vgl. EuGH 30.5.2013, Arslan, C 534/11; für die Zulässigkeit der Fortsetzung der Haft wurde verlangt, dass der Antrag auf internationalen Schutz "einzig und allein" zu dem Zweck gestellt wurde, den Vollzug der Rückführungsentscheidung zu verzögern oder zu gefährden). Insoweit ist somit eine unionsrechtskonforme korrigierende Auslegung vorzunehmen. Es kann kein Zweifel bestehen, dass im Anwendungsbereich der Aufnahme-RL eine an deren Regelungen zur Haft orientierte unionsrechtskonforme Auslegung des § 76 FrPolG 2005 Platz zu greifen hat (vgl. VwGH 11.5.2017, Ro 2016/21/0021; VwGH 31.8.2017, Ro 2017/21/0004, 0013).

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