JudikaturVwGH

Ra 2020/21/0404 2 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
15. Dezember 2020

Liegt bereits ein Heimreisezertifikat vor, käme eine Aufrechterhaltung von Schubhaft über sechs Monate hinaus nur bei mangelnder Kooperationsbereitschaft des Fremden (Art. 15 Abs. 6 lit. a RückführungsRL) in Betracht. Mangelnde Kooperationsbereitschaft gemäß Art. 15 Abs. 6 lit. a RückführungsRL kann nur dann angenommen werden, wenn die Prüfung des Verhaltens des Drittstaatsangehörigen während der Haft ergibt, dass er bei der Durchführung der Abschiebung nicht kooperiert hat und dass die Abschiebung wegen dieses Verhaltens wahrscheinlich länger dauern wird als vorgesehen. Das Verhalten des Drittstaatsangehörigen muss demnach kausal für die längere - mehr als sechsmonatige (vgl. Art 15 Abs. 5 RückführungsRL) - Dauer seiner Anhaltung in Schubhaft sein (vgl. EuGH 5.6.2014, Mahdi, C-146/14 PPU). In diesem Sinn ist auch der Verlängerungstatbestand des § 80 Abs. 4 Z 4 FrPolG 2005 - vor dem Hintergrund der gebotenen richtlinienkonformen Interpretation - auszulegen. Wenn kein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Drittstaatsangehörigen und der Verzögerung der Abschiebung festgestellt werden kann, liegen somit die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 6 lit. a RückführungsRL und damit der Ausnahmetatbestand des § 80 Abs. 4 Z 4 FrPolG 2005 für eine Anhaltung in Schubhaft über die Dauer von sechs Monaten (vgl. § 80 Abs. 2 Z 2 FrPolG 2005) hinaus nicht vor.

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