JudikaturJustiz4Ob126/12a

4Ob126/12a – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. November 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ludwig Beurle und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gernot Hain und andere Rechtsanwälte in Wr. Neustadt, wegen 267.548,79 EUR sA, infolge Revision der klagenden und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 16. Mai 2012, GZ 30 R 17/12h-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Wr. Neustadt vom 13. Februar 2012, GZ 23 Cg 130/09i-34, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

I. Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird in seinem klagsabweisenden Ausspruch betreffend ein Zinsenmehrbegehren als Teilurteil bestätigt. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

II. Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im vom Teilurteil nicht berührten Umfang aufgehoben und die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens über die Revision der beklagten Partei bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist ein Elektrizitätsunternehmen und betreibt Windkraftanlagen in Niederösterreich. Ihre Anlagen sind an das Verteilernetz der Beklagten (eine Verteilernetzbetreiberin iSd § 2 Abs 1 Z 67 NÖ ElWG 2005) angeschlossen, in das der in den Anlagen der Klägerin erzeugte Strom eingespeist wird.

Für die Lieferung elektrischer Energie bestehen preisrechtliche Tarifvorschriften (früher Preisgesetz 1992, sodann § 25 ElWOG 1998 über die Bestimmung der Systemnutzungstarife; vgl Würthinger , Systemnutzungstarife für Elektrizitätsnetze, 5).

Für die Netznutzung in Form der Einspeisung stellte die Beklagte der Klägerin aufgrund der Novelle 2009 zur Systemnutzungstarife-Verordnung (SNT-VO) 2006 (als eine von mehreren Entgeltskomponenten; näher dazu Würthinger aaO 17 f) auch monatlich Netzverlustentgelt gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ElWOG 1998 in Rechnung. Das Netzverlustentgelt soll jene Kosten abgelten, die dem Netzbetreiber aus dem Zukauf jenes Stroms erwachsen, den er zum Ausgleich von technisch unvermeidbaren Verlusten des übertragenen Stroms benötigt.

Dem Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen liegt eine Netzzugangsvereinbarung samt Allgemeinen Bedingungen für den Zugang zum Verteilernetz (in der Folge: AGB) zugrunde, die im Verhältnis zwischen den Streitteilen (nach Vertragsübernahme durch die Beklagte am 25. 4. 2005) seit 30. 6. 2004 gilt; deren Punkt XXIII lautet auszugsweise:

„XXIII. Änderung der Allgemeinen Verteilernetzbedingungen und der Systemnutzungs-tarife

1. Sollte infolge künftig erlassener Gesetze, Verordnungen oder behördlicher Entscheidungen die Netznutzung unmittelbar oder mittelbar verteuert oder verbilligt werden, so erhöhen bzw. ermäßigen sich die Preise ab dem Zeitpunkt, in dem die genannten Umstände wirksam werden, auf die sich danach ergebende Höhe. Durch Verordnung festgesetzte Fixpreise gelten daher unmittelbar für dieses Vertragsverhältnis.

[2.]

3. Im Falle der Aufhebung der amtlichen Regelung der Systemnutzungstarife hat E***** dem Netzkunden jedenfalls den Netzzugang zu sachlichen und nichtdiskriminierenden Bedingungen und unter Zugrundelegung von an ihrem tatsächlichen Aufwand orientierten Kosten zu gewähren.“

Punkt II der AGB („Begriffsbestimmungen“) bezeichnet als „Netzkunde“ Entnehmer und Einspeiser.

Vor Klagseinbringung leitete die Klägerin ein Schlichtungsverfahren vor der Energie-Control Kommission ein, der Antrag wurde jedoch abgewiesen.

Den behördlichen Tarifregelungen liegt folgende Rechtslage zugrunde:

§ 25 ElWOG 1998 lautete bis 2. 3. 2011 auszugsweise:

„Bestimmung der Systemnutzungstarife

§ 25. (unmittelbar anwendbares Bundesrecht)

(1) Das für die Netznutzung zu entrichtende Entgelt bestimmt sich aus dem

1. Netznutzungsentgelt;

2. Netzbereitstellungsentgelt;

3. Netzverlustentgelt;

4. Systemdienstleistungsentgelt;

5. Entgelt für Messleistungen;

6. Netzzutrittsentgelt sowie

7. gegebenenfalls dem Entgelt für internationale Transaktionen.

Die in Z 1 bis 4 sowie Z 7 angeführten Entgelte sind unter Zugrundelegung eines Tarifes zu ermitteln, der von der Elektrizitäts-Control Kommission durch Verordnung oder Bescheid zu bestimmen ist. Das unter Z 6 angeführte Entgelt ist aufwandsorientiert zu verrechnen, wobei eine Pauschalierung dem Netzbetreiber für jene Netzbenutzer, die an eine unter Abs. 5 Z 6 angeführte Netzebene angeschlossen sind, anheim gestellt ist. Das unter Z 5 angeführte Entgelt ist grundsätzlich aufwandsorientiert zu verrechnen, wobei von der Elektrizitäts-Control Kommission durch Verordnung oder Bescheid Höchstpreise bestimmt werden können.

(2) Die Systemnutzungstarife sind kostenorientiert zu bestimmen und haben dem Grundsatz der Kostenwahrheit zu entsprechen. Die Bestimmung der Preise unter Zugrundelegung einer Durchschnittsbetrachtung, die von den Kosten eines rationell geführten, vergleichbaren Unternehmens ausgeht, ist zulässig. Weiters können der Preisbestimmung Zielvorgaben zugrunde gelegt werden, die sich am Einsparungspotential der Unternehmen orientieren (Produktivitätsabschläge). Die den Preisansätzen zugrunde liegende Tarifstruktur ist einheitlich zu gestalten und hat eine Vergleichbarkeit der mit den Leistungen korrespondierenden Preisansätzen aller Netzbetreiber zu ermöglichen.

(3) Die Systemnutzungstarife haben dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Systembenutzer zu entsprechen. Die für den Netzzugang geltenden Systemnutzungstarife sind als Festpreise zu bestimmen.

(4) Die Elektrizitäts-Control Kommission hat jedenfalls Systemnutzungstarife für Entnehmer und Einspeiser von elektrischer Energie durch Verordnung oder Bescheid zu bestimmen. Netzbetreiber gelten dabei als Entnehmer.

[...]

(10) Elektrizitätsunternehmen haben die einzelnen Komponenten des Entgeltes gemäß Abs. 1, welches Endverbrauchern oder Netzbetreibern verrechnet wird oder in verrechneten Tarifpreisen enthalten ist, gesondert auf den Rechnungen für die Netznutzung oder auf den Stromrechnungen auszuweisen. Das Entgelt für die Systemdienstleistung ist Erzeugern getrennt von allfälligen anderen Entgelten in Rechnung zu stellen oder auf Rechnungen getrennt auszuweisen.

(11) Die Bemessung des Netzbereitstellungsentgeltes hat leistungsbezogen zu erfolgen. Die Elektrizitäts-Control Kommission hat durch Verordnung oder Bescheid die Kriterien, die bei der Bestimmung der Basis für die Verrechnung des Netzbereitstellungsentgeltes heranzuziehen sind, festzulegen.

[...]“

Gemäß § 25 Abs 4 ElWOG 1998 iVm § 16 Abs 1 Z 2 E RBG3 bestimmte die Energie-Control Kommission („E CK“) mit Verordnung die Systemnutzungstarife, darunter auch ein Netzverlustentgelt.

Mit Wirkung vom 1.1.2009 wurde die jährlich angepasste SNT VO 2006 durch die Novelle 2009 vom 19. 12. 2008 geändert, wodurch die „SNT VO 2009“ entstand. § 6 der SNT VO 2009 sah erstmals vor, dass auch Einspeiser ein Netzverlustentgelt zu zahlen haben.

§ 6 Abs 1 SNT VO lautet für das jeweils genannte Jahr wie folgt:

2008

„§ 6. (1) Durch das vom Entnehmer zu entrichtende Netzverlustentgelt werden dem Netzbetreiber jene Kosten abgegolten, die dem Netzbetreiber für die Beschaffung der für den Ausgleich von Netzverlusten erforderlichen Energiemengen entstehen. Für die Bemessung des Netzverlustentgelts ist ein arbeitsbezogener Netzverlustpreis tarifmäßig zu bestimmen. Zur vereinfachten Verrechnung der Inanspruchnahme des Netzes ist es möglich, das Netzverlustentgelt in den arbeitsbezogenen Teil des Netznutzungsentgelts einzubeziehen und lediglich auf Verlangen getrennt auszuweisen.“

2009

„§ 6. (1) Durch das von den Entnehmern und Einspeisern zu entrichtende Netzverlustentgelt werden dem Netzbetreiber jene Kosten abgegolten, die dem Netzbetreiber für die Beschaffung der für den Ausgleich von Netzverlusten erforderlichen Energiemengen entstehen. Einspeiser mit einer Engpassleistung bis inklusive fünf MW, wobei bei mehreren zusammengehörigen Kraftwerken (Kraftwerksparks) die Anschlussleistung des Kraftwerksparks maßgeblich ist, sind von der Entrichtung des Netzverlustentgelts befreit. Für die Bemessung des Netzverlustentgelts ist ein arbeitsbezogener Netzverlustpreis tarifmäßig zu bestimmen.“

2010 und 2011

„§ 6. (1) Durch das von den Entnehmern und Einspeisern zu entrichtende Netzverlustentgelt werden dem Netzbetreiber jene Kosten abgegolten, die dem Netzbetreiber für die Beschaffung der für den Ausgleich von Netzverlusten erforderlichen Energiemengen entstehen. Die zur Verrechnung des Netzverlustentgeltes notwendigen Daten von Erzeugungsanlagen, dies sind Art der Anlage, Nennleistung, Engpassleistung und Jahreserzeugung, sind von allen Erzeugern, auch Eigenerzeugern, mit einer Nennleistung von mehr als fünf MW dem jeweiligen Netzbetreiber jährlich bekannt zu geben; die Erzeugung ist darüber hinaus monatlich binnen 14 Tagen nach Monatsende bekannt zu geben. Einspeiser mit einer Engpassleistung bis inklusive fünf MW, wobei bei mehreren zusammengehörigen Kraftwerken (Kraftwerksparks) die Anschlussleistung des Kraftwerksparks maßgeblich ist, sind von der Entrichtung des Netzverlustentgelts befreit. Für die Bemessung des Netzverlustentgelts ist ein arbeitsbezogener Netzverlustpreis tarifmäßig zu bestimmen.“

§ 20 SNT VO enthielt jeweils Bestimmungen über die Höhe (den Tarif).

Nach § 7 Z 10 Elektrizitätswirtschafts- und organisationsgesetz 2010, BGBl I Nr 110/2010 („ElWOG 2010“) ist „Einspeiser“ ein Erzeuger oder ein Elektrizitätsunternehmen, der oder das elektrische Energie in ein Netz abgibt. § 7 Z 49 definiert den Begriff „Netzbenutzer“: jede natürliche oder juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, die Elektrizität in ein Netz einspeist oder aus einem Netz entnimmt.

§ 51 ElWOG 2010 lautet:

„Bestimmung der Systemnutzungsent-gelte

§ 51. (1) Zur Erbringung aller Leistungen, die von den Netzbetreibern und Regelzonenführern in Erfüllung der ihnen auferlegten Verpflichtungen erbracht werden, haben die Netzbenutzer ein Systemnutzungsentgelt zu entrichten. Das Systemnutzungsentgelt besteht aus den in Abs. 2 Z 1 bis 7 bezeichneten Bestandteilen. Eine über die im Abs. 2 Z 1 bis 8 angeführten Entgelte hinausgehende Verrechnung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Netzbetrieb ist, unbeschadet gesonderter Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, unzulässig. Das Systemnutzungsentgelt hat dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Systembenutzer, der Kostenorientierung und weitestgehenden Verursachungsgerechtigkeit zu entsprechen und zu gewährleisten, dass elektrische Energie effizient genutzt wird und das Volumen verteilter oder übertragener elektrischer Energie nicht unnötig erhöht wird.

(2) Das Systemnutzungsentgelt bestimmt sich aus dem

1. Netznutzungsentgelt;

2. Netzverlustentgelt;

3. Netzzutrittsentgelt;

4. Netzbereitstellungsentgelt;

5. Systemdienstleistungsentgelt;

6. Entgelt für Messleistungen;

7. Entgelt für sonstige Leistungen sowie

8. gegebenenfalls dem Entgelt für internationale Transaktionen und für Verträge für den Transport von Energie gemäß § 113 Abs. 1.

Die in den Z 1, 2, 4, 5, 6 und 7 angeführten Entgelte sind durch Verordnung der Regulierungsbehörde zu bestimmen, wobei die Entgelte gemäß Z 1, 2, 4, 5 und 7 als Festpreise zu bestimmen sind. Das Entgelt gemäß Z 6 ist als Höchstpreis zu bestimmen. Die Entgelte sind in Euro bzw. Cent pro Verrechnungseinheit angegeben.

(3) Die Regulierungsbehörde hat jedenfalls Systemnutzungsentgelte für Entnehmer und Einspeiser von elektrischer Energie durch Verordnung zu bestimmen, die auf den Netzbereich sowie die Netzebene zu beziehen sind, an der die Anlage angeschlossen ist. Vorgaben hinsichtlich der Netzebenenzuordnung der Anlagen, der Verrechnungsmodalitäten sowie besondere Vorschriften für temporäre Anschlüsse sind in dieser Verordnung festzulegen.“

§ 53 ElWOG 2010 lautet:

„Netzverlustentgelt

§ 53. (1) Durch das Netzverlustentgelt werden jene Kosten abgegolten, die dem Netzbetreiber für die transparente und diskriminierungsfreie Beschaffung von angemessenen Energiemengen zum Ausgleich physikalischer Netzverluste entstehen, bei der Ermittlung angemessener Energiemengen sind Durchschnittsbetrachtungen zulässig. Das Netzverlustentgelt ist von Entnehmern und Einspeisern zu entrichten. Einspeiser, einschließlich Kraftwerksparks, mit einer Anschlussleistung bis inklusive fünf MW sind von der Entrichtung des Netzverlustentgelts befreit.

(2) Das Netzverlustentgelt ist arbeitsbezogen festzulegen und regelmäßig in Rechnung zu stellen. [...]“

Die Klägerin begehrte zuletzt 267.458,79 EUR zuzüglich gestaffelter Zinsen ab dem jeweiligen Zahlungstag. Sie habe der Beklagten diesen Betrag als Summe der monatlich vorgeschriebenen Netzverlustentgelte der Jahre 2009, 2010 und 2011 mit Vorbehalt der Rückforderung gezahlt und begehre Rückerstattung. Jene Bestimmungen der Systemnutzungstarife-Verordnung 2006, die seit der Novelle 2009 auch die Einspeiser dazu verpflichteten, sich an dem dem Netzbetreiber zustehenden Netzverlustentgelt zu beteiligen, sei gesetzwidrig. Die Klägerin habe ihre Zahlungen unter ausdrücklichem Vorbehalt der Rückforderung auch für alle zukünftigen Zahlungen geleistet, weil sie von der Gesetzwidrigkeit der entsprechenden Regelungen der SNT-VO 2006 überzeugt sei. § 1435 ABGB räume einen Kondiktionsanspruch ein, wenn der Zahlungsgrund nachträglich wieder wegfällt.

Die Beklagte erhob die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs; das Elektrizitätswesen sei hoheitlich geregelt, weshalb auch Rückforderungsansprüche im Verwaltungsweg geltend zu machen seien. In der Sache wendete sie ein, die Regelungen der Verordnung, auf denen die Vorschreibungen von Netzverlustentgelt beruhten, seien nicht gesetzwidrig.

Infolge Anfechtung von Vorschriften des ElWOG 1998 sowie der einschlägigen Systemnutzungstarife-Verordnungen stellte der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21. 6. 2011, G 3/11 ua, fest, dass § 25 Abs 1 Z 1 und 3, § 25 Abs 4 und § 25 Abs 12 ElWOG 1998 verfassungswidrig gewesen seien. Mit Wirkung für das vorliegende Verfahren hob der Verfassungsgerichtshof am 27. 9. 2011 zu V 59/09 die SNT VO 2008, 2009, 2010 und 2011 als gesetzwidrig mit der wesentlichen Begründung auf, die gesetzliche Grundlage dieser Verordnungen sei durch das Erkenntnis G 3/11 weggefallen. Mit der Feststellung der „Generalklausel“ des § 25 Abs 4 ElWOG als verfassungswidrig bleibe die gesetzliche Regelung der Adressaten einer Systemnutzungstarifverordnung völlig lückenhaft und damit jede dieser Verordnungen ohne gesetzliche Grundlage. Sie seien daher zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben, da bei Außerachtlassung der genannten Bestimmung wegen der Anlassfallwirkung die gegenständlichen Verordnungen insgesamt der gesetzlichen Grundlage entbehrten. Die Anlassfallwirkung sei gemäß § 139 Abs 6 zweiter Satz B-VG auch für die im Einzelnen bezeichneten Gerichtsverfahren herbeizuführen.

Im Hinblick auf dieses Erkenntnis wendete die Beklagte zuletzt ein, die der Rechtsbeziehung zwischen den Streitteilen zugrunde liegenden AGB böten auch nach Wegfall der aufgehobenen Normen eine ausreichende Grundlage für die Zahlung der Netzverlustentgelte durch die Klägerin und beseitigten deren Rückforderungsanspruch. Die Beklagte wendete daher einen auf Punkt XXIII Z 3 AGB beruhenden Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Netzverlustentgelts für den Zeitraum Februar 2009 bis Jänner 2011 als Gegenforderung aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung ein (Streitverhandlung vom 12. 1. 2012, Band II/AS 29). Die von der Klägerin gezahlten Netzverlustentgelte entsprächen den am tatsächlichen Aufwand orientierten Kosten nach Punkt XXIII Z 3 AGB, die Beklagte sei daher nach Wegfall der verordnungsmäßigen Grundlage für die Einforderung von Netzverlustentgelt berechtigt, derartige Tarife in Höhe der amtlichen Regelung zu verrechnen und einzufordern (Schriftsatz vom 3. 1. 2012, Band I/AS 491).

Dem hielt die Klägerin den abschließenden Regelungsgehalt des § 25 ElWOG 1998 sowie einen Verstoß von Art XXII Z 3 AGB gegen das Transparenzgebot entgegen, weil unklar sei, zu welchen sachlichen und nicht diskriminierenden Bedingungen der Netzzugang konkret gewährt werde.

Das Erstgericht verwarf die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs und gab dem Klagebegehren ohne über die Gegenforderung im Spruch abzusprechen statt. Die Klägerin sei Erzeugerin (§ 2 Abs 1 Z 16 NÖ ElWG 2005) und Einspeiserin (§ 2 Abs 1 Z 9 NÖ ElWG 2005), die Beklagte Verteilernetzbetreiberin (§ 2 Abs 1 Z 67 NÖ ElWG 2005). Infolge Aufhebung von § 25 Abs 1 Z 3 ElWOG 1998 bestehe kein Rechtsgrund mehr für Forderungen auf Zahlung bestimmter Beträge als Netzverlustentgelt, die von der Klägerin nur unter Vorbehalt geleistet worden seien. Es sei dem Obersten Gerichtshof in seiner Entscheidung 1 Ob 32/11d zu folgen: Nachdem der Gesetzgeber in § 25 ElWOG 1998 die dem Netzbetreiber im Rahmen der Systemnutzungstarife gebührenden Entgeltbestandteile abschließend habe regeln wollen, könne sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, sie habe bei Wegfall der Komponente „Netzverlustentgelt“ im Gesetz einen betragsmäßig gleich hohen Anspruch auf Abgeltung der von ihr erbrachten Leistungen auf bereicherungsrechtlicher Basis und dürfe sich deshalb die zwischen Februar 2009 und Jänner 2011 als Netzverlustentgelt fakturierten Beträge behalten. Infolge der abschließenden Regelung in § 25 ElWOG 1998 erschienen auch die AGB der Beklagten gesetzwidrig und daher gemäß § 879 Abs 1 ABGB unwirksam.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es die Beklagte verpflichtete, der Klägerin 267.548,79 EUR zuzüglich Zinsen von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 352 UGB seit 5. 1. 2012 aus 7.401,98 EUR, seit 1. 1. 2012 aus 5.607,26 EUR, seit 1. 12. 2011 aus 6.155,72 EUR und seit 24. 11. 2011 aus 248.383,83 EUR zu zahlen; das Mehrbegehren betreffend Zinsen für davor liegende Zeitperioden wies es ab. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof in der herangezogenen Entscheidung 1 Ob 32/11d auf den hier erstmals erhobenen Einwand der Beklagten, sie könne die gezahlten Beträge auf Grundlage ihrer AGB behalten, nicht eingegangen sei.

Das Berufungsgericht setzte sich mit der Nichterledigung der Gegenforderung durch das Erstgericht nicht auseinander. Zur Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs führte es aus, die Beklagte habe die Rechtswegzulässigkeit in zweiter Instanz nicht mehr in Frage gestellt; davon abgesehen bestehe keine Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden für bereicherungsrechtliche Ansprüche. Die Beziehung zwischen den Streitteilen sei durch Vertrag geregelt und privatrechtlicher Natur.

In der Sache ging das Berufungsgericht davon aus, dass die AGB der Beklagten beim hier gegebenen Sachverhalt nicht grundsätzlich unanwendbar seien, weshalb sie auszulegen seien. Trete nämlich an die Stelle einer auf öffentlich-rechtliche Normen gegründeten Verpflichtung eine solche auf privatrechtlicher Basis, bedeute dies keine Missachtung jener gerichtlichen Entscheidung, die die öffentlich-rechtliche Norm außer Kraft gesetzt habe. Es sei nicht verboten, dass privatautonome Vereinbarungen an die Stelle öffentlich-rechtlicher Normen träten.

Allgemeine Geschäftsbedingungen, die nicht das Ergebnis von individuellen Vertragsverhandlungen gewesen seien, seien wie Rechtsnormen objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen. Dies bedeute, dass Punkt XXIII Z 3 AGB unanwendbar sei, weil die „amtliche Regelung der Systemnutzungstarife“ nicht aufgehoben worden sei; vielmehr habe der Verfassungsgerichtshof nur bestimmte Teile des ElWOG 1998 aufgehoben, die öffentlich-rechtliche Bestimmung der Systemnutzungstarife aber grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Aus Punkt XXIII Z 11 AGB ergebe sich, dass die Beklagte grundsätzlich von der Maßgeblichkeit behördlich festgesetzter Tarife ausgehe, vor allem für den Fall, dass sie erhöht oder herabgesetzt würden, wobei nicht nur auf Gesetze und Verordnungen, sondern auch auf behördliche Entscheidungen abgestellt werde. Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs seien behördliche Entscheidungen im Sinne dieser Bestimmung. Zu keiner Zeit hätten amtliche Regelungen der Systemnutzungstarife gefehlt, zumal der Gesetzgeber mit dem ElWOG 2010 eine neue Rechtslage geschaffen habe, die bisher noch nicht in Frage gestellt worden sei. Der Hinweis der Beklagten auf ihre AGB gehe deshalb ins Leere, und sie könne dem Bereicherungsanspruch der Klägerin nichts entgegensetzen. Den Zahlungen der Klägerin unter Vorbehalt sei keine rechtsbereinigende Wirkung zugekommen, weshalb ihr der Rückforderungsanspruch nach § 1435 ABGB erhalten geblieben sei. Mit der vom Erstgericht herangezogenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 1 Ob 32/11d sei darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber in § 25 ElWOG 1998 ersichtlich die dem Netzbetreiber im Rahmen der Systemnutzungstarife gebührenden Entgeltsbestandteile abschließend habe regeln wollen, weshalb sich die Beklagte nicht darauf berufen könne, sie habe bei Wegfall der Komponente „Netzverlustentgelt“ im Gesetz einen - betragsmäßig gleich hohen Anspruch auf Abgeltung der von ihr erbrachten Leistungen auf bereicherungsrechtlicher Basis und dürfe sich aus diesem Grund die als Netzverlustentgelt fakturierten Beträge behalten. Die Taxativität der Systemnutzungs-Teile verhindere auch, dass die Beklagte nachträglich jenen Beträgen nun erstmals eine vertragliche Grundlage unterlege, die aufgrund von Bestimmungen gezahlt worden seien, die der Verfassungsgerichtshof aufgehobenen habe.

Mit Recht bekämpfe die Beklagte allerdings den Zinsenzuspruch. Sie sei nämlich frühestens mit Kenntnis von der Verordnungsaufhebung zur Rückzahlung der vereinnahmten Entgelte verpflichtet gewesen; erst ab diesem Zeitpunkt stünden der Klägerin daher Verzugszinsen zu. Abzustellen sei auf den 23. 11. 2011 (nicht erst auf den 23. 12. 2011 als Tag der Kundmachung), weil das Erstgericht den Parteien an diesem Tag die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zugestellt habe. Zinsen gebührten daher ab 24. 11. 2011. Solange die Beklagte die Gesetzes- und Verordnungslage für sich gehabt habe, seien auf sie sinngemäß die einen redlichen Besitzer treffenden Vorschriften (§ 330 ABGB) anzuwenden.

Gegen den stattgebenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten , gegen die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens die Revision der Klägerin .

Rechtliche Beurteilung

Beide Rechtsmittel sind zulässig; jenes der Klägerin ist nicht berechtigt, jenes der Beklagten ist im Sinne seines Aufhebungsantrags berechtigt.

I. Zur Revision der Beklagten

1. Soweit die Rechtsmittelwerberin in dritter Instanz die Unzulässigkeit des Rechtswegs geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass dessen Zulässigkeit von beiden Vorinstanzen übereinstimmend bejaht wurde und daher vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüft werden kann ( E. Kodek in Rechberger ² § 503 ZPO Rz 2; Zechner in Fasching/Konecny ² IV/1 § 503 ZPO Rz 72 je mN aus der Rsp; RIS-Justiz RS0039799, RS0044536, RS0042917 [T7]).

2.1. Die Vorinstanzen sind den Grundsätzen der Entscheidung 1 Ob 32/11d gefolgt, wonach in den vom Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zu G 3/11 umfassten Anlassfällen nach Wegfall der SNT VO 2009 bis 2011 die Entscheidung so zu erfolgen habe, als wären die aufgehobenen Vorschriften niemals in Geltung gestanden. Damit erweise sich das Leistungsbegehren als berechtigt, bestehe doch kein Rechtsgrund mehr für die von der Beklagten erhobenen Forderungen auf Zahlung bestimmter Beträge als Netzverlustentgelt (zustimmend Rabl , Rückforderung von Netzverlustentgelten nach Aufhebung der SNT-VO 2009 bis 2011, ecolex 2012, 597, 599, wonach auf Grundlage der Preisregelung abgeschlossene Netznutzungsverträge hinfällig seien, weshalb die auf Grundlage dieser Verträge erbrachten Leistungen zu kondizieren seien).

2.2. Die in dieser Entscheidung angestellten Überlegungen treffen den Anlassfall deshalb nicht, weil sich die Beklagte im genannten Verfahren vor dem ersten Senat anders als hier nicht darauf berufen hat, dass den vorgeschriebenen und erhaltenen Netzverlustentgelten der Rechtsgrund der privatrechtlichen Vereinbarung (Punkt XXIII Z 3 AGB) zugrunde liege.

2.3. Dieser Einwand richtet sich gegen die Klagsbehauptung einer rechtsgrundlosen Zahlung und vernichtet im Fall seines Erfolgs den Klagsanspruch schon ohne Aufrechnung; bejaht man daher eine privatrechtliche Vereinbarung als Zahlungsgrund für das Netzverlustentgelt, bleibt kein Raum für eine darauf gestützte Gegenforderung.

3. Das Rechtsmittel der Beklagten macht geltend, Punkt XXIII Z 3 AGB sei dahin auszulegen, dass die Beklagte nicht nur bei gänzlichem Fehlen einer amtlichen Regelung der Systemnutzungstarife, sondern schon bei Wegfall der Voraussetzungen für die Einhebung einer Teilkomponente des Systemnutzungsentgelts (hier: des Netzverlustentgelts infolge Aufhebung der SNT-VO durch den VfGH) Netzverlustentgelt als Teil eines angemessenen Entgelts verlangen könne; ein angemessenes Entgelt stehe ihr schon nach § 354 Abs 1 UGB zu. Punkt XXIII Z 3 AGB sei ein „Auffangtatbestand“, der ua wirksam werde, wenn amtliche Regelungen der Systemnutzungstarife fehlten.

3.1. Dem Berufungsgericht ist in seiner grundsätzlichen Auffassung zuzustimmen, dass der Wegfall öffentlich-rechtlicher (Preis-)Regelungen (hier: der SNT VO 2009 bis 2011) grundsätzlich kein Hindernis dafür ist, über den öffentlich-rechtlich ungeregelten Sachverhalt eine privatrechtliche Vereinbarung innerhalb der Grenzen des rechtlich Erlaubten abzuschließen.

3.2. Dem steht entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht die Absicht des Gesetzgebers entgegen, einen bestimmten Preisregelungs-Sachverhalt (hier: Systemnutzungsentgelt mittels § 25 ElWOG 1998 und SNT VO) abschließend regeln zu wollen. In einem System der sozialen Marktwirtschaft mit selbstverantwortlichen Wirtschaftssubjekten als Marktteilnehmern, die sich als Anbieter und Nachfrager am Markt wirtschaftlich frei betätigen können, obliegt die Vereinbarung des Preises für eine Ware oder Dienstleistung nämlich grundsätzlich den Parteien des synallagmatischen Vertrags, und dieser Grundsatz kann nur ausnahmsweise etwa in Ansehung sensibler Produkte der Grundversorgung durch öffentlich rechtliche Tarifsysteme durchbrochen werden. Wird daher bei einem behördlichen Preisregelungssystem die preisfestsetzende Norm nachträglich unanwendbar, fällt die Kompetenz zur Preisvereinbarung nach der aufgezeigten Grundregel wieder den Vertragsparteien zu.

3.3. Eine solche privatautonome Preisvereinbarung bei bestehendem behördlichen Preisregelungssystem für den Fall der Unanwendbarkeit der preisfestsetzenden Norm ist auch ex ante, also schon vor Eintritt dieser Bedingung, in allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig. Punkt XXIII Z 3 AGB ist eine solche gültige Vereinbarung mit dem Inhalt, den als verbindlich vereinbarten amtlichen Preis im Fall der Aufhebung der amtlichen Preisregelung durch den angemessenen Preis zu ersetzen, der sich am tatsächlichen Aufwand des Netzbetreibers orientiert.

3.4. In einer solchen Vereinbarung liegt keine „Aushebelung“ der verfassungsrechtlich garantierten Anlassfallwirkung des Art 139 Abs 6 B-VG (so aber Oberndorfer , Zum Entfall der elektrizitätsrechtlichen Netzverlustentgeltpflicht für Erzeuger, ZTR 2012, 46, 52; diese Auffassung ablehnend Rabl , Rückforderung von Netzverlustentgelten nach Aufhebung der SNT-VO 2009 bis 2011, ecolex 2012, 597, 599), regelt doch diese Bestimmung zwar den zeitlichen Anwendungsbereich der aufgehobenen Verordnung, ohne dabei jedoch eine Aussage über die Zulässigkeit einer privatrechtlichen Vereinbarung über jene Materie zu treffen, die bisher durch die aufgehobene Verordnung geregelt war.

3.5. Dass der Gesetzgeber in § 50 ElWOG 2010 ein Regulierungskonto geschaffen hat, das es künftig ermöglichen soll, bei der Kostenfestsetzung Differenzbeträge zwischen den tatsächlich erzielten und den der Verordnung zu Grunde liegenden Erlösen bei der Feststellung der Kostenbasis für die nächsten Entgeltperioden zu berücksichtigen, ändert nichts an den bisher angestellten Überlegungen zur Rechtslage in Zeiträumen, in denen keine gültige Verordnung bestanden hat.

3.6. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass einer subsidiären Regelung des grundsätzlich behördlich festgelegten Preises, den Netzbetreiber von Einspeisern für die Systemnutzung verlangen dürfen, in AGB für den Fall der Unwirksamkeit behördlicher Preisvorschriften weder ein gesetzliches Verbot, noch bei der hier gegebenen Vereinbarung eines angemessenen Entgelts Sittenwidrigkeit entgegensteht.

4.1. Der Auffassung des Berufungsgerichts, Punkt XXIII Z 3 AGB der Beklagten finde keine Anwendung, weil zu keiner Zeit amtliche Regelungen der Systemnutzungstarife gefehlt hätten, ist allerdings nicht zu folgen.

4.2. Durch die genannten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs sind die SNT-VO 2008 bis 2011 als gesetzwidrig aufgehoben worden. Damit sind nicht nur die Bestimmungen zum Netzverlustentgelt (als einer von mehreren Komponenten des für die Netznutzung zu entrichtenden Entgelts) weggefallen, sondern der gesamte Tarif unanwendbar geworden. Der in der auszulegenden Bestimmung der AGB angesprochene Fall ist damit eingetreten.

4.3. Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach gesicherter Rechtsprechung grundsätzlich objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut so auszulegen, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Adressatenkreis erschließen; es muss aber zudem der erkennbare Zweck der Klausel beachtet werden (vgl RIS-Justiz RS0008901, RS0112256).

4.4. Offenkundiger Zweck dieser Bestimmung ist es, im Falle der Unanwendbarkeit der preisrechtlichen Tarifvorschriften sicherzustellen, dass einerseits dem Netzkunden weiterhin Netzzugang zu nicht willkürlichen Bedingungen gewährt wird, andererseits der Netzbetreiber als Gegenleistung hierfür den Ersatz von an seinem tatsächlichen Aufwand orientierten Netznutzungskosten verlangen darf. Das gegenteilige Verständnis von Berufungsgericht und Klägerin führte zum wirtschaftlich unausgewogenen Ergebnis, dass der Netzbetreiber seinem Kunden zwar Zugang zum Netz gewähren müsste, dafür aber nicht jenen Kostenersatz vorschreiben dürfte, der seinen tatsächlichen Aufwand zur Gänze abdeckt; dass die Parteien solches beabsichtigt hätten, ist ihnen nicht zu unterstellen.

4.5. Der Einwand der Klägerin, Punkt XXIII Z 3 AGB sei intransparent, ist unbegründet. Das Transparenzgebot verlangt nicht nur formale Verständlichkeit im Sinn von Lesbarkeit, sondern auch, dass Inhalt und Tragweite der Regelung durchschaubar sind und dass dem Kunden die wirtschaftliche Tragweite der Bestimmung nicht verschleiert wird (vgl RIS-Justiz RS0122169 [T6]). Intransparenz liegt hier deshalb nicht vor, weil die Bedingungen des Netzzugangs (als sachlich, nicht diskriminierend und sich am tatsächlichen Aufwand des Netzbetreibers orientierend) klar verständlich und keineswegs mehrdeutig sind.

4.6. Eine unsachliche Benachteiligung von Einspeisern gegenüber Verbrauchern ist nicht erkennbar. Mag sich auch aus der Entstehungsgeschichte des Tarifmodells für die Nutzung von Energienetzen ergeben, dass ursprünglich eine rein entnehmerseitige Netzkostentragung vorgeschlagen worden ist ( Würthinger , Systemnutzungstarife für Elektrizitätsnetze, 26 f), hat sich der Gesetzgeber doch später dafür entschieden, auch Erzeuger zur Bezahlung von Netzverlustentgelt und Netznutzungsentgelt zu verpflichten (SNT-VO 2009) und an dieser grundsätzlichen Wertung ungeachtet der späteren Aufhebung der genannten Verordnung samt Nachfolgeverordnungen festgehalten. So sieht § 53 Abs 1 ElWOG 2010 vor, dass Einspeiser und Entnehmer das Netzverlustentgelt zu tragen haben (näher dazu Oberndorfer , Das neue Systemnutzungsentgelte-Regime nach dem ElWOG 2010, ZTR 2011, 4, 5). Da auch Erzeuger das Netz zum Absatz der von ihnen erzeugten Energie benötigen, ist ihre Beteiligung an den Netzkosten (zu denen auch das Netzverlustentgelt gehört) sachlich gerechtfertigt. Erst jüngst vermochte der Verfassungsgerichtshof in der Anordnung des § 53 Abs 1 ElWOG 2010, dass auch Einspeiser wie Entnehmer Netzverlustentgelt zu tragen haben, keinen Verstoß gegen die Verursachungsgerechtigkeit als Erscheinungsform des Gleichheitssatzes zu erkennen (VfGH 12. 10. 2012, V 22/12 13*).

4.7. Von einer überraschenden Klausel ungewöhnlichen Inhalts iSd § 864a ABGB kann schon deshalb keine Rede sein, weil ihr Regelungsgehalt bereits aus der Überschrift („Änderungen der Allgemeinen Verteilernetzbedingungen und der Systemnutzungstarife“) deutlich wird.

4.8. Schließlich verletzt die Vorschreibung aufwandsorientierter Kosten des Netzbetreibers unter Berufung auf Punkt XXIII Z 3 AGB nach Wegfall der SNT VO 2009 bis 2011 auch nicht die Verwaltungsstrafnorm des § 62 ElWOG 1998, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, wer für eine Netzdienstleistung einen höheren Preis als den von der Behörde nach dem ElWOG bestimmten Höchst- oder Festpreis fordert. Diese Norm ist nämlich auch einer einschränkenden (verfassungskonformen) Auslegung zugänglich, wonach damit nur eine Verletzung verfassungskonformer Preisvorschriften sanktioniert wird (so auch Rabl , Rückforderung von Netzverlustentgelten nach Aufhebung der SNT-VO 2009 bis 2011, ecolex 2012, 597, 599).

4.9. Als weiteres Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass Punkt XXIII Z 3 AGB als auf Vertrag beruhender Rechtsgrund für die von der Klägerin geleisteten Zahlungen von Netzverlustentgelten in Frage kommt.

5.1. Die Beklagte hat sich zum Beweis dafür, dass die von der Klägerin gezahlten Netzverlustentgelte den am tatsächlichen Aufwand orientierten Kosten nach Punkt XXIII Z 3 AGB entsprächen, weshalb die Beklagte auch nach Wegfall der verordnungsmäßigen Grundlage für die Einforderung von Netzverlustentgelten berechtigt sei, der Klägerin derartige Tarife in Höhe der amtlichen Regelung zu verrechnen und einzufordern, auf die Einholung eines Gutachtens berufen (Schriftsatz vom 3. 1. 2012, Band I/AS 493). Ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht haben die Tatsacheninstanzen zum aufgezeigten Beweisthema weder Beweise aufgenommen noch Feststellungen getroffen. Damit ist eine abschließende Beurteilung von Bestand und allenfalls Höhe einer rechtsgrundlosen Zahlung der Klägerin noch nicht möglich.

5.2. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verbreiterung der Tatsachengrundlagen im aufgezeigten Sinn an das Erstgericht zurückzuverweisen.

5.3. Klarzustellen ist, dass im fortgesetzten Verfahren allein die Höhe eines angemessenen Netzverlustentgelts zu ermitteln und den von der Klägerin unter diesem Titel gezahlten Beträge gegenüberzustellen ist; dass die von der Klägerin im strittigen Zeitraum gezahlten restlichen Komponenten des Systemnutzungsentgelts unangemessen hoch gewesen wären, wurde nämlich nicht behauptet oder eingewendet.

II. Zur Revision der Klägerin

6.1. Der Senat teilt zur Abweisung des Zinsenmehrbegehrens für Zeitperioden vor dem 24. 11. 2011 die Auffassung des Berufungsgerichts und verweist auf dessen zutreffende Begründung. Der Empfänger einer Sache ist nach seinem guten Glauben zu behandeln, der solange anzunehmen ist, als er nicht wusste oder erkennen konnte, dass er die Sache wieder zurückzustellen haben wird (RIS-Justiz RS0010204).

6.2. Die Beklagte hat das nunmehr zurückgeforderte Netzverlustentgelt im Vertrauen auf den Bestand der behördlichen Tarifvorschriften vorgeschrieben und einbehalten; sie hat damit bis zur Kenntnis vom Wegfall der einschlägigen Verordnungen die Stellung eines redlichen Besitzers (vgl allgemein RIS-Justiz RS0010214 sowie RS0102752 und RS0017961 zum redlichen Erbschaftsbesitzer).

6.3. Damit steht unabhängig vom Verfahrensergebnis im fortgesetzten Verfahren fest, dass der Klägerin mangels Unredlichkeit der Beklagten vor Kenntnis der Verordnungsaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof Zinsen vor dem genannten Zeitpunkt keinesfalls gebühren. Insoweit ist das Urteil des Berufungsgerichts daher mit Teilurteil zu bestätigen.

7. Die Kostenentscheidung des Teilurteils beruht auf § 52 Abs 2 ZPO, der Kostenvorbehalt im Aufhebungsbeschluss gründet sich auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
12
  • RS0127748OGH Rechtssatz

    07. März 2013·3 Entscheidungen

    Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 und 3 B‑VG an den Verfassungsgerichtshof die Anträge, 1. auszusprechen, dass § 25 Abs 1 Z 3 und § 25 Abs 4 des Bundesgesetzes, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts‑ und ‑organisationsgesetz ‑ ElWOG), BGBl I 143/1998, in der Fassung BGBl I 121/2000, verfassungswidrig waren; 2. die folgenden Teile von Bestimmungen der Systemnutzungstarife‑Verordnung 2006 (SNT‑VO 2006), verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 240 vom 10. Dezember 2005, in der Fassung der SNT‑VO 2006‑Novelle 2009, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 252 vom 24. Dezember 2008, als gesetzwidrig aufzuheben: in § 6 Abs 1 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“; § 6 Abs 1 Satz 2; in § 11 Abs 3 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“; in § 20 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“; 3. die folgenden Teile von Bestimmungen der Systemnutzungstarife‑Verordnung 2010 (SNT‑VO 2010), verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 249 vom 24. Dezember 2009, als gesetzwidrig aufzuheben: in § 6 Abs 1 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“; § 6 Abs 1 Satz 3; in § 11 Abs 3 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“; in § 20 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“.

  • RS0112256OGH Rechtssatz

    06. März 2024·3 Entscheidungen

    Die Auslegung von AVB's hat sich am Verständnis eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers zu orientieren, ein Maßstab, der den Kriterien der §§ 914 f ABGB weitgehend entspricht. Unklarheiten sind zu Lasten des Versicherers auszulegen, weil dies die Interessen des Vertrauensschutzes erfordern, der "erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen" muss aber stets beachtet werden. Risikoeinschränkende Klauseln besitzen in dem Maße keine Vertragskraft, als deren Verständnis von einem Versicherungsnehmer ohne juristische Vorbildung nicht erwartet werden kann.

  • RS0008901OGH Rechtssatz

    06. März 2024·3 Entscheidungen

    Allgemeine Vertragsbedingungen sind so auszulegen, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Adressatenkreis erschließen. Ihre Klauseln sind, wenn sie nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen.