JudikaturJustiz5Ob242/12t

5Ob242/12t – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Januar 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch DDr. Christian F. Schneider, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gernot Hain, Mag. Gerhard Rigler, Dr. Ulrike Grünling, Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, wegen 18.938,55 EUR sA und Feststellung (Streitwert 35.000 EUR; Gesamtstreitwert 53.983,55 EUR), über 1. die Revision und 2. den „Revisionsrekurs“ (richtig: Rekurs) der beklagten Partei gegen 1. das Teilurteil und 2. den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. September 2012, GZ 4 R 115/12d 20, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Handelsgericht vom 6. Februar 2012, GZ 22 Cg 57/11z 12, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

1. Die Revision der Beklagten wird, soweit mit ihr Nichtigkeit des Verfahrens infolge Unzulässigkeit des Rechtswegs geltend gemacht wird, zurückgewiesen .

2. Im Übrigen wird der Revision und dem Rekurs der beklagten Partei Folge gegeben und das angefochtene Teilurteil, das im Umfang der Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens von 4 % aus 18.938,55 EUR vom 24. 3. bis 25. 11. 2011 als unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, in seinem Ausspruch, die Beklagte sei schuldig, der Klägerin 18.938,55 EUR samt 4 % Zinsen seit 26. 11. 2011 zu bezahlen, aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen .

3. Der Beschluss, womit „der Ausspruch über das Feststellungsbegehren (und die Verfahrenskosten) aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wird“, wird aufgehoben und in der Sache zu Recht erkannt:

Spruch

Das Begehren, „es wird zwischen den Parteien festgestellt, dass die klagende Partei nicht verpflichtet ist, an die beklagte Partei für die Einspeisung von Strom aus Erzeugungsanlagen, die an das Netz der beklagten Partei angeschlossen sind, ein Netzverlustentgelt zu entrichten“, wird abgewiesen .

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist ein Elektrizitätsunternehmen und betreibt drei Windparks in *****, ***** und *****. Sie ist damit eine „Erzeugerin“ iSd § 2 Abs 1 Z 16 NÖ ElWG 2005. Die Beklagte ist Verteilernetzbetreiberin iSd § 2 Abs 1 Z 67 NÖ ElWG 2005. Die Anlagen der Klägerin sind an das Netz der Beklagten angeschlossen, die Einspeisung des durch die Klägerin erzeugten Stroms erfolgt damit in das Netz der Beklagten.

Für diese Einspeisung stellte die Beklagte der Klägerin seit 1. 1. 2009 Netzverlustentgelte gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ElWOG 1998 in Rechnung. Die Klägerin bezahlte am 2. 3. 2011 9.042,80 EUR und am 23. 3. 2011 9.895,75 EUR. Die Zahlungen wurden von der Klägerin unter ausdrücklichem Vorbehalt der Rückforderung geleistet. Das Netzverlustentgelt soll jene Kosten abgelten, die dem Netzbetreiber aus dem Zukauf jenes Stroms erwachsen, den er zum Ausgleich von technisch unvermeidbaren Verlusten des übertragenen Stroms benötigt.

Den vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien legten diese die „Allgemeinen Bedingungen für den Zugang zum Verteilernetz der E***** GmbH“ (idF: AGB) zugrunde.

Punkt XXIII dieser AGB lautet auszugsweise:

Änderung der Allgemeinen Verteilernetz-bedingungen und der Systemnutzungstarife

1. Sollte infolge künftig erlassener Gesetze, Verordnungen oder behördlicher Entscheidungen die Netznutzung unmittelbar oder mittelbar verteuert oder verbilligt werden, so erhöhen bzw. ermäßigen sich die Preise ab dem Zeitpunkt, in dem die genannten Umstände wirksam werden, auf die sich danach ergebende Höhe. Durch Verordnung festgesetzte Fixpreise gelten daher unmittelbar für dieses Vertragsverhältnis.

...

3. Im Falle der Aufhebung der amtlichen Regelung der Systemnutzungstarife hat E***** dem Netzkunden jedenfalls den Netzzugang zu sachlichen und nichtdiskriminierenden Bedingungen und unter Zugrundelegung von an ihrem tatsächlichen Aufwand orientierten Kosten zu gewähren.

Infolge Anfechtung von Vorschriften des ElWOG 1998 sowie der einschlägigen SNT VO stellte der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21. 6. 2011, G 3/11 (ua) fest, dass § 25 Abs 1 Z 1 und 3, § 25 Abs 4 und § 25 Abs 12 ElWOG 1998 idF BGBl I 2000/121 verfassungswidrig waren. Mit Wirkung auch für das vorliegende Verfahren hob der Verfassungsgerichtshof am 27. 9. 2011 zu V 59/09 die SNT VO 2006 idF der Novellen 2008 und 2009 sowie die SNT VO 2010 und 2011 als gesetzwidrig mit der wesentlichen Begründung auf, die gesetzliche Grundlage dieser Verordnungen sei durch das Erkenntnis G 3/11 weggefallen. Mit der Feststellung der „Generalklausel“ des § 25 Abs 4 ElWOG als verfassungswidrig bleibe die gesetzliche Regelung der Adressaten einer Systemnutzungstarifverordnung völlig lückenhaft und damit jede dieser Verordnungen ohne gesetzliche Grundlage. Sie seien daher zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben, weil ohne die genannte Bestimmung wegen der Anlassfallwirkung die Verordnungen insgesamt der gesetzlichen Grundlage entbehrten. Gemäß § 139 Abs 6 Satz 2 B VG sei die Anlassfallwirkung auch für die im Einzelnen bezeichneten Gerichtsverfahren herbeizuführen.

Die Klägerin begehrt die Rückzahlung des ihr von der Beklagten für Jänner und Februar 2011 in Rechnung gestellten und von ihr bezahlten Netzverlustentgelts von 18.938,55 EUR sA sowie die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, der Beklagten ein Netzverlustentgelt zu bezahlen.

Dabei stützte sie sich auf die Gesetzwidrigkeit der SNT VO 2009, die im Gegensatz zu den vorangegangenen Systemnutzungstarif Verordnungen erstmals auch Einspeiser zur Zahlung eines Netzverlustentgelts verpflichtet hatte.

Die Beklagte bestritt das Rückzahlungsbegehren sowie das Feststellungsbegehren der Klägerin und wendete ein, dass keine rechtsgrundlose Leistung vorliege. Nach Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs und Aufhebung der SNT VO 2009 mit Anlassfall auch für das gegenständliche Verfahren wendete die Beklagte weiters die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein, weil ihrer Auffassung nach nicht die Zivilgerichte, sondern ausschließlich die Verwaltungsbehörden für die Geltendmachung derartiger Rückforderungsansprüche zuständig seien.

Dem Rückforderungsanspruch der Klägerin stehe auch die Vereinbarung in Punkt XXIII Abs 3 der zwischen den Parteien vereinbarten AGB entgegen. Danach habe im Fall der Aufhebung der amtlichen Regelung der Systemnutzungstarife die Beklagte dem Netzkunden jedenfalls den Netzzugang zu sachlichen und nichtdiskriminierenden Bedingungen unter Zugrundelegung von an ihrem tatsächlichen Aufwand orientierten Kosten zu gewähren. Die bisher der Klägerin in Rechnung gestellten Netzverlustentgelte entsprächen den am tatsächlichen Aufwand orientierten Kosten der Beklagten, sodass ein Rückforderungsanspruch tatsächlich nicht bestehe. Zum Beweis dafür berief sich die Beklagte unter anderem auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Die Klägerin bestritt dieses Begehren im Wesentlichen mit der Begründung, dass es zu einer Aufhebung sämtlicher Regelungen von Systemnutzungstarifen durch den Verfassungsgerichtshof nicht gekommen sei. Darüber hinaus würde eine Anwendbarkeit der Klausel aus den AGB im vorliegenden Fall darauf hinauslaufen, die Anlassfallwirkung des Verfassungsgerichtshofs Erkenntnisses zu unterlaufen. Derartige zivilrechtliche Vereinbarungen unterlägen der Nichtigkeitssanktion des § 879 ABGB. Im Weiteren bestritt die Klägerin, dass es sich bei den von der Beklagten geforderten Netzverlustentgelten um tatsächlich bei dieser entstandene Kosten gehandelt habe.

Das Erstgericht verwarf die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs und gab dem Zahlungsbegehren sowie dem Feststellungsbegehren statt. Letzterem allerdings im Sinn einer „klarstellenden“ Einschränkung, dass die Klägerin „vor Inkrafttreten der Systemnutzungsentgeltverordnung 2012, BGBl II Nr 440/2011 (SNE VO 2012)“, nicht verpflichtet gewesen sei, an die Beklagte für die Einspeisung von Strom aus an das Netz der Beklagten angeschlossenen Erzeugungsanlagen ein Netznutzungsentgelt zu verlangen.

Das Erstgericht folgte der Entscheidung 1 Ob 32/11d, wonach infolge Wegfalls der SNT VO 2009 kein Rechtsgrund für die Leistung von Netzverlustentgelt mehr bestehe, weshalb die Beklagte sich nicht darauf berufen könne, einen gleich hohen Anspruch auf Abgeltung auf bereicherungsrechtlicher oder vertraglicher Grundlage zu haben.

Der gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung der Beklagten gab das Gericht zweiter Instanz teilweise Folge und wies (unbekämpft) ein Zinsenmehrbegehren für die Zeit vom 24. 3. 2011 bis 25. 11. 2011 ab. Darüber hinaus bestätigte es die erstinstanzliche Entscheidung über ein Leistungsbegehren von 18.938,55 EUR samt 4 % Zinsen seit 26. 11. 2011. Den Ausspruch über das Feststellungsbegehren hob das Berufungsgericht auf und verwies die Sache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Es bejahte die Zulässigkeit des Rechtswegs mit der Begründung, dass § 21 Abs 2 ElWOG, BGBl I 1998/143 idF BGBl I 2008/112 die Entscheidung in allen Streitigkeiten mit Ausnahme von Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung des Netzzugangs zwischen Netzzugangsberechtigten und Netzbetreibern über die aus diesem Verhältnis entspringenden Verpflichtungen den Zivilgerichten zuweise. Die Aufhebung von Vorschriften über Entgeltsbildung beseitigten diese klare Zuweisung nicht. Daran habe sich auch durch das Inkrafttreten des § 22 ElWOG 2010 BGBl I Nr 110/2010 nichts geändert.

Die Aufhebung des Feststellungsbegehrens begründete das Berufungsgericht damit, dass die vom Erstgericht ohne entsprechende Erörterung mit den Parteien vorgenommene Einschränkung des Begehrens auf Entgelte vor Inkrafttreten der Systemnutzungsentgelte Verordnung 2012 noch klärungsbedürftig sei. Es könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin mit ihrem uneingeschränkten Begehren auch eine Klärung der künftigen Rechtslage habe erreichen wollen.

Allerdings lasse sich bereits beurteilen, dass der Einwand der Beklagten, auch nach Aufhebung der entsprechenden Verordnungen durch den Verfassungsgerichtshof stehe ihr nach den zwischen den Parteien vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, also auf vertraglicher Grundlage der Klagsanspruch zu, ins Leere gehe und dem Bereicherungsanspruch der Klägerin nicht mit Erfolg entgegengehalten werden könne.

Das Berufungsgericht gelangte zur Unanwendbarkeit des von der Beklagten in Anspruch genommenen Punkts XXIII Abs 3 der AGB, weil die „amtliche Regelung der Systemnutzungstarife“ nicht aufgehoben worden sei. Der Verfassungsgerichtshof habe nur bestimmte Teile des ElWOG „alt“ aufgehoben, die öffentlich rechtliche Bestimmung der Systemnutzungstarife aber nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Zu keiner Zeit hätten „amtliche Regelungen der Systemnutzungstarife“ gefehlt, zumal der Gesetzgeber mit dem ElWOG 2010 eine neue, bisher noch nicht geprüfte Rechtslage geschaffen habe.

Darüber hinaus sei bereits in der Entscheidung 1 Ob 32/11d klargestellt worden, dass der Gesetzgeber in § 25 ElWOG 1998 die einem Netzbetreiber im Rahmen der Systemnutzungstarife gebührenden Entgeltbestandteile abschließend regeln habe wollen. Das verhindere, nachträglich nach diesen Grundsätzen geforderten Beträgen eine vertragliche Grundlage zu unterstellen. Die Beklagte sei daher zur Rückzahlung der von der Klägerin unter Vorbehalt geleisteten Netzverlustentgelte verpflichtet.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision und den Rekurs gegen seine Entscheidung für zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob die Beklagte die von der Klägerin bezahlten Beträge auf Grundlage vertraglicher Vereinbarungen behalten dürfe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision und der (richtig) Rekurs der Beklagten mit den Anträgen, das bisherige Verfahren als nichtig aufzuheben und die Klage kostenpflichtig zurückzuweisen, in eventu das zweitinstanzliche Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise wird beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragte, die Revision und den Rekurs der Beklagten zurückzuweisen, in eventu den Rechtsmitteln nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision und der Rekurs der Beklagten erweisen sich großteils als zulässig und berechtigt.

1. Zur Revision , insoweit mit ihr Nichtigkeit des bisherigen Verfahrens infolge Unzulässigkeit des Rechtswegs geltend gemacht wird:

Die Verwerfung einer Nichtigkeitsberufung kann nicht mit Revision bekämpft werden (5 Ob 136/02i MietSlg 54.693: Bejahung der Zulässigkeit des Rechtswegs), was auch dann gilt, wenn das Vorliegen einer Nichtigkeit nur in den Entscheidungsgründen verneint wurde (RIS Justiz RS0042917 [T7]; RS0044536; RS0039799; Zechner in Fasching/Konecny 2 IV/1 § 503 ZPO Rz 72 mwN).

2. Zur weitergehenden Revision der Beklagten:

Die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage, ob der Rückforderung von Netzverlustentgelten nach Aufhebung der SNT VO 2009 eine in AGB für den Fall der Unwirksamkeit behördlicher Preisvorschriften getroffene Vereinbarung entgegengehalten werden kann, hat der Oberste Gerichtshof mittlerweile in mehreren Entscheidungen einhellig geklärt (4 Ob 126/12a; 4 Ob 186/12z; 5 Ob 150/12p). Demnach ist eine privatautonome Preisvereinbarung zwischen einer „Erzeugerin“ und einer „Verteilernetzbetreiberin“ bei bestehendem behördlichen Preisregelungssystem für den Fall der Unanwendbarkeit der preisfestsetzenden Norm in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig. Eine derartige, wie hier in Punkt XXIII Z 3 AGB getroffene Vereinbarung ist keine „Aushebelung“ der verfassungsrechtlich garantierten Anlassfallwirkung des § 139 Abs 6 B VG, regelt doch diese Bestimmung zwar den zeitlichen Anwendungsbereich der aufgehobenen Verordnung, trifft aber keine Aussage über die Zulässigkeit einer privatrechtlichen Vereinbarung über jene Materie, die bisher durch die aufgehobene Verordnung geregelt war. Die hier in Frage stehende Vereinbarung für den Fall der Unwirksamkeit behördlicher Preisvorschriften verstößt weder gegen ein gesetzliches Verbot noch steht ihr bei der hier gegebenen Vereinbarung eines angemessenen Entgelts Sittenwidrigkeit entgegen.

Der in der auszulegenden Bestimmung der AGB angesprochene Fall der „Aufhebung der amtlichen Regelung der Systemnutzungstarife“ ist durch die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs eingetreten, wodurch die SNT VO 2008 bis 2011 als gesetzwidrig aufgehoben wurden.

Der von der Beklagten geltend gemachte Rechtsgrund für die von der Klägerin geleisteten Zahlungen von Netzverlustentgelten kann daher dem Begehren auf Rückzahlung entgegengesetzt werden.

Die Beklagte hat sich zum Beweis dafür, dass die von der Klägerin bezahlten Netzverlustentgelte den am tatsächlichen Aufwand orientierten Kosten nach Punkt XXIII Z 3 AGB entsprechen, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens berufen. Ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht haben die Tatsacheninstanzen zum aufgezeigten Beweisthema keine Beweise aufgenommen und dementsprechend auch keine Feststellungen getroffen. Damit ist eine abschließende Beurteilung der Berechtigung eines Rückforderungsanspruchs der Klägerin noch nicht möglich.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren die Höhe eines angemessenen Netzverlustentgelts zu ermitteln und den von der Klägerin unter diesem Titel gezahlten Beträgen gegenüberzustellen haben.

Eine Aufhebung erweist sich insofern als erforderlich (so auch 4 Ob 126/12a und 5 Ob 150/12p).

3. Zum Rekurs der Beklagten:

Nach dem oben Gesagten steht fest, dass die Beklagte nach der zwischen ihr und der Klägerin getroffenen Vereinbarung berechtigt ist, für die Einspeisung von Strom aus Erzeugungsanlagen der Klägerin, die an das Netz der Beklagten angeschlossen sind, ein angemessenes Netzverlustentgelt zu verlangen.

Damit ist dem gegenteiligen Feststellungs-begehren der Klägerin die Rechtsgrundlage entzogen, ohne dass es auf die Verfassungskonformität der Systemnutzungsentgelte Verordnung 2012, BGBl II Nr 440/2011, ankäme.

Weil nunmehr die vertragliche Grundlage für die Verpflichtung zur Zahlung eines angemessenen Netzverlustentgelts feststeht, erweist sich das (uneingeschränkte) Feststellungsbegehren zur Gänze als unberechtigt.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des Teilurteils auf § 52 Abs 2 ZPO, der Kostenvorbehalt im Aufhebungsbeschluss gründet sich auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
10
  • RS0127748OGH Rechtssatz

    07. März 2013·3 Entscheidungen

    Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 und 3 B‑VG an den Verfassungsgerichtshof die Anträge, 1. auszusprechen, dass § 25 Abs 1 Z 3 und § 25 Abs 4 des Bundesgesetzes, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts‑ und ‑organisationsgesetz ‑ ElWOG), BGBl I 143/1998, in der Fassung BGBl I 121/2000, verfassungswidrig waren; 2. die folgenden Teile von Bestimmungen der Systemnutzungstarife‑Verordnung 2006 (SNT‑VO 2006), verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 240 vom 10. Dezember 2005, in der Fassung der SNT‑VO 2006‑Novelle 2009, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 252 vom 24. Dezember 2008, als gesetzwidrig aufzuheben: in § 6 Abs 1 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“; § 6 Abs 1 Satz 2; in § 11 Abs 3 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“; in § 20 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“; 3. die folgenden Teile von Bestimmungen der Systemnutzungstarife‑Verordnung 2010 (SNT‑VO 2010), verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 249 vom 24. Dezember 2009, als gesetzwidrig aufzuheben: in § 6 Abs 1 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“; § 6 Abs 1 Satz 3; in § 11 Abs 3 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“; in § 20 Satz 1 die Worte „und Einspeisern“.

  • RS0112256OGH Rechtssatz

    06. März 2024·3 Entscheidungen

    Die Auslegung von AVB's hat sich am Verständnis eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers zu orientieren, ein Maßstab, der den Kriterien der §§ 914 f ABGB weitgehend entspricht. Unklarheiten sind zu Lasten des Versicherers auszulegen, weil dies die Interessen des Vertrauensschutzes erfordern, der "erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen" muss aber stets beachtet werden. Risikoeinschränkende Klauseln besitzen in dem Maße keine Vertragskraft, als deren Verständnis von einem Versicherungsnehmer ohne juristische Vorbildung nicht erwartet werden kann.

  • RS0008901OGH Rechtssatz

    06. März 2024·3 Entscheidungen

    Allgemeine Vertragsbedingungen sind so auszulegen, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Adressatenkreis erschließen. Ihre Klauseln sind, wenn sie nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen.