JudikaturJustiz3Ob33/08m

3Ob33/08m – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. April 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christa S*****, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei V***** AG, *****, vertreten durch Sattlegger, Dorninger, Steiner Partner Anwaltssocietät in Linz, wegen Unzulässigkeit einer Exekution gemäß § 37 EO, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 21. November 2007, GZ 22 R 234/07d, 368/07k-17, womit das Urteil des Bezirksgerichts Eferding vom 29. Mai 2007, GZ 6 C 4/07t-6, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der beklagten Bank wurde am 28. Juni 2006 zur Hereinbringung von

36.340 EUR sA die Zwangsversteigerung einer dem Lebensgefährten der Exszindierungsklägerin gehörigen Liegenschaft bewilligt. Auf der Liegenschaft wird ein Tischlereibetrieb mit verschiedenen Maschinen betrieben. Der im Exekutionsverfahren bestellte Sachverständige führte die Schätzung und Beschreibung der Liegenschaft sowie die Schätzung der Tischlereimaschinen durch und ermittelte einen Schätzwert der Maschinen von 17.390 EUR (mit USt 20.868 EUR). Die Klägerin beantragte, die Exekution in Ansehung der Tischlereimaschinen, an denen sie Eigentum erworben habe, für unzulässig zu erklären. Sie habe ihrem Lebensgefährten ein Darlehen von 70.000 EUR gewährt. Zur Besicherung seien ihr die Fahrnisse übereignet worden. Die Übergabe sei durch Zeichen erfolgt. Der Verpflichtete sei Kleingewerbetreibender mit nur zwei Beschäftigten, weshalb die Maschinen gemäß § 250 Abs 1 Z 2 EO der Pfändung entzogen seien.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der auf § 37 EO gestützten Widerspruchsklage. In Ansehung der Fahrnisse habe die beklagte Partei keine Exekution beantragt und nie behauptet, dass es sich dabei um Zubehör (der Liegenschaft) handle. Im Übrigen sei eine Sicherungsübereignung nicht (wirksam) zustandegekommen, weil es mangels entsprechender Zeichen zu keiner Gewahrsameübertragung gekommen sei. Mit der behaupteten Sicherungsübereignung sei der Zweck verfolgt worden, den Gläubigern Vermögen des Verpflichteten zu entziehen. Eine allenfalls doch erfolgte Sicherungsübereignung sei erloschen, weil die Gegenstände dem Verpflichteten zurückgestellt worden seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Von seinen Feststellungen ist Folgendes hervorzuheben:

Am 4. April 2004 schlossen die nunmehrige Klägerin und der nunmehrige Verpflichtete unter der Überschrift „Sicherungsübereignung" folgenden Vertrag:

„Ich habe von ... [der Klägerin] am 2. April 2004 70.000 EUR als

Darlehen erhalten. Zur Sicherung übereigne ich ... [der Klägerin]

alle Fahrnisse und Gegenstände, die sich auf meinen Liegenschaften befinden. Dazu zählen beispielsweise: Auto Ford Transit mit Pritsche und Aufbau, 2 Format-Kreissägen Altendorf, Furnierpresse, Kantenleimmaschine, Breitbandschleifmaschine, Dübelautomat, Langbandschleifmaschine, Kantenschleifmaschine und Hobelmaschine, Spritzstand mit Zuluftgerät, sämtliche Handwerkzeuge, Büroeinrichtung und Holzlager. Die Übergabe erfolgte am heutigen Tag anlässlich einer gemeinsamen Besichtigung. Den Typenschein des Kraftfahrzeugs habe ich übergeben. ... [die Klägerin] gestattet bis auf Widerruf, dass ich die Gegenstände weiter benütze."

Nach drei Wochen überwies die Klägerin ihrem Lebensgefährten (dem Verpflichteten) 70.000 EUR. Beim Ortsaugenschein des Erstgerichts am 15. Mai 2007 wurde festgestellt, dass an verschiedenen (auf S 3 f der Feststellungen näher bezeichneten) Tischlereimaschinen Papierstreifen mit dem Namen der Klägerin mittels Tixo aufgeklebt gewesen seien (teils gut sichtbar, teils nur auf der Rückseite oder der Unterseite der Maschinen). Es könne nicht festgestellt werden, „wann die mit Tixo befestigten Papierstreifen auf den einzelnen Maschinen aufgebracht wurden" (Ersturteil S 5). Die Vereinbarung vom 4. April 2004 sei geschlossen worden, um allfälligen Gläubigern den Zugriff auf die Maschinen unmöglich zu machen.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht mangels Übergabe der Maschinen durch Zeichen iSd § 427 ABGB eine wirksame Sicherungsübereignung. Wenn Betriebsmittel verpfändet werden sollen, die eine körperliche Übergabe zulassen, sei eine Verpfändung in der Form ausgeschlossen, dass die Betriebsmittel dem Schuldner weiter zur Verfügung gestellt bleiben. Die Übergabe durch Zeichen setze die Erkennbarkeit für jedermann voraus. Die jederzeit ablösbaren Tixostreifen seien kein wirksamer Modus.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es teilte die Auffassung des Erstgerichts über eine nicht wirksam gewordene Sicherungsübereignung. Das auf einer Liegenschaft befindliche Zubehör eines Unternehmens gelte als Zubehör der Liegenschaft, wenn diese dem Betrieb gewidmet sei. Wohl könnten Zubehörsachen veräußert oder verpfändet werden. Die Sicherungsübereignung setze aber die für die Pfandbestellung erforderliche Form der Übergabe durch Zeichen (§ 427 ABGB) voraus. Beim Pfandrecht ohne Absonderung des Pfandes von der Hauptsache müsse die Publizität gewahrt bleiben. Deutliche und haltbar angebrachte Pfandzetteln reichten aus. Die hier festgestellten, mit Tixo angebrachten Papierstreifen ließen die Sicherungsübereignung aber nicht deutlich erkennen. Im Übrigen stehe aber auch nicht fest, ob die Streifen schon vor dem maßgeblichen Zeitpunkt der Beschreibung und Schätzung durch den Sachverständigen bereits angebracht gewesen seien. Dies hätte die Klägerin zu beweisen gehabt.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil sich das Berufungsgericht auf oberstgerichtliche Judikatur stützen könne.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässig. Die angefochtene Entscheidung steht im Einklang mit der oberstgerichtlichen Judikatur:

I. Mit den Revisionsausführungen zum Thema, wann die Bezettelung der Maschinen erfolgte, ficht die Revisionswerberin unzulässig die Beweiswürdigung der Vorinstanzen zur getroffenen Negativfeststellung an. Von einer mangelhaften Begründung der Beweiswürdigung kann keine Rede sein. Das Argument, der Sachverständige hätte bei seiner Befundaufnahme im Exekutionsverfahren vorhandene Zettel wahrgenommen und darüber berichtet, widerspricht keinem Erfahrungssatz und kann durchaus Grundlage der freien Beweiswürdigung sein.

II. Die Sicherungsübereignung verfolgt wirtschaftlich nichts anderes als eine Pfandbestellung, daher sind die für die Pfandbestellung im Gesetz vorgesehenen Formen der Übergabe einzuhalten. Sicherungseigentum kann durch Besitzkonstitut nicht begründet werden. Es ist vielmehr nur dann wirksam zustandegekommen, wenn eine Gewahrsamsänderung vorgenommen wurde oder, wenn diese nicht möglich oder tunlich ist, eine Übergabe durch Zeichen iSd § 427 ABGB erfolgte (3 Ob 2403/96w = SZ 70/118 ua; RIS-Justiz RS0010394).

III. Ob Sicherungseigentum an Gegenständen, die in der Gewahrsame des Schuldners verbleiben, auch durch Bezettelung begründet werden kann (vgl dazu RIS-Justiz RS0011161) und wie dies im Einzelnen zur Herstellung der erforderlichen Publizität zu geschehen hat, kann hier dahingestellt bleiben, wenn die weiters bekämpfte Rechtsansicht des Berufungsgerichts zutrifft, dass die Exszindierungsklägerin die Beweislast auch darüber trifft, wann die Übergabe der Maschinen durch Zeichen (§ 452 iVm § 427 ABGB) erfolgte. Diese Frage ist zu bejahen:

IV. 1. Das auf einer Liegenschaft befindliche Zubehör derselben (§§ 294 bis 297a ABGB) darf nur mit dieser Liegenschaft selbst in Exekution gezogen werden (§ 252 Abs 1 EO). Die Zubehörsache steht im Eigentum des Liegenschaftseigentümers, dient der Liegenschaft (Widmung) und steht zu ihr in einem räumlichen Naheverhältnis. Die Zubehöreigenschaft ist von Amts wegen im Exekutionsverfahren zu berücksichtigen (Mohr in Angst, EO, § 252 Rz 8; Angst, Das Unternehmen als Zubehör der Pfandliegenschaft, ÖBA 1998, 82 [88]).

Darüber ist im Exekutionsverfahren Beschluss zu fassen (3 Ob 152/74 =

SZ 47/96; 3 Ob 105/91 = SZ 64/166 = JBl 1992, 515 [Holzner] ua;

RIS-Justiz RS0001220). § 252 Abs 1 EO wird auf das Zubehör von Unternehmen, die auf der Betriebsliegenschaft betrieben werden, sinngemäß angewendet (Mohr aaO Rz 5 mwN; Angst aaO).

2. Zur Frage, zu welchem Zeitpunkt die Zubehöreigenschaft zu beurteilen ist, bestehen verschiedene Ansichten. Die oberstgerichtliche Rechtsprechung stellte vor der EO-Nov 2000 auf den Zeitpunkt der Pfändung ab bzw in der Zwangsversteigerung auf den Zeitpunkt der Beschreibung und Schätzung durch den Sachverständigen (6 Ob 79/70 = SZ 43/88 ua). Nach Angst (aaO 84) ist vom Befriedigungsrecht des betreibenden Gläubigers in der Zwangsversteigerung das Zubehör zum Zeitpunkt der Anmerkung der Zwangsversteigerung im Grundbuch erfasst. Nach § 138 Abs 2 EO idgF sind ab diesem Zeitpunkt Rechtshandlungen des Verpflichteten, die die in Exekution gezogene Liegenschaft sowie deren Zubehör betreffen und die nicht zur ordentlichen Verwaltung gehören, den Gläubigern und dem Ersteher gegenüber unwirksam. Es kommt nunmehr also auf diesen Zeitpunkt an (dazu Angst in Angst, EO, § 138 Rz 6 f). Auch diese Frage muss hier nicht abschließend geklärt werden, weil die getroffene Negativfeststellung auch die Möglichkeit offen lässt, dass die Bezettelung der Maschinen erst nach der Befundaufnahme des Sachverständigen erfolgte.

3. Daraus folgt, dass die Klägerin vom Verpflichteten das Sicherungseigentum jedenfalls höchstens bis zur Beschreibung der Maschinen im Exekutionsverfahren erwerben hätte können. Darüber hatte sie Beweis zu führen, also auch den Zeitpunkt des Erwerbs des Sicherungseigentums nachzuweisen. Den Exszindierungskläger trifft wie jeden Kläger schon nach der allgemeinen Beweislastregel die Beweislast für das Vorliegen aller Voraussetzungen der für seinen Standpunkt günstigen Umstände und Normen (Rechberger in Rechberger, ZPO, Vor § 266 Rz 11 mwN). Zu seiner Behauptungslast gehört jedenfalls auch die Behauptung, dass der Exszindierungsgrund bereits im Zeitpunkt der Pfändung bestanden hat (RIS-Justiz RS0112092), der im Bestreitungsfall auch nachzuweisen ist. Infolge der getroffenen Negativfeststellung ist der Klägerin der Eigentumsnachweis misslungen.

V. Entgegen dem Revisionsvorbringen ist für den Standpunkt der Klägerin nichts daraus zu gewinnen, dass die beklagte Partei dem Klagebegehren (sogar primär) entgegensetzte, dass sie in Ansehung der Fahrnisse keine Exekution beantragt und nie behauptet habe, dass es sich bei den Tischlereimaschinen um Zubehör handle:

Eine Überschreitung des Exekutionsantrags durch den Bewilligungsbeschluss des Exekutionsgerichts liegt nicht vor, wenn der betreibende Gläubiger ohne jeden Hinweis auf Liegenschaftszubehör die Zwangsversteigerung beantragt. Das Zubehör ist auch nach der dargelegten Rechtslage von der Exekution erfasst. Im Übrigen wäre auch eine Überschreitung des Exekutionsantrags im Verfahren nach § 37 EO unbeachtlich, weil es hier nur auf das Eigentum des Exszindierungsklägers ankommen kann, ist doch ein Nichteigentümer von einer Exekutionsführung auf eine ihm nicht gehörige Sache nicht betroffen. Ein Anerkenntnis des Exszindierungsbegehrens ist nicht erfolgt, wenngleich es durchaus seltsam anmutet, dass die beklagte Partei das Verfahren über das zu exszindierende Zubehör weiterführt, selbst aber auf dem Standpunkt steht, darauf nicht Exekution zu führen oder führen zu wollen und auch keine Einschränkung der Exekution vornimmt, wodurch die Klägerin klaglos gestellt wäre. Da die beklagte Partei den Exszindierungsanspruch aber bestritt, war das Verfahren ungeachtet ihrer Äußerung zum Umfang des Exekutionsantrags fortzuführen (vgl zu einem vergleichbaren Fall 3 Ob 174/01m = SZ 74/201).

VI. Nicht zutreffend sind schließlich auch die Revisionsausführungen zur Unpfändbarkeit der Tischlereimaschinen gemäß § 250 Abs 1 Z 2 EO:

Einerseits kann ein solcher Einwand nicht im Verfahren nach § 37 EO zum Erfolg führen. Hier ist das behauptete Eigentum des Exszindierungsklägers Prozessgegenstand. Den Eigentumsnachweis hatte die Klägerin nicht erbracht. Insoweit danach nur mehr vom Eigentum des Verpflichteten ausgegangen werden kann, ist es seine Sache, die Unpfändbarkeit, die im Exekutionsverfahren von Amts wegen festzustellen ist (Mohr aaO § 250 Rz 7), mit Einstellungsantrag nach § 39 Abs 1 Z 2 EO zu relevieren. Ein Dritter, der in seiner eigenen Rechtssphäre durch die Exekutionsführung gar nicht betroffen ist, hat im Exekutionsverfahren, in dem er weder Partei noch Beteiligter ist, kein Antragsrecht (3 Ob 91/89 = SZ 62/120; Mohr aaO Rz 8). Die Revisionswerberin vermag nicht darzulegen, inwiefern durch eine Verletzung der zwingenden Unpfändbarkeitsbestimmungen im Exekutionsverfahren auch ihre Rechtssphäre betroffen sein könnte. Rein wirtschaftliche Interessen an der Erhaltung des Haftungsfonds zur Sicherung der Darlehensrückzahlung reichen jedenfalls nicht aus. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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