JudikaturVwGH

Ra 2015/18/0192 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
15. Dezember 2015

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober, den Hofrat Dr. Sutter und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klammer, über die Revision des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 169, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 2015, Zlen. W192 2108965- 1/3E (prot. zur hg. Zl. Ra 2015/18/0192), W192 2108962-1/3E (prot. zur hg. Zl. Ra 2015/18/0193), W192 2108961-1/3E (prot. zur hg. Zl. Ra 2015/18/0194) und W192 2108959-1/3E (prot. zur hg. Zl. Ra 2015/18/0195), betreffend Asylangelegenheiten (mitbeteiligte Parteien: 1. M N, 2. mj. Z K, 3. mj. S K, und

4. mj. Sa K, alle in G, alle vertreten durch Mag. Martin Sauseng, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 872,64 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

I.

1. Die mitbeteiligten Parteien sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und Mitglieder einer Familie; die Erstmitbeteiligte ist die Mutter der minderjährigen zweit- bis viertmitbeteiligten Parteien. Sie reisten im Februar 2015 in das Gebiet der Europäischen Union ein und beantragten zunächst in Polen internationalen Schutz, ehe sie sich nach Österreich begaben und am 26. Februar 2015 neuerlich Anträge auf internationalen Schutz stellten.

Der Ehemann der Erstmitbeteiligten und Vater der zweit- bis viertmitbeteiligten Parteien befindet sich ebenfalls im Bundesgebiet, wo er bereits am 12. Oktober 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 13. Juni 2014 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab; ein Beschwerdeverfahren war zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde der mitbeteiligten Parteien noch beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) anhängig.

2. Nach Durchführung von Konsultationen mit Polen wies das BFA mit Bescheiden jeweils vom 26. Mai 2015 die Anträge der mitbeteiligten Parteien gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurück. Es sprach aus, dass für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. c Dublin III-Verordnung Polen zuständig sei, ordnete gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) die Außerlandesbringung an und stellte fest, dass die Abschiebung nach Polen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

Begründend führte es im Hinblick auf das zugelassene Asylverfahren des Ehemanns der Erstmitbeteiligten bzw. Vaters der zweit- bis viertmitbeteiligten Parteien unter anderem aus, in den Fällen der mitbeteiligten Parteien komme weder Art. 10 (Familienangehörige, die internationalen Schutz beantragt haben) noch Art. 11 (Familienverfahren) der Dublin III-Verordnung zum Tragen. Bezugnehmend auf Art. 16 (Abhängige Personen) der Dublin III-Verordnung werde festgestellt, dass keine gegenseitigen Abhängigkeiten bzw. Pflegebedürftigkeit bestehen würden. Es sei im Verfahren der mitbeteiligten Parteien auch nicht angezeigt, von der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung Gebrauch zu machen. Eine Außerlandesbringung stelle einen Eingriff in das gemäß Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens dar, das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung überwiege jedoch deutlich, weshalb ein durch Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigter Eingriff vorliege.

3. Gegen diese Bescheide erhoben die mitbeteiligten Parteien gemeinsam Beschwerde, in welcher sie unter anderem vorbrachten, eine Abschiebung nach Polen würde sie in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art. 8 EMRK verletzen.

4. Das BVwG gab der Beschwerde mit Erkenntnis vom 26. Juni 2015 gemäß § 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) statt und behob die angefochtenen Bescheide. Die Revision erklärte das BVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

In rechtlicher Hinsicht führte das BVwG aus, die Bestimmungen des AsylG 2005 über das Familienverfahren würden nach näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Wesentlichen an die Vorgängerbestimmungen im Asylgesetz 1997, wie sie durch die AsylG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101/2003, geschaffen worden seien, anknüpfen. Zu diesen Bestimmungen habe der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgeführt, dass im Familienverfahren gegenüber allen Familienangehörigen dieselbe Art der Erledigung zu treffen sei, um einen gleichförmigen Verfahrensausgang sicherzustellen. Dies treffe auch auf die Rechtslage nach dem AsylG 2005 zu. Die Bestimmung des § 34 Abs. 4 AsylG 2005, wonach alle Familienangehörigen entweder den gleichen Schutzumfang erhalten oder alle Anträge "als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen" seien, sei daher dahingehend zu verstehen, dass im Familienverfahren gegenüber allen Familienangehörigen dieselbe Art der Erledigung zu treffen sei.

Das BVwG folgerte, dass die Anträge der mitbeteiligten Parteien aufgrund der Bestimmung des § 34 Abs. 4 AsylG 2005 nicht zurückgewiesen werden hätten dürfen, weil der Asylantrag des Ehemanns der Erstmitbeteiligten bzw. Vaters der zweit- bis viertmitbeteiligten Parteien zugelassen worden sei.

5. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des BFA. Zur Zulässigkeit wird darin unter anderem vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendbarkeit des § 34 AsylG 2005 im Zusammenhang mit der Dublin III-Verordnung. Das BVwG begründe die Aufhebung der Bescheide lediglich mit den Bestimmungen des § 34 AsylG 2005, die "in jedem Fall" anzuwenden seien. Es beachte dabei jedoch nicht, dass die Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 in Durchführung der Dublin III-Verordnung ergehe. Diese sehe grundsätzlich zwingende Zuständigkeiten vor, von denen nur im Einzelfall Abweichungen zulässig seien und geboten sein könnten. Vor dem Hintergrund, dass die Art. 10, 11 und 16 Dublin III-Verordnung im vorliegenden Fall nicht anwendbar seien, und unter Berücksichtigung des Effektivitätsgebots des Unionsrechts, sei daher davon auszugehen, dass die Dublin III-Verordnung den Bestimmungen des § 34 AsylG 2005, wonach im Familienverfahren gleichförmige Entscheidungen zu ergehen hätten, vorgehe. Es liege daher auch ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Anwendungsvorrang des Unionsrechts und von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Dublin II-Verordnung, etwa in der Rechtssache C-394/12, Abdullahi , vor.

6. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

(...)

Artikel 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(...)"

§ 34 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF

BGBl. I Nr. 87/2012, lautet auszugsweise:

"Familienverfahren im Inland

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(...)"

3. Das BFA wendet sich mit der vorliegenden Revision gegen die Rechtsansicht des BVwG, welches seine Entscheidung - die Behebung der Zurückweisung der Anträge der mitbeteiligten Parteien gemäß § 5 AsylG 2005 - allein auf die Bestimmungen über das Familienverfahren in § 34 AsylG 2005 gestützt habe, obwohl eine Zuständigkeit Österreichs nach den Kriterien der Dublin III-Verordnung, insbesondere nach deren Art. 10 und 11, nicht vorgelegen sei. Nach Ansicht des Revisionswerbers werde durch die Bestimmung des § 34 AsylG 2005 kein zwingender Selbsteintritt festgelegt, weil dies der praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts (effet utile) widerspräche. Der Revisionswerber folgert daraus, dass die Bestimmung des § 34 AsylG 2005 aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts unangewendet bleiben hätte müssen.

4. Dieser Rechtsansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen:

4.1. Gemäß Art. 3 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung wird ein Antrag auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Art. 7 bis 15) der Dublin III-Verordnung bestimmt wird. Ungeachtet dessen sieht Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung die Möglichkeit des Selbsteintritts eines Mitgliedstaates vor, auch wenn er nach den Kriterien der Dublin III-Verordnung nicht für die Prüfung zuständig ist.

Da Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung keine inhaltlichen Vorgaben beinhaltet, liegt es primär an den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und im Ermessen des einzelnen Mitgliedstaates, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Selbsteintritt erfolgt (vgl. dazu auch Filzwieser/Sprung , Dublin III-Verordnung, Artikel 17 K2).

Auch der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 10. Dezember 2013, Rechtssache C-394/12, Abdullahi , festgehalten, dass Art. 3 Abs. 2 (sogenannte Souveränitätsklausel) und Art. 15 Abs. 1 (humanitäre Klausel) der Verordnung Nr. 343/2003 (diese entsprechen nunmehr Art. 17 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Dublin III-Verordnung) "die Prärogativen der Mitgliedstaaten wahren" sollen, "das Recht auf Asylgewährung unabhängig von dem Mitgliedstaat auszuüben, der nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien für die Prüfung eines Antrags zuständig ist. Da es sich dabei um fakultative Bestimmungen handelt, räumen sie den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen ein" (vgl. Rn. 57, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes macht die grundrechtskonforme Interpretation des AsylG 2005 eine Bedachtnahme auf die - in Österreich in Verfassungsrang stehenden - Bestimmungen der EMRK notwendig. Die Asylbehörden müssen daher bei Entscheidungen nach § 5 AsylG 2005 auch Art. 8 EMRK berücksichtigen und bei einer drohenden Verletzung dieser Vorschrift das Selbsteintrittsrecht nach der Dublin-Verordnung ausüben (vgl. etwa VwGH vom 18. November 2015, Ra 2014/18/0139; vom 17. November 2015, Ra 2015/01/0114, und vom 2. Dezember 2014, Ra 2014/18/0100, mwN).

4.2. Fallbezogen begründete das BVwG die Aufhebung der verwaltungsbehördlichen Entscheidungen mit § 34 Abs. 4 AsylG 2005.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach - auch im Zusammenhang mit Dublin-Verfahren - ausgesprochen, dass die Bestimmung des § 34 Abs. 4 AsylG 2005, wonach alle Familienangehörigen entweder den gleichen Schutzumfang erhalten oder alle Anträge "als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen" sind, dahingehend zu verstehen ist, dass im Familienverfahren gegenüber allen Familienangehörigen dieselbe Art der Erledigung zu treffen ist. Ist daher der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen, so sind entweder alle Anträge zurückzuweisen oder alle Anträge abzuweisen (vgl. etwa VwGH vom 25. November 2009, 2007/01/1153, mwN).

Im Einklang mit dieser Rechtsprechung ging das BVwG zutreffend davon aus, dass die Zurückweisung der Anträge der mitbeteiligten Parteien - aufgrund des bereits zugelassenen Verfahrens des Ehemanns der Erstmitbeteiligten und Vaters der zweit- bis viertmitbeteiligten Parteien - nicht mit § 34 Abs. 4 AsylG 2005 vereinbar war. Dies hat - wenn die Zurückweisung der Anträge aller Familienangehörigen gemäß § 5 AsylG 2005, etwa infolge der Zuständigkeit Österreichs für die Prüfung des Antrages des Familienvaters, nicht mehr in Betracht kommt - im Hinblick auf die übrigen Familienmitglieder die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung zur Folge.

Entgegen dem Vorbringen der revisionswerbenden Behörde ist damit keine Beeinträchtigung der praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts (effet utile) verbunden. Fälle, die Mitglieder einer Kernfamilie betreffen, sind nämlich in der Regel schon von Art. 10 und Art. 11 Dublin III-Verordnung erfasst. Lediglich in Ausnahmefällen wie den vorliegenden kommt daher die nationale Regelung des § 34 Abs. 4 AsylG 2005 zum Tragen.

Im Übrigen betont schon Erwägungsgrund 14 der Dublin III-Verordnung, dass die Achtung des Familienlebens eine vorrangige Erwägung der Mitgliedstaaten sein soll. Dementsprechend hält Erwägungsgrund 17 leg. cit. auch fest, dass die Mitgliedstaaten insbesondere aus humanitären Gründen oder in Härtefällen von den Zuständigkeitskriterien abweichen können sollen, um Familienangehörige zusammenzuführen und deren Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn sie für eine solche Prüfung nach den in der Dublin III-Verordnung festgelegten verbindlichen Zuständigkeitskriterien nicht zuständig sind. Mit einer gemeinsamen Bearbeitung der Anträge aller Familienangehörigen durch ein und denselben Mitgliedstaat kann nach Erwägungsgrund 15 leg. cit. auch sichergestellt werden, dass die Entscheidungen über die Anträge kohärent sind und dass die Mitglieder der Familien nicht voneinander getrennt werden.

Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht des den Mitgliedstaaten bei der Ausübung des Selbsteintrittsrechts eingeräumten weiten Ermessens, bestehen somit keine unionsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 4 AsylG 2005 im Anwendungsbereich der Dublin III-Verordnung.

5. Da somit dem angefochtenen Erkenntnis die behauptete (Unions )Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Revision als unbegründet abzuweisen.

6. Die Entscheidung über den - nur im beantragten Ausmaß zuzuerkennenden - Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 15. Dezember 2015

Rückverweise