Rückverweise
W252 2298176-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth SCHMUT LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2024, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) Die Beschwerde wird abgewiesen.
B) Die Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in Folge: „BF“), ein männlicher Staatsangehöriger Syriens, stellte am 23.06.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Am 25.06.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung des BF statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, er habe sein Heimatland verlassen, da dort Krieg herrsche, er um sein Leben fürchte und nicht zum Militär wolle.
3. Am 06.05.2024 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt statt. Dabei gab er an, dass er wegen des Krieges geflohen sei. Er sei von den Kurden aufgefordert worden für sie zu kämpfen.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.07.2024 wies das Bundesamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.). Es erteilte dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt II. und III.).
Begründend wurde zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF nicht glaubhaft machen konnte, dass er seinen Heimatstaat aus Furcht vor Verfolgung verlassen habe.
5. Der BF erhob gegen Spruchpunkt I. des Bescheides fristgerecht Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass er bei einer Rückkehr sowohl vom syrischen Regime, als auch den Kurden zwangsrekrutiert werde.
6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 12.02.2025 eine mündliche Verhandlung durch. Im Zuge der Verhandlung sowie mit Parteiengehör wurde den Parteien das einschlägige Länderberichtsmaterial vorgehalten und die Möglichkeit gegeben, eine Stellungnahme abzugeben.
7. Mit Parteiengehör vom 09.05.2025 würden das aktuelle Länderinformationsblatt den Parteien zum Parteiengehör übermittelt. Eine Stellungnahme langte nicht ein.
Beweis wurden aufgenommen durch: Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt des BF sowie insbesondere durch die mündliche Einvernahme des BF.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF:
Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX . Er ist syrischer Staatsangehöriger und spricht Kurmandschi als Muttersprache. Der BF ist Angehöriger der Volksgruppe der XXXX . Er ist ledig und hat keine Kinder (AS 17 ff, 57, 113 ff; OZ 7, S 6 f).
Der BF wurde in Aleppo geboren und lebt seit seinem siebten/achten Lebensjahr in XXXX . Er lebte dort bis zu seiner Ausreise im Februar 2022. Der BF hat keine Schule besucht und keine Berufsausbildung (AS 9 ff; 115 ff; OZ 7, S 7).
Die Eltern, zwei Schwestern und ein Bruder des BF leben in Syrien im Elternhaus (AS 117 f; OZ 7, S 7).
Der BF stellte am 23.06.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Mit Bescheid vom 30.07.2024 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (AS 18, 153 ff).
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten (OZ 5).
1.2. Zu den Fluchtgründen des BF:
XXXX befindet sich unter Kontrolle der Kurden bzw der DAANES.
Das syrische Regime unter Baschar al-Assad wurde am 08.12.2024 gestürzt. Das syrische Regime bzw dessen Sicherheitsbehörden existieren nicht mehr und können weder Verhaftungen, noch Zwangsrekrutierungen durchführen.
Es ist möglich, dass der BF bei einer Rückkehr zum kurdischen Selbstverteidigungsdienst eingezogen und dort im Nachschub oder Objektschutz eingesetzt wird.
Der BF ist politisch nicht interessiert, hat keine oppositionelle Gesinnung gegenüber den Kurden bzw der DAANES, möchte aber nicht kämpfen, da er Angst vor Waffen und Schussgeräuschen hat. Der BF ist kein Pazifist. Ihm wird von den Kurden keine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
Der BF wurde und wird in Syrien individuell weder bedroht noch kam es zu Übergriffen auf ihn.
Dem BF ist eine Rückkehr in seinen Heimatort möglich.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Aus den ins Verfahren eingeführten Länderinformationen:
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Syrien, Version 12 vom 08.05.2025
Kurzinformation der Staatendokumentation, Syrien, Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht, 10.12.2024
UNHCR: UNHCR Position On Returns To The Syrian Arab Republic, Dezember 2024
UNHCR: Regional Flash Update #12, 30.01.2025
ACCORD: Syrien-Länderseite auf ecoi.net, Stand 12.02.2025
ergibt sich Folgendes:
Länderinformationsblatt der Staatendokumention –Syrien, Version 12, 08.05.2025
Politische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Am 8.12.2024 erklärten die Oppositionskräfte in Syrien die 24-jährige Herrschaft von Präsident Bashar al-Assad für beendet. Zuvor waren Kämpfer in die Hauptstadt eingedrungen, nachdem Oppositionsgruppierungen am 27.11.2024 eine Offensive gegen das Regime gestartet und innerhalb weniger Tage die Städte Aleppo, Hama und große Teile des Südens eingenommen hatten. Al-Assad war aus Damaskus geflohen (AJ 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl in Russland gewährt (VB Moskau 10.12.2024). Er hatte das Land seit 2000 regiert, nachdem er die Macht von seinem Vater Hafez al-Assad übernommen hatte, der zuvor 29 Jahre regiert hatte (BBC 8.12.2024a). Er kam mit der Baath-Partei an die Macht, die in Syrien seit den 1960er-Jahren Regierungspartei war (NTV 9.12.2024). Bashar al-Assad hatte friedliche Proteste gegen sein Regime im Jahr 2011 gewaltsam unterdrückt, was zu einem Bürgerkrieg führte. Mehr als eine halbe Million Menschen wurden getötet, sechs Millionen weitere wurden zu Flüchtlingen (BBC 8.12.2024a). Die Offensive gegen al-Assad wurde von der Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) angeführt (BBC 9.12.2024). [Details zur Offensive bzw. zur Hay'at Tahrir ash-Sham finden sich im Kapitel Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (8.12.2024) Anm.] Die HTS wurde ursprünglich 2012 unter dem Namen Jabhat an-Nusra (an-Nusra Front) gegründet, änderte ihren Namen aber 2016 nach dem Abbruch der Verbindungen zur al-Qaida in Hay'at Tahrir ash-Sham. Sie festigte ihre Macht in den Provinzen Idlib und Aleppo, wo sie ihre Rivalen, darunter Zellen von al-Qaida und des Islamischen Staates (IS), zerschlug. Sie setzte die sogenannte Syrische Heilsregierung (Syrian Salvation Government - SSG) ein, um das Gebiet nach islamischem Recht zu verwalten (BBC 9.12.2024). Die HTS wurde durch die von der Türkei unterstützte Syrische Nationale Armee (Syrian National Army - SNA), lokale Kämpfer im Süden und andere Gruppierungen unterstützt (Al-Monitor 8.12.2024). Auch andere Rebellengruppierungen erhoben sich (BBC 8.12.2024b), etwa solche im Norden, Kurdenmilizen im Nordosten, sowie Zellen der Terrormiliz IS (Tagesschau 8.12.2024). Im Süden trugen verschiedene bewaffnete Gruppierungen dazu bei, die Regierungstruppen aus dem Gebiet zu vertreiben. Lokale Milizen nahmen den größten Teil der Provinz Dara'a sowie die überwiegend drusische Provinz Suweida ein (Al-Monitor 8.12.2024). Die Abteilung für Militärische Operationen (Department for Military Operations - DMO) dem auch die HTS angehört, kontrollierte mit Stand 11.12.2024 70 % des syrischen Territoriums (Arabiya 11.12.2024).
[…]
Der HTS-Anführer Mohammed al-Joulani, der mittlerweile anstelle seines Kampfnamens seinen bürgerlichen Namen Ahmad ash-Shara' verwendet (Nashra 8.12.2024), traf sich am 9.12.2024 mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten und Vizepräsidenten von al-Assad, um die Modalitäten für eine Machtübergabe zu besprechen (DW 10.12.2024). Bis zu ihrer Übergabe blieben die staatlichen Einrichtungen Syriens unter seiner Aufsicht (REU 8.12.2024). Die Macht des Assad-Regimes wurde auf ein Übergangsgremium übertragen, das vom Premierminister der SSG, Mohammed al-Bashir, geleitet wurde (MEI 9.12.2024). Al-Bashir kündigte am ersten Tag seiner Ernennung an, dass die Prioritäten seiner Regierung folgende seien: Gewährleistung von Sicherheit, Bereitstellung von Dienstleistungen und Aufrechterhaltung der staatlichen Institutionen. (AJ 27.1.2025a). Am 29.1.2025 wurde de-facto-Herrscher Ahmed ash-Shara' zum Übergangspräsidenten ernannt (Standard 29.1.2025).
[…]
Am 29.1.2025 versammelten sich die Führer der militärischen Gruppierungen, die an der militärischen Kampagne zum Sturz Assads beteiligt waren, zu einer Zeremonie im Präsidentenpalast, um den Sieg zu erklären. In der Siegeserklärung kündigten sie neun Schritte an, die in drei Hauptthemen unterteilt sind, wie beispielsweise: 1. Füllen des Machtvakuums durch die Annullierung der Verfassung von 2012, die Aussetzung aller Ausnahmegesetze, die Auflösung der während der Zeit des vorherigen Regimes gebildeten Volksversammlung und aller aus ihr hervorgegangenen Komitees und die Ernennung des Befehlshabers des militärischen Operationskommandos, Ahmed ash-Shara', zum Präsidenten des Landes während der Übergangszeit. Bei der Zeremonie wurde die Auflösung von vier Institutionen, welche die Säulen der Herrschaft und Kontrolle des früheren Regimes darstellten und die Schaffung eines neuen Regimes behindern, angekündigt, nämlich: die Armee, die Sicherheitsdienste mit ihren verschiedenen Zweigen und alle damit verbundenen Milizen, die Arabische Sozialistische Ba'ath-Partei, die Parteien der Nationalen Progressiven Front und die ihnen angeschlossenen Organisationen, Institutionen und Komitees und das Verbot ihrer Wiedererrichtung auch unter einem anderen Namen und Rückgabe ihrer Vermögenswerte an den syrischen Staat (AJ 31.1.2025a). Die Ba'ath-Partei des gestürzten syrischen Machthabers Bashar al-Assad stellte nach eigenen Angaben mit 12.12.2024 sämtliche Aktivitäten ein. Dies gelte bis auf Weiteres, hieß es in einer auf der Website der Parteizeitung veröffentlichten Erklärung. Die Vermögenswerte und die Gelder der Partei würden unter die Aufsicht des Finanzministeriums gestellt, Fahrzeuge und Waffen sollen nach Parteiangaben an das Innenministerium übergeben werden. Die Ba'ath-Partei war seit 1963 in Syrien an der Macht (Tagesschau 12.12.2024). Viele Mitglieder der Parteiführung sind untergetaucht und einige aus dem Land geflohen. In einem symbolischen Akt haben die neuen Machthaber Syriens das ehemalige Hauptquartier der Partei in Damaskus in ein Zentrum umgewandelt, in dem ehemalige Mitglieder der Armee und der Sicherheitskräfte Schlange stehen, um sich registrieren zu lassen und ihre Waffen abzugeben (AP 30.12.2024). Am 11.2.2025 gab das Präsidialamt bekannt, dass die wichtigsten Oppositionsgremien Syriens, die im Exil tätig waren, Damaskus die von ihnen bearbeiteten Akten übergeben haben, als Teil der Bemühungen, die während des Konflikts gebildeten Institutionen „aufzulösen“. Dieser Schritt kommt der Abschaffung der wichtigsten unbewaffneten Oppositionsgruppen Syriens gleich und erinnert an ash-Shara's Versuch, alle bewaffneten Gruppen aufzulösen und in die Armee zu integrieren (FR24 12.2.2025). Für die in den Kriegsjahren im und aus dem Ausland tätige Opposition hat man nur Geringschätzung (SYRDiplQ1 5.2.2025).
Während ash-Shara' ein gewisses Maß an Pragmatismus gezeigt hat, insbesondere im Umgang mit lokalen Gemeinschaften, sind die Strukturen der Übergangsregierung nach wie vor zentralisiert und hierarchisch, wobei die Macht in einem kleinen Führungskreis konzentriert ist. Dies schränkt die Möglichkeiten für eine integrative Entscheidungsfindung ein und verstärkt die Wahrnehmung der Ausgrenzung von Minderheiten und Frauen (AC 20.12.2024). HTS hat in Idlib einerseits bemerkenswerte Zugeständnisse an die lokale Bevölkerung gemacht. So erlaubte sie beispielsweise Christen, Gottesdienste abzuhalten und Frauen, Universitäten zu besuchen und Autos zu fahren – Maßnahmen, die angesichts der radikalen dschihadistischen Vergangenheit der Gruppe bemerkenswert sind. Darüber hinaus hat HTS Zivilisten in seine Regierungsverwaltung integriert und einen technokratischen Regierungsstil eingeführt, selbst in sensiblen ideologischen Bereichen wie Bildung und Religion, in denen die Gruppe ursprünglich ausschließlich eigenes Personal ernennen wollte. Andererseits ist die mangelnde Bereitschaft, politische Opposition zuzulassen, nach wie vor besorgniserregend. In Idlib hat HTS nach und nach die Macht monopolisiert und agierte praktisch als Einparteienstaat. Politische Opposition und zivilgesellschaftlicher Aktivismus wurden unterdrückt (DIIS 16.12.2024). Zu den ersten Entscheidungen der Übergangsregierung unter al-Bashir gehörten die Entsendung von Polizeikräften in Großstädte und das Verbot von Rauchen und Alkoholkonsum (MAITIC 17.12.2024). Der HTS wurden unter anderem von Human Rights Watch, immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Oppositionelle, Frauen und religiöse Minderheiten vorgeworfen. Es kam auch zu groß angelegten Protesten gegen die HTS und ihren Anführer, ash-Shara' (Rosa Lux 17.12.2024). Laut Terrorismusexperte Peter Neumann haben die Kämpfer der HTS für ein islamistisches Regime gekämpft. Er hält es für möglich, dass es zu einer Opposition in der eigenen Bewegung kommen könnte (Spiegel 11.12.2024). Auch Terrorismusexperte Hans-Jakob Schindler spricht von Videos von Personen aus dem Umfeld der HTS, die ein Kalifat aufbauen wollen (WiWo 9.12.2024). Alberto M. Fernandez, Vizepräsident des Middle East Media Research Institutes, wiederum sieht nicht so sehr die Gefahr, dass Syrien nun ein islamischer Staat sein wird, sondern dass es ein gescheiterter Staat sein wird. Die Gefahr besteht eher darin, dass die Anarchie die Oberhand gewinnt und nicht das Scharia-Recht. Dennoch sehen auch sie, al-Shara', seine Organisation die HTS und viele ihrer Verbündeten als Hardcore-Islamisten. Der beste Vergleich sind nicht der Islamische Staat (IS) und al-Qaida, sondern die Taliban und die Hamas, politische Projekte, die sowohl islamistisch als auch nationalistisch sind (MEMRI 9.12.2024). Etwa 70 % der syrischen Bevölkerung sind sunnitische Muslime, darunter auch Kurden, die etwa 10 % der Bevölkerung ausmachen. Die arabischen Sunniten sind sich jedoch in ihren Zielen nicht einig, und viele wünschen sich für die Zukunft Syriens keinen islamischen Staat (SWI 13.2.2025). [Informationen zu ethnischen und religiösen Minderheiten finden sich im Kapitel Ethnische und religiöse Minderheiten - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024).]
Trotz der Kritik ergab eine im März 2025 im Auftrag von „The Economist“ durchgeführte Umfrage, an der 1.500 Syrer aus allen Provinzen und konfessionellen Gruppen des Landes teilnahmen, dass 81 % die Herrschaft von ash-Shara' befürworten. Nur 22 % sind der Meinung, dass seine Vergangenheit als al-Qaida-Führer ihn für eine Führungsrolle disqualifiziert. Eine große Zahl der Befragten gibt an, dass sie seine neue Ordnung als sicherer, freier und weniger konfessionell geprägt empfinden als das Regime von al-Assad. Etwa 70 % sind optimistisch, was die allgemeine Richtung des Landes angeht. Die zufriedenste Provinz ist Idlib, ash-Shara's ehemaliges Machtgebiet, wo 99 der 100 Befragten sich optimistisch äußern. Tartus, wo Anfang März 2025 mehrere Massaker an der alawitschen Minderheit stattgefunden haben, ist die pessimistischste Provinz. Selbst dort gaben 49 % an, optimistisch zu sein, während 23 % sich pessimistisch äußerten. (Economist 2.4.2025).
[…]
Ahmed ash-Shara' wurde 1982 (Rosa Lux 17.12.2024) als Ahmed Hussein ash-Shara' in Saudi-Arabien als Kind syrischer Expatriates geboren. Ende der 1980er-Jahre zog seine Familie zurück nach Syrien (NYT 12.12.2024). Als junger Mann radikalisierte er sich während der blutigen zweiten Intifada, als die israelische Regierung auf palästinensische Selbstmordattentate mit brutaler Gewalt antwortete. Auch der 11.9.2001 prägte ihn (Rosa Lux 17.12.2024). Er ging 2003 in den Irak, um sich al-Qaida anzuschließen und gegen die US-Besatzung zu kämpfen. Arabischen Medienberichten und US-Beamten zufolge verbrachte er mehrere Jahre in einem amerikanischen Gefängnis im Irak. Zu Beginn des Bürgerkriegs tauchte er in Syrien auf und gründete die Jabhat an-Nusra, aus der sich schließlich Hay'at Tahrir ash-Sham entstand (NYT 12.12.2024). 2003 nahm er den Kriegsnamen Abu Mohammad al-Jolani an (Rosa Lux 17.12.2024). In einem vor einigen Jahren mit dem US-amerikanischen Sender PBS geführten Interview gab ash-Shara' zu, dass er bei seiner Rückkehr nach Syrien finanzielle Unterstützung durch den sogenannten Islamischen Staat (IS) erhielt, der zu diesem Zeitpunkt weite Teile des Iraks und Syriens besetzt hielt (DW 18.12.2024). Im Januar 2017 gründete er mit der HTS ein neues Bündnis verschiedener islamistischer Milizen, das sich dezidiert von der dschihadistischen al-Qaida und ihrem Ziel eines globalen Dschihads gegen den Westen lossagte (Rosa Lux 17.12.2024). Seit dem Bruch mit al-Qaida haben er und seine Gruppierung versucht, internationale Legitimität zu erlangen, indem sie globale dschihadistische Ambitionen ablehnten und sich auf eine organisierte Regierungsführung in Syrien konzentrierten (NYT 12.12.2024). 2013 setzten die USA ihn auf ihre Terrorliste und lobten später sogar ein Kopfgeld in Höhe von zehn Millionen für Hinweise zu seiner Ergreifung aus. 2018 wurde dann auch die HTS von den Vereinigten Staaten als terroristische Vereinigung eingestuft, die Vereinten Nationen folgten (Rosa Lux 17.12.2024)
Politische Lage in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF – Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES)
[…]
Der politische Flügel der SDF, der Syrische Demokratische Rat (Syrian Democratic Council -SDC), beglückwünschte das syrische Volk am 8.12.2024 zum Ende des Assad-Regimes und versprach, mit verschiedenen Gruppen im Land zusammenzuarbeiten. In einer Erklärung heißt es: Wir werden mit allen nationalen, kulturellen und gesellschaftlichen Kräften Syriens zusammenarbeiten, indem wir uns am nationalen Dialog beteiligen und unsere Verantwortung wahrnehmen, um ein neues Syrien zu schaffen, das alle seine Bürger einschließt (Al-Monitor 8.12.2024). Nach dem Sturz al-Assads hissten die SDF als Geste gegenüber der neuen Regierung in Damaskus die Revolutions- und Unabhängigkeitsflagge der Rebellengruppen auf ihren Einrichtungen, was von Washington begrüßt wurde (AJ 9.1.2025a). Am 29.12.2024 erklärte ash-Shara’ gegenüber dem Fernsehsender Al Arabiya, dass die SDF in die neue nationale Armee integriert werden sollten. Waffen dürfen nur in den Händen des Staates sein. Wer bewaffnet und qualifiziert ist, um dem Verteidigungsministerium beizutreten, ist bei uns willkommen, sagte er (AJ 31.12.2024a).
[…]
Am 10.3.2025 unterzeichneten der Anführer der kurdisch dominierten SDF Mazloum ’Abdi und Übergangspräsident Ahmad ash-Shara’ ein Abkommen über die Integration der SDF in die staatlichen Institutionen Syriens. Das Abkommen sieht die Gewährleistung der Rechte aller Syrer auf Vertretung und Beteiligung, einen Waffenstillstand in allen syrischen Gebieten und die Integration aller zivilen und militärischen Institutionen im Nordosten Syriens vor. Das Abkommen sieht auch vor, dass die SDF den syrischen Staat bei der Bekämpfung von Assads Überbleibseln und Drohungen unterstützen und Aufrufe zur Teilung, Hassreden und Versuche, Zwietracht zu säen, zurückweisen werden (Arabiya 11.3.2025). Das Abkommen besteht aus acht Klauseln. Gemeinsame Ausschüsse sollen daran arbeiten, die Umsetzung des Abkommens bis Ende des Jahres abzuschließen (AJ 11.3.2025). Das Abkommen sieht vor, das DAANES-Gebiet unter die volle Kontrolle der syrischen Zentralregierung bringen (AJ 10.3.2025b). Es beinhaltet die Integration der zivilen und militärischen Einrichtungen im Nordosten Syriens in die syrische Staatsverwaltung, einschließlich der Grenzposten, des Flughafens [in Qamishli, Anm.] und der Öl- und Gasfelder, die von den SDF im Nordosten Syriens kontrolliert werden (FR24 10.3.2025). Kurz nach Bekanntgabe der Vereinbarung sagten Quellen gegenüber Al Jazeera, dass sich ein Konvoi des syrischen Verteidigungsministeriums in Abstimmung mit den SDF nach al-Hasaka begeben wird und dass die Kräfte des Verteidigungsministeriums die Gefängnisse von den SDF übernehmen werden (AJ 11.3.2025).
[…]
Kurdisch geführte Truppen haben den Zusammenbruch der syrischen Armee genutzt, um die vollständige Kontrolle über die wichtigste Stadt, Deir ez-Zour, zu übernehmen (BBC 8.12.2024b). Diese wurde ihnen von den Rebellengruppierungen kurz darauf wieder abgenommen (Al-Monitor 8.12.2024). Kräfte der SNA wiederum haben die Situation genützt, um Territorium in Manbij von den SDF zu erobern (TWI 9.12.2024). Die SDF kontrollieren nun 20 % des syrischen Territoriums (Arabiya 11.12.2024). Am 6.2.2025 sind Streitkräfte des syrischen Ministeriums für Allgemeine Sicherheit in die nordwestsyrische Stadt ’Afrin einmarschiert. ’Afrin wird seit 2018 von verschiedenen bewaffneten Gruppierungen der von der Türkei unterstützten SNA besetzt gehalten. Mit dem Einmarsch in ’Afrin setzt die neue syrische Regierung ihre Kontrolle über Teile des Landes durch. ’Afrin ist ein historisch kurdisches Gebiet in Syrien, und der Machtwechsel wurde von den kurdischen Medien aufmerksam verfolgt (LWJ 6.2.2025).
Sicherheitslage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
[…]
Sicherheitskräfte sind immer noch dabei, Überbleibsel des Regimes im ganzen Land auszuheben, die häufig Mitglieder der Allgemeinen Sicherheit und Checkpoints ins Visier genommen haben. ETANA verzeichnete Angriffe von Pro-Regime- Gruppen auf Mitglieder der Allgemeinen Sicherheit in Rif Dimashq, Ost-Dara’a und West-Homs. Auch in Hama und Jableh, in der Nähe der Hmeimim-Basis, kam es zu Zusammenstößen. Sicherheitskräfte haben in ehemaligen Regimegebieten von Deir ez-Zour mehrere Operationen durchgeführt (Etana 22.2.2025). Während Zehntausende auf die Initiative der Versöhnungsprozesse eingingen, lehnten bewaffnete Gruppierungen von Regimeüberbleibseln sie ab, vor allem an der syrischen Küste, wo hohe Offiziere des Assad-Regimes stationiert waren. Im Laufe der Zeit flohen diese Gruppierungen in die Bergregionen und begannen, Spannungen zu schüren, die Lage zu destabilisieren und sporadische Angriffe auf die Regierungstruppen zu verüben (AJ 10.3.2025c). Bis Anfang März 2025 beschränkten sich solche Übergriffe auf kleine Ausbrüche von willkürlicher Selbstjustiz und waren nicht Teil von groß angelegter, organisierter Gewalt. Am 6.3.2025 jedoch überfielen Aufständische des Assad-Regimes die Sicherheitskräfte der Übergangsregierung in der westlichen Küstenstadt Jableh im Gouvernement Latakia und töteten 30 von ihnen (viele wurden später verbrannt oder in flachen Massengräbern aufgefunden) (TWI 10.3.2025). […]
Wehr- und Reservedienst in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF - Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES)
Wehrdienst
Der Gesellschaftsvertrag von 2023 regelt in der Demokratischen Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) in Abschnitt 5 die Selbstverteidigungspflicht. Artikel 111 besagt, dass Selbstverteidigung eine Garantie und Fortsetzung des Lebens, und basierend auf dem Recht und der Pflicht ist, die Existenz zu verteidigen. Sie erfordert die Einrichtung eines Selbstschutzsystems, das auf dem Bewusstsein der legitimen Selbstverteidigung und der organisierten demokratischen Gesellschaft in Nord- und Ostsyrien beruht. Einerseits gibt es die Community Protection Forces, die für den Schutz Nord- und Ostsyriens und die Gewährleistung des Schutzes von Leben und Eigentum der Bürger vor allen Angriffen und Besatzungen verantwortlich sind. Die Community Protection Forces werden unter Beteiligung aller Bürger organisiert. Selbstverteidigung ist ein Recht und eine Pflicht für jeden Bürger. Es ist die Pflicht organisierter ethnischer und religiöser Gruppen, sich wirksam am Selbstverteidigungssystem zu beteiligen, angefangen bei Stadtvierteln, Dörfern, Städten und allen Wohneinheiten. Anderseits erwähnt Artikel 111 auch die Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF). Sie sind die legitimen Verteidigungskräfte in der Demokratischen Autonomen Verwaltung Nord- und Ostsyriens. Sie nehmen den freiwilligen Beitritt der Söhne und Töchter des Volkes und die Pflicht zur Selbstverteidigung an. Ihre Aktivitäten werden vom Demokratischen Volksrat und der Verteidigungskommission überwacht. Sie organisieren sich autonom innerhalb des Demokratischen Konföderalen Systems Nord- und Ostsyrien und haben die Aufgabe, die DAANES und alle syrischen Gebiete zu verteidigen und sie vor jeglichen potenziellen Angriffen oder Gefahren von außen zu schützen (RIC 14.12.2023). Laut Gesetz Nr. 1 zur Selbstverteidigung gelten Männer mit Vollendung des 18. Lebensjahres als wehrpflichtig und müssen den Selbstverteidigungsdienst bis zum vierzigsten Lebensjahr vollendet haben (Artikel 13). Wehrpflichtig ist jeder männliche Bewohner der Region Nord- und Ostsyrien, der das gesetzliche Alter für die Ausübung des Selbstverteidigungsdienstes erreicht hat, bzw. jeder, der seit mehr als drei Jahren dauerhaft in Nord- und Ostsyrien ansässig ist und die syrische Staatsangehörigkeit besitzt (Artikel 1) (AANES-GC 22.2.2024). Zwei Quellen, die vom Danish Immigration Service (DIS) befragt wurden, äußerten jedoch Zweifel an der konsequenten Einberufung von Personen von außerhalb der DAANES in allen Regionen (DIS 6.2024). Frauen in den von der Autonomen Verwaltung kontrollierten Gebieten können freiwillig Wehrdienst leisten (Enab 22.2.2024). Wladimir van Wilgenburg, Journalist und Autor, und ein Experte für syrische Kurden haben noch von keinem Fall gehört, in dem Frauen zwangsweise zur Selbstverteidigung eingezogen wurden (DIS 6.2024).
Das sogenannte Verteidigungsbüro des Exekutivrats der „Demokratischen Autonomen Verwaltung von Nord- und Ostsyrien“ hat die für die Wehrpflicht erforderlichen Geburtsjahrgänge festgelegt, während die Verhaftungskampagnen gegen junge Menschen für die Einberufung in die Reihen der SDF weitergehen. Die Erklärung wurde vom Verteidigungsbüro der Autonomen Verwaltung an alle Verteidigungsbüros in der Region verteilt. Darin steht, dass wer zwischen dem 1.1.1998 und dem 31.12.2005 für den Dienst der Selbstverteidigung wehrpflichtig ist (Shaam 10.1.2024). Bereits vier Tage nach dem Erlass der Richtlinien, in der die Geburtsjahrgänge für die Selbstverteidigungspflicht bekannt gemacht wurden, nahmen die SDF eine Rekrutierungskampagne in al-Hasaka im Juni 2024 wieder auf, nachdem sie im Monat zuvor, am 8.5.2024 die Rekrutierungsprozesse eingestellt hatten (Enab 27.6.2024a). Anfang Juli 2024 wurden beispielsweise 240 Personen in den Provinzen Deir ez-Zour, al-Hasaka und ar-Raqqa gefangen genommen, um sie für den Militärdienst zu rekrutieren (SO 2.7.2024). Die Dienstzeit im Selbstverteidigungsdienst beträgt laut Artikel 2 des Gesetzes Nr. 1 über die Selbstverteidigungspflicht zwölf volle Monate beginnend mit dem Datum der Einschreibung des Wehrpflichtigen (AANES-GC 22.2.2024).
2014 wurde die Zwangsrekrutierung von den Volksschutzeinheiten (Yekîneyên Parastina Gel - YPG), einer militärischen Säule der SDF, im Anschluss an das Dohuk-Abkommen, bei dem sich die kurdischen Parteien in der irakischen Stadt Dohuk getroffen hatten, um eine Einigung über die Verwaltung der Region zu erzielen, eingeführt (Enab 22.2.2024).
Araber und Kurden werden laut von ACCORD befragten Experten vor dem Gesetz gleichbehandelt. Fabrice Balanche erklärt jedoch, dass mehr Flexibilität gegenüber Arabern gezeigt werden würde, um einen Aufstand zu vermeiden. Arabische Stammesführer hätten lokal die Macht und würden für bestimmte junge Araber Ausnahmen und Aufschiebungen erwirken. Einem Syrienexperten zufolge seien die speziellen Konsequenzen für Araber von Region zu Region unterschiedlich. Nicht alle von den SDF kontrollierten Gebiete stünden unter derselben Art von Kontrolle. In den vornehmlich arabisch besiedelten Stammesregionen von Deir ez-Zour hätten die SDF beispielsweise nicht die Kapazität, eine direkte Rekrutierung wie in der Provinz al-Hasaka durchzusetzen. Anders als Balanche meint Muhsen Al-Mustafa, Forscher am Omran Center for Strategic Studies, dass arabische Wehrdienstverweigerer bei der Festnahme anders behandelt werden und Beleidigungen und Gewalt ausgesetzt sein könnten (ACCORD 6.9.2023). Quellen des Danish Immigration Service (DIS) zufolge ist DAANES bei der Umsetzung des Gesetzes zur Selbstverteidigung in Gebieten mit überwiegend arabischer Bevölkerung vorsichtig. Ebenso werden Christen in der Praxis nicht der gleichen Durchsetzung des Gesetzes zur Selbstverteidigung unterworfen wie Kurden, so eine weitere Quelle. Daher nehmen christliche Jugendliche in der Regel nicht an der Selbstverteidigungspflicht teil, sondern treten stattdessen für drei Jahre der christlichen Polizeitruppe Sutoro bei. Dieser Dienst befreit sie von der Selbstverteidigungspflicht (DIS 6.2024).
Mehrere Quellen des DIS, darunter ein ehemaliger Rekrut, der seine Wehrpflicht vor zwei Jahren erfüllt hat, berichteten, dass der Selbstverteidigungsdienst mit einem grundlegenden theoretischen und praktischen militärischen Ausbildungsprogramm beginnt. Während des theoretischen Teils erhalten die Wehrpflichtigen Unterricht in allgemeiner Geschichte der Nationalen Streitkräfte sowie in Kultur und Ethik. Sie erhalten auch eine theoretische Einführung in militärische Themen, einschließlich militärischer Begriffe und Waffen. Im praktischen Teil des Ausbildungsprogramms absolvieren die Wehrpflichtigen ein körperliches Training und eine Waffenausbildung. Während der ersten Phase der Grundausbildung haben die Wehrpflichtigen keinen einzigen Tag frei. Nach Abschluss ihrer Ausbildung haben sie acht bis zehn Tage frei, bevor sie in ihren jeweiligen Einheiten und Aufgabenbereichen eingesetzt werden. Anschließend haben die Wehrpflichtigen für den Rest ihres Dienstes alle zehn Tage einen Tag frei. Nach der Ausbildungszeit, die bis zu zwei Monate dauert, werden die Wehrpflichtigen verschiedenen Aufgaben in unterschiedlichen Zentren oder Einheiten zugewiesen, wo sie für den Rest ihres Dienstes tätig sind. Die Ausbildung oder Qualifikationen der Wehrpflichtigen werden bei der Zuweisung ihrer Aufgaben oft berücksichtigt. So werden beispielsweise diejenigen mit einem besseren Bildungshintergrund und besseren Fähigkeiten Aufgaben in Büros oder Einrichtungen zugewiesen, die von ihren Fähigkeiten profitieren könnten. Wehrpflichtige mit niedrigem oder ohne Bildungshintergrund werden oft für Aufgaben im Zusammenhang mit der Bewachung oder dem Schutz öffentlicher Gebäude eingesetzt. Im Allgemeinen werden die Wehrpflichtigen nicht in Kampfsituationen eingesetzt. Es gab jedoch Fälle, in denen die Wehrpflichtigen in Kampfsituationen verwickelt waren, z. B. während der Schlacht um Afrin im Jahr 2018, bei schweren Kämpfen in Deir ez-Zour im Sommer 2023, bei den Kämpfen in Tell Abyad und bei Angriffen des Islamischen Staats (IS) auf das Gefängnis von al-Hasaka (2022), das hauptsächlich von Wehrpflichtigen bewacht wurde (DIS 6.2024).
Aufschub und Befreiung
Die Gesetzgebung erlaubt es Personen, die zur Selbstverteidigung verpflichtet sind, ihren Dienst aufzuschieben oder sich davon befreien zu lassen, je nach ihren individuellen Umständen. Diese Regeln, die unter anderem Ausnahmen aus medizinischen Gründen und Aufschübe für Studierende oder im Ausland lebende Personen vorsehen, werden von der DAANES aufrechterhalten und durchgesetzt. Einer Person, der eine Befreiung oder Entlassung von der Selbstverteidigungspflicht gewährt wurde, wird dies in ihrem Selbstverteidigungsheft vermerkt (DIS 6.2024). Das Gesetz Nr. 1 über die Selbstverteidigungspflicht erlaubt es durch Artikel 16 Studierenden, wenn diese die erforderlichen Unterlagen vorlegen, ihre Einberufung jeweils für ein akademisches Jahr, beginnend mit 15. März jeden Jahres, aufzuschieben (AANES-GC 22.2.2024). Im September 2023 nahm die Selbstverwaltung im Nordosten Syriens Änderungen im Gesetz zur Selbstverteidigung vor. Die Änderungen legen eine bestimmte Altersgrenze für den Aufschub des Studiums fest, und zwar für jede einzelne Ausbildungsstufe. So kann ein Masterstudent den Dienst bis zum Alter von 32 Jahren aufschieben und hat kein Recht auf Aufschub nach diesem Alter, auch wenn er seine Studien oder einen weiteren Studienzweig noch nicht abgeschlossen hat. Ein neuer Artikel Nr. 30 wurde dem Gesetz hinzugefügt, der vorsieht, dass Ärzte und Apotheker, die ihr Studium abgeschlossen haben und sich zum Dienst auf dem Land verpflichten, ihren Wehrdienst um ein volles Jahr aufschieben können, sofern der Antragsteller das 30. Lebensjahr nicht überschritten hat. Bereits im Jahr 2018 wurde das Gesetz geändert, beispielsweise wurde ein Aufschub von Universitätsstudenten, des einzigen Kindes in der Familie, wie von Familien der Gefallenen und derjenigen, die Brüder in den Inneren Sicherheitskräften (Assayish) und der YPG haben (Enab 22.2.2024). Laut Artikel 17 wird Studenten, die einen Studienaufschub erhalten haben und das Alter für die Aufnahme des Studiums noch nicht erreicht haben, wie z. B. Studenten, die einen Studienaufschub erhalten haben, während sie noch 17 Jahre alt waren, dieses Jahr nicht als eines der Aufschubjahre gezählt. (AANES-GC 22.2.2024). Darüber hinaus stellte eine Quelle des Verteidigungsministeriums der DAANES klar, dass Studierende nicht an Bildungseinrichtungen innerhalb der DAANES eingeschrieben sein müssen, um für eine Aussetzung ihrer Selbstverteidigungspflicht infrage zu kommen. Sie können auch an Einrichtungen in von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten oder in den Nachbarländern Syriens, einschließlich der Türkei, des Irak, des Libanon und Jordaniens, eingeschrieben sein (DIS 6.2024).
Gemäß Artikel 25 des Gesetzes Nr. 1 über die Selbstverteidigungspflicht wird Brüdern von Wehrpflichtigen derselben Mutter innerhalb der Selbstverteidigungspflicht, die den Ausbildungskurs abgeschlossen haben, ein Aufschub gewährt. Dieser Aufschub wird zweimal für jeweils sechs Monate gewährt. Artikel 26 regelt administrative Aufschübe. So kann, wer frisch von außerhalb Syriens zurückgekehrt ist, eine Aufschiebung für maximal sechs Monate bekommen. Der einzige Bruder eines Vermissten kann einen Aufschub für zwei Jahre bekommen. Geschwister, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und deren Eltern verstorben oder behindert sind, können ein Jahr aufschieben. Die genannten Aufschübe werden nach einer Überprüfung durch das Zentrum für Selbstverteidigungsaufgaben und der Genehmigung durch die Abteilung für Selbstverteidigungsaufgaben gewährt (AANES-GC 22.2.2024). Personen, die mindestens drei Jahre lang in einer Einrichtung oder Truppe unter dem DAANES gedient haben, können von der Selbstverteidigungspflicht befreit werden. Dies gilt für bezahlte, auf einem Vertrag basierende Dienste in jeder vom DAANES anerkannten Einrichtung, wie z. B. der Verkehrspolizei. Ehemalige Mitglieder der Internen Sicherheitskräfte (Assayish) oder der SDF sind vom Selbstverteidigungsdienst befreit, wenn sie bereits zwischen 2012 und 2015 mindestens zwei Jahre lang bei der Assayish oder der SDF gedient haben. Auch Personen, die derzeit drei bis fünf Jahre lang bei der Assayish oder der SDF dienen, können eine Befreiung beantragen. Junge Männer, die nicht dienen wollen, können alternative Wege in Betracht ziehen, um die Vorschriften des Gesetzes über die Selbstverteidigungspflicht zu erfüllen. Eine Möglichkeit besteht darin, drei Jahre lang bei der Verkehrspolizei zu dienen, wodurch sie sich für eine Befreiung von ihrer Selbstverteidigungspflicht qualifizieren würden (DIS 6.2024).
Von der Pflicht zur Selbstverteidigung befreit sind laut Artikel 29 des Gesetzes Nr. 1 über die Selbstverteidigungspflicht: Kinder und Geschwister von Märtyrern, die offiziell in den Registern der Märtyrer-Familien-Kommission eingetragen sind und eine Bescheinigung über das Märtyrertum besitzen, Personen mit besonderen Bedürfnissen und Patienten mit Krankheiten, die sie an der Ausübung ihrer Pflicht hindern, gemäß den medizinischen Berichten des militärmedizinischen Zentrums und der Genehmigung der Verteidigung in den autonomen und zivilen Verwaltungen, der einzige Sohn von Eltern oder eines Elternteils, unabhängig davon, ob beide leben oder tot sind, ein Findelkind, dessen Abstammung nicht bekannt ist. Alle männlichen Geschwister mit besonderen Bedürfnissen werden gemäß den Berichten des militärmedizinischen Zentrums als das einzige Geschwisterkind behandelt (AANES-GC 22.2.2024). Je nach Art der Erkrankung kann eine Person entweder von der Dienstpflicht befreit oder von ihr zurückgestellt werden. Medizinische Befreiungen werden bei körperlichen und psychischen Erkrankungen gewährt, die die betreffende Person daran hindern, der Selbstverteidigungspflicht nachzukommen. In solchen Fällen wird eine medizinische Untersuchung durchgeführt, um die Dienstfähigkeit der Person festzustellen. Gemäß Artikel 29 des Gesetzes über die Selbstverteidigungspflicht können Personen mit besonderen Bedürfnissen und Patienten mit Krankheiten, die sie an der Erfüllung der Selbstverteidigungspflicht hindern, von der Pflicht befreit werden, wenn sie über einen genehmigten medizinischen Bericht des Militärmedizinischem Zentrums und die Genehmigung der Verteidigungsämter in Verwaltungs- und Zivilabteilungen verfügen. Ein syrischer Universitätsprofessor teilte dem Danish Immigration Service mit, dass die Regeln für medizinische Ausnahmen weiterhin von den DAANES-Behörden umgesetzt und eingehalten werden (DIS 6.2024).
Gemäß Artikel 27 des Gesetzes Nr. 1 über die Selbstverteidigungsdienstpflicht müssen Einwohner und Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis aus allen Ländern mit Ausnahme der Länder, die eine Landgrenze zu Syrien haben, eine jährliche Aufschubgebühr von 400 US-Dollar für jedes Jahr ab Inkrafttreten des Gesetzes zahlen (AANES-GC 22.2.2024). Die Stundung durch Zahlung dieser Gebühr kann insgesamt zweimal in Anspruch genommen werden. Einzelpersonen können sich innerhalb der DAANES frei bewegen, ohne nach Zahlung der Gebühr zur Selbstverteidigung eingezogen zu werden. Einzelpersonen aus den DAANES, die in den Nachbarländern Syriens leben, können eine Stundung aus Bildungsgründen erhalten, z. B. wenn sie an einer Bildungseinrichtung in der Türkei eingeschrieben sind (DIS 6.2024). Gemäß Artikel 36 des Gesetzes Nr. 1 über die Selbstverteidigungsdienstpflicht sind Personen nicht verpflichtet, den Selbstverteidigungsdienst zu leisten, wenn sie eine nicht-syrische Staatsbürgerschaft erhalten (AANES-GC 22.2.2024). Männer in der entsprechenden Altersgruppe, die Syrien verlassen haben, aber nach Überschreitung des Höchstalters für den Dienst zurückkehren, erhalten in der Regel Amnestie. Es kann jedoch eine Geldstrafe von bis zu 300 US-Dollar verhängt werden (DIS 6.2024).
Wehrpflichtverweigerer und Deserteure
Gemäß Artikel 15 des Gesetzes Nr. 1. über die Selbstverteidigungspflicht wird jeder säumige Soldat, der eingezogen wird, bestraft, indem er einen Monat auf das Ende seiner Dienstzeit angerechnet bekommt (AANES-GC 22.2.2024). Dass die Bestrafung mit einem zusätzlichen Monat auch in der Praxis so gehandhabt wird, bestätigten die von der Danish Immigration Service befragten Quellen. Die Namen der Wehrdienstverweigerer werden veröffentlicht und an Checkpoints weitergegeben. Dort wird nach ihnen gesucht, nicht aber in ihren Wohnhäusern (DIS 6.2024). Diejenigen, die auf frischer Tat beim illegalen Überschreiten der Grenze ertappt werden, werden direkt in das Ausbildungszentrum gebracht, um ihre Pflicht zur Selbstverteidigung zu erfüllen, besagt Artikel 28 im Gesetz Nr. 1 zur Selbstverteidigungspflicht (AANES-GC 22.2.2024). Gemäß Quellen des Danish Immigration Service (DIS) werden Wehrdienstverweigerer, wenn sie an Checkpoints aufgegriffen werden, vorübergehend festgenommen und zur Ableistung ihres Dienstes geschickt. Die Familie des Betroffenen wird über seine Festnahme und Einberufung informiert. Den Quellen des DIS waren keine Fälle von Gewalt oder Misshandlung von Wehrdienstverweigerern oder Deserteuren bekannt, die an Kontrollpunkten gefasst wurden. Das Leben ist für diejenigen, die sich der Selbstverteidigungspflicht in den Nationalen Sicherheitskräften entziehen, eine Herausforderung, da viele junge Männer Kontrollpunkte meiden und auf Fluchtmöglichkeiten warten. Quellen berichteten von Entflohenen, die sich jahrelang versteckt hielten. In arabisch dominierten Gebieten kann die Flucht länger andauern, da die Behörden vorsichtig vorgehen, um keine Spannungen zu provozieren, indem sie diejenigen suchen und verhaften, die ihrer Pflicht nicht nachgekommen sind (DIS 6.2024). Al-Mustafa, Forscher am Omran Center for Strategic Studies, schreibt in einer E-Mail an ACCORD vom September 2023, dass alle Wehrdienstverweigerer unter die Bestimmungen des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht fallen würden und dem Gesetz entsprechend behandelt würden. Die Assayish würden den Wohnort von zum Dienst gesuchten Personen durchsuchen, an Checkpoints Rekrutierungslisten überprüfen und die Gesuchten verhaften. Nach dem Gesetz werde jede Person, die dem Dienst fernbleiben, verhaftet und mit einer Verlängerung des Dienstes um einen Monat bestraft. Ein von ACCORD kontaktierter Syrienexperte gibt in einer E-Mail-Auskunft vom August 2023 an, dass die Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften vom Profil des Wehrpflichtigen und der Region, aus der er stamme, abhingen. Je strenger die kurdische Kontrolle, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit, dass Rekruten nicht das Risiko eingehen würden, offen Einwände gegen den Selbstverteidigungsdienst zu zeigen. In al-Hasaka beispielsweise könnten Personen im dienstfähigen Alter verhaftet und zum Dienst gezwungen werden (ACCORD 6.9.2023).
Die SDF definieren einen Deserteur im Selbstverteidigungsgesetz als einen Kämpfer, der nach seinem Eintritt 15 aufeinanderfolgende Tage des Dienstes versäumt hat, während die volle Dienstzeit zwölf Monate beträgt (Enab 22.2.2024). Laut zwei vom DIS befragten Quellen werden Deserteure zwar nicht zusätzlich bestraft, aber es werden Ermittlungen zu ihren Motiven für die Desertion durchgeführt. Deserteure entscheiden sich oft dafür, die Region aus Angst vor möglichen Konsequenzen zu verlassen, obwohl die Einzelheiten dieser Konsequenzen unklar bleiben. Sowohl für Wehrdienstverweigerer als auch für Deserteure werden regelmäßig Amnestien angekündigt, vorausgesetzt, sie melden sich zum Wehrdienst und leisten ihn ab. Die jüngste Amnestie wurde Anfang Mai 2024 erlassen. Junge Menschen kommen ihren Verpflichtungen zur Selbstverteidigung in der Regel umgehend nach, wenn in der DAANES eine stabile Sicherheitslage herrscht, während sie sich bei anhaltenden externen Sicherheitsbedrohungen aktiv um eine Dienstverweigerung bemühen können (DIS 6.2024).
Familienangehörige von Wehrdienstverweigerern und Deserteuren werden nicht bestraft. Den Quellen des DIS waren keine Fälle bekannt, in denen Familienmitglieder von Wehrdienstverweigerern und Deserteuren aufgrund der Wehrdienstverweigerung oder Desertion ihrer Verwandten Schikanen oder anderen Verstößen ausgesetzt waren, selbst in Fällen, in denen der Wehrdienstverweigerer an einem Checkpoint festgenommen wurden (DIS 6.2024).
Rückkehr - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Mit dem Sturz al-Assads kehrten Tausende Syrer aus dem Libanon und der Türkei nach Syrien zurück. Für viele war das Assad-Regime das Haupthindernis für die Rückkehr in ihre Heimat. Die Aufnahmeländer haben diese Begeisterung genutzt, um weitere Rückkehrer zu ermutigen (CSIS 11.12.2024). Zehn Tage nach dem Sturz des syrischen Regimes am 8.12.2024 erklärte die Europäische Union (EU), sie schätze, dass zwischen Januar und Juni 2025 etwa eine Million syrische Flüchtlinge in ihr Land zurückkehren würden. Das wurde durch die Direktorin des Büros des UNHCR für den Nahen Osten und Nordafrika bestätigt. Ahmad ash-Shara’, der Befehlshaber der Militäroperationen in Syrien, der später zum Übergangspräsidenten des Landes wurde, betonte bei einem Treffen mit dem UN-Sondergesandten Geir Pedersen, dass eine seiner ersten Prioritäten darin bestehe, zerstörte Häuser wieder aufzubauen und die Vertriebenen in das letzte Zelt zurückzubringen, während er gleichzeitig sehr wichtige wirtschaftliche Entscheidungen treffe (Almodon 13.2.2025). Die Mehrheit ist in die Gouvernements Hama und Aleppo zurückgekehrt. Das bedeutet, dass die Zahl der Menschen, die neu vertrieben wurden, von 1,1 Millionen, wie am 12.12.2024 gemeldet, auf 882.000 Menschen am 15.12.2024 gesunken ist. Von dieser Zahl wurden mindestens 150.000 Menschen mehr als einmal vertrieben. Viele Familien sind in frühere Lager in ihren Herkunftsgebieten zurückgekehrt, weil es in ihren Heimatstädten an grundlegenden Versorgungsleistungen mangelt oder die Infrastruktur beschädigt ist. Einige Familien gaben auch an, dass sie auf die Räumung von Kampfmittelrückständen in ihren Herkunftsgebieten warten, bevor sie zurückkehren (UNOCHA 16.12.2024). UNHCR schätzt, dass von 8.12.2024 bis 2.1.2025 über 115.000 Syrer nach Syrien zurückgekehrt sind, basierend auf öffentlichen Erklärungen von Aufnahmeländern, Kontakten mit Einwanderungsbehörden in Syrien und dem UNHCR sowie der Grenzüberwachung durch Partner (UNHCR 2.1.2025). Insgesamt sind nach Angaben des UNHCR 800.000 vertriebene Syrer in ihre Heimat zurückgekehrt, darunter 600.000 Binnenvertriebene (Internal Displaced Persons - IDPs) (Stand 31.1.2025) (AlHurra 31.1.2025). Die Zahl der Personen, die in das Gouvernement Aleppo zurückkehren, ist am höchsten, wobei die Rückkehrer die verbesserte Sicherheitslage und die Abschaffung des Wehrdienstes als Hauptgründe für ihre Rückkehr nennen (UNHCR 2.1.2025). Grundsätzlich verzeichnen die UN einen Anstieg an rückkehrwilligen Syrern, die im Nahen Osten leben. Fast 30 % geben an, in ihre Heimat zurückzuwollen. Als großes Hindernis für die Rückkehr sieht UNHCR-Chef Grandi die Sanktionen (Zeit Online 26.1.2025). Die syrischen Behörden gaben an, dass innerhalb von zwei Monaten nach der Befreiung Syriens 100.905 Bürger über die Grenzübergänge der Türkei zurückgekehrt sind. Der Grenzübergang Jdaydat Yabous/ Masna’ zum Libanon fertigte in zwei Monaten 627.287 Reisende ab, darunter 339.018 syrische Staatsbürger und arabische und ausländische Gäste, und 288.269 Ausreisende. Im gleichen Zeitraum wurden am Grenzübergang Nassib/ al-Jaber zu Jordanien 174.241 Passagiere syrischer Staatsbürger und arabischer und ausländischer Gäste abgefertigt, davon 109.837 bei der Einreise und 64.404 bei der Ausreise. Am Grenzübergang al-Bu Kamal/ al-Qa’im wurden 5.460 syrische Staatsbürger abgefertigt, die im Irak leben und zurückkehren, um sich dauerhaft in Syrien niederzulassen (Nashra 11.2.2025). Bei den Angaben zu Rückkehrern sind die zuständigen Behörden und Forschungszentren nicht in der Lage festzustellen, ob diese Menschen lediglich zurückgekehrt sind, um ihre Familien zu besuchen und zu treffen, oder ob sie freiwillig und dauerhaft zurückgekehrt sind (Almodon 13.2.2025).
[…]
Bewegungsfreiheit - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Die Interimsregierung installiert Checkpoints, an denen Autos durchsucht werden. Es wird überprüft, wer unterwegs ist, beispielsweise um Menschen zu verhaften, die für Verbrechen gegen das syrische Volk in der Zeit des Regimes verantwortlich sind (PBS 16.12.2024). Die Kontaminierung durch explosive Kampfmittel stellt nach wie vor eine große Bedrohung für Zivilisten, die sich zwischen ehemaligen Kontrollgebieten bewegen, dar (UNOCHA 23.12.2024).
Laut Aussage des syrischen Verkehrsministers bei einem Interview mit der kurdischen Zeitung Rudaw haben die neuen syrischen Machthaber vom ersten Tag der Befreiung an damit begonnen, die Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen, insbesondere durch die Sicherstellung der Grundversorgung, z. B. mit Brot und Treibstoff, zusätzlich zur Sicherung des Transportsektors, damit sich die Menschen zwischen den Provinzen bewegen können. Sie haben damit begonnen, Treibstoff für Fahrzeuge zu sichern, damit sie in Abstimmung mit dem Ölministerium eingesetzt werden können, und Fahrten zwischen Damaskus und den restlichen Provinzen, zwischen Idlib und den restlichen Provinzen und zwischen Aleppo und restlichen Provinzen zu organisieren, zusätzlich zum internen Transport innerhalb jeder Provinz. Sie haben mit der Umsetzung eines Plans zur Festlegung spezifischer Preise, die für Fahrzeugbesitzer und für Menschen mit sehr begrenztem Einkommen angemessen sind, begonnen. Etwa 70 bis 80 % der Preis- bzw. Transporttarifstruktur wurden fertiggestellt und umgesetzt. Was die Versorgung der Öffentlichkeit betrifft, so wurden etwa 50 bis 60 % der Strecken, ob intern oder extern, gesichert (Rudaw 1.2.2025).
Kurzinformation der Staatendokumentation, Syrien, Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht, 10.12.2024
1. Zusammenfassung der Ereignisse
Nach monatelanger Vorbereitung und Training (NYT 1.12.2024) starteten islamistische Regierungsgegner unter der Führung der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) (Standard 1.12.2024) die Operation „Abschreckung der Aggression“ – auf نن Arabisch: ردع العدوا - Rad’a al-‘Adwan (AJ 2.12.2024) und setzten der Regierung von Präsident Bashar al-Assad innerhalb von 11 Tagen ein Ende. Die folgende Karte zeigt die Gebietskontrolle der einzelnen Akteure am 26.11.2024 vor Beginn der Großoffensive:
Am 30.11. nahmen die Oppositionskämpfer Aleppo ein und stießen weiter in Richtung der Stadt Hama vor, welche sie am 5.12. einnahmen. Danach setzten sie ihre Offensive in Richtung der Stadt Homs fort (AJ 8.12.2024). Dort übernahmen sie die Kontrolle in der Nacht vom 7.12. auf 8.12. (BBC 8.12.2024).
Am 6.12. zog der Iran sein Militärpersonal aus Syrien ab (NYT 6.12.2024). Russland forderte am 7.12. seine Staatsbürger auf, das Land zu verlassen (FR 7.12.2024). Am 7.12. begannen lokale Milizen und Rebellengruppierungen im Süden Syriens ebenfalls mit einer Offensive und nahmen Daraa ein (TNA 7.12.2024; Vgl. AJ 8.12.2024), nachdem sie sich mit der Syrischen Arabischen Armee auf deren geordneten Abzug geeinigt hatten (AWN 7.12.2024). Aus den südlichen Provinzen Suweida und Quneitra zogen ebenfalls syrische Soldaten, sowie Polizeichefs und Gouverneure ab (AJ 7.12.2024). Erste Oppositionsgruppierungen stießen am 7.12. Richtung Damaskus vor (AJ 8.12.2024). Am frühen Morgen des 8.12. verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 8.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 9.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 8.12.2024). Das Armeekommando hatte die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 8.12.2024).
Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 9.12.2024).
Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 6.12.2024 die Kontrolle über Deir ez-Zour im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 7.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 7.12.2024).
Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen unter dem Namen Syrian National Army (SNA) im Norden Syriens starteten eine eigene Operation gegen die von den Kurden geführten Syrian Democratic Forces (SDF) im Norden von Aleppo (BBC 8.12.2024). ج فف ج Im Zuge der Operation „Morgenröte der Freiheit“ (auf Arabisch رال ر ح ة يية - Fajr al-Hurriya) nahmen diese Gruppierungen am 9.12.2024 die Stadt Manbij ein (SOHR 9.12.2024). Die Kampfhandlungen zwischen Einheiten der durch die Türkei unterstützten Syrian National Army (SNA) auf der einen Seite und den SDF auf der anderen Seite dauerten danach weiter an. Türkische Drohnen unterstützten dabei die Truppen am Boden durch Luftangriffe (SOHR 9.12.2024b).
Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge sind seit Beginn der Offensive 910 Menschen ums Leben gekommen, darunter 138 Zivilisten (AAA 8.12.2024). Beim Vormarsch auf Homs waren tausende Menschen Richtung Küste nach Westen geflohen (AJ 6.12.2024). Bei der Offensive gegen Manbij wurden hingegen einige Zivilisten in Richtung Osten vertrieben (SOHR 9.12.2024).
In Damaskus herrschte weit verbreitetes Chaos nach der Machtübernahme durch die Opposition. So wurde der Sturz von Assad mit schweren Schüssen gefeiert und Zivilisten stürmten einige staatliche Einrichtungen, wie die Zentralbank am Saba-Bahrat-Platz, das Verteidigungsministerium (Zivilschutz) in Mleiha und die Einwanderungs- und Passbehörde in der Nähe von Zabaltani, außerdem wurden in verschiedenen Straßen zerstörte und brennende Fahrzeuge gefunden (AJ 8.12.2024b). Anführer al-Joulani soll die Anweisung an die Oppositionskämpfer erlassen haben, keine öffentlichen Einrichtungen anzugreifen (8.12.2024c) und erklärte, dass die öffentlichen Einrichtungen bis zur offiziellen Übergabe unter der Aufsicht von Ministerpräsident Mohammed al-Jalali aus der Assad-Regierung bleiben (Rudaw 9.12.2024).
Gefangene wurden aus Gefängnissen befreit, wie aus dem berüchtigten Sedanaya Gefängnis im Norden von Damaskus (AJ 8.12.2024c).
2. Die Akteure
Syrische Arabische Armee (SAA): Die Syrische Arabische Armee kämpfte gemeinsam mit den National Defense Forces, einer regierungsnahen, paramilitärischen Gruppierung. Unterstützt wurde die SAA von der Hisbollah, Iran und Russland (AJ 8.12.2024).
Die Einheiten der syrischen Regierungstruppen zogen sich beim Zusammenstoß mit den Oppositionskräften zurück, während diese weiter vorrückten. Viele Soldaten flohen oder desertierten (NZZ 8.12.2024). In Suweida im Süden Syriens sind die Soldaten der Syrischen Arabischen Armee massenweise desertiert (Standard 7.12.2024). Am 7.12. flohen mehrere Tausend syrische Soldaten über die Grenze in den Irak (Arabiya 7.12.2024; vgl. Guardian 8.12.2024). Präsident al-Assad erhöhte am 4.12. die Gehälter seiner Soldaten, nicht aber dasjenige von Personen, die ihren Pflichtwehrdienst ableisteten (TNA 5.12.2024). Dieser Versuch, die Moral zu erhöhen, blieb erfolglos (Guardian 8.12.2024).
Die Opposition forderte die Soldaten indes zur Desertion auf (TNA 5.12.2024). Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beobachteten, dass Hunderte Soldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie entlassen wurden (SOHR 8.12.2024). Offiziere und Mitarbeiter des Regimes ließen ihre Militär- und Sicherheitsfahrzeuge in der Nähe des Republikanischen Palastes, des Büros des Premierministers und des Volkspalastes unverschlossen stehen, aus Angst von Rebellen am Steuer erwischt zu werden (AJ 8.12.2024b).
Opposition: Obwohl Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) den plötzlichen Vormarsch auf Aleppo gestartet hat und treibende Kraft der Offensive war haben auch andere Rebellengruppierungen sich gegen die Regierung gewandt und sich am Aufstand beteiligt (BBC 8.12.2024c).
• Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS): Die HTS wurde 2011 als Ableger der al-Qaida unter dem Namen Jabhat an-Nusra gegründet (BBC 8.12.2024c). Im Jahr 2017 brach die Gruppierung ihre Verbindung mit der Al-Qaida (CSIS 2018) und formierte sich unter dem Namen Hay’at Tahrir ash-Sham neu, gemeinsam mit anderen Gruppierungen (BBC 8.12.2024c). Sie wird von der UN, den USA, der Europäischen Union (AJ 4.12.2024) und der Türkei als Terrororganisation eingestuft (BBC 8.12.2024c). Der Anführer der HTS, der bisher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Joulani bekannt war, hat begonnen wieder seinen bürgerlichen Namen, Ahmad ash-Shara’a zu verwenden (Nashra 8.12.2024). Er positioniert sich als Anführer im Post-Assad Syrien (BBC 8.12.2024c). Die HTS hat in den letzten Jahren versucht, sich als nationalistische Kraft (BBC 8.12.2024b) und pragmatische Alternative zu al-Assad zu positionieren (BBC 8.12.2024c).
Der Gruppierung werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (BBC 8.12.2024c). Einem Terrorismusexperten zufolge gibt es bereits erste Videos von Personen aus dem HTS-Umfeld, die ein Kalifat aufbauen wollen (WiWo 9.12.2024).
• National Liberation Front (NFL): Eine Reihe kleinerer Kampfgruppen, aus denen sich die NFL zusammensetzt, nahmen an der Operation „Abschreckung der Aggression“ teil, darunter die Jaish al-Nasr, das Sham Corps und die Freie Idlib-Armee. Die 2018 in Idlib gegründete NFL umfasst mehrere nordsyrische Fraktionen, von denen einige auch unter das Dach der Freien Syrischen Armee fallen (AJ 2.12.2024b).
Ahrar al-Sham Movement: Die Ahrar al-Sham-Bewegung ist hauptsächlich in Aleppo und Idlib aktiv und wurde 2011 gegründet. Sie definiert sich selbst als „umfassende reformistische islamische Bewegung, die in die Islamische Front eingebunden und integriert ist“ (AJ 2.12.2024b).
• Jaish al-Izza: Jaish al-Izza: Übersetzt: „Die Armee des Stolzes“ ist Teil der Freien Syrischen Armee und konzentriert sich auf den Norden des Gouvernements Hama und einige Teile von Lattakia. Im Jahr 2019 erhielt die Gruppierung Unterstützung aus dem Westen, darunter auch Hochleistungswaffen (AJ 2.12.2024b).
• Nur Eddin Zinki-Bewegung (Zinki): Diese Gruppierung entstand 2014 in Aleppo, versuchte 2017, sich mit der HTS zusammenzuschließen, was jedoch nicht funktionierte. Die beiden Gruppierungen kämpften 2018 gegeneinander, und „Zinki“ wurde Anfang 2019 von ihren Machtpositionen in der Provinz Aleppo vertrieben. Ein Jahr später verhandelte „Zinki“ mit der HTS, und ihre Kämpfer kehrten an die Front zurück, und seitdem ist die Gruppe unter den oppositionellen Kämpfern präsent (AJ 2.12.2024b).
• Milizen in Südsyrien: Gruppierungen aus südlichen Städten und Ortschaften, die sich in den letzten Jahren zurückhielten, aber nie ganz aufgaben und einst unter dem Banner der Freien Syrien Armeekämpften, beteiligten sich am Aufstand (BBC 8.12.2024c). In Suweida nahmen Milizen der syrischen Minderheit der Drusen Militärstützpunkte ein (Standard 7.12.2024).
• Syrian Democratic Forces (SDF): Die SDF ist eine gemischte Truppe aus arabischen und kurdischen Milizen sowie Stammesgruppen. Die kurdische Volksschutzeinheit YPG ist die stärkste Miliz des Bündnisses und bildet die militärische Führung der SDF (WiWo 9.12.2024). Sie werden von den USA unterstützt (AJ 8.12.2024). Im kurdisch kontrollierten Norden liegen die größten Ölreserven des Landes (WiWo 9.12.2024).
• Syrian National Army (SNA): Diese werden von der Türkei unterstützt (BBC 8.12.2024c) und operieren im Norden Syriens im Grenzgebiet zur Türkei (AJ 8.12.2024). Der SNA werden mögliche Kriegsverbrechen, wie Geiselnahmen, Folter und Vergewaltigung vorgeworfen. Plünderungen und die Aneignung von Privatgrundstücken, insbesondere in den kurdischen Gebieten, sind ebenfalls dokumentiert (WiWo 9.12.2024).
UNHCR: UNHCR Position On Returns To The Syrian Arab Republic, Dezember 2024
1. Diese Position ersetzt die UNHCR-Leitlinien vom März 2021 International Protection Considerations with Regard to people fleeing the Syrian Arab Republic, Update VI.1
Angesichts der unbeständigen Situation wird dieser Leitfaden frühzeitig und bei Bedarf auf der Grundlage der sich schnell entwickelnden Umstände aktualisiert.
Freiwillige Rückkehr
2. Syrien befindet sich an einem Scheideweg - zwischen Frieden und Krieg, Stabilität und Gesetzlosigkeit, Wiederaufbau oder weiterem Ruin. Für Syrien bietet sich jetzt eine bemerkenswerte Gelegenheit, sich auf den Frieden zuzubewegen und mit der Rückkehr seiner Bevölkerung zu beginnen. Das UNHCR betont seit vielen Jahren die Notwendigkeit, die Anstrengungen zu verdoppeln, um günstige Bedingungen für die Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen zu schaffen, und die aktuelle Situation eröffnet in dieser Hinsicht neue Möglichkeiten, die von allen genutzt werden müssen. Dazu gehören die Beseitigung bzw. Beseitigung neuer sicherheitspolitischer, rechtlicher und verwaltungstechnischer Hindernisse seitens der syrischen De-facto-Behörden, die Bereitstellung umfangreicher humanitärer Hilfe und frühzeitiger Wiederaufbauhilfe durch die Geberstaaten für die Rückkehrer, die sie aufnehmenden Gemeinden und die Gebiete, in die sie tatsächlich oder potenziell zurückkehren wollen, sowie die Ermächtigung des UNHCR und seiner Partner, die Rückkehr an den Grenzübergängen und an den Orten, an die die Menschen zurückkehren wollen, zu überwachen.
3. Jeder hat das Recht, in sein Herkunftsland zurückzukehren. UNHCR ist bereit, syrische Flüchtlinge zu unterstützen, die sich freiwillig für eine Rückkehr entscheiden, nachdem sie über die Lage an ihrem Herkunftsort oder in einem alternativen Gebiet ihrer Wahl umfassend informiert wurden. In Anbetracht der zahlreichen Herausforderungen, denen sich die syrische Bevölkerung gegenübersieht, darunter eine humanitäre Krise großen Ausmaßes, ein anhaltend hohes Maß an Binnenvertreibung und weit verbreitete Zerstörung und Beschädigung von Häusern und wichtiger Infrastruktur, fördert UNHCR jedoch vorerst keine freiwillige Rückkehr nach Syrien in großem Maßstab.
Moratorium zwangsweiser Rückführungen
4. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist Syrien nach wie vor von Angriffen und Gewalt in Teilen des Landes, groß angelegten Binnenvertreibungen, der Verseuchung vieler Teile des Landes mit explosiven Überresten des Krieges, einer zerstörten Wirtschaft und einer humanitären Krise großen Ausmaßes betroffen, wobei über 16 Millionen Menschen bereits vor den jüngsten Entwicklungen humanitäre Hilfe benötigten. Darüber hinaus hat Syrien, wie bereits erwähnt, massive Zerstörungen und Schäden an Häusern, wichtiger Infrastruktur und landwirtschaftlichen Flächen erlitten. Die Eigentumsrechte wurden stark beeinträchtigt, und in den letzten zehn Jahren wurden weit verbreitete Verstöße gegen Wohnungs-, Land- und Eigentumsrechte verzeichnet, was zu komplexen Eigentumsstreitigkeiten führte, deren Beilegung einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Vor diesem Hintergrund appelliert der UNHCR weiterhin an die Staaten, syrische Staatsangehörige und Personen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, einschließlich Palästinenser, die sich früher in Syrien aufhielten, nicht gewaltsam in irgendeinen Teil Syriens zurückzuführen.
Aussetzung der Erteilung negativer Bescheide an syrische Antragsteller auf internationalen Schutz
5. UNHCR fordert weiterhin alle Staaten auf, Zivilpersonen, die aus Syrien fliehen, Zugang zu ihrem Hoheitsgebiet zu gewähren, das Recht auf Asyl zu garantieren und die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung zu jeder Zeit sicherzustellen.
6. Auch wenn die Gefahr der Verfolgung durch die frühere Regierung nicht mehr besteht, können andere Gefahren fortbestehen oder sich verschärfen. In Anbetracht der sich rasch verändernden Dynamik und Lage in Syrien ist UNHCR derzeit nicht in der Lage, Asylentscheidern detaillierte Hinweise zum internationalen Schutzbedarf von Syrern zu geben. UNHCR wird die Situation weiterhin genau beobachten, um detailliertere Hinweise zu geben, sobald es die Umstände erlauben. Angesichts der derzeit unsicheren Lage in Syrien fordert UNHCR die Asylstaaten auf, die Ausstellung negativer Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz von syrischen Staatsangehörigen oder Staatenlosen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, auszusetzen. Die Aussetzung der Ausstellung negativer Bescheide sollte so lange aufrechterhalten werden, bis sich die Lage in Syrien stabilisiert hat und verlässliche Informationen über die Sicherheits- und Menschenrechtssituation zur Verfügung stehen, um die Notwendigkeit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an einzelne Antragsteller umfassend beurteilen zu können.
7. UNHCR ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Beendigung des Flüchtlingsstatus für Personen mit internationalem Schutzstatus, die aus Syrien stammen, derzeit nicht erfüllt sind.
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Gebietskontrolle in Zawr Maghar, Vertreibungen der arabischstämmigen Bevölkerung, 29.12.2023
2. Kam es in Zawr Maghar, Shuyukh al Fawqani und/oder Shuyukh Tahtani zu Vertreibungen der arabischstämmigen Bevölkerung durch die Kurden? Wenn ja, was für Konsequenzen hat es, wenn sich jemand der Vertreibung widersetzt und i n diesen Ortschaften bleibt?
Die Frage nach den Konsequenzen bei Widersetzung gegen Vertreibungsversuche kann in dieser Form nicht beantwortet werden, da die Staatendokumentation aufgrund ihres gesetzlichen Auftrags keine Einschätzungen treffen darf und im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche keine Berichte über erfolgte Widersetzungen gefunden werden konnten.
Den nachfolgend zitierten Quellen sind Berichte von Einwohnern al Shuyukh Fawqanis und al Shuyukh Tahtanis zu entnehmen, die angaben, dass sie entweder flohen, als im März/April 2014 Kämpfe zwischen dem Islamischen Staat (IS) und den Syrian Democratic Forces (SDF) ausbrachen, oder als der IS das Gebiet im S eptember 2014 übernahm. Nachdem die SDF das Gebiet im Sommer 2015 zurückeroberten, hinderten sie die Bewohner der Orte an einer Rückkehr. Gemäß Berichten vom April und Mai 2023 bemühen sich die Bewohner weiterhin um Rückkehrgenehmigungen, die ihnen von den Behörden der kurdisch dominierten Selbstverwaltung Nord und Ostsyrien Autonomous Administration of North and East Syria, AANES ) bislang mit Verweis auf Sicherheitsgründe verweigert wurden. Manche Häuser in den arabischen Dörfern des Gebiets sind zu mili tärischen Zwecken besetzt worden und die SDF haben den Bezirk al Shuyukh [Anm.: auch Sub Distrikt (Nahia) al Shuyukh al Suflaa (Unter Shuyukh)], in dem Shuyukh Tahtani, Shuyukh al Fawqani wie auch Zawr Maghar liegen, zur Militärzone erklärt, die nicht von Zivilisten betreten werden darf. Der Bezirk gilt aufgrund seiner Lage als strategisch wichtig . Betroffene gaben jedoch an, dass die Verweigerung der Rückkehr selektiv erfolge und nur Araber betreffe, während Kurden zurückkehren dürften. In manchen Häusern von Vertriebenen in Shuyukh Tahtani und Shuyukh al Fawqani wohnen nun auch kurdische Familien und bestellen deren Felder. Eine Quelle erwähnt, dass Zawr Maghar zu jenen Dörfern in dem Gebiet zählt, die mehrheitlich von Arabern bewohnt worden waren und mit Stand April 2023 verlassen sind.
Al-Shuyukh trifft der Fluch der Lage und der Demografie. Al Shuyukh liegt an einem strategischen Standort. Dies spielte die größte Rolle bei der Vertreibung der Menschen. Als die Kämpfe zwischen den Syrian Democratic Forces (SDF) und dem Islamischen St aat (IS) begannen, wurden die Menschen aus der Stadt und ihren Dörfern vertrieben. Die Menschen, die nur mit ihren Kleidern das Haus verließen, wurden in der Hoffnung vertrieben, nach einer Woche zurückkehren zu können, was jedoch nicht geschah.
Mahmoud Alkhaled (ein Pseudonym), ein Vertriebener aus Jubb al Faraj, sagte vor dem STJ aus:
„Ich stamme aus dem Dorf Jubb al araj in Shuyukh Tahtani. Als der Konflikt zwischen den SDF und dem IS in unser er Gegend ausbrach, flohen wir nach Jarabulus, während andere Einwohner nach Manbij gingen. Nach dem Ende der Feindseligkeiten beschlossen wir, über eine Brücke, die Jarabulus mit Shuyukh Tahtani verbindet, in unsere Häuser zurückzukehren; wir erfuhren jed och, dass die Brücke vom IS gesprengt wurde. Daraufhin erließen die SDF ein Rundschreiben, in dem sie die Einreise von Zivilisten in die Dörfer mit der Begründung untersagten, dass es dort Landminen und andere explosive Kriegsrückstände gebe. 2017 beschlos sen wir, über den Euphrat in unser Dorf zurückzukehren, aber wir wurden gewarnt, dass die SDF uns ins Visier nehmen könnten, da wir aus den Gebieten der gegnerischen SNA kommen. Wir haben bei jeder Gelegenheit versucht, unser Recht auf Rückkehr einzuforder n. Die letzten Begründungen für das Rückkehrverbot wurden von SDF Vertretern gegeben, die behaupteten, dass dies aus Sicherheitsgründen geschehe und aufgrund der Tatsache, dass einige der Binnenvertriebenen den IS unterstützten.“
Nachdem die SDF das Gebiet im Sommer 2015 zurückeroberten, hinderten sie die Bewohner der Orte an einer Rückkehr. Gemäß Berichten vom April und Mai 2023 bemühen sich die Bewohner weiterhin um Rückkehrgenehmigungen, die ihnen von den Behörden der kurdisch dominierten Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) bislang mit Verweis auf Sicherheitsgründe verweigert wurden. Manche Häuser in den arabischen Dörfern des Gebiets sind zu militärischen Zwecken besetzt worden und die SDF haben den Bezirk al-Shuyukh [Anm.: auch Sub-Distrikt (Nahia) al-Shuyukh al-Suflaa (Unter-Shuyukh)], in dem Shuyukh Tahtani, Shuyukh al-Fawqani wie auch Zawr Maghar liegen, zur Militärzone erklärt, die nicht von Zivilisten betreten werden darf. Der Bezirk gilt aufgrund seiner Lage als strategisch wichtig. Betroffene gaben jedoch an, dass die Verweigerung der Rückkehr selektiv erfolge und nur Araber betreffe, während Kurden zurückkehren dürften. In manchen Häusern von Vertriebenen in Shuyukh Tahtani und Shuyukh al-Fawqani wohnen nun auch kurdische Familien und bestellen deren Felder.
Nachdem sie jahrelang nicht in ihre Dörfer zurückkehren durften, wurde den Bewohnern von Shuyukh Tahtani und Shuyukh al-Fawqani gestattet, diese vorübergehend zu betreten, um ihr Eigentum zu überprüfen. Einige Einheimische waren schockiert, kurdische Familien in ihren Häusern wohnen und auf ihren Feldern arbeiten zu sehen. Einer Quelle zufolge wurden mehr als 200 Familien aus Afrin in evakuierten Häusern in al-Awasi, Jubb al-Faraj und Shuyukh Tahtani untergebracht. Einer anderen Quelle zufolge blieben die Familien für einige Monate in diesen Dörfern und wurden dann in andere Gebiete im Nordosten Syriens umgesiedelt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des BF:
Die Feststellungen zum Namen, Geburtsdatum und Geburtsort des BF ergeben sich aus den Angaben des BF im gegenständlichen Verfahren. Zwar gab der BF in der Erstbefragung noch 2006 als Geburtsdatum an, stellte dies aber bald darauf unter Vorlage eines Auszugs aus dem syrischen Melderegister richtig. Sofern der BF vor dem Bundesamt anfänglich ebenfalls ein anderes Geburtsdatum ( XXXX . ) angab, kann dies durch ein flüchtiges Versehen bzw den Analphabetismus des BF erklärt werden. Da der BF diesbezügliche Differenzen stets rasch aufklären konnte, waren die entsprechenden Daten, so wie im Melderegisterauszug, festzustellen (AS 17, 57, 115). Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des BF (Namen und Geburtsdatum) getroffen wurden, gelten diese ausschließlich zur Identifizierung des BF im Asylverfahren.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Muttersprache, Volksgruppenzugehörigkeit und Familienstand des BF gründen sich auf seinen diesbezüglich glaubhaften und gleichbleibenden Angaben in der Erstbefragung, vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (AS 17 ff, 57, 113 ff; OZ 7, S 6 f).
Die Angaben des BF zu seinem Geburtsort und Heimatort, dem Datum seiner Ausreise, seiner Schulausbildung und Berufserfahrung resultieren auf seinen diesbezüglich nachvollziehbaren Aussagen in der Erstbefragung, vor dem Bundesamt, sowie in der mündlichen Verhandlung. Vor dem Bundesamt gab der BF diesbezüglich nachvollziehbar an, dass er nicht genau wisse, wo er geboren sei, dies aber in XXXX gewesen sein müsste (AS 115). In der mündlichen Verhandlung gab der BF ebenfalls an, dass er bis zu seinem siebten/achten Lebensjahr in XXXX gelebt habe und dann nach XXXX gezogen sei. Aufgrund des damals noch sehr jungen Alters und seiner frühen Ausreise, ist es durchaus plausibel, dass sich der BF nicht genau daran erinnern kann, in welchem Alter er umgezogen ist, weshalb dies auch so festzustellen war. Es zeigte sich generell, dass es dem BF schwer fällt mit Zahlen umzugehen, was auch die Angaben rund um den Zeitpunkt des Verlassens seines Heimatstaats betrifft. So gab er in der Erstbefragung noch pauschal 2019 (AS 20) als Zeitpunkt der Ausreise an. Vor dem Bundesamt stellte der BF dies allerdings klar und gab an, erst im Februar 2022 ausgereist zu sein (AS 113), was auch mit seiner Angabe, im Alter von 17 Jahren sein Heimatland verlassen zu haben, übereinstimmt (AS 117). Dass der BF keinerlei Schul- bzw Berufsausbildung hat, gab er sowohl vor dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und einheitlich an (AS 9 ff; 115 ff; OZ 7, S 7).
Die Feststellungen, dass der BF weiterhin Verwandte in Syrien hat, ergeben sich ua aus seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung, wonach diese weiterhin im „Heimathaus“ bei seinen Eltern leben. Da der BF mit diesen regelmäßig (wöchentlich) in Kontakt steht, war davon auszugehen, dass er diesbezüglich auf dem aktuellsten Stand ist (AS 117 f; OZ 7, S 7).
Das Datum der gegenständlichen Antragstellung sowie die Gewährung von subsidiärem Schutz ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt (AS 18, 153 ff).
Die Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug (OZ 5).
2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des BF:
Zur Gebietskontrolle:
Dass XXXX unter der Kontrolle der Kurden steht, ergibt sich aus der Einsichtnahme in die Syria Live Map (https://syria.liveuamap.com/) zum Entscheidungszeitpunkt unter Berücksichtigung der eingebrachten Länderinformationen und den damit übereinstimmenden Angaben des BF: „Falls ich dorthin zurückkehre, würden die Kurden mich fragen, warum ich geflüchtet bin und warum ich keine Waffe für sie tragen möchte.“ (siehe OZ 7, S 9). Dies impliziert, dass der BF ebenfalls von einer kurdischen Kontrolle seiner Heimatregion ausgeht. In seiner Stellungnahme vom 11.02.2025 verwies der BF explizit auf die kurdische Kontrolle seiner Heimatregion (OZ 6, S 2), weshalb dies auch so festzustellen war.
Dass das syrische Regime gestürzt wurde und insofern nicht mehr existiert bzw handlungsfähig ist, ergibt sich aus den eingebrachten Länderinformationen, wonach die HTS im Rahmen der Operation „Abschreckung der Aggression“ der Regierung von Präsident Bashar al-Assad innerhalb von 11 Tagen ein Ende setzte und am 08.12.2024 die Hauptstadt unter ihre Kontrolle brachten und der ehemalige Präsident das Land verließ. Die Zerschlagung der Sicherheitsbehörden des Regimes ergibt sich aus den Angaben in den Länderberichten, wonach die Regierungstruppen ihre Stellungen aufgaben, das Armeekommando die Soldaten außer Dienst stellte, staatliche Einrichtungen von Zivilisten gestürmt wurden, Gefangene aus Gefängnissen befreit wurden bzw Regimesoldaten massenweise desertierten (vgl ua die Kurzinformation der Staatendokumentation, Syrien vom 10.12.2024).
Zum Wehrdienst der kurdischen Miliz:
Eine Einziehung des BF zur sogenannten „Selbstverteidigungspflicht“ kann nicht ausgeschlossen werden. Der männliche BF erfüllt bereits aufgrund seines Alters die Kriterien für Rekruten des Selbstverteidigungsdienstes (vgl LIB, Kapitel Wehr- und Reservedienst in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF - Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES)).
Nach den Länderberichten werden Rekruten, wie der BF, die einen niedrigen Bildungshintergrund haben (der BF hat – wie oben ausgeführt – weder eine Schul- noch Berufsbildung) im Rahmen der „Selbstverteidigungspflicht“ lediglich im Zusammenhang mit der Bewachung oder dem Schutz öffentlicher Gebäude und nicht in Kampfsituationen eingesetzt. Der BF hat auch keine besonderen militärisch relevanten Qualifikationen vorzuweisen, die eine Verlegung an die Front wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Ängste des BF vor Schussgeräuschen und Waffen (OZ 7, S 9) qualifizieren ihn ebenso wenig für einen Kampfeinsatz (vgl LIB, Kapitel Wehr- und Reservedienst in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF - Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES)).
Dies steht mit dem Vorbringen des BF, wonach die Kurden zu ihm nach Hause gekommen seien und wollten, dass er eine Waffe trage und sein Land verteidige nicht im Widerspruch. Einerseits bestätigt dies die Annahme, dass der BF durchaus für die Selbstverteidigungspflicht rekrutiert werden kann, schließlich waren diese kurz vor seiner Ausreise (der BF war damals beinahe 18 Jahre alt) bereits bei ihm. Die bloße Aufforderung sein Land zu verteidigen bzw eine Waffe zu tragen bedeutet noch nicht, dass der BF zwingend im Kampfeinsatz eingesetzt werden würde, schließlich führen die Länderberichte eindeutig aus, dass Rekruten der Selbstverteidigungspflicht primär zur Bewachung oder dem Schutz öffentlicher Gebäude zum Einsatz kommen. Da der BF, vor dem Hintergrund seiner Herkunft aus einem vom Bürgerkrieg geplagten Land, durchaus nachvollziehbar angab, große Angst vor Waffen und Schussgeräuschen zu haben („Ich habe Phobien davon bekommen“, OZ 7, S 9), ist er für Kampfeinsätze jedenfalls ungeeignet, was eine Tätigkeit im Objektschutz noch wahrscheinlicher macht. Insofern konnten die Argumente des BF bezüglich der Generalmobilmachung (OZ 6) nicht überzeugen. Selbst in Zeiten einer Generalmobilmachung können Personen mit Phobien vor Waffen und Schussgeräuschen nicht an der Front eingesetzt werden können.
Da der BF selbst angab, dass er aufgrund seiner Angst nichts gegen die Kurden tun konnte und er diese Angst immer noch hat, ist nicht davon auszugehen, dass er sich einer etwaigen Rekrutierung widersetzt (vgl OZ 7, S 9).
Es war daher festzustellen, dass der BF zwar für eine Rekrutierung durch die Kurden in Frage kommt, allerdings nur für einen Einsatz im Objektschutz.
Zur Gesinnung des BF:
Dass der BF keine gegen die Kurden gerichtete oppositionelle Gesinnung hat, ergibt sich aus seinen Aussagen vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung.
Vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung führte der BF aus keinerlei Probleme mit der Polizei oder staatlichen Stellen zu haben und auch nie Mitglied einer Partei bzw politisch tätig gewesen zu sein (AS 121; OZ 7, S 8). Diese Angaben waren auch nachvollziehbar, schließlich verwies der BF selbst auf sein damals noch junges Alter und gab an, sich nie gegen die Kurden ausgesprochen bzw geäußert zu haben (vgl OZ 7, S 9 „Ich war noch zu jung und es herrschte Krieg. Ich war nicht in der Lage, mich gegen sie zu äußern oder etwas gegen sie zu tun und ich habe große Angst vor den Waffen. Ich konnte nichts tun.“). Es zeigt sich somit, dass der BF nie oppositionell gegenüber den Kurden in Erscheinung getreten ist.
Nicht übersehen wird die detaillierte Schilderung des BF vor dem Bundesamt, wonach die Kurden zu ihm nachhause gekommen sind und ihn überreden wollten für sie zu kämpfen (AS 123). Zu beachten ist allerdings, dass der BF sowohl vor dem Bundesamt, als auch in der mündlichen Verhandlung, seine Ablehnung für die Kurden zu kämpfen stets mit seiner Angst vor Waffen und Schussgeräuschen begründete (siehe AS 123 „Da ich Pazifist bin und keine Waffe tragen möchte […]“; „Ich hatte Angst und war zu jung dafür, um eine Waffe zu tragen.“; „Sie haben zu mir gesagt, dass ich eine Waffe tragen soll. Ich war schon aufgrund der Bombardierungen traumatisiert. Bis heute leide ich unter dieser Angst.“; bzw OZ 7, S 9 „Ich war nicht in der Lage, mich gegen sie zu äußern oder etwas gegen sie zu tun und ich habe große Angst vor den Waffen. Ich konnte nichts tun.“). Der BF äußerte somit in keiner Einvernahme eine gegen die Kurden gerichtete politische Meinung, sondern verwies stets auf seine Angst vor Waffen bzw Traumata aufgrund von Bombardierungen. Auffallend war hierbei, dass der BF, unter Bezugnahme auf seine Angst, stets angab, dass er nichts tun „konnte“. Dies zeigt, dass die Ablehnung des BF allenfalls auf seinem Unvermögen gegen diese große Angs anzukämpfen basiert, nicht aber auf einem „freiwilligen“ Entschluss. Dies ist so zu verstehen, dass der BF aufgrund seiner Angst offenbar in eine Art „Schockstarre“ verfällt und unfähig wird, sich zu äußern oder auch nur irgendetwas zu tun, was mit seinen Angaben bezüglich der Phobien, Traumata sowie dem Vorfall bei dem sein Vater für ihn das Reden übernehmen musste, übereinstimmt (AS 125). Aufgrund seines ausführlichen Vorbringens vor der belangten Behörde, wonach er bei dem Vorfall bei ihm Zuhause bloß geweint habe und sein Vater für ihn gesprochen habe, war es glaubhaft, dass der BF tatsächlich eine große Angst vor Waffen hat („Ich habe geweint. Ich hatte Angst“ AS 125). Zwar könnte man vermuten, dass der BF aufgrund dieses Vorfalls eine gegen die Kurden gerichtete politische Meinung entwickelt hat, allerdings führte er selbst rückblickend aus, dass er nach dem Vorfall zu seiner Familie gesagt habe, dass er nie eine Waffe tragen wolle. Er habe Angst vor Waffen und würde nie eine Waffe tragen (AS 127). Der BF führt seine Entscheidung, nicht für die Kurden zu kämpfen, somit bloß auf seine Ablehnung gegenüber Waffen zurück, schließlich möchte er allgemein keine Waffen tragen und nicht bloß bei den Kurden.
Sofern der BF in seiner Stellungnahme vom 11.02.2025 behauptete, dass er aus Gewissensgründen nicht für die Kurden kämpfen wolle, da er deren Rekrutierungspolitik ablehne und es ihm nicht zumutbar sei, seine gegen die SDF gerichtete oppositionelle politische Meinung geheim zu halten, kann dem nicht gefolgt werden. Es zeigte sich ganz eindeutig, dass der BF Angst vor Waffen hat, aber nicht gegen die Kurden eingestellt ist. Dass er bei dem Vorfall in Syrien nicht für die Kurden kämpfen wollte, hat bloß etwas mit seinen Ängsten vor Waffen zu tun und nichts mit den Kurden. Das Vorbringen kann daher bloß dahingehend gewertet werden, dass der BF versucht damit seine Chancen auf Asyl zu steigern. Deutlich wird dies auch bei der Frage, was er bei einer Rückkehr befürchte: „Die Angst ist noch da. Es gibt keinen Frieden in meinem Land. Wenn ich das Ganze genau schildern kann, so haben die Kurden nirgendwo Ruhe. Wir Kurden aus Syrien werden sowohl von den Türken von den Arabern und von den Söldnern aus Russland diskriminiert und verfolgt.“ (AS 127). Der BF erwähnt somit auch hier zu keinem Zeitpunkt die DAANES bzw SDF. Im Gegenteil fühlt sich der BF offenbar stark mit den Kurden verbunden („wir Kurden“). Es wird nicht verkannt, dass zwischen den Kurden und der DAANES bzw SDF ein Unterschied besteht, allerdings ist die Familie des BF bewusst in ein von dieser kontrolliertes Gebiet gezogen und der Bruder des BF ist Soldat in der SDF, was auf die Verbundenheit der Familie mit diesen bestätigt (AS 119; OZ 7, S 7).
Dass der BF politisch nicht interessiert ist ergibt sich ua aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung, wo der BF zu den politischen Veränderungen in seinem Heimatland befragt wurde. Zwar gab er an, den Nachrichten zu folgen, da seine Familie weiterhin in Syrien lebe, allerdings konnte er dies – abgesehen von einem allgemeinen Verweis auf die unsichere und instabile Lage – nicht näher erläutern. Mehrfach nachgefragt, ob diese Entwicklungen etwas für ihn geändert haben, beantwortete der BF stets mit „Nein“ bzw verwies er hierbei darauf, dass er nun in Österreich lebe und es nichts Neues gebe (OZ 7, S 8 f). Es wurde in der mündlichen Verhandlung somit deutlich, dass der BF zwar das Tagesgeschehen rund um Bombardierungen/Gefechte verfolgt, nicht aber die politischen Veränderungen in seiner Heimat (siehe dazu auch OZ 7, S 7).
Zusammengefasst zeigte sich, dass sich der BF noch nie politisch engagiert hat und eine große Angst vor Waffen hat. Die Ereignisse in Syrien verfolgt er zwar noch im Hinblick auf die Sicherheitslage in Sorge um seine Familie, aber nicht aus politischem Interesse heraus, schließlich lebt er – wie er selbst sagt – mittlerweile in Österreich. Es waren daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen.
Zum Pazifismus:
Für eine pazifistische Einstellung des BF spricht seine Angabe vor dem Bundesamt, dass er Pazifist sei bzw, dass er in der mündlichen Verhandlung erwähnte, dass er ein friedliebender Mensch sei, der gegen das Blutvergießen und den Ansatz von Waffen sei (siehe AS 123; OZ 7, S 9).
Dagegen spricht allerdings, dass der BF sowohl vor dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang stets seine große Angst vor Waffen und Schussgeräuschen betonte (vgl ua AS 123; OZ 7, S 9 f). In diesem Zusammenhang ist somit zwischen der weltanschaulichen Strömung, die jeden Krieg als Mittel der Auseinandersetzung ablehnt und den Verzicht auf Rüstung und militärische Ausbildung fordert (vgl https://www.duden.de/rechtschreibung/Pazifismus, zuletzt abgerufen am 07.08.2025) und der bloßen Furcht vor Schusswaffen und deren Geräusche zu unterscheiden.
Der BF gab selbst an, dass er Angst vor Schießereien habe und davon Phobien bekommen habe (OZ 7, S 9). Diese Traumatisierung, wie der BF es nennt (AS 123) ist vor dem Hintergrund, dass der BF als Kind/Jugendlicher in einem vom Bürgerkrieg geplagten Land aufgewachsen ist durchaus sehr nachvollziehbar. Diese große Angst/Phobie zeigt sich auch in seiner detaillierten Schilderung, als zehn bewaffnete Personen in sein Haus gekommen seien. Diese Begegnung mit bewaffneten Personen führte – so der BF – dazu, dass er nicht mehr sprechen konnte, sondern aus Angst bloß noch weinte („LA: Haben Sie mit Ihnen gesprochen? VP: Ich habe geweint. Ich hatte Angst.“ AS 125). Schlussendlich musste bei diesem Vorfall gar sein Vater das Sprechen für ihn übernehmen („Sie haben mich an der Schulter gefasst und mich zu Boden gezogen. Mein Vater hat Sie auf die Seite genommen und mit Ihnen gesprochen. Er hat gesagt, dass ich weine und Angst habe.“ AS 125; bzw „Ich war nicht in der Lage, mich gegen sie zu äußern, oder etwas gegen sie zu tun und ich habe große Angst vor den Waffen. Ich konnte nichts tun.“ OZ 7, S 9). Die glaubhafte große Angst des BF vor Waffen, lässt allerdings noch nicht den Schluss zu, dass der BF Pazifist ist.
Selbst die Hinweise des BF, dass Österreich ein neutrales Land sei, wo er ein friedliches Leben führen wolle, konnten nicht überzeugen (AS 127). In der mündlichen Verhandlung wurde der BF explizit dazu befragt, ob er sich jemals politisch engagiert habe, oder gar gegen die Kurden gestellt habe oder diesen seine Meinung gesagt habe (diese forderten ihn schließlich zum Dienst an der Waffe auf). Der BF verneinte dies abermals mit einem Hinweis auf seine „große Angst vor den Waffen“ (OZ 7, S 8 f). Eine politische/weltanschauliche Überzeugung als Pazifist, war daher auch hier nicht erkennbar.
Im Ergebnis zeigte sich somit, dass der BF, der in einem Bürgerkriegsland aufgewachsen ist, nachvollziehbarerweise eine große Angst vor Waffen und Schussgeräuschen hat. Eine über die pauschale Behauptung „Pazifist“ zu sein hinausgehende weltanschauliche Überzeugung des BF konnte allerdings nicht erkannt werden. Dafür stellte er seine Angst vor Waffen in den mündlichen Einvernahmen zu sehr in den Mittelpunkt. Tatsächliche politische/weltanschauliche Gedanken bezüglich seines „Pazifismus“ reichten nicht über die bloße Angabe, ein friedlicher Mensch zu sein, hinaus. Würde der BF tatsächlich überzeugter Pazifist sein, so hätte er dies – trotz seines geringen Bildungsniveaus – näher ausführen können und beispielsweise von Differenzen mit seinem Bruder berichten können, der Soldat bei den Kurden ist (AS 119), oder hätte sich an Protesten gegen den Bürgerkrieg im Allgemeinen beteiligt bzw zumindest von diesbezüglichen Gedanken und Gesprächen berichtet. Es war daher davon auszugehen, dass der BF seine Ängste vielleicht als „Pazifismus“ bezeichnet, ohne, dass allerdings eine tatsächliche diesbezügliche Überzeugung dahintersteht. Es war daher festzustellen, dass der BF kein Pazifist ist.
Zur Einstellungen der Kurden gegenüber dem BF:
Dass ihm von den Kurden keine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird, ergibt sich daraus, dass die Kurden den Vorfall rund um den Rekrutierungsversuch nicht mit einer oppositionellen Gesinnung des BF, sondern allenfalls bloß mit dessen großer Angst, in Verbindung setzen. Der BF schilderte vor dem Bundesamt glaubhaft, dass er bei dem Vorfall große Angst gehabt und geweint habe (AS 125). Auch sein Vater habe dies den Kurden gesagt („Mein Vater hat Sie auf die Seite genommen und mit Ihnen gesprochen. Er hat gesagt, dass ich weine und Angst habe.“ AS 125).
Hinzu kommt, dass der BF selbst bestätigte, dass er sich nie gegen die Kurden geäußert habe (OZ 7, S 9). Es gab somit keine Anhaltspunkte, dass die Kurden den BF als Oppositionellen wahrnehmen würden. Im Gegenteil ist sogar davon auszugehen, dass die Familie des BF als besonders SDF bzw DAANES-nahe wahrgenommen wird, schließlich ist ein Bruder des BF als Soldat für diese im Einsatz (AS 119), was deren Loyalität diesen gegenüber bezeugt.
Darüber hinaus ist die Familie des BF bereits als der BF sieben bzw acht Jahre alt war nach XXXX verzogen. Als Grund dafür gab der BF an, dass XXXX unter Kontrolle der Kurden war (OZ 7, S 7), was deren Verbundenheit mit den dortigen Machthabern abermals unterstreicht.
Vor diesem Hintergrund, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die bloße Ausreise des BF dazu geführt hat, dass die Kurden den BF nunmehr als Oppositionellen wahrnehmen.
Selbst wenn man annehmen würde, dass die Kurden die bereits über drei Jahre zurückliegende Ausreise des BF mit einer Verweigerung der Selbstverteidigungspflicht in Verbindung bringen würden, führt dies nach den Länderberichten „nur“ zu einer Verlängerung der Selbstverteidigungspflicht um einen Monat. Sonstige Konsequenzen sind den Länderberichten weder bezüglich dem BF selbst, noch gegenüber seiner Familie zu entnehmen (LIB, Kapitel Wehr- und Reservedienst in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF - Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES), Wehrpflichtverweigerer und Deserteure).
Der BF bestätigte dies auch mit einem Verweis auf das LIB Syrien Version 11, Stand März 2024, wonach eine Verweigerung der Selbstverteidigungspflicht grundsätzlich nicht als Ausdruck einer politischen Gesinnung gesehen werde (vgl OZ 6, S 3). Zwar gibt er hierbei zu bedenken, dass in Zeiten der jetzigen Generalmobilmachung die Schwelle, um als Oppositioneller zu gelten, wohl niedriger als früher anzusetzen sei, allerdings hat der BF das Land bereits lange vor der Generalmobilmachung verlassen, weshalb er sich dieser bislang auch nicht entzogen hat.
Zusammengefasst war daher, mangels Anhaltspunkte, festzustellen, dass die Kurden dem BF keine oppositionelle Gesinnung unterstellen.
Zu sonstigen Bedrohungen des BF:
Die Feststellung, dass der BF in Syrien grundsätzlich individuell weder bedroht gewesen noch es zu Übergriffen auf ihn gekommen ist, gründet darin, dass der BF keine sonstigen ihn persönlich betreffenden Probleme schilderte. Die pauschalen und allgemeinen Angaben des BF, dass er im Falle einer Rückkehr weiterhin immer Angst haben werde und sein Leben zerstört werden würde, lassen jedenfalls nicht auf eine individuell gegen ihn gerichtete Bedrohung schließen. Gäbe es diesbezüglich konkrete Anhaltspunkte, hätte der BF diese bei einer der ihm gebotenen Gelegenheiten im Verfahren glaubhaft geschildert.
Zum Heimatort des BF bzw dessen Erreichbarkeit:
Die Feststellung, dass dem BF eine hypothetische Rückkehr möglich ist, ergibt sich aus den in das Verfahren eingebrachten Länderberichten, wonach seit dem Umsturz bereits tausende Personen nach Syrien bzw IDPs in ihre Heimatregionen zurückgekehrt sind (vgl LIB, Kapitel Rückkehr, wonach Schätzungen bis zur Jahreshälfte 2025 von einer Million Rückkehrer:innen ausgehen). Es kamen keine Anhaltspunkte hervor, weshalb dem BF, der in Syrien weiterhin Familie hat, eine Rückkehr nicht ebenso möglich sein sollte.
2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
3.1.1. Gemäß § 3 Abs 1 AsylG liegt es am BF, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Erlassung der Entscheidung vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der "Asylentscheidung" immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl zuletzt VwGH 29.06.2023, Ra 2022/01/0285, mwN; sowie jüngst unter Hinweis auf diese Entscheidung VfGH 27.2.2023, E 3307/2022).
Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (vgl VwGH 19.04.2023, Ra 2022/14/0056).
Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention zum Zeitpunkt der Entscheidung an (Hinweis B vom 24. Juni 2014, Ra 2014/19/0046, mwN). In diesem Zusammenhang ist die Frage, ob eine aktuelle Verfolgungsgefahr vorliegt, eine Einzelfallentscheidung, die grundsätzlich - wenn sie, wie vorliegend, auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (Hinweis B vom 28. April 2015, Ra 2015/18/0026, mwH) (VwGH 22.01.2021, Ra 2020/01/0492).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung nämlich nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten (siehe dazu VwGH 23.2.2017, Ra 2016/20/0089 uvm).
In seiner Rechtsprechung zur Rechtslage nach dem AsylG 1997 hat der VwGH in Fällen, in denen Asylwerber nicht aufgrund eines eigenen Entschlusses, sondern unter Zwang aufgrund einer Vertreibung ihren dauernden Aufenthaltsort innerhalb des Herkunftsstaates gewechselt hatten und an dem neuen Aufenthaltsort nicht Fuß fassen konnten (Zustand innerer Vertreibung), den ursprünglichen Aufenthaltsort als Heimatregion angesehen (vgl VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0192).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen. Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und Sanktionen – wie etwa der Anwendung von Folter – jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe eine asylrelevante Verfolgung darstellen (vgl. VwGH 21.05.2021, Ro 2020/19/0001, Rn 19, mwN; siehe auch VwGH 19.06.2019, Ra 2018/18/0548), wonach es für die Frage eines möglichen Asylanspruchs entscheidend ist, ob einem Beschwerdeführer bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat angesichts des in den Länderfeststellungen ausgewiesenen erhöhten Rekrutierungsdrucks der syrischen Armee und der besonderen Gefährdung von einreisenden Männern im wehrfähigen Alter mit maßgebender Wahrscheinlichkeit eine Einziehung zum Wehrdienst droht (vgl. überdies VwGH 03.05.2022, Ra 2021/18/0250, mit Verweis auf VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0203; sowie zuletzt VwGH 04.07.2023, Ra 2023/18/0108, Rn. 27 ff.; siehe auch EuGH 19.11.2020, C 238/19, wonach im Kontext des Bürgerkriegs in Syrien eine starke Vermutung dafürspricht, dass die Weigerung, dort Militärdienst zu leisten, mit einem Grund in Zusammenhang steht, der einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründen kann; darauf Bezug nehmend zuletzt auch VfGH 20.09.2022, E 1138/2022 und VwGH 26.01.2023, Ra 2022/20/0358; vgl. auch EUAA, Country Guidance: Syria 2023, 74 f).
3.1.2. Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.2 (unter Heranziehung der entsprechenden Länderberichte) dargestellt, ist es dem BF nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihm im Falle der Rückkehr in seinen Heimatstaat Eingriffe in seine körperliche Integrität, eine Verfolgung, Gewalt, oder Lebensgefahr drohen. Er hat keine konkrete und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursachen in einem der in der GFK genannten Gründe hat, glaubhaft machen können. Aus den Feststellungen kann daher keine aufgrund der Konventionsgründe erfolgte individuelle Verfolgung des BF abgeleitet werden:
Zur Asylrelevanz des Bürgerkriegs
Aufgrund der erst vor kurzem erfolgten Umsturzes und der zum Teil noch ungeklärten Verhältnisse zwischen den (neuen) Akteuren in Syrien, ist die Annahme des Fortbestehens des Bürgerkrieges durchaus vertretbar. Der im Heimatland des BF herrschende Bürgerkrieg begründet allerdings für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl zuletzt VwGH 17.11.2017, Ra 2017/20/0404). Es bedarf einer zusätzlichen Gefährdung des Asylwerbers, aus asylrelevanten Gründen, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht. Solche kamen nicht hervor.
Zur Verfolgung durch das syrische Assad-Regime:
Der BF brachte vor, er sei ua durch das syrische Regime aufgrund seiner Verweigerung des Wehrdienstes, bzw seine Flucht und die Asylantragstellung im Ausland, asylrelevant verfolgt (vgl AS 312 ff). Dem kann nicht gefolgt werden.
Wie festgestellt, wurde das syrische Assad-Regime gestürzt. Da die bisherigen Macht-/Behördenstrukturen damit nicht mehr existieren, sind diese auch nicht mehr dazu in der Lage Personen zu verhaften oder zu rekrutieren. Der vom BF vorgebrachte Verfolger existiert nicht mehr, womit auch der vom BF diesbezüglich vorgebrachten Verfolgung die Aktualität fehlt. Die vom BF in Bezug auf die syrische Assad-Regierung vorgebrachten Fluchtgründe sind daher unbegründet (siehe dazu auch UNHCR, Position on Returns to the Syrian Arab Republic, Rz 6).
Zur Verfolgung durch die kurdischen Milizen bzw DAANES:
Die „Demokratische Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ ist ein de facto autonomes Gebiet im Nordosten von Syrien, das jedoch nicht anerkannt ist. Bereits aus diesem Grund, liegt gegenständlich – mangels Militärdienstes eines souveränen Staates – im Hinblick auf die „Selbstverteidigungspflicht“ in der „Demokratische Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ der Tatbestand einer Verfolgungshandlung gemäß Art 9 Abs 2 lit e der Statusrichtlinie nicht vor.
Von einer – nicht asylrelevanten – Zwangsrekrutierung durch einen nichtstaatlichen Akteur ist jene Verfolgung zu unterscheiden, die an die tatsächliche oder nur unterstellte politische Gesinnung anknüpft, die in der Weigerung, sich den Rekrutierenden anzuschließen, gesehen wird. Auf das Auswahlkriterium für die Rekrutierung selbst kommt es in einem solchen Fall nicht an. Dabei ist entscheidend, mit welchen Reaktionen auf Grund der Weigerung, sich dem Willen der Rekrutierenden zu beugen, zu rechnen ist und ob in dem Verhalten eine – sei es auch nur unterstellte – politische oder religiöse oppositionelle Gesinnung erblickt wird (vgl. zum Ganzen VwGH 19.04.2016, Ra 2015/01/0079, Rz 15 mwN; auch VfGH 25.02.2019, E4032/2018, Pkt. 2.1., mwN).
Für den BF bedeutet das:
Wie festgestellt, ist eine Rekrutierung des BF zur Selbstverteidigungspflicht der Kurden durchaus möglich. Ein Zusammenhang zwischen der Rekrutierungshandlung und einem der in Art 1 Abschnitt A Z 2 genannten Gründe der GFK ist allerdings nicht zu erkennen:
Nach der Rechtsprechung müssen, damit der Status des Asylberechtigten zuerkannt werden kann, die Verfolgungshandlungen aus asylrechtlich relevanten Gesichtspunkten drohen. Dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen stehen muss, ergibt sich schon aus der Definition des Flüchtlingsbegriffs in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wonach als Flüchtling im Sinn dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, "aus Gründen" (Englisch: "for reasons of"; Französisch: "du fait de") der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen (vgl VwGH 12.12.2024, Ra 2024/19/0239, RS 2). Die Voraussetzung eines Kausalzusammenhangs besteht wenn auch in einem anderen Maße auch im Rahmen der Status-RL (siehe VwGH 14.10.2024, Ra 2024/20/0491, RS 4).
Zum einen ist den Länderberichten zu entnehmen, dass eine Verweigerung des kurdischen Wehrdienstes grundsätzlich nicht als politisch oppositionelle Gesinnung gesehen wird, erst recht nicht bei Personen, wie dem BF, die bisher nie oppositionell in Erscheinung getreten sind und nicht politisch sind (siehe dazu die Feststellungen zu Punkt II.1.2., wonach der BF keine oppositionelle Gesinnung gegenüber den Kurden hat, politisch nicht interessiert ist und ihm auch keine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird).
Selbst im Fall einer Verweigerung kamen im Verfahren keine Hinweise auf eine, auf Konventionsgründen beruhende und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende, unverhältnismäßige, Bestrafung des BF hervor. Nach der aktuellen Berichtslage hat eine Verweigerung eine bloße Verlängerung der Selbstverteidigungspflicht von einem Monat zur Folge. Ausschlaggebend war hierbei auch, dass den Quellen des DIS keine Fälle von Gewalt oder Misshandlung von Wehrdienstverweigerern bekannt waren, die an Kontrollpunkten gefasst wurden (siehe LIB, Wehr- und Reservedienst in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF - Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES), Wehrpflichtverweigerer und Deserteure).
Für das erkennende Gericht besteht somit keine Verbindung zum Konventionsgrund der politischen Gesinnung und den Reaktionen der kurdischen Behörden auf eine Wehrdienstverweigerung. Die (bloß) allgemeine Furcht, sich den Gefahren auszusetzen, die die Ableistung eines Militärdienstes im Kontext eines bewaffneten Konflikts mit sich bringt, findet keine Deckung in den Verfolgungsgründen von Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK (vgl VwGH 04.07.2023, Ra 2023/18/0108). Selbiges hat auch für die vom BF geschilderte Angst vor Waffen und Schussgeräuschen zu gelten. Wie festgestellt, ist der BF kein Pazifist im Sinne einer politischen Gesinnung, sondern hat schlichtweg Angst vor Waffen und Schussgeräuschen.
Für das erkennende Gericht ist im gegenständlichen Zusammenhang auch bedeutsam, dass die Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht normalerweise bei der Bewachung oder dem Schutz öffentlicher Gebäude eingesetzt werden. Im Allgemeinen werden die Wehrpflichtigen nicht in Kampfsituationen eingesetzt. Auch dies unterscheidet sich von der Einsatzstrategie der ehemaligen syrischen Regierung, wo es durchaus wahrscheinlich war, dass es zu einem Fronteinsatz kommt. Hinzu kommt, dass im Falle des BF ein etwaiger Kampfeinsatz aufgrund seiner Ängste vor Waffen bzw Schussgeräuschen gänzlich unwahrscheinlich ist. Wie den Länderberichten zu entnehmen ist, durchlaufen die Rekruten ein Ausbildungsprogramm, welches auch praktische militärische Übungen enthält. Die vom BF vorgebrachten großen Ängste vor Waffen und Schussgeräuschen fallen demnach bereits in der anfänglichen Ausbildungsphase auf, weshalb sich bereits da herausstellen wird, dass er für Kampfeinsätze und den Dienst an der Waffe gänzlich ungeeignet ist. In diesem Zusammenhang ist es somit nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass der BF überhaupt seinen Dienst an der Waffe versehen wird (schließlich gab er selbst an, keine Waffe tragen zu wollen/können; OZ 7, S 9). Der ungebildete BF ist zwar nach dem LIB auch für Bürotätigkeiten nicht qualifiziert (diese kommen grundsätzlich höher gebildeten Personen zu), allerdings ist davon auszugehen, dass er (allenfalls auch ohne Waffe) im Bereich der Gebäudebewachung seine Selbstverteidigungspflicht ableisten wird.
Sofern der BF in seiner Stellungnahme vom 11.02.2025 vorbrachte, dass die Kurden gewaltsam gegen Personen vorgingen, die an Demonstrationen teilgenommen haben bzw ihre politische Meinung gegen die Kurden öffentlich äußerten, ist nicht ersichtlich inwiefern dies den politisch nicht interessierten BF, der keine oppositionelle Gesinnung gegenüber den Kurden bzs der DAANES hat, betrifft.
Die Durchsicht der aktuellen Länderberichte zur Heimatregion des BF erlaubt es nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen. Die nach dem Machtwechsel noch instabile Lage, eine etwaige prekäre Versorgungslage, oder sonstige Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine asylrelevante Verfolgung im Sinne der GFK dar.
Aus diesem Grund stehen auch die Position des UNHCR (UNHCR-Position on Returns to the Syrian Arab Republic, Dezember 2024) sowie die der Entscheidung zu Grunde gelegten UNHCR Regional Flash Updates der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen:
Die von UNHCR thematisierten Fragen der freiwilligen Rückkehr („Voluntary Returns“) sowie des Moratoriums zwangsweiser Rückführungen („Moratorium on Forced Returns“) sind mit Blick auf den Gegenstand dieser Entscheidung nicht relevant. Des Weiteren plädiert UNHCR dafür, dass vorerst keine negativen Entscheidungen über Asylanträge von syrischen Staatsangehörigen, erlassen werden. Zutreffend weist UNHCR zunächst darauf hin, dass das Risiko einer Verfolgung durch die einstige Regierung, also das Assad-Regime, geendet habe. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit den – in zahlreichen Medien veröffentlichten – Informationen, auf die sich die gegenständliche Entscheidung stützt. Im Falle des Entstehens neuer Asylgründe infolge der Lageänderung in Syrien ab Ende November/Anfang Dezember 2024 wäre eine entsprechende Glaubhaftmachung am – rechtskundig vertretenen und über seine Mitwirkungspflicht belehrten – BF gelegen. Sollten sich (im Gegensatz zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt) neue Asylgründe infolge des Machtwechsels konkretisieren, steht dem BF auch in Zukunft die Möglichkeit offen, einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Zum hier relevanten Entscheidungszeitpunkt ist jedenfalls von keiner asylrelevanten Verfolgung auszugehen. Im Übrigen ist beachtlich, dass auch UNHCR keine konkreten neuen Verfolgungsrisiken ins Treffen führt, sondern sich bloß allgemein auf die in Syrien vorherrschende Unsicherheit und Instabilität bezieht. Vor diesem Hintergrund sei abschließend noch einmal daran erinnert, dass der BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten innehat.
Die belangte Behörde hat daher den Antrag des BF auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zu Recht abgewiesen, weshalb die dagegen gerichtete Beschwerde gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.