Spruch
W229 2289942-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4/4. Stock 1020 Wien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2024, GZ XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 22.02.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer an, aus Aleppo/ XXXX zu stammen, verheiratet und Vater von vier minderjährigen Kindern zu sein. Zu seinem Fluchtgrund gab er an, wegen des Krieges geflohen zu sein und im Falle der Rückkehr Angst um sein Leben zu haben.
2. Am 26.09.2023 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen. Dabei gab er an, dass er vor seiner illegalen Ausreise aus Syrien am 05.12.2022 von 2017 bis 2022 in XXXX und zuvor in XXXX in der Nähe von Aleppo gelebt habe. Seine Ehefrau und seine Kinder leben bei seiner Mutter in Syrien. Er sei Hilfsapotheker gewesen und habe auch nebenbei Lesen und Schreiben unterrichtet. Er sei sunnitischer Moslem und habe nach der Revolution die Leute aufgerufen zu demonstrieren. Er habe Scharia studiert und sei als relgiöser Mann verfolgt gewesen. Dies sei auch sein Fluchtgrund. Er sei von der Sicherheitsbehörde mehrmals geladen und einvernommen, aber immer wieder entlassen worden, da es keine Beweise gegen ihn gegeben habe. Den Militärdienst habe er von 2003 bis 2006 abgeleistet. Die letzte von ihm mitorganisierte Demonstration habe 2012 in Aleppo stattgefunden. Im Zusammenhang mit Rekrutierungsversuchen seitens der Kurden in XXXX gab er an, dass sein Chef gesagt habe, sie müssten bereit sein, eine Waffe zu tragen und XXXX zu verteidigen. Danach sei er im Mai 2022 geflohen.
3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 16.02.2024 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) ab. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten begründete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer keine Bedrohung oder Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht habe. Die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde damit begründet, dass ihm dieser wegen des momentanen innerstaatlichen Konflikts und der humanitären Lage in seinem Herkunftsstaat Syrien zuzuerkennen sei.
4. Der Beschwerdeführer erhob gegen Spruchpunkt I. des Bescheides fristgerecht Beschwerde.
In der Beschwerde brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er im Anschluss an den verpflichtenden Wehrdienst im Jahr 2006 mit dem Scharia Studium begonnen habe und in einer Moschee als Redner tätig gewesen sei. Er sei als religöser Mann besonders einer oppositionellen Gesinnung seitens des Regimes verdächtig gewesen. Er sei in Aleppo aktiv an der Revolution beteiligt gewesen und habe selbst an Demonstrationen an seiner Universität in Aleppo teilgenommen und Personen aufgefordert, friedlich gegen das Regime zu demonstrieren. Auch habe er geholfen Verletzte der Demonstrationen zu verarzten und zu retten. Der Beschwerdeführer sei zwei Mal festgenommen, aber mangels Beweisen wieder frei gelassen worden. Als 2017 das Regime in seiner Herkunftsregion wieder die Macht übernommen habe, sei er nach XXXX geflohen und habe dort bis 2022 gelebt. Aufgrund einer Bedrohung der Kurden durch die Türken im Jahr 2022 und weil die Altersgrenze des Selbstverteidigungsrechtes für Araber nicht gelte, sei er im Mai 2022 geflohen. Aufgrund seiner Demonstrationsteilnahme und seiner Weigerung, als Reservist beim syrischen Militär zu dienen, werde ihm eine oppositionelle Gesinnung unterstellt. Des Weiteren fürchte er eine Zwangsrekrutierung zum kurdischen Selbstverteidigungsdienst. Seine Ehefrau und die Kinder würden wieder bei seinen Eltern in XXXX wohnen.
5. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und langten am 10.04.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 27.09.2024 im Beisein der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers und eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich befragt wurde. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nahm an der Verhandlung nicht teil; die Verhandlungsschrift wurde der belangten Behörde übermittelt.
7. Am 30.09.2024 langte eine ergänzende Stellungnahme des Beschwerdeführers ein, in welcher er insbesondere Ausführungen zur Notwendigkeit eines Bürgen für den Aufenthalt in XXXX tätigte.
8. Mit Schreiben vom 31.01.2025 wurden dem Beschwerdeführer die aktuellen Länderberichte zur Stellungnahme übermittelt. In der am 05.02.2025 eingelangten Stellungnahme tätigte der Beschwerdeführer allgemeine Ausführungen zum Machtwechsel in Syrien und in Bezug auf die Hayat Tahrir as-Sham (im Folgenden: HTS). Einen Antrag auf Durchführung einer neuerlichen Verhandlung stellte er darin nicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , geb. am XXXX , ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und bekennt sich zum sunnitischen Islam. Seine Muttersprache ist Arabisch. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat vier minderjährige Kinder.
Der Beschwerdeführer ist in XXXX im Gouvernement Aleppo geboren und aufgewachsen. Er hat zwölf Jahre die Schule besucht und ab 2006 in Aleppo ein Scharia Studium ausgeübt, welches er aufgrund der Revolution nicht beenden konnte. In der Zeit von 2017 bis 2022 hat der Beschwerdeführer mit seiner Familie in XXXX gewohnt und dort als Hilfsapotheker gearbeitet. Seine Frau und seine Kinder leben nunmehr wieder bei seinen Eltern in XXXX . Der Beschwerdeführer hat Syrien im Mai 2022 verlassen.
Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers und der aktuelle Aufenthaltsort seiner Familie, der Ort XXXX , werden von der HTS kontrolliert; die Stadt XXXX und ihre Umgebung sind unter Kontrolle der Syrian Naitonal Army (SNA, vormals Freie syrische Armee – FSA).
Der Beschwerdeführer leidet an keinen ernsthaften Erkrankungen. Er ist strafgerichtlich unbescholten.
1.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers und seiner Rückkehrbefürchtungen:
Das Assad-Regimes wurde im Zuge einer Großoffensive unter Führung der Hayat Tahrir Al-Sham (HTS) Anfang Dezember 2024 gestürzt. Deren Anführer, Ahmed al-Sharaa, wurde Ende Jänner 2025 zum Übergangspräsidenten ernannt. Die HTS kontrolliert nunmehr auch das vorherige Herrschaftsgebiet des Assad-Regimes.
Der Beschwerdeführer hat den verpflichtenden Wehrdienst des Assad-Regimes für männliche Staatsbürger von 2002 bis 2005 abgeleistet. Der Beschwerdeführer hat keine politische Überzeugung gegen den Dienst an der Waffe.
Der Beschwerdeführer hat in der Stadt Aleppo in den Jahren 2011 und 2012 an Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen und diese teilweise mitorganisiert. Dabei hat er stets darauf geachtet, keine Beweise zu hinterlassen. Der Beschwerdeführer wurde im Jahr 2012 zwei Mal wegen des Verdachts auf die Teilnahme an bzw. Organisation von Demonstrationen polizeilich befragt, jedoch mangels Beweisen freigelassen.
Der Beschwerdeführer fällt mit dem Geburtsjahrgang XXXX nicht in das Rekrutierungsalter für die „Selbstverteidigungspflicht“ in der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord-und Ostsyrien (auch Autonomous Administration of North and East Syria – AANES) der kurdisch geführten SDF, welche für Männer zwischen 18 und 26 Jahren im AANES-Gebiet gilt und ein Jahr andauert. Weder in seiner Heimatregion noch in der Stadt XXXX üben die SDF die Kontrolle aus.
Die HTS und die SNA haben keine Wehrpflicht etabliert.
Weder der Beschwerdeführer noch seine nahen Angehörigen hatten in den vergangenen Jahren in Syrien Kontakt oder Probleme mit der HTS. Er hat auch keine gegen die HTS gerichtete politische Meinung und wird ihm eine solche auch nicht unterstellt. Der Beschwerdeführer ist auch sonst nicht in das Blickfeld der HTS geraten.
Insgesamt ist der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien und konkret in seine Herkunftsregion oder auf dem Weg dorthin nicht aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von Seiten der HTS oder durch andere bedroht.
1.4. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
1.4.1. Auszüge aus den Länderinformationen der Staatendokumentation, Version 11, vom 27.03.2024:
9 Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen
Letzte Änderung 2023-07-14 13:52
9.1 Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst
Letzte Änderung 2024-03-11 06:50
Rechtliche Bestimmungen
Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022).
Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 4.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.1.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 4.2023).
[…]
Reservedienst
Gemäß Artikel 15 des Gesetzesdekrets Nr. 30 von 2007 bleibt ein syrischer Mann nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes, wenn er sich gegen einen Eintritt in den Militärdienst als Berufssoldat entscheidet, Reservist und kann bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Dienst einberufen werden. Es liegen einzelne Berichte vor, denen zufolge die Altersgrenze für den Reservedienst erhöht wird, wenn die betreffende Person besondere Qualifikationen hat (das gilt z. B. für Ärzte, Panzerfahrer, Luftwaffenpersonal, Artilleriespezialisten und Ingenieure für Kampfausrüstung) (STDOK 8.2017). Reservisten können laut Gesetz bis zum Alter von 42 Jahren mehrfach zum Militärdienst eingezogen werden. Die syrischen Behörden ziehen weiterhin Reservisten ein (NMFA 5.2022; vgl. NMFA 8.2023; vgl. DIS 1.2024). Die Behörden berufen vornehmlich Männer bis 27 ein, während ältere sich eher auf Ausnahmen berufen können. Dennoch wurden die Altersgrenzen fallweise nach oben angehoben, sodass auch Männer bis zu einem Alter von 55 Jahren eingezogen wurden bzw. Männer nach Erreichen des 42. Lebensjahres die Armee nicht verlassen können (ÖB Damaskus 12.2022). Die Altersgrenze hängt laut Experten eher von lokalen Entwicklungen und den Mobilisierungsbemühungen der Regierung ab als von allgemeinen Einberufungsregelungen. Generell hat sich das Maß der Willkür in Syrien im Zuge des Konfliktes erhöht (FIS 14.12.2018). Manche Quellen berichten, dass ihnen keine Fälle von Rekrutierungen Über-42-Jähriger nach 2016 bzw. 2018 bekannt seien. Gemäß anderen Quellen soll es jedoch zu Einberufungen von über-42-jährigen Rückkehrern aus dem Libanon und Jordanien als Reservisten gekommen sein, wobei es sich nicht um Zwangsrekrutierungen handelte (DIS 5.2020). V.a. weil die SAA derzeit nicht mehr so viele Männer braucht, werden über 42-Jährige derzeit eher selten einberufen. Das syrische Regime verlässt sich vor allem auf Milizen, in deren Dienste sich 42-Jährige einschreiben lassen können (DIS 1.2024).
Das niederländische Außenministerium berichtet unter Berufung auf vertrauliche Quellen, dass Männer über 42 Jahre, die ihren Wehrdienst abgeleistet hatten, Gefahr laufen, verhaftet zu werden, um sie zum Reservedienst zu bewegen. Männer, auch solche über 42 Jahren, werden vor allem in Gebieten, die zuvor eine Zeit lang nicht unter der Kontrolle der Behörden standen, als Reservisten eingezogen. Dies soll eine Form der Vergeltung oder Bestrafung sein. Personen, die als Reservisten gesucht werden, versuchen, sich dem Militärdienst durch Bestechung zu entziehen oder falsche Bescheinigungen zu erhalten, gemäß derer sie bei inoffiziellen Streitkräften, wie etwa regierungsfreundlichen Milizen, dienen (NMFA 5.2022). Manchen Quellen des Danish Immigration Service zufolge werden Reservisten unabhängig ihrer Qualifikationen einberufen, andere Quellen wiederum geben an, dass das syrische Regime Reservisten je nach ihrer militärischen Spezialisierung einzieht. Eine Quelle glaubt, dass Reservisten oft qualifikationsunabhängig eingezogen werden, aber immer öfter auf die Spezialisierung geachtet wird. Eine besondere Stellung bei der Einberufung zum Reservedienst nehmen Angestellte des öffentlichen Sektors ein. Manche Quellen sprechen davon, dass diese seltener einberufen werden, andere Quellen geben an, dass diese eher entsprechend ihrer Tätigkeiten (z.B. im medizinischen Bereich) im Rahmen ihres Reservedienstes an Orte geschickt werden, wo ihre Funktion gerade dringender gebraucht wird (DIS 1.2024).
[…]
9.4 Wehrdienstverweigerung / Desertion
Letzte Änderung 2024-03-12 13:44
Als der syrische Bürgerkrieg 2011 begann, hatte die syrische Regierung Probleme, Truppen bereitzustellen, um bewaffneten Rebellengruppen entgegentreten zu können. Die Zahl der Männer, die den Wehr- oder Reservedienst verweigerten, nahm deutlich zu. Eine große Zahl von Männern im wehrfähigen Alter floh entweder aus dem Land, schloss sich der bewaffneten Opposition an, oder tauchte unter (DIS 5.2020). Zwischen der letzten Hälfte des Jahres 2011 bis zum Beginn des Jahres 2013 desertierten Zehntausende Soldaten und Offiziere, flohen oder schlossen sich bewaffneten aufständischen Einheiten an. Seit der zweiten Hälfte des Jahres 2013 sind jedoch nur wenige Fälle von Desertion bekannt und vergleichsweise wenige wurden nach diesem Zeitpunkt deswegen verhaftet (Landinfo 3.1.2018).
In Syrien besteht keine Möglichkeit der legalen Wehrdienstverweigerung. Auch die Möglichkeit eines (zivilen) Ersatzdienstes gibt es nicht. Es gibt in Syrien keine reguläre oder gefahrlose Möglichkeit, sich dem Militärdienst durch Wegzug in andere Landesteile zu entziehen. Beim Versuch, sich dem Militärdienst durch Flucht in andere Landesteile, die nicht unter Kontrolle des Regimes stehen, zu entziehen, müssten Wehrpflichtige zahlreiche militärische und paramilitärische Kontrollstellen passieren, mit dem Risiko einer zwangsweisen Einziehung, entweder durch die syrischen Streitkräfte, Geheimdienste oder regimetreue Milizen. Männern im wehrpflichtigen Alter ist die Ausreise verboten. Der Reisepass wird ihnen vorenthalten und Ausnahmen werden nur mit Genehmigung des Rekrutierungsbüros, welches bescheinigt, dass der Wehrdienst geleistet wurde, gewährt (AA 2.2.2024).
Der verpflichtende Militärdienst führt weiterhin zu einer Abwanderung junger syrischer Männer, die vielleicht nie mehr in ihr Land zurückkehren werden (ICWA 24.5.2022).
Haltung des Regimes gegenüber Wehrdienstverweigerern
In dieser Frage gehen die Meinungen zum Teil auseinander: Manche Experten gehen davon aus, dass Wehrdienstverweigerung vom Regime als Nähe zur Opposition gesehen wird. Bereits vor 2011 war es ein Verbrechen, den Wehrdienst zu verweigern. Nachdem sich im Zuge des Konflikts der Bedarf an Soldaten erhöht hat, wird Wehrdienstverweigerung im besten Fall als Feigheit betrachtet und im schlimmsten im Rahmen des Militärverratsgesetzes (qanun al-khiana al-wataniya) behandelt. In letzterem Fall kann es zur Verurteilung vor einem Feldgericht und Exekution kommen oder zur Inhaftierung in einem Militärgefängnis (Üngör 15.12.2021). Loyalität ist hier ein entscheidender Faktor: Wer sich dem Wehrdienst entzogen hat, hat sich als illoyal erwiesen (Khaddour 24.12.2021). Rechtsexperten der Free Syrian Lawyers Association (FSLA) mit Sitz in der Türkei beurteilen, dass das syrische Regime die Verweigerung des Militärdienstes als schweres Verbrechen betrachtet und die Verweigerer als Gegner des Staates und der Nation behandelt. Dies spiegelt die Sichtweise des Regimes auf die Opposition wie auch jede Person wider, die versucht, sich seiner Politik zu widersetzen oder ihr zu entkommen (STDOK 25.10.2023). Der Syrien-Experte Fabrice Balanche sieht die Haltung des Regimes Wehrdienstverweigerern gegenüber als zweischneidig, weil es einerseits mit potenziell illoyalen Soldaten, die die Armee schwächen, nichts anfangen kann, und sie daher besser außer Landes sehen will, andererseits werden sie inoffiziell als Verräter gesehen, da sie sich ins Ausland gerettet haben, statt „ihr Land zu verteidigen“. Wehrdienstverweigerung wird aber nicht unbedingt als oppositionsnahe gesehen. Das syrische Regime ist sich der Tatsache bewusst, dass viele junge Männer nach dem Studium das Land verlassen haben, einfach um nicht zu sterben. Daher wurde die Möglichkeit geschaffen, sich frei zu kaufen, damit die Regierung zumindest Geld in dieser Situation einnehmen kann. Hinzu kommen Ressentiments der in Syrien verbliebenen Bevölkerung gegenüber Wehrdienstverweigerern, die das Land verlassen haben und sich damit „gerettet“ haben, während die verbliebenen jungen Männer im Krieg ihr Leben riskiert bzw. verloren haben (Balanche 13.12.2021). Ein für eine internationale Forschungsorganisation mit Schwerpunkt auf den Nahen Osten tätiger Syrienexperte, der allerdings angibt, dazu nicht eigens Forschungen durchgeführt zu haben, geht davon aus, dass das syrische Regime möglicherweise am Anfang des Konflikts, zwischen 2012 und 2014, Wehrdienstverweigerer durchwegs als oppositionell einstufte, inzwischen allerdings nicht mehr jeden Wehrdienstverweigerer als oppositionell ansieht (STDOK 25.10.2023). Gemäß Auswärtigem Amt legen einige Berichte nahe, dass Familienangehörige von Deserteuren und Wehrdienstverweigerern ebenfalls Verhören und Repressionen der Geheimdienste ausgesetzt sein könnten (AA 2.2.2024).
Gesetzliche Lage
Wehrdienstentzug wird gemäß dem Militärstrafgesetzbuch bestraft. In Art. 98-99 ist festgehalten, dass mit einer Haftstrafe von einem bis sechs Monaten in Friedenszeiten und bis zu fünf Jahren in Kriegszeiten bestraft wird, wer sich der Einberufung entzieht (AA 2.2.2024; vgl. Rechtsexperte 14.9.2022).
Desertion wird von Soldaten begangen, die bereits einer Militäreinheit beigetreten sind, während Wehrdienstverweigerung in den meisten Fällen von Zivilisten begangen wird, die der Einberufung zum Wehrdienst nicht gefolgt sind. Desertion wird meist härter bestraft als Wehrdienstverweigerung. Das Militärstrafgesetzbuch unterscheidet zwischen „interner Desertion“ (farar dakhelee) und „externer Desertion“ (farar kharejee). Interne Desertion in Friedenszeiten wird begangen, wenn sich der Soldat sechs Tage lang unerlaubt von seiner militärischen Einheit entfernt. Ein Soldat, der noch keine drei Monate im Dienst ist, gilt jedoch erst nach einem vollen Monat unerlaubter Abwesenheit als Deserteur. Interne Desertion liegt außerdem vor, wenn der reisende Soldat trotz Ablauf seines Urlaubs nicht innerhalb von 15 Tagen nach dem für seine Ankunft oder Rückkehr festgelegten Datum zu seiner militärischen Einheit zurückgekehrt ist (Artikel 100/1/b des Militärstrafgesetzbuchs). Interne Desertion wird mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren bestraft, und wenn es sich bei dem Deserteur um einen Offizier oder einen Berufsunteroffizier handelt, kann er zusätzlich zu der vorgenannten Strafe mit Entlassung bestraft werden (Artikel 100/2). In Kriegszeiten können die oben genannten Fristen auf ein Drittel verkürzt und die Strafe verdoppelt werden (Artikel 100/4). Eine externe Desertion in Friedenszeiten liegt vor, wenn der Soldat ohne Erlaubnis die syrischen Grenzen überschreitet und seine Militäreinheit verlässt, um sich ins Ausland zu begeben. Der betreffende Soldat wird in Friedenszeiten nach Ablauf von drei Tagen seit seiner illegalen Abwesenheit und in Kriegszeiten nach einem Tag als Deserteur betrachtet (Artikel 101/1) (Rechtsexperte 14.9.2022). Externe Desertion wird mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis zehn Jahren bestraft (Artikel 101/2) (Rechtsexperte 14.9.2022; vgl. AA 2.2.2024). Die Haftstrafen können sich bei Vorliegen bestimmter Umstände noch erhöhen (z. B. Desertion während des Dienstes, Mitnahme von Ausrüstung) (Rechtsexperte 14.9.2022).
Die Todesstrafe ist gemäß Art. 102 bei Überlaufen zum Feind und gemäß Art. 105 bei geplanter Desertion im Angesicht des Feindes vorgesehen (AA 2.2.2024).
Neben anderen Personengruppen sind regelmäßig auch Deserteure (DIS 5.2020) und Wehrdienstverweigerer Ziel des umfassenden Anti-Terror-Gesetzes (Dekret Nr. 19/2012) der syrischen Regierung (AA 4.12.2020; vgl. DIS 5.2020).
[…]
Nicht-staatliche bewaffnete Gruppierungen (regierungsfreundlich und regierungsfeindlich)
Letzte Änderung 2024-03-13 15:02
[…]
Anders als die Regierung und die Syrian Democratic Forces (SDF), erlegen bewaffnete oppositionelle Gruppen wie die SNA (Syrian National Army) und HTS (Hay’at Tahrir ash-Sham) Zivilisten in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auf (NMFA 5.2022; vgl. DIS 12.2022). Quellen des niederländischen Außenministeriums berichten, dass es keine Zwangsrekrutierungen durch die SNA und die HTS gibt (NMFA 8.2023). In den von den beiden Gruppierungen kontrollierten Gebieten in Nordsyrien herrscht kein Mangel an Männern, die bereit sind, sich ihnen anzuschließen. Wirtschaftliche Anreize sind der Hauptgrund, den Einheiten der SNA oder HTS beizutreten. Die islamische Ideologie der HTS ist ein weiterer Anreiz für junge Männer, sich dieser Gruppe anzuschließen. Im Jahr 2022 erwähnt der Danish Immigration Service (DIS) Berichte über Zwangsrekrutierungen der beiden Gruppierungen unter bestimmten Umständen im Verlauf des Konfliktes. Während weder die SNA noch HTS institutionalisierte Rekrutierungsverfahren anwenden, weist die Rekrutierungspraxis der HTS einen höheren Organisationsgrad auf als die SNA (DIS 12.2022). […]
[…]
1.4.2. Kurzinformation der Staatendokumentation, SYRIEN, Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht, 10.12.2024:
„1. Zusammenfassung der Ereignisse
Nach monatelanger Vorbereitung und Training (NYT 1.12.2024) starteten islamistische Regierungsgegner unter der Führung der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) (Standard 1.12.2024) die Operation „Abschreckung der Aggression“ […] (AJ 2.12.2024) und setzten der Regierung von Präsident Bashar al-Assad innerhalb von 11 Tagen ein Ende. Die folgende Karte zeigt die Gebietskontrolle der einzelnen Akteure am 26.11.2024 vor Beginn der Großoffensive:
Am 30.11. nahmen die Oppositionskämpfer Aleppo ein und stießen weiter in Richtung der Stadt Hama vor, welche sie am 5.12. einnahmen. Danach setzten sie ihre Offensive in Richtung der Stadt Homs fort (AJ 8.12.2024). Dort übernahmen sie die Kontrolle in der Nacht vom 7.12. auf 8.12. (BBC 8.12.2024).
Am 6.12. zog der Iran sein Militärpersonal aus Syrien ab (NYT 6.12.2024). Russland forderte am 7.12. seine Staatsbürger auf, das Land zu verlassen (FR 7.12.2024). Am 7.12. begannen lokale Milizen und Rebellengruppierungen im Süden Syriens ebenfalls mit einer Offensive und nahmen Daraa ein (TNA 7.12.2024; vgl. AJ 8.12.2024), nachdem sie sich mit der Syrischen Arabischen Armee auf deren geordneten Abzug geeinigt hatten (AWN 7.12.2024). Aus den südlichen Provinzen Suweida und Quneitra zogen ebenfalls syrische Soldaten, sowie Polizeichefs und Gouverneure ab (AJ 7.12.2024). Erste Oppositionsgruppierungen stießen am 7.12. Richtung Damaskus vor (AJ 8.12.2024). Am frühen Morgen des 8.12. verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 8.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 9.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 8.12.2024). Das Armeekommando hatte die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 8.12.2024).
Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 9.12.2024).
Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 6.12.2024 die Kontrolle über Deir ez-Zour im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 7.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 7.12.2024).
Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen unter dem Namen Syrian National Army (SNA) im Norden Syriens starteten eine eigene Operation gegen die von den Kurden geführten Syrian Democratic Forces (SDF) im Norden von Aleppo (BBC 8.12.2024). Im Zuge der Operation „Morgenröte der Freiheit“ […] nahmen diese Gruppierungen am 9.12.2024 die Stadt Manbij ein (SOHR 9.12.2024). Die Kampfhandlungen zwischen Einheiten der durch die Türkei unterstützten Syrian National Army (SNA) auf der einen Seite und den SDF auf der anderen Seite dauerten danach weiter an. Türkische Drohnen unterstützten dabei die Truppen am Boden durch Luftangriffe (SOHR 9.12.2024b).
[…]
Die untere Karte zeigt die Gebietskontrolle der Akteure mit Stand 10.12.2024:
Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge sind seit Beginn der Offensive 910 Menschen ums Leben gekommen, darunter 138 Zivilisten (AAA 8.12.2024). Beim Vormarsch auf Homs waren tausende Menschen Richtung Küste nach Westen geflohen (AJ 6.12.2024). Bei der Offensive gegen Manbij wurden hingegen einige Zivilisten in Richtung Osten vertrieben (SOHR 9.12.2024).
In Damaskus herrschte weit verbreitetes Chaos nach der Machtübernahme durch die Opposition. So wurde der Sturz von Assad mit schweren Schüssen gefeiert und Zivilisten stürmten einige staatliche Einrichtungen, wie die Zentralbank am Saba-Bahrat-Platz, das Verteidigungsministerium (Zivilschutz) in Mleiha und die Einwanderungs- und Passbehörde in der Nähe von Zabaltani, außerdem wurden in verschiedenen Straßen zerstörte und brennende Fahrzeuge gefunden (AJ 8.12.2024b). Anführer al-Joulani soll die Anweisung an die Oppositionskämpfer erlassen haben, keine öffentlichen Einrichtungen anzugreifen (8.12.2024c) und erklärte, dass die öffentlichen Einrichtungen bis zur offiziellen Übergabe unter der Aufsicht von Ministerpräsident Mohammed al-Jalali aus der Assad-Regierung bleiben (Rudaw 9.12.2024).
Gefangene wurden aus Gefängnissen befreit, wie aus dem berüchtigten Sedanaya Gefängnis im Norden von Damaskus (AJ 8.12.2024c).
2. Die Akteure
Syrische Arabische Armee (SAA): Die Syrische Arabische Armee kämpfte gemeinsam mit den National Defense Forces, einer regierungsnahen, paramilitärischen Gruppierung. Unterstützt wurde die SAA von der Hisbollah, Iran und Russland (AJ 8.12.2024).
Die Einheiten der syrischen Regierungstruppen zogen sich beim Zusammenstoß mit den Oppositionskräften zurück, während diese weiter vorrückten. Viele Soldaten flohen oder desertierten (NZZ 8.12.2024). In Suweida im Süden Syriens sind die Soldaten der Syrischen Arabischen Armee massenweise desertiert (Standard 7.12.2024). Am 7.12. flohen mehrere Tausend syrische Soldaten über die Grenze in den Irak (Arabiya 7.12.2024; vgl. Guardian 8.12.2024). Präsident al-Assad erhöhte am 4.12. die Gehälter seiner Soldaten, nicht aber dasjenige von Personen, die ihren Pflichtwehrdienst ableisteten (TNA 5.12.2024). Dieser Versuch, die Moral zu erhöhen, blieb erfolglos (Guardian 8.12.2024).
Die Opposition forderte die Soldaten indes zur Desertion auf (TNA 5.12.2024). Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beobachteten, dass Hunderte Soldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie entlassen wurden (SOHR 8.12.2024). Offiziere und Mitarbeiter des Regimes ließen ihre Militärund Sicherheitsfahrzeuge in der Nähe des Republikanischen Palastes, des Büros des Premierministers und des Volkspalastes unverschlossen stehen, aus Angst von Rebellen am Steuer erwischt zu werden (AJ 8.12.2024b).
Opposition: Obwohl Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) den plötzlichen Vormarsch auf Aleppo gestartet hat und treibende Kraft der Offensive war haben auch andere Rebellengruppierungen sich gegen die Regierung gewandt und sich am Aufstand beteiligt (BBC 8.12.2024c).
• Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS): Die HTS wurde 2011 als Ableger der alQaida unter dem Namen Jabhat an-Nusra gegründet (BBC 8.12.2024c). Im Jahr 2017 brach die Gruppierung ihre Verbindung mit der Al-Qaida (CSIS 2018) und formierte sich unter dem Namen Hay’at Tahrir ash-Sham neu, gemeinsam mit anderen Gruppierungen (BBC 8.12.2024c). Sie wird von der UN, den USA, der Europäischen Union (AJ 4.12.2024) und der Türkei als Terrororganisation eingestuft (BBC 8.12.2024c). Der Anführer der HTS, der bisher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Joulani bekannt war, hat begonnen wieder seinen bürgerlichen Namen, Ahmad ash-Shara’a zu verwenden (Nashra 8.12.2024). Er positioniert sich als Anführer im PostAssad Syrien (BBC 8.12.2024c). Die HTS hat in den letzten Jahren versucht, sich als nationalistische Kraft (BBC 8.12.2024b) und pragmatische Alternative zu al-Assad zu positionieren (BBC 8.12.2024c).
Der Gruppierung werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (BBC 8.12.2024c). Einem Terrorismusexperten zufolge gibt es bereits erste Videos von Personen aus dem HTS-Umfeld, die ein Kalifat aufbauen wollen (WiWo 9.12.2024).
• National Liberation Front (NFL): Eine Reihe kleinerer Kampfgruppen, aus denen sich die NFL zusammensetzt, nahmen an der Operation „Abschreckung der Aggression“ teil, darunter die Jaish al-Nasr, das Sham Corps und die Freie Idlib-Armee. Die 2018 in Idlib gegründete NFL umfasst mehrere nordsyrische Fraktionen, von denen einige auch unter das Dach der Freien Syrischen Armee fallen (AJ 2.12.2024b).
• Ahrar al-Sham Movement: Die Ahrar al-Sham-Bewegung ist hauptsächlich in Aleppo und Idlib aktiv und wurde 2011 gegründet. Sie definiert sich selbst als „umfassende reformistische islamische Bewegung, die in die Islamische Front eingebunden und integriert ist“ (AJ 2.12.2024b).
• Jaish al-Izza: Jaish al-Izza: Übersetzt: „Die Armee des Stolzes“ ist Teil der Freien Syrischen Armee und konzentriert sich auf den Norden des Gouvernements Hama und einige Teile von Lattakia. Im Jahr 2019 erhielt die Gruppierung Unterstützung aus dem Westen, darunter auch Hochleistungswaffen (AJ 2.12.2024b).
• Nur Eddin Zinki-Bewegung (Zinki): Diese Gruppierung entstand 2014 in Aleppo, versuchte 2017, sich mit der HTS zusammenzuschließen, was jedoch nicht funktionierte. Die beiden Gruppierungen kämpften 2018 gegeneinander, und „Zinki“ wurde Anfang 2019 von ihren Machtpositionen in der Provinz Aleppo vertrieben. Ein Jahr später verhandelte „Zinki“ mit der HTS, und ihre Kämpfer kehrten an die Front zurück, und seitdem ist die Gruppe unter den oppositionellen Kämpfern präsent (AJ 2.12.2024b).
• Milizen in Südsyrien: Gruppierungen aus südlichen Städten und Ortschaften, die sich in den letzten Jahren zurückhielten, aber nie ganz aufgaben und einst unter dem Banner der Freien Syrien Armeekämpften, beteiligten sich am Aufstand (BBC 8.12.2024c). In Suweida nahmen Milizen der syrischen Minderheit der Drusen Militärstützpunkte ein (Standard 7.12.2024).
• Syrian Democratic Forces (SDF): Die SDF ist eine gemischte Truppe aus arabischen und kurdischen Milizen sowie Stammesgruppen. Die kurdische Volksschutzeinheit YPG ist die stärkste Miliz des Bündnisses und bildet die militärische Führung der SDF (WiWo 9.12.2024). Sie werden von den USA unterstützt (AJ 8.12.2024). Im kurdisch kontrollierten Norden liegen die größten Ölreserven des Landes (WiWo 9.12.2024).
• Syrian National Army (SNA): Diese werden von der Türkei unterstützt (BBC 8.12.2024c) und operieren im Norden Syriens im Grenzgebiet zur Türkei (AJ 8.12.2024). Der SNA werden mögliche Kriegsverbrechen, wie Geiselnahmen, Folter und Vergewaltigung vorgeworfen. Plünderungen und die Aneignung von Privatgrundstücken, insbesondere in den kurdischen Gebieten, sind ebenfalls dokumentiert (WiWo 9.12.2024).
3. Aktuelle Lageentwicklung
Sicherheitslage:
Israel hat Gebäude der Syrischen Sicherheitsbehörden und ein Forschungszentrum in Damaskus aus der Luft angegriffen, sowie militärische Einrichtungen in Südsyrien, und den Militärflughafen in Mezzeh. Israelische Streitkräfte marschierten außerdem in al-Quneitra ein (Almodon 8.12.2024) und besetzten weitere Gebiete abseits der Golan-Höhen, sowie den Berg Hermon (NYT 8.12.2024). Die israelische Militärpräsenz sei laut israelischem Außenminister nur temporär, um die Sicherheit Israels in der Umbruchphase sicherzustellen (AJ 8.12.2024d). Am 9.12.2024 wurden weitere Luftangriffe auf syrische Ziele durchgeführt (SOHR 9.12.2024c). Einer Menschenrechtsorganisation zufolge fliegt Israel seine schwersten Angriffe in Syrien. Sie fokussieren auf Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Luftabwehr (NTV 9.12.2024). Quellen aus Sicherheitskreisen berichten indes, dass Israelisches Militär bis 25km an Damaskus in Südsyrien einmarschiert wäre (AJ 10.12.2024).
Das US-Central Command gab an, dass die US-Streitkräfte Luftangriffe gegen den Islamischen Staat in Zentralsyrien geflogen sind (REU 9.12.2024). Präsident Biden kündigte an, weitere Angriffe gegen den Islamischen Staat vorzunehmen, der das Machtvakuum ausnützen könnte, um seine Fähigkeiten wiederherzustellen (BBC 7.12.2024).
Russland versucht, obwohl es bis zum Schluss al-Assad unterstützte, mit der neuen Führung Syriens in Dialog zu treten. Anstatt wie bisher als Terroristen bezeichnen russische Medien die Opposition mittlerweile als „bewaffnete Opposition“ (BBC 8.12.2024d).
Sozio-Ökonomische Lage:
Die Opposition versprach, den Minderheiten keinen Schaden zuzufügen und sie nicht zu diskriminieren, egal ob es sich um Christen, Drusen, Schiiten oder Alawiten handle. Gerade letztere besetzten unter der Führung Al-Assad’s oft hohe Positionen im Militär und den Geheimdiensten (TNA 5.12.2024).
Für alle Wehrpflichtigen, die in der Syrischen Arabischen Armee gedient haben, wurde von den führenden Oppositionskräften eine Generalamnestie erlassen. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie wurden untersagt (Presse 9.12.2024). Ausgenommen von der Amnestie sind jene Soldaten, die sich freiwillig für den Dienst in der Armee gemeldet haben (Spiegel 9.12.2024).
Die syrischen Banken sollen ihre Arbeit am 10.12.2024 wiederaufnehmen, die Bediensteten wurden aufgefordert, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren (Arabiya 9.12.2024).
Die HTS, die weiterhin auf der Terrorliste der UN steht, ist seit 2016 von Sanktionen des UN-Sicherheitsrates betroffen. Diplomaten zufolge war die Streichung der HTS von der Sanktionenliste kein Thema bei der jüngsten Ratssitzung (REU 10.12.2024). Bevor der Wiederaufbau zerstörter Städte, Infrastruktur und Öl- und Landwirtschaftssektoren beginnen kann, muss mehr Klarheit über die neue Regierung Syriens geschaffen werden (DW 10.12.2024)
[…]“
1.4.3. Auszug aus der EUAA County Guidance vom April 2024:
„[…]
3.4 Bewaffnete regierungsfeindliche Gruppen
Letzte Aktualisierung: April 2024
[…]
Hayat Tahrir al-Sham oder Organisation für die Befreiung der Levante (HTS) ist eine Koalition islamistischer sunnitischer regierungsfeindlicher bewaffneter Gruppen, die von der EU, den Vereinten Nationen und vielen Staaten weiterhin als terroristische Organisation geführt wird [Sicherheit 2023, 1.4.4, S. 30, Sicherheit 2021, 1.4.4, S. 25]. HTS besteht aus mehreren bewaffneten Fraktionen, darunter Jabhat Fatah al-Sham (auch bekannt als Jabhat al-Nusrah und zuvor als Al-Nusrah Front). Sie behält ihre Macht durch die syrische Heilsregierung, die als „politischer Arm“ der Gruppe fungiert. [Sicherheit 2022, 2.1.2, S. 69; Akteure, 4.1.1, S. 50]
[…]“
1.4.4. Auszug aus EUAA Syria: Country Focus, Country of Origin Information Report, March 2025
1. Political and human rights developments
Map 2: The Syrian Mosaic Post-Assad, © The Washington Institute for Near East Policy, Fabrice Balanche19
1.1. Overview of conflicts
On 27 November 2024, forces opposed to the rule of Bashar Al-Assad, led by the armed group Hay’at Tahrir al-Sham (HTS), launched an offensive starting from the northwestern province of Idlib. The HTS, which is designated as a terrorist organisation by the UN, the EU, the US and the UK, advanced on government-held cities and within days had taken control of the north of the country, including Aleppo, and was heading towards Hama and Homs. On 8 December 2024, they reached Damascus and assumed control of the capital as President Assad left the country on the same day. Subsequently, HTS effectively took control as the ruling party and established an interim government. HTS leader Ahmad Al-Sharaa, who had previously gone by the nom de guerre Abu Mohammed Al-Jolani, started acting as the de-facto leader of Syria in early December and was appointed transitional president of Syria on 29 January 2025. The independent non-profit-organisation International Crisis Group reported on 30 January 2025 that the situation in Damascus remained mostly secure.
In regions outside the capital, however, the new leadership in Damascus faces significant challenges as the country emerges from civil war. Establishing law and order remains a major challenge and priority for the transitional administration, which, three months after taking power, is still grappling with increasing retaliatory violence and armed group activity. Etana, an independent organisation focused on reporting on the ground in Syria, notes, as of 3 February 2025, that in northern Syria, indications of increasing lawlessness and violence are becoming more evident across a region extending from Homs to Latakia on the coast and further east to Aleppo, with almost daily reports of killings and militant activity in recent weeks.
The security situation in this area is a centre of instability driven by revenge killings and communal violence. The area is home to several Alawite and mixed sectarian communities. The International Crisis Group reports that in central and western Syria ‘less disciplined armed factions and unaffiliated gunmen’ have begun taking advantage of weaknesses in HTS policing to engage in looting and instil fear. These groups loot and seek revenge on persons viewed as being associated with the Assad government. They have targeted members of minority groups, Alawites in particular. Sectarian-based murders have peaked in the provinces of Homs, Hama, and Latakia. On the other hand, former and now unemployed members of the army of the ousted regime are reportedly unwilling to lay down their arms for reasons of self-protection and pose a security threat. According to Etana ‘some of the violence is likely being fomented by formerly regime-backed gangs […] suspected of being behind a slew of attacks’. As of 20 February, security forces continued to face increased threats as they tried to stabilise the country, including kidnappings, sectarian violence and threats from remnants of Assad's forces. In early March, coordinated attacks by pro-Assad groups on security forces, particularly in the coastal areas, led to a significant escalation which resulted in large numbers of civilian casualties, mostly from the Alawite community. For more information see section 4.1.2.
In the north of the country, various factions are struggling for influence and control. Clashes between Turkish-backed militias operating under the umbrella of the Syrian National Army (SNA) and the US-backed Kurdish-led Syrian Democratic Forces (SDF) continued during the reporting period. When the HTS-led opposition forces captured Aleppo in late November, the SNA simultaneously launched an offensive in the province targeting the territories controlled by the SDF , causing the displacement of tens of thousands of civilians. The SDF was driven out of several towns in Aleppo’s countryside and the SNA captured the strategically important cities of Manbij and Tal Rifat. The clashes between the SDF and the SNA escalated at the end of December 2024 near the Tishreen Dam on the Euphrates River in the countryside of Manbij, eastern Aleppo, a vital source of water and electricity for SDFcontrolled areas. Türkiye, which considers the SDF to be closely linked to the Kurdistan Workers’ Party (PKK), has continued air and drone strikes in northern Syria, hitting SDF targets as well as civilians and critical civilian infrastructure during the reporting period. As of 28 February 2025, clashes between the SDF and the SNA were still ongoing. In addition to the conflict with the SNA and Türkiye, the SDF also faces a long-running conflict with tribal militias in Deir Ez-Zor as well as attacks by Islamic State in Iraq and the Levant (ISIL). In March 2025, SDF leaders signed an agreement to integrate their armed forces and civilian institutions into the new Syrian government. The deal mandates a full cessation of hostilities and requires the SDF to relinquish control of border posts, the airport, and key oil and gas fields. The practical implementation of this agreement could not be monitored within the scope of this report.
ISIL appears to have largely withdrawn from the vast central desert region of Badia, the former rear base of ISIL-operations in Syria. However, according to a report by the UN Secretary-General on the threat posed by ISIL to international peace and security, published in January 2025, ‘the Syrian Badia region continued to serve as a centre for external operational planning of Da’esh [ISIL] and remained a critical region for its activities’. ISIL has turned ist focus to the northeast in recent months, challenging the US-backed SDF, following setbacks in central Syria since the summer, heavy Assad forces operations and US airstrikes against ISIL in September and October. As of 20 February, Etana reported ISIL attacks against the SDF. The situation in southern Syria was volatile during the reporting period. Shortly after it was known that Al-Assad had been ousted, the Israeli military moved into the UN-patrolled buffer zone in the Golan Heights border highlands, an area it had been breaching since at least early November and beyond into Syrian territory, into areas of southern Quneitra and south-west Dar’a. Also, Israel carried out hundreds of airstrikes in early December aimed at destroying weapon sites across Syria, more than half of which took place in Dar’a, Damascus, Rural Damascus and Latakia governorates. As of 20 February 2025 Israeli incursions into and beyond the buffer zone were ongoing.
1.2. Politcal Developements
1.2.1. Fall oft he Assad Government
On 27 November 2024, the militant Islamist group HTS, led by Ahmad Al-Sharaa, led a largescale offensive in northwestern Syria. Until then, the HTS’s influence had been limited to parts of the governorates of Aleppo and Idlib. The initial assault aimed at separating the opposition-controlled ‘Greater Idlib pocket’ from the majority of Aleppo governorate controlled by pro-GoS forces. The operation involved a coalition of rebel factions, which included amongst others the Turkish-backed SNA. From the east, the Kurdish-led SDF deployed their fighters to territories in areas west of the Euphrates river in the governorate of Deir Ez-Zor that had previously been under the control of the Syrian army. By 1 December, HTS and its allied factions had captured Aleppo, Syria’s second-largest city, followed by the seizure of Hama on 5 December and Homs, the third-largest city, on 7 December.
Meanwhile, rebel forces from southern Syria advanced into Dar’a, achieving control of over 90 % of the governorate as government forces withdrew. In Sweida, Druze factions assumed control. Factions from the South formed the Southern Operations Room to support the uprising and were the first to enter Damascus, though they withdrew to Dar’a upon HTS’ arrival in the capital. On 8 December 2024, the rebels declared victory in the capital. Syrian President Bashar Al-Assad fled the country that day, seeking refuge in Russia, where he was granted asylum.
The opposition faced minimal resistance throughout their campaign, as Syrian army forces abandoned their positions, allowing rebels to enter the capital with little resistance. Contributing factors to the fast downfall of the previous Syrian government included war fatigue, corruption, a neglected army and weakened allies. The collapse of the Syrian army sparked widespread demonstrations in the rural areas surrounding Damascus, with civilians dismantling Assad’s symbols and targeting military sites. Despite its long-standing alliance with Assad, Russia was unable to counter the rapid advance of opposition forces, while Iran’s involvement was similarly ineffective. Although Russian warplanes initially launched strikes against the militants as well as against civilians, including some who were celebrating the oppositions’ advances, Moscow’s military support diminished as the rebels’ swift progression outpaced its response.
1.2.2. Governance under the Transitional Administration
a) Political transition
Following the fall of Bashar Al-Assad’s government on 8 December 2024, a transitional administration was created. Former Prime Minister Mohammed Al-Jalali formally transferred power to Mohammed al-Bashir, the newly appointed transitional prime minister, in order to ensure the continuation of state functions, as explained by Al-Jalali, including the payment of public-sector salaries.
Al-Sharaa stated that the organisation of national elections could take up to five years due to the necessity of reconstructing the electoral infrastructure. He further asserted that Syria would be structured as ‘a republic with a parliament and an executive government.’
On 29 December, Ahmad al-Sharaa outlined a multi-year roadmap involving the drafting of a new constitution within three years and subsequent elections, alongside plans for a National Dialogue Conference to promote reconciliation and inclusivity. As part of the transition process, Al-Sharaa emphasised the importance of preserving national unity, rejecting federalism. Initial negotiations were held with the SDF and Kurdish National Council (KNC) to involve Kurdish factions in the political process. But the National Dialogue Conference, initially planned for early January was later postponed to establish a broader preparatory committee representing all segments of Syrian society. It eventually took place on 25
February 2025, preceded by preparatory workshops at a local level. It convened in Damascus with around 600 participants, with its closing statement emphasising Syria's territorial integrity, condemning Israeli incursions, and calling for a withdrawal. It further set out the adoption of a temporary constitutional declaration, the formation of an interim legislative council, and the preparation of a draft permanent constitution focused on human rights and freedom. The closing statement further mentioned the importance of women's participation, peaceful coexistence, and the establishment of ongoing national dialogue mechanisms. The conference, however, faced criticism for being hastily organised and insufficiently representative.
At the end of January, the transitional administration declared the annulment of Syria’s 2012 constitution and the disbandment of the former government’s parliament, military, and security agencies. Al-Sharaa stated that he would establish an interim legislative council to assist in governance until the adoption of a new constitution.
b) Government Formation
Following the assumption of power in Damascus, the HTS established a caretaker government primarily composed of officials from the former Syrian Salvation Government (SSG) in Idlib, which Al-Sharaa described as a temporary measure to maintain stability and restore essential services. 9 Initially, ministers from the SSG assumed national ministerial posts, with some officials and civil servants from the former government remaining in their positions to ensure continuity.
On 10 December 2024, Mohammed Al-Bashir, an engineer from Idlib governorate and former leader of the SSG in northwestern Syria, which was created with HTS, was appointed as interim prime minister. His tenure and that of the interim government was set to end on 1 March 2025, but as of late January 2025 there was no date for elections to be held in Syria. Meanwhile, Ahmad Al-Sharaa, leader of HTS, emerged as Syria’s de facto leader. On 29 January 2025, Al-Sharaa was named president for the transitional period.
On 21 December, the interim government appointed Asaad Hassan Al-Shibani as Minister of Foreign Affairs and Murhaf Abu Qasra as Minister of Defense, both of whom were known allies of Al-Sharaa. Other appointments included Mohamed Abdel Rahman as Minister of Interior, Mohammed Yaqoub Al-Omar as Minister of Information, Mohamed Taha Al-Ahmad as Minister of Agriculture and Irrigation, Nazir Mohammed Al-Qadri as Minister of Education, and Shadi Mohammed Al-Waisi as Minister of Justice, all of whom had previously held positions within the Salvation Government. Additionally, Fadi Al-Qassem, Mohamed Abdel Rahman Muslim, Hossam Hussein, and Basil Abdul Aziz took up their respective roles as Minister of Development, Minister of Local Administration and Services, Minister of Endowments, and Minister of Economy. Anas Khattab (also known by his nom de guerre Abu Ahmad Hudood), a previous leader of the Nusra Front, was appointed head of the General Intelligence Service.
The appointment of Maher Al-Sharaa as Minister of Health sparked controversy, as he is the brother of Al-Sharaa. The new administration also included one woman, Aisha Al-Debs, as Director of the Women’s Affairs Office. In January, the transitional administration conducted its first major cabinet reshuffle, replacing Mohammad Abdul Rahman with Ali Kidda as Minister of Interior. Kidda was reportedly a close associate of Al-Sharaa. According to BBC News, there was no transparent mechanism for selecting individuals for ministerial positions, and it remained unclear whether these appointments were made through consultation or solely by Al-Sharaa. This uncertainty fuelled discussions about potentially expanding the government to include members of the opposition abroad and domestic experts.
c) Military Forms
Prior to their entry into Damascus on December 8, the HTS pledged to maintain Syria’s institutional framework, later declaring a general amnesty for Syrian army soldiers. The transitional government consequently initiated a settlement process (for more information see section 1.3.1), which facilitated the reintegration of large numbers of former government and military personnel, including high-ranking officials, some of whom were involved in significant wartime abuses, such as Fadi Saqr. Next to the voluntary settlement procedures taking place, the Military Operations Administration (MOA), the umbrella command centre of the new HTS-led transitional administration, tracked down individuals evading settlement. As part of these campaigns previous officers were arrested, while others were released after it was established that they had not participated in abuses. According to Etana, concerns arose over a lack of process, as reports suggest executions of low-level militiamen, which authorities are framing as isolated acts of community revenge. The Syrian Observatory for Human Rights (SOHR), a UK-based monitoring organisation, reported in mid-January that 8 000 individuals struck reconciliation deals at the MOA centers in Sallamiyah, Hama within a few days. The number of officers and members of the previous government’s forces in prisons such as Adra, Hama, and Harim increased to over 9 000, including 2 000 who were returned from Iraq. Most were arrested after being caught in raids or checkpoints. The transitional government further abolished conscription, except in situations such as national emergencies. According to Samir Saleh, member of the military command in Damascus countryside, the Syrian army is going to be an army of volunteers in which the population will be encouraged to participate, with the aim to secure the country’s borders. Previous defectors, such as officers from the Free Syrian Army (FSA) will be given a special status within the structure of the Ministry of Defense, depending on their expertise. On December 29, a list of 49 new military commanders was published, including members of HTS, defected officers from the Syrian army, and at least six non-Syrians, with the seven highest-ranking positions reportedly filled by HTS members.
Finally, the transitional government committed to integrating all rebel factions into the Ministry of Defense. Between January and February 2025, the interim ministries of Defense and Interior undertook efforts to unify all armed factions into a single military and police force. The Ministry of Defence reported that over 70 factions across six regions had agreed to integrate, and a Supreme Committee was established to regulate military assets, including personnel, bases, and weaponry. On 29 January, the interim government formally announced the dissolution of all opposition parties and military groups, though the extent to which this applied to the SDF remained unclear. The SDF initially resisted integration, particularly after ist proposal to join as a semi-autonomous entity was rejected by the Defence Ministry, which accused it of delaying negotiations, but in early March it was announced that the SDF signed a deal to integrate their armed forces and civilian institutions into the new Syrian government. By mid-February, the transitional administration had successfully integrated around 100 armed factions, including the U.S.-backed Syrian Free Army, into a new Syrian military and Ministry of Defense. However, some factions, such as the one of Ahmad al-Awda in southern Syria and various Druze military groups, remained resistant. The armed factions of Sweida governorate remained fully intact, with two new military bodies emerging inJanuary.
d) Public sector reforms
In the early stages of the transition, the new administration intended to keep and reactivate key state institutions in order to maintain basic services. As a result, many important state institutions continued to function. 6 During the reporting period the new administration initiated some institutional reforms. Upon assuming control, the transitional administration reinstated public sector employees previously dismissed for their involvement in the Syrian revolution while simultaneously dismissing hundreds of employees from a single directorate as part of a restructuring effort with the declared aim of downsizing institutions and removing ineffective personnel. While the transitional administration is stating economic reasons for the dismissals, some former employees accuse the new administration of basing their dismissals on sectarian and political grounds. Qatar announced its intention to help fund a 400 % increase in public sector wages, which had been pledged by the interim government.
The foreign funding was not yet confirmed at the time of writing. In order to remove members of the bar association who had been appointed by the Baath Party, the transitional administration replaced the council of Syria’s Central Bar Association with members of the Free Bar Association from Idlib. Khitam Haddad, Deputy Minister of Justice since 2023, retained her position and announced at the beginning of January that criminal and civil cases would resume under the transitional authorities, but that crimes committed during the previous regime would not yet be addressed. Some lawyers criticised the transitional authorities’ unelected Bar Association council as authoritarian, while Assad-era legal structures, including the terrorism law, remained intact.
Further steps by the new administration included the transfer of control over border crossings with Türkiye — such as Bab Al-Salama, Al-Rai, and Jarablus — to the transitional administration, as well as the integration of educational institutions like the University of Aleppo under the Ministry of Higher Education and Scientific Research in Damascus. Finally, NGOs were required by the Ministry of Social and Labour Affairs to go through a process of re-registration, which according to the United Nations Population Fund (UNPF) has impeded the restoration of numerous health and protection facilities, limiting their ability to sustain the provision of medical and social services.
e) Economic Reforms and Sanctions
The transitional administration started to initiate economic reforms, with HTS announcing ist intention to implement a free-market system. Institutional reforms included the layoffs of state employees to downsize state institutions, with plans to dismiss a third of all public sector employees – including so called ‘ghost employees’ – and to move to a free-market economy. Maysaa Sabrine was appointed governor of the Central Bank, and transitional Finance Minister Mohammed Abazeed introduced plans to restructure government ministries for improved efficiency and accountability, though specific modernisation measures remained unclear. Abazeed also proposed an overhaul of the tax system. To mitigate potential shortages in goods, the government reopened the Nasib border crossing with Jordan, a key trade route, and directed the state-owned Syrian Petroleum Company to resume operations.
Meanwhile, Türkiye signalled its willingness to invest in Syria’s economy. In early January, the United States issued a six-month sanctions exemption, effective until 7 July, to facilitate humanitarian aid following Assad’s departure. The exemption allowed specific transactions with governing institutions at all levels, including hospitals, schools, and utilities, as well as entities affiliated with HTS across Syria. While the sanctions themselves were to remain in place, the exemption permitted activities related to the sale, supply, and storage of energy, including petroleum and electricity, and enabled personal remittances and certain energy-related transactions aimed at supporting economic recovery. On 24 February, the EU Council decided to lift various restrictive measures, including those affecting the energy and transport sectors. It also excluded four banks and Syrian Arab Airlines from the list subject to asset freezes and permitted the Syrian Central Bank access to financial resources. Furthermore, exceptions were made to allow banking relations between Syrian banks and financial institutions within member states. The existing humanitarian exemption was extended indefinitely, and a new exception was introduced for personal use concerning the export ban on luxury goods to Syria.
f) Political transition in accordance with UN Resolution 2254
Ahmad Al-Sharaa has criticised international organisations, particularly the United Nations, for their perceived ineffectiveness in addressing Syria’s humanitarian crises. He highlighted the UN's failure to secure the release of detainees and facilitate the return of refugees over the past 14 years. Emphasising the need for domestic solutions, Al-Sharaa called for updates to UN Resolution 2254, originally adopted in December 2015 to guide Syria's political transition, arguing that its framework was no longer fully applicable to the situation since the fall of Bashar Al-Assad. In an interview with Al Arabiya, Al-Sharaa reiterated his criticism of the UN and advocated for an alternative transition process. He proposed delaying elections for up to four years to allow for the development of a revised political framework. During a meeting with UN Special Envoy Geir Pedersen, he rejected the rigid adherence to what he called outdated resolutions and outlined his vision for a transition process that reflects Syria’s current realities. Despite his criticisms, Al-Sharaa affirmed that Syria is prepared to accept the deployment of UN forces within the United Nations-established buffer zone along the Israeli border.
On 6 February, the transitional administration prolonged the UN’s authorisation to deliver humanitarian aid via the Bab al-Hawa crossing for an extra six months, until 7 August. (…)
4. Recent Security Trends
4.1. Areas under control oft he Transitional Administration
On 27 November 2024, HTS and allied Türkiye-backed factions started a lightning military offensive in northwestern Syria that eventually led to the collapse of Assad’s rule. This operation followed a marked intensification of attacks by troops of the Assad government and Russian forces, with ACLED recording aerial and artillery strikes across in opposition held territories in northern Syria between 1 October and 26 November. These strikes reportedly caused at least 39 deaths among militants and civilians.
Concurrently with the HTS-led offensive launched on 27 November, assassinations, Israeli strikes, ISIL attacks, and indiscriminate gunfire in the areas formerly controlled by the Assad government led to multiple deaths of civilians.576 Aerial strikes by pro-Assad forces, including by Russian aircraft, killed dozens of civilians in Idlib city between 27 November and 2 December 2024, including 22 civilians in a series of strikes that hit a market and five residential areas on 1 December,578 as well as in strikes targeting a hospital in Aleppo city (1 December) and areas in Aleppo’s western countryside (between 27 and 30 November).
Meanwhile, four students were killed when a HTS rocket hit their Aleppo dormitory (29 November 2024). By 12 December 2024, more than 1.1 million people had been newly displaced due to the escalation in hostilities since the beginning of the offensive.
As of February and early March 2025, the territories controlled by the Military Operations Administration (MOA), the umbrella command centre of the new HTS-led transitional administration, encompassed most of western, central and southern Syria as well as the western Euphrates bank in Deir Ez-Zor. These areas included the cities of Damascus, Idlib, Aleppo, Hama, Homs, as well as the coastal cities of Latakia and Tartous. Sources noted
that the control of the new authorities remained fragmented in certain areas. While their control in the cities of Damascus, Aleppo and Hama was reportedly effective, in areas of Homs, rural Hama and southern Syria (Dar’a and Sweida governorates) the MOA forces are overstretched and competing with other autonomous armed factions. The coastal areas of Latakia and Tartous have been prone to attacks on security forces and sectarian violence in the aftermath of Assad’s fall (for more information see section 4.1.2).
According to ACLED data, the districts most affected by security incidents (battles, explosions/remote violence, violence against civilians) during the reporting period were the districts of Ain Al Arab/Kobane (401 incidents) and Jebel Saman (307 incidents) (both Aleppo governorate) and Deir Ez-Zor district (258 incidents) of Deir Ez-Zor governorate. Meanwhile, among all governorates, the fewest security incidents were recorded in Tartous (40 incidents).592 In the coastal areas, the highest number of security incidents was recorded in the district of Latakia (47 incidents). The highest number of security incidents in southern Syria was recorded in the districts of Dar’a (75 incidents), Izra (66) and Quneitra (57 incidents).
4.1.1. Criminality, lawlessness and sectarian violence
Insecurity and volatility of the security situation due to criminality and lawlessness were reported to be prevalent in various regions. The coastal areas have been affected by incidents of assault, targeted attacks and killings of civilians, attacks at checkpoints, robberies, looting and kidnapping. Instances of killings by unidentified men/armed groups, kidnappings and looting were similarly reported in Rural Damascus. Deadly attacks on civilians were further recorded in Idlib, Hama, and Yarmouk camp in Damascus. According to Civil Peace Group in Syria, a civil society organisation, Homs city witnessed 64 kidnappings between 9 December 2024 and mid-February 2025, including at least 13 civilians. These kidnappings gradually increased over December 2024, peaking on 27 December until they declined to zero in January before surging again. 19 of these abductees were killed.
As Gregory Waters assessed, most of these crimes were committed by civilians and gangs not linked to the transitional administration, although some local commanders and rank-and-file soldiers have been involved in kidnappings of Alawite civilians on sectarian grounds. Areas such as Damascus, Latakia and Tartous further remained prone to sectarian tensions amid an absence of formalised security mechanisms.
According to the SOHR, in January 2025, assassinations and retaliatory attacks, including on sectarian and politically grounds, increased significantly in the areas controlled by the transitional administration, with the highest rates recorded in Homs (91 fatalities, including 59 sectarian killings), Hama (46 fatalities, including 28 sectarian killings) and Latakia (15 fatalities, including 13 sectarian killings).606 In January, ACLED recorded that over 176 civilians, including some former fighters of the Assad government, had been killed by unidentified gunmen.
In Homs city and the rural areas of Homs and Hama, security forces have reportedly been overstretched and relied on minimally trained recruits, allowing unrest to persist since Assad’s fall. In Homs and some parts of Hama, cases of local sectarian retribution by Sunnis against Alawites have been reported to be a serious issue. There was a proliferation of unverified reports of punitive raids, disappearances and murders on social media, allegedly showing HTS fighters beating or inciting violence against Alawites. As Gregory Waters noted, the more serious attacks against Assad remnants tended to occur in rural areas characterised by high concentrations of former ‘shabiha’ (armed gangs that supported Assad) and limited presence of security forces. However, such targeting of former Assad loyalism has also been reported in Damascus. In some of these cases, which continued to February 2025,the perpetrators remained unidentified.
(…)
1.4.5. Stellungnahme des UNHCR zur Rückkehr in die Arabische Republik Syrien, Dezember 2024 (Anm.: Original in Englisch):
„UNHCR POSITION ON RETURNS TO THE SYRIAN ARAB REPUBLIC
December 2024
1. This position supersedes and replaces UNHCR’s March 2021 International Protection Considerations with Regard to people fleeing the Syrian Arab Republic, Update VI.1
Given the fluidity of the situation, this guidance will be updated early on and as needed, based on the quickly evolving circumstances.
Voluntary Returns
2. Syria is at a crossroads – between peace and war, stability and lawlessness, reconstruction or further ruin. There is now a remarkable opportunity for Syria to move toward peace and for its people to begin returning home. For many years, UNHCR has insisted on the need to redouble efforts to create favourable conditions for refugees and displaced people to return home and the current situation opens up new opportunities in this regard, that must be seized by all. This includes eliminating and/or addressing any new security, legal and administrative barriers on the part of the Syrian de facto authorities; substantial humanitarian and early recovery assistance to be provided by donor States to returnees, communities receiving them back and areas of actual and potential return in general; and authorization to UNHCR and its partners to monitor returns at border crossings and in locations where people choose to return.
3. Everyone has the right to return to their country of origin. UNHCR stands ready to support Syrian refugees who, being fully informed of the situation in their places of origin or an alternative area of their choice, choose voluntarily to return. In view of the many challenges facing Syria’s population, including a large-scale humanitarian crisis, continued high levels of internal displacement and widespread destruction and damage of homes and critical infrastructure, however, for the time being UNHCR is not promoting large-scale voluntary repatriation to Syria.
Moratorium on Forced Returns
4. At this moment in time, Syria continues to be affected by attacks and violence in parts of the country; large-scale internal displacement; contamination of many parts of the country with explosive remnants of war; a devastated economy and a large-scale humanitarian crisis, with over 16 million already in need of humanitarian assistance before the recent developments. In addition, and as noted above, Syria has also sustained massive destruction and damage to homes, critical infrastructure and agricultural lands. Property rights have been greatly affected, with widespread housing, land, and property violations recorded over the past decade, leading to complex ownership disputes that will take time to resolve. Against this background, UNHCR for the time being continues to call on States not to forcibly return Syrian nationals and former habitual residents of Syria, including Palestinians previously residing in Syria, to any part of Syria.
Suspending the Issuance of Negative Decisions to Syrian Applicants for International Protection
5. UNHCR also continues to call on all States to allow civilians fleeing Syria access to their territories, to guarantee the right to seek asylum, and to ensure respect for the principle of non-refoulement at all times.
6. While risks related to persecution by the former Government have ceased, other risks may persist or become more pronounced. In light of the rapidly changed dynamics and evolving situation in Syria, UNHCR is not currently in a position to provide detailed guidance to asylum decision-makers on the international protection needs of Syrians. UNHCR will continue to monitor the situation closely, with a view to providing more detailed guidance as soon as circumstances permit. In view of the current uncertainty of the situation in Syria, UNHCR calls on asylum States to suspend the issuance of negative decisions on applications for international protection by Syrian nationals or by stateless persons who were former habitual residents of Syria. The suspension of the issuance of negative decisions should remain in place until such time as the situation in Syria has stabilized and reliable information about the security and human rights situation is available to make a full assessment of the need to grant refugee status to individual applicants.
7. UNHCR does not consider that the requirements for cessation of refugee status for beneficiaries of international protection originating from Syria have currently been met.“
Übersetzt:
„1. Diese Position ersetzt die Erwägungen des UNHCR zum internationalen Schutz vom März 2021 im Hinblick auf Menschen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, Update VI. 1.
Angesichts der Unbeständigkeit der Situation werden diese Leitlinien frühzeitig und je nach Bedarf auf der Grundlage der sich rasch entwickelnden Umstände aktualisiert.
Freiwillige Rückkehr
2. Syrien steht an einem Scheideweg – zwischen Frieden und Krieg, Stabilität und Gesetzlosigkeit, Wiederaufbau oder weiterem Ruin. Syrien hat jetzt eine bemerkenswerte Chance, sich in Richtung Frieden zu bewegen und seine Bevölkerung mit der Heimkehr zu beginnen. Viele Jahre lang hat UNHCR darauf bestanden, dass die Bemühungen verdoppelt werden müssen, günstige Bedingungen für die Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen zu schaffen, und die aktuelle Situation eröffnet diesbezüglich neue Chancen, die von allen genutzt werden müssen. Dazu gehört die Beseitigung und/oder Adressierung aller neuen Sicherheits-, Rechts- und Verwaltungshürden seitens der syrischen De-facto-Autoritäten; die Bereitstellung beträchtlicher humanitärer und schneller Wiederaufbauhilfe durch die Geberstaaten für Rückkehrer, Gemeinschaften, die sie aufnehmen, und Gebiete, in die sie tatsächlich oder potenziell zurückkehren können, im Allgemeinen; und die Ermächtigung von UNHCR und seinen Partnern, Rückkehrer an Grenzübergängen und an Orten, an die die Menschen zurückkehren möchten, nachzuverfolgen.
3. Jeder hat das Recht, in sein Herkunftsland zurückzukehren. UNHCR ist bereit, syrische Flüchtlinge, die sich nach umfassender Kenntnis der Lage an ihrem Herkunftsort oder in einem anderen Gebiet ihrer Wahl freiwillig für eine Rückkehr entscheiden. Angesichts der zahlreichen Herausforderungen, vor denen die syrische Bevölkerung steht, darunter eine humanitäre Krise großen Ausmaßes, weiterhin hohe Binnenvertreibungen und Zerstörung und Beschädigung von Wohnhäusern und wichtiger Infrastruktur fördert der UNHCR derzeit jedoch keine groß angelegte freiwillige Rückführung nach Syrien.
Moratorium für Zwangsrückführungen
4. Syrien ist zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin von Angriffen und Gewalt in Teilen des Landes betroffen; groß angelegte Binnenvertreibung; Verseuchung vieler Teile des Landes mit explosiven Kriegsrückständen; eine zerstörte Wirtschaft und eine große humanitäre Krise; über 16 Millionen Menschen waren schon vor den jüngsten Entwicklungen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Darüber hinaus und wie oben erwähnt, wurde Syrien auch von massiver Zerstörung und Beschädigung von Häusern, wichtiger Infrastruktur und landwirtschaftlichen Flächen heimgesucht. Eigentumsrechte sind stark beeinträchtigt; in den letzten zehn Jahren kam es zu weitverbreiteten Verletzungen der Wohnungs-, Land- und Eigentumsrechte, die zu komplexen Eigentumsstreitigkeiten führten, deren Lösung Zeit in Anspruch nehmen wird. Vor diesem Hintergrund ruft UNHCR die Staaten vorerst weiterhin dazu auf, syrische Staatsangehörige und ehemalige Einwohner Syriens, darunter zuvor in Syrien lebende Palästinenser, nicht zwangsweise in irgendeinen Teil Syriens zurückzuschicken.
Aussetzung der Erteilung negativer Entscheidungen an syrische Antragsteller für Internationaler Schutz
5. UNHCR ruft außerdem weiterhin alle Staaten dazu auf, aus Syrien fliehenden Zivilisten den Zugang zu ihrem Hoheitsgebiet zu gestatten, das Recht auf Asyl zu garantieren und jederzeit die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung sicherzustellen.
6. Auch wenn die Gefahr der Verfolgung durch die frühere Regierung nicht mehr besteht, können andere Risiken fortbestehen oder sich verschärfen. In Anbetracht der sich rasch verändernden Dynamik und Lage in Syrien ist UNHCR derzeit nicht in der Lage, Asylentscheidern detaillierte Hinweise auf den internationalen Schutzbedarf von Syrern zu geben. UNHCR wird die Situation weiterhin genau beobachten, um detailliertere Hinweise zu geben, sobald es die Umstände erlauben. Angesichts der derzeit unsicheren Lage in Syrien fordert UNHCR die Asylstaaten auf, die Ausstellung negativer Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz von syrischen Staatsangehörigen oder Staatenlosen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, auszusetzen. Die Aussetzung der Ausstellung negativer Bescheide sollte so lange aufrechterhalten werden, bis sich die Lage in Syrien stabilisiert hat und verlässliche Informationen über die Sicherheits- und Menschenrechtssituation zur Verfügung stehen, um die Notwendigkeit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an einzelne Antragsteller umfassend beurteilen zu können.
7. UNHCR ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Beendigung des Flüchtlingsstatus für Personen mit internationalem Schutzstatus, die aus Syrien stammen, derzeit nicht erfüllt sind. [...]“
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit, der Volksgruppe sowie seiner Religion beruhen auf seinen diesbezüglich glaubhaften und im Laufe des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben. Die Feststellungen zur Muttersprache des Beschwerdeführers beruhen insbesondere auf seinen Ausführungen in der Erstbefragung und in der Beschwerdeverhandlung sowie dem Umstand, dass der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung, der Einvernahme vor dem BFA und vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch einvernommen werden konnte. Die Feststellungen zur Schul- und Berufsausbildung sowie dem Studium beruhen ebenfalls auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung sowie den diesbezüglich präzisierenden Angaben bei der Einvernahme vor dem BFA sowie in der mündlichen Verhandlung.
Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Familienstand und dem Aufenthaltsort seiner Familie waren ebenfalls konsistent.
Die Feststellungen zu den unterschiedlichen Wohnorten des Beschwerdeführers in Syrien beruhen auf seinen Angaben bei der Einvernahme vor dem BFA sowie in der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zur Kontrollausübung in der Heimatregion des Beschwerdeführers bzw. der Region seines letzten Aufenthalts beruhen auf einer Einsichtnahme in die Karte auf der Internetseite https://syria.liveuamap.com/ (Stand: 17.04.2025). Dass die Stadt XXXX unter Kontrolle der SNA ist, ist zwar in der Karte auf der Internetseite https://syria.liveuamap.com/ nicht unmittelbar ersichtlich, jedoch scheint in der Legende auf, dass auch die FSA/SNA von den relevanten Angaben umfasst ist. In der Karte Map 2: The Syrian Mosaic Post-Assad des EUAA Syria Coutry Focus, Country of Origin Information Report, March 2025, ist ersichtlich, dass in der Stadt XXXX und der umliegenden Region die SNA/FSA die Kontrolle ausübt.
Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinen eigenen Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, beruht auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug.
2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Den Länderinformationen und den Medien ist zu entnehmen, dass die Regierungsgegner unter der Führung der HTS von Ende November bis Anfang Dezember 2024 im Zuge einer Großoffensive im Wesentlichen die ehemaligen Regierungsgebiete eroberten und schließlich die Stadt Damaskus einnahmen, was den Sturz des Assad-Regimes bewirkte. Die Karte auf der Seite https://syria.liveuamap.com/ zeigt, dass vormalig vom Assad-Regime kontrollierte Gebiete, mit Ausnahme von zwei Stützpunkten in Jablah (auch Dschabla) und einem Teil von Tartus, nunmehr von der HTS kontrolliert werden. Zudem sind Gebietsgewinne kurdischer Kräfte im Osten des Landes zu verzeichnen und befindet sich auch ein Teil der Stadt Aleppo unter ihrer Kontrolle. Israel besetzte ebenso kleinere an die Golanhöhen angrenzende Gebiete, insbesondere entlang dem Grenzgebiet zum Libanon. Die SNA und mit ihr verbundene Gruppierungen drängten die SDF in der Region um XXXX zurück. Zusammenfassend ergibt sich, dass das Assad-Regime in Syrien, mit Ausnahme der zwei Stützpunkte in Jablah (auch Dschabla) und einem Teil von Tartus, keine Gebietshoheit bzw. Herrschaftsgewalt mehr ausübt und diese im Wesentlichen von der HTS übernommen wurde. Die sunnitische HTS wird nach der Berichterstattung von Ahmed al-Sharaa angeführt, welcher nun auch zum Präsidenten der Übergangsregierung ernannt wurde.
Die Feststellungen zum verpflichtenden Wehrdienst des gestürzten Assad-Regimes ergeben sich aus den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten, insbesondere dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Version 11, vom 27.03.2024. Dass der Beschwerdeführer den Wehrdienst in Syrien bereits absolviert hat, gibt der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren übereinstimmend an. Dass der Beschwerdeführer den Dienst an der Waffe nicht ablehnt, resultiert aus seinen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie dem Umstand, dass er den Wehrdienst bereits absolviert hat.
Die Feststellungen zur Demonstrationsteilnahme zu Beginn der Revolution beruhen auf den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. So gab er bereits bei der Einvernahme an, an Demonstrationen teilgenommen sowie bei deren Organisation mitgewirkt zu haben. Gleichzeitig gab der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren über an, dass er nach Befragungen mangels Beweisen freigelassen worden ist. In diesem Zusammenhang ist zudem ins Treffen zu führen, dass der Beschwerdeführer insbesondere in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, darauf Bedacht gelegt zu haben, keine Beweise zu hinterlassen. Worauf sich seine Furcht vor Verfolgung durch das syrische Regime gründete, konnte er vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar darlegen.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er eine Rekrutierung durch die Kurden befürchte, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kurden weder in seinem Herkunfstgebiet noch in XXXX , wo sich der Beschwerdeführer über mehrere Jahre mit seiner Famillie aufgehalten hat, die Kontrolle ausüben. Wie den Länderinformationen zu entnehmen ist, besteht in der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord-und Ostsyrien (auch Autonomous Administration of North and East Syria – AANES) der kurdisch geführten SDF (Syrian Democratic Forces) eine „Selbstverteidigungspflicht“, welche für Männer zwischen 18 und 26 Jahren gilt und ein Jahr andauert. Diese „Selbstverteidigungspflicht“ erstreckt sich den Länderberichten zufolge jedoch bloß auf im AANES Gebiet lebende Männer im genannten Alter. Der Beschwerdeführer hat somit zudem die Altersgrenze für die Selbstverteidigungspflicht überschritten und kann anhand der Länderberichte die vom Beschwerdeführer in den Raum gestellte Behauptung, diese Altersgrenze gelte für Araber nicht, nicht verfiziert werden. Dies zumal der Beschwerdeführer diese Behauptung nicht mit Berichtsgrundlagen untermauerte.
Die Feststellung, dass weder die SNA noch die HTS eine Wehrpflicht etabliert haben, beruht insbesondere auf dem Länderinformationsblatt Version 11. Dass sich diesbezüglich Änderungen ergeben haben, ist nicht ersichtlich. Hinsichtlich der von der HTS geführten Übergangsregierung geht aus der aktuellen Berichtslage (vgl. ACCORD Anfragebeantwortung: Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen vom 25.03.2025) hervor, dass diese den verpflichtenden Wehrdienst abgeschafft habe und stattdessen Freiwillige für Militär und Polizei rekrutiere.
Soweit in der Stellungnahme zum zur Lageänderung in Syrien eingeräumten Parteiengehör allgemeine Befürchtungen im Zusammenhang mit der HTS vorgebracht werden und deren extremistische Ausrichtung betont wird, fehlt diesen Ausführungen eine Bezugnahme zur individuellen Situation des Beschwerdeführers. Zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens machte der Beschwerdeführer geltend, dass er einer anderen Religion als dem Islam angehöre, vielmehr ist er selbst dem sunnitschen Islam zugehörig und hat ein Scharia Studium belegt. Eine damit in Verbindung stehende Bedrohungssituation im Zusammenhang mit der HTS wurde von ihm weder vorgebracht, noch ist eine solche offensichtlich. Seinem Vorbringen in der Stellungnahme war sohin keine individuell und konkret seine Person treffende Bedrohungssituation zu entnehmen. Der Beschwerdeführer hat weder bei der Erstbefragung, noch bei der Einvernahme vor dem BFA noch in der mündlichen Verhandlungen Befürchtungen im Zusammenhang mit der HTS geltend gemacht bzw. Kontakt durch ihn oder seine Angehörigen mit dieser Gruppierung vorgebracht. Auch sonst ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen würden, dass er in das Blickfeld der HTS geraten wäre oder er ein Verhalten gesetzt hätte, aufgrund dessen er im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat als politischer Gegner der HTS wahrgenommen würde. Im Gegenteil, der Beschwerdeführer hatte sich in der Vergangenheit durch Demonstrationsteilnahmen als politischer Gegner des syrischen Regimes positioniert. Schließlich konnte dem allgemein gehaltenen Vorbringen des Beschwerdeführers auch keine gegen die HTS und insbesondere gegen die Übergangsregierung gerichtete politische Meinung entnommen werden.
Die Feststellungen hinsichtlich einer auch sonst nicht bestehenden Bedrohung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten, beruhen auf den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten. Der Beschwerdeführer ist sunnitischer Muslime und ist auch unter dem Gesichtspunkt der Religionszugehörigkeit vor dem Hintergrund, dass er damit der Mehrheitsgesellschaft angehört, keine asylrelevante Verfolgungsgefahr zu erkennen.
2.4. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Die Feststellungen zur Lage in Syrien beruhen auf den aktuellen Informationen der Staatsdokumentation. Die enthaltenen Informationen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffoziellen Institutionen und Personen, die in ihren Ausagen ein übereinstimmendes und schlüssiges Gesamtbild der Situation in Syrien ergeben. Betreffend den Umsturz im Dezember 2024 und dessen Folgen wurden ebenfalls unbedenkliche Quellen bzw. öffentlich zugängliche Länder- und Medienberichte herangezogen, um die überholten Angaben im Länderinformationsblatt Version 11 zu aktualisieren. Angesichts der Seriositöt der angeführten Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen, denen inhaltlich vom Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten wurde, besteht kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A) Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I:
3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Antrag abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
3.1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (siehe etwa VwGH 21.05.2021, Ra 2019/19/0428, mwN).
Die Voraussetzung der „wohlbegründeten Furcht“ vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265, mwN).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs muss einem Asylwerber, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 24.6.2020, Ra 2019/20/0412, mwN.).
Für die Zuerkennung des Asylstatus ist es zum einen nicht zwingend erforderlich, dass bereits in der Vergangenheit Verfolgung stattgefunden hat, zum anderen ist eine solche „Vorverfolgung“ für sich genommen auch nicht hinreichend. Entscheidend ist, ob die betroffene Person vor dem Hintergrund der zu treffenden aktuellen Länderfeststellungen im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 03.05.2016, Ra 2015/18/0212, mwN).
Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (vgl. VwGH 02.09.2019, Ro 2019/01/0009, mwN).
3.1.3. Die Bestimmung der Heimatregion des Asylwerbers ist Grundlage für die Prüfung, ob dem Asylwerber dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung droht und ob ihm - sollte dies der Fall sein - im Herkunftsstaat außerhalb der Heimatregion eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht (vgl. etwa VwGH 25.08.2022, Ra 2021/19/0442). Zur Bestimmung der Heimatregion kommt in diesem Sinn der Frage maßgebliche Bedeutung zu, wie stark die Bindungen des Asylwerbers an ein bestimmtes Gebiet sind. Hat er vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsland nicht mehr in dem Gebiet gelebt, in dem er geboren wurde und aufgewachsen ist, ist der neue Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen, soweit der Asylwerber zu diesem Gebiet enge Bindungen entwickelt hat (vgl. EASO, Richterliche Analyse, Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes [2018], 83; vgl. idS auch VwGH 27.6.2016, Ra 2016/18/0055). In Fällen, in denen der Asylwerber nicht auf Grund eines eigenen Entschlusses, sondern unter Zwang auf Grund einer Vertreibung seinen dauernden Aufenthaltsort innerhalb des Herkunftsstaates gewechselt hatte und an dem neuen Aufenthaltsort nicht Fuß fassen konnten (Zustand innerer Vertreibung), ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der ursprüngliche Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen (vgl. VwGH 30.04.2021, Ra 2021/19/0024, Rz. 8; VwGH 25.02.2020, Ra 2019/19/0192, Rz. 24). Das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative nach § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Hinblick auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 erst dann zu prüfen, wenn glaubhaft ist, dass einem Asylwerber „in der Heimatregion seines Herkunftsstaats“ Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. etwa VwGH 25.05.2020, Zl. Ra 2019/19/0192).
Der Beschwerdeführer hat bis 2017 in dem Ort XXXX gelebt bzw. ab 2006 in Aleppo studiert. Er hat somit den Großteil seines Lebens in dieser Region verbracht. Zwar hat der Beschwerdeführer zwischen 2017 und 2022 mit seiner Ehefrau und den Kindern in XXXX gelebt und konnte er dort auch Fuß fassen. So war es ihm möglich durch seine Tätigkeit als Hilfsapotheker, den Lebensunterhalt seiner Familie zu bestreiten. Nach seiner Ausreise ist seine Ehefrau mit den Kindern allerdings wieder zu den Eltern des Beschwerdführers nach XXXX gezogen, weshalb davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer, in dieser Region, in der er aufgewachsen ist und den Großteil seines Lebens verbracht hat, die stärkeren Bindungen hat und insofern der Ort XXXX , welcher sich östlich von Aleppo befindet, als Herkunftsregion anzusehen ist.
3.2.1. Der Beschwerdeführer ist bereits XXXX Jahre alt und befand sich somit seit 20 XXXX nicht mehr im wehrpflichtigen Alter zur syrischen Armee des Assad-Regimes; eine Einziehung zum Reservedienst durch dieses Regime erfolgte vornehmlich bis zu 27. Lebensjahr der potenziellen Reservisten und war somit eine Gefahr der Einberufung zum Reservedienst selbst während des Bestehens des Assad-Regimes nicht maßgeblich wahrscheinlich.
Nach dem Sturz des Assad-Regimes ist die Gefahr einer Einberufung zum Reservedienst und einer Verfolgung durch das ehemalige syrische Regime aufgrund seiner Weigerung diesen abzuleisten nicht mehr gegeben. Dies steht im Einklang mit der UNHCR Position on returns to the Syrian Arab Republic vom 16.12.2024, in deren Punkt 6. festgehalten ist, dass die Gefahr der Verfolgung durch die frühere Regierung nicht mehr besteht. Wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, besteht die von Assad geführte Zentralregierung seit dem 08.12.2024 nicht mehr und wurde das Militär aufgelöst. Die Soldaten des vormaligen Regimes wurden außer Dienst gestellt und politische Gefangene des Regimes aus den Gefängnissen freigelassen. Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, welches sich auf eine Gefahr der Verfolgung aufgrund der Verweigerung des Reservedienstes zur syrischen Armee stützt, ist daher nicht geeignet eine asylrelevante Furcht vor Verfolgung im Sinne von Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK glaubhaft zu machen.
3.2.2. Auch hinsichtlich der Teilnahme an Demonstrationen in den Jahren 2011 und 2012 konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer stets bemüht war, keine Beweise zu hinterlassen und selbst angegeben hat, nach Befragungen durch die Polizei mangels Beweisen frei gelassen worden zu sein. Eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr kann somit auch aus diesem Grund selbst zum Bestehen des Assad-Regimes nicht gesehen werden.
Da – wie bereits ausgeführt – das Assad-Regime seit 08.12.2024 gestürzt ist und auch die zur Zeit des Assad-Regimes bestehenden Geheimdienststrukturen keine politische Rolle mehr spielen, ist auch dieses Fluchtvorbringen zum Entscheidungszeitpunkt nicht denkmöglich geeignet, eine asylrelevante Furcht vor Verfolgung im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK glaubhaft zu machen (vgl. hierzu nochmals Pkt. 6 der UNHCR Position on returns to the Syrian Arab Republic vom 16.12.2024).
3.2.3. Zur vorgebrachten Furcht vor einer Zwangsrekrutierung durch die SDF genügt es – wie bereits ausgeführt – darauf zu verweisen, dass diese weder im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers noch in der Stadt XXXX , in der er zwischenzeitlich aufhältig war und auch Fuß fassen konnte, die Kontrolle ausüben und sich aus den Länderberichten ergibt, dass sich die Selbstverteidigungspflicht nur auf im AANES Gebiet lebende Männer beschränkt. Zudem hatte der Beschwerdeführer die für die Selbstverteidigungspflicht geltende Altersgrenze bereits vor seiner Ausreise überschritten. Eine Rückkehr in sein Herkunftsgebiet oder auch nach XXXX ist zudem ohne Durchquerung der AANES Gebiete möglich. Die Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch die SDF und eine aus der Weigerung resultierende Verfolgung ist somit nicht maßgeblich wahrscheinlich.
3.2.4. Im Zusammenhang mit der Übergangsregierung und der nunmehr weite Teile des Landes kontrollierenden HTS hat der Beschwerdeführer – wie bereits festgehalten – kein Vorbringen mit Bezug zu seiner individuellen Situation erstattet. So hat er hinsichltich der HTS keine individuell auf seine Person bezogenen Verfolgungssituationen dargetan. Soweit der Beschwerdeführer eine brutale Vorgehensweise der HTS anspricht, ist darauf hinzuweisen, dass der HTS zwar in der Vergangenheit im Westen Syriens Menschenrechtsverstöße vorgeworfen wurden, doch weist der arabisch sunnitisch geprägte Beschwerdeführer keine exponierenden, verfolgungsindizierenden Merkmale oder Verhaltensweisen auf. Wie ausgeführt, kann in den allgemeinen Ausführungen eine oppostionelle Gesinnung des Beschwerdeführers nicht erkannt werden. Zudem ist der Beschwerdeführer bislang nicht in das Blickfeld der HTS geraten. Der aktuellen UNHCR Position on returns to the Syrian Arab Republic vom Dezember 2014, sind zudem insbesondere Erwägungen zur Sicherheits- und Versorgungslage zu entnehmen. Zwar hält UNHCR darin fest: „While risks related to persecution by the former Government have ceased, other risks may persist or become more pronounced.“, aktuelle Risikoprofile mit GFK-Konnex sind allerdings keine angeführt.
Ebenso enthält EUAA Syria: Country Focus von März 2025 (https://www.ecoi.net/en/file/local/2123257/2025_03_EUAA_COI_Report_Syria_Country_Focus.pdf) Informationen zu Personen welche mit der Al-Assad Regierung assoziiert werden, Alewiten, Kurden, anderen religiösen und ethnischen Minderheiten, Frauen, Kinder und LGBTIQ Personen (vergleiche 1.3.). Dem aktuellen EUAA-Bericht ist aber nicht zu entnehmen, dass sunnitische Araber einer systematischen Verfolgung durch die aktuelle HTS-geführte Übergangsregierung ausgesetzt sind (siehe 1.3.4. Other religious and ethnic minorities).
Somit kann auch vor dem Hintergrund dieser Berichtslage keine maßgebliche Verfolgungswahrscheinlichkeit des Beschwerdeführers erkannt werden.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung nicht genügt, weshalb es für die Gewährung von Asyl nicht ausreichend ist, derselben eine bloß theoretisch denkbare Möglichkeit eines Verfolgungsszenarios zugrunde zu legen (z. B. VwGH 24.4.2024, Ra 2024/20/0111, 28.2.2024, Ra 2023/20/0319).
Dem Beschwerdeführer ist somit insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, also eine asylrelevante Verfolgung im Falle seiner Rückkehr in seine Herkunftsregion in Syrien, glaubhaft zu machen. Befürchtungen im Zusammenhang mit einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wegen der dort vorherrschenden prekären Lebensbedingungen sind nicht geeignet eine relevante Verfolgung im Sinne der GFK zu begründen. Auch Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen für sich genommen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.