JudikaturBVwG

W287 2299517-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
15. Januar 2025

Spruch

W287 2299517-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Julia KUSZNIER über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.01.2025 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 14.07.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 14.07.2023 fand die Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Am 26.01.2024 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA oder belangte Behörde) statt.

3. Mit Bescheid vom 30.07.2024 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.). Mit den weiteren Spruchpunkten II. und III. dieses Bescheides wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.).

4. Mit Schreiben vom 05.09.2024 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des oben genannten Bescheides vom 30.07.2024, in der er im Wesentlichen ausführte, dass ihm eine Einberufung zum Wehrdienst durch das syrische Militär sowie eine Reflexverfolgung aufgrund der Zuerkennung des Asylstatus an seine Familienmitglieder drohen.

5. Am 23.09.2024 langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein.

6. Mit Stellungnahme vom 08.01.2025 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er sein bisheriges Vorbringen zu einem Zeitpunkt erstattet habe, als das Assad-Regime noch an der Macht gewesen sei. Nach dem Machtwechsel im Dezember 2024 fehle es nun an den wesentlichen Entscheidungsgrundlagen, zumal noch nicht abschätzbar sei, wie sich die Lage entwickeln werde. Der Sachverhalt sei daher aktuell nicht entscheidungsreif. Der Beschwerdeführer befürchte, im Falle einer Rückkehr „durch Regeln, die seine Lebensweise betreffen, eingeschränkt zu werden“.

7. Am 09.01.2025 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer führt die im Spruch angeführten Personalien. Er ist syrischer Staatsangehöriger, ledig, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitischer Moslem. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch.

1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde in Sayyidah Zaynab in der Provinz Damaskus geboren und wuchs dort auf. Sayyidah Zaynab bzw die Provinz Damaskus steht aktuell seit dem Machtwechsel unter der Kontrolle der HTS, zuvor stand das Gebiet unter der Kontrolle des Assad-Regimes. Im Alter von ca 12 Jahren übersiedelte der Beschwerdeführer mit seiner Familie in verschiedene Orte in der Provinz Damaskus, unter anderem nach Al Qunaitra und Al Mazza, dies unter anderem aufgrund von Bombenangriffen.

Der Beschwerdeführer reiste im Alter von ca 18 Jahren im Jahr 2020 aus Syrien aus und lebte danach für ca 2-3 Jahre in der Türkei.

Die Mutter des Beschwerdeführers sowie seine Geschwister leben in Österreich. Dem Bruder des Beschwerdeführers (IFA XXXX ) wurde mit Bescheid vom 20.09.2022 der Status des Asylberechtigten zuerkennt. Der Mutter des Beschwerdeführers (IFA XXXX )wurde der Status der Asylberechtigten im Familienverfahren zuerkannt. Der Antrag auf internationalen Schutz der Schwester des Beschwerdeführers (IFA XXXX ) wurde vom BFA abgewiesen, das Beschwerdeverfahren ist vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig.

1.1.3. Der Beschwerdeführer reiste illegal unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und hält sich zumindest seit dem 14.07.2023 in Österreich auf.

1.1.4. Dem Beschwerdeführer wurde mit dem insofern in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 30.07.2024 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

1.1.5. Der Beschwerdeführer ist gesund und strafgerichtlich in Österreich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.2.1. Im Falle seiner Rückkehr nach Syrien in den Ort Sayyidah Zaynab in der Provinz Damaskus ist der Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr einer Einberufung durch das syrische Regime zum Militärdienst ausgesetzt. Sayyidah Zaynab steht nicht mehr im Einfluss- oder Kontrollgebiet des syrischen Regimes, sondern unter der Kontrolle einer HTS-nahen Übergangsregierung. Das syrische Regime wurde am 08.12.2024 gestürzt. Dem Beschwerdeführer drohen auch keine sonstigen Eingriffe in seine Integrität durch das ehemalige syrische Regime.

1.2.2. Der Beschwerdeführer hatte in seinem Herkunftsstaat weder Probleme mit den Behörden, noch wurde er wegen seiner Nationalität, seinem Geschlecht, seiner sexuellen Orientierung oder seinem Bekenntnis zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam, seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Araber oder wegen einer Zugehörigkeit zu einer anderen gesellschaftlichen Gruppe bedroht oder wurde sonst eine Handlung oder Maßnahmen aus diesen Gründen gegen ihn gesetzt. Der Beschwerdeführer wird auch nicht als Sympathisant des ehemaligen syrischen Regimes gesehen. Der Beschwerdeführer ist in Syrien nie Mitglied einer bewaffneten Gruppierung gewesen und hat keine Strafrechtsdelikte begangen. Er war kein Mitglied von politischen Parteien und war auch sonst auf keine Art und Weise politisch aktiv. Der Onkel des Beschwerdeführers wurde nicht im Jahr 2012 von Mitgliedern der HTS getötet.

1.2.3. Dem Beschwerdeführer droht im Falle einer Rückkehr kein Eingriff in die physische oder psychische Integrität aufgrund seiner Lebensweise.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien

Im Verfahren wurden folgende Quellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers herangezogen:

Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien, Version 11, vom 27.03.2024

EUAA: Country Guidance: Syria, April 2024

UNHCR Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, März 2021

UNHCR Position on Returns to the Syrian Arab Republic, 16.12.2024

Staatendokumentation: Syrien: Arabische Republik – Informationssammlung zu Entwicklungen rund um den Sturz von Präsident Assad, Stand 02.01.2025

Aktuelle Berichterstattung zur Lage in Syrien (Beilage zum Verhandlungsprotokoll)

Kurzinformation der Staatendokumentation Syrien: Sicherheitslage, Politische Lage: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht, vom 10. Dezember 2024

UNHCR Regional Flash Update #8 vom 02.01.2025

1.3.1. Staatendokumentation: Syrien: Arabische Republik – Informationssammlung zu Entwicklungen rund um den Sturz von Präsident Assad, Stand 02.01.2025

Wie es dazu kam

Am 27. November 2024 startete die militante islamistische Gruppe Hayat Tahrir al-Scham (HTS), deren Kontrolle sich bis dahin auf Teile der Provinzen Aleppo und Idlib beschränkt hatte, mit verbündeten Rebellenfraktionen eine Großoffensive im Nordwesten Syriens. Die Rebellen eroberten zunächst Aleppo, die zweitgrößte Stadt des Landes. Am 5. Dezember fiel die Stadt Hama und zwei Tage darauf die drittgrößte Stadt Syriens, Homs (BBC, 8. Dezember 2024; siehe auch Der Standard, 8. Dezember 2024, ISPI, 8. Dezember 2024). Am 8. Dezember 2024 marschierten die von der HTS angeführten Rebellen in Damaskus ein. Am selben Tag verließ Baschar al-Assad das Land (ARD, 8. Dezember 2024).

Wer sind die wichtigsten Rebell·innengruppen?

Die syrischen Gruppen, die Al-Assad gestürzt und die Hauptstadt Damaskus eingenommen haben, sind heterogen (ARD, 8. Dezember 2024) mit teils gegensätzlichen Ideologien und langfristigen Zielen (DW, 9. Dezember 2024; Reuters, 9. Dezember 2024):

Hayat Tahrir al-Scham (HTS)

Die mächtigste Gruppe in Syrien, die den Vormarsch der Rebellen anführte, ist die islamistische Gruppe Hayat Tahrir al-Scham. Sie begann als offizieller al-Qaida-Ableger in Syrien unter dem Namen Nusra-Front und verübte bereits zu Beginn des Aufstands gegen Assad Angriffe in Damaskus. Die Gruppe durchlief mehrere Namensänderungen und gründete schließlich als die HTS eine Regierung in der Provinz Idlib, im Nordwesten Syriens. Die USA, Türkei und andere stufen die HTS und ihren Anführer, Ahmed al-Scharaa (auch Abu Mohammed al-Dscholani genannt), als Terroristen ein (Reuters, 8. Dezember 2024; siehe auch: BBC, 8. Dezember 2024, DW, 9. Dezember 2024).

Syrische Nationalarmee (SNA)

Die Syrische Nationalarmee (SNA) ist eine zersplitterte Koalition unterschiedlicher bewaffneter Gruppen (DW, 9. Dezember 2024), die mit direkter türkischer Militärunterstützung einen Gebietsabschnitt entlang der syrischtürkischen Grenze halten (Reuters, 8. Dezember 2024). Trotz interner Spaltungen pflegen viele SNAFraktionen enge Bindungen zur Türkei, wie die Sultan-Suleiman-Schah-Brigade, die al-Hamza-Division und die Sultan-Murad-Brigade. Andere Fraktionen der Gruppe versuchen trotz ihrer Zusammenarbeit mit der Türkei ihre eigenen Prioritäten durchzusetzen (DW, 9. Dezember 2024). Als die HTS und verbündete Gruppen aus dem Nordwesten Anfang Dezember auf von Assads Regierung kontrolliertes Gebiet vorrückten, schloss sich ihnen auch die SNA an und kämpfte im Nordosten gegen Regierungstruppen wie auch kurdisch geführte Kräfte (Reuters, 8. Dezember 2024).

Der Vormarsch der Rebellen gegen Assads Regierungstruppen wurde Berichten zufolge von der Türkei mit unterstützt (ARD, 8. Dezember 2024).

Syrische Demokratische Kräfte (SDF)

Die Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) sind ein Bündnis kurdischer und arabischer Milizen, das von den USA und ihren Verbündeten unterstützt wird. Die SDF kontrollieren den größten Teil Syriens östlich des Euphrat, sowie einige Gebiete westlich des Flusses. Mit der aktuellen Offensive kam es auch zu Kämpfen zwischen den SDF und der SNA (Reuters, 8. Dezember 2024).

Sonstige

Neben den genannten Gruppen gibt es in Syrien eine Vielzahl lokaler Gruppierungen, die sich gegen al-Assad gestellt haben. Diese vertreten ein breites Spektrum islamistischer und nationalistischer Ideologien. Im Norden schlossen sich einige von ihnen dem Militäroperationskommando der HTS an. Im Süden dominierende Gruppen erhoben sich in der aktuellen Situation und nahmen den Südwesten Syriens ein (Reuters, 8. Dezember 2024).

Neueste Entwicklungen

Die neue Übergangsregierung und Ahmed Al-Sharaa (Führer der HTS)

Mohammed Al-Baschir, der bis zum Sturz Baschar Al-Assads die mit Hay'at Tahrir al-Sham (HTS) verbundenen Syrischen Heilsregierung im Nordwesten Syriens geleitet hatte, wurde am 10. Dezember 2024 als Interimspremierminister mit der Leitung der Übergangsregierung des Landes bis zum 1. März 2025 beauftragt (MEE, 10. Dezember 2024; siehe auch: Al Jazeera, 10. Dezember 2024). Die Minister der Syrischen Heilsregierung übernahmen vorerst die nationalen Ministerposten (Eine Liste der Ministerbesetzung finden Sie hier: Al-Jazeera, 15. Dezember 2024). Laut dem Congressional Research Service (CRS) seien einige RegierungsbeamtInnen und Staatsangestellte der ehemaligen Regierung weiterhin im Regierungsapparat beschäftigt (CRS, 13. Dezember 2024). Am 21. Dezember ernannte die Übergangregierung Asaad Hassan Al-Schibani zum Außenminister und Murhaf Abu Qasra zum Verteidigungsminister. Beide seien Verbündete des HTS-Anführers Ahmed Al-Scharaa (Al-Jazeera, 21. Dezember 2024). Am 29. Dezember legte Al-Sharaa in einem Interview mit dem saudischen Fernsehsender Al-Arabiyya dar, dass es bis zu vier Jahren dauern könne, bis Wahlen stattfinden werden, da die verschiedenen Kräfte Syrien einen politischen Dialog führen und eine neue Verfassung schreiben müssten (AP, 29. Dezember 2024).

Al-Sharaa erklärte am 17. Dezember, dass alle Rebellenfraktionen aufgelöst und in die Reihen des Verteidigungsministeriums integriert würden (The Guardian, 17. Dezember 2024). Am 29. Dezember sagte Al- Sharaa in einem Interview aus, dass das syrische Verteidigungsministerium plant auch die kurdischen Streitkräfte in seine Reihen aufzunehmen. Es gebe Gespräche mit den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) zur Lösung der Probleme im Nordosten Syriens (nähere Details zu den Problemen finden Sie unten) (Kurdistan24, 29. Dezember 2024).

Ebenfalls am 29. Dezember wurde eine Liste mit 49 Personen, die zu Kommandeuren der neuen syrischen Armee ernannt wurden, veröffentlicht. Unter den Namen seien einige Mitglieder der HTS, sowie ehemalige Armeeoffiziere, die zu Beginn des syrischen Bürgerkriegs desertierten. Laut Haid Haid, beratender Mitarbeiter beim britischen Think Tank Chatham Haus, wurden die sieben höchsten Ränge von HTS-Mitgliedern besetzt.

Laut einem weiteren Experten seien auch mindestens sechs Nicht-Syrer unter den neuen Kommandeuren (France24, 30. Dezember 2024).

[…]

Sozioökonomische Situation und Flüchtlinge

Das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) berichtet, dass zwischen dem Beginn der Offensive am 27. November und dem 11. Dezember etwa eine Million Menschen aus den Provinzen Aleppo, Hama, Homs und Idlib vertrieben wurden. Es liegen keine Zahlen vor, Berichten zufolge kehrten im selben Zeitraum Tausende syrischer Flüchtlinge aus dem Libanon ins Land zurück. Auch aus der Türkei kehrten Flüchtlinge in den Nordwesten Syriens zurück. Gleichzeitig flohen einige SyrerInnen in den Libanon (UNHCR, 11. Dezember 2024).

Der UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher berichtet am 17. Dezember über kritische Engpässe bei Nahrungsmitteln, Treibstoff und Vorräten aufgrund unterbrochener Handelsrouten und Grenzschließungen (UN News, 17. Dezember 2024).

Laut UNICEF benötigen 7,5 Million Kinder in Syrien humanitäre Hilfe. Mehr als 2,4 Millionen Kinder gehen nicht zur Schule, und eine weitere Million Kinder laufen Gefahr, die Schule abzubrechen. Auch die Gesundheitsversorgung sei fragil. Fast 40 Prozent der Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen sind teilweise oder vollständig funktionslos. Fast 13,6 Millionen Menschen benötigen Wasser, Sanitäranlagen und Hygienedienste; und 5,7 Millionen Menschen, darunter 3,7 Millionen Kinder, benötigen Ernährungshilfe (UNICEF, 18. Dezember 2024).

Die UN berichtet, dass es in der Woche vom 23. Dezember weiterhin zu Feindseligkeiten und Unsicherheiten in den Provinzen Aleppo, Homs, Hama, Latakia, Tartus, Deir-ez-Zor und Quneitra kam. Aufgrund der angespannten Sicherheitslage waren humanitäre Einsätze mit 30. Dezember in mehreren Gebieten weiterhin ausgesetzt. Im November hatten rund zwei Millionen Menschen in ganz Syrien Nahrungsmittelhilfe in unterschiedlicher Form erhalten. Die instabile Sicherheitslage in den ländlichen Gebieten von Hama, Quneitra, Latakia und Tartous beeinträchtigte die Möglichkeit des Schulbesuchs für Kinder (UN News, 30. Dezember 2024).

Mit 29. Dezember haben 94 der 114 von UNHCR unterstützten Gemeindezentren in ganz Syrien ihre Arbeit wiederaufgenommen. Sei dem 27. November haben sich 58,500 Personen an die Gemeindezentren gewandt, um sich anzumelden und um Zugang zu Schutzdiensten zu erhalten. Laut UNHCR kehrten zwischen 8. Und 29. Dezember 58,400 Personen nach Syrien (hauptsächlich aus dem Libanon, Jordanien und der Türkei) zurück. Seit Anfang 2024 (bis zum 29. Dezember) kehrten ungefähr 419,200 syrische Flüchtlinge zurück; die Mehrheit von ihnen nach Raqqa (25%), Aleppo (20%) und Daraa (20%) (UNHCR, 30. Dezember 2024).

Weiteres

Human Rights Watch bestätigt am 16. Dezember den Fund eines Massengrabs im südlichen Damaskus (HRW, 16. Dezember 2024).

Am 18. Dezember startete der erste kommerzielle Flug seit dem Sturz von Baschar Al-Assad, ein Inlandsflug nach Aleppo, vom Flughafen Damaskus (Al-Jazeera, 18. Dezember 2024).

Am 27. Dezember töteten Anhänger von Baschar Al-Assad 14 Menschen bei Zusammenstößen mit Soldaten der neuen Regierung im Westen des Landes, nahe der Stadt Tartus (BBC News, 27. Dezember 2024).

1.3.2. Aktuelle Berichterstattung Syrien (Beilage zum Verhandlungsprotokoll 09.01.2025)

ORF: HTS will alle Milizen entwaffnen (22.12.2024, abgefragt am 08.01.2025)

Die neuen Machthaber in Syrien, die islamistische Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS), will alle Milizen des zersplitterten Landes entwaffnen bzw. in die Armee integrieren. Das kündigte HTS-Chef Mohammed al-Dschawlani am Sonntag an. Die Türkei fordert unterdessen die Auflösung der kurdischen YPG-Miliz.

Dschawlani (mit bürgerlichem Namen Ahmed al-Scharaa) sagte am Sonntag bei einer Pressekonferenz mit dem türkischen Außenminister Hakan Fidan, alle bewaffneten Gruppen in Syrien würden bald „ihre Auflösung“ bekanntgeben und sich der Armee anschließen.

Die HTS-Miliz werde nicht zulassen, „dass es im Land Waffen außerhalb der staatlichen Kontrolle gibt“ – auch nicht in den Gebieten unter der Kontrolle der von Kurden angeführten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), sagte Dschawlani.

Fidan: Kein Platz für YPG in Syrien

Fidan wiederum machte Ankaras Position klar, wonach es für die kurdische Miliz YPG keinen Platz in Syrien geben dürfe. Fidan sagte, die Militanten besetzten illegal syrisches Gebiet. Viele Kurden – verteilt auf Türkei, Irak und Syrien – streben seit Langem Autonomie oder einen eigenen Staat an.

Fidan äußerte auf der Pressekonferenz die Erwartung, dass der designierte US-Präsident Donald Trump die Unterstützung der Vereinigten Staaten für die kurdischen Kämpfer im Norden Syriens beenden werde. Das entspreche den US-Interessen, wenn Trump zwischen der Bedeutung der Türkei und einer „terroristischen Organisation wie der PKK“ für sein Land abwäge.

Ankara betrachtet die innerhalb der SDF dominierenden kurdischen YPG-Einheiten als Ableger der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die von der Türkei wie von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird. Die USA hatten sich im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) mit der YPG-Miliz verbündet. Die kurdischen Kämpfer spielten beim im Jahr 2019 erreichten Sieg über den IS, der vormals weite Teile Syriens und des Irak beherrscht hatte, eine zentrale Rolle.

Regierungsgegner treten auf ein am Boden liegendes Plakat mit dem Bild des gestürzten syrischen Machthabers Baschar al-Assad

Fidan für Aufhebung aller Sanktionen

Zugleich sprach sich Fidan dafür aus, all die gegen das Assad-Regime verhängten Sanktionen zu beenden, um Syrien wieder aufbauen zu können. Nach einem Treffen mit der HTS-Spitze betonte Fidan zudem, die internationale Gemeinschaft müsse mit der neuen Regierung in Damaskus interagieren.

Dschawlani: Akteure müssen sich bei Syrien-Fragen einigen

Dschawlani forderte zudem von den im Land einflussreichen ausländischen Staaten gemeinsame Schritte für die Zukunft des Landes. „Es ist wichtig, dass sich die großen Akteure auf allgemeine Grundsätze in Bezug auf Syrien einigen.“ Dabei müsse die syrische Bevölkerung unabhängig über die Stabilität und Sicherheit des Landes entscheiden dürfen, so Dschawlani.

Die Türkei gilt nach dem Sturz des Machthabers Baschar al-Assad als einflussreichster ausländischer Akteur in Syrien. Doch auch Russland, der Iran und die USA haben militärischen Einfluss in Syrien.

Österreich für „integrative politische Ordnung“

Das österreichische Außenministerium teilte unterdessen auf der Plattform X mit, Österreich arbeite daran, seine Botschaft sukzessive zu stärken. Österreich habe seine Botschaft in Syrien nie geschlossen. Die Botschafterin befinde sich in Damaskus und habe sich mit Vertretern der De-facto-Regierung getroffen, „um eine stabile und integrative politische Ordnung zu fordern, die allen Syrern Perspektiven bietet“.

Stern (11.12.2024) : Nach Regime-Umsturz: Syriens neuer Regierungschef ruft Flüchtlinge zur Rückkehr auf

Syrien bereitet sich nach dem Sturz von Machthaber Assad auf einen Machtwechsel vor. Der neue Ministerpräsident richtet einen Appell an syrische Flüchtlinge im Ausland.

Nach dem Umsturz in Syrien ruft der neue Regierungschef Mohammed al-Baschir syrische Flüchtlinge in aller Welt auf, in ihre Heimat zurückzukehren. "Mein Appell richtet sich an alle Syrer im Ausland: Syrien ist jetzt ein freies Land, das seinen Stolz und seine Würde wiedererlangt hat. Kommen Sie zurück!", sagte al-Baschir in einem Interview der italienischen Zeitung "Corriere della Sera".

Nach dem Ende der jahrzehntelangen Herrschaft der Assad-Familie muss nun nach den Worten al-Baschirs, der zunächst bis März amtieren soll, erst einmal Sicherheit und Stabilität in allen Städten Syriens wiederhergestellt werden, damit die Menschen zum normalen Leben zurückkehren können. Es sei dann eines seiner wichtigsten Ziele, dem Land zu einem Aufschwung zu verhelfen. Dabei könnten Rückkehrer nach Syrien mit ihrer Erfahrung eine wichtige Rolle spielen. "Wir müssen unser Land wieder aufbauen und auf die Beine bringen, und wir brauchen die Hilfe aller", sagte er.

Mohammed al-Baschir herrschte in Idlib

Al-Baschir war zuvor Regierungschef in der Rebellenhochburg Idlib, von der aus die Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) von Ahmed al-Scharaa, der zuvor unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Dschulani auftrat, ihre Offensive gestartet hatte, die zum Sturz von Baschar al-Assad führte. Befürchtungen von Kritikern, die HTS könne einen zu starken islamistischen Einfluss auf das restliche Syrien haben, versuchte al-Baschir auszuräumen.

"Das falsche Verhalten einiger islamistischer Gruppen hat dazu geführt, dass viele Menschen, vor allem im Westen, Muslime mit Terrorismus und den Islam mit Extremismus verbinden", sagte er. Dies sei jedoch eine falsche Darstellung. Er beteuerte, die Rechte aller Menschen in Syrien garantieren zu wollen.

Kurz nach dem Sturz von Syriens Diktator Assad machen sich Menschen auf den Weg zum Saidnaja-Gefängnis. Sie suchen nach Angehörigen, die dort inhaftiert wurden. Vielleicht haben sie Haft und Folter ja überlebt

Eine Luftaufnahme zeigt den dreistrahligen Gefängniskomplex, der zum Krematorium umgebaut wurde

Eine Luftaufnahme zeigt den dreistrahligen Gefängniskomplex, der nach Angaben der US-Behörden für den Betrieb eines Krematoriums umgebaut wurde. Wenn das stimmt, dürften die Familien oft vergeblich ihre Angehörigen suchen

Das Grauen des Assad-Regimes hat einen Namen: Saidnaja

Syrien: keine Probleme mit anderen Staaten

Auf die Außenpolitik angesprochen sagte al-Baschir, er und seine Übergangsregierung hätten "keine Probleme mit Staaten, Parteien oder Sekten, die sich von Assads blutrünstigem Regime distanziert haben". Die Frage, ob dies bedeute, dass er sich vom Iran, Russland und der Hisbollah distanzieren und mit Israel Frieden schließen wolle, beantwortete al-Baschir nicht.

Al-Baschir war nach dem Sturz von Baschar al-Assad mit der Bildung einer neuen syrischen Regierung beauftragt worden. Seine Übergangsregierung soll nach seinen Worten bis März die Geschäfte führen.

ZDF (29.12.2024): Pläne des Rebellenführers: Syrien: HTS-Auflösung - Wahlen in vier Jahren

Neue Verfassung, Wahlen in vier Jahren, Auflösung der HTS-Miliz und der Geheimdienste - das kündigt der syrische Rebellenführer an. Doch Experten haben Zweifel an der Umsetzung.

HTS-Anführer Al-Scharaa bei einem Treffen mit dem Sondergesandten der Vereinten Nationen für Syrien, Pederson.

Syriens Rebellenführer Ahmed al-Scharaa plant nach eigenen Worten eine Auflösung seiner islamistischen Miliz HTS. Er werde die Auflösung bei einer Konferenz für nationalen Dialog bekanntgeben, sagte al-Scharaa im Interview des Nachrichtenkanals Al-Arabija.

Es werde dann rund drei Jahre bis zum Entwurf für eine neue Verfassung brauchen und ein weiteres Jahr, um Wahlen abzuhalten. Für "aussagekräftige Wahlen" sei zunächst ein umfassender Konsens in der syrischen Bevölkerung notwendig.

Syrien-Experten haben Zweifel, ob al-Scharaa im Land tatsächlich faire und freie Wahlen abhalten will. Die von ihm angeführte Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die Syriens Regierung nach einer Blitzoffensive stürzte, regierte zuvor autoritär in Idlib im Nordwesten des Landes. Menschenrechtler haben unter der HTS-Herrschaft etwa Folter und Tötungen politischer Gegner dokumentiert. Zugleich hat al-Scharaa den Schutz von Minderheiten angemahnt.

Nach dem Sturz des Assad-Regimes fürchten viele religiöse und ethnische Minderheiten in Syrien um ihre Zukunft unter den islamistischen Machthabern.

Auflösung aller Geheimdienstorganisationen

Zudem hat der neue syrische Geheimdienstchef Anas Chattab die Auflösung aller Geheimdienstorganisationen und eine anschließende grundlegende Neuorganisation angekündigt.

Die unter dem gestürzten Machthaber Baschar al-Assad als Instrument der Unterdrückung gefürchteten Geheimdienste würden vollständig aufgelöst, zitiert die staatliche Nachrichtenagentur Sana Chattab. Anschließend sollten die Sicherheitsdienste so neu strukturiert werden, "dass sie unserem Volk Ehre machen".

Nach Gewalt unter Assad: Der Kampf um Syriens Zukunft

Geheimdienstchef: Schweres Leid durch Sicherheitsapparat

Chattab beklagte in der von Sana verbreiteten Erklärung "die Unterdrückung und Tyrannei des alten Regimes" unter Assad. Dieses habe der Bevölkerung mithilfe des Sicherheitsapparats schweres Leid zugefügt.

Die Sicherheitsdienste des alten Regimes waren zahlreich und vielfältig, aber allen war gemeinsam, dass sie dem Volk aufgezwungen wurden, um es fünf Jahrzehnte lang zu unterdrücken.

Tausende Gefangene wurden nach dem Sturz von Assad freigelassen. Jahrelang wurden sie im Saidnaja-Gefängnis in Syrien gefoltert wurden - darunter viele Frauen und Kinder.

Aktivisten: Mehr als 100.000 Menschen starben in Gefängnissen

Während der jahrzehntelangen Herrschaft von Baschar al-Assad und dessen Vater Hafis verschwanden zahllose Menschen in den von den Geheimdiensten betriebenen Gefängnissen.

Ehemaliges Gefängnis im Hauptquartier des syrischen Geheimdienstes in Damaskus

Zehntausende Syrer sind in Assads Gefängnissen verschwunden und gelten als vermisst, die meisten werden in Massengräbern vermutet.

Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte starben allein während des syrischen Bürgerkrieges in den vergangenen fast 14 Jahren mehr als 100.000 Menschen in syrischen Gefängnissen, viele davon unter Einwirkung von Folter.

Assads Folter-General: Zweiter Festnahmeversuch gelingt

Kämpfer unter Führung der islamistischen HTS-Miliz hatten am 8. Dezember Damaskus erobert und die jahrzehntelange Herrschaft von Assad in Syrien beendet. Assad, dem Entführung, Folter und Ermordung von Andersdenkenden vorgeworfen wird

1.3.3. UNHCR Position on returns to the Syrian Arab Republic, December 2024

1. This position supersedes and replaces UNHCR’s March 2021 International Protection Considerations with Regard to people fleeing the Syrian Arab Republic, Update VI.1

Given the fluidity of the situation, this guidance will be updated early on and as needed, based on the quickly evolving circumstances.

Voluntary Returns

2. Syria is at a crossroads – between peace and war, stability and lawlessness, reconstruction or further ruin. There is now a remarkable opportunity for Syria to move toward peace and for its people to begin returning home. For many years, UNHCR has insisted on the need to redouble efforts to create favourable conditions for refugees and displaced people to return home and the current situation opens up new opportunities in this regard, that must be seized by all. This includes eliminating and/or addressing any new security, legal and administrative barriers on the part of the Syrian de facto authorities; substantial humanitarian and early recovery assistance to be provided by donor States to returnees, communities receiving them back and areas of actual and potential return in general; and authorization to UNHCR and its partners to monitor returns at border crossings and in locations where people choose to return.

3. Everyone has the right to return to their country of origin. UNHCR stands ready to support Syrian refugees who, being fully informed of the situation in their places of origin or an alternative area of their choice, choose voluntarily to return. In view of the many challenges facing Syria’s population, including a large-scale humanitarian crisis, continued high levels of internal displacement and widespread destruction and damage of homes and critical infrastructure, however, for the time being UNHCR is not promoting large-scale voluntary repatriation to Syria.

Moratorium on Forced Returns

4. At this moment in time, Syria continues to be affected by attacks and violence in parts of the country; large-scale internal displacement; contamination of many parts of the country with explosive remnants of war; a devastated economy and a large-scale humanitarian crisis, with over 16 million already in need of humanitarian assistance before the recent developments. In addition, and as noted above, Syria has also sustained massive destruction and damage to homes, critical infrastructure and agricultural lands. Property rights have been greatly affected, with widespread housing, land, and property violations recorded over the past decade, leading to complex ownership disputes that will take time to resolve. Against this background, UNHCR for the time being continues to call on States not to forcibly return Syrian nationals and former habitual residents of Syria, including Palestinians previously residing in Syria, to any part of Syria.

POSITION ON RETURNS TO THE SYRIAN ARAB REPUBLIC

Suspending the Issuance of Negative Decisions to Syrian Applicants for International Protection

5. UNHCR also continues to call on all States to allow civilians fleeing Syria access to their territories, to guarantee the right to seek asylum, and to ensure respect for the principle of non-refoulement at all times.

6. While risks related to persecution by the former Government have ceased, other risks may persist or become more pronounced. In light of the rapidly changed dynamics and evolving situation in Syria, UNHCR is not currently in a position to provide detailed guidance to asylum decision-makers on the international protection needs of Syrians. UNHCR will continue to monitor the situation closely, with a view to providing more detailed guidance as soon as circumstances permit. In view of the current uncertainty of the situation in Syria, UNHCR calls on asylum States to suspend the issuance of negative decisions on applications for international protection by Syrian nationals or by stateless persons who were former habitual residents of Syria. The suspension of the issuance of negative decisions should remain in place until such time as the situation in Syria has stabilized and reliable information about the security and human rights situation is available to make a full assessment of the need to grant refugee status to individual applicants.

7. UNHCR does not consider that the requirements for cessation of refugee status for beneficiaries of international protection originating from Syria have currently been met.

1.3.4. LIB, Version 11, 27.03.2024

[…]

Anders als die Regierung und die Syrian Democratic Forces (SDF), erlegen bewaffnete oppositionelle Gruppen wie die SNA (Syrian National Army) und HTS (Hay'at Tahrir ash-Sham) Zivilisten in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auf (NMFA 5.2022; vgl. DIS 12.2022). Quellen des niederländischen Außenministeriums berichten, dass es keine Zwangsrekrutierungen durch die SNA und die HTS gibt (NMFA 8.2023). In den von den beiden Gruppierungen kontrollierten Gebieten in Nordsyrien herrscht kein Mangel an Männern, die bereit sind, sich ihnen anzuschließen. Wirtschaftliche Anreize sind der Hauptgrund, den Einheiten der SNA oder HTS beizutreten. Die islamische Ideologie der HTS ist ein weiterer Anreiz für junge Männer, sich dieser Gruppe anzuschließen. Im Jahr 2022 erwähnt der Danish Immigration Service (DIS) Berichte über Zwangsrekrutierungen der beiden Gruppierungen unter bestimmten Umständen im Verlauf des Konfliktes. Während weder die SNA noch HTS institutionalisierte Rekrutierungsverfahren anwenden, weist die Rekrutierungspraxis der HTS einen höheren Organisationsgrad auf als die SNA (DIS 12.2022). Im Mai 2021 kündigte HTS an, künftig in ldlib Freiwilligenmeldungen anzuerkennen, um scheinbar Vorarbeit für den Aufbau einer "regulären Armee" zu leisten. Der Grund dieses Schrittes dürfte aber eher darin gelegen sein, dass man in weiterer Zukunft mit einer regelrechten "HTS-Wehrpflicht" in ldlib liebäugelte, damit dem "Staatsvolk" von ldlib eine "staatliche" Legitimation der Gruppierung präsentiert werden könnte (BMLV 12.10.2022). Die HTS rekrutiert auch gezielt Kinder, bildet sie religiös und militärisch aus und sendet sie an die Front (SNHR 20.11.2023).

[…]

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt und in den Gerichtsakt sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 09.01.2025.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor der belangten Behörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht (VP S. 7, Niederschrift der EB S. 1, Niederschrift BFA S. 1 ff.).

2.1.2. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit, seinem Aufwachsen und seiner familiären Situation gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im Wesentlichen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln (VP S. 7 ff.; Niederschrift der EB S. 1 ff.; Niederschrift BFA S. 4 ff.).

Die Feststellung, dass der Ort Sayyidah Zaynab bzw. die Provinz Damaskus aktuell unter Kontrolle einer HTS-nahen Übergangsregierung steht, basiert auf einer Nachschau unter https://syria.liveuamap.com/ in der mündlichen Verhandlung und entspricht auch den Angaben des Beschwerdeführers (VP S. 7/8).

2.1.3. Die Feststellungen zur Ausreise ergeben sich aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Beschwerdeführers, die ebenfalls im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleichgeblieben sind (VP S. 8; Niederschrift BFA S. 4 ff., Niederschrift der EB S. 4 ff.).

Die Feststellungen zu den in Österreich lebenden Familienmitgliedern des Beschwerdeführers gründen auf den ins Verfahren eingebrachten Aktenbestandteilen dieser Familienmitglieder.

2.1.4. Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers sowie zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten stützen sich auf die Aktenlage bzw. unmittelbar auf den angefochtenen Bescheid vom 30.04.2024.

2.1.5. Dass der Beschwerdeführer gesund und unbescholten ist, ergibt sich aus seinen eigenen Aussagen (VP S. 5 und Niederschrift BFA S. 3) sowie aus der Einsicht in den eingeholten Strafregisterauszug.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Zur vorgebrachten Verfolgung durch das syrische Regime:

Dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr keine Einberufung zum Wehrdienst des syrischen Regimes drohen würde, ergibt sich aus der festgestellten Gebietskontrolle sowie der Tatsache, dass das syrische Regime am 08.12.2024 gestürzt wurde. Aus demselben Grund ergibt sich auch, dass dem Beschwerdeführer kein Eingriff in die körperliche Integrität durch das (nunmehr gestürzte) syrische Regime aufgrund der Asylzuerkennung an seine Familienmitglieder oder der behaupteten Entführung des Vaters des Beschwerdeführers drohen kann.

Der Beschwerdeführer räumte auch in der mündlichen Verhandlung ein, dass das Assad-Regime nunmehr gestürzt sei, und gab nicht an, aus den zuvor im Verfahren vorgebrachten Gründen weiter Verfolgung zu befürchten (VP S. 9: R: Hat sich an Ihren Fluchtgründen seit dem Sturz des Assad-Regimes etwas geändert bzw. warum befürchten Sie weiterhin eine Einziehung zum Militärdienst oder eine Verfolgung aufgrund des Asylstatus Ihrer Familienangehörigen durch das ehemalige Assad-Regime? BF: Das Regime wurde gestürzt.). Befragt, wovor er nun konkret Angst habe, wenn er zurückkehren müsste, gab der Beschwerdeführer lediglich allgemeine Probleme an: „Die Situation in Syrien ist nicht stabil. Das Regime und der Präsident wurden zwar gestürzt, aber es gibt weiterhin Kämpfe in Syrien und viele Probleme. Das sehe ich in den Nachrichten.“ (VP S. 9). Es ist daher nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer aus den vor dem Machtwechsel in Syrien vorgebrachten Gründen Verfolgung im Falle einer Rückkehr nach Syrien drohen kann.

2.2.2. Auch sonst sind im Verfahren keine Gründe für eine drohende Verfolgung des Beschwerdeführers hervorgekommen. Die vage Andeutung des Beschwerdeführers in seiner am Tag vor der mündlichen Verhandlung eingebrachten Stellungnahme, dass er befürchte, im Falle einer Rückkehr durch Regeln, die seine Lebensweise betreffen, eingeschränkt zu werden, blieb in der mündlichen Verhandlung gänzlich unerwähnt. Weder in seiner Stellungnahme noch in der mündlichen Verhandlung legte der Beschwerdeführer substantiiert dar, in Hinblick auf welche Lebensweisen er befürchte eingeschränkt zu werden. Auf Nachfrage der erkennenden Richterin zu seinem Leben in Österreich und in Syrien, gab der Beschwerdeführer lediglich an, dass er arbeite und lerne (VP S. 11). Aktivitäten, mit denen er potenziell in Syrien auffallen oder ins Visier diverser Gruppierungen geraten könnte, erwähnte er nicht. Zumal der Beschwerdeführer dieses neue Vorbringen erst am Tag vor der mündlichen Verhandlung erstattete, ist davon auszugehen, dass er dazu aus eigenem in der mündlichen Verhandlung substantiierte Angaben gemacht hätte, würde er tatsächlich auch nur im Entferntesten annehmen, im Falle einer Rückkehr einer Bedrohung ausgesetzt zu sein. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass es sich vielmehr um eine frei erfundene Darstellung des Beschwerdeführers handelt. Selbst vor dem Hintergrund der momentan eingeschränkten Berichtslage ist nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer aktuell im Falle einer Rückkehr Eingriffe in die körperliche Integrität drohen würden, zumal er dazu lediglich pauschale und vage Angaben machte und keinerlei Vorbringen zu jenen Lebensweisen erstattete, in denen er eingeschränkt werden könnte. Vielmehr gab der Beschwerdeführer - befragt, wovor er nun konkret Angst habe, wenn er zurückkehren müsste – lediglich allgemeine Probleme an: „Die Situation in Syrien ist nicht stabil. Das Regime und der Präsident wurden zwar gestürzt, aber es gibt weiterhin Kämpfe in Syrien und viele Probleme. Das sehe ich in den Nachrichten.“ (VP S. 9). Bzw. „[…]Diese neue Regierung ist unbekannt und die Situation ist noch unklar. Man weiß nicht, wie sie sich in Zukunft entwickeln. […]“ (VP S. 9). Auch auf die Frage, was ihm konkret passieren würde, wenn er jetzt wieder in Syrien wäre, führte der Beschwerdeführer lediglich aus: „Ich hätte kein Haus. Die Situation ist instabil und es wird noch sehr viel gekämpft. Die meisten sind arbeitslos und haben kein Wasser, Gas und Strom.“ (VP S. 11). Aus diesem Vorbringen lassen sich in einer Gesamtschau keine potenziellen gegen den Beschwerdeführer gerichteten Eingriffe in seine Integrität ableiten.

Der Beschwerdeführer gab zudem über das gesamte Verfahren hinweg an, dass er selbst sowie seine Kernfamilie nicht politisch aktiv (gewesen) sei, sondern er selbst immer unparteiisch gewesen sei und daher auch nicht an Demonstrationen teilgenommen habe. Er habe auch nie an Auseinandersetzungen teilgenommen oder Probleme wegen seiner Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit gehabt (VP S.10, Niederschrift BFS S. 6). Wenn er nun in der mündlichen Verhandlung erstmals vorbrachte, dass einer seiner Onkel im Jahr 2012 von der HTS getötet worden sei, weil er Polizist bzw. Beamter gewesen sei, so erachtet das erkennende Gericht diese Darstellung als nicht glaubhaft, zumal das Vorbringen vage und unsubstantiiert blieb und erstmals in der mündlichen Verhandlung (nach Einbringung einer Stellungnahme am Tag zuvor, in der der Vorfall mit keinem Wort erwähnt worden war) erstattet wurde. Weder konnte der Beschwerdeführer die politische Tätigkeit dieses Onkels detailliert beschreiben, sondern seine Aussage beschränkte sich vielmehr darauf, dass dieser Onkel allein deshalb getötet worden sei, weil er Polizist gewesen sei. Dies erscheint zudem nicht plausibel, weil die HTS als solche im Jahr 2012 noch nicht bestand und Sayyidah Zaynab, wo er und sein Onkel 2012 lebten, in der Nähe der Stadt Damaskus liegt, daher jedenfalls nicht im späteren Kerngebiet der HTS. Eine Gefahr für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr lässt sich aus dieser Darstellung daher nicht ableiten. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer dieses Vorbringen bereits vor dem Bundesamt (befragt nach Problemen mit oppositionellen Gruppierungen, Niederschrift BFA S. 8) vorgebracht hätte, hätte sich der beschriebene Vorfall tatsächlich so zugetragen.

Ebenso ergibt sich aus der Asylzuerkennung an Familienangehörige des Beschwerdeführers keine drohende Gefahr für den Beschwerdeführer: Weder den Niederschriften der Einvernahmen der Mutter und des Bruders des Beschwerdeführers noch den Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung lassen sich Anhaltspunkte entnehmen, dass diese in das Visier der HTS oder sonstiger syrischer Gruppierungen geraten sein könnten. Medienberichten lässt sich vielmehr entnehmen, dass bereits einige geflüchtete Syrer nach Syrien zurückgekehrt sind und auch der Anführer der HTS Syrer zur Heimkehr aufgerufen hat, sodass eine aktuelle und reale Gefährdung des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich ist.

Sonstige mögliche Gründe wie zB eine drohende Einberufung durch die HTS oder eine Verfolgung aufgrund einer Nahebeziehung zum ehemaligen syrischen Regime hat der Beschwerdeführer weder ansatzweise vorgebracht, noch gab es auf Basis seiner Erwählungen und der vorliegenden Länderinformationen Anhaltspunkte dafür. Die HTS, die nunmehr die Kontrolle über die Herkunftsregion des Beschwerdeführers und überhaupt über weite Teile Syriens ausübt, erlegt den Zivilisten in den von ihr kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auf und führt auch keine Zwangsrekrutierungen durch. In den von ihr kontrollierten Gebieten herrscht kein Mangel an Männern, die bereit sind, sich der HTS anzuschließen. Dies ist auch den Länderinformationen (Punkt 1.3.4. oben) zu entnehmen. Dass sich die Lage zwischenzeitig geändert hätte, hat der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht und ist auch ansonsten nicht ersichtlich. Zu bedenken ist, dass die HTS auch ohne Wehrpflicht/Zwangsrekrutierung über ausreichend Kräfte für die Machtübernahme in weiten Teilen Syriens verfügt(e).

2.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Die Länderinformationen bzw. sonstigen Entscheidungsgrundlagen, die das Bundesverwaltungsgericht seinen Feststellungen als Beweismittel zugrunde gelegt hat, erscheinen schlüssig, richtig und vollständig; sie sind für die entscheidungsrelevanten Feststellungen hinreichend aktuell. Die Informationen basieren auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen. Diese Ereignisse bzw. Tatsachen sind aufgrund öffentlich zugänglicher, weit verbreiteter medialer Berichterstattung allgemein bekannt.

Die Parteien traten diesen Länderberichten nicht entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

3.1.1. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen.

Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als „Verfolgung“ im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (vgl. Art. 9 Abs. 1 der Statusrichtlinie). Ob dies der Fall ist, haben die Asylbehörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung darzulegen (vgl. VwGH 16.12.2021, Ra 2021/18/0387, mwN).

3.1.3. Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (vgl. VwGH 02.09.2019, Ro 2019/01/0009, mwN).

Schon nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht. Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist also, dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen steht (vgl. VwGH 21.05.2021, Ro 2020/19/0001, mwN).

Die Beurteilung des rechtlichen Begriffs der Glaubhaftmachung ist auf der Grundlage positiv getroffener Feststellungen von Seiten des erkennenden Verwaltungsgerichts vorzunehmen, aber im Fall der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers können derartige positive Feststellungen vom Verwaltungsgericht nicht getroffen werden (vgl. VwGH 13.01.2022, Ra 2021/14/0386, mwN).

3.1.4. Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung („Vorverfolgung“) für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn der Asylwerber daher im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, ob er im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 03.09.2021, Ra 2021/14/0108, mwN).

3.1.5. Die Bestimmung der Heimatregion des Asylwerbers ist Grundlage für die Prüfung, ob dem Asylwerber dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung droht und ob ihm – sollt dies der Fall sein – im Herkunftsort außerhalb der Heimatregion einer innerstaatliche Fluchtalternative offensteht (vgl. etwa VwGH 25.08.2022, Zl. Ra 2021/19/0442). Zur Bestimmung der Heimatregion kommt in diesem Sinn der Frage maßgebliche Bedeutung zu, wie stark die Bindungen des Asylwerbers an ein bestimmtes Gebiet sind. Hat er vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsland nicht mehr in dem Gebiet gelebt, in dem er geboren und aufgewachsen ist, ist der neue Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen, soweit der Asylwerber zu diesem Gebiet enge Bindungen entwickelt hat (vgl. EUAA, Richterliche Analyse, Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes [2018], 83; vgl. idS auch VwGH 27.6.2016, Ra 2016/18/0055). Das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative nach § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Hinblick auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 erst dann zu prüfen, wenn glaubhaft ist, dass einem Asylwerber „in der Heimatregion seines Herkunftsstaats“ Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. etwa VwGH 25.05.2020, Zl. Ra 2019/19/0192).

Als Heimatregion des Beschwerdeführers ist die Region um den Ort Sayyidah Zaynab bzw die Provinz Damaskus anzusehen, wo der Beschwerdeführer von seiner Geburt zu seiner Ausreise im Jahr 2020 gelebt hat.

3.1.6. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellt, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine aktuelle, konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr maßgeblicher Intensität, die ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen bzw. darzutun. Von Seiten des ehemaligen syrischen Regimes droht infolge des Machtwechsels weder eine Einberufung zum Wehrdienst noch eine Reflexverfolgung.

3.1.7. Auch sonst konnte der Beschwerdeführer keine drohende Verfolgung im Verfahren glaubhaft machen: Weder erscheint es maßgeblich wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer aufgrund nicht näher dargelegt Lebensweisen einer drohenden Verfolgung ausgesetzt sein könnte, noch erachtete es das erkennende Gericht als glaubhaft, dass ein Onkel des Beschwerdeführers von der HTS getötet worden sei. Sonstige Anhaltspunkte für eine drohende Verfolgung haben sich ebenso nicht ergeben.

3.1.8. Im Ergebnis ist es dem Beschwerdeführer insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Das Verlassen des Herkunftsstaates aus persönlichen Gründen oder wegen der dort vorherrschenden prekären Lebensbedingungen bzw. die nach dem Machtwechsel noch instabile Lage und sonstigen vom Beschwerdeführer vorgebrachten Probleme stellen keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Auch Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen für sich genommen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar.

Aus diesem Grund stehen auch die Position des UNHCR (UNHCR-Position on Returns to the Syrian Arab Republic, Dezember 2024) sowie das UNHCR Reginal Flash Update #8 der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen:

Die von UNHCR thematisierten Fragen der freiwilligen Rückkehr („Voluntary Returns“) sowie des Moratoriums zwangsweiser Rückführungen („Moratorium on Forced Returns“) sind mit Blick auf den Gegenstand der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht relevant. Des Weiteren plädiert UNHCR dafür, dass vorerst keine negativen Entscheidungen über Asylanträge von syrischen Staatsangehörigen oder Staatenlosen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, erlassen werden. Zutreffend weist UNHCR zunächst darauf hin, dass das Risiko einer Verfolgung durch die einstige Regierung, also das Assad-Regime, geendet habe. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit den – in zahlreichen Medien veröffentlichten – Informationen, auf die sich das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung stützt. Im Falle des Entstehens neuer Asylgründe infolge der Lageänderung in Syrien ab Ende November/Anfang Dezember 2024 wäre eine entsprechende Glaubhaftmachung am – rechtskundig vertretenen und über seine Mitwirkungspflicht mehrfach belehrten – Beschwerdeführer gelegen (und steht dem Beschwerdeführer auch in Zukunft die Möglichkeit offen, einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, sollten sich neue Asylgründe infolge des Machtwechsels konkretisieren). Zum für die Beurteilung und Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt ist jedenfalls von keiner asylrelevanten Verfolgung auszugehen. Im Übrigen ist beachtlich, dass auch UNHCR keine konkreten neuen Verfolgungsrisiken ins Treffen führt, sondern sich bloß allgemein auf die in Syrien vorherrschende Unsicherheit und Instabilität bezieht. Vor diesem Hintergrund sei abschließend noch einmal daran erinnert, dass der Beschwerdeführer ohnedies bereits den Status des subsidiär Schutzberechtigten innehat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.