JudikaturBVwG

W287 2250629-2 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
24. April 2025

Spruch

W287 2250629-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Julia KUSZNIER über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.08.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.04.2025 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Zum ersten Antrag auf internationalen Schutz:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 05.04.2021 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 06.04.2021 fand die Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Am 21.09.2021 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA oder belangte Behörde) statt.

3. Mit Bescheid vom 05.11.2021 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.). Mit den weiteren Spruchpunkten II. und III. dieses Bescheides wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.).

4. Mit Schreiben vom 01.12.2021 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des oben genannten Bescheides vom 05.11.2021. Diese Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2023 zu GZ W101 2250629-1 als unbegründet abgewiesen.

Zum gegenständlichen Folgeantrag:

1. Am 03.05.2023 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Die Erstbefragung des Beschwerdeführers fand am selben Tag statt. Am 11.01.2024 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA oder belangte Behörde) statt.

3. Mit Bescheid vom 02.08.2024 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab.

4. Mit Schreiben vom 29.08.2024 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid vom 02.08.2024. In dieser brachte er vor, dass er von seinem Vater erfahren habe, dass er wegen Demonstrationsteilnahmen und der Zugehörigkeit zu einer oppositionellen Partei vom syrischen Geheimdienst gesucht werde. Ferner sei er aufgrund seiner Zugehörigkeit zur freien syrischen Gemeinde in Österreich einer Verfolgungsgefahr durch das syrische Regime ausgesetzt.

5. Am 30.08.2024 langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein.

6. Am 23.04.2025 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer führt die im Spruch angeführten Personalien. Er ist syrischer Staatsangehöriger, verheiratet, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitischer Moslem. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch.

1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde in Heweir al-Ees in der Provinz Aleppo geboren und wuchs dort auf. Heweir al-Ees steht aktuell seit dem Machtwechsel unter der Kontrolle der HTS, zuvor stand das Gebiet unter der Kontrolle des Assad-Regimes. Der Beschwerdeführer lebte bis ca 2004 in seinem Heimatort, danach hielt er sich für ca ein Jahr in Saudi-Arabien auf. Nach seiner Rückkehr im Jahr 2005 lebte er erneut bis ca 2012 in Heweir al-Ees. Ab April 2012 lebte der Beschwerdeführer im Libanon, im März 2019 reiste er vom Libanon über Syrien, wo er sich ca eine Woche lang aufhielt, in die Türkei aus.

Die Ehefrau und Kinder des Beschwerdeführers reisten mit dem Beschwerdeführer gemeinsam in den Libanon aus und leben aktuell weiterhin im Libanon.

1.1.3. Der Beschwerdeführer reiste illegal unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und hält sich zumindest seit dem 05.04.2021 in Österreich auf.

1.1.4. Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 05.11.2021 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

1.1.5. Der Beschwerdeführer ist gesund und strafgerichtlich in Österreich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.2.1. Im Falle seiner Rückkehr nach Syrien in den Ort Heweir al-Ees in der Provinz Aleppo ist der Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr von Eingriffen in seine Integrität durch das ehemalige syrische Regime ausgesetzt. Heweir al-Ees steht nicht mehr im Einfluss- oder Kontrollgebiet des syrischen Regimes, sondern unter der Kontrolle einer HTS-nahen Übergangsregierung. Das syrische Regime wurde am 08.12.2024 gestürzt. Der wird Beschwerdeführer wird aus diesem Grund auch nicht wegen Demonstrationsteilnahmen, einer Zugehörigkeit zu oppositionellen Gruppierungen oder wegen seiner Mitgliedschaft bei der Freien Syrischen Gemeinde in Österreich vom ehemaligen syrischen Regime gesucht. Der Beschwerdeführer war kein Mitglied von politischen Parteien und war auch sonst auf keine Art und Weise politisch aktiv.

1.2.2. Der Beschwerdeführer hatte in seinem Herkunftsstaat weder Probleme mit den Behörden, noch wurde er wegen seiner Nationalität, seinem Geschlecht, seiner sexuellen Orientierung oder seinem Bekenntnis zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam, seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Araber oder wegen einer Zugehörigkeit zu einer anderen gesellschaftlichen Gruppe bedroht oder wurde sonst eine Handlung oder Maßnahmen aus diesen Gründen gegen ihn gesetzt. Der Beschwerdeführer wird auch nicht als Sympathisant des ehemaligen syrischen Regimes gesehen. Der Beschwerdeführer ist in Syrien nie Mitglied einer bewaffneten Gruppierung gewesen und hat keine Strafrechtsdelikte begangen. Er war kein Mitglied von politischen Parteien und war auch sonst auf keine Art und Weise politisch aktiv. Er wird auch nicht von sonstigen Gruppierungen wie zB der FSA gesucht.

1.2.3. Der Beschwerdeführer wird nicht von der HTS gesucht. Insbesondere kam es nicht zu einem Vorfall oder Problemen zwischen der HTS und dem Beschwerdeführer bzw. seiner Familie knapp vor dessen Ausreise im Jahr 2012.

1.2.4. Der Beschwerdeführer verließ Syrien allein aufgrund der prekären Sicherheits- und Wirtschaftslage.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien

Im Verfahren wurden folgende Quellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers herangezogen:

· Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien, Version 11, vom 27.03.2024

· EUAA: Country Guidance: Syria, April 2024

· EUAA, Syria: Country Focus, März 2025

· UNHCR Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, März 2021

· ACCORD, Anfragebeantwortung zu Syrien vom 21.03.2025: Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierung durch andere bewaffnete Gruppen, Zwangsrekrutierungen

· UNHCR Position on Returns to the Syrian Arab Republic, 16.12.2024

· Sämtliche UNHCR-Flash Update(s), zuletzt Nr. 22 vom 14.04.2024

· EUAA Report Targeting of Individuals

· Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: Zwangsrekrutierungen durch HTS, u.a. vom 27.10.2023

· Kurzinformation der Staatendokumentation: Syrien, Arabische Republik –Informationssammlung zu Entwicklungen rund um den Sturz von Präsident Assad, Stand: 11.03.2025

1.3.1. Staatendokumentation: Syrien: Arabische Republik – Informationssammlung zu Entwicklungen rund um den Sturz von Präsident Assad, Stand 11.03.2025

Wie es dazu kam

Am 27. November 2024 startete die militante islamistische Gruppe Hayat Tahrir al-Scham (HTS), deren Kontrolle sich bis dahin auf Teile der Provinzen Aleppo und Idlib beschränkt hatte, mit verbündeten Rebellenfraktionen eine Großoffensive im Nordwesten Syriens. Die Rebellen eroberten zunächst Aleppo, die zweitgrößte Stadt des Landes. Am 5. Dezember fiel die Stadt Hama und zwei Tage darauf die drittgrößte Stadt Syriens, Homs (BBC, 8. Dezember 2024; siehe auch Der Standard, 8. Dezember 2024, ISPI, 8. Dezember 2024). Unterdessen rückten Rebellenkräfte aus dem Süden Syriens in die Stadt Daraa vor, die eine zentrale Rolle im Aufstand von 2011 spielte, und erlangten die Kontrolle über mehr als 90 Prozent der Provinz, während sich die Regierungstruppen sukzessive zurückzogen (Rudaw, 7. Dezember 2024). In Sweida übernahmen drusische Fraktionen die Verwaltung der Region und festigten damit die oppositionellen Strukturen im Süden des Landes (Al-Jazeera, 10.Dezember 2024). Diese Gruppen formierten die „Southern Operations Room“, um den Aufstand zu koordinieren, und waren die ersten, die in Damaskus eintrafen (The Guardian, 9. Dezember 2024). Nach dem Eintreffen von HTS in der Hauptstadt zogen sie sich jedoch nach Daraa zurück (France 24, 8. Jänner 2025). Am 8. Dezember 2024 erklärten die Rebellen den Sieg in Damaskus. Der syrische Präsident Baschar al-Assad verließ noch am selben Tag das Land und beantragte Asyl in Russland, wo ihm Aufnahme gewährt wurde (Tagesschau, 8. Dezember 2024).

Wer sind die wichtigsten Rebell·innengruppen?

Die syrischen Gruppen, die Al-Assad gestürzt und die Hauptstadt Damaskus eingenommen haben, sind heterogen (ARD, 8. Dezember 2024) mit teils gegensätzlichen Ideologien und langfristigen Zielen (DW, 9. Dezember 2024; Reuters, 9. Dezember 2024):

Hayat Tahrir al-Scham (HTS)

Die mächtigste Gruppe in Syrien, die den Vormarsch der Rebellen anführte, ist die islamistische Gruppe Hayat Tahrir al-Scham. Sie begann als offizieller al-Qaida-Ableger in Syrien unter dem Namen Nusra-Front und verübte bereits zu Beginn des Aufstands gegen Assad Angriffe in Damaskus. Die Gruppe durchlief mehrere Namensänderungen und gründete schließlich als die HTS eine Regierung in der Provinz Idlib, im Nordwesten Syriens. Die USA, Türkei und andere stuften die HTS und ihren Anführer, Ahmed al-Scharaa (auch Abu Mohammed al-Dscholani genannt), als Terroristen ein (Reuters, 8. Dezember 2024; siehe auch: BBC, 8. Dezember 2024, DW, 9. Dezember 2024).

Syrische Nationalarmee (SNA)

Die Syrische Nationalarmee (SNA) ist eine zersplitterte Koalition unterschiedlicher bewaffneter Gruppen (DW, 9. Dezember 2024), die mit direkter türkischer Militärunterstützung einen Gebietsabschnitt entlang der syrisch-türkischen Grenze halten (Reuters, 8. Dezember 2024). Trotz interner Spaltungen pflegen viele SNA-Fraktionen enge Bindungen zur Türkei, wie die Sultan-Suleiman-Schah-Brigade, die al-Hamza-Division und die Sultan-Murad-Brigade. Andere Fraktionen der Gruppe versuchen trotz ihrer Zusammenarbeit mit der Türkei ihre eigenen Prioritäten durchzusetzen (DW, 9. Dezember 2024). Als die HTS und verbündete Gruppen aus dem Nordwesten Anfang Dezember auf von Assads Regierung kontrolliertes Gebiet vorrückten, schloss sich ihnen auch die SNA an und kämpfte im Nordosten gegen Regierungstruppen wie auch kurdisch geführte Kräfte (Reuters, 8. Dezember 2024).

Der Vormarsch der Rebellen gegen Assads Regierungstruppen wurde Berichten zufolge von der Türkei mit unterstützt (ARD, 8. Dezember 2024).

Syrische Demokratische Kräfte (SDF)

Die Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) sind ein Bündnis kurdischer und arabischer Milizen, das von den USA und ihren Verbündeten unterstützt wird. Die SDF kontrollieren den größten Teil Syriens östlich des Euphrat, sowie einige Gebiete westlich des Flusses. Mit der aktuellen Offensive kam es auch zu Kämpfen zwischen den SDF und der SNA (Reuters, 8. Dezember 2024). Mit 11. Dezember verloren die SDF die Kontrolle über die Stadt Manbidsch. (SOHR, 11. Dezember 2024).

Sonstige

Neben den genannten Gruppen gibt es in Syrien eine Vielzahl lokaler Gruppierungen, die sich gegen al-Assad gestellt haben. Diese vertreten ein breites Spektrum islamistischer und nationalistischer Ideologien. Im Norden schlossen sich einige von ihnen dem Militäroperationskommando der HTS an. Im Süden dominierende Gruppen erhoben sich in der aktuellen Situation und nahmen den Südwesten Syriens ein (Reuters, 8. Dezember 2024). Die in den südlichen Provinzen aktiven Gruppen gründeten zu diesem Zweck die Koalition „Southern Operations Room“ (The Guardian, 9. Dezember 2024).

Neueste Entwicklungen

Politische Entwicklungen

Mohammed Al-Baschir, der bis zum Sturz Baschar Al-Assads die mit Hay'at Tahrir al-Sham (HTS) verbundene Syrischen Heilsregierung im Nordwesten Syriens geleitet hatte, wurde am 10. Dezember 2024 als Interimspremierminister mit der Leitung der Übergangsregierung des Landes bis zum 1. März 2025 beauftragt (MEE, 10. Dezember 2024; siehe auch: Al Jazeera, 10. Dezember 2024). Die Minister der Syrischen Heilsregierung übernahmen vorerst die nationalen Ministerposten. Laut dem Congressional Research Service (CRS) seien einige Regierungsbeamt·innen und Staatsangestellte der ehemaligen Regierung weiterhin im Regierungsapparat beschäftigt (CRS, 13. Dezember 2024). Am 21. Dezember ernannte die Übergangsregierung Asaad Hassan Al-Schibani zum Außenminister und Murhaf Abu Qasra zum Verteidigungsminister. Beide seien Verbündete des HTS-Anührers Ahmed Al-Scharaa (Al-Jazeera, 21. Dezember 2024). Am 29. Dezember legte Al-Scharaa in einem Interview mit dem saudischen Fernsehsender Al-Arabiyya dar, dass es bis zu vier Jahren dauern könne, bis Wahlen stattfinden werden, da die verschiedenen Kräfte Syriens einen politischen Dialog führen und eine neue Verfassung schreiben müssten (AP, 29. Dezember 2024).

Am 29. Jänner 2025 wurde Ahmed Al-Scharaa, der seit dem Sturz von Baschar Al-Assad faktisch das Land geleitet hatte, zum Übergangspräsidenten in Syrien ernannt. Gleichzeitig wurde die Verfassung von 2012 außer Kraft gesetzt und das alte Parlament aufgelöst (Tagesschau, 29. Jänner 2025).

Bereits am 17. Dezember erklärte Al-Scharaa, dass alle Rebellenfraktionen aufgelöst und in die Reihen des Verteidigungsministeriums integriert würden (The Guardian, 17. Dezember 2024). AFP berichtete am 8. Jänner, dass laut einem Sprecher des Southern Operations Room die Kämpfer Südsyriens nicht mit einer Auflösung ihrer Gruppen einverstanden seien. Sie könnten sich jedoch eine Integration in das Verteidigungsministerium in ihrer momentanen Form vorstellen(France24, 8. Jänner 2025). Am 18. Februar stimmten die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) zu ihre Streitkräfte und zivile Institutionen in die neue syrische Regierung zu integrieren (The New Arab, 18. Februar 2025).

Am 29. Dezember wurde eine Liste mit 49 Personen, die zu Kommandeuren der neuen syrischen Armee ernannt wurden, veröffentlicht. Unter den Namen seien einige Mitglieder der HTS, sowie ehemalige Armeeoffiziere, die zu Beginn des syrischen Bürgerkriegs desertierten. Laut Haid Haid, beratender Mitarbeiter beim britischen Think Tank Chatham Haus, wurden die sieben höchsten Ränge von HTS-Mitgliedern besetzt. Laut einem weiteren Experten seien auch mindestens sechs Nicht-Syrer unter den neuen Kommandeuren (France24, 30. Dezember 2024).

Die neue Führung hatte sich seit ihrer Machtübernahme verpflichtet, die Rechte der Minderheiten zu wahren (The New Arab, 7. Jänner 2025). Anfang Jänner kündigte das Bildungsministerium der Übergangsregierung auf seiner Facebook-Seite einen neuen Lehrplan für alle Altersgruppen an, der eine stärker islamische Perspektive widerspiegelt und alle Bezüge zur Assad-Ära aus allen Fächern entfernt. Zu den vorgeschlagenen Änderungen gehörte unter anderem die Streichung der Evolutionstheorie und der Urknalltheorie aus dem naturwissenschaftlichen Unterricht. Aktivist·innen zeigten sich besorgt über die Reformen (BBC News, 2. Jänner 2025).

Al-Scharaa kündigte weiters Pläne für eine Nationale Dialogkonferenz an, die darauf abzielen sollte, Versöhnung und Inklusion zu fördern (Levant24, 29. Dezember 2024). Die ursprünglich für Anfang Jänner 2025 angesetzte Konferenz wurde jedoch verschoben, um ein erweitertes Vorbereitungskomitee einzurichten, das eine umfassende Repräsentation aller gesellschaftlichen Gruppen in Syrien gewährleisten soll (Al-Mayadeen, 23. Jänner 2025). Die Konferenz fand schließlich am 25. Februar statt und brachte 600 Konferenzteilnehmer·innen aus unterschiedlichen syrischen Gemeinschaften zusammen. Verschiedene syrisch-kurdische Gruppen behaupteten, sie seien entweder nicht eingeladen worden oder hätten sich gegen eine Teilnahme entschieden. Einige Teilnehmer·innen hätten auf den Mangel an Transparenz hinsichtlich der Kriterien für die Auswahl der Teilnehmer·innen hingewiesen und kritisiert, dass Teilnehmer·innen ihre Einladung lediglich einen Tag vor der Tagung erhalten hätten. Die Konferenz selbst habe nur einen Tag gedauert. Am Ende der Konferenz wurde eine Erklärung vorbereitet, in der unter anderem die Ablehnung jeglicher Form von Diskriminierung, die Achtung der Menschenrechte und das Prinzip der friedlichen Koexistenz betont wurden (DW, 26. Februar 2025),

Al-Scharaa kündigte am 2. März die Bildung eines Ausschusses an, der eine Verfassungserklärung für die Übergangsphase des Landes ausarbeiten soll (France 24, 2. März 2025).

Am 7. und 8. März kam es laut der in Großbritannien ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) zu 30 „Massakern“ an Alawit·innen an der Westküste Syriens, bei denen in etwa 746 Zivilist·innen getötet wurden. Zusammen mit der Zahl der getöteten Kämpfer, die sich sowohl aus Pro-Assad-Kämpfern, wie auch aus Kämpfern der neuen Regierung zusammensetzte, stieg die Gesamtzahl der Toten auf über 1.000 Personen. Präsident Al-Scharaa rief zu Frieden und Einheit auf und versprach, die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Er ging jedoch nicht direkt auf die Vorwürfe ein, dass seine Anhänger an den Morden an Zivilist·innen beteiligt waren (BBC News, 9. März 2025).

Kontrolle der Demokratischen Autonomen Verwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES) und der Syrischen Demokratischen Kräften (SDF)

Die von der Türkei unterstütze Syrische Nationalarmee (SNA) führte ihre Offensive gegen die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) und das Gebiet der Demokratischen Autonomen Verwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES) fort. Die SNA nahm in den vergangenen Tagen Gebiete der nordwestlichen Region Shahba sowie die Stadt Manbidsch ein. Mit 10. Dezember griffen SNA-Kämpfer den strategisch wichtigen, kurdisch-kontrollierten Tischreen-Staudamm in der Provinz Aleppo an (Rudaw, 10. Dezember 2024), und rückten auf die Stadt Kobane vor (Al-Monitor, 10. Dezember 2024). Am 11. Dezember kam es nach Vermittlungen der US-Behörden zu einem Waffenstillstand in der Stadt Manbidsch. Das Abkommen sieht den Abzug der (mit den SDF verbundenen) „Manbij Military Council Forces“ vor (SOHR, 11. Dezember 2024). Am 17. Dezember wurde dieser Waffenstillstand bis zum Ende derselben Woche verlängert (Reuters, 17. Dezember 2024). Am 18. Dezember trat ein Waffenstillstandsabkommen in der Region Ain Al-Arab (auch Kobani) in Kraft (SOHR, 18. Dezember 2024). Die SDF warfen der Türkei und ihren Verbündeten vor, sich nicht an das Waffenstillstandsabkommen zu halten und ihre Angriffe südlich von Kobani fortzusetzen. Zur gleichen Zeit gingen Einwohnerinnen der nordostsyrischen Stadt Qamischli auf die Straße, um den Widerstand der SDF gegen die Angriffe protürkischer Kämpfer in der Region zu unterstützen (France24, 19. Dezember 2024). Am 21. Dezember wurden laut SDF fünf ihrer Kämpfer bei Angriffen von der Türkei unterstützten Streitkräften auf die Stadt Manbidsch getötet (Reuters, 21. Dezember 2024). Das Pentagon erklärte am 30. Dezember, dass der Waffenstillstand zwischen der Türkei und den von den USA unterstützten SDF rund um die Stadt Manbidsch anhält (Reuters, 30. Dezember 2024). Am selben Tag behauptete die SDF, dass die Türkei zwei Militärstützpunkte in der Nähe von Manbidsch aufbaut und mehrere Militärfahrzeuge und Radarsysteme von den SDF zerstört wurden (Rudaw, 30. Dezember 2024). Zur gleichen Zeit kam es zu erneuten Schusswechseln zwischen von der Türkei unterstützen Streitkräften und den SDF. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) griffen türkische Streitkräfte und mit ihnen verbündete bewaffnete Gruppen das Dorf al-Terwaziyah südlich von Slouk im ländlichen Raqqa mit schwerer Artillerie und Maschinengewehren an, was anschließend zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führte. Spezialeinheiten der SDF drangen in Stellungen der von der Türkei unterstützen Fraktionen im Dorf Al-Reyhaniyah in der Nähe von Tel Tamer in der Provinz Hasaka ein (Kurdistan24, 30. Dezember 2024). Anfang Jänner kamen bei Zusammenstößen in mehreren Dörfern rund um die Stadt Manbidsch über hundert Menschen ums Leben (The New Arab, 5. Jänner 2025). Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete von heftigen Kämpfen in der Region von Manbidsch zwischen der SNA und der SDF und steigenden Opferzahlen (Shafaq News, 9. Jänner 2025).

Human Rights Watch beschuldigt die Koalition der Türkei und SNA, am 18. Jänner ein Kriegsverbrechen begangen zu haben, nachdem eine Drohne einen Krankenwagen des kurdischen Roten Halbmonds traf (HRW, 30. Jänner 2025).

Mit 21. Jänner kommt es zu weiteren Zusammenstößen zwischen SNA und SDF. SOHR schätzt, dass zwischen 12. Dezember und 18. Jänner mindestens 423 Menschen im SNA-SDF-Konflikt getötet wurden; 41 davon Zivilist·innen, 308 SNA-Kämpfer·innen und 74 SDF-Kämpfer·innen (The New Arab, 21. Jänner 2025). Die Kämpfe setzten sich im Februar (BBC News, 26. Februar 2025) und bis Anfang März fort (North Press Agency, 1. März 2025).

Am 11. Dezember übernahm die Koalition ehemaliger oppositioneller Kräfte unter der Führung der HTS die vollständige Kontrolle über die ostsyrische Stadt Deir ez-Zor (Al Jazeera, 11. Dezember 2024). Im Osten der Provinz Deir ez-Zor kam es zu Demonstrationen und der Forderung, die von HTS geführten Streitkräfte sollten die Kontrolle über das Gebiet übernehmen. Einige Kommandanten der SDF seien in Folge desertiert (Syria Direct, 13. Dezember 2024).

Ende Februar begannen die kurdisch geführten Behörden im Nordosten Syriens, Öl aus den von ihnen verwalteten lokalen Feldern an die Zentralregierung in Damaskus zu liefern (Reuters, 22. Februar 2025).

Israelische Angriffe in Syrien

Die israelische Luftwaffe und Marine führten zwischen 7. und 11. Dezember mehr als 350 Angriffe in Syrien durch und zerstörten dabei schätzungsweise 70 bis 80 Prozent der strategischen Militärgüter Syriens zwischen Damaskus und Latakia. Die israelischen Streitkräfte haben außerdem Bodentruppen aus den von Israel besetzten Golanhöhen nach Osten in eine entmilitarisierte Pufferzone in Syrien sowie, laut israelischen Angaben, auch knapp darüber hinaus verlegt (BBC News, 11. Dezember 2024). Laut arabischen Medien rückten israelische Streitkräfte bis in ländliche Gebiete der Provinz Damaskus vor. Dies wurde von israelischer Seite dementiert (Enab Baladi, 10. Dezember 2024; Reuters, 10. Dezember 2024). In der Nacht vom 14. zum 15. Dezember griff Israel Dutzenden Ziele in Syrien aus der Luft an. Den Luftangriffen ging eine Erklärung des israelischen Verteidigungsministers voraus, wonach die israelischen Truppen auf dem in der vergangenen Woche eingenommenen Berg Hermon (Arabisch: Jabel Sheikh) den Winter über verbleiben würden. Israels Ministierpräsident gab weiters bekannt, dass er einem Plan zur Ausweitung des Siedlungsbaus auf den von Israel besetzten Golanhöhen zugestimmt habe (The Guardian, 15. Dezember 2024; siehe auch: BBC News, 15. Dezember 2024). Am 20. Dezember schossen israelische Streitkräfte auf Demonstrant·innen in einem Dorf in der Gegend von Maariya im Süden Syriens, die gegen die Aktivitäten der Armee protestierten, und verletzten dabei einen Demonstranten. Die israelischen Streitkräfte operierten auch in syrisch kontrollierten Gebieten außerhalb der Pufferzone (The Guardian, 21. Dezember 2024). Am 29. Dezember griff Israel ein Waffendepot nahe der Stadt Adra an. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden bei dem Angriff mindestens 11 Personen, hauptsächlich Zivilist·innen, getötet (Euro News, 29. Dezember 2024). Laut syrischen Medien drang die israelische Armee am 30. Dezember tief in das Gebiet Quneitra vor und vertrieb Angestellte aus Regierungsbüros (Shafaq News, 30. Dezember 2024).

Am 23. Jänner veröffentlicht BBC News Satellitenbilder, die Bauarbeiten der Israelischen Armee innerhalb der entmilitarisierten Pufferzone, die die von Israel besetzten Golanhöhen von Syrien trennt, zeigen (BBC News, 23. Jänner 2025).

Ende Februar griffen israelische Kampfflugzeuge militärische Ziele außerhalb von Damaskus und im Süden Syriens an. Gleichzeitig forderte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die vollständige Entmilitarisierung Südsyriens (The Guardian, 25. Februar 2025).

Erklärungen der UN-Organisationen (Sicherheit, Sozioökonomische Situation, Flüchtlinge)

Das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) berichtet, dass zwischen dem Beginn der Offensive am 27. November und dem 11. Dezember etwa eine Million Menschen aus den Provinzen Aleppo, Hama, Homs und Idlib vertrieben wurden. Es liegen keine Zahlen vor, aber Berichten zufolge kehrten im selben Zeitraum tausende syrische Flüchtlinge aus dem Libanon ins Land zurück. Auch aus der Türkei kehrten Flüchtlinge in den Nordwesten Syriens zurück. Gleichzeitig flohen einige Syrer·innen in den Libanon (UNHCR, 11. Dezember 2024).

Der UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher berichtet am 17. Dezember über kritische Engpässe bei Nahrungsmitteln, Treibstoff und Vorräten aufgrund unterbrochener Handelsrouten und Grenzschließungen (UN News, 17. Dezember 2024).

Laut UNICEF benötigen 7,5 Million Kinder in Syrien humanitäre Hilfe. Mehr als 2,4 Millionen Kinder gehen nicht zur Schule, und eine weitere Million Kinder laufen Gefahr, die Schule abzubrechen. Auch die Gesundheitsversorgung sei fragil. Fast 40 Prozent der Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen sind teilweise oder vollständig funktionslos. Fast 13,6 Millionen Menschen benötigen Wasser, Sanitäranlagen und Hygienedienste; und 5,7 Millionen Menschen, darunter 3,7 Millionen Kinder, benötigen Ernährungshilfe (UNICEF, 18. Dezember 2024).

Die UN berichtet, dass es in der Woche vom 23. Dezember weiterhin zu Feindseligkeiten und Unsicherheiten in den Provinzen Aleppo, Homs, Hama, Latakia, Tartus, Deir-ez-Zor und Quneitra kam. Aufgrund der angespannten Sicherheitslage waren humanitäre Einsätze mit 30. Dezember in mehreren Gebieten weiterhin ausgesetzt. Im November hatten rund zwei Millionen Menschen in ganz Syrien Nahrungsmittelhilfe in unterschiedlicher Form erhalten. Die instabile Sicherheitslage in den ländlichen Gebieten von Hama, Quneitra, Lataka und Tartous beeinträchtigte die Möglichkeit des Schulbesuchs für Kinder (UN News, 30. Dezember 2024).

Mit 29. Dezember haben 94 der 114 von UNHCR unterstützten Gemeindezentren in ganz Syrien ihre Arbeit wiederaufgenommen. Seit dem 27. November haben sich 58.500 Personen an die Gemeindezentren gewandt, um sich anzumelden und um Zugang zu Schutzdiensten zu erhalten. Laut UNHCR kehrten zwischen 8. und 29. Dezember 58.400 Personen nach Syrien (hauptsächlich aus dem Libanon, Jordanien und der Türkei) zurück. Seit Anfang 2024 (bis zum 29. Dezember) kehrten ungefähr 419.200 syrische Flüchtlinge zurück; die Mehrheit von ihnen nach Raqqa (25%), Aleppo (20%) und Daraa (20%) (UNHCR, 30. Dezember 2024).

Der UN-Sondergesandte für Syrien, Geir Pedersen, erklärte in seinem Briefing an den UN-Sicherheitsrat am 8. Jänner 2025, dass sich die Sicherheitssituation in einigen Regionen zwar verbesserte, es jedoch weiterhin zu Unruhen in den Küstenregionen, Homs und Hama kam. Bewaffnete Gruppen, darunter das Terrornetzwerk Islamischer Staat – und über 60 Gruppen mit widersprüchlichen Agenden – stellten ebenfalls eine anhaltende Bedrohung für die territoriale Integrität Syriens dar. Pederson berichtete weiters über den oben beschriebenen Konflikt zwischen SNA und SDF, sowie die Verstöße Israels. Auch die humanitäre Lage war nach wie vor kritisch: Fast 15 Millionen Syrer·innen benötigten Gesundheitsversorgung, 13 Millionen waren von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen und über 620.000 waren Binnenflüchtlinge. Die am Tischreen-Staudamm verursachten Schäden schränkten die Wasser- und Stromversorgung für mehr als 400.000 Menschen ein (UN News, 8. Jänner 2025).

Das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) teilte am 30. Jänner mit, dass über 25.000 Menschen aus der nordöstlichen Stadt Manbidsch vertrieben worden seien. Speziell in Ost-Aleppo und rund um den Tischreen-Staudamm kam es zu Kämpfen. Infolge der eskalierenden Gewalt sei die Zahl der Neuvertriebenen bis zum 27. Januar auf 652.000 gestiegen. Die humanitäre Hilfe wurde durch einen Mangel an öffentlichen Dienstleistungen und Liquiditätsengpässen schwer beeinträchtigt. In Städten wie Homs und Hama gebe es alle acht Stunden nur 45 bis 60 Minuten lang Strom (UN News, 30. Jänner 2025).

Mitte Februar erklärte OCHA, dass die humanitäre Hilfe für Syrien erheblich unterfinanziert ist. Bis März wurden weniger als 10 Prozent der benötigten 1,2 Milliarden Dollar bereitgestellt. Gleichzeitig kommt es in Teilen Nordostsyriens, speziell in Ost-Aleppo, Raqqa, und Hasakah, weiterhin zu Zusammenstößen und Angriffen mit Sprengsätzen (OCHA, 12. Februar 2025).

Mit 26. Februar erreicht die humanitäre Hilfe, laut UN, viele Gemeinden, doch schränken Kämpfe den Zugang zu Hilfe in mehreren Regionen im Osten Aleppos ein (UN News, 26. Februar 2025).

Weiteres

Human Rights Watch bestätigt am 16. Dezember den Fund eines Massengrabs im südlichen Damaskus (HRW, 16. Dezember 2024).

Am 18. Dezember startete der erste kommerzielle Flug seit dem Sturz von Baschar Al-Assad, ein Inlandsflug nach Aleppo, vom Flughafen Damaskus (Al-Jazeera, 18. Dezember 2024).

Am 27. Dezember töteten Anhänger von Baschar Al-Assad 14 Menschen bei Zusammenstößen mit Soldaten der neuen Regierung im Westen des Landes, nahe der Stadt Tartus (BBC News, 27. Dezember 2024).

Am 7. Jänner 2025 landete der erste internationale Flug seit der Absetzung von Al-Assad auf dem internationalen Flughaften von Damaskus (Al-Jazeera, 7. Jänner 2025).

Anfang Jänner erteilten die USA eine sechsmonatige Ausnahme von den Sanktionen, eine sogenannte Generallizenz, um humanitäre Hilfe nach dem Ende der Herrschaft von Bashar al-Assad in Syrien zu ermöglichen. Die Ausnahme, die bis zum 7. Juli gültig ist, erlaubt bestimmte Transaktionen mit Regierungsinstitutionen, darunter Krankenhäuser, Schulen und Versorgungsunternehmen auf Bundes-, Regional- und lokaler Ebene sowie mit mit den HTS verbundenen Einrichtungen in ganz Syrien. Zwar wurden keine Sanktionen aufgehoben, die Lizenz erlaubt jedoch auch Transaktionen im Zusammenhang mit dem Verkauf, der Lieferung, der Speicherung oder der Spende von Energie, einschließlich Erdöl und Strom, nach oder innerhalb Syriens. Darüber hinaus erlaubt sie persönliche Überweisungen und bestimmte energiebezogene Aktivitäten zur Unterstützung der Wiederaufbaubemühungen (Reuters, 6. Jänner 2025). Nach der Ausnahme von den Sanktionen kündigte Katar eine Hilfe bei der Finanzierung einer 400-prozentigen Erhöhung der Gehälter im öffentlichen Sektor an, die die syrische Übergangsregierung zugesagt hatte (Reuters, 7. Jänner 2025).

Am 29. Jänner wurde die syrische Baath-Partei, die mit Baschar Al-Assad verbunden war, verboten und der 8. Dezember wurde zum neuen Nationalfeiertag des Landes ernannt (Tagesschau, 29. Jänner 2025).

1.3.2. UNHCR Position on returns to the Syrian Arab Republic, December 2024

1. This position supersedes and replaces UNHCR’s March 2021 International Protection Considerations with Regard to people fleeing the Syrian Arab Republic, Update VI.1

Given the fluidity of the situation, this guidance will be updated early on and as needed, based on the quickly evolving circumstances.

Voluntary Returns

2. Syria is at a crossroads – between peace and war, stability and lawlessness, reconstruction or further ruin. There is now a remarkable opportunity for Syria to move toward peace and for its people to begin returning home. For many years, UNHCR has insisted on the need to redouble efforts to create favourable conditions for refugees and displaced people to return home and the current situation opens up new opportunities in this regard, that must be seized by all. This includes eliminating and/or addressing any new security, legal and administrative barriers on the part of the Syrian de facto authorities; substantial humanitarian and early recovery assistance to be provided by donor States to returnees, communities receiving them back and areas of actual and potential return in general; and authorization to UNHCR and its partners to monitor returns at border crossings and in locations where people choose to return.

3. Everyone has the right to return to their country of origin. UNHCR stands ready to support Syrian refugees who, being fully informed of the situation in their places of origin or an alternative area of their choice, choose voluntarily to return. In view of the many challenges facing Syria’s population, including a large-scale humanitarian crisis, continued high levels of internal displacement and widespread destruction and damage of homes and critical infrastructure, however, for the time being UNHCR is not promoting large-scale voluntary repatriation to Syria.

Moratorium on Forced Returns

4. At this moment in time, Syria continues to be affected by attacks and violence in parts of the country; large-scale internal displacement; contamination of many parts of the country with explosive remnants of war; a devastated economy and a large-scale humanitarian crisis, with over 16 million already in need of humanitarian assistance before the recent developments. In addition, and as noted above, Syria has also sustained massive destruction and damage to homes, critical infrastructure and agricultural lands. Property rights have been greatly affected, with widespread housing, land, and property violations recorded over the past decade, leading to complex ownership disputes that will take time to resolve. Against this background, UNHCR for the time being continues to call on States not to forcibly return Syrian nationals and former habitual residents of Syria, including Palestinians previously residing in Syria, to any part of Syria.

POSITION ON RETURNS TO THE SYRIAN ARAB REPUBLIC

Suspending the Issuance of Negative Decisions to Syrian Applicants for International Protection

5. UNHCR also continues to call on all States to allow civilians fleeing Syria access to their territories, to guarantee the right to seek asylum, and to ensure respect for the principle of non-refoulement at all times.

6. While risks related to persecution by the former Government have ceased, other risks may persist or become more pronounced. In light of the rapidly changed dynamics and evolving situation in Syria, UNHCR is not currently in a position to provide detailed guidance to asylum decision-makers on the international protection needs of Syrians. UNHCR will continue to monitor the situation closely, with a view to providing more detailed guidance as soon as circumstances permit. In view of the current uncertainty of the situation in Syria, UNHCR calls on asylum States to suspend the issuance of negative decisions on applications for international protection by Syrian nationals or by stateless persons who were former habitual residents of Syria. The suspension of the issuance of negative decisions should remain in place until such time as the situation in Syria has stabilized and reliable information about the security and human rights situation is available to make a full assessment of the need to grant refugee status to individual applicants.

7. UNHCR does not consider that the requirements for cessation of refugee status for beneficiaries of international protection originating from Syria have currently been met.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt und in den Gerichtsakt sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 23.04.2025.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des Bundesamtes und den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor der belangten Behörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht (VP S. 6, Niederschrift der EB S. 1, Niederschrift BFA S. 1 ff.).

2.1.2. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit, seinem Aufwachsen und seiner familiären Situation gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im Wesentlichen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln (VP S. 6 ff.; Niederschrift der EB S. 1 ff.; Niederschrift BFA S.1 ff.).

Die Feststellung, dass der Ort Heweir al-Ees bzw. die Provinz Aleppo aktuell im Wesentlichen unter Kontrolle einer HTS-nahen Übergangsregierung steht, basiert auf einer Nachschau unter https://syria.liveuamap.com/ in der mündlichen Verhandlung (VP S. 7/8) sowie einer gerichtlichen Nachschau unter https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html (abgerufen am 23.04.2025). Soweit der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung angab, sein Heimatort werde nun von der Ahrar al-Sham kontrolliert, steht diese Aussage im Widerspruch zu den ins Verfahren eingebrachten Länderinformationen.

2.1.3. Die Feststellungen zur Ausreise und zu seinem Leben im Libanon ergeben sich aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Beschwerdeführers, die ebenfalls im Wesentlichen im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleichgeblieben sind (VP S. 6/7; Niederschrift BFA S. 4 ff.).

2.1.4. Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers sowie zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten stützen sich auf die Aktenlage bzw. unmittelbar auf den Bescheid vom 05.11.2021.

2.1.5. Dass der Beschwerdeführer gesund und unbescholten ist, ergibt sich aus seinen eigenen Aussagen (VP S. 4 und Niederschrift BFA S. 2) sowie aus der Einsicht in den eingeholten Strafregisterauszug.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Zur vorgebrachten Verfolgung durch das syrische Regime:

Dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr keine Verfolgung durch das syrische Regime drohen würde, ergibt sich aus der festgestellten Gebietskontrolle sowie der Tatsache, dass das syrische Regime am 08.12.2024 gestürzt wurde.

Der Beschwerdeführer bezog sich auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht mehr auf eine nach wie vor bestehende Verfolgung durch das Assad-Regime, sondern rückte viel mehr in den Vordergrund, dass er nunmehr Probleme mit der aktuellen Regierung in Syrien habe (VP S. 9). Es ist daher nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer aus den vor dem Machtwechsel in Syrien vorgebrachten Gründen Verfolgung im Falle einer Rückkehr nach Syrien drohen kann.

Zudem erachtet das erkennende Gericht die Angaben des Beschwerdeführers, dass er aufgrund von Demonstrationsteilnahmen und einer Zugehörigkeit zu einer oppositionellen Partei gesucht werde, aus folgenden Gründen als nicht glaubhaft: Der Beschwerdeführer hatte im Erstantragsverfahren angegeben, dass er nie politisch aktiv in Syrien war und auch nicht Mitglied einer politischen Organisation in Syrien war (Niederschrift BFA vom 21.09.2021, S. 13). Diese Angabe wiederholte er auch im Folgeantragsverfahren (Niederschrift BFA S. 5; VP S. 11). Ebenso erwähnte er Demonstrationsteilnahmen mit keinem Wort bzw. in der mündlichen Verhandlung lediglich auf Nachfrage der erkennenden Richterin, wobei seine Ausführungen immer auf einem vagen Niveau und ohne jegliche Details blieben (VP S. 11). Das erkennende Gericht erachtet es daher nicht als glaubhaft, dass der Beschwerdeführer tatsächlich politisch aktiv war und an Demonstrationen teilgenommen hat.

Wenn der Beschwerdeführer nun einen Strafregisterauszug vorlegt, dem zufolge er in Syrien gesucht werde, ist dem entgegenzuhalten, dass eine Echtheitsprüfung nicht durchgeführt werden konnte, zumal der Beschwerdeführer lediglich eine Kopie vorlegte. Zudem wurde der Strafregisterauszug in zeitlichem Zusammenhang mit dem Erhalt des abweisenden Erkenntnisses des BVwG im Erstantragsverfahrens ausgestellt, wobei es angesichts des nahezu durchgehenden Aufenthaltes im Libanon ab 2012 bis zur Ausreise wenig glaubhaft erscheint, dass der Beschwerdeführer tatsächlich im Jahr 2019 in Syrien verurteilt und gesucht wurde. Zudem ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer laut dem vorgelegten Strafregisterauszug aufgrund seiner Demonstrationsteilnahmen (gegen das Assad-Regime, vgl. VP S. 11) und der Zugehörigkeit zu oppositionellen Gruppierungen gesucht werde. Beide dieser Gründe können jedoch seit dem Sturz des Assad-Regimes nicht mehr aktuell sein, sodass dem vorgelegten Strafregisterauszug im Verfahren keine Relevanz mehr zukommt.

Seine Mitgliedschaft in der Freien Syrischen Gemeinde in Österreich begründete der Beschwerdeführer ausschließlich damit, dass er gegen das Assad-Regime gewesen sei (VP S. 11). Infolge des Sturzes des Assad-Regimes kann dem Beschwerdeführers schon allein deshalb ebenfalls keine Gefahr drohen.

2.2.2. Auch sonst sind im Verfahren keine Gründe für eine drohende Verfolgung des Beschwerdeführers hervorgekommen. Die vage Andeutung des Beschwerdeführers im Folgeantragsverfahren, dass er auch von der FSA gesucht werde, konnte der Beschwerdeführer weder in seiner Beschwerdeschrift noch in der mündlichen Verhandlung näher substantiieren. Auch in diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der Herkunftsort des Beschwerdeführers nicht von der FSA kontrolliert wird.

2.2.3. Soweit der Beschwerdeführer erstmal in der mündlichen Verhandlung vorbrachte, er werde von der HTS gesucht und habe mit der HTS unmittelbar vor seiner Ausreise im Jahr 2012 Probleme gehabt, ist dieses Vorbringen aus folgenden Gründen nicht glaubhaft: Der Beschwerdeführer hatte weder im Erstantragsverfahren noch im Folgeantragsverfahren auch nur ansatzweise erwähnt, dass er im Jahr 2012 aufgrund von Vorfällen mit der HTS aus Syrien ausgereist sei. Nunmehr gab er im Rahmen der mündlichen Verhandlung an, dass er von der HTS bedroht worden sei, dass er sich stellen solle, widrigenfalls seinen Kindern etwas passieren würde. Sein Bruder sei dann getötet worden, er selbst sei aber an dem ganzen Schuld gewesen und daher „hätten sie ihn haben wollen“ (VP S. 9). Das Ganze sei 22 Tage vor seiner Ausreise in den Libanon gewesen, er sei dann 22 Tage auf der Flucht und mit seiner Familie versteckt gewesen (VP S. 10). Vor dem Hintergrund, dass es sich nun nach der Darstellung in der mündlichen Verhandlung um das unmittelbar fluchtauslösende Ereignis gehandelt haben soll, erscheint es unplausibel und lebensfremd, wenn der Beschwerdeführer nunmehr angibt, er habe diese Vorfälle bislang weder im Erstantragsverfahren noch im Verfahren über den nunmehrigen Folgeantrag erwähnt, weil er damals Angst vor dem Assad-Regime gehabt habe. Zudem ist anzumerken, dass sämtliche Erzählungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung auf einem völlig vagen Niveau blieben und der Beschwerdeführer auch nach mehrmaliger Aufforderung durch die erkennende Richterin nicht in der Lage war, die angeblichen Probleme mit der HTS und deren Hintergründe stringent und nachvollziehbar darzulegen (VP S. 9, R: „Schildern Sie mir das Problem genauer. Warum hatte die HTS etwas gegen Sie?“ BF: „Sie brachten mir meinen Bruder tot zurück und ich war sehr traurig. Es kam zu einem Streit und es hat ihn einfach ein anderer getötet.“)

Auch in Hinblick auf eine allfällige Bedrohung durch die HTS ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer sowie seine Familie seinen eigenen Angaben zufolge nicht politisch aktiv (gewesen) seien (VP S. 11; Niederschrift BFA S. 5). Er habe auch nie Probleme wegen seiner Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit gehabt (Niederschrift BFA S. 5).

Sonstige mögliche Gründe wie zB eine drohende Einberufung durch die HTS oder eine Verfolgung aufgrund einer Nahebeziehung zum ehemaligen syrischen Regime hat der Beschwerdeführer weder ansatzweise vorgebracht, noch gab es auf Basis seiner Erzählungen und der vorliegenden Länderinformationen Anhaltspunkte dafür.

2.2.4. Dass der Beschwerdeführer Syrien allein aufgrund der prekären Sicherheits- und Wirtschaftslage verließ, ergibt sich daraus, dass er bereits in der Erstbefragung im Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz lediglich angab, dass er Syrien aufgrund des Krieges verlassen habe (Niederschrift EB vom 06.04.2021, S. 6). Dieses Vorbringen wiederholte er auch im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA am 21.09.2021 (Niederschrift BFA vom 21.09.2021, S. 7 und 11). Zudem wies er auch in seiner Einvernahme vor dem BFA im Folgeantragsverfahren darauf hin, dass er mit seinem Aufenthaltstitel aktuell seine Familie nicht nachholen könne und eine Familienzusammenführung schwierig sei (Niederschrift BFA S. 5). Zumal keine Fluchtgründe glaubhaft gemacht werden konnten, erscheint es naheliegend, dass der Beschwerdeführer Syrien allein aufgrund der prekären Lage verließ.

2.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Die Länderinformationen bzw. sonstigen Entscheidungsgrundlagen, die das Bundesverwaltungsgericht seinen Feststellungen als Beweismittel zugrunde gelegt hat, erscheinen schlüssig, richtig und vollständig; sie sind für die entscheidungsrelevanten Feststellungen hinreichend aktuell. Die Informationen basieren auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen. Diese Ereignisse bzw. Tatsachen sind aufgrund öffentlich zugänglicher, weit verbreiteter medialer Berichterstattung allgemein bekannt.

Die Parteien traten diesen Länderberichten nicht entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

3.1.1. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen.

Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als „Verfolgung“ im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (vgl. Art. 9 Abs. 1 der Statusrichtlinie). Ob dies der Fall ist, haben die Asylbehörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung darzulegen (vgl. VwGH 16.12.2021, Ra 2021/18/0387, mwN).

3.1.3. Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (vgl. VwGH 02.09.2019, Ro 2019/01/0009, mwN).

Schon nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht. Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist also, dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen steht (vgl. VwGH 21.05.2021, Ro 2020/19/0001, mwN).

Die Beurteilung des rechtlichen Begriffs der Glaubhaftmachung ist auf der Grundlage positiv getroffener Feststellungen von Seiten des erkennenden Verwaltungsgerichts vorzunehmen, aber im Fall der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers können derartige positive Feststellungen vom Verwaltungsgericht nicht getroffen werden (vgl. VwGH 13.01.2022, Ra 2021/14/0386, mwN).

3.1.4. Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung („Vorverfolgung“) für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn der Asylwerber daher im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, ob er im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 03.09.2021, Ra 2021/14/0108, mwN).

3.1.5. Die Bestimmung der Heimatregion des Asylwerbers ist Grundlage für die Prüfung, ob dem Asylwerber dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung droht und ob ihm – sollt dies der Fall sein – im Herkunftsort außerhalb der Heimatregion einer innerstaatliche Fluchtalternative offensteht (vgl. etwa VwGH 25.08.2022, Zl. Ra 2021/19/0442). Zur Bestimmung der Heimatregion kommt in diesem Sinn der Frage maßgebliche Bedeutung zu, wie stark die Bindungen des Asylwerbers an ein bestimmtes Gebiet sind. Hat er vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsland nicht mehr in dem Gebiet gelebt, in dem er geboren und aufgewachsen ist, ist der neue Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen, soweit der Asylwerber zu diesem Gebiet enge Bindungen entwickelt hat (vgl. EUAA, Richterliche Analyse, Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes [2018], 83; vgl. idS auch VwGH 27.6.2016, Ra 2016/18/0055). Das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative nach § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Hinblick auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 erst dann zu prüfen, wenn glaubhaft ist, dass einem Asylwerber „in der Heimatregion seines Herkunftsstaats“ Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. etwa VwGH 25.05.2020, Zl. Ra 2019/19/0192).

Als Heimatregion des Beschwerdeführers ist die Region um den Ort Heweir al-Ees bzw die Provinz Aleppo anzusehen, wo der Beschwerdeführer von seiner Geburt bis zu seiner Ausreise im Jahr 2012 in den Libanon gelebt hat.

3.1.6. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellt, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine aktuelle, konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr maßgeblicher Intensität, die ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen bzw. darzutun. Von Seiten des ehemaligen syrischen Regimes droht infolge des Machtwechsels weder eine Verfolgung aufgrund oppositioneller Tätigkeiten noch aufgrund von Demonstrationsteilnahmen oder der Mitgliedschaft in der Freien Syrischen Gemeinde in Österreich.

3.1.7. Auch sonst konnte der Beschwerdeführer keine drohende Verfolgung im Verfahren glaubhaft machen: Probleme vor der Ausreise und eine dadurch bedingte drohende Verfolgung durch die HTS erachtete das Bundesverwaltungsgericht als nicht glaubhaft. Ebenso konnte eine drohende Verfolgung durch die FSA nicht glaubhaft gemacht werden. Sonstige Anhaltspunkte für eine drohende Verfolgung haben sich ebenso nicht ergeben.

3.1.8. Im Ergebnis ist es dem Beschwerdeführer insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Das Verlassen des Herkunftsstaates aus persönlichen Gründen oder wegen der dort vorherrschenden prekären Lebensbedingungen bzw. die nach dem Machtwechsel noch instabile Lage und sonstigen vom Beschwerdeführer vorgebrachten Probleme stellen keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Auch Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen für sich genommen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar.

Aus diesem Grund stehen auch die Position des UNHCR (UNHCR-Position on Returns to the Syrian Arab Republic, Dezember 2024) sowie die UNHCR Reginal Flash Updates der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen:

Die von UNHCR thematisierten Fragen der freiwilligen Rückkehr („Voluntary Returns“) sowie des Moratoriums zwangsweiser Rückführungen („Moratorium on Forced Returns“) sind mit Blick auf den Gegenstand der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht relevant. Des Weiteren plädiert UNHCR dafür, dass vorerst keine negativen Entscheidungen über Asylanträge von syrischen Staatsangehörigen oder Staatenlosen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, erlassen werden. Zutreffend weist UNHCR zunächst darauf hin, dass das Risiko einer Verfolgung durch die einstige Regierung, also das Assad-Regime, geendet habe. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit den – in zahlreichen Medien veröffentlichten – Informationen, auf die sich das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung stützt. Im Falle des Entstehens neuer Asylgründe infolge der Lageänderung in Syrien ab Ende November/Anfang Dezember 2024 wäre eine entsprechende Glaubhaftmachung am – rechtskundig vertretenen und über seine Mitwirkungspflicht mehrfach belehrten – Beschwerdeführer gelegen (und steht dem Beschwerdeführer auch in Zukunft die Möglichkeit offen, einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, sollten sich neue Asylgründe infolge des Machtwechsels konkretisieren). Zum für die Beurteilung und Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt ist jedenfalls von keiner asylrelevanten Verfolgung auszugehen. Im Übrigen ist beachtlich, dass auch UNHCR keine konkreten neuen Verfolgungsrisiken ins Treffen führt, sondern sich bloß allgemein auf die in Syrien vorherrschende Unsicherheit und Instabilität bezieht. Vor diesem Hintergrund sei abschließend noch einmal daran erinnert, dass der Beschwerdeführer ohnedies bereits den Status des subsidiär Schutzberechtigten innehat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

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