Spruch
W111 2292999-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Werner DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, 1020 Wien, Leopold-Moses-Gasse 4, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.03.2024, Zl. 1330405404/223347878, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.03.2025 zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird Folge gegeben und XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte infolge illegaler Einreise am 21.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Anlässlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 22.10.2022 gab er an, dass er dem Islam und der Volksgruppe der Kurden zugehöre. Zuletzt habe er in Afrin gewohnt. Seine Eltern sowie ein Bruder befänden sich noch in Syrien, im Irak seien zwei weitere Brüder sowie eine Schwester aufhältig, in der Türkei würden seine Ehefrau und seine zwei Söhne leben. Ein weiterer Bruder sei in Österreich wohnhaft. Syrien habe er im Mai 2016 über die Grenze zur Türkei verlassen. Befragt zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer an, sein Land wegen des Krieges und der fehlenden Sicherheit verlassen zu haben. Er fürchte im Falle einer Rückkehr das Militär und den Krieg.
2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 12.01.2024 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: belangte Behörde) im Beisein eines Dolmetschers für die kurdische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, in der Stadt Aleppo geboren worden zu sein und dort bis 2012 gelebt zu haben. Danach habe er bis zu seiner Ausreise vier Jahre lang in Afrin gelebt, da seine Familie ursprünglich von dort stamme. Seine Ehefrau befinde sich mit den zwei gemeinsamen Söhnen in der Türkei. Seine Eltern seien in einem Dorf in der Nähe von Afrin wohnhaft, ein Bruder lebe bei den Eltern, ein weiterer Bruder, ein Halbbruder sowie eine Halbschwester würden im Irak leben. Der Beschwerdeführer habe Syrien Ende 2016 illegal verlassen. Näher befragt zu seinen Fluchtgründen führte er aus, dass in Syrien Krieg herrsche und seine Familie und er wegen des Krieges nach Afrin fliehen hätten müssen. Aus Afrin sei er geflohen, weil er schon im wehrfähigen Alter gewesen sei und nicht in den Krieg ziehen habe wollen. Er wäre von syrischen oder kurdischen Einheiten eingezogen worden, da Afrin damals unter Kontrolle der Kurden gewesen sei. Er wolle nicht in den Krieg, keine Waffe in die Hand nehmen, niemanden erschießen und selbst nicht erschossen werden. Im Falle einer Rückkehr müsste er zum syrischen Militär, wovor er Angst habe. Von der Möglichkeit des Freikaufs vom Wehrdienst habe er gehört, jedoch gebe es wegen des Krieges keine Garantie, dass er nicht doch eingezogen werden würde.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) ab. In Spruchpunkt II. wurde ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für die Dauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass als Herkunftsregion des Beschwerdeführers Aleppo anzunehmen sei, diese stehe unter Kontrolle des Assad-Regimes. Der Beschwerdeführer weise keine glaubhaft verinnerlichte Überzeugung gegen den Dienst an der Waffe an sich auf. Ihm stehe nach syrischem Wehrrecht die legale Möglichkeit offen, eine gesetzlich vorgesehene Befreiungsgebühr zu leisten. Das Bestehen einer systematischen Praxis, Personen, die eine Wehrersatzgebühr gezahlt hätten, dennoch zum Wehrdienst einzuziehen, lasse sich den Länderinformationen nicht entnehmen. Der Beschwerdeführer habe keine als oppositionell anzusehende Handlung gesetzt, die ihn mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit glaubhaft ins Blickfeld des syrischen Regimes gebracht habe. Weiters unterliege er keiner maßgeblichen Gefahr einer Verfolgung aufgrund seiner illegalen Ausreise und der Asylantragstellung. Er habe in Syrien keine Probleme mit den Behörden oder aufgrund seiner Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit gehabt. Auch aus den sonstigen Umständen habe eine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung nicht festgestellt werden können. Dies ergebe sich daraus, dass der Beschwerdeführer dezidierte Fragen allesamt verneint habe.
4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde, in der er zusammengefasst ausführte, dass er aus Aleppo stamme, dort aufgewachsen sei und gemeinsam mit seiner Familie gelebt habe, bis er aufgrund der prekären Sicherheitslage gezwungen gewesen sei, in das Dorf XXXX , nahe Afrin, zu fliehen. Aleppo stehe unter Kontrolle des Assad-Regimes. Er habe seinen Heimatort Aleppo nicht freiwillig verlassen, sondern sei die Familie zur Flucht gezwungen gewesen. Im Dorf XXXX lebe die Familie unter prekären Bedingungen und sei ständigen Diskriminierungen und der Verfolgung durch türkische Behörden ausgesetzt. In Ansehung der Judikatur des VwGH sei Aleppo daher als Herkunftsort anzusehen. Der Beschwerdeführer habe seinen Wehrdienst bei der syrischen Armee noch nicht abgeleistet. In Afrin sei er zum Wehrdienst bei den kurdischen Milizen einberufen worden, er wolle aber weder auf Seiten der Kurden noch des Assad-Regimes einen allfälligen Militärdienst ableisten bzw. an Kampfhandlungen teilnehmen. Seine Brüder seien etwa zur selben Zeit wie er aus Syrien geflohen, sie würden ebenso als Wehrdienstverweigerer gelten und bestehe somit für den Beschwerdeführer aus diesem Grund die Gefahr einer Reflexverfolgung. Ihm drohe die Rekrutierung durch die syrische Armee und damit die erhebliche Gefahr sich an schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligen zu müssen. Die Voraussetzungen für den Freikauf vom Wehrdienst erfülle er darüber hinaus nicht und sei ihm dieser ohnehin unzumutbar. Ihm würde aufgrund seiner Verweigerung des Wehrdienstes eine oppositionelle politische Gesinnung zugeschrieben werden. Bei einer Rückkehr, die sicher und legal nur über vom syrischen Regime kontrollierte Grenzübergänge oder den Flughafen möglich sei, würde er durch die engmaschigen Kontrollen der syrischen Behörden gefasst und sofort einer Bestrafung zugeführt und/oder zum Militärdienst eingezogen werden. Die oppositionelle Gesinnung würde ihm auch aufgrund der illegalen Ausreise aus Syrien und der Asylantragstellung unterstellt werden.
5. Mit Schreiben vom 31.05.2024, hg eingelangt am 04.06.2024, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habendem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.
6. Mit Schreiben vom 04.03.2025 (OZ 3) wurden der Beschwerdeführer sowie die belangte Behörde zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 17.03.2025 geladen.
7. Mit Schreiben vom 17.03.2025 (OZ 4) gab die belangte Behörde bekannt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.
8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.03.2025 zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Kurdisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung teilnahmen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist ein syrischer Staatsangehöriger, trägt den im Erkenntniskopf genannten Namen und ist am dort angeführten Datum geboren. Er gehört der Volksgruppe der Kurden an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.
Der Beschwerdeführer wurde in der Stadt Aleppo im gleichnamigen Gouvernement geboren, wo er aufwuchs, vier Jahre die Schule besuchte und als Schneider arbeitete. Im Alter von 13 Jahren zog er mit seiner Familie aufgrund des Krieges in die Region Afrin im Gouvernement Aleppo, bei der es sich um die Heimatregion seiner Familie handelt, und wo er anschließend vier Jahre lebte und weiter als Schneider arbeitete. Mit 17 Jahren verließ der Beschwerdeführer Syrien und reiste in die Türkei, in der er sich acht Jahre aufhielt. Im Jahr 2022 reiste er aus der Türkei aus und nach Österreich ein, wo er am 21.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Frau und Kinder leben in der Türkei. In Syrien leben die Eltern des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hat fünf Geschwister, sein jüngster Bruder lebt bei den Eltern in Syrien, ein Bruder in Österreich, die übrigen Geschwister leben im Irak. Die Eltern des Beschwerdeführers stammen aus der Region Afrin und besitzen dort ein Haus und eine Olivenplantage.
Der Beschwerdeführer ist gesund. In Österreich hat er den Status eines subsidiär Schutzberechtigten und ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Die Kontrolle über das Gouvernement Aleppo ist unter dem gegenwärtigen syrischen Regime unter Führung der HTS, kurdischen Machthabern und türkischen Truppen sowie mit diesen verbündeten Kräften aufgeteilt. Der Distrikt Afrin befindet sich gegenwärtig zum Großteil unter Kontrolle türkischer Kräfte und mit diesen verbündeten Milizen, lediglich ein sehr kleiner Teil im Süden und Südosten des Distrikts steht unter Kontrolle der HTS. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist der von türkischen Kräften und mit diesen verbündeten Gruppierungen kontrollierte Teil im Distrikt Afrin.
Menschen kurdischer Ethnie (in der Sprache der GFK: Rasse) müssen im von den türkischen Streitkräften bzw. mit diesen verbündeten Gruppen besetzten Teil Nordwestsyriens mit gutem Grund befürchten, dass sie in diesen Gebieten alleine auf Grund der Zugehörigkeit zur Ethnie (in der Sprache der GFK: Rasse) der Kurden und Kurdinnen von den dortigen Machthabern – konkret türkische Streitkräfte bzw. mit diesen verbündeten Gruppierungen – verfolgt werden, ohne dass der syrische Staat schutzwillig oder -fähig ist.
1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
1.3.1. Hinsichtlich der Situation in Syrien vor dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel bzw. Sturz von Staatspräsident Baschar al-Assad wird auf das bereits im behördlichen Verfahren vorliegende „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Syrien“ (Version 11, veröffentlicht am 27.03.2024) verwiesen. Zur Lage von KurdInnen außerhalb der Selbstverwaltungsgebiete geht aus diesem hervor:
„KurdInnen sind seit Jahrzehnten staatlicher Diskriminierung ausgesetzt. Dazu zählt auch das Vorgehen gegen kurdische AktivistInnen (FH 9.3.2023). Die kurdische Bevölkerung (mit oder ohne syrische Staatsbürgerschaft) sieht sich offizieller und gesellschaftlicher Diskriminierung, Repressionen sowie vom Regime geförderter Gewalt ausgesetzt. Das Regime begrenzt weiterhin den Gebrauch der kurdischen Sprache sowie die Publikation von Büchern und anderen Materialien auf Kurdisch ebenso wie Ausdrucksformen kurdischer Kultur. Das Regime, die Pro-Regime-Einheiten wie auch der sogenannte Islamische Staat (IS) und bewaffnete Oppositionsgruppen, wie die von der Türkei unterstützte Syrian National Army (SNA), verhaften, foltern, töten oder misshandeln in sonstiger Weise zahlreiche kurdische AktivistInnen und Einzelpersonen wie auch Mitglieder der Syrian Democratic Forces (SDF) (USDOS 20.3.2023).
Laut UN-Kommission kommt es in den pro-türkischen Gebieten weiterhin zu Entführungen und [Lösegeld-]Erpressungen. So verhaften, schlagen und entführen SNA-Mitglieder weiterhin kurdische Frauen in Afrin und Ra's al-'Ayn. In fünf von 33 Entführungen von Frauen und Mädchen von Jänner bis Oktober 2022 in Afrin sollen türkische Behörden involviert gewesen sein - darunter zwei Vorwürfe bezüglich Anwendung von Folter. In einem Fall soll die Entführte in die Türkei verbracht worden sein, während elf Entführte inzwischen wieder freigelassen wurden (USDOS 20.3.2023). […]
Viele kurdische Zivilisten in Gebieten, die bis 2018 zu den Selbstverwaltungsgebieten gehörten und dann unter Kontrolle der SNA gerieten, wurden zwei Mal zum Ziel: Erst waren sie zwangsweise von der YPG eingezogen worden - teilweise noch als Kinder - oder waren sonst mit der Selbstverwaltung verbunden, ohne eine Wahl zu haben. Dann wurden sie von der SNA genau wegen dieser Verbindungen zur Selbstverwaltung verhaftet und gefangen gehalten (USDOS 20.3.2023).
Im Zuge der türkischen Militäroperation „Friedensquelle“ im Nordosten von Syrien Anfang Oktober 2019 kam und kommt es Berichten zufolge zu willkürlichen Tötungen von Kurden durch Kämpfer der – mit den türkischen Truppen verbündeten – Milizen der SNA sowie zu Plünderungen und Vertreibungen von Kurden, Jesiden und Christen (ÖB Damaskus 1.10.2021) [Anm.: Siehe hierzu besonders auch Überkapitel Ethnische und religiöse Minderheiten].
Laut SNHR waren durch SNA-Gruppen mit Ende Dezember 2022 4.022 Personen unrechtmäßig gefangen oder verschwinden gelassen, darunter 365 Kinder und 882 Frauen. Hinzukamen Verhaftungen durch die SNA, welche den gesetzwidrigen Transfer von syrischen StaatsbürgerInnen in die Türkei nach sich zog (USDOS 20.3.2023) [Anm.: siehe dazu auch Länderinformationen im COI-CMS zu Türkei].“
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.2.2024): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: Ende Oktober 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nodes/29884854, Zugriff 15.2.2024
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.3.2023): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: März 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2089904/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_Lage_in_der_Arabischen_Republik_Syrien_%28Stand_M%C3%A4rz_2023%29%2C_29.03.2023.pdf, Zugriff 14.4.2023
CMEC - Malcolm Kerr Carnegie Middle East Center (20.12.2022): Syria’s Borderline Politics, https://carnegie-mec.org/diwan/88672?utm_source=rssemail utm_medium=email mkt_tok=ODEzLVhZVS00MjIAAAGI1HWG6eAkH4ExnSaGdZIIU0Jvm2wy-pFHv5f0A3pXjNjQv9DRMAwX2czKYhR36LpyM-bGEzqOdPdxE3pvfa5oSLlok41noQma06kIxA, Zugriff 29.4.2023
FH - Freedom House (9.3.2023): Freedom in the World 2023 - Syria, https://freedomhouse.org/country/syria/freedom-world/2023, Zugriff 10.3.2023
HRW - Human Rights Watch (26.11.2009): Group Denail - Repression of Kurdish Political and Cultural Rights in Syria, https://www.hrw.org/report/2009/11/26/group-denial/repression-kurdish-political-and-cultural-rights-syria, Zugriff 27.4.2023
MRG - Minority Rights Group International (3.2018): Syria – Kurds, https://minorityrights.org/minorities/kurds-5/, Zugriff 29.4.2023
ÖB Damaskus - Österreichische Botschaft Damaskus [Österreich] (1.10.2021): Asylländerbericht Syrien 2021 (Stand September 2021), https://www.ecoi.net/en/document/2066258.html, Zugriff 29.4.2023
SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (4.1.2019): Kurden unter Druck: Die Folgen des US-Truppenabzugs für den PKK-Ableger in Syrien, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2019A04_sbg_Albrecht.pdf, Zugriff 27.4.2023
USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Syria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089061.html, Zugriff 14.4.2023
USDOS - United States Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Syria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073954.html, Zugriff 29.4.2023
1.3.2. Aus der im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien „Lage von Kurd·innen in türkisch kontrollierten Gebieten (Einsatz von Gewalt, extralegalen Mitteln, Marginalisierung durch die Türkei bzw. mit der Türkei verbündeten Milizen; in welchen Gebieten/Regionen)“ vom 22.11.2024 geht hervor wie folgt (Hervorhebungen im Original):
„Human Rights Watch (HRW) veröffentlicht im Februar 2022 einen Bericht über Menschenrechtsverletzungen und Straflosigkeit im türkisch besetzten Nordsyrien. HRW erklärt, dass laut Angaben informierter Quellen die Syrische Nationalarmee (SNA) zwar offiziell der syrischen Übergangsregierung (einem selbsternannten, international anerkannten Gremium mit Sitz in Azaz, das die syrische Opposition vertritt) unterstehe, faktisch jedoch den türkischen Streitkräften und Geheimdiensten unterstellt sei, ebenso wie militärische und zivile Polizeikräfte der Region. HRW habe keine veröffentlichten Richtlinien gefunden, die die Rolle der türkischen Behörden in der Kommandostruktur in den türkisch kontrollierten Gebieten Syriens darlegen würden. Laut HRW würden die türkischen Behörden die Volksverteidigungseinheit (YPG) und die Frauenverteidigungseinheit (YPJ), die größten Komponenten der kurdisch geführten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), welche sie als Terrororganisation ansehen würden, gleichsetzen. Aus diesem Grund hätten Kurd·innen, die als loyal gegenüber der SDF angesehen würden, weil sie in der Vergangenheit in Gebieten unter SDF-Kontrolle gelebt und ihr Land bewirtschaftet hätten, die Hauptlast der dokumentierten Übergriffe getragen. Auch Araber·innen und Personen weiterer Ethnien, von denen angenommen werde, dass sie Verbindungen zur SDF oder der Autonomen Verwaltung Nordost-Syriens (AANES) hätten, seien ins Visier genommen worden (HRW, Februar 2024, S. 3). Laut HRW seien seit der Übernahme von Afrin im Jahr 2018 und Ras Al-Ayn im Oktober 2019 zahlreiche Menschen willkürlich festgenommen und inhaftiert worden, gewaltsam verschwunden, gefoltert und anderweitig misshandelt und unfairen Militärprozessen unterzogen worden (HRW, Februar 2024, S. 28).
Das Syria Justice and Accountability Centre (SJAC) schreibt im März 2024, dass willkürliche Inhaftierungen, Folter und Erpressungen (besonders in Ras Al-Ayn und Tell Abyad) 2023 ein zentraler Bestandteil der türkischen und SNA-Führung gewesen seien. Die Übergriffe hätten laut SJAC oft auf die kurdische Gemeinschaft abgezielt (SJAC, März 2024, p. 8).
Willkürliche Inhaftierungen
Ceasefire Centre for Civilian Rights und YASA berichten in ihrem Bericht über Menschenrechtsverletzungen in Afrin vom Mai 2024, dass seit dem vorherigen Bericht über die Lage in Afrin vom Jahr 2021 die Zahl der Inhaftierungen, Folterungen und des erzwungenen Verschwindenlassens zugenommen habe. Ein Großteil der Zivilbevölkerung in Afrin, insbesondere die kurdische Bevölkerung, lebe in ständiger Angst vor Gewalt, vor allem durch die von der Türkei unterstützte Syrische Nationalarmee (SNA). Eine Kultur der Straflosigkeit ermögliche häufige Übergriffe auf die lokale Bevölkerung. Vor allem kurdische Zivilist·innen würden unter dem Vorwand einer angeblichen Zugehörigkeit zur früheren kurdisch geführten Regierung willkürlich festgenommen (Ceasefire Centre for Civilan Rights und YASA, 14. Mai 2024, S. 2). Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen seien alltäglich für Zivilist·innen in Afrin und würden von verschiedenen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen ausgehen. Sie würden insbesondere auf Kurd·innen abzielen, unabhängig von deren Alter, Geschlecht oder Beruf. Die Beschlagnahmung von Eigentum (weitere Informationen finden Sie unten) stehe im Zusammenhang mit den Festnahmen (Ceasefire Centre for Civilan Rights and YASA, 14. Mai 2024, S. 4).
Laut HRW würden festgenommenen Personen in Haftanstalten verschiedener Fraktionen in Afrin und Ras Al-Ayn für Zeiträume von drei Wochen bis über zwei Jahren festgehalten (HRW, Februar 2024, S. 32). Viele seien im Gegenzug zu Zahlungen freigelassen worden (HRW, Februar 2024, S. 31).
Das Syrian Observatory for Human Rights (SOHR) berichtet, dass seit Beginn der türkischen Kontrolle Afrins bis Mitte März 2024 über 8.729 kurdische Zivilist·innen aus Afrin verhaftet worden seien, von denen 1.123 mit Stand März 2024 weiterhin inhaftiert seien. Die anderen seien freigelassen worden, nachdem die meisten von ihnen hohe Lösegeldzahlungen an die SNA geleistet hätten (SOHR, 17. März 2024).
Die Kurdische Demokratische Einheitspartei in Syrien berichtet auf ihrer Webseite im März 2024 von sechs Fällen willkürlicher Inhaftierungen von Kurd·innen innerhalb eines Monats (zwischen Anfang Februar und Anfang März 2024) durch den türkischen Geheimdienst und die Militärpolizei wegen Zugehörigkeit zur früheren Autonomieverwaltung (Yek.Dem, 12. März 2024).
Laut HRW gebe es zwar Zivilgerichte, Personen, denen vorgeworfen werde, kurdischen bewaffneten Gruppen anzugehören oder mit ihnen in Verbindung zu stehen, würden jedoch häufig von Militärgerichten verurteilt. Diesen mangle es an Unabhängigkeit. Richter würden dem militärischen Kommando und den Anweisungen ihrer Vorgesetzten unterliegen. Häftlingen werde ein Rechtsbeistand verweigert und erzwungene Geständnisse würden oft als einziges Beweismittel verwendet werden (HRW, Februar 2024, S. 42-43).
Folter, Misshandlungen und Vergewaltigungen
Laut Ceasefire Centre for Civilan Rights und YASA seien Gefangene, überwiegend kurdische Zivilist·innen, in von der SNA betriebenen Haftanstalten systematischer Folter ausgesetzt, häufig, um Lösegeld von den Familien zu erpressen (Ceasefire Centre for Civilan Rights und YASA, 14. Mai 2024, S. 2).
Syrians for Truth and Justice (STJ) schreibt im Juni 2024, dass eine Analyse von 65 Interviews – davon 45 Kurd·innen – mit Überlebenden und Familienmitglieder von Opfern von Folter in Afrin, Ras Al-Ayn und Tell Abyad zeige, dass Folter und Misshandlungen durch SNA-Fraktionen systematischer Natur seien und darauf abzielen würden, die lokale Bevölkerung, insbesondere Kurd·innen, einzuschüchtern, und sie dazu zu zwingen, ihre Häuser zu verlassen oder kontinuierlich Geldzahlungen zu tätigen (STJ, 26. Juni 2024, S. 3-4).
Die unabhängige internationale Untersuchungskommission zu Syrien bestätigt in ihrem Bericht an den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UN Human Rights Council (HRC)) vom August 2023 den Erhalt von Berichten über willkürliche Inhaftierungen, Folter und Misshandlungen in von der SNA kontrollierten Gebieten, hauptsächlich durch Polizeikräfte der SNA. Viele der Opfer seien Kurd·innen, die verdächtigt würden, eine Verbindung zu den kurdischen Volksverteidigungseinheiten, den Demokratischen Kräften Syriens (SDF) oder der Regierung zu haben. Der Bericht nennt zwei Beispiele von gefolterten Kurden aus Anfang 2023. Einer von ihnen sei in Ras Al-Ayn gefoltert worden, während der zweite in Ra’i (Provinz Aleppo, Anmerkung ACCORD) festgenommen worden sei (HRC, 14. August 2023, S. 14). Im August 2024 listet die Kommission eine Reihe von Haftanstalten in Afrin, Dscharablus, Ras Al-Ayn, Sheikh Hadid, Afrin, Hawar Killis und I’zaz auf, in denen die Ausübung von Folter dokumentiert worden sei. Der Bericht beschreibt die Folterungen und Misshandlungen von Kurd·innen, sowie einer Araberin, der Verbindungen zur PKK nachgesagt worden seien, in den genannten Haftanstalten in den Jahren 2023 und 2024 (nähre Details zu den Misshandlungen und Foltermethoden finden Sie im Anhang). Unter den misshandelten Kurd·innen sei auch ein 15-jähriger Junge gewesen. Laut dem Bericht sei ein 15-jähriger kurdischer Junge (es ist nicht ersichtlich, ob es sich um denselben Jungen handelt, Anmerkung ACCORD) zweieinhalb Jahre lang ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten worden. Laut der Kommission würden Richter·innen die Beschwerden von Häftlingen mit sichtbaren Folterspuren weiterhin abweisen (HRC, 12. August 2024, S. 14). Die Kommission berichtet weiters von zwei Kurd·innen die 2022 und 2023 von einem SNA-Mitglied bzw. einem Mitglied der Sultan-Murad-Division vergewaltigt bzw. sexuell angegriffen worden seien (HRC, 12. August 2024, S. 15).
HRW berichtet von 16 interviewten ehemaligen Häftlingen, die in Haftanstalten unterschiedlicher Fraktionen in Afrin wie auch Ras Al-Ayn Opfer und Zeug·innen von Folter und anderen Misshandlungen geworden seien (HRW, Februar 2024, S. 33). HRW habe mit vier Frauen gesprochen, die in den Haftanstalten der SNA-Fraktionen und der Militärpolizei in Afrin sexuelle Gewalt selbst erlebt und beobachtet hätten. Ein Mann sei von Gefängniswärtern dazu gezwungen worden, Zeuge einer Gruppenvergewaltigung zweier kurdischer Frauen zu sein. Alle dokumentierten Fälle hätten sich zwischen Jänner 2018 und Juli 2022 in Afrin ereignet und seien an Kurd·innen verübt worden (HRW, Februar 2024, S. 39).
Außergerichtliche Tötungen
Ceasefire Centre for Civilan Rights und YASA dokumentierten Vorfälle gezielter außergerichtlicher Tötungen durch bewaffnete Gruppen und den türkischen Geheimdienst. Der Bericht nennt den Fall eines 32-jährigen Kurden aus dem Dorf Kafrom, der in Abstimmung mit dem türkischen Geheimdienst von einer bewaffneten Gruppe entführt worden sei. Fünfzehn Tage später sei seine Leiche auf einem Ackerfeld gefunden worden und habe Spuren von Folter aufgewiesen (Ceasefire Centre for Civilan Rights und YASA, 14. Mai 2024, S. 4)
Die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtet im Jahresbericht 2023 von folgendem Vorfall:
„Am 20. März 2023 schossen Mitglieder der SNA [Syrische Nationalarmee] in der Stadt Dschinderes in Nordsyrien auf eine kurdische Familie, die das kurdische Neujahrsfest Newroz feierte, dabei töteten sie vier Zivilpersonen und verletzten drei weitere. Am nächsten Tag nahm die SNA vier bewaffnete Kämpfer fest, die mutmaßlich für den Angriff verantwortlich waren. Sie gab jedoch nicht bekannt, ob diese bestraft wurden und ob die Familie eine Entschädigung erhalten würde.“ (Amnesty International, 24. April 2024; siehe auch: Ceasefire Centre for Civilan Rights und YASA, 14. Mai 2024, S. 17; HRC, 14. August 2023, S. 13)
Beschlagnahmungen
Laut der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zu Syrien würden einige SNA-Fraktionen routinemäßig einen Teil der Olivenernte der Bauern konfiszieren. In den von der Suleiman-Shah-Brigade kontrollierten Gebieten seien Zahlungen für und die Beschlagnahmung von Ernten erheblich gestiegen und würde in einigen Fällen den Wert der Ernte übersteigen. Die Kommission habe im Dezember 2023 zwei Fälle kurdischer Männer dokumentiert, die von der Suleiman-Shah-Brigade verhaftet und inhaftiert worden sein, weil sie die „Steuer“ von mehr als 10.000 Dollar auf ihr Land bzw. für Gewinne aus Olivenöl nicht gezahlt hätten. Ein weiterer Kurde aus Afrin habe sich geweigert, einen Teil vom Gewinn seiner Olivenernte an die Sultan-Murad-Division zahlen. Kurz darauf seien Dutzende Olivenbäume gefällt und gestohlen worden. Bewaffnete Gruppierungen hätten sich weiters das Land abwesender Landbesitzer angeeignet. Die Gruppierungen würden von Rückkehrer·innen Geld verlangen, um ihre Wohnhäuser zurückzuerhalten. Der Bericht beschreibt die Situation einer kurdischen Familie aus Afrin, denen trotz Nachweises des rechtmäßigen Eigentums die Rückkehr in ihr Haus verweigert worden sei. Das Haus sei von einem Verwandten eines SNA-Mitglieds bewohnt worden (HRC, 9. Februar 2024, S. 14). Die Kommission berichtet im August 2024 von der Fortsetzung der Beschlagnahmung von Eigentum durch die Sultan-Murad- und Al-Jabha al-Shamya-Fraktionen sowie die Belegung der Zivilbevölkerung mit exorbitanten „Steuern“. In mehreren dokumentierten Fällen seien Personen, die sich den Forderungen widersetzt hätten, festgenommen und Gewalt ausgesetzt worden. Die Kommission nennt ausschließlich Beispiele von Kurd·innen, die die genannten „Steuern“ zahlen mussten und denen es nicht möglich gewesen sei, ihr Eigentum und Land nach einer Beschlagnahmung wieder zurückzuerhalten (HRC, 12. August 2024, S. 16).
HRW schreibt im Februar 2024, dass Bewohner·innen und Rückkehrer·innen, die es wagen würden, sich gegen die Beschlagnahmungen und Plünderungen zu wehren, der Gefahr willkürlicher Verhaftung, Inhaftierung, Folter und Misshandlung, Entführung und des erzwungenen Verschwindenlassens ausgesetzt seien. HRW habe mit 36 Personen, 20 aus Afrin, allesamt Kurd·innen, und 15 aus Ras al-Ayn, davon 4 Kurd·innen, 8 Araber·innen, zwei Jesid·innen und ein Mitglied einer religiösen Minderheit, gesprochen, die von der Verletzung ihrer Wohn-, Land- und Eigentumsrechte oder der Rechte ihrer Familienangehörigen erzählt hätten (HRW, Februar 2024, S. 46).
Laut der North Press Agency (NPA) seien viele Kurd·innen aus Afrin gezwungen, Häuser zu mieten oder obdachlos zu sein, weil die SNA ihre Häuser beschlagnahmt habe und sich weigere, die Häuser ihren Eigentümern zurückzugeben. Die SNA habe damit begonnen, diese Häuser und das Eigentum der ursprünglichen Bewohner·innen Afrins zu niedrigen Preisen an ihre Mitglieder oder Siedler aus anderen Gebieten zu verkaufen (NPA, 30. April 2024).
STJ berichtet im November 2023, dass laut von ihnen gesammelten Zeugenaussagen es in fast allen Bezirken Afrins zu Beschlagnahmungen von Zivileigentum gekommen sei. Zusammenarbeit mit der AANES und Mitgliedschaft in der PKK seien als Grund für die Beschlagnahmung von Eigentum genannt worden. Es sei jedoch auch Eigentum von Kurd·innen beschlagnahmt worden, die keine nachgewiesenen Verbindungen zu den zivilen oder militärischen Institutionen der AANES gehabt hätten. Die Beschlagnahmungen seien so umfangreich, dass ganze Dörfer oder große Teile von Dörfern, mit den dazugehörigen landwirtschaftlichen Flächen, beschlagnahmt worden seien und es den Einheimischen weiterhin nicht erlaubt sei, in die Dörfer zurückzukehren (STJ, 13. November 2023, S. 8).
NPA berichtet, dass es in Ras Al-Ayn (auch Sere Kaniye genannt) und Tell Abyad zu Massenvertreibung gekommen sei. Laut NPA sei die kurdische Bevölkerung von Ras Al-Ayn von rund 70.000 auf 42 Personen geschrumpft. In Tell Abyad hätten Kurd·innen früher 30 Prozent der Bevölkerung ausgemacht. Es seien mit Oktober 2024 nur noch wenige Familien übrig (NPA, 8. Oktober 2024; siehe auch: STJ, 8. Oktober 2024, S. 2)
Diskriminierung bei der Verteilung von Hilfsgütern
Amnesty International beschreibt in seinem Jahresbericht 2023 die Situation in Nordsyrien in Folge des Erdbebens vom Februar 2023 wie folgt:
„Die von der Türkei unterstützten bewaffneten Gruppen der SNA [Syrische Nationalarmee] verhinderten, dass Menschen im Bezirk Afrin in der Provinz Aleppo nach den Erdbeben Hilfe erhielten. Sie schossen in die Luft, um Menschenmengen zu zerstreuen, die Hilfsgüter von Lastwagen in Empfang nehmen wollten, und zweigten Hilfsgüter für ihre eigenen Angehörigen ab.
Vier von Amnesty International befragte Personen bestätigten, dass die SNA mindestens 30 Lastwagen mit Kraftstoff und anderen Hilfsgütern der kurdischen Autonomieverwaltung daran hinderte, in Gebiete unter Kontrolle der SNA zu gelangen. Die Lastwagen warteten sieben Tage lang vergeblich am Grenzübergang zwischen Nordostsyrien und dem Norden der Provinz Aleppo, bevor die Autonomieverwaltung sie zurückbeorderte. Ein kurdischer Mann im Bezirk Afrin, dessen Haus bei den Erdbeben zerstört worden war, berichtete Amnesty International, dass man ‚Beziehungen‘ (wasta) zu den bewaffneten Gruppen benötige, um Hilfe zu erhalten, und dass niemand gekommen sei, um zu helfen.“ (Amnesty International, 24. April 2024)
Auch Ceasefire Centre for Civilan Rights und YASA berichten über ungerechte Verteilung von Hilfsgütern und die Diskriminierung vor allem gegen lokale kurdische Gruppen in Dschinderes (Ceasefire Centre for Civilan Rights und YASA, 14. Mai 2024, S. 13; siehe auch: The New Arab, 23. Februar 2023; STJ, 13. November 2023, S. 22; SJAC, März 2024, S. 9). Der Präsident des Zivilrats von Dschinderes habe den Vorwurf der Diskriminierung bestritten (The New Arab, 23. Februar 2023).
Marginalisierung der kurdischen Sprache im Bildungssystem
Die Hawar News Agency (ANHA) zitiert im Mai 2024 den Menschenrechtsaktivisten Ibrahim Sheikho. Laut Sheikho würden Schulen gezwungen, Türkisch zu unterrichten. Kurdischen Sprachunterricht gebe es nur ein oder zwei Mal pro Woche (ANHA, 15. Mai 2024).
Ceasefire Centre for Civilan Rights und YASA erklären in ihrem Bericht über die Situation in Afrin, dass Türkisch und Arabisch als Pflichtfächer in den Schulen unterrichtet würden, während die kurdische Sprache nur zwei Mal pro Woche unterrichtet werde und der Unterricht optional sei (Ceasefire Centre for Civilan Rights and YASA, 14. Mai 2024, S. 8).
Laut Yek.Dem sei die kurdische Sprache seit 2018 bewusst vernachlässigt worden und die Lehrpläne seien im Zuge einer Türkisierung bzw. Arabisierung des Gebiets vollkommen verändert worden (Yek.Dem, 12. März 2024).
Weitere Fälle von Diskriminierung
Laut dem oben genannten Ibrahim Sheikho sei Kurd·innen in Afrin das Tragen von Waffen verboten, während es Siedlern („settlers“) gestattet sei (ANHA, 15. Mai 2024).
Ceasefire Centre for Civilan Rights und YASA berichten, dass die Ahrar-al-Sham-Fraktion, die das Dorf Qarzihel effektiv kontrolliere, die Bewohner·innen 2023 daran gehindert hätte, in der Newroz-Nacht im Dorf eine Newroz-Flamme zu entzünden. Ein Beamter habe bei Versammlungen außerhalb der Wohnhäuser mit Gefängnisstrafen gedroht und das Entzünden von Feuern in der Nähe von Häusern verboten (Ceasefire Centre for Civilan Rights und YASA, 14. Mai 2024, S. 17).
Laut HRW würden Fraktionen der SNA und der Militärpartei, die Menschenrechtsverletzungen verübt hätten, in türkisch kontrollierten Gebieten sehr selten angemessen zur Rechenschaft gezogen. Es würden keine öffentlichen Informationen darüber vorliegen, ob die Türkei gegen ihre eigenen Beamt·innen wegen ihrer Mitschuld an inhaftierungsbezogenen Missbräuchen und Verletzungen von Wohn-, Land- und Eigentumsrechten in den von ihr kontrollierten Gebieten ermittelt oder sie zur Rechenschaft gezogen hat (HRW, Februar 2024, S. 62).“
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 22. November 2024)
Amnesty International: Amnesty International Report 2023/24; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Syrien 2023, 24. April 2024 https://www.ecoi.net/de/dokument/2108269.html
ANHA – Hawar News Agency: Reality of Kurdish Language following Turkification of Afrin, 15. Mai 2024 https://hawarnews.com/en/reality-of-kurdish-language-following-turkification-of-afrin
Ceasefire Centre for Civilian Rights und YASA – Kurdistan Centre for Studies and Legal Consultancy: Escalating human rights violations in Syria’s Afrin: 2024 update, 14. Mai 2024 https://reliefweb.int/attachments/ec76c163-47fc-401c-a5f6-29db16503ae9/Ceasefire-report-Afrin-2024-update.pdf
HRC - UN Human Rights Council: Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic [A/HRC/54/58], 14. August 2023 https://www.ecoi.net/en/file/local/2097210/G2315549.pdf
HRC - UN Human Rights Council: Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic [A/HRC/55/64], 9. Februar 2024 https://www.ecoi.net/en/file/local/2105441/g2401273.pdf
HRC - UN Human Rights Council: Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic [A/HRC/57/86], 12. August 2024 https://www.ecoi.net/en/file/local/2114954/g2413377.pdf
HRW - Human Rights Watch: Syria: „Everything is by the Power of the Weapon”, Abuses and Impunity in Turkish-Occupied Norther Syria, Februar 2024 https://www.ecoi.net/en/file/local/2105148/syria0224web.pdf
New Arab (The): Kurds allege looting, aid discrimination by Turkish-backed militas in Syria after earthquake, 23. Februar 2023 https://www.newarab.com/news/kurds-allege-discrimination-syrian-earthquake-response
NPA - North Press Agency: SNA militants seize, sell Kurds’ houses in Syria’s Afrin, 30. April 2024 https://npasyria.com/en/113597/
NPA - North Press Agency: Turkish forces, SNA accused of widespread violations in NE Syria, 8. Oktober 2024 https://npasyria.com/en/117419/
SJAC – Syria Justice and Accountability Centre: The State of Justice in Syria, März 2024 https://syriaaccountability.org/content/files/2024/03/State-of-Justice-in-Syria-2024-2.pdf
SOHR – Syrian Observatory for Human Rights: Turkish occupation of Afrin six years on | Over 8,700 kidnappings and arbitrary arrests and over 4,000 other violations by Turkish forces and their proxy factions, 17. März 2024 https://www.syriahr.com/en/328256/
STJ – Syrians for Truth and Justice: „Five Years of Injustice are Enough!” Investigative Study on Violations Against Kurds and Yazidis in Northern Syria, 13. November 2023 https://stj-sy.org/wp-content/uploads/2023/11/Investigative-Study-on-Violations-Against-Kurds-and-Yazidis-in-Northern-Syria.pdf
STJ – Syrians for Truth and Justice: In the Absence of Accountability: Torture as a Systematic Policy in Northern Syria, 26. Juni 2024 https://stj-sy.org/wp-content/uploads/2024/06/In-the-Absence-of-Accountability_Torture-as-a-Systematic-Policy-in-Northern-Syria.pdf
STJ – Syrians for Truth and Justice: Syria: Statement on the Passage of Five Years Since the Occupation of Ras al-Ayn/Serê Kaniyê and Tall Abyad During „Peace Spring” Operation, 8. Oktober 2024 https://stj-sy.org/en/syria-statement-on-the-passage-of-five-years-since-the-occupation-of-ras-al-ayn-sere-kaniye-and-tall-abyad-during-peace-spring-operation/
Yek.Dem: Afrin Under Occupation (280): Deliberate neglect of Kurdish language education, settlement villages funded by Pakistan and Kuwait, arbitrary arrests, and property seizures in „Baadina” and „Shiyeh.”, 12. März 2024 https://yek-dem.net/ku/?p=14689
1.3.3. Hinsichtlich der Situation in Syrien nach dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel ergibt sich aus der Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024 wie folgt (Hervorhebungen im Original):
„1. Zusammenfassung der Ereignisse
Nach monatelanger Vorbereitung und Training (NYT 1.12.2024) starteten islamistische Regierungsgegner unter der Führung der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) (Standard 1.12.2024) die Operation „Abschreckung der Aggression“ – auf نن Arabisch: ردع العدوا - Rad’a al-‘Adwan (AJ 2.12.2024) und setzten der Regierung von
Präsident Bashar al-Assad innerhalb von 11 Tagen ein Ende. […]Am 30.11. nahmen die Oppositionskämpfer Aleppo ein und stießen weiter in Richtung der Stadt Hama vor, welche sie am 5.12. einnahmen. Danach setzten sie ihre Offensive in Richtung der Stadt Homs fort (AJ 8.12.2024). Dort übernahmen sie die Kontrolle in der Nacht vom 7.12. auf 8.12. (BBC 8.12.2024).
Am 6.12. zog der Iran sein Militärpersonal aus Syrien ab (NYT 6.12.2024). Russland forderte am 7.12. seine Staatsbürger auf, das Land zu verlassen (FR 7.12.2024). Am 7.12. begannen lokale Milizen und Rebellengruppierungen im Süden Syriens ebenfalls mit einer Offensive und nahmen Daraa ein (TNA 7.12.2024; Vgl. AJ 8.12.2024), nachdem sie sich mit der Syrischen Arabischen Armee auf deren geordneten Abzug geeinigt hatten (AWN 7.12.2024). Aus den südlichen Provinzen Suweida und Quneitra zogen ebenfalls syrische Soldaten, sowie Polizeichefs und Gouverneure ab (AJ 7.12.2024). Erste Oppositionsgruppierungen stießen am 7.12. Richtung Damaskus vor (AJ 8.12.2024). Am frühen Morgen des 8.12. verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 8.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 9.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 8.12.2024). Das Armeekommando hatte die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 8.12.2024).
Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 9.12.2024).
Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 6.12.2024 die Kontrolle über Deir ez-Zour im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 7.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 7.12.2024).
Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen unter dem Namen Syrian National Army (SNA) im Norden Syriens starteten eine eigene Operation gegen die von den Kurden geführten Syrian Democratic Forces (SDF) im Norden von Aleppo (BBC 8.12.2024). ج فف ج Im Zuge der Operation „Morgenröte der Freiheit“ (auf Arabisch رال ر ح ة يية - Fajr al-Hurriya) nahmen diese Gruppierungen am 9.12.2024 die Stadt Manbij ein (SOHR 9.12.2024). Die Kampfhandlungen zwischen Einheiten der durch die Türkei unterstützten Syrian National Army (SNA) auf der einen Seite und den SDF auf der anderen Seite dauerten danach weiter an. Türkische Drohnen unterstützten dabei die Truppen am Boden durch Luftangriffe (SOHR 9.12.2024b). […]
Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge sind seit Beginn der Offensive 910 Menschen ums Leben gekommen, darunter 138 Zivilisten (AAA 8.12.2024). Beim Vormarsch auf Homs waren tausende Menschen Richtung Küste nach Westen geflohen (AJ 6.12.2024). Bei der Offensive gegen Manbij wurden hingegen einige Zivilisten in Richtung Osten vertrieben (SOHR 9.12.2024).
In Damaskus herrschte weit verbreitetes Chaos nach der Machtübernahme durch die Opposition. So wurde der Sturz von Assad mit schweren Schüssen gefeiert und Zivilisten stürmten einige staatliche Einrichtungen, wie die Zentralbank am Saba-Bahrat-Platz, das Verteidigungsministerium (Zivilschutz) in Mleiha und die Einwanderungs- und Passbehörde in der Nähe von Zabaltani, außerdem wurden in verschiedenen Straßen zerstörte und brennende Fahrzeuge gefunden (AJ 8.12.2024b). Anführer al-Joulani soll die Anweisung an die Oppositionskämpfer erlassen haben, keine öffentlichen Einrichtungen anzugreifen (8.12.2024c) und erklärte, dass die öffentlichen Einrichtungen bis zur offiziellen Übergabe unter der Aufsicht von Ministerpräsident Mohammed al-Jalali aus der Assad-Regierung bleiben (Rudaw 9.12.2024).
Gefangene wurden aus Gefängnissen befreit, wie aus dem berüchtigten Sedanaya Gefängnis im Norden von Damaskus (AJ 8.12.2024c).
2. Die Akteure
Syrische Arabische Armee (SAA): Die Syrische Arabische Armee kämpfte gemeinsam mit den National Defense Forces, einer regierungsnahen, paramilitärischen Gruppierung. Unterstützt wurde die SAA von der Hisbollah, Iran und Russland (AJ 8.12.2024).
Die Einheiten der syrischen Regierungstruppen zogen sich beim Zusammenstoß mit den Oppositionskräften zurück, während diese weiter vorrückten. Viele Soldaten flohen oder desertierten (NZZ 8.12.2024). In Suweida im Süden Syriens sind die Soldaten der Syrischen Arabischen Armee massenweise desertiert (Standard 7.12.2024). Am 7.12. flohen mehrere Tausend syrische Soldaten über die Grenze in den Irak (Arabiya 7.12.2024; vgl. Guardian 8.12.2024). Präsident al-Assad erhöhte am 4.12. die Gehälter seiner Soldaten, nicht aber dasjenige von Personen, die ihren Pflichtwehrdienst ableisteten (TNA 5.12.2024). Dieser Versuch, die Moral zu erhöhen, blieb erfolglos (Guardian 8.12.2024).
Die Opposition forderte die Soldaten indes zur Desertion auf (TNA 5.12.2024). Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beobachteten, dass Hunderte Soldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie entlassen wurden (SOHR 8.12.2024). Offiziere und Mitarbeiter des Regimes ließen ihre Militär- und Sicherheitsfahrzeuge in der Nähe des Republikanischen Palastes, des Büros des Premierministers und des Volkspalastes unverschlossen stehen, aus Angst von Rebellen am Steuer erwischt zu werden (AJ 8.12.2024b).
Opposition: Obwohl Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) den plötzlichen Vormarsch auf Aleppo gestartet hat und treibende Kraft der Offensive war haben auch andere Rebellengruppierungen sich gegen die Regierung gewandt und sich am Aufstand beteiligt (BBC 8.12.2024c).
Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS): Die HTS wurde 2011 als Ableger der al-Qaida unter dem Namen Jabhat an-Nusra gegründet (BBC 8.12.2024c). Im Jahr 2017 brach die Gruppierung ihre Verbindung mit der Al-Qaida (CSIS 2018) und formierte sich unter dem Namen Hay’at Tahrir ash-Sham neu, gemeinsam mit anderen Gruppierungen (BBC 8.12.2024c). Sie wird von der UN, den USA, der Europäischen Union (AJ 4.12.2024) und der Türkei als Terrororganisation eingestuft (BBC 8.12.2024c). Der Anführer der HTS, der bisher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Joulani bekannt war, hat begonnen wieder seinen bürgerlichen Namen, Ahmad ash-Shara’a zu verwenden (Nashra 8.12.2024). Er positioniert sich als Anführer im Post-Assad Syrien (BBC 8.12.2024c). Die HTS hat in den letzten Jahren versucht, sich als nationalistische Kraft (BBC 8.12.2024b) und pragmatische Alternative zu al-Assad zu positionieren (BBC 8.12.2024c).
Der Gruppierung werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (BBC 8.12.2024c). Einem Terrorismusexperten zufolge gibt es bereits erste Videos von Personen aus dem HTS-Umfeld, die ein Kalifat aufbauen wollen (WiWo 9.12.2024).
National Liberation Front (NFL): Eine Reihe kleinerer Kampfgruppen, aus denen sich die NFL zusammensetzt, nahmen an der Operation „Abschreckung der Aggression“ teil, darunter die Jaish al-Nasr, das Sham Corps und die Freie Idlib-Armee. Die 2018 in Idlib gegründete NFL umfasst mehrere nordsyrische Fraktionen, von denen einige auch unter das Dach der Freien Syrischen Armee fallen (AJ 2.12.2024b).
Ahrar al-Sham Movement: Die Ahrar al-Sham-Bewegung ist hauptsächlich in Aleppo und Idlib aktiv und wurde 2011 gegründet. Sie definiert sich selbst als „umfassende reformistische islamische Bewegung, die in die Islamische Front eingebunden und integriert ist“ (AJ 2.12.2024b).
Jaish al-Izza: Jaish al-Izza: Übersetzt: „Die Armee des Stolzes“ ist Teil der Freien Syrischen Armee und konzentriert sich auf den Norden des Gouvernements Hama und einige Teile von Lattakia. Im Jahr 2019 erhielt die Gruppierung Unterstützung aus dem Westen, darunter auch Hochleistungswaffen (AJ 2.12.2024b).
Nur Eddin Zinki-Bewegung (Zinki): Diese Gruppierung entstand 2014 in Aleppo, versuchte 2017, sich mit der HTS zusammenzuschließen, was jedoch nicht funktionierte. Die beiden Gruppierungen kämpften 2018 gegeneinander, und „Zinki“ wurde Anfang 2019 von ihren Machtpositionen in der Provinz Aleppo vertrieben. Ein Jahr später verhandelte „Zinki“ mit der HTS, und ihre Kämpfer kehrten an die Front zurück, und seitdem ist die Gruppe unter den oppositionellen Kämpfern präsent (AJ 2.12.2024b).
Milizen in Südsyrien: Gruppierungen aus südlichen Städten und Ortschaften, die sich in den letzten Jahren zurückhielten, aber nie ganz aufgaben und einst unter dem Banner der Freien Syrien Armeekämpften, beteiligten sich am Aufstand (BBC 8.12.2024c). In Suweida nahmen Milizen der syrischen Minderheit der Drusen Militärstützpunkte ein (Standard 7.12.2024).
Syrian Democratic Forces (SDF): Die SDF ist eine gemischte Truppe aus arabischen und kurdischen Milizen sowie Stammesgruppen. Die kurdische Volksschutzeinheit YPG ist die stärkste Miliz des Bündnisses und bildet die militärische Führung der SDF (WiWo 9.12.2024). Sie werden von den USA unterstützt (AJ 8.12.2024). Im kurdisch kontrollierten Norden liegen die größten Ölreserven des Landes (WiWo 9.12.2024).
Syrian National Army (SNA): Diese werden von der Türkei unterstützt (BBC 8.12.2024c) und operieren im Norden Syriens im Grenzgebiet zur Türkei (AJ 8.12.2024). Der SNA werden mögliche Kriegsverbrechen, wie Geiselnahmen, Folter und Vergewaltigung vorgeworfen. Plünderungen und die Aneignung von Privatgrundstücken, insbesondere in den kurdischen Gebieten, sind ebenfalls dokumentiert (WiWo 9.12.2024).
3. Aktuelle Lageentwicklung
Sicherheitslage:
Israel hat Gebäude der Syrischen Sicherheitsbehörden und ein Forschungszentrum in Damaskus aus der Luft angegriffen, sowie militärische Einrichtungen in Südsyrien, und den Militärflughafen in Mezzeh. Israelische Streitkräfte marschierten außerdem in al-Quneitra ein (Almodon 8.12.2024) und besetzten weitere Gebiete abseits der Golan-Höhen, sowie den Berg Hermon (NYT 8.12.2024). Die israelische Militärpräsenz sei laut israelischem Außenminister nur temporär, um die Sicherheit Israels in der Umbruchphase sicherzustellen (AJ 8.12.2024d). Am 9.12.2024 wurden weitere Luftangriffe auf syrische Ziele durchgeführt (SOHR 9.12.2024c). Einer Menschenrechtsorganisation zufolge fliegt Israel seine schwersten Angriffe in Syrien. Sie fokussieren auf Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Luftabwehr (NTV 9.12.2024). Quellen aus Sicherheitskreisen berichten indes, dass Israelisches Militär bis 25km an Damaskus in Südsyrien einmarschiert wäre (AJ 10.12.2024).
Das US-Central Command gab an, dass die US-Streitkräfte Luftangriffe gegen den Islamischen Staat in Zentralsyrien geflogen sind (REU 9.12.2024). Präsident Biden kündigte an, weitere Angriffe gegen den Islamischen Staat vorzunehmen, der das Machtvakuum ausnützen könnte, um seine Fähigkeiten wiederherzustellen (BBC 7.12.2024).
Russland versucht, obwohl es bis zum Schluss al-Assad unterstützte, mit der neuen Führung Syriens in Dialog zu treten. Anstatt wie bisher als Terroristen bezeichnen russische Medien die Opposition mittlerweile als „bewaffnete Opposition“ (BBC 8.12.2024d).
Sozio-Ökonomische Lage:
Die Opposition versprach, den Minderheiten keinen Schaden zuzufügen und sie nicht zu diskriminieren, egal ob es sich um Christen, Drusen, Schiiten oder Alawiten handle. Gerade letztere besetzten unter der Führung Al-Assad’s oft hohe Positionen im Militär und den Geheimdiensten (TNA 5.12.2024).
Für alle Wehrpflichtigen, die in der Syrischen Arabischen Armee gedient haben, wurde von den führenden Oppositionskräften eine Generalamnestie erlassen. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie wurden untersagt (Presse 9.12.2024). Ausgenommen von der Amnestie sind jene Soldaten, die sich freiwillig für den Dienst in der Armee gemeldet haben (Spiegel 9.12.2024).
Die syrischen Banken sollen ihre Arbeit am 10.12.2024 wiederaufnehmen, die Bediensteten wurden aufgefordert, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren (Arabiya 9.12.2024).
Die HTS, die weiterhin auf der Terrorliste der UN steht, ist seit 2016 von Sanktionen des UN-Sicherheitsrates betroffen. Diplomaten zufolge war die Streichung der HTS von der Sanktionenliste kein Thema bei der jüngsten Ratssitzung (REU 10.12.2024).
Bevor der Wiederaufbau zerstörter Städte, Infrastruktur und Öl- und Landwirtschaftssektoren beginnen kann, muss mehr Klarheit über die neue Regierung Syriens geschaffen werden (DW 10.12.2024).
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen gründen auf den von der belangten Behörde vorgelegten unbedenklichen Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Als Beweismittel insbesondere relevant sind die Niederschriften der Einvernahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Erstbefragung; EB) und durch das BFA (EV) sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (VH), die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente und Unterlagen, die Strafregisterabfrage vom 17.03.2025 (Beilage ./3 zur VH), das bereits im behördlichen Verfahren vorliegende Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Syrien (Version 11, veröffentlicht am 27.03.2024), das im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeführte Konvolut an Länderinformationen seit dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel (Beilage ./1 zur VH) sowie die ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien „Lage von Kurd·innen in türkisch kontrollierten Gebieten (Einsatz von Gewalt, extralegalen Mitteln, Marginalisierung durch die Türkei bzw. mit der Türkei verbündeten Milizen; in welchen Gebieten/Regionen)“ vom 22.11.2024 (Beilage ./2 zur VH). Zu folgenden Feststellungen wird näher ausgeführt:
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu Identität, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Religionszugehörigkeit, Geburtsort, Schulbesuch, Erwerbstätigkeit, Gesundheitszustand, sowie zur Ausreise aus Syrien und der familiären Situation des Beschwerdeführers gründen auf den gleichbleibenden und daher glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren. Ebenso konsistent und glaubwürdig gab der Beschwerdeführer an, der Volksgruppe der Kurden zuzugehören und sprach er auch während der gesamten Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht Kurdisch. Dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, gründet auf der am 17.03.2025 durchgeführten Strafregisterabfrage (Beilage ./3 zur VH). Die übrigen Feststellungen gründen auf dem unbedenklichen Verwaltungsakt.
2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
2.2.1. Zur Herkunftsregion des Beschwerdeführers:
Im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte der Beschwerdeführer erstmals vor, dass ihm im Fall einer Rückkehr aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden in Afrin Verfolgung durch türkische Kräfte und mit diesen verbündeten Milizen drohe. Das erkennende Gericht verkennt nicht, dass der Beschwerdeführer diese verfahrensrelevante Bedrohung erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorbrachte und diesbezüglich in der Einvernahme vor dem BFA keine Ausführungen erstattet hat. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es für eine Bedrohung oder Verfolgung nicht (unbedingt) darauf ankommt, ob Verfolgungshandlungen bereits vor der Ausreise stattgefunden haben, sondern vielmehr darauf, mit welcher Wahrscheinlichkeit von einer Verfolgung (im Falle einer nunmehrigen Rückkehr/Wiedereinreise in den Herkunftsstaat) auszugehen ist, was letztlich anhand der Situation im Herkunftsstaat und anhand des Profils der betroffenen Person zu beurteilen ist.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (VH, S. 3 und 4) legte der Beschwerdeführer nachvollziehbar und glaubwürdig dar, dass seine Familie ursprünglich aus Afrin stammt und dort ein Haus sowie eine Olivenplantage besitzt. Weiters schilderte der Beschwerdeführer schlüssig, dass er seinen Geburtsort Aleppo seinerzeit lediglich aufgrund der dort vorherrschenden prekären Sicherheitslage gemeinsam mit seiner Familie verließ, jedoch Afrin als seine Heimatstadt ansieht. So legte er nachvollziehbar dar, dass er sich vier Jahre lang in Afrin aufhielt und dort einer Beschäftigung als Schneider nachging (vgl. zu letzterem Umstand EV, S. 5). Diese Aussagen stehen auch in Einklang mit seinen Angaben im Rahmen der EB (EB, S. 3) und der Einvernahme vor dem BFA (EV, S. 3 und 5), da der Beschwerdeführer bereits dort Afrin als seine Herkunftsregion angab. Ergänzend schilderte der Beschwerdeführer glaubwürdig im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass seine Eltern und sein jüngster Bruder nach wie vor in Afrin leben und er somit besondere persönliche Bindungen zu dieser Region hat (VH, S. 4). Zwar wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer in Aleppo aufwuchs, dort die Schule besuchte und einer Arbeit nachging, jedoch besitzt er in Aleppo keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte. Unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Judikatur betreffend die Bestimmung des Herkunftsortes (vgl. hierzu Punkt 3.1.5.) war somit nach Abwägung der genannten Faktoren in einer Gesamtbetrachtung als verfahrensrelevante Herkunftsregion des Beschwerdeführers die Region Afrin festzustellen.
Die Feststellung zu den aktuellen Machtverhältnissen in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers gründet auf einer aktuellen Nachschau auf https://syria.liveuamap.com und https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html (zuletzt abgerufen am 24.03.2025).
2.2.2. Zur Verfolgung durch türkische Kräfte bzw. mit diesen verbündeten Gruppierungen:
Der Beschwerdeführer schilderte im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht plausibel und schlüssig, dass er im Fall einer Rückkehr befürchtet, aus ethnischen Gründen, nämlich aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden, verfolgt zu werden (VH, S. 6). So gab er an, dass die Gruppierungen, von denen er sich verfolgt fühlt, von der Türkei befohlen werden und die Kurden „auslöschen“ wollen. Weiters führte er nachvollziehbar aus, im Fall einer Rückkehr von Diskriminierungen betroffen zu sein (VH, S. 7). So berichtete er detailliert, dass in der Vergangenheit Enteignungen durch türkische Kräfte oder mit diesen verbündeten Gruppierungen erfolgten, die sein Eigentum oder das Eigentum seiner Familie bzw. Eltern betrafen (VH, S. 4). Auch schilderte er anschaulich, dass türkische Truppen seine Familie, als diese ihre Olivenplantage bewirtschaften wollte, inhaftierten und die Ernte beschlagnahmten (VH, S. 7).
Zwar gestand der Beschwerdeführer ein, dass seine Eltern aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters keine Verfolgungshandlungen seitens türkischer Kräfte oder mit diesen verbündeten Milizen zu befürchten hätten, jedoch ist für das erkennende Gericht vor dem Hintergrund der unter Punkt 1.3.1 und 1.3.2. wiedergegebenen Länderinformationen, wonach KurdInnen in von türkischen Kräften kontrollierten Gebieten zahlreichen Diskriminierungen ausgesetzt sind und es zu Vertreibungen, Plünderungen und Beschlagnahmungen kommt, nachvollziehbar, dass Kurden aus Afrin befürchten, dass die Türkei bestrebt ist, Kurden in dieser Region zu marginalisieren. Nachdem den Länderfeststellungen zufolge auch hunderte Vorfälle von Misshandlungen und Diskriminierungen durch von der Türkei unterstützte Gruppierungen an KurdInnen – darunter willkürliche Verhaftungen, Folter und Verschwindenlassen – dokumentiert sind sowie Plünderungen und Enteignungen in Afrin weit verbreitet sind, erweist sich die Rückkehrbefürchtung des Beschwerdeführers als nachvollziehbar und glaubwürdig. Dies insbesondere auch im Lichte der ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien „Lage von Kurd·innen in türkisch kontrollierten Gebieten (Einsatz von Gewalt, extralegalen Mitteln, Marginalisierung durch die Türkei bzw. mit der Türkei verbündeten Milizen; in welchen Gebieten/Regionen)“ vom 22.11.2024 (Beilage ./2 zur VH), wonach einige SNA-Fraktionen routinemäßig einen Teil der Olivenernte der Bauern konfiszieren (vgl. den Abschnitt „Beschlagnahmungen“), und die in Einklang mit den oben wiedergegeben Schilderungen des Beschwerdeführers steht, zumal es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Ereignissen in der Vergangenheit um ein Indiz für die in freier Beweiswürdigung durch das Gericht zu treffenden Sachverhaltsfeststellungen handelt (VwGH 13.12.2016, Ro 2016/20/0005).
Auch wenn der Beschwerdeführer im behördlichen Verfahren insbesondere andere Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates angeführt hat, so ändert dies nichts an der festgestellten und momentan vorherrschenden Bedrohungslage von KurdInnen im nahezu vollständig von türkischen Kräften und mit diesen verbündeten Gruppierungen beherrschten Distrikt Afrin. Vor dem Hintergrund der Länderinformationen ist daher für das erkennende Gericht nachvollziehbar, dass sich eine Person, die der kurdischen Volksgruppe angehört, fürchtet, in ein von der Türkei und mit diesen verbündeten Milizen kontrolliertes Gebiet zurückzukehren und dort einer besonderen Rechtlosigkeit ausgesetzt zu sein, da die Länderinformationen nur den Schluss zulassen, dass die Türkei und mit diesen verbündete Kräfte versuchen, KurdInnen in diesen Gebieten auch unter Einsatz von Gewalt und anderen extralegalen Mitteln zu vertreiben. Sohin war die Feststellung zu treffen, dass Menschen kurdischer Ethnie (in der Sprache der GFK: Rasse) im von den türkischen Streitkräften bzw. mit diesen verbündeten Gruppen besetzten Teil Nordwestsyriens mit gutem Grund befürchten müssen, dass sie in diesen Gebieten alleine auf Grund der Zugehörigkeit zur Ethnie (in der Sprache der GFK: Rasse) der Kurden und Kurdinnen von den dortigen Machthabern – konkret türkische Streitkräfte bzw. mit diesen verbündeten Gruppierungen – verfolgt werden, ohne dass der syrische Staat schutzwillig oder -fähig ist.
2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
2.3.1. Die Feststellungen zur Situation in Syrien vor dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel gründen auf dem bereits im Rahmen des behördlichen Verfahren vorliegenden „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Syrien“ (Version 11, veröffentlicht am 27.03.2024). Da diese Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln, und liegen gegenwärtig keine jüngeren Berichte anderslautenden Inhalts vor.
2.3.2. Die Feststellungen zur Situation in Syrien nach dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel gründen auf dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ins Verfahren eingeführten Konvolut an seit dem Machtwechsel veröffentlichten Länderinformationen (Beilage ./1 zur VH), insbesondere auf der bei den Feststellungen näher zitierten Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024. Die im Konvolut enthaltenen Berichte gründen auf verschiedenen anerkannten teilweise vor Ort agierenden staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes und schlüssiges Gesamtbild der Situation in Syrien ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Der Beschwerdeführer ist diesen Berichten auch nicht substantiiert entgegengetreten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu den für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Rechtsgrundlagen und der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur:
3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Flüchtling im Sinne der Bestimmung ist demnach, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
3.1.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH, 05.08.2015, Ra 2015/18/0024 und auch VwGH, 12.11.2014, Ra 2014/20/0069). Für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (vgl. VwGH, 26.02.1997, Zl. 95/01/0454), denn die Verfolgungsgefahr – Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung – bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH, 18.04.1996, Zl. 95/20/0239), sondern erfordert eine Prognose. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt.
3.1.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 27.06.1995, 94/20/0836; 23.07.1999, 99/20/0208; 21.09.2000, 99/20/0373; 26.02.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 12.09.2002, 99/20/0505; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen – würden sie von staatlichen Organen gesetzt – asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 m.w.N.).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht – unter dem Fehlen einer solchen ist nicht „zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht“ (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) –, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat „nicht gewillt oder nicht in der Lage“ sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256; VwGH 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191).Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 1991 setzt positiv getroffene Feststellungen von Seiten der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, Zl. 95/01/0627). Im Asylverfahren stellt das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, Zl. 92/01/0560). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25.03.1999, 98/20/0559).
3.1.4. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erscheint es nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird (vgl. VwGH 08.07.1993, Zl. 92/01/1000; VwGH 30.11.1992, Zl. 92/01/0832; VwGH 20.05.1992, Zl. 92/01/0407; VwGH 19.09.1990, Zl. 90/01/0133). Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat (hier Schläge, Ziehen an den Haaren, Begießen mit kaltem Wasser) spricht gegen seine Glaubwürdigkeit (VwGH 16.09.1992, Zl. 92/01/0181). Die gilt umso mehr für Widersprüche (vgl. zur Erstbefragung nach § 19 Abs. 1 AsylG 2005 auch VwGH 02.01.2017, Zl. Ra 2016/18/0323, Rz 8). Der Verfassungsgerichtshof leitete aus dem Umstand, dass gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 die Einvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach Antragstellung „insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden [dient] und sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen [hat]“, ab, dass an die dennoch bei der Erstbefragung erstatteten, in der Regel kurzen Angaben zu den Fluchtgründen im Rahmen der Beweiswürdigung keine hohen Ansprüche in Bezug auf Stringenz und Vollständigkeit zu stellen sind (vgl. VfGH 20.02.2014, Zl. U 1919/2013-15, 1921/2013-16, VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017, mit zusätzlichem Hinweis, „dass die später im Verwaltungsverfahren gemachte Aussage zur versuchten Vergewaltigung der Zweitrevisionswerberin nicht im Gegensatz zu den Angaben in der Erstbefragung steht“).
3.1.5. Die Bestimmung der Heimatregion des Asylwerbers ist Grundlage für die Prüfung, ob dem Asylwerber dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung droht und ob ihm – sollte dies der Fall sein – im Herkunftsstaat außerhalb der Heimatregion eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht (VwGH 09.03.2023, Ra 2022/19/0317). Zur Bestimmung der Heimatregion kommt in diesem Sinn der Frage maßgebliche Bedeutung zu, wie stark die Bindungen des Asylwerbers an ein bestimmtes Gebiet sind. Hat er vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsland nicht mehr in dem Gebiet gelebt, in dem er geboren wurde und aufgewachsen ist, ist der neue Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen, soweit der Asylwerber zu diesem Gebiet enge Bindungen entwickelt hat [vgl. EASO, Richterliche Analyse, Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes [2018], 83; vgl. idS auch VwGH 27.6.2016, Ra 2016/18/0055] (VwGH 06.03.2024, Ra 2024/01/0039).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in Fällen, in denen Asylwerber nicht auf Grund eines eigenen Entschlusses, sondern unter Zwang auf Grund einer Vertreibung ihren dauernden Aufenthaltsort innerhalb des Herkunftsstaates gewechselt hatten und an dem neuen Aufenthaltsort nicht Fuß fassen konnten (Zustand innerer Vertreibung), der ursprüngliche Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen (vgl. etwa VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0192, sowie VwGH 27.6.2016, Ra 2016/18/0055, mit Verweis auf VwGH 28.6.2005, 2002/01/0414).
Zur Beantwortung der Frage, wo sich die Heimatregion des Asylwerbers befindet, bedarf es einer Auseinandersetzung damit, welche Bindungen der Asylwerber zu den in Betracht kommenden Städten – etwa in Hinblick auf familiäre und sonstige soziale Kontakte und örtliche Kenntnisse – aufweist [vgl. VwGH 25.5.2020, Ra 2019/19/0192] (VwGH 09.03.2023, Ra 2022/19/0317).
3.2. Daraus folgt für den vorliegenden Fall:
3.2.1. Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für die Asylgewährung auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung ankommt. Es ist demnach für die Zuerkennung des Asylstatus zum einen nicht zwingend erforderlich, dass bereits in der Vergangenheit Verfolgung stattgefunden hat, zum anderen ist eine solche „Vorverfolgung“ für sich genommen auch nicht hinreichend. Entscheidend ist, ob die betroffene Person im Zeitpunkt der Entscheidung bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste. Relevant kann also nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Erlassung der Entscheidung vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der „Asylentscheidung“ immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. etwa VwGH 28.02.2024, Ra 2023/20/0619; mwN).
Vor dem Hintergrund der Berichtslage, wonach der syrische Präsident Baschar al-Assad nach seinem Sturz am 08.12.2024 aus Syrien geflüchtet ist und dessen Regime seither nicht mehr existiert, lässt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Beschwerdeschriftsatz (Zwangsrekrutierung durch das Assad-Regime, Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung im Fall der Weigerung, Reflexverfolgung aufgrund seiner Brüder, die den Wehrdienst bei der syrischen Armee verweigert hätten) keine Gefährdung des Beschwerdeführers im Fall einer (hypothetischen) Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ableiten. Jedoch war dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten aus folgendem Grund zuzuerkennen:
3.2.2. Der Beschwerdeführer verließ seinen Geburtsort Aleppo, in dem er auch die Schule besuchte, zwar nicht freiwillig, sondern aufgrund der dortigen volatilen Sicherheitslage, jedoch überwogen – wie beweiswürdigend ausgeführt – in einer Gesamtbetrachtung die Gründe für eine Qualifikation der Region Afrin als Herkunftsregion des Beschwerdeführers, da die Familie des Beschwerdeführers aus Afrin stammt und dort nach wie vor ein Haus und eine Olivenplantage besitzt; weiters lebte der Beschwerdeführer unmittelbar vor seiner Ausreise aus Syrien vier Jahre lang im Distrikt Afrin, ging dort einer Beschäftigung nach und betrachtet diese Region als seine Heimat. Darüber hinaus leben seine Eltern und sein jüngster Bruder in Afrin, wohingegen er in Aleppo keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte hat. In Zusammenschau der genannten Faktoren war daher unter Zugrundelegung der oben zitierten höchstgerichtlichen Judikatur (vgl. Punkt 3.1.5.) der Schluss zu ziehen, dass der Beschwerdeführer in Afrin Fuß gefasst hat und Afrin daher als seine Herkunftsregion zu qualifizieren.
Im Lichte der Feststellungen ist glaubhaft, dass sich eine Person, die der kurdischen Ethnie angehört, fürchtet, in ein in der Hand der Türkei und mit dieser verbündeten Milizen kontrolliertes Gebiet zurückzukehren, da die Feststellungen zur Lage in diesen Gebieten nur den Schluss zulassen, dass die Türkei und mit dieser verbündeten Milizen versuchen, die Kurden in diesen Gebieten unter Einsatz von Gewalt und anderen extralegalen Mitteln zu marginalisieren. Der Beschwerdeführer legte glaubhaft dar, dass er der Volksgruppe der Kurden angehört und ist – wie soeben ausgeführt – seine Herkunftsregion Afrin. Es liegt daher eine glaubhafte Verfolgungsangst aus Gründen der Zugehörigkeit zur – in der Sprache der GFK – „Rasse“ (Ethnie) der Kurden im von der Türkei und mit dieser verbündeten Milizen besetzten Distrikt Afrin vor.
3.2.3. Den Feststellungen zufolge befindet sich die Herkunftsregion des Beschwerdeführers außerhalb des Einflussgebiets der gegenwärtigen syrischen Regierung, weshalb der syrische Staat nicht in der Lage ist dem Beschwerdeführer dort Schutz zu bieten.
3.2.4. Eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht nicht; die Annahme ebendieser würde im Widerspruch zum aufgrund der derzeitigen Situation in Syrien bereits gewährten subsidiären Schutz stehen (vgl. etwa VwGH 23.11.2016, Ra 2016/18/0054, mwN).
3.2.5. Da auch keine Hinweise auf das Vorliegen von Ausschlussgründen (§ 6 AsylG) vorliegen, ist dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem betroffenen Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
3.2.6. Da der Beschwerde Folge zu geben war, war auf das weitere Vorbringen hinsichtlich einer drohenden Zwangsrekrutierung durch kurdische Milizen nicht einzugehen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts-hofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter Punkt 3.1. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.