Spruch
L501 2274568-2/4E IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von Herrn XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2024, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Mit Bescheid vom 11.05.2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge „BFA“ bzw. „belangte Behörde“) den ersten Antrag der beschwerdeführenden Partei (in der Folge „bP“) auf internationalen Schutz vom 11.06.2022 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihr den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).
Die gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis vom 19.10.2023, W284 2274568-1/9E, als unbegründet abgewiesen.
I.2. Am 12.03.2024 stellte die bP den hier gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welcher von der belangten Behörde mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 21.09.2024 sowohl hinsichtlich des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.
In ihrer mit Schreiben vom 28.10.2024 fristgerecht erhobenen Beschwerde gegen die Zurückweisung ihres Antrags hinsichtlich des Status der Asylberechtigten brachte die bP im Wesentlichen vor, dass sie in der Einvernahme angegeben habe, dass ihre alten Fluchtgründe aufrecht geblieben seien, sie jedoch aus Syrien ein neues Schreiben erhalten habe, aus dem hervorgehe, dass sie als Deserteurin von den syrischen Behörden gesucht werde, weshalb sie eine Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund einer ihr zumindest unterstellten oppositionellen Gesinnung, ihrer Desertion sowie ihrer Teilnahme an Demonstrationen befürchte; Beweis: Fotos von Demonstrationen in XXXX im Anhang. Es seien daher im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren neue Umstände hervorgekommen, die von der belangten Behörde inhaltlich bewertet hätten werden müssen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Die am 01.01.1991 im Gouvernement Dara’a geborene und aufgewachsene bP führt eigenen Angaben zufolge den im Kopf angeführten Namen, sie ist syrische Staatsangehörige arabischer Abstammung und bekennt sich zum sunnitischen Islam.
II.1.2. Die bP begründete ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 11.06.2022 mit einer Verfolgung durch das syrische Regime unter der Führung von Baschar al-Assad. Sie sei ihrer Wehrpflicht von Oktober 2010 bis Mai 2012 zunächst als Krankenpflegerin in Damaskus sowie in XXXX nachgekommen, habe sich jedoch letztlich zwei Monate lang einer Ausbildung an der Waffe unterziehen müssen, sodass sie desertiert und in ihre Herkunftsregion Dara’a zurückgekehrt sei. Aufgrund der politischen Spannungen sei es ab 2011 wiederholt zu regierungskritischen Demonstrationen in Syrien gekommen, darunter auch in ihrer Herkunftsregion; sie habe daran teilgenommen und medizinische Ersthilfe geleistet. 2016 bzw. 2017 sei sie durch den Schuss eines Scharfschützen in der Kopfregion schwer verletzt worden, durch Mitglieder der FSA in die Grenzregion zu Israel transportiert und in einem Krankenhaus in Israel behandelt worden. Sie sei in Israel behandelt worden, weil die Grenze nach Jordanien aufgrund von Problemen geschlossen und ihr Fall so schwerwiegend gewesen sei. Nach anteiliger Ausheilung der Verletzung sei sie mit Hilfe von Splittergruppen der FSA illegal über die Grenze wieder nach Daraa zurückgekehrt. Aufgrund ihrer politischen Einstellung in Verbindung mit der Desertion bzw. Wehrdienstverweigerung, der Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen im Zusammenhalt mit ihren Erste-Hilfe-Leistungen für Demonstranten, der gemeinsam mit der Opposition durchgeführten Rettungsaktionen, hauptsächlich aber weil sie aus „ XXXX stamme sowie der eigenen Krankenbehandlung in dem als Feindland geltenden Israel fürchte sie, in Syrien verhaftet, gefoltert und umgebracht zu werden.
Im Rahmen des aufgrund dieses ersten Antrags auf internationalen Schutz vom 11.06.2022 abgeführten Verfahrens wurde der bP mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.05.2023 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.), nicht jedoch der Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.). Die in der Folge gegen die negative Entscheidung der belangten Behörde erhobene Beschwerde wurde im Rechtsmittelweg vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 19.10.2023, W284 2274568-1/9E, rechtskräftig abgewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtete das in diesem ersten Verfahren auf internationalen Schutz erstattete Vorbringen der bP zur Bedrohungssituation in ihrer Heimatregion mit näherer Begründung als nicht glaubhaft. Sie stellte fest, dass die bP ihren Militärdienst noch vor Ausbruch des Bürgerkrieges im Bereich der Krankenpflege abgeleistet habe, sie nicht desertiert sei und das syrische Regime aufgrund der bei ihr vorliegenden diversen körperlichen Einschränkungen – wegen derer ihr kurz vor ihrer Ausreise aus Syrien von den Behörden noch ein Behindertenausweis ausgestellt worden sei - sowie des Überschreitens der vorgesehenen Altersgrenze und der nicht vorhandenen besonderen Fähigkeiten kein Interesse daran habe, sie als Reservistin einzuziehen. Die bP habe nicht an regimekritischen Demonstrationen teilgenommen, ihre Verletzungen seien nicht auf einen gezielten Angriff auf ihre Person zurückzuführen und dem vorgelegten Befund sei nichts zum Hergang der Verletzung zu entnehmen. Trotz ihres Aufenthalts zur Krankenbehandlung in Israel habe sie dort keinen Asylantrag gestellt, sondern sei nach Syrien zurückgekehrt. Es sei für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar, weshalb eine Person, die angibt, vom syrischen Regime aufgrund ihrer politischen Gesinnung bedroht zu werden, nicht die erste Schutzmöglichkeit die sich ihr bietet, wahrnimmt. Der bP werde weder wegen einer oppositionellen Gesinnung vom syrischen Regime verfolgt, noch werde ihr eine oppositionelle Gesinnung unterstellt. Ihr drohe zudem keine Verfolgung aufgrund ihrer Ausreise oder Asylantragstellung in Österreich.
II.1.3. Am 12.03.2024 stellte die bP ihren verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welchen sie erneut mit einer Verfolgung durch das syrische Regime unter der Führung von Baschar al-Assad begründete.
Im Gefolge der Erstbefragung führte sie aus „Meine alten Gründe bleiben nach wie vor aufrecht.“, sie habe aber vor etwa einem Monat Dokumente aus Syrien bekommen, die besagten, dass sie von den syrischen Behörden wegen Desertion gesucht werde. Im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde am 18.06.2024 und am 01.08.2024 legte sie diese Dokumente vor: Kopien von fremdsprachigen Befunden eines israelischen Krankenhauses aus dem Jahr 2017 sowie zwei fremdsprachige Schreiben vom 16.01.2024, gerichtet an das Amt für Migration und Reisepässe sowie das Kriminalamt in Dara’a samt Antworten, dies auch in deutscher Übersetzung.
Zum aktuellen Fluchtgrund befragt, erklärte die bP im Wesentlichen, sie habe versucht, einer von einem Scharfschützen getroffenen Person zu helfen, sei selber verletzt worden und von den in ihrer Region tätigen Gruppierungen mit einem Krankenwagen nach Israel transportiert worden. Die vorgelegten Befunde würden nun die für sie kostenlose Behandlung belegen. Wenn die syrischen Behörden dies mitbekämen, werde sie als Verräterin gesehen und strafrechtlich verfolgt werden. Israel gelte als Gegner des syrischen Regimes. Sie sei in Israel gewesen und schon deswegen drohe ihr in Syrien die Todesstrafe. Sie werde verfolgt, weil sie desertiert sei, Kampfhandlungen mit der Regierung verweigert sowie Syrien illegal verlassen habe. Im Falle einer Rückkehr werde sie gleich mitgenommen, weil sie laut den Dokumenten gesucht werde, ihr Name scheine in jeder Sicherheitsabteilung in Syrien auf.
Die belangte Behörde begründete den Bescheid zum verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz damit, dass die bP keinen neuen asylrelevanten und glaubhaften Sachverhalt vorgebracht habe. Dem bereits im Erstverfahren als nicht glaubhaft eingestuften Vorbringen der Desertion könne auch nicht durch die vorgelegten syrischen Dokumente begegnet werden, diese seien u.a. aufgrund zweifelhafter und nicht plausibler Inhalte als Fälschungen anzusehen. Die vorgelegten israelischen Befunde würden keine Asylrelevanz aufzeigen. Es sei nicht plausibel, dass der bP aufgrund eines Krankenhausaufenthalts in Israel die Todesstrafe drohe, bzw. sei es nicht wahrscheinlich, dass das syrische Regime von der Behandlung im Jahr 2017 erfahre, zumal die Weitergabe von Informationen durch ein israelisches Spital ausgeschlossen sei. Die bP habe überdies nach dem Krankenhausaufenthalt noch drei weitere Jahre in ihrer Herkunftsregion gelebt, ohne dass sie deswegen Probleme bekommen hätte. Schließlich verfüge die bP bereits über subsidiären Schutz, welcher zuletzt bis 15.05.2026 verlängert worden sei und lägen diesbezüglich keine neuen Tatsachen vor.
II.1.4. Mit ihrem zum zweiten Antrag auf internationalen Schutz erstatteten Vorbringen vermag die bP hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten keine Änderung in Bezug auf ihre individuelle Situation im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat seit der Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.10.2023, W284 2274568-1/9E, darzutun.
Sie begründete den zweiten Antrag erneut mit einer Verfolgung durch das syrische Regime unter der Führung von Baschar al-Assad
II.1.5. Anfang Dezember 2024 wurde die von Baschar Hafiz al-Assad als Staatspräsident geleitete syrische Regierung von oppositionellen Kräften unter Führung der "Hay’at Tahrir ash-Sham" (HTS) binnen weniger Tage gestürzt. Al-Assad verließ Syrien und wurde ihm in Russland Asyl gewährt. Die Staatsgewalt ging auf die neue syrische Regierung unter Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa über.
Es ist daher seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 19.10.2023 keine derartige Änderung der allgemeinen Lage in Syrien eingetreten, die bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände bewirken könnte, die seinerzeit den Grund für die negative Sachentscheidung gebildet haben.
II.2. Beweiswürdigung:
II.2.1. Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang sowie die Feststellungen unter Pkt. II.1. ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt der belangten Behörde sowie des Gerichtsakts unter Einbeziehung des Bezugsakts (Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts 19.10.2023, W284 2274568-1/9E). Die Feststellungen unter II.1.5. stellen „notorische“ Tatsachen dar, sie sind der diesbezüglich breiten medialen Berichterstattung entnommen. Der Sachverhalt steht sohin bereits aufgrund der Aktenlage in Zusammenschau mit den allgemein bekannten Ereignissen in Syrien außer Zweifel und ist das Bundesverwaltungsgericht in der Lage, sich ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Auf die Wiedergabe weiterführender länderkundlicher Feststellungen konnte verzichtet werden, zumal der in Syrien herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ohnehin bereits durch die weiterhin aufrechte Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten Rechnung getragen wurde. Der aufrechte Status des subsidiären Schutzes ergibt sich aus dem Bescheid des BFA vom 21.09.2024 in Zusammenschau mit der aktuellen Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister.
II.2.2. Zur Feststellung, wonach die bP mit ihrem Vorbringen zum zweiten Antrag auf internationalen Schutz keine maßgebliche Änderung in Bezug auf die sie betreffende individuelle Situation im Herkunftsstaat seit Erlassung des Bezugserkenntnisses vom 19.10.2023 aufzuzeigen vermag, ist wie folgt auszuführen:
Die bP bezog sich zur Begründung ihres gegenständlichen zweiten Antrages auf internationalen Schutz abermals auf ihr bereits im Erstverfahren getätigtes Vorbringen, sie werde im Herkunftsstaat durch das syrische Regime unter Baschar al-Assad aufgrund ihrer Desertion sowie ihrer Krankenbehandlung in einem israelischen Spital verfolgt. Ein neuer Sachverhalt wird damit zunächst einmal bezogen auf die individuelle Situation im Rückkehrfall jedenfalls nicht vorgebracht, zumal diese behauptete Verfolgung bereits im seinerzeitigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes abgehandelt worden ist.
Zur Stützung ihres Folgeantrags hinsichtlich der vorgebrachten Desertion (vgl. Verwaltungsakt AS. 9: „Vor ca. einem Monat habe ich Dokumente aus Syrien bekommen, die besagen, dass ich von den syrischen Behörden gesucht werde, da ich ein Deserteur bin“) berief sich die bP aber nunmehr auf offenbar neu entstandene Beweismittel, und zwar auf zwei vorgelegte fremdsprachige Schreiben samt Antworten.
In dem an das erste Schreiben angehefteten Papier bestätigt ein Brigadegeneral, Leiter des Amts für Migration und Reisepässe, am 18.01.2024, dass nach Überprüfung der Daten am Computer jeweils eine Anhaltung im Jahr 2015 (vom Leiter des Zweiges des Kriminalamtes) und am 01.08.2017 (ausgehend vom Zweig des Geheimdienstes XXXX ) sowie zwei Anzeigen erfolgt seien, die erste ausgehend von der Militärpolizei und undatiert, die zweite im Jahr 2023. In dem an das zweite Schreiben angehefteten Papier bzw. der Handschrift auf der Rückseite bestätigt ebenfalls ein Brigadegeneral, Leiter des Kriminalamts in XXXX , am 17.01.2024 zwei Mitteilungen aus dem Jahr 2012 bzw. vom 30.07.2017, laut dieser sei die gesuchte Person dem XXXX vorzuführen.
Das Gericht schließt sich hier den Ausführungen der belangten Behörde an, wonach diesen Elementen kein „glaubhafter Kern“ innewohne, sie vielmehr aufgrund des vagen und nicht schlüssigen Inhalts im Zusammenhalt mit der bereits im Vorfahren getätigten Würdigung des Vorbringens „Desertion“ als Fälschungen zu qualifizieren seien. Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass es sich zu einem u.a. nicht erschließt, warum syrische Behörden Anfragen betreffend einen Deserteur als so dringlich erachten sollten, dass sie diese bereits am nächsten Tag, überdies noch von einem derart ranghohen Beamten, beantworten und zum anderen Auskunft über vorliegende Anzeigen geben sollten, wobei die erste Anzeige noch nicht einmal datiert wird und die zweite nicht einmal einen Gegenstand benennt. Insbesondere hielt die belangte Behörde aber auch zutreffend fest, dass sich die bP bis zu ihrer Ausreise im August 2020 unbehelligt in ihrer unter der Kontrolle des syrischen Regimes gestandenen Herkunftsregion (entgegen dem Beschwerdevorbringen befand sich die Region ab August 2018 unter der Herrschaft des Regimes) aufhalten habe könne, obwohl sie lt. den vorgelegten Dokumenten schon längst im Visier des Kriminalamtes u.a. syrischer Behörden gewesen wäre.
Hinsichtlich der im Zuge des zweiten Antrags vorgelegten Befunde eines israelischen Spitals ist zu betonen, dass der in diesem Zusammenhang von der bP im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 16.08.2023 vorgebrachten Verfolgungsgefahr von der erkennenden Richterin bereits im Erstverfahren W284 2274568-1/9E - trotzdem sie eine solche Behandlung in Israel nicht in Abrede stellte - nicht gefolgt wurde. Insofern ist auch aus den nunmehr vorgelegten Befunden für die bP nichts zu gewinnen und der belangten Behörde beizupflichten, wenn sie diesbezüglich auf den unbehelligten Aufenthalt der bP nach der Rückkehr aus Israel in ihre unter der Kontrolle des syrischen Regimes stehenden Herkunftsregion verweist. Geteilt wird überdies die Ansicht der belangten Behörde, dass seitens des israelischen Krankenhauses keine Informationen an das ehemalige syrische Regime weitergegeben worden wäre, es sohin nicht maßgeblich wahrscheinlich sei, dass das syrische Regime von der Krankenbehandlung in Israel überhaupt Kenntnis erlangt hätte.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
II.3.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache ist von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Erst nach Erlassung der rechtskräftigen Erstentscheidung hervorkommende Umstände, die eine Unrichtigkeit dieser Entscheidung dartun, stellen keine Änderung des Sachverhalts dar, sondern können lediglich einen Grund zur Wiederaufnahme eines Verfahrens darstellen.
Dieser tragende Grundsatz soll nach der Rechtsprechung in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern; die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die entschiedene Sache, also durch die Identität der Rechtssache, über die bereits mit einer formell rechtskräftigen Entscheidung abgesprochen wurde, mit der nunmehr vorliegenden (etwa der in einem neuen Antrag intendierten) bestimmt.
Im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Relevanz zukommt (statt aller VwGH 03.07.2020, Ra 2020/14/0255).
In jenem Fall, in dem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den verfahrenseinleitenden Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob diese Zurückweisung zu Recht erfolgt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat diesfalls zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen früheren Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist. Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts hat - von allgemein bekannten Tatsachen abgesehen - im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen (VwGH 18.12.2019, Ro 2019/14/0006 mwN).
In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050).
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukommt; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen (VwGH 15.04.2020, Ra 2019/18/0234, mwN), an den eine positive Entscheidungsprognose im obigen Sinne anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrags mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers auseinander zu setzen. Könnten die behaupteten neuen Tatsachen zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubhaftigkeit (VwGH 31.08.2020, Ra 2020/18/0102 mwN). Nur wenn die Ermittlungen der Behörde ergeben, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 05.07.2023, Ra 2021/18/0270).
In seiner jüngsten Rechtsprechung nimmt der Verwaltungsgerichtshof auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 09.09.2021, C-18/20, Bezug und führt aus, dass ein Folgeantrag auf internationalen Schutz nicht allein deswegen wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werden darf, weil der nunmehr vorgebrachte Sachverhalt von der Rechtskraft einer früheren Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz erfasst sei, ohne dass eine Prüfung im Sinn des Art. 40 Abs. 2 und Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) vorgenommen worden wäre, ob „neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind, die erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist“ (VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006; darauf aufbauend VwGH 29.11.2021, Ra 2020/19/0412).
Eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache ist nur dann (weiterhin) statthaft, wenn bei der Prüfung hervorkommt, dass – allenfalls entgegen den Behauptungen eines Antragstellers – solche neuen Elemente oder Erkenntnisse nicht vorliegen oder vom Antragsteller gar nicht vorgebracht worden sind. Das gilt auch dann, wenn zwar neue Elemente oder Erkenntnisse vorliegen, die Änderungen aber lediglich Umstände betreffen, die von vornherein zu keiner anderen Entscheidung in Bezug auf die Frage der Zuerkennung eines Schutzstatus führen können. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat nämlich in diesen Konstellationen keine Änderung erfahren (VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006).
Können die neuen Elemente oder Erkenntnisse hingegen erheblich zur Wahrscheinlichkeit beitragen, dass dem Antragsteller internationaler Schutz zuzuerkennen ist, ist die Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Hinblick auf die im österreichischen Recht nicht korrekt erfolgte Umsetzung von Unionsrecht nicht statthaft. Dies gilt im Besonderen auch dann, wenn das Vorbringen schon in einem früheren Verfahren hätte erstattet werden können und den Antragsteller ein Verschulden daran trifft, den fraglichen Sachverhalt nicht schon im früheren Verfahren geltend gemacht zu haben (siehe zum Ganzen nochmals VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006, unter Bezugnahme auf EuGH 09.09.2021, C-18/20).
II.3.2. Zum gegenständlichen Verfahren
Die belangte Behörde hat den vorliegenden Folgeantrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Dabei handelt es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – wenngleich in einem rechtlichen Zusammenhang stehend – um rechtlich trennbare Aussprüche, die (unter bestimmten Voraussetzungen) unterschiedlichen rechtlichen Schicksalen unterliegen können (vgl. VwGH 5.8.2020, Ra 2020/20/0192, mwN).
Angefochten wurde gegenständlich – trotz der etwas missverständlichen Formulierung im Beschwerdeschriftsatz – lediglich die in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides erfolgte Zurückweisung des Antrags hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten.
Maßstab der Rechtskraftwirkung bildet im vorliegenden Fall das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.10.2023, W284 2274568-1/9E, mit dem der erste Antrag der bP auf internationalen Schutz im Instanzenzug abgewiesen wurde und das mit seiner Zustellung in Rechtskraft erwuchs.
Wie sich bei dem vorstehend im Rahmen der Beweiswürdigung angestellten Vergleich der Verfahrensinhalte des ersten sowie des gegenständlichen Verfahrens zeigt, stützt die bP den gegenständlichen Folgeantrag hinsichtlich der befürchteten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausdrücklich auf dieselben Umstände und somit das im Vorverfahren getätigte Vorbringen, über welches allerdings bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.10.2023, W284 2274568-1/9E, rechtskräftig abgesprochen wurde. Mit der Wiederholung des diesbezüglichen Vorbringens hat die bP somit keinen in Bezug auf die Frage der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten neuen oder geänderter Sachverhalt vorgebracht, sondern lediglich die Würdigung im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.10.2023 in Frage gestellt.
In Übereinstimmung mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl billigt das Bundesverwaltungsgericht – wie im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich dargestellt – auch den der belangten Behörde im Folgeverfahren seitens der bP vorgelegten Beweismitteln keinen glaubhaften Kern zu. Es sind hierdurch keine neuen Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten bzw. von der bP vorgebracht worden, die erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass die bP nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist (vgl. VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006).
Hinsichtlich der der verfahrensgegenständlichen Beschwerde beigelegten Bilder von Demonstrationsteilnahmen der bP in XXXX ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen hat (vgl. VwGH vom 03.07.2020, Ra 2020/14/0255, unter Hinweis auf VwGH 18.12.2019, Ro 2019/14/0006). Den beantragten Zeugeneinvernahmen war schließlich nicht näherzutreten, zumal nicht einmal im Ansatz dargelegt wurde, welche für den Verfahrensausgang relevanten Sachverhalte hierdurch erwiesen werden sollten.
VfGH im E vom 11.06.2015, E1286/2014:
„Die Wirkung der Rechtskraft eines Bescheides erstreckt sich jedoch nicht auf nach Erlassung des Bescheides geänderte Sachverhalte, es sei denn, dass sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Begehren nur dadurch unterscheidet, dass es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist (VwGH 19.11.1979, Z 16/79 und die dort zitierte Vorjudikatur). Es können daher nur solche Änderungen des Sachverhaltes zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulassen, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die negative Sachentscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten können (VwSlg. 7762 A/1970, s. auch VfSlg 12.514/1990, 19.269/2010).
Das Bundesverwaltungsgericht hätte daher zu prüfen gehabt, ob und inwieweit sich die Sach- und Rechtslage seit der Stellung des Folgeantrages am 3. Februar 2011 geändert hat. Im angefochtenen Erkenntnis hat es jedoch ausgesprochen, dass Prozessgegenstand die Rechtmäßigkeit der prozessualen Entscheidung des BAA sei, sodass die Frage, "ob res iudicata vorliege, nach dem Sachverhalt, der dem Bundesasylamt zum Zeitpunkt seiner Entscheidung (Februar 2011) vorgelegen habe, zu beurteilen [sei]". Allfällige "nachfolgende Lageänderungen" müssten dabei unberücksichtigt bleiben […]. Da das Bundesverwaltungsgericht somit jegliche Ermittlungstätigkeit in einem wesentlichen Punkt unterlassen hat, ist das angefochtene Erkenntnis mit Willkür belastet.“
Die seit dem verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz eingetretene Lageänderung in Syrien erweist sich vor dem Hintergrund des Vorbringens einer Verfolgung durch das syrische Regime unter der Führung von Baschar al-Assad sohin ebenso wenig als entscheidungserheblich wie angesichts des Regierungswechsels die vorgebrachte Demonstrationsteilnahme in XXXX , zumal sie eine andere Beurteilung der Umstände, die seinerzeit den Grund für die negative Sachentscheidung gebildet haben, jedenfalls ausschließen.
Es liegt sohin im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen Erstverfahren auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten keine wesentliche Änderung in den für die Entscheidung maßgeblichen Umständen vor und ist eine andere rechtliche Beurteilung des Folgeantrages von vornherein ausgeschlossen.
Entfall der mündlichen Verhandlung
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, kann gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben. Bei der Frage der Rechtsrichtigkeit einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache handelt es sich zudem grundsätzlich um eine reine Rechtsfrage, die keiner Erörterung bedarf.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend im Einzelnen zitierten Rechtsprechung ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.