Spruch
W102 2287525-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Werner ANDRÄ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten, vom 30.01.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Araber, stellte am 22.12.2022 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 23.12.2022 wurde er vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass in Syrien Bürgerkrieg herrsche und er den Militärdienst der syrischen Regierung sowie der kurdischen Miliz leisten müsse. Er wolle keine Waffen tragen. Bei einer Rückkehr fürchte er den Krieg.
Am 30.11.2023 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: „Bundesamt“, „belangte Behörde“) niederschriftlich einvernommen. Befragt zu seinen Fluchtgründen brachte er vor, dass er keine Waffen tragen und mit keinen Gruppierungen kämpfen wolle. Bei einer Rückkehr würde er verfolgt werden und von der Regierung ins Gefängnis gebracht werden.
2.Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes vom 30.01.2024 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt (Spruchpunkt II.). Es wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsdauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). Hinsichtlich Spruchpunkt I. führte die belangte Behörde aus, dass das syrische Regime im Herkunftsort des Beschwerdeführers nicht rekrutieren könne, weil dieser sich unter kurdischer Kontrolle befinde. Zudem könne sich der Beschwerdeführer vom Wehrdienst freikaufen. Hinsichtlich der Rekrutierungsmöglichkeiten der Kurden führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer mittlerweile zu alt für die „Selbstverteidigungspflicht“ sei.
3. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 30.01.2024, zugestellt am 01.02.2024, wurde am 23.02.2024 fristgerecht Beschwerde erhoben, in welcher im Wesentlichen dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit, die Verletzung von Verfahrensvorschriften, eine mangelhafte Beweiswürdigung sowie ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geltend gemacht wurden. Zurzeit werde der Herkunftsort XXXX des Beschwerdeführers von den Kurden kontrolliert (https://syria.liveuamap.com/). Das syrische Regime habe jedoch auch Zugriffsmöglichkeiten im Herkunftsort und sei seit Kriegsbeginn (und auch davor) im Herkunftsort des Beschwerdeführers stationiert (Beweismittel: drei Youtbe-Videos). Den verpflichtenden Wehrdienst bei der syrischen Armee habe der Beschwerdeführer nicht abgeleistet. Als junger wehrpflichtiger sowie wehrfähiger Mann drohe dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien Zwangsrekrutierung durch das syrische Militär. Der Beschwerdeführer habe eine ernsthafte tiefverwurzelte Überzeugung gegen den Krieg verinnerlicht. Er lehne es ab, sich jeglicher Streitkraft in Syrien anzuschließen und am Krieg teilzunehmen. Durch die Teilnahme am Krieg in Syrien wäre der Beschwerdeführer einer erheblichen Gefahr für sein Leben ausgesetzt und es sei davon auszugehen, dass er zur Beteiligung an schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder an anderen Handlungen, die der Satzung der Vereinten Nationen zuwiderlaufen, gezwungen wäre, da bekannt sei, dass alle Konfliktparteien im syrischen Bürgerkrieg derartige Handlungen bereits begangen hätten. Bei einer Weigerung den Militärdienst zu leisten, müsse der Beschwerdeführer mit einer Verfolgung aufgrund unterstellter oppositioneller Gesinnung und folglich mit unverhältnismäßig hohen Strafen rechnen. Der Beschwerdeführer fürchte zudem von der kurdischen Volksverteidigungseinheit zwangsrekrutiert zu werden. Weiters drohe dem Beschwerdeführer als Angehörigem von Personen, welche in Syrien als regierungsfeindlich wahrgenommen werden, asylrelevante Verfolgung, da ihm dadurch eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werde. Im Übrigen werde dem Beschwerdeführer aufgrund der Asylantragstellung im Ausland sowie der illegalen Ausreise mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt.
Am 01.03.2024 langte die Beschwerde samt Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Beschwerdeergänzung vom 15.03.2024 legte der Beschwerdeführer Fotos zu seiner Demonstrationsteilnahme gegen die syrische Regierung in Wien am 10.03.2024 vor.
Mit Ladung vom 20.03.2024 brachte das Bundesverwaltungsgericht folgende Länderberichte in das Verfahren ein:
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Syrien, Version 10, Stand 14.03.2024
Themenbericht der Staatendokumentation: Syrien – Grenzübergänge, Version 1, Stand 25.10.2023
ACCORD, Themendossier: Wehrdienst Syrien vom 16.01.2024 (2105521)
EUAA, Country Guidance: Syria von Februar 2023
UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Fassung von März 2021
EUAA COI Report: Syria – Security situation von Oktober 2023
EUAA COI Report: Syria – Country Focus von Oktober 2023
EUAA COI Report: Syria. Targeting of Individuals von September 2022
EUAA COI Report: Syria. Security situation von September 2022
EASO COI Report: Syria. Security situation von Juli 2021
EASO COI Report: Syrien. Lage der Rückkehrer aus dem Ausland von Juni 2021
EASO COI Report: Syria. Military service von April 2021
Liveuamap LLC: Syria Live Map
Karte: Exploring Historical Control in Syria
und gab dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde die Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Parteiengehör vom 03.04.2024 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht das aktualisierte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien, Gesamtaktualisierung vom 27.03.2024, an die Parteien zur allfälligen Stellungnahme.
Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes am 17.04.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, sein bevollmächtigter Rechtsvertreter und ein Dolmetscher für die Sprache Arabisch teilnahmen. Die belangte Behörde verzichtete mit Schreiben vom 21.03.2024 auf die Teilnahme.
Mit Parteiengehör vom 18.04.2024 brachte das Bundesverwaltungsgericht den aktualisierten Länderbericht EUAA Country Guidance: Syria von April 2024 in das Verfahren ein und gab den Parteien die Möglichkeit zur Stellungnahme. Bis Fristende langte keine Stellungnahme ein. Mit Schreiben vom 02.05.2024 nahm der Beschwerdeführer Stellung zu den aktualisierten Länderinformationen.
Mit Schreiben vom 28.11.2024 führte der Beschwerdeführer aus, dass sich sein Heimatdorf unter der Kontrolle der syrischen Regierung stehe und legte zum Beweis dafür ein Schreiben der Verwaltungsbehörde Qamishli vom 20.11.2024 vor.
Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:
Kopie syrisches Militärbuch
Kopie syrischer Personalausweis
Kopie Einberufungsbefehl vom Grenzübergang XXXX , 01.01.2020
Dienstvertrag
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, wurde am XXXX geboren, ist Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch.
Der Beschwerdeführer wurde im Ort XXXX (auch: XXXX ), östlich der Stadt Qamischli, Gouvernement al-Hasaka, geboren und lebte dort bis 2019. Er besuchte zwölf Jahre die Schule und studierte nach seinem Schulabschluss dreieinhalb Jahre an der Universität in al-Hasaka, Gouvernement al-Hasaka. Von 2019 bis 2020 lebte der Beschwerdeführer im Libanon und arbeitete als Chefkoch. Er wurde 2020 von der libanesischen Polizei abgeschoben und beim Grenzübertritt am Grenzübergang XXXX den syrischen Behörden übergeben. Von dort reiste er nach Damaskus und dann mit dem Flugzeug nach Qamischli und zurück in sein Heimatdorf, wo er bis 2022 lebte und in einer nahegelegenen Mühle arbeitete. Im Juli 2022 reiste er in die Türkei aus und spätestens im Dezember 2022 in Österreich ein.
Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. Die Eltern und Schwestern des Beschwerdeführers leben in seinem Herkunftsort in Syrien. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt in Wien, zwei weitere Brüder im Libanon und im Irak.
Der Beschwerdeführer ist gesund.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
1.2.1. Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers, das Dorf XXXX (auch: XXXX ), östlich der Stadt Qamischli, Gouvernement al-Hasaka, befindet sich aktuell unter Kontrolle der kurdisch geführten PYD (Partei der Demokratischen Union, umfasst auch ihren militärischen Ableger YPG (Volksverteidigungseinheiten, der wiederum die militärische Dachorganisation SDF (Syrian Democratic Forces - Syrische Demokratischen Kräfte) der selbsternannten Selbstverwaltungsregion (auch Autonomous Administration of North and East Syria – AANES) kontrolliert) (Stand: 06.12.2024).
1.2.2. Im Nordosten des Landes hat die von der kurdischen Partei PYD [Partiya Yekîtiya Demokrat, Partei der Demokratischen Union] dominierte „Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ [Autonomous Administration of North and East Syria, AANES] 2014 ein Wehrpflichtgesetz verabschiedet, welches vorsah, dass jede Familie einen „Freiwilligen“ im Alter zwischen 18 und 40 Jahren stellen muss, der für den Zeitraum von sechs Monaten bis zu einem Jahr in den YPG [Yekîneyên Parastina Gel, Volksverteidigungseinheiten] dient. Im Juni 2019 ratifizierte die AANES ein Gesetz zur „Selbstverteidigungspflicht“, das den verpflichtenden Militärdienst regelt, den Männer über 18 Jahren im Gebiet der AANES ableisten müssen. Am 04.09.2021 wurde das Dekret Nr. 3 erlassen, welches die Selbstverteidigungspflicht auf Männer beschränkt, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Gleichzeitig wurden die Jahrgänge 1990 bis 1997 von der Selbstverteidigungspflicht befreit. Aktuell beträgt die Dauer ein Jahr und im Allgemeinen werden die Männer nach einem Jahr aus dem Dienst entlassen. Die Sanktionen für die Wehrdienstverweigerung ähneln denen im von der Regierung kontrollierten Teil. Eine Möglichkeit zur Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen besteht nicht. Laut mehreren von ACCORD für eine Anfragebeantwortung interviewten Experten gibt es de facto keine Möglichkeit des syrischen Regimes, in den von den SDF kontrollierten Gebieten zu rekrutieren, obwohl es teilweise Patrouillen des syrischen Regimes in der AANES gibt. Lediglich in jenen Gebieten, die von den Regierungstruppen kontrolliert werden, können die Personen auch rekrutiert werden.
Die Einsätze der Rekruten im Rahmen der „Selbsverteidigungspflicht“ erfolgen normalerweise in Bereichen wie Nachschub oder Objektschutz (z.B. Bewachung von Gefängnissen). Eine Versetzung an die Front erfolgt fallweise auf eigenen Wunsch, ansonsten werden die Rekruten bei Konfliktbedarf an die Front verlegt, wie z. B. bei den Kämpfen gegen den IS 2016 und 2017 in Raqqa.
Die Aufrufe für die „Selbstverteidigungspflicht“ erfolgen jährlich durch die Medien, wo verkündet wird, welche Altersgruppe von Männern eingezogen wird. Es gibt keine individuellen Verständigungen an die Wehrpflichtigen an ihrem Wohnsitz. Die Wehrpflichtigen erhalten dann beim „Büro für Selbstverteidigungspflicht“ ein Buch, in welchem ihr Status bezüglich Ableistung des Wehrdiensts dokumentiert wird - z. B. die erfolgte Ableistung oder Ausnahme von der Ableistung. Es kommt zu Überprüfungen von möglichen Wehrpflichtigen an Checkpoints und auch zu Ausforschungen. Die Selbstverwaltung informiert einen sich dem Wehrdienst Entziehenden zweimal bezüglich der Einberufungspflicht durch ein Schreiben an seinen Wohnsitz, und wenn er sich nicht zur Ableistung einfindet, sucht ihn die „Militärpolizei“ unter seiner Adresse. Die meisten sich der „Wehrpflicht“ entziehenden Männer werden jedoch an Checkpoints ausfindig gemacht. Die Sanktionen für die Wehrdienstverweigerung ähneln denen im von der Regierung kontrollierten Teil. Laut verschiedener Menschenrechtsorganisationen wird das „Selbstverteidigungspflichtgesetz“ auch mit Gewalt durchgesetzt, während der DIS nur davon berichtet, dass Wehrpflichtige, welche versuchen, dem Militärdienst zu entgehen, laut Gesetz durch die Verlängerung der „Wehrpflicht“ um einen Monat bestraft würden – zwei Quellen zufolge auch in Verbindung mit vorhergehender Haft „für eine Zeitspanne“. Dabei soll es sich oft um ein bis zwei Wochen handeln, um einen Einsatzort für die Betreffenden zu finden. Nach dem Gesetz werde jede Person, die dem Dienst fernbleibe, verhaftet und mit einer Verlängerung des Dienstes um einen Monat bestraft. Die ÖB Damaskus erwähnt auch Haftstrafen zusätzlich zur [Anm.: nicht näher spezifizierten] Verlängerung des Wehrdiensts. Hingegen dürften die Autonomiebehörden eine Verweigerung nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung sehen. Einem von ACCORD befragten Syrienexperten zufolge hängen die Konsequenzen für die Wehrdienstverweigerung vom Profil des Wehrpflichtigen ab sowie von der Region, aus der er stammt.
Der Beschwerdeführer wurde in Syrien niemals von kurdischen Kräften konkret aufgefordert, einen Wehrdienst abzuleisten. Der Beschwerdeführer fällt mit seinen XXXX Jahren (Geburtsjahrgang XXXX ) gerade noch in das aktuelle Rekrutierungsalter der SDF. Der Beschwerdeführer möchte niemanden töten. Die SDF unterstellt jedoch nicht sämtlichen Personen, die sich der „Selbstverteidigungspflicht“ entziehen, eine oppositionelle politische Gesinnung. Es haben sich auch im Fall des Beschwerdeführers keine diesbezüglichen Anhaltspunkte ergeben. Insbesondere weist der Beschwerdeführer keine glaubhaft verinnerlichte politische Überzeugung gegen die SDF oder gegen den Dienst an der Waffe an sich auf. Er läuft auch nicht Gefahr, aufgrund dessen durch kurdische Milizen mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
1.2.3. In Syrien ist für männliche syrische Staatsbürger im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend. Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit. b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren. Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben. Das syrische Militärdienstgesetz erlaubt es syrischen Männern und registrierten Palästinensern aus Syrien im Militärdienstalter (18-42 Jahre) und mit Wohnsitz im Ausland, eine Gebühr („badal an-naqdi“) zu entrichten, um von der Wehrpflicht befreit und nicht wieder einberufen zu werden. Wehrdienstentzug wird gemäß dem Militärstrafgesetzbuch bestraft. In Art. 98-99 ist festgehalten, dass mit einer Haftstrafe von einem bis sechs Monaten in Friedenszeiten und bis zu fünf Jahren in Kriegszeiten bestraft wird, wer sich der Einberufung entzieht. Die Berichte der verschiedenen Quellen divergieren, bei einer allfälligen Rückkehr nach Syrien drohen dem Beschwerdeführer jedoch Haft, der sofortige Einzug in den Wehrdienst oder im schlimmsten Fall Folter bzw. der Tod.
Der XXXX jährige Beschwerdeführer erhielt bis zum 15.03.2019 aufgrund seines Studiums an der Universität in al-Hasaka, Gouvernement al-Hasaka, befristete Aufschübe des verpflichtenden Wehrdienstes für das syrische Regime. Beim Beschwerdeführer liegen keine Befreiungsgründe vor. Der Beschwerdeführer leistete seinen Wehrdienst beim syrischen Militär bislang nicht ab. Er erhielt im Zuge seiner Abschiebung aus dem Libanon am Grenzübergang den Befehl, sich innerhalb von 15 Tagen bei der Rekrutierungsstelle zu melden.
Der Beschwerdeführer wurde in Syrien vonseiten des syrischen Regimes niemals konkret aufgefordert, den Wehrdienst abzuleisten. Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers befindet sich unter Kontrolle der SDF, das syrische Regime hat keine Zugriffsmöglichkeiten auf Wehrpflichtige und kann keine Rekrutierungen durchführen. Dem Beschwerdeführer ist die Einreise in Syrien und eine Weiterreise in sein Herkunftsgebiet, ohne mit dem syrischen Regime in Kontakt zu treten, grundsätzlich über den Grenzübergang Faysh Khabour (Semalka) möglich. Zudem unterstellt das syrische Regime auch nicht jedem Wehrdienstverweigerer pauschal eine oppositionelle politische Gesinnung. Bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien besteht für den Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, zum Wehrdienst der syrischen Armee eingezogen zu werden.
1.2.4. Der Beschwerdeführer wird weder aufgrund seiner Zugehörigkeit zur arabischen Volksgruppe noch aufgrund seiner Religionszugehörigkeit (sunnitischer Islam) vonseiten der syrischen Regierung oder der PYD/SDF bedroht.
1.2.5. Dem Beschwerdeführer droht nicht aufgrund der Wehrdienstverweigerung seiner drei Brüder und seiner „Familienangehörigeneigenschaft“ Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die syrische Regierung oder die PYD/SDF.
1.2.6. Der Beschwerdeführer hat in Österreich im März 2024 an einer Demonstration gegen die syrische Regierung teilgenommen. Der Beschwerdeführer hat sich ansonsten aber weder in Syrien noch in Österreich jemals politisch betätigt und ist kein Mitglied einer politischen Gruppierung. Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner Demonstrationsteilnahme nicht in das Visier der syrischen Regierung geraten. Nach ihm wird auch nicht aus diesem Grund in Syrien gefahndet. Er ist nicht für seine oppositionelle Gesinnung bekannt. Dem Beschwerdeführer droht aufgrund der Teilnahme an einer Demonstration in Österreich keine Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die syrische Regierung.
1.2.7. Ihm droht bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien nicht wegen seiner illegalen Ausreise, der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in Österreich oder der Abstammung aus einem als oppositionell angesehenen Gebiet Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die syrische Regierung.
1.2.8. Auch sonst ist der Beschwerdeführer nicht der Gefahr ausgesetzt, aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers
Die Feststellungen zu Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf den plausiblen und gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers, sowie auf dem vorgelegten Dokument (Personalausweis, AS 69f). Die Feststellungen zu Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit, Herkunft, Muttersprache, Ausbildung sowie den Aufenthaltsorten seiner Familienangehörigen und seinem Familienstand beruhen ebenso auf den plausiblen Angaben des Beschwerdeführers (AS 1; AS 62ff; Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2024 (in Folge: OZ 6), S. 3ff).
Die Feststellung zum Gesundheitszustand basiert auf den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 6, S. 2f). Zudem erstattete er im Lauf des Verfahrens kein anderslautendes Vorbringen erstattet (AS 59).
Die Feststellung zur Unbescholtenheit beruht auf dem im Akt einliegenden aktuellen Auszug aus dem Strafregister vom 04.12.2024.
2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
2.2.1. Die Feststellungen zur Heimatregion des Beschwerdeführers stützen sich auf seine gleichbleibenden Angaben während des gesamten Verfahrens, wonach er im Ort XXXX (auch: XXXX ), östlich der Stadt Qamischli, Gouvernement al-Hasaka, geboren und aufgewachsen ist (Beschwerde, S. 2; OZ 6, S. 3).
Die Feststellung über die Gebietskontrolle in der Herkunftsregion beruht auf der in der Liveuamap dargestellten Gebietskontrolle (https://syria.liveuamap.com/, abgerufen am 04.12.2024) sowie dem Kartenauszug des Cartercenters (https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html, Stand: November 2024, abgerufen am 06.12.2024). Beiden ist zu entnehmen, dass der Herkunftsort des Beschwerdeführers sowie die umliegenden Dörfer im Entscheidungszeitpunkt unter alleiniger Kontrolle der Kurden steht und nicht – wie vom Beschwerdeführer dargelegt – unter Kontrolle der syrischen Regierung. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die syrische Regierung über mehrere kleine Gebiete im Selbstverwaltungsgebiet verfügt und es auch Orte im Selbstverwaltungsgebiet gibt, die sich unter gemischter Kontrolle von kurdischen Gruppierungen und der Regierung befinden. Diese sind auch beispielsweise der Karte des Cartercenters zu entnehmen. Der Heimatort des Beschwerdeführers gehört jedoch nicht zu diesen unter gemischter Kontrolle stehenden Orten (s. nachfolgenden Kartenauszug):
Folglich geht das Bundesverwaltungsgericht in weiterer Folge davon aus, dass die Heimatregion des Beschwerdeführers unter Kontrolle der kurdisch geführten PYD (Partei der Demokratischen Union, umfasst auch ihren militärischen Ableger YPG (Volksverteidigungseinheiten, der wiederum die militärische Dachorganisation SDF (Syrian Democratic Forces - Syrische Demokratischen Kräfte) der selbsternannten Selbstverwaltungsregion (auch Autonomous Administration of North and East Syria – AANES) kontrolliert) steht, weshalb die entsprechende Feststellung zu treffen war. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt jedoch nicht, dass es sich bei der Heimatregion des Beschwerdeführers, die nahe der Stadt Qamischli liegt, um ein Grenzgebiet handelt, auf das mehrere Gruppierungen Einfluss ausüben. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sein Herkunftsgebiet unter Kontrolle der syrischen Regierung stehe und den vorgelegten Beweismitteln, die diese Kontrolle belegen sollen (Beweismittelvorlage vom 28.11.2024, OZ 10: Schreiben der Verwaltungsbehörde Qamischli sowie Youtube-Videos von Nachrichtensendungen in arabischer Sprache, Links in der Beschwerde) kann vor dem Hintergrund der klaren historischen sowie aktuellen Datenlage aus den ins Verfahren eingebrachten Karten des Cartercenters und der Liveuamap nicht gefolgt werden. In der Beschwerde gab der Beschwerdeführer zudem selbst an, dass sein Herkunftsort zurzeit von den Kurden kontrolliert werde (S. 2 der Beschwerde).
Weiter ist anzumerken, dass laut aktuellen Medienberichten sowie einer Kurzinformation der Staatendokumentation zur Sicherheitslage in Syrien im Dezember 2024 die HTS Städte in Nordsyrien eingenommen hat. Die Heimatregion des Beschwerdeführers ist davon bislang nicht betroffen und befindet sich diese nach wie vor im AANES-Gebiet (zur notorischen medialen Berichterstattung über aktuelle Entwicklungen vgl. u.a. VfGH 05.10.2021, E2996/2021).
2.2.2. Die Länderfeststellungen betreffend die Wehrpflicht der syrischen Regierung basieren auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Kapitel Wehrdienstverweigerung / Desertion, Unterkapitel Gesetzliche Lage).
Der Beschwerdeführer fällt mit seinen XXXX Jahren grundsätzlich ins wehrdienstpflichtige Alter. Es bestehen auch keine Befreiungsgründe, da er gesund ist, drei Brüder hat, weder Student noch Staatsangestellter ist und auch sonst keine Befreiungsgründe im Laufe des Verfahrens hervorgekommen sind. Der ihm gewährte Wehrdienstaufschub bis 15.03.2019 ist bereits seit fünf Jahren abgelaufen (AS 60, OZ 6, S. 3f).
Der Beschwerdeführer stammt – wie festgestellt – aus dem Dorf XXXX (auch: XXXX ), östlich der Stadt Qamischli, Gouvernement al-Hasaka. Den Länderinformationen ist diesbezüglich zu entnehmen, dass nach dem Abkommen zwischen den Syrian Democratic Forces (SDF) und der syrischen Regierung Mitte Oktober 2019 die Stationierung von Truppen der syrischen Regierung in zuvor kurdisch kontrollierten Gebieten vorgesehen wurde. Danach wurde berichtet, dass syrische Kurden aus dem Gebiet in den Irak geflohen sind, weil sie Angst hatten, in die SAA eingezogen zu werden. Die Absolvierung des „Wehrdiensts“ gemäß der „Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien“ [Autonomous Administration of North and East Syria (AANES)] befreit nicht von der nationalen Wehrpflicht in Syrien. Die syrische Regierung verfügt über mehrere kleine Gebiete im Selbstverwaltungsgebiet. In Qamishli und al-Hassakah tragen diese die Bezeichnung „Sicherheitsquadrate“ (al-Morabat al-Amniya), wo sich verschiedene staatliche Behörden, darunter auch solche mit Zuständigkeit für die Rekrutierung befinden. Während die syrischen Behörden im Allgemeinen keine Rekrutierungen im Selbstverwaltungsgebiet durchführen können, gehen die Aussagen über das Rekrutierungsverhalten in den Regimeenklaven bzw. „Sicherheitsquadraten“ auseinander - auch bezüglich etwaiger Unterschiede zwischen dort wohnenden Wehrpflichtigen und Personen von außerhalb der Enklaven, welche die Enklaven betreten. Ein befragter Rechtsexperte der ÖB Damaskus berichtet, dass die syrische Regierung in den Gebieten unter Kontrolle der Selbstverwaltung dort rekrutieren kann, wo sie im „Sicherheitsquadrat“ im Zentrum der Gouvernements präsent ist, wie z. B. in Qamishli oder in Deir ez-Zor. Dies wird auch von SNHR bestätigt, die ebenfalls angeben, dass die Rekrutierung durch die syrischen Streitkräfte an deren Zugriffsmöglichkeiten gebunden ist. Ein befragter Militärexperte gab dagegen an, dass die syrische Regierung grundsätzlich Zugriff auf die Wehrpflichtigen in den Gebieten unter der Kontrolle der PYD [Partiya Yekîtiya Demokrat] hat, diese aber als illoyal ansieht und daher gar nicht versucht, sie zu rekrutieren. Männer im wehrpflichtigen Alter, die sich zwischen den Gebieten unter Kontrolle der SDF und der Regierungstruppen hin- und herbewegen, können von Rekrutierungsmaßnahmen auf beiden Seiten betroffen sein, da keine der beiden Seiten die Dokumente der anderen Seite [z.B. über einen abgeleisteten Wehrdienst, Aufschub der Wehrpflicht o. Ä.] anerkennt (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen, Unterkapitel Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst, Abschnitt Rekrutierung von Personen aus Gebieten außerhalb der Regierungskontrolle.)
Weiters ist den Länderinformationen zu entnehmen, dass es laut mehreren von ACCORD für eine Anfragebeantwortung interviewten Experten de facto keine Möglichkeit des syrischen Regimes gibt, in den von den SDF kontrollierten Gebieten zu rekrutieren, obwohl es teilweise Patrouillen des syrischen Regimes in der AANES gibt. Lediglich in jenen Gebieten, die von den Regierungstruppen kontrolliert werden, können die Personen auch rekrutiert werden. Auch die Kontrollpunkte der syrischen Armee haben nicht die Befugnis, Menschen in den Städten zu kontrollieren, sondern dienen der Abschreckung der Türkei. Dem widerspricht SNHR, das ebenfalls von ACCORD befragt wurde mit der Angabe, dass das syrische Regime an Checkpoints und Kontrollpunkten sehr wohl auf vom Regime gesuchte Wehrpflichtige zugreifen könnte und würde und diese in die von der Regierung kontrollierten Gebiete eskortieren würde (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen, Unterkapitel Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien, Abschnitt Rekrutierung für den nationalen syrischen Wehrdienst). Unter Gesamtwürdigung der Umstände lässt sich demnach aus den vorliegenden Länderberichten, keine generellen Rekrutierungs- und Zugriffsmöglichkeiten des syrischen Regimes in und um die Stadt Qamishli entnehmen. Ein Risiko besteht lediglich, wenn Wehrpflichtige in Checkpoints des syrischen Regimes geraten. Eine generelle Rekrutierungsmöglichkeit der syrischen Regierung wird aber gerade nicht belegt.
Zusammengefasst gehen die vorliegenden Länderberichte von keinen Zugriffsmöglichkeiten des syrischen Regimes auf wehrdienstpflichtige syrische Staatsbürger im Herkunftsort des Beschwerdeführers aus. Zudem konnte der Beschwerdeführer bis 2022 problemlos in seinem Herkunftsgebiet leben (AS 60f, OZ 6, S. 3f), obwohl er bereits XXXX die Volljährigkeit erreichte und sich auch nur ein Jahr im Libanon befand. Befragt, wieso er seit seiner Rückkehr aus dem Libanon 2020 nicht vom syrischen Militär eingezogen worden sei, obwohl laut seinem Vorbringen sein Herkunftsgebiet unter Kontrolle der syrischen Regierung gestanden habe und er einen Einberufungsbefehl bei seiner Rückkehr nach Syrien 2020 erhalten habe, gab der Beschwerdeführer an, dass er immer aufgepasst habe und Kontrollpunkte vermieden habe (AS 61). Weiters führte er aus, dass er von 2020 bis 2022 nahe seines Heimatortes in einer Mühle gearbeitet habe (AS 59f), weshalb auch das Vorbringen in der Beschwerde (S. 24), wonach der Beschwerdeführer zur Bewältigung seines Lebensunterhaltes darauf angewiesen sei, seinen Heimatort auch zu verlassen, nicht nachvollziehbar ist. Eine Zwangsrekrutierung seitens des syrischen Regimes ist somit nicht maßgeblich wahrscheinlich.
Vor dem Hintergrund der mangelnden Zugriffsmöglichkeiten der syrischen Regierung auf das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers ist daher auch eine Verfolgung des Beschwerdeführers durch die syrische Regierung wegen Einziehung zum Wehrdienst nicht als maßgeblich wahrscheinlich anzusehen.
Hinsichtlich einer hypothetischen Wiedereinreise des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat und in seine Herkunftsregion, ist anzumerken, dass sein Herkunftsgebiet grundsätzlich über einen der wenigen nicht von der syrischen Regierung kontrollierten Grenzübergänge über den Irak, Semalka – Faysh Kabur, erreichbar ist. Dieser Grenzübergang ist laut der öffentlich zugänglichen Information OCHA seit 05.06.2023 für den Personenverkehr wieder geöffnet (vgl. OCHA, Humanitarian Update Syrian Arab Republic, Ausgabe 13, vom 13.06.2023; vgl. auch Themenbericht der Staatendokumentation: Syrien – Grenzübergänge vom 25.10.2023, S. 53ff).
Den vorliegenden Länderinformationen ist zu entnehmen, dass das Gebiet von der irakischen Grenze – bis auf kleine Enklaven bei den Städten Qamishli und Al-Hassakah und einigen Dörfern südlich von Qamishli und einigen vereinzelten Posten entlang des türkischen Gebietes – im Wesentlichen bis zum Ost- und Nordufer des Euphrat durchgehend unter Kontrolle der kurdischen Kräfte ist. Das Gebiet von der türkischen Grenze bis zum westlichen Teil Syriens wird hauptsächlich von der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) kontrolliert, während der nördliche Teil Syriens zur türkischen Grenze von pro-türkischen Milizen wie der SNA (Syrian National Army) und FSA (Freie Syrische Armee) kontrolliert wird. Aus der „Anfragebeantwortung zu Syrien: Voraussetzungen für Einreise syrischer Staatsangehöriger in Gebiete unter Kontrolle der SDF/YPG in Nordostsyrien; Legale Einreise aus dem Irak bzw. der Türkei; Informationen zum Grenzübergang Semalka-Faysh Khabur; Kontrolle der Grenzübergänge zwischen Nordostsyrien und der Türkei/dem Irak“ vom 06.05.2022 – auf die im Länderinformationsblatt verwiesen wird – ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer beispielsweise der Rückweg über Erbil, Irak (Autonome Region Kurdistan) und von dort der Landweg zum Grenzübergang Semalka-Faysh Khabur nach Syrien offen steht. Die irakische Seite des erwähnten Grenzüberganges wird von der Demokratischen Partei Kurdistan und die syrische Seite von der PYD/SDF kontrolliert. Hierbei wird auch nicht verkannt, dass es immer wieder zu Einschränkungen und Sperren bei Grenzübergängen kommen kann, wovon laut herangezogener Berichte jedoch selbst der Flughafen Damaskus regelmäßig betroffen ist. Schließungen von Grenzübergängen sowie Risikofaktoren auf den Reiserouten sind im Wesentlichen der allgemeinen (Bürgerkriegs-) Situation geschuldet, wobei sich die Sicherheitslage laut herangezogener Länderberichte in ganz Syrien als volatil erweist. Hierzu ist zu ergänzen, dass laut Länderinformationen auch in den Landesteilen Syriens, in denen Kampfhandlungen mittlerweile abgenommen haben, und auch für vermeintlich friedlichere Landesteile Syriens sowie die Hauptstadt Damaskus weiterhin ein hohes Risiko besteht, Opfer von Gewalt und Übergriffen zu werden (vgl. Themenbericht der Staatendokumentation: Syrien - Grenzübergänge vom 25.10.2023, S. 3ff).
Insofern der Beschwerdeführer in seiner schriftlichen Beschwerde vorbringt, dass die Herkunftsregion sicher und legal erreichbar sein müsse (Beschwerde, S. 24f), ist anzumerken, dass es sich bei der Frage, ob eine aktuelle Verfolgungsgefahr vorliegt, um eine Entscheidung im Einzelfall handelt, die grundsätzlich – wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen vorgenommen wurde – nicht revisibel ist (vgl. VwGH 08.11.2023, Ra 2023/20/0520 sowie 11.12.2023, Ra 2023/14/0440). Hinsichtlich der Frage der Legalität ist auf die aktuellen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.02.2024, Ra 2024/18/0043, sowie vom 25.07.2024, Ra 2024/01/0152-10 hinzuweisen, nachdem es nicht auf die Legalität der Einreise ankommt (vgl. Rz 11 „Ergänzend ist dazu auszuführen, dass es aus asylrechtlicher Sicht nicht darauf ankommen kann, ob die Einreise in einen verfolgungssicheren Landesteil aus der Sicht des potentiellen Verfolgers (hier: des syrischen Regimes) legal stattfindet, sondern nur, ob die den Grenzübergang beherrschenden Autoritäten eine Einreise in das sichere Gebiet zulassen.“).
Der Beschwerdeführer konnte insgesamt nicht ausreichend konkret und nicht glaubhaft aufzeigen, dass eine solcherart – über den Grenzübergang Semalka – Faysh Kabur – hypothetische Einreise für diesen konkret generell nicht möglich oder auf ihn persönlich bezogen unmittelbar unzumutbar wäre. Dies ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Länderinformationen hinsichtlich einer im Einzelfall allenfalls nicht dauerhaften Öffnung einzelner Grenzübergänge anzunehmen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich der XXXX jährige Beschwerdeführer zwar im wehrdienstfähigen Alter für den Wehrdienst befindet, sich das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers aber, wie bereits mehrfach ausgeführt, nicht unter Kontrolle des syrischen Regimes befindet und auch die Einreise in sein Herkunftsgebiet etwa über den Grenzübergang Semalka – Faysh Kabur, welcher von Oppositionsgruppen kontrolliert wird, möglich ist und die syrische Regierung keine Zugriffsmöglichkeiten auf den Beschwerdeführer in seinem Herkunftsgebiet hat. Aufgrund dessen ist es nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsgebiet von der syrischen Regierung zum Wehrdienst zwangsrekrutiert wird.
Der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass dem Beschwerdeführer auch keine oppositionelle politische Gesinnung von der syrischen Regierung (zumindest) unterstellt werden würde:
Der Beschwerdeführer brachte in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vor, dass er keine Waffe tragen und mit keiner Gruppierung kämpfen wolle (AS 63). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht führte er weiter aus, dass er einberufen worden sei und von den Sicherheitsbehörden verfolgt werde. Er lehne es ab für jegliche Streitpartei eine Waffe zu tragen und für diese zu kämpfen. Das syrische Regime zwinge seine Streitkräfte Frauen und Kinder zu ermorden. Wenn er den Militärdienst angetreten hätte, wäre er auch ein Krimineller geworden (OZ 6, S. 5f). Abgesehen von der vorgebrachten Weigerung den Wehrdienst abzuleisten, brachte der Beschwerdeführer jedoch keine verinnerlichte politische (gegenüber dem syrischen Regime oppositionellen) Meinung vor und lässt sich diese auch nicht aus den pauschalen Sätzen des Beschwerdeführers ableiten. Das pauschale Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er zusammengefasst den Wehrdienst nicht ableisten wolle und keine Zivilisten töten wolle, erscheint als moralische Einstellung grundsätzlich nachvollziehbar, stellt jedoch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts keine tiefgreifend verinnerlichte politische Überzeugung gegen den Dienst an der Waffe an sich dar. Zudem unterstellt das syrische Regime auch nicht jedem Wehrdienstverweigerer pauschal eine oppositionelle Gesinnung (vgl. Themenbericht der Staatendokumentation: Syrien - Grenzübergänge vom 25.10.2023, S. 4f)., zumal sich der Beschwerdeführer niemals politisch betätigte (zur Teilnahme an einer Demonstration in Österreich vgl. Pkt. 2.2.6.).
2.2.3. Betreffend einer Zwangsrekrutierung seitens der PYD/SDF, ist vorerst anzumerken, dass die AANES (Autonomous Administration of North and East Syria) im Juni 2019 ein Gesetz zur „Selbstverteidigungspflicht“, das den verpflichtenden Militärdienst regelt, den über 18-jährige-Männer im Gebiet der AANES ableisten müssen, ratifizierte. Am 04.09.2021 wurde das Dekret Nr. 3 erlassen, welches die Selbstverteidigungspflicht auf Männer beschränkt, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Gleichzeitig wurden die Jahrgänge 1990 bis 1997 von der Selbstverteidigungspflicht befreit. Der Altersrahmen für den Einzug zum Wehrdienst ist nun in allen betreffenden Gebieten derselbe, während er zuvor je nach Gebiet variierte. So kam es in der Vergangenheit zu Verwirrung, wer wehrpflichtig war. Mit Stand September 2023 war das Dekret noch immer in Kraft. Artikel zwei des Gesetzes über die „Selbstverteidigungspflicht“ vom Juni 2019 sieht eine Dauer von zwölf Monaten vor. Aktuell beträgt die Dauer ein Jahr und im Allgemeinen werden die Männer nach einem Jahr aus dem Dienst entlassen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen, Unterkapitel Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien).
Der Beschwerdeführer wurde XXXX geboren und befindet sich mit seinen XXXX Jahren somit (gerade noch) im gesetzlich vorgesehenen „Wehrdienstalter“. Sein Herkunftsgebiet im Gouvernement al-Hasaka, befindet sich auch, wie bereits festgestellt, im AANES Gebiet und wird von der kurdisch geführten PYD/SDF kontrolliert.
Die Rekrutierungen erfolgen durch jährliche Aufrufe für die „Selbstverteidigungspflicht“ durch die Medien, wo verkündet wird, welche Altersgruppe von Männern eingezogen wird. Es gibt keine individuellen Verständigungen an die Wehrpflichtigen an ihrem Wohnsitz. Die Wehrpflichtigen erhalten beim „Büro für Selbstverteidigungspflicht“ ein Buch, in welchem ihr Status bezüglich Ableistung des Wehrdiensts, beispielsweise die erfolgte Ableistung oder Ausnahme von der Ableistung, dokumentiert wird. Es kommt jedoch zu Überprüfungen von möglichen Wehrpflichtigen an Checkpoints und auch zu Ausforschungen an der eigenen Wohnadresse (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen, Unterkapitel Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien, Abschnitt Rekrutierungspraxis).
Bezugnehmend auf eine Einberufung vonseiten der kurdischen Streitkräfte brachte der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde vor, dass er nie persönlich von den Kurden angesprochen worden sei, ihm die Regeln aber bekannt seien (AS 61). Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab er lediglich pauschal an, dass er bislang nicht im Kurdengebiet gewesen sei und im entsprechenden Alter für die Einziehung wäre (OZ 6, S. 7). Einen konkreten Rekrutierungsversuch brachte der Beschwerdeführer nicht vor, zumal er auch problemlos bis 2022 – obwohl er bereits XXXX die Volljährigkeit erreichte – in seinem Herkunftsgebiet wohnen konnte.
Abgesehen von allfälligen Rekrutierungsversuchen lässt sich den vorliegenden Länderberichten auch nicht entnehmen, dass die rekrutierten Syrer an Menschenrechtsverletzungen teilnehmen müssten. Die Einsätze der Rekruten im Rahmen der „Selbstverteidigungspflicht“ erfolgen normalerweise in Bereichen wie Nachschub oder Objektschutz (z.B. Bewachung von Gefängnissen). Eine Versetzung an die Front erfolgt fallweise auf eigenen Wunsch, ansonsten werden die Rekruten bei Konfliktbedarf an die Front verlegt, wie z. B. bei den Kämpfen gegen den IS 2016 und 2017 in Ar-Raqqa (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen, Unterkapitel Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien, Abschnitt Einsatzgebiet von Wehrpflichtigen).
Wenn der Beschwerdeführer diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 6, S. 7) vorbringt, dass die kurdischen Streitkräfte ihn fragen würden, weshalb er sich ihnen so lange nicht angeschlossen habe und von den Kurden des Verrats oder der Spionage bezichtigt werden würde, ist anzumerken, dass laut den ins Verfahren eingebrachten Länderinformationen, die Autonomiebehörden eine Verweigerung nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung sehen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen, Unterkapitel Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien, Abschnitt Wehrdienstverweigerung und Desertion).
Unter Zugrundelegung der Länderberichte (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen, Unterkapitel Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien, Abschnitt Wehrdienstverweigerung und Desertion) liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Wehrdienstverweigerern unverhältnismäßige Strafen drohen würden. Während laut verschiedenen Menschenrechtsorganisationen das Gesetz zur Wehrpflicht zwar auch mit Gewalt durchgesetzt wird, tritt anderen Quellen zu Folge im Falle einer Weigerung lediglich eine Verlängerung der Wehrpflicht – mitunter auch verbunden mit einer vorübergehenden Haft – ein. Gemäß anderen Quellen werde bei Wehrdienstverweigerung nicht einmal eine Geld- oder Haftstrafe verhängt. Laut den Auskünften von drei Bewohnern von Hassakah in der bereits genannten ACCORD Anfragebeantwortung, habe ihrer Erfahrung nach die Wehrdienstverweigerung keinen Einfluss auf die Behandlung des eingezogenen Wehrdienstverweigerers. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die menschenrechtliche Situation in den kurdisch kontrollierten Gebieten insgesamt erkennbar weniger gravierend darstellt, ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Verweigerung, den Wehrdienst abzuleisten, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gewalt oder im Falle einer Inhaftierung Folter oder sonstigen unmenschlichen Behandlungen ausgesetzt wäre.
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die kurdischen Autonomiebehörden laut den vorliegenden Länderinformationen die Verweigerung der Leistung ihres Wehrdienstes nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung ansehen (vgl. oben). Der Beschwerdeführer brachte ebenso im gesamten Verfahren keine politisch (verinnerlichte) kritische Einstellung gegen die Kurden vor.
Eine gegen die PYD/SDF und ihre Verbündeten gerichtete, verinnerlichte politische Gesinnung ist dem pauschalen und undetaillierten Vorbringen des Beschwerdeführers insgesamt nicht glaubhaft zu entnehmen.
Unter Betrachtung der Gesamtumstände besteht bei einer allfälligen Weigerung des Beschwerdeführers, der „Selbstverteidigungspflicht“ in seinem Herkunftsgebiet nachzukommen, mangels Konnex zu einem Konventionsgrund keine maßgebliche Bedrohung vonseiten der SDF (in diesem Zusammenhang wird auf die entsprechenden Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung unter Pkt. 3.4. verwiesen).
2.2.4. Hinsichtlich einer allfälligen Bedrohung aufgrund seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer hierzu in der mündlichen Verhandlung angab, dass die Kurden Araber anders behandeln würden (OZ 6, S. 7).
Aus den vorliegenden Länderberichten lässt sich keine systematische Bedrohung von Arabern oder sunnitischen Muslimen in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers entnehmen:
Im Länderinformationsblatt wird hinsichtlich der „Selbstverteidigungspflicht“ der Kurden diesbezüglich ausgeführt: Bei der Handhabung des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht gegenüber Arabern in der AANES gehen die Meinungen der Experten auseinander. Grundsätzlich gilt die Pflicht für Araber gleichermaßen, aber einem Experten zufolge könne die Behandlung je nach Region und Zugriffsmöglichkeit der SDF variieren und wäre aufgrund der starken Stammespositionen oft weniger harsch als gegenüber Kurden. Ein anderer Experte wiederum berichtet von Beleidigungen und Gewalt gegenüber arabischen Wehrdienstverweigerern (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen, Unterkapitel Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien, Abschnitt Wehrdienstverweigerung und Desertion).
UNHCR weist in seinen Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen unter Verweis auf einen Bericht der COAR aus 2019 auf Vorgänge hin, wonach es zu Hausdurchsuchungen bei arabischen Familien nach Dienstverweigerungen und überhaupt zu einer gegen die Selbstverwaltung gerichteten Einstellung in arabischen Bevölkerungsteilen kam (vgl. UNHCR, S. 146, FN 652). Doch werden Araber in den Selbstverteidigungskräften – bei Gesamtbetrachtung – nicht diskriminiert und liefern die Länderinformationen auch keinen sonstigen Anhaltspunkt dafür, dass mit zum arabischen Bevölkerungsteil gehörigen Wehrdienstverweigerern anders umgegangen würde.
Laut EUAA berichteten Araber, dass sie unter Kontrolle der SDF ausgegrenzt werden. In mehrheitlich arabischen Gebieten sind Proteste gegen die Kontrolle der SDF zu Themen wie schlechte Dienstleistungen und hohe Preise sowie Zwangsrekrutierung durch die SDF seit 2017 zum Alltag geworden. Während eine Quelle feststellte, dass „Proteste im Allgemeinen im gesamten Nordosten ohne Einmischung der lokalen Behörden stattfanden“, wurde auch berichtet, dass es mehrfach zu willkürlichen Verhaftungen von Protestierenden sowie zu Gewalt gegen zivile Proteste kam, was mehrfach zum Tod führte. In den verschiedensten mehrheitlich arabischen Gebieten, die von der SDF kontrolliert werden, wurden Hunderte von Menschen verhaftet und zwangsrekrutiert (vgl. EUAA Country Guidance Syria vom April 2024, S. 57 ff).
Dementsprechend ist aus der Tatsache, dass es vor allem seit dem Jahr 2017 – generell – zu Repressionen, Anhaltungen oder dem Verschwinden von Kritikern von der kurdischen Selbstverwaltung kritisch eingestellten Personen kam, wobei es sich in vielen Fällen um Araber handelte, allein noch nicht abzuleiten, dass sich dem Wehrdienst entziehende, der arabischen Volksgruppe angehörigen Personen grundsätzlich eine politisch oppositionelle Haltung unterstellt wird. Der Beschwerdeführer brachte auch im gesamten Verfahren kein einziges Mal vor, dass er sich jemals politisch geäußert oder etwa öffentlichkeitswirksam gegen die PYD/SDF/AANES demonstriert oder agiert habe.
Eine Bedrohung aufgrund seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit ist nicht mit der erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit gegeben.
2.2.5. Zur vorgebrachten Reflexverfolgung aufgrund seiner Familienzugehörigkeit zu seinen Brüdern führte der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Beschwerde (S. 15ff) aus, dass seine drei Brüder den verpflichtenden Wehrdienst bei der syrischen Armee nicht abgeleistet hätten und ihnen zusätzlich Verfolgung durch die Kurden drohe. Dem Beschwerdeführer drohe als ihrem Angehörigen asylrelevante Verfolgung als ihr Familienangehöriger, da ihm dadurch eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werde.
Die Informationslage bezüglich konkreter Fälle von Bestrafung von Wehrdienstverweigerern und Deserteuren und ihren Familienmitgliedern ist eingeschränkt, da das syrische Regime nur wenige Informationen bereitstellt. Es ergibt sich jedoch aus den vorliegenden Länderberichten keine eindeutige Bedrohung für den Beschwerdeführer. Die Quellen divergieren in ihren Berichten, einige schildern eine erhöhte Bedrohungsgefahr von Familienmitgliedern von Wehrdienstverweigerern, die aus einem ehemaligen oppositionellen Gebiet stammen, andere dokumentieren, dass Angehörige von Wehrdienstverweigerern keinen Bedrohungen von syrischen Behörden ausgesetzt werden. Gemäß Auswärtigem Amt legen einige Berichte nahe, dass Familienangehörige von Deserteuren und Wehrdienstverweigerern ebenfalls Verhören und Repressionen der Geheimdienste ausgesetzt sein könnten (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen, Unterkapitel Wehrdienstverweigerung / Desertion, Abschnitt Haltung des Regimes gegenüber Wehrdienstverweigerern).
Manche Quellen berichten, dass Wehrdienstverweigerung und Desertion für sich genommen momentan nicht zu Repressalien für die Familienmitglieder der Betroffenen führen. Hingegen berichten mehrere andere Quellen von Repressalien gegenüber Familienmitgliedern von Deserteuren und Wehrdienstverweigerern, wie Belästigung, Erpressung, Drohungen, Einvernahmen und Haft. Eine Quelle berichtete sogar von Folter. Betroffen sind vor allem Angehörige ersten Grades. Repressalien gegenüber Familienmitgliedern können insbesondere bei Familien von „high profile“-Deserteuren der Fall sein, also z. B. solche Deserteure, die Soldaten oder Offiziere getötet oder sich der bewaffneten Opposition angeschlossen haben. Weitere Einflussfaktoren sind der Rang des Deserteurs, Wohnort der Familie, der für dieses Gebiet zuständige Geheimdienst und zuständige Offizier sowie die Religionszugehörigkeit der Familie. Insbesondere die politische oder militärische Haltung gegenüber der Syrischen Regierung wirkt sich auf die Art der Behandlung der Familie des Deserteurs bzw. Wehrdienstverweigerer aus. Familien von Deserteuren sind dabei einem höheren Risiko ausgesetzt als jene von Wehrdienstverweigerern (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen, Unterkapitel Wehrdienstverweigerung / Desertion, Abschnitt Haltung des Regimes gegenüber Wehrdienstverweigerern).
Laut dem aktuellen Bericht des DIS (Danish Immigration Service) zum Militärdienst in Syrien vom Jänner 2024 – auf den auch im aktuellen Länderinformationsbericht verwiesen wird – berichten einige Quellen, dass die Wehrdienstverweigerung und Desertion an sich derzeit keine Auswirkung auf Familienangehörige hat. Es hängt von einer Reihe von Faktoren ab, ob die Familienmitglieder eines Wehrdienstentziehers oder Deserteurs aufgrund der Flucht oder Desertion ihres Familienmitglieds Folgen zu befürchten haben könnten: Einerseits hängt es vom Profil des Wehrdienstentziehers/Deserteurs ab. In Fällen, in denen der Wehrdienstentzieher oder Deserteur hochkarätig (politisch oder militärisch gegen die syrische Regierung) aktiv ist, wäre seine Familie gefährdet. Wenn die Umgehung des Militärdienstes als Zeichen dafür angesehen wird, dass die Person ein Gegner der syrischen Regierung ist, könnte die Familie aufgrund der Umgehung ihres Familienmitglieds Konsequenzen haben. Die politische Meinung eines Menschen hat ebenfalls Konsequenzen für seine Familienmitglieder, da die Behörden Familienmitglieder politischer Aktivisten bestrafen. Darüber hinaus besteht ein höheres Risiko, dass seine Familie belästigt oder erpresst wird oder dass seine Familienmitglieder an Kontrollpunkten verhaftet werden. Andererseits hängen die möglichen Folgen für Familienangehörige von Wehrdienstentziehern und Deserteuren von dem Gebiet ab, in dem die Familie lebt. Wenn zum Beispiel die Familie eines Wehrdienstentziehers aus einem Gebiet stammt, von dem bekannt ist, dass es sich um eine Opposition handelt, können sie erpresst, verhört oder verhaftet werden oder sie müssen möglicherweise Geld an lokale Milizen und den Sicherheitsapparat zahlen, um den Wehrdienstentzieher zur Rückkehr zu zwingen. Umgekehrt haben Familien von Wehrdienstentziehern aus loyalistischen Gemeinschaften wie Tartous und Damaskus meistens keine Konsequenzen (vgl. DIS Jänner 2024, S. 29, 30).
UNHCR weist in seinen Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen darauf hin, dass auch Familien von Wehrdienstentziehern in einigen Fällen bedroht und misshandelt wurden (vgl. UNHCR, S. 133, FN 593). Dabei bezieht sich UNHCR u.a. auf einen Bericht aus dem Jahr 2011, in dem ein Mann verhaftet und gefoltert wurde, weil sein Bruder sich dem Pflichtwehrdienst entzog. In einem Bericht vom April 2020 wurde weiters dokumentiert, dass Familienangehörige von Wehrdienstentziehern im Rahmen von Festnahmekampagnen geschlagen wurden.
EUAA führt in der Country Guidance Syria vom April 2024 aus, dass es Berichte gab, dass Familienangehörige von Wehrdienstverweigerern und Deserteuren mit Vergeltungsmaßnahmen, wie bspw. Druckausübung, Hausdurchsuchungen, Verhöre, Verhaftungen, der Regierung konfrontiert waren. Jüngste Quellen weisen jedoch darauf hin, dass Probleme im Zusammenhang mit dem Militärdienst derzeit nicht zu direkten Konsequenzen für Familienangehörige führen (vgl. EUAA Country Guidance Syria vom April 2024, S. 46).
Unter Zugrundelegung der vorliegenden Länderinformationen lässt sich allein aus dem Umstand, dass die drei Brüder des Beschwerdeführers Wehrdienstverweigerer sind, ohne Hinzutreten weiterer risikoerhöhender Faktoren, kein persönliches Bedrohungsrisiko für den Beschwerdeführer ableiten. Unter Zugrundelegung des Vorbringens des Beschwerdeführers ist es auch nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass ihm eine oppositionelle politische Gesinnung zumindest unterstellt werden würde. Auch UNHCR dokumentiert lediglich Einzelfälle, die teilweise am Anfang des Bürgerkrieges (somit vor ca. 13 Jahren) passiert sind. Zudem brachte der Beschwerdeführer weder in seiner polizeilichen Erstbefragung, in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht jemals eine konkrete Bedrohung aufgrund seiner Familienangehörigeneigenschaft vor. Wie oben bereits dargelegt, ist überdies auch nicht davon auszugehen, dass die syrische Regierung jedem Wehrdienstverweigerer bzw. -entzieher alleine aufgrund der Entziehung von der Ableistung des Wehrdienstes und ohne Hinzutreten weiterer individueller Umstände eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellen würde, im Umkehrschluss ist daher davon auszugehen, dass sie umso weniger jedem Familienangehörigen von Wehrdienstverweigerern/Deserteuren eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt. Dass die Brüder des Beschwerdeführers „high profile“ Wehrdienstverweigerer gewesen seien oder sich der bewaffneten Opposition angeschlossen hätten, brachte der Beschwerdeführer nicht vor.
Dem unsubstantiierten Vorbringen des Beschwerdeführers ist auch keine politische Aktivität seiner Verwandten zu entnehmen. Das aktuelle Länderinformationsblatt berichtet, dass für alle, die sich in der Vergangenheit (regime-)kritisch geäußert oder betätigt haben oder sich auf andere Weise das Missfallen des Regimes zugezogen haben, eine besondere Gefahr, Ziel staatlicher und von Willkür geprägter Repression zu werden, besteht. Dies kann nach Einschätzungen von Menschenrechtsorganisationen bereits dann der Fall sein, wenn Betroffene in familiärer Verbindung zu vermeintlichen Oppositionellen oder Regimefeinden stehen oder ihre regionale Herkunft (z. B. ehemalige Oppositionsgebiete) dies nahelegt. Laut dem Syrien Experten spielen nicht nur eigene Aktivitäten (im Sinne von öffentlichem politischen Aktivismus, aber auch privat in sozialen Medien) eine Rolle, sondern auch Aktivitäten von Verwandten und die geografische Herkunft der rückkehrenden Person. Es gibt auch Berichte, dass Familienmitglieder von Journalisten, die in Europa für oppositionelle Medien schreiben, inhaftiert und tagelang festgehalten und wahrscheinlich gefoltert wurden (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Rückkehr).
Aus den vorliegenden Länderinformationen ergibt sich eine besondere Gefahrenlage für Personen, die sich oppositionell-politisch betätigten bzw. noch immer betätigen. Eine in jedem Fall einer bloßen Wehrdienstverweigerung seiner beiden Brüder unter oppositionell-politischen Unterstellungen anzunehmende maßgebliche Bedrohung ist den Länderinformationen dagegen nicht zu entnehmen. Die Wehrdienstverweigerung wurde auch nie vom Beschwerdeführer konkretisiert. Eine derart exponierte Stellung der gesamten Familie und insbesondere des Beschwerdeführers, dass dieser konkret persönlich bedroht wird, konnte den Angaben des Beschwerdeführers nicht entnommen werden. Warum seine Familie weiterhin in Syrien leben kann, aber genau der Beschwerdeführer persönlich in das Visier des syrischen Regimes/der PYD/SDF geraten sollte, erschließt sich dem Bundesverwaltungsgericht nicht. Zudem ist abermals darauf hinzuweisen, dass die syrische Regierung im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers lediglich teilweise Präsenz zeigt (zB in Qamischli) und wenn überhaupt lediglich vereinzelt Zugriffsmöglichkeiten hat.
Aufgrund seines vagen und undetaillierten Vorbringens konnte der Beschwerdeführer keine persönliche Bedrohung beziehungsweise Gefährdung geltend machen. Der Beschwerdeführer wird nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit vom syrischen Regime oder der PYD/SDF/anderen kurdischen Gruppierungen bedroht. Ihm droht daher aus diesen Gründen im Fall einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet kein Eingriff in seine körperliche Integrität, weswegen die entsprechende Feststellung zu treffen war.
2.2.6. Der Beschwerdeführer brachte mit Beschwerdeergänzung vom 15.03.2024 (OZ 2) vor, dass er im April 2024 an einer regimekritischen Demonstration in Wien teilgenommen habe und somit seine oppositionelle Haltung zum syrischen Regime zum Ausdruck gebracht habe. Die Teilnahme an der Demonstration belegte er durch Vorlage von Fotos, auf dem man den Beschwerdeführer vor einer Menschenansammlung mit der Fahne der Syrischen Republik sieht (Beilage zu OZ 2). Weitergehendes Vorbringen, insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 17.04.2024, wurde nicht erstattet.
Aus den Länderfeststellungen (vgl. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Rückkehr, Unterkapitel Überwachungsmaßnahmen im Ausland und deren Folgen, Abschnitt Überwachung von SyrerInnen im Ausland) geht in diesem Zusammenhang hervor, dass die Gefährdung eines Rückkehrers im Falle politischer Aktivitäten im Exil von den Aktivitäten selbst, dem Profil der Person und vielen anderen Faktoren abhängt, wie dem Hintergrund der Familie und den der Regierung zur Verfügung stehenden Ressourcen.
Der Beschwerdeführer war bisher in keinen Gruppen oder Organisationen aktiv (vgl. Einvernahme vor der belangten Behörde). Auch die vorgelegten Fotos ändern in diesem Zusammenhang nichts daran, dass im vorliegenden Fall nicht davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer in das Blickfeld der syrischen Behörden geraten ist bzw. geraten wird. Das Bundesverwaltungsgericht geht nicht davon aus, dass der Beschwerdeführer bisher in Syrien politisch aktiv war oder aufgrund seiner Teilnahme an einer Demonstration in Österreich ins Blickfeld der syrischen Behörden geraten ist. Auch die Familie des Beschwerdeführers ist bisher nicht politisch aktiv gewesen. Da der Beschwerdeführer bisher nicht als politisch exponierte Person in Erscheinung getreten ist, ist allein wegen der Teilnahme an einer Demonstration in Österreich nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer von den syrischen Behörden ausgeforscht werden könne.
Dabei verkennt das Bundesverwaltungsgericht keineswegs, dass gemäß den eingebrachten Länderinformationen die syrische Regierung beispielsweise alle online getätigten Äußerungen unter schwere Strafe stellt, die verschiedene vage Straftatbestände wie z.B. die Untergrabung „des Ansehens des Staates“ oder „der nationalen Einheit“ betreffen und die syrische Regierung dazu ausgereifte Technologien und Hunderte von Computerspezialisten für Überwachungszwecke z. B. von E-Mails und Sozialen Medien einsetzt (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Allgemeine Menschenrechtslage, Abschnitt Regierungsgebiete). Allerdings wurde während des gesamten Verfahrens kein Vorbringen dahingehend erstattet, dass der Beschwerdeführer die vorgelegten Fotos im Internet veröffentlicht hat oder sonst seine Teilnahme verbreitet hat. Zudem ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer zu den vorgelegten Fotos bzw. seiner vorgebrachten politischen Tätigkeit während der mündlichen Verhandlung kein Vorbringen erstattete oder dies im Rahmen seiner freien Erzählung zu den Fluchtgründen oder Rückkehrbefürchtungen erwähnte (OZ 6, S. 5ff).
In einer Gesamtschau kommt daher das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer im Fall der (hypothetischen) Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund einer (unterstellten) oppositionellen Gesinnung durch syrische Regimekräfte droht.
Zudem steht das Herkunftsgebiet – wie oben ausgeführt – nicht unter Kontrolle der syrischen Regierung, weshalb diese auch bei Kenntniserlangung nicht auf den Beschwerdeführer zugreifen könnte.
2.2.7. In seiner Beschwerde (S. 2, S. 17ff) brachte der Beschwerdeführer weiters vor, er werde aufgrund der illegalen Ausreise und der Asylantragstellung im Ausland unter Zuschreibung einer oppositionellen Gesinnung seitens der syrischen Regierung verfolgt. In der Einvernahme vor der belangten Behörde oder in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht machte der Beschwerdeführer diesbezüglich keine weiteren Angaben.
Weder in der Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung konnte der Beschwerdeführer eine ihm aus diesen drohende Verfolgung durch Verweis auf entsprechende Länderberichte belegen. Den Länderberichten ist nicht zu entnehmen, dass Personen, sofern sie nicht politisch exponiert sind, allein aufgrund ihrer illegalen Ausreise oder Asylantragsstellung im Ausland Verfolgung durch die syrische Regierung zu befürchten hätten. Rückkehrern wird von der Regierung und Teilen der Bevölkerung zwar mit Misstrauen und Ablehnung begegnet, tatsächliche Repressalien richten sich aber insbesondere gegen jene, die als oppositionell oder regimekritisch bekannt sind (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Rückkehr, Unterkapitel Perspektiven des Staatsapparats bezüglich Emigration und Rückkehr, Abschnitt Wahrnehmung von RückkehrerInnnen ja nach Profil). Er entspricht auch sonst keinem Risikoprofil, das vermehrt oder mit höherer Wahrscheinlichkeit Repressalien seitens der Regierung ausgesetzt ist. Es ist daher nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass dem Beschwerdeführer allein aufgrund seiner Ausreise wegen einer (ihm unterstellten) politischen Gesinnung drohen. Ebenso wenig führt eine Asylantragstellung in Österreich zu Sanktionen, weil die Antragstellung den syrischen Behörden nicht bekannt ist, zumal es den österreichischen Behörden untersagt ist, diesbezüglich Daten an die syrischen Behörden weiterzuleiten. Schließlich ist auch in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers nicht unter Kontrolle der syrischen Regierung steht, sodass umso weniger davon auszugehen ist, dass diese ihre dort eingeschränkten Zugriffsmöglichkeiten gerade dafür verwenden würde, den nicht politisch exponierten Beschwerdeführer ausfindig zu machen und zu verfolgen. Dem Beschwerdeführer droht daher auch aus diesen Gründen im Fall einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet kein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die syrische Regierung.
2.2.8. Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Länderinformationen zur Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zitierten Unterlagen von angesehenen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren. Auch das European Union Agency for Asylum (EUAA) ist nach Art. 9 Abs. 1 Verordnung (EU) 2021/2303 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2021 über die Asylagentur der Europäischen Union und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 439/2010 ist verpflichtet, Informationen über einschlägige Drittstaaten transparent und unparteiisch sachdienliche, belastbare, objektive, präzise und aktuelle Informationen zu sammeln. Damit durchlaufen die länderkundlichen Informationen, die diese Einrichtungen zur Verfügung stellen, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat. Den UNHCR-Richtlinien ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken („Indizwirkung"), wobei diese Verpflichtung ihr Fundament auch im einschlägigen Unionsrecht findet (Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU [Verfahrensrichtlinie] und Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/95/EU [Statusrichtlinie]; VwGH 07.06.2019, Ra 2019/14/0114) und der Verwaltungsgerichtshof auch hinsichtlich der Einschätzung von EASO (nunmehr: EUAA) von einer besonderen Bedeutung ausgeht und eine Auseinandersetzung mit den „EASO-Richtlinien“ (EUAA Country Guidance) verlangt (VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0405).
Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich daher auf die angeführten Länderberichte, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail erfolgt ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr kann relevant sein, diese muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist den von UNHCR und EASO (nunmehr EUAA) herausgegebenen Richtlinien besondere Beachtung zu schenken („Indizwirkung“), was sich aus dem einschlägigen Unionsrecht ergibt (VwGH 11.02.2021, Ra 2021/20/0026).
3.2. Die Bestimmung der Heimatregion des Asylwerbers ist Grundlage für die Prüfung, ob dem Asylwerber dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung droht und ob ihm – sollte dies der Fall sein – im Herkunftsstaat außerhalb der Heimatregion eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht (vgl. etwa VwGH 25.08.2022, Ra 2021/19/0442). Der rezenten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 29.02.2024, Ra 2023/18/0370) ist zu entnehmen, dass nach der Rechtsprechung dieses in Fällen, in denen Asylwerber nicht aufgrund eines eigenen Entschlusses, sondern unter Zwang aufgrund einer Vertreibung ihren dauernden Aufenthaltsort innerhalb des Herkunftsstaates gewechselt hatten und an dem neuen Aufenthaltsort nicht Fuß fassen konnten (Zustand innerer Vertreibung), der ursprüngliche Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen ist (vgl. VwGH 30.04.2021, Ra 2021/19/0024, mit Hinweisen auf VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0192, sowie VwGH 27.06.2016, Ra 2016/18/0055). Zur Bestimmung der Heimatregion kommt der Frage maßgebliche Bedeutung zu, wie stark die Bindungen des Asylwerbers an ein bestimmtes Gebiet sind. Hat er vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsland nicht mehr in dem Gebiet gelebt, in dem er geboren wurde und aufgewachsen ist, ist der neue Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen, soweit der Asylwerber zu diesem Gebiet enge Bindungen entwickelt hat (vgl. wiederum VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0192, mit Hinweis auf VwGH 27.06.2016, Ra 2016/18/0055).
Wie festgestellt, wurde der Beschwerdeführer im Jahr XXXX im Dorf XXXX (auch: XXXX ), östlich der Stadt Qamischli, Gouvernement al-Hasaka, geboren und lebte dort bis 2019 und von 2020 bis zu seiner Ausreise 2022. Auch während seines Studiums an der Universität in al-Hasaka pendelte der Beschwerdeführer von seinem Heimatort aus. Er lebte daher bis auf ein Jahr, das er im Libanon verbrachte (2019-2020), durchgehend in seinem Geburtsort. Folglich war XXXX (auch: XXXX ), östlich der Stadt Qamischli, Gouvernement al-Hasaka, als Herkunftsort bzw. -gebiet des Beschwerdeführers festzustellen.
Hinsichtlich der aktuellen Kontrolle dieses Ortes durch die kurdisch geführte PYD/SDF wird auf die Beweiswürdigung (Pkt. 2.2.1.) verwiesen.
3.3. Wie festgestellt leistete der XXXX jährige Beschwerdeführer seinen verpflichtenden Wehrdienst beim syrischen Militär bislang nicht ab. Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers befindet sich unter Kontrolle der kurdisch geführten PYD/SDF (Syrian Democratic Forces - Syrische Demokratischen Kräfte der selbsternannten Selbstverwaltungsregion, auch Autonomous Administration of North and East Syria – AANES). Das syrische Regime hat im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers keine Zugriffsmöglichkeiten auf Wehrpflichtige. Auch unabhängig von konkreten Rekrutierungsversuchen besteht in seinem Fall nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, zum Wehrdienst der syrischen Armee eingezogen zu werden. Im Falle einer (theoretischen) Wiedereinreise nach Syrien wäre ihm dies über den syrisch-irakischen Grenzübergang Semalka-Faysh Khabur möglich, ohne dass das syrische Regime davon Kenntnis erlangen würde.
3.4. In Bezug auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Befürchtungen, im Falle einer Rückkehr seitens der kurdischen Streitkräfte rekrutiert zu werden, ist festzuhalten, dass der XXXX jährige Beschwerdeführer (Jahrgang XXXX ) zwar in das wehrdienstfähige Alter für die „Selbstverteidigungspflicht“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ fällt, dem Beschwerdeführer jedoch aufgrund seiner Weigerung zu Kämpfen keine unverhältnismäßigen Sanktionen drohen würden und er bei einer tatsächlichen Rekrutierung auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verlegung an die Front ausgesetzt oder zur Beteiligung an Kampfhandlungen bzw. an der Begehung von Menschenrechtsverletzungen verpflichtet wäre.
Bezugnehmend auf die Ausführungen in der Beschwerde (S. 13ff), wonach grundsätzlich eine starke Vermutung dafür bestehe, dass ein – nach den Gesetzen der Autonomieregion – Wehrpflichtiger, der den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigere - im Hinblick auf diese „Wehrpflicht“ als Person angesehen werde, die sich in Opposition zur Politik der Regierung der AANES befinde. Da es sich gegenständlich um einen quasi-staatlichen Akteur handle, der aus diesem Selbstverständnis heraus das Bestehen einer „Wehrpflicht“ als gerechtfertigt erachte, sei die vom EuGH in Bezug auf staatliche Wehrpflicht (C-238/19, Rz 59) aufgestellte Vermutungsregel betreffend die Verknüpfung zwischen Verfolgungshandlung und Konventionsgrund bei Verweigerung des Militärdienstes auf den vorliegenden Fall übertragbar. Diesbezüglich ist Folgendes anzumerken:
Das „Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien“ (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) ist ein de facto autonomes Gebiet im Nordosten von Syrien, das jedoch nicht anerkannt ist. Bereits aus diesem Grund liegt gegenständlich – mangels Militärdienstes eines souveränen Staates – im Hinblick auf die „Selbstverteidigungspflicht“ in der „Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ der Tatbestand einer Verfolgungshandlung gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. e der Status-Richtlinie nicht vor.
Eine drohende Zwangsrekrutierung stellt jedoch keine asylrelevante Verfolgung per se dar, sondern ist auf den Einzelfall abzustellen, dies bestätigt auch EUAA (vgl. EUAA Country Guidance: Syria vom April 2024 (ebenso bereits in der vorangegangenen Version vom Februar 2023), S. 48: „Auch wenn die Gefahr einer Zwangsrekrutierung als solche im Allgemeinen keinen Zusammenhang mit einem Verfolgungsgrund impliziert, könnten die Folgen einer Verweigerung je nach den individuellen Umständen einen solchen Zusammenhang unter anderem mit einer (unterstellten) politischen Meinung begründen.“ (freie Übersetzung aus dem Englischen)).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung von der – nicht asylrelevanten – Zwangsrekrutierung durch eine Bürgerkriegspartei jene Verfolgung unterschieden, die an die tatsächliche oder nur unterstellte politische Gesinnung anknüpft, die in der Weigerung, sich den Rekrutierenden anzuschließen, gesehen wird. Auf das Auswahlkriterium für die Zwangsrekrutierung selbst kommt es in einem solchen Fall nicht an. Entscheidend ist daher, mit welchen Reaktionen durch die genannten Milizen die Revisionswerberin auf Grund ihrer Weigerung, sich dem Willen der Rekrutierenden zu beugen, rechnen müsste und ob in ihrem Verhalten eine – sei es auch nur unterstellte – politische oder religiöse oppositionelle Gesinnung erblickt wird (VwGH 19.04.2016, Ra 2015/01/0079, Rz 15 mwN; auch VfGH 25.02.2019, E4032/2018, Pkt. 2.1., mwN; auch VwGH 11.10.2023, Ra 2023/18/0258).
Eine Verbindung zwischen der drohenden Rekrutierung zu einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 genannten Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention ist nicht zu erkennen:
Eine Verbindung zum Konventionsgrund der politischen Gesinnung ist bei gesamthafter Betrachtung der Reaktionen der de facto Behörden der kurdischen Selbstverwaltung nicht herzustellen. Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, sehen die kurdischen Autonomiebehörden die Verweigerung der Ableistung des Wehrdienstes nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung. Der Beschwerdeführer brachte auch keine politische Gesinnung im gesamten Verfahren vor. Auf eine relevante bzw. besonderes Maß der individuellen (inneren) politischen Überzeugung, also insbesondere gerichtet gegen die Selbstverteidigungspolitik der kurdischen Selbstverwaltung, ist daraus nicht zu schließen, zumal er auch während des gesamten Verfahrens keine politische Aktivität angab.
Aus den zur Verfügung stehenden Länderberichten sind auch keine Hinweise für, auf Konventionsgründen beruhende, unverhältnismäßige Bestrafungen im Zusammenhang mit der Verweigerung der „Selbstverteidigungspflicht“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ abzuleiten. Eine konkrete Verfolgungsgefahr wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung kann aufgrund dessen nicht abgeleitet werden.
Dem Beschwerdeführer ist es daher insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.
Abschließend ist bezugnehmend auf eine drohende Rekrutierung vonseiten der syrischen Regierung oder der PYD/SDF anzumerken, dass auch der Asylgrund der Zugehörigkeit zu einer „sozialen Gruppe“ („der Wehrdienstverweigerer“) im gegenständlichen Fall nicht vorliegt:
Zum Vorliegen einer sozialen Gruppe (iSd § 2 Abs. 1 Z 12 AsylG 2005 iVm Art. 10 Abs. 1 lit. d Statusrichtlinie) bedarf es nach der Rechtsprechung der Erfüllung zweier kumulativer Voraussetzungen: Zum einen müssen die Mitglieder der Gruppe „angeborene Merkmale“ oder einen „Hintergrund, der nicht verändert werden kann“, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, „die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten“. Zum anderen muss diese Gruppe in dem betreffenden Drittland eine deutlich abgegrenzte Identität haben, da sie von der als sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Eine soziale Gruppe kann nicht ausschließlich dadurch definiert werden, dass sie Zielscheibe von Verfolgung ist (vgl. etwa VwGH 28.05.2020, Ra 2019/18/0421, Rn. 12 und 15, m.w.N. und insbesondere Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH).
Der Militärpflicht unterliegen zwar sämtliche männliche syrische Staatsangehörige eines bestimmten Alters – bezugnehmend auf die „Selbstverteidigungspflicht“ der SDF/AANES mit Wohnsitz im kurdischen Autonomiegebiet –, für die keine Befreiungsgründe gelten, jedoch sind insbesondere die beiden letztgenannten Merkmale nicht solche, die angeboren sind, nicht verändert werden können oder im Zusammenhang mit einer Glaubensüberzeugung stehen. So würde die Zugehörigkeit zum wehrpflichtigen Personenkreis bereits durch die Verlegung des Wohnsitzes in einen nicht kurdisch kontrollierten Landesteil nicht mehr bestehen, ebenso stellt das Vorliegen von Befreiungsgründen (etwa gesundheitlicher Natur) einen Umstand dar, der sich jederzeit verändern kann. Insofern ist bereits die erste Voraussetzung für die Annahme einer „sozialen Gruppe“ nicht erfüllt.
Aus den vorliegenden Länderinformationen lässt sich nicht ableiten, dass die Personen, die sich dem Dienst verweigern, von der sie umgebenden Gesellschaft – also wohl insbesondere die Bewohner des von PYD/SDF kontrollierten Teils Syrien – als „andersartig“ betrachtet werden (vgl. im Gegensatz dazu etwa der Hinweis in Hembach/Thaler/Nedwed, Die „soziale Gruppe“ – ein „update“, Jahrbuch Asylrecht und Fremdenrecht 2021, S. 151 [169], auf das Urteil des EuGH vom 07.11.2013 in den Rechtssachen C-199/12 bis C-201/12, X,Y,Z, worin der Gerichtshof es für die Beurteilung der abgegrenzten Identität einer Gruppe ausreichen ließ, dass – auf diese Gruppe [dort: Homosexuelle] abzielende – Strafbestimmungen existieren).
Schließlich ist auch den bereits zitierten Leitlinien von EUAA und UNHCR nicht zu entnehmen, dass im vorliegenden Zusammenhang ein Verfolgungskonnex aufgrund der Zugehörigkeit zu einer „sozialen Gruppe“ als gegeben angenommen wird.
3.5. Der Beschwerdeführer läuft auch nicht Gefahr aufgrund seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit (sunnitischer Araber) verfolgt zu werden.
3.6. Wie bereits beweiswürdigend erläutert, ist eine Gefährdung des Beschwerdeführers und die Unterstellung einer oppositionellen politischen Gesinnung aufgrund der Wehrdienstverweigerung seiner drei Brüder nicht maßgeblich wahrscheinlich. Dem Beschwerdeführer droht demnach keine asylrelevante Verfolgung als Familienangehöriger.
3.7. Der Beschwerdeführer nahm an einer Demonstration in Wien teil, er war ansonsten jedoch nie Mitglied politischer Gruppierungen und äußerte sich auch sonst nicht politisch.
Bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien droht ihm daher aus diesen Gründen individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität.
3.8. Schließlich droht einer politisch nicht exponierten Person wie dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien auch nicht bloß wegen seiner illegalen Ausreise, der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in Österreich oder der Abstammung aus einem als oppositionell angesehenen Gebiet Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die syrische Regierung.
3.9. Es liegt beim Beschwerdeführer keine Verfolgungsgefahr aus einem Konventionsgrund vor.
3.10. Die Durchsicht der aktuellen Länderberichte zur Herkunftsregion des Beschwerdeführers erlaubt es auch nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen.
Im Ergebnis droht dem Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten oder sonstigen Gründen im Herkunftsstaat keine asylrelevante Verfolgung.
3.11. Die Beschwerde war daher betreffend Spruchpunkt I. und somit – da sie sich ausdrücklich nur gegen diesen richtete (Beschwerde, S. 1) – zur Gänze als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zum angefochtenen Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.