JudikaturJustiz7Ob134/17g

7Ob134/17g – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. September 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei T* S*, vertreten durch die Sachwalterin E* S*, diese vertreten durch Mag. Dr. Klaus Gimpl, Rechtsanwalt in Ybbs an der Donau, gegen den Gegner der gefährdeten Partei F* S*, vertreten durch Mag. Hannes Huber, Rechtsanwalt in Melk, wegen einstweiliger Verfügung gemäß § 382e EO, über den Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 19. April 2017, GZ 23 R 125/17f 9, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Melk vom 17. Februar 2017, GZ 15 C 38/16p 5, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Gegner der gefährdeten Partei ist schuldig, der gefährdeten Partei die mit 252,31 EUR (darin enthalten 42,05 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die gefährdete Partei (in Hinkunft Antragstellerin) und der Gegner der gefährdeten Partei (in Hinkunft Antragsgegner) sind verheiratet. Ihre gemeinsame Tochter ist die Sachwalterin der Antragstellerin.

Die Antragstellerin hat am 14. 4. 2014 eine Gehirnblutung erlitten. Seither leidet sie an einem schwerstgradigen organischen Psychosyndrom und ist motorisch, amnestisch und kognitiv stark und nachhaltig beeinträchtigt. Sie sitzt im Rollstuhl und benötigt bei allen Tätigkeiten fremde Hilfe. Der Genesungsprozess ist nicht abgeschlossen.

Nach der Gehirnblutung war die Antragstellerin vorerst nicht ansprechbar, konnte sich nicht äußern und auf ihre Umwelt reagieren. Zu diesem Zeitpunkt sprach der Antragsgegner sie in ihrer Gegenwart nur in der dritten Person an und bezeichnete sie als „de“ und „sie“. Manchmal redete er mit ihr in einem herabwürdigenden Umgangston. Weiters schubste er sie und legte ihr einmal eine kalte Coladose auf den Arm, nur „um zu sehen, ob sie reagiert“.

Im Haus des Sohnes, in dem die Parteien für einen definierten Bereich ein Wohnrecht haben, wurde ein Pflegezimmer für die Antragstellerin und ein Zimmer für die 24 Stunden Pflegerin eingerichtet. Im Zimmer der Antragstellerin wurde ein Babyfon aufgestellt, damit die Pflegerin im Notfall rasch einschreiten kann. Der Antragsgegner drehte dieses ab, wenn er das Pflegezimmer betrat, um mit der Antragstellerin zu sprechen. Nach diesen Gesprächen war die Antragstellerin verstört und zog sich innerlich zurück. Manchmal beschimpfte er im Beisein der Antragstellerin die gemeinsamen Kinder und bezeichnete beispielsweise einen Sohn als „Krüppel“. Der Antragsgegner weiß, dass für die Antragstellerin ihre Kinder ihr „Ein und Alles“ sind. Der Antragsgegner wurde von den gemeinsamen Kindern auch schon aufgefordert, dieses Verhalten in Bezug auf die Antragstellerin zu unterlassen, was aber nicht geschah. Vielmehr meinte er einmal vor der Antragstellerin „der Krüppel kommt weg!“ (gemeint war der Sohn), und dass er ihn erschießen werde. Er vermittelte der Antragstellerin, ihr Sohn sei gestorben. Sie war darauf zutiefst verstört und es dauerte Tage, sie wieder davon zu überzeugen, dass dies nicht den Tatsachen entsprach.

Für die Antragstellerin wurde daraufhin ein neues Pflegezimmer eingerichtet, das sich in einem anderen, vom Wohnrecht nicht umfassten, Bereich des Hauses befindet, um dem Antragsgegner das Zusammentreffen mit der Antragstellerin verwehren zu können. Dieses Vorgehen wurde auch von der Therapeutin angeraten. Nach einigen Tagen begann sich der Zustand der Antragstellerin stetig zu verbessern. Nun fing der Antragsgegner die Antragstellerin beim Verlassen ihres Zimmers ab. Er redete auf sie ein und beschimpfte wieder die gemeinsamen Kinder, was zu gesundheitlichen Rückschlägen bei ihr führte.

Die Antragstellerin fürchtet sich massiv vor dem Antragsgegner. So wurde sie nach einem Spaziergang mit der Pflegerin vom Antragsgegner abgepasst. Er sprach in einer Weise mit ihr, dass sie sich aus Angst für zwei Stunden nicht traute, in ihr Zimmer zurückzugehen. Sie blieb im Hof der Liegenschaft bis ihre Tochter sie dort fand und sie beruhigen konnte.

Der Antragsgegner war mit der Verlegung des Pflegezimmers und der damit einhergehenden räumlichen Trennung von der Antragstellerin nicht einverstanden und wandte sich im Frühjahr 2016 an das Gericht. Aus dem im Rahmen des Sachwalterschaftsverfahrens eingeholten Gutachten folgt, dass die Antragstellerin sich vom Antragsgegner erniedrigt und bedroht fühlt und sich vor ihm ängstigt. Sie steht der schwierigen Situation mit dem Antragsgegner ängstlich und depressiv gegenüber. Durch die Erkrankung fehlen ihr die nötigen psychischen Fähigkeiten, um die verbalen Angriffe des Antragsgegners abzuwehren. Das Gutachten enthält die Empfehlung, dem Antragsgegner keinen Zutritt zum Bereich der Antragstellerin zu gewähren und Kontakte zwischen ihnen nur im Beisein einer Vertrauensperson der Antragstellerin zu ermöglichen.

Von der Sachwalterin wurde ein Gespräch mit der Antragstellerin aufgezeichnet, aus dem hervorgeht, dass diese sich vor dem Antragsgegner ängstigt und froh ist, dass er nicht mehr in das neue Pflegezimmer kommen kann.

Die Antragstellerin , vertreten durch ihre Sachwalterin, beantragt die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382e EO mit dem Inhalt, dem Antragsgegner aufzutragen, das Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme mit ihr zu vermeiden.

Der Antragsgegner begehrt die Abweisung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es sprach aus, dass die einstweilige Verfügung für die Dauer von einem Jahr gelte.

Die Antragstellerin befinde sich immer noch in der Genesungsphase und sei aufgrund der massiven Beeinträchtigungen nicht fähig, sich gegen ein „Auf-Sie- Einreden“ des Antragsgegners zur Wehr zu setzen. Ebenso wenig sei es ihr möglich, ein Zusammentreffen mit dem Antragsgegner selbständig zu beenden oder zu vermeiden. Der Antragsgegner habe durch sein Verhalten die Antragstellerin in ihrer psychischen Gesundheit beeinträchtigt. Sein Verhalten sei aufgrund der gesundheitlichen Belastung für die Antragstellerin als „Psychoterror“ zu bewerten und bewirke für sie die Unzumutbarkeit des weiteren Zusammentreffens.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss.

Die Tochter der Antragstellerin sei als Sachwalterin für alle Angelegenheiten bestellt worden, womit sie berechtigt sei, bei Gericht Anträge zu stellen. Ebenso umfasst sei die Personensorge, also die Aufgabe, das Wohl der betroffenen Person in jeder, insbesondere auch in psychischer Hinsicht zu wahren und zu schützen. Der Antrag bedürfe auch keiner sachwalterschaftsgerichtlichen Genehmigung, würde die Einholung einer solchen doch durch die dadurch bedingte Verfahrensverzögerung dem Gebot der besonders dringlichen Behandlung von Sicherungsanträgen widersprechen. Die verfahrensrechtliche Befugnis der Sachwalterin, den gegenständlichen Antrag bei Gericht einzubringen, liege daher jedenfalls vor.

In Situationen, in denen Gesundheit, Leben und Wohl der besachwalteten Person bedroht würden, könne ausnahmsweise auch eine höchstpersönliche Entscheidung im materiellen Sinn substituiert werden. Bringe daher der Sachwalter als gesetzlicher Vertreter gleichzeitig mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vor, die Aufrechterhaltung der Kontakte zwischen Antragstellerin und dem Ehemann würde ihre psychische Gesundheit langfristig gefährden, lägen Umstände vor, die dem Sachwalter auch materiell-rechtlich die Befugnis geben, den zum Wohle der Antragstellerin erforderlichen Antrag bei Gericht einzubringen.

Das fortgesetzte Verhalten des Antragsgegners beeinträchtige die Antragstellerin sowohl in ihrem psychischen Zustand als auch in ihrem Gesundheitszustand massiv, sodass ein Kontaktaufnahmeverbot zu erlassen gewesen sei.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Frage, ob das grundsätzlich höchstpersönliche Recht auf ein Kontaktverbot, vom Sachwalter zur Wahrung der psychischen Gesundheit der betroffenen Person wahrgenommen werden könne, bislang vom Obersten Gerichtshof nicht beantwortet worden sei.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragstellerin begehrt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen; hilfsweise ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

1. Voranzustellen ist, dass auch im Provisorialverfahren angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Rekursgericht – wie hier das Unterbleiben der Einvernahme der Antragstellerin – verneint wurden, im Revisionsrekursverfahren nicht mehr geltend gemacht werden können (6 Ob 2/17p, 7 Ob 54/11h mwN).

Weiters vermisst der Antragsgegner die Beobachtung der Interaktion zwischen ihm und der Antragstellerin sowie die Beiziehung eines Sachverständigen.

Abgesehen davon, dass dies im erstgerichtlichen Verfahren nicht beantragt worden ist, betrifft die Frage, ob die Vorinstanzen verpflichtet gewesen wären, weitere Bescheinigungsmittel aufzunehmen – unabhängig von der Frage der Paratheit derselben – die vom Obersten Gerichtshof nicht mehr bekämpfbare Beweiswürdigung (RIS Justiz RS0002192 [T25]).

2.1.1 Gemäß § 275 Abs 2 ABGB hat der Sachwalter in wichtigen, die Person des Pflegebefohlenen betreffenden Angelegenheiten die Genehmigung des Gerichts einzuholen. Ohne Genehmigung getroffene Maßnahmen oder Vertretungshandlungen sind unzulässig und unwirksam, sofern nicht Gefahr in Verzug vorliegt.

Eine Angelegenheit ist „wichtig“, wenn sie das materielle oder ideelle Wohl des Pflegebefohlenen in überdurchschnittlichem Ausmaß betrifft, wenn also ihre Unterlassung oder fehlerhafte Besorgung das Wohl des Pflegebefohlenen auf Dauer ernstlich gefährden könnte (9 Ob 68/11g mwN).

Ein Antrag, dem Ehemann die Kontaktaufnahme zur Betroffenen zu verbieten, stellt eine wichtige Angelegenheit dar. Der letzte Halbsatz des § 275 Abs 2 ABGB nimmt aber den Fall der Gefahr in Verzug von der Anordnung der Unzulässigkeit und Unwirksamkeit ohne Genehmigung getroffener Maßnahmen aus. In Dringlichkeits- oder Notfallsituationen, bei denen die Einholung der gerichtlichen Genehmigung zu spät käme, ist eine solche nicht gefordert ( Stabentheiner in Rummel/Lukas ABGB 4 § 275 Rz 5).

2.1.2 Nach § 382e Abs 1 EO hat das Gericht einer Person, die einer anderen Person durch einen körperlichen Angriff, eine Drohung mit einem solchen oder ein die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten das weitere Zusammentreffen unzumutbar macht, auf Antrag – soweit dem nicht schwerwiegende Interessen des Antragsgegners zuwiderlaufen – den Aufenthalt an bestimmten Orten zu verbieten (Z 1) und aufzutragen, das Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme mit dem Antragsteller zu vermeiden (Z 2).

Zweck des Provisorialverfahrens ist es an sich, möglichst rasch Rechtssicherheit zu gewähren. Dies gilt umso mehr für ein Verfahren auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382e EO, die den Zweck hat, das Recht einer Person zu schützen, an Orten, an denen sie sich regelmäßig aufhält, nicht einem gewalttätigen oder psychisch erheblich belastenden Verhalten einer anderen Person ausgesetzt zu sein. Das Gesetz soll demnach Gewaltopfer vor Eingriffen in ihre physische und psychische Integrität schützen. Eine wichtige Zielsetzung ist, die Gefahren fernzuhalten und rasch gerichtliche Hilfe in Auseinandersetzungen mit drohenden oder bereits erfolgten Gewalttaten zu ermöglichen, bevor schwerwiegende Folgen eintreten (7 Ob 232/16t mwN).

2.1.3 Der durch die Einholung einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung bedingten Verfahrensverzögerung würde das Gebot der besonders dringlichen Behandlung von derartigen Sicherungsanträgen geradezu widersprechen. Anträge nach § 382e EO bedürfen daher nicht der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung (vgl B eck , EF Z 2010/83).

2.2 Der Antragsgegner vermeint weiters, die Sachwalterin befinde sich auf Grund der familieninternen Konflikte zwischen ihm und seinen Kindern in einem Interessenkonflikt; so würden sie und ihr Bruder gemeinsam eine Front gegen ihn eröffnen.

Sollte der Antragsgegner mit diesen Ausführungen auf die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO wegen des Unterbleibens der Bestellung eines Kollisionskurators abzielen, ist ihm Folgendes entgegenzuhalten: Ein Kurator nach § 271 ABGB ist nur im Fall einer Kollision, also eines Widerstreits zwischen den Interessen des Pflegebefohlenen und seines gesetzlichen Vertreters, zu bestellen. Ist kein Interessengegensatz zu befürchten, dann ist kein Kollisionskurator zu bestellen (RIS Justiz RS0049033). Maßgebend ist dabei, ob ein objektiver Tatbestand gegeben ist, bei dem die Interessen auch eines pflichtbewussten gesetzlichen Vertreters den Interessen des von ihm Vertretenen zuwiderlaufen könnten (RIS Justiz RS0049196 [T1]), insbesondere bei einem Widerstreit mit einem unmittelbaren Eigeninteresse des gesetzlichen Vertreters (RIS Justiz RS0058177 [T4, T8]). Ein Interessenwiderstreit liegt hier nicht vor. Die dargestellten familieninternen Konflikte des Antragsgegners mit der Vertreterin der Antragstellerin lassen kein unmittelbares Eigeninteresse Letzterer an der Wahrnehmung des Schutzes der Antragstellerin vor Eingriffen in deren physische und psychische Integrität erkennen.

3.1 Vermag eine volljährige Person, die an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist, alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen, so ist ihr auf ihren Antrag oder von Amts wegen dazu ein Sachwalter zu bestellen (§ 268 Abs 1 ABGB).

Nach § 275 Abs 1 ABGB umfasst die Sachwalterschaft alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die übertragenen Angelegenheiten – hier alle, sohin auch die Personensorge – zu besorgen. Der Sachwalter hat dabei das Wohl des Pflegebefohlenen bestmöglich zu fördern.

3.2 Aus dem Persönlichkeitsschutz (§§ 16 und 17 ABGB, Art 8 EMRK) wird ein Recht der einzelnen natürlichen Person auf eine Privatsphäre abgeleitet (9 ObA 82/15x), wozu jedenfalls die Gesundheit (der Gesundheitszustand), das Sexualleben und das Leben mit der Familie gehören (RIS Justiz RS0122148 [T16]). Das Privatleben im Sinn des Art 8 EMRK umfasst unter anderem das Recht, Beziehungen zu anderen Personen zu entwickeln (RIS Justiz RS0122148 [T15]). Zweifellos unterfällt die Wahl, ob und mit wem Kontakte gepflogen werden, dem Persönlichkeitsrecht.

3.3 Für höchstpersönliche Rechte gilt allgemein der Grundsatz, dass sie mit einer gesetzlichen Vertretung unvereinbar sind. Für ihre Ausübung ist natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit erforderlich. Fehlt diese Einsicht, so kann ein höchstpersönliches Recht weder durch den gesetzlichen Vertreter oder Sachwalter noch durch das Pflegschafts /Sachwalterschaftsgericht ersetzt werden. Die Erklärung des Einvernehmens gemäß § 55a Abs 1 EheG wurde als die Ausübung eines solchen höchstpersönlichen Rechts erkannt. Maßgeblich ist für diese Ansicht, dass es bei einer Scheidung gemäß § 55a EheG unabdingbare Voraussetzung ist, dass zwischen den Ehegatten Einvernehmen über die Scheidung besteht, dass sie sich also nicht kontradiktorisch gegenüberstehen, sondern in Übereinstimmung ihrer rechtlichen Interessen gemeinsam die Auflösung der Ehe anstreben. Ein solches Einvernehmen setzt einen Willensentschluss und die Einsichts und Urteilsfähigkeit beider Ehegatten betreffend die Beendigung ihrer Ehe und die Regelung bestimmter nachehelicher Rechtsverhältnisse voraus; gegebenenfalls muss dann das Gericht ohne weitere inhaltliche Überprüfung eine solche Einigung als Basis für die Scheidung im Einvernehmen zugrunde legen (5 Ob 94/05t).

Bei Persönlichkeitsrechten, die nur der berechtigten Person zustehen, die somit höchstpersönlich sind, ist die Rechtsdurchsetzung aber keineswegs grundsätzlich „vertretungsfeindlich“ (RIS Justiz RS0103634 [T3]). So ist für die Erhebung der Scheidungsklage kein Einvernehmen der Ehegatten Voraussetzung, die Sinnhaftigkeit der Klageerhebung durch einen Betroffenen kann in einem sachwalterschaftsgerichtlichen Genehmigungsverfahren überprüft werden und die materielle Berechtigung des Scheidungsverfahrens wird in einem kontradiktorischen Verfahren beurteilt. Es ist daher insgesamt – im Gegensatz zur Scheidung im Einvernehmen – keine so spezifisch höchstpersönliche und inhaltlich nicht weiter zu überprüfende Willensbildung gefordert, die unbedingt die persönliche Rechtsausübung des Berechtigten zwingend geboten erscheinen ließe und im Ergebnis die Untrennbarkeit der Ehe eines (inzwischen) Geschäftsunfähigen zur Folge hätte (5 Ob 94/05t mwN). Auch in 1 Ob 518/96 wurde darauf hingewiesen, dass die Interessen eines Betroffenen für die Auflösung der Ehe sprechen können und dass unter dieser Voraussetzung die Zulässigkeit der Einbringung eines Scheidungsbegehrens, das insbesondere auf Verschulden des Ehegatten gestützt ist, durch den Sachwalter auch aus dem allgemeinen Schutzprinzip des § 21 ABGB zu bejahen sein könnte. Zu 7 Ob 230/01a hat es der Oberste Gerichtshof für zulässig erkannt, dass der Sachwalter für den Betroffenen die Klage wegen Nichtigkeit, in eventu Aufhebung sowie Scheidung der Ehe erhebt. Auch in einem Besuchsrechtsverfahren bedarf ein Betroffener der Mitwirkung seines Sachwalters (6 Ob 163/03v).

3.4 Insbesondere vor dem Hintergrund des bereits dargestellten Zwecks einer einstweiligen Verfügung nach § 382e EO, nämlich Gewaltopfer vor Eingriffen in ihre physische und psychische Integrität zu schützen, kann diese Rechtsprechung auf den Antrag auf Erlassung einer derartigen einstweiligen Verfügung zwanglos übertragen werden. Die Berechtigung eines derartigen Antrags wird in einem kontradiktorischen Verfahren geprüft. Es ist auch keine so spezifische höchstpersönliche und inhaltlich nicht weiter zu überprüfende Willensbildung gefordert, die unbedingt die persönliche Rechtsausübung des Berechtigten zwingend geboten erscheinen ließe, was letztlich im Ergebnis das Fehlen des Schutzes eines geschäftsunfähigen Gewaltopfers zur Folge hätte. Dies gilt umso mehr, wenn dem Sachwalter – wie hier – auch die Personensorge und somit die Sorge um Gesundheit, Leben und Wohl der besachwalteten Person zukommt. Im Übrigen ergibt sich aus den Feststellungen, dass der durch die Sachwalterin namens der Antragstellerin eingebrachte Antrag auch deren Willen entspricht.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382e EO nicht vertretungsfeindlich ist.

4.1 Für die Beurteilung der Unzumutbarkeit nach § 382b EO – ebenso wie jener nach § 382e EO (RIS Justiz RS0110446 [T16]) – sind Ausmaß, Häufigkeit und Intensität der bereits – auch schon länger zurückliegenden – angedrohten oder gar verwirklichten Angriffe sowie bei – ernst gemeinten und als solche verstandenen – Drohungen die Wahrscheinlichkeit deren Ausführung maßgeblich (RIS Justiz RS0110446). Nach § 382e EO ist zwingend eine Interessenabwägung vorzunehmen (RIS Justiz RS0113699 [T1]; RS0127363 [T1]). Der Sicherungsantrag nach dieser Bestimmung ist abzuweisen, wenn die Interessenabwägung zugunsten des Antragsgegners ausgeht, das heißt, wenn schwerwiegende Interessen des Antragsgegners dem Antrag entgegenstehen (RIS Justiz RS0112179 [T2]).

Die Gründe für die Unzumutbarkeit eines weiteren Zusammenlebens nach § 382b – und für die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen nach § 382e – EO sind verschuldensunabhängig; objektiver Beurteilungsmaßstab sind die Umstände des Einzelfalls (RIS Justiz RS0110444 [insb T1, T6, T9 und T10]).

Nach ständiger Rechtsprechung soll ein effektiver körperlicher Angriff oder die Drohung mit einem solchen und darüber hinaus auch ein sonstiges Verhalten („Psychoterror“) derartige Maßnahmen ermöglichen, wenn es eine Schwere erreicht, die die strenge Maßnahme der einstweiligen Verfügung angemessen erscheinen lässt (7 Ob 34/17a mwN). Von Bedeutung ist aber nicht ein Verhalten, welches der Durchschnittsmensch „als Psychoterror“ empfände, sondern die Wirkung eines bestimmten Verhaltens gerade auf die Psyche des Antragstellers (RIS Justiz RS0110446 [T4, T8, T15]). Die Ausübung von „Psychoterror“ rechtfertigt die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382e EO dann, wenn dadurch die psychische Gesundheit des Antragstellers erheblich beeinträchtigt wird (RIS Justiz RS0121302 [T1]).

4.2 Das festgestellte Verhalten des Antragsgegners belastet die Antragstellerin, die sich massiv vor ihm fürchtet, psychisch in einer solchen Weise, dass es zu gesundheitlichen Rückschlägen kommt. Das dargestellte Vorgehen des Antragsgegners ist angesichts des Alters der Antragstellerin und ihrer gesundheitlichen Verfassung auch nicht zu bagatellisieren. Berücksichtigungswürdige Gründe dafür sind nicht bescheinigt.

Insgesamt hat der Antragsgegner der Antragstellerin durch sein Verhalten ein weiteres Zusammentreffen mit ihm unzumutbar gemacht.

5. Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 402 iVm 78 EO iVm §§ 41, 50 ZPO. Die Bemessungsgrundlage beträgt gemäß § 14 lit c RATG 730 EUR.

Rechtssätze
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