JudikaturJustiz2Ob537/81

2Ob537/81 – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Februar 1982

Kopf

SZ 55/8

Spruch

Der Anspruch des Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft auf Ausschluß eines Mitgesellschafters oder Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht kann auch durch Untersagung einzelner unter Berufung auf die Geschäftsführungsbefugnis abgegebener Erklärungen mit einstweiliger Verfügung gesichert werden

Die Klage auf Ausschluß eines Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft eventualiter auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht ist bei beiderseitigen Verfehlungen nur dann berechtigt, wenn die Billigkeit verlangt, daß gerade der klagende Gesellschafter das Unternehmen behält

OGH 9. Feber 1982, 2 Ob 537, 538/81 (OLG Wien 3 R 143/81; KG St. Pölten 6 Cg 291/80)

Text

Die beiden widerklagenden und gefährdeten Parteien Johann S und Margarete E und die Widerbeklagte und Gegnerin der gefährdeten Parteien Wilhelmine N sind Geschwister und Gesellschafter sowohl der offenen Handelsgesellschaft M mit dem Sitze in St. Pölten als auch der offenen Handelsgesellschaft R mit dem Sitze in Wien. Sie sind an beiden Gesellschaften jeweils zu einem Drittel beteiligt. Hinsichtlich der Gesellschaft in St. Pölten (im folgenden kurz OHG St. Pölten genannt) erfolgt nach Punkt VI des Gesellschaftsvertrages die Geschäftsführung durch die Gesellschafter gemeinsam. Die Gesellschafter sind dabei verpflichtet, in geeigneter Weise dafür vorzusorgen, daß die Gesellschaft stets beschlußfähig ist. Bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet die Majorität, berechnet nach Geschäftsanteilen. Zu Geschäftsabschlüssen bis zur Höhe von 10 000 S sind jedoch die drei einzeln zeichnungsberechtigten Gesellschafter auch ohne Einholung der Zustimmung der anderen Gesellschafter berechtigt.

Die Gesellschafterin Wilhelmine N brachte am 22. 11. 1979 zu 6 Cg 427/79 (nunmehr 6 Cg 57/80) des Kreisgerichtes St. Pölten gegen die beiden Mitgesellschafter eine Klage mit dem Begehren ein, diesen die Geschäftsführungsbefugnisse und Vertretungsmacht hinsichtlich der OHG St. Pölten zu entziehen. Sie wirft den Mitgesellschaftern grobe Pflichtverletzungen in der Geschäftsführung vor und behauptet außerdem die Unfähigkeit der Mitgesellschafterin Margarete E zu ordnungsgemäßer Geschäftsführung und Vertretung. Im einzelnen zählt die Klage mehrfache Entziehungsgrunde demonstrativ auf. Die Beklagten haben sämtliche Klagsbehauptungen bestritten.

Am 14. 7. 1980 brachten die Gesellschafter Johann S und Margarete E als Widerkläger die dem nunmehrigen Provisorialverfahren zugrundeliegende, mit dem obgenannten Verfahren 6 Cg 57/80 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundene Widerklage auf Ausschließung der Widerbeklagten Wilhemine N als Gesellschafterin der OHG St. Pölten ein; sie stellen weiters das Eventualbegehren, der Widerbeklagten die Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht zu entziehen und bringen insgesamt vor: Die Widerbeklagte habe dolos ihre nach dem Gesellschaftsvertrage obliegenden wesentlichen Verpflichtungen verletzt und vor allem eine Verletzung von Geschäftsführungs- und Vertretungspflichten, der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft sowie grob ungehöriges Verhalten zu verantworten. Insbesonders habe sie auch nicht an der laufenden Geschäftsführung der OHG St. Pölten mitgewirkt, wozu sie allerdings mangels entsprechender Fachkenntnisse gar nicht imstande sei. Sie versuche weiters seit Jahren ihre Gesellschafterrechte dazu zu mißbrauchen, der offenen Handelsgesellschaft R in Wien (im folgenden kurz OHG Wien genannt), deren Geschäfte sie unter Mißachtung vieler Gesellschafterbeschlüsse und des Gesellschaftsvertrages weitgehend allein, wenngleich unter dem Einfluß ihres Sohnes Peter N, führe, nicht gerechtfertigte Vorteile zu verschaffen, wodurch die Konkurrenzfähigkeit der OHG St. Pölten schwerstens getroffen würde. Sie habe weiters die im einzelnen aufgezählten zahlreichen gesellschaftswidrigen Handlungen begangen.

Die Widerbeklagte hat in ihrer Klagebeantwortung die Klagsbehauptungen zur Gänze bestritten.

Am 26. 2. 1981 stellten die Widerkläger zur Sicherung ihres Haupt- und Eventualbegehrens den dem nunmehrigen Provisorialverfahren zugrunde liegenden Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung dahin, daß der Widerbeklagten untersagt werde, als Gesellschafterin der Firma M gegenüber Dritten die Behauptung aufzustellen, daß ein von ihr im Innenverhältnis gegenüber den Mitgesellschaftern erhobener Widerspruch betreffend Geschäftsführungshandlungen bewirke, daß hiedurch Vertretungshandlungen, die die Gesellschafter Margarete E und/oder Johann S für die Firma M setzten, unwirksam seien. Hiezu brachten sie folgendes vor: Die Streitteile hätten die Auflösung der OHG Wien beschlossen und am 16. 1. 1981 bei Gericht angemeldet. Wegen dieser Auflösung sei es für die OHG St. Pölten zwingend notwendig, verstärkt in den Marktbereichen aufzutreten, die bisher auch von der OHG Wien betreut worden seien. Zu diesem Zweck sollten Teile der Verkaufsorganisation der OHG Wien und demgemäß vor allem auch eingeschulte, aber wegen der Auflösung aufgekundigte Mitarbeiter übernommen werden. Die Widerbeklagte habe sich gegen eine Übernahme solcher Mitarbeiter ausgesprochen. Am 30. 1. 1981 seien vom Widerkläger mit dem Betriebsrat der OHG Wien Gespräche über die Erhaltung der Arbeitsplätze geführt worden. Die Widerbeklagte bekämpfe alle diese Bemühungen äußerst massiv und habe an sämtliche im Außendienst der OHG Wien tätigen Verkaufsmitarbeiter sowie an den Zentralbetriebsrat der OHG St. Pölten ein Schreiben vom 21. 2 1981 mit folgendem Inhalt gerichtet: "Die derzeitige Situation von R in Liquidation und die jüngsten Vorkommnisse veranlassen mich, folgendes klarzustellen: In meiner Eigenschaft als einzeln zeichnungsberechtigter geschäftsführender Gesellschafter des Möbelwerkes S St. Pölten widerspreche ich einer Aufnahme eines Dienstverhältnisses oder sonstigen wie immer gearteten Verhältnisses zwischen Ihnen und dem Möbelwerk S. Ich mache Sie ausdrücklich aufmerksam, daß dieser Widerspruch in rechtlicher Hinsicht zur Folge hat, daß Sie sich spätestens ab jetzt nicht mehr auf das Handelsregister bzw. die dort registrierte Einzelzeichnungsberechtigung meiner Mitgesellschafter berufen können. Mein Widerspruch verhindert damit die Rechtswirksamkeit Ihrer allfälligen Einstellung im Möbelwerk S durch Frau Margarete E und/oder Herrn Johann S. Dies unabhängig davon, daß ich nach Feststehen der Art und Weise der Abwicklung von R in Liquidation nach wie vor bereit bin, auch Sie zu einem Gespräch über Ihre Weiterbeschäftigung - nach Lösung Ihres derzeitigen Dienstverhältnisses - im Rahmen des Möbelwerkes S St. Pölten einzuladen. Ungeachtet dessen führt selbstverständlich eine vor Auflösung Ihres derzeitigen Dienstverhältnisses ausgeübte Tätigkeit für das Möbelwerk S zur fristlosen Entlassung, sofern dem nicht alle drei Liquidatoren von R in Liquidation zustimmen ..." Da nach Punkt VI des Gesellschaftsvertrages bei Meinungsverschiedenheiten die Majorität maßgebend sei, führe die Widerbeklagte die Verkaufsmitarbeiter durch dieses Schreiben bewußt in Irrtum, da sie hiedurch den Eindruck erwecke, daß Personalentscheidungen durch ihren Widerspruch verhindert werden könnten. Hiedurch würde die OHG St. Pölten aber existentiell gefährdet, weil sie am Ausbau einer Verkaufsorganisation im Wiener Raum gehindert sei. Es drohte daher die Gefahr eines unwiederbringlichen, durch Geldersatz nicht ausgleichbaren Schadens, sodaß die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gerechtfertigt sei. Werde durch eine solche nicht raschest klargestellt, daß die Gegnerin der gefährdeten Parteien nicht berechtigt sei, Geschäftsführungshandlungen, die im Interesse der OHG St. Pölten zwingend gesetzt werden müßten, dies insbesondere durch Aufnahme von Personal, mit der Argumentation ihres Schreibens vom 21. 2. 1981 zu verhindern, werde die Aufbauarbeit des Wiener Marktes in einer Weise gestört, daß die so erlittenen Nachteile der OHG St. Pölten in einer oder in zwei Wochen sicherlich nicht mehr beseitigt werden könnten. Es bestehe auch die Gefahr, daß die Widerbeklagte mit derselben Argumentation an andere Personen herantrete und damit weiterer Schaden entstehe. Im übrigen habe die Widerbeklagte als Liquidatorin der OHG Wien ihre Zustimmung zur Übernahme des Messestandes der OHG Wien durch die OHG St. Pölten verweigert und strebe eine Reduzierung der Messefläche der OHG St. Pölten bei der Ifabo 1981 an; auch habe sie als Liquidatorin der OHG Wien die Entgegennahme von Aufträgen als Vermittlungsaufträge für die OHG St. Pölten abgelehnt, obgleich der OHG Wien die Differenz aus den gewährten Rabatten und Nachlässen zur Handelsspanne ohnehin hätte gutgeschrieben werden sollen. Mit diesem gesamten Antragsvorbringen werde zusätzlich das Haupt- und Eventualbegehren der Widerkläger begrundet. Der so maßgebliche Sachverhalt gebiete den begehrten Ausschluß der Widerbeklagten aus der Gesellschaft gemäß § 140 HGB, allenfalls die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht im Sinne der Bestimmungen der §§ 117 und 127 HGB.

Die Widerbeklagte hat in ihrer Äußerung ausgeführt, ein Gesellschafterbeschluß über Personalübernahme sei nicht gefaßt worden, weshalb auch eine diesbezügliche Mehrheitsentscheidung nicht ergangen sein könne, da eine solche nur bei Meinungsverschiedenheiten erfolgen dürfe. Im übrigen habe der Widerkläger den betreffenden Dienstnehmern Provisionen für die heimliche Vermittlung von Aufträgen an die OHG St. Pölten und die Anerkennung ihrer Vordienstzeiten zugesagt. Da eine solche Übernahme von Abfertigungsansprüchen zum Nachteil der OHG St. Pölten sei, habe sich die Widerbeklagte in deren Interesse durch einen vorbeugenden Widerspruch gegen die Personaleinstellung wenden müssen. Sie habe nie, auch nicht im Schreiben vom 21. 2. 1981, erklärt, daß "hiedurch", nämlich durch einen Widerspruch, Handlungen ihrer Mitgesellschafter unwirksam seien. Insgesamt fehle es an einem behaupteten oder bescheinigten und geeigneten Hauptanspruch; der Klagsanspruch könne als Rechtsgestaltungsanspruch auch gar nicht durch ein Unterlassungsgebot gesichert werden. Ebenso fehle es weiters an einer Gefährdung. Im übrigen könne die Äußerung einer falschen Rechtsansicht einen Unterlassungsanspruch nicht begrunden.

Das Erstgericht erließ in Einzelrichterbesetzung - der Verzicht auf die Senatsbesetzung für die Entscheidung in der Hauptsache wirkt auch für die Entscheidung über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (ÖBl 1970, 126; Heller - Berger - Stix 2824 ua.) - eine einstweilige Verfügung dahin, daß es zur Sicherung des Anspruches der widerklagenden Parteien auf Ausschließung bzw. Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht der Widerbeklagten dieser verboten wird, als Gesellschafterin der Firma M gegenüber Dritten die Behauptung aufzustellen, daß ein von ihr im Innenverhältnis gegenüber den Mitgesellschaftern erhobener Widerspruch betreffend Geschäftsführungshandlungen bewirke, daß hiedurch Vertretungshandlungen, die die Gesellschafter Margarete E und Johann S für die Firma M setzten, unwirksam seien. Das Mehrbegehren, daß hiedurch auch Vertretungshandlungen, die die Gesellschafter Margarete E oder Johann S setzten, unwirksam seien, wies es ab.

Das Erstgericht legte seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt als bescheinigt zugrunde: Im Rahmen der Liquidation der OHG Wien schlug Johann S ua. vor, einzelne Dienstnehmer der OHG Wien in die OHG St. Pölten zu übernehmen, was auch vom Betriebsratsobmann des Wiener Betriebes unterstützt wurde, während sich Wilhelmine N hiezu zunächst nicht äußerte. Nach der am 30. 1. 1981 zwischen Johann S und den Betriebsräten zwecks Erhaltung der Arbeitsplätze und Sicherung des Marktes durchgeführten Besprechung setzte Wilhelmine N jedoch mit Schreiben vom 21. 2. 1981 die Wiener Dienstnehmer Gerhard B, Dipl.-Kfm. Werner K, Rudolf L, Günther L, Wolfgang S, Alfred U, Josef V und Harald W davon in Kenntnis, daß sie in ihrer Eigenschaft als einzeln zeichnungsberechtigter, geschäftsführender Gesellschafter der OHG St. Pölten einer Aufnahme eines Dienstverhältnisses mit ihnen widerspreche. Sie führte hiezu aus, daß dadurch eine allfällige Einstellung durch die beiden anderen Gesellschafter rechtsunwirksam wäre, wovon sie auch die beiden Betriebsratsobmänner in St. Pölten und Wien in Kenntnis setzte.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß ein Widerspruch der Widerbeklagten gegen eine Mehrheitsentscheidung der beiden Mitgesellschafter auf Grund des Punktes VI des Gesellschaftsvertrages wirkungslos und augenscheinlich schon im Hinblick auf seine Publikation bei beiden Betriebsräten nur dazu bestimmt gewesen sei, die an einer Anstellung bei der OHG St. Pölten interessierten Arbeitnehmer der OHG Wien über die über ihre Einstellung entscheidungsberechtigten Personen in Irrtum zu führen und durch ihre gleichzeitig ausgesprochene Gesprächseinladung den Eindruck zu erwecken, sie allein wäre einstellungsbefugt und könne mit ihrem Widerspruch sämtliche Personaleinstellungen in St. Pölten blockieren. Dadurch sei aber die Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens für die OHG St. Pölten gegeben, welche nunmehr im Hinblick auf die Liquidation der bisher den Verkauf ihrer Produkte besorgenden OHG Wien zur Entwicklung eigener Verkaufsaktivitäten genötigt und daher an einer Übernahme bereits eingeschulter Mitarbeiter der Wiener Verkaufsorganisation brennend interessiert sei. Dieser Schaden könne durch Geldersatz nicht ausgeglichen werden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der widerklagenden Parteien nicht, dagegen jenem der Widerbeklagten Folge und wies in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zur Gänze ab.

Es vertrat die Rechtsansicht, daß das Gebot, wahrheitswidrige Äußerungen über bestehende Regelungen im Gesellschaftsvertrag betreffend die Geschäftsführungsbefugnis und die Vertretungsmacht zu unterlassen, auf den eingeklagten, auf Ausschließung der Widerbeklagten aus der Gesellschaft gerichteten Hauptanspruch, aber auch auf das Eventualbegehren auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht keinen Einfluß habe. Mit einem entsprechenden Exekutionstitel könne das im Rahmen der einstweiligen Verfügung beantragte Unterlassungsgebot nicht erreicht werden. Somit eigne sich die beantragte einstweilige Verfügung nicht zur Sicherung der im Hauptverfahren verfolgten Ansprüche.

Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs des Johann S, soweit er sich gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes richtete, als unzulässig zurück. Im übrigen gab er dem Revisionsrekurs Folge, hob den Beschluß des Rekursgerichtes in seinem abändernden Teil und des Beschlusses des Erstgerichtes in seinem stattgebenden Teil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich um einen teils bestätigenden und teils abändernden Beschluß und damit, worauf der Rekurswerber verweist, grundsätzlich wohl um einen Anwendungsfall des Judikates 56 neu, wonach trotz der Rekursbeschränkung des § 528 Abs. 1 Z 1 ZPO auch der bestätigende Teil einer solchen Rekursentscheidung mit Revisionsrekurs angefochten werden kann. Der OGH hat aber in seiner jüngeren Rechtsprechung diese Ausnahme von der Anwendung der vorgenannten Rechtsmittelbeschränkung auf solche Fälle eingeschränkt, in welchen der bestätigende und der abändernde Teil der Rekursentscheidung in einem so engen und unlösbaren Sachzusammenhang stehen, daß sie nicht auseinandergerissen werden können und daher die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich zu beurteilen ist. Hat das Rekursgericht über mehrere Ansprüche entschieden, die nicht in einem solchen Zusammenhang stehen, sondern durchaus jeder für sich ein eigenes rechtliches Schicksal haben kann, dann ist also eine abgesonderte Beurteilung der Anfechtbarkeit der einzelnen Teile der Entscheidung vorzunehmen (ÖBl 1975, 89; 4 Ob 405/81 uva.).

Diese Voraussetzungen für eine derartige Teilung liegen hier vor. Der Anspruch, Behauptungen zu unterlassen, wonach ein Widerspruch bewirke, daß Vertretungshandlungen, die die Gesellschafter Margarete E und Johann S für die Firma M setzen, unwirksam seien, steht mit dem auf Vertretungshandlungen, die die Gesellschafter Margarete E oder Johann S setzen, bezogenen Ausspruch nicht in dem dargestellten Zusammenhang, sondern kann von diesem unabhängig bestehen und ein eigenes rechtliches Schicksal haben. Ein Widerspruch (§ 115 HGB) der Widerbeklagten gegen Geschäftsführungshandlungen bleibt nach Punkt VI des Gesellschaftsvertrages nämlich ohne Bedeutung, wenn diese Geschäftsführungshandlung von den beiden anderen Gesellschaftern Johann S und Margarete E und damit der Mehrheit der Gesellschafter (vgl. Hueck, Das Recht der OHG[4], 162, 156; 3 Ob 518/81 ua.) beschlossen wird. Geschäftsführungshandlungen, die Johann S oder Margarete E, dh. also jeweils allein, setzen, kann die Widerbeklagte dagegen mit ihrem Widerspruch gemäß diesem Punkt VI des Gesellschaftsvertrages außer Kraft setzen. Davon ausgehend hat das Erstgericht auch ausgesprochen, daß das begehrte Unterlassungsgebot nur hinsichtlich Mehrheitsentscheidungen gerechtfertigt sei und hat das weitere Begehren, der Widerbeklagten die Behauptung zu untersagen, durch ihren Widerspruch würden auch Geschäftsführungshandlungen des Johann S oder der Margarete E unwirksam, abgewiesen. Hinsichtlich dieses somit selbständig zu beurteilenden abweisenden Teiles der erstgerichtlichen Entscheidung liegt ein bestätigender Beschluß des Rekursgerichtes vor. Eine Anfechtung dieses Teiles der rekursgerichtlichen Entscheidung ist somit gemäß § 528 Abs. 1 Z 1 ZPO unzulässig.

Hinsichtlich des zulässigen Teiles des Revisionsrekurses ist zunächst darauf zu verweisen, daß die Einlegung des Rechtsmittels insoweit auch für die zweitgefährdete Partei wirkt, weil im Rechtsstreit über die Ausschließung eines Gesellschafters aus einer offenen Handelsgesellschaft alle Gesellschafter eine notwendige Streitgenossenschaft iS des § 14 ZPO bilden (Fasching II 194, 197; vgl. EvBl. 1960/10 ua.) und der Erfolg des von einem Teilgenossen erhobenen Rechtsmittels in einem solchen Fall kraft der Einheitlichkeit der Entscheidung auch auf alle anderen Teilgenossen wirkt (Fasching II 200; Schlegelberger, HGB[4] II 1071;6 Ob 659/79 ua.).

Der Revisionsrekurswerber bekämpft die vom Rekursgericht vertretene Ansicht als rechtsirrig. Eine einstweilige Verfügung gemäß dem § 381 EO habe den Zweck, die Vereitelung der Durchsetzung des Anspruches zu verhindern oder die gefährdeten Parteien gegen eine Veränderung des gegenwärtigen Zustandes zu schützen, die für sie mit einem drohenden und unwiederbringlichen Schaden verbunden wäre. Die Ausschließung eines Gesellschafters bzw. die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht diene aber gerade dem Ziele, Schaden von der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern abzuwenden. Vorliegendenfalls habe nun die Widerbeklagte zahlreiche gesellschaftsschädigende Handlungen gesetzt. Auf Grund der zahlreichen im Akte erliegenden Bescheinigungsmittel sei demgemäß die Anspruchsbescheinigung zugrunde zu legen. Ebenso sei aber insbesonders im Hinblick auf das Schreiben der Widerbeklagten vom 21. 2. 1981 die Gefährdungsbescheinigung anzunehmen. Somit lägen aber, wie sich auch aus der im Antrag zitierten Judikatur ergebe, alle Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung der Klagsansprüche vor.

Diesen Ausführungen ist in der Frage der grundsätzlichen Eignung der beantragten einstweiligen Verfügung zur Sicherung der Klagsansprüche zuzustimmen, in der Frage des behaupteten Vorliegens aller Voraussetzungen für die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung jedoch von vornherein der derzeitige Mangel entsprechender Bescheinigungsergebnisse betreffend den Bestand der geltendgemachten Klagsansprüche und somit schon insoweit die mangelnde Spruchreife entgegenzuhalten.

Gemäß den §§ 140 und 133 HGB kann ein Gesellschafter über Antrag der übrigen Gesellschafter bei Vorliegen eines wichtigen Gründes durch gerichtliche Entscheidung aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Nach den §§ 117 und 127 HGB ist auch die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und der Vertretungsmacht möglich. Als wichtige Gründe, welche die Entziehung rechtfertigen, werden vom Gesetz insbesondere grobe Pflichtverletzungen genannt. Solche grobe Pflichtverletzungen stellen auch in erster Linie einen wichtigen Grund für die Ausschließung eines Gesellschafters dar (Hueck aaO 438; Schlegelberger HGB[4] II 1239 ff.; Baumbach - Duden 553 ff.; Fischer im Großkommentar zum HGB[3] II/1, Anm. 3, 9 ff. zu § 140 ua.). Im einzelnen zählen zu den Umständen, welche zumindest die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und der Vertretungsmacht rechtfertigen, weil sie die Führung der Geschäfte durch den betreffenden Gesellschafter unvertretbar erscheinen lassen, zB das wiederholte Überschreiten der eigenen Befugnisse und der Mißbrauch des Widerspruchsrechtes (Hueck aaO 145 ff.; Schlegelberger aaO 1070, 1131; Fischer aaO, Anm. 3 ff. zu § 117, Anm. 5 zu § 127). Bei Vorliegen dieser Umstände und der weiteren prozessualen Voraussetzungen kann nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung auch die vorläufige Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht im Rahmen einer Ausschluß- oder Entziehungsklage durch einstweilige Verfügung ausgesprochen werden (Hueck aaO 376; Schlegelberger aaO 1074, 1180; Fischer aaO, Anm. 27 zu § 117, Anm. 11 zu § 127; Heller - Berger - Stix 2731; Adler - Clemens, Sammlung handelsrechtlicher Entscheidungen, Band 13 (1910) Nr. 2440; SZ 21/47; HS V/35; HS 1348; JBl. 1965, 210; 7 Ob 702/78). Daß es sich bei der Entscheidung in der Hauptsache um ein Gestaltungsurteil handelt (Hueck aaO 378, 444; Schlegelberger aaO 1132, 1242; Baumbach - Duden 558; Fischer aaO Anm. 30, 39 zu § 140; 7 Ob 702/78), steht dem nicht entgegen.

Kann einem Gesellschafter zur Sicherung eines Ausschließungs- oder Entziehungsanspruches die Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht wegen Pflichtverletzungen aber solcherart sogar zur Gänze vorläufig entzogen werden, wodurch ihm also Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen vorläufig verwehrt sind, dann kann die Möglichkeit der Untersagung bloß einzelner bestimmter, unter Berufung auf die Geschäftsführungsbefugnis abgegebener Erklärungen nicht zweifelhaft sein. Ein derartiges Unterlassungsgebot hinsichtlich solcher unter ausdrücklichem Hinweis auf das der bestehenden Geschäftsführungsbefugnis entspringende Widerspruchsrecht (§ 115 HGB, hier modifiziert durch den Punkt VI des Gesellschaftsvertrages) gesetzter Handlungen ist somit entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes seiner Natur nach durchaus geeignet, allfällige aus diesen Pflichtverletzungen durch Veränderung des gegebenen Zustandes drohende Schäden von der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern abzuhalten und damit grundsätzlich ebenso wie die vorläufige gänzliche Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis dem mit einer Ausschließungs- oder Entziehungsklage verfolgten Zweck zu dienen und deren Ansprüche abzusichern.

Demnach versagt aber die vom Rekursgericht für die Antragsabweisung herangezogene Begründung. Dennoch ist die Provisorialsache nicht an das Rekursgericht zur weiteren Prüfung der Rekursgrunde, sondern an das Erstgericht zurückzuverweisen. Dieses hat nämlich nur die Frage der Anspruchsgefährdung geprüft und bejaht, ist aber darauf, ob die behaupteten Gründe für die Ausschließung der Gesellschafterin Wilhelmine N oder für die Entziehung der ihr zustehenden Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht vorliegen, also ob die dem Haupt- bzw. Eventualbegehren zugrunde liegenden Klagsansprüche als solche bescheinigt sind, überhaupt nicht eingegangen.

Die Widerbeklagte hat die Klagsansprüche in ihrer Klagebeantwortung und in ihrer Äußerung zum Sicherungsantrag ausdrücklich bestritten und auch in dem gegen den erstgerichtlichen Beschluß gerichteten Rekurs den Mangel des Anspruches und seiner Bescheinigung behauptet. Auch strebt sie als Klägerin ihrerseits die Entziehung der den Beklagten und Widerklägern zustehenden Geschäftsführungsbefugnisse und Vertretungsmacht an. Unter diesen Umständen bedarf die auf der Grundlage der in der Widerklage bzw. im Sicherungsantrag angebotenen Bescheinigungsmittel, allenfalls auch der von der Widerbeklagten angebotenen Gegenbescheinigungsmittel, zu lösende Frage der Bescheinigung oder Glaubhaftmachung der Klagsansprüche jedenfalls einer ausdrücklichen Erörterung und Beurteilung (1 Ob 187/71). Bei seiner neuerlichen Entscheidung wird das Erstgericht diesbezüglich grundsätzlich auch zu berücksichtigen haben, daß vor allem in der Frage der Ausschließung eines Gesellschafters der Umstand beiderseitiger Verfehlungen und ihres Gewichtes von Bedeutung sein kann (vgl. insbesondere JBl. 1965, 210). Eine Ausschlußklage ist unter diesem Gesichtspunkt nur dann berechtigt, wenn die Billigkeit verlangt, daß gerade die klagenden Gesellschafter das Unternehmen behalten. Das wird im allgemeinen zutreffen, wenn der Grund, der die Auflösung der bisherigen Gemeinschaft erforderlich macht, ausschließlich oder ganz überwiegend bei dem einen Gesellschafter liegt, nicht aber wenn durch das Verhalten beider Teile die weitere Zusammenarbeit unmöglich geworden ist. Demgemäß ist eine umfassende Würdigung aller Umstände im Rahmen einer Interessenabwägung erforderlich (Hueck aaO 439 f.; Schlegelberger aaO 1074, 1241, 1243; Fischer aaO, Anm. 3 ff.; zu § 117, Anm. 3, 11, 13, 16 und 20 zu § 140). Aber auch bei allfälliger Prüfung der Bescheinigung der eventualiter erhobenen Ansprüche - auch ein Eventualbegehren ist, soweit Haupt- und Eventualbegehren einander nicht ausschließen, grundsätzlich sicherungsfähig (arg. § 378 Abs. 2 EO, bedingter Anspruch; vgl. 4 Ob 337/76) - kann der Umstand, daß die Widerbeklagte in ihrer eigenen Klage umgekehrt ebenfalls die Entziehung der den Widerklägern und dortigen Beklagten zustehenden Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht unter dem Vorwurf mehrfacher schwerer Verfehlungen anstrebt, nicht schon von vornherein (vgl. allerdings RG in Das Recht 1909 Nr. 741) außer Betracht gelassen werden. Insgesamt entscheidend für die im Provisorialverfahren auch unter solchen Umständen ohne weitläufige Erhebungen vorzunehmende Beurteilung der Anspruchsbescheinigung (§ 390 Abs. 1 EO) muß letztlich wohl die offenkundig größere Schwere der Verfehlungen eines Gesellschafters bzw. eine für die (den) klagenden Gesellschafter im Hinblick auf die gesamten Umstände des Falles gegebene Zumutbarkeit weniger einschneidender Maßnahmen sein (vgl. Fischer aaO, Anm. 7 c zu § 117; SZ 26/184; JBl. 1965, 210). Vorliegendenfalls könnte im Falle entsprechender Bescheinigungsergebnisse hinsichtlich des Anspruches auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht auch noch dem von den Widerklägern behaupteten Umstand, die Wiederbeklagte habe vertragswidrig an der Geschäftsführung der OHG St. Pölten schon jahrelang nicht oder nicht nennenswert mitgewirkt, besonderes Gewicht zukommen.

Rechtssätze
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