W-HSchG
Ziel und Gegenstand
§ 2Persönlicher Geltungsbereich
§ 3Sachlicher Geltungsbereich
§ 4Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften, zu bestehenden Systemen der Hinweisgebung und zu vertraglichen Vereinbarungen
§ 5Begriffsbestimmungen
§ 6Vertraulichkeit, Verschwiegenheitspflicht und Schutz der Identität
§ 7Datenschutz
§ 8Dokumentation, Aufzeichnung und Aufbewahrung von Hinweisen
§ 9Information über die Behandlung von Hinweisen durch interne und externe Stellen
§ 10Pflicht zur Einrichtung interner Meldekanäle für Hinweise
§ 11Verfahren der internen Stellen und Folgemaßnahmen
§ 12Verhältnis der internen und externen Hinweisgebung sowie der Veröffentlichung zueinander
§ 13Zuständigkeit der externen Stelle des Landes Wien
§ 14Organisation der externen Stelle des Landes Wien
§ 15Anforderungen an die externe Stelle des Landes Wien
§ 16Verfahren und Folgemaßnahmen der externen Stelle des Landes Wien
§ 17Überprüfung der Verfahren der externen Stelle des Landes Wien
§ 18Statistische Erfassung von Hinweisen und Berichterstattung
§ 19Voraussetzungen für den Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern
§ 20Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen
§ 21Information, Beratung und Verfahrenshilfe
§ 22Haftungsbefreiung und Befreiung von Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten
§ 23Gesetzliche Vermutung
§ 24Verwaltungsstrafen
§ 25Verweisungen auf andere Gesetze und auf das Unionsrecht
§ 26Richtlinienumsetzung
§ 27Inkrafttreten
Vorwort
1. Hauptstück
Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Ziel und Gegenstand
(1) Ziel dieses Gesetzes ist es, die Durchsetzung des Unionsrechts in Lebensbereichen von besonderem öffentlichen Interesse dadurch zu verbessern, dass Hinweise auf Rechtsverletzungen in diesen Bereichen in einfachen und leicht zugänglichen Verfahren mit vorhersehbaren Abläufen überprüft werden. Solche Hinweise sollen vorrangig an die von den betroffenen Rechtsträgerinnen und Rechtsträgern einzurichtenden internen Meldestellen gegeben werden. Dabei sind Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber im Sinn dieses Gesetzes sowie die ihnen nahestehenden Personen vor ungerechtfertigten Nachteilen zu schützen und unbegründete oder ungerechtfertigte Verdächtigungen zu verhindern.
(2) Zur Erreichung des in Abs. 1 genannten Ziels regelt dieses Gesetz
1. die Einrichtung von internen Meldekanälen für Hinweise auf bestimmte Rechtsverletzungen bei der Stadt Wien und den ihr zugeordneten Rechtsträgerinnen und Rechtsträgern (§ 10 Abs. 1),
2. die Einrichtung eines externen Meldekanals für Hinweise auf bestimmte Rechtsverletzungen in den Angelegenheiten, in denen dem Land Wien die Gesetzgebung zukommt, und
3. die Mindestanforderungen an die Verfahren auf Grund von Hinweisen im Sinn der Z 1 und 2 sowie den Schutz der Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber sowie weiterer ihnen nahestehenden Personen.
§ 2 Persönlicher Geltungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt für Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber, die im privaten oder öffentlichen Bereich beruflich tätig sind und in diesem Zusammenhang Informationen über eine Rechtsverletzung im Sinn dieses Gesetzes erlangt haben, insbesondere für
1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einschließlich Beamtinnen und Beamte sowie die in einem vertraglichen Dienstverhältnis stehenden Bediensteten und überlassene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2. Praktikantinnen und Praktikanten, Volontärinnen und Volontäre oder sonst Auszubildende,
3. selbstständig Erwerbstätige und freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer,
4. Mitglieder eines Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans einer juristischen Person und
5. Personen, die unter der Aufsicht und Leitung einer Auftragnehmerin bzw. eines Auftragnehmers, einer Subunternehmerin bzw. eines Subunternehmers oder dessen Lieferantinnen und Lieferanten arbeiten.
(2) Dieses Gesetz gilt auch für Personen, die sich für eine Tätigkeit im Sinn des Abs. 1 beworben haben oder ihre Tätigkeit gemäß Abs. 1 inzwischen beendet haben, sofern sie die Informationen über eine Rechtsverletzung im Zusammenhang mit der Bewerbung oder ihrer früheren Tätigkeit erlangt haben.
(3) Dieses Gesetz gilt auch für Anteilseignerinnen und Anteilseigner von Rechtsträgerinnen und Rechtsträgern des Privatrechts, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit zu dieser Rechtsträgerin bzw. diesem Rechtsträger Informationen über Rechtsverletzungen in Angelegenheiten des Wiener Landes- und Gemeinderechts, in denen dem Land Wien die Gesetzgebungskompetenz zukommt, erlangt haben. Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden.
(4) Die Vorschriften des 4. und 5. Hauptstücks gelten auch
1. für natürliche Personen, die eine Hinweisgeberin bzw. einen Hinweisgeber bei der Meldung der Rechtsverletzung unterstützen,
2. für natürliche Personen, die mit der Hinweisgeberin bzw. dem Hinweisgeber in Verbindung stehen und die in einem beruflichen Zusammenhang von Vergeltungsmaßnahmen betroffen sein können, wie z.B. Kolleginnen und Kollegen oder Verwandte der Hinweisgeberin bzw. des Hinweisgebers, sowie
3. für Rechtsträgerinnen und Rechtsträger, die zur Gänze oder teilweise im Eigentum der Hinweisgeberin bzw. des Hinweisgebers stehen oder für die die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber arbeitet oder mit denen sie bzw. er anderweitig im beruflichen Zusammenhang in Verbindung steht.
§ 3 Sachlicher Geltungsbereich
(1) Dieses Gesetz regelt den Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern, die Rechtsverletzungen in den in Abs. 2 bis 4 genannten Bereichen melden.
(2) Der Schutz gemäß Abs. 1 besteht für Hinweise zu Rechtsverletzungen in einem der nachstehend angeführten Bereiche, soweit sie sich auf im Anhang zur Richtlinie (EU) 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, ABl. Nr. L 305 vom 26. November 2019, S 17, genannte Rechtsakte der Europäischen Union beziehen:
1. Öffentliches Auftragswesen,
2. Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte sowie Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung,
3. Produktsicherheit und -konformität,
4. Verkehrssicherheit,
5. Umweltschutz,
6. Strahlenschutz und kerntechnische Sicherheit,
7. Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz,
8. öffentliche Gesundheit,
9. Verbraucherinnen- und Verbraucherschutz,
10. Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten sowie Sicherheit von Netz- und Informationssystemen.
(3) Dieses Gesetz gilt auch für Rechtsverletzungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union im Sinn des Art. 325 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sowie gemäß genaueren Definitionen in einschlägigen Unionsmaßnahmen.
(4) Dieses Gesetz gilt auch für Verletzungen von
1. Binnenmarktvorschriften im Sinn von Art. 26 Abs. 2 AEUV,
2. Unionsvorschriften über Wettbewerb und staatliche Beihilfen und
3. Binnenmarktvorschriften in Bezug auf Handlungen, die die Körperschaftsteuervorschriften verletzen, oder in Bezug auf Vereinbarungen, die darauf abzielen, sich einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen, der dem Ziel oder dem Zweck des Körperschaftsteuerrechts zuwiderläuft.
(5) Dieses Gesetz gilt nicht für
1. die Verschwiegenheitspflichten der gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe;
2. Informationen, die vom Recht der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Notarinnen und Notare sowie der Wirtschaftstreuhandberufe Ausübenden auf Verschwiegenheit umfasst sind (§ 9 der Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868, § 37 der Notariatsordnung, RGBl. Nr. 75/1871, § 80 des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes 2017, BGBl. I Nr. 137), einschließlich vertraglicher Vereinbarungen, die zur Wahrung der Verschwiegenheit mit Gesellschafterinnen und Gesellschaftern oder Aufsichtsorganen einer Rechtsanwalts-Gesellschaft sowie Beschäftigten oder Hilfspersonen der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte oder Notarinnen und Notare getroffen wurden;
3. Vergabeverfahren, die wie folgt von den nachstehend angeführten Bundesgesetzen über die Vergabe ausgenommen sind:
a) Vergabeverfahren, die vom Bundesvergabegesetz 2018, BGBl. I Nr. 65, gemäß dessen § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 sowie § 178 Abs. 1 Z 3 und 4 ausgenommen sind,
b) Vergabeverfahren, die vom Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018, BGBl. I Nr. 65, gemäß dessen § 8 Abs. 1 Z 2 und 3 ausgenommen sind,
c) Vergabeverfahren, die vom Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012, BGBl. I Nr. 10, gemäß dessen § 9 Abs. 1 Z 1 und 5 ausgenommen sind;
4. die Anwendung der Bestimmungen der Strafprozessordnung 1975, BGBl. Nr. 631, sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
§ 4 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften, zu bestehenden Systemen der Hinweisgebung und zu vertraglichen Vereinbarungen
(1) Dieses Gesetz gilt nur, soweit die im Anhang zur Richtlinie (EU) 2019/1937 angeführten unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Union sowie Bundes- und Landesgesetze, die in Umsetzung der im Teil II des Anhangs zur Richtlinie (EU) 2019/1937 angeführten verbindlich geregelten sektorspezifischen Rechtsakte der Europäischen Union erlassen wurden, keine verbindliche Regelung vorsehen.
(2) Andere als die in Abs. 1 genannten Rechtsvorschriften zum Verfahren und zum Schutz bei Hinweisen auf Rechtsverletzungen bleiben durch dieses Gesetz insoweit unberührt, als die in ihnen enthaltenen Bestimmungen
1. für Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber günstiger sind oder
2. über den persönlichen oder sachlichen Geltungsbereich der §§ 2 und 3 hinausgehen oder
3. die internen oder externen Meldekanäle für die Hinweisgebung, die Betrauung einer bestimmten Stelle mit der Entgegennahme oder Weiterverfolgung von Hinweisen, die Folgemaßnahmen oder die sonstige Behandlung von Hinweisen spezifischer regeln, ohne dabei von den Mindestanforderungen dieses Gesetzes abzuweichen.
(3) Bereits eingerichtete oder künftige Hinweisgebersysteme werden durch dieses Gesetz nicht berührt, soweit sie den Vorgaben des Abs. 1 oder 2 entsprechen.
(4) Vertragliche Vereinbarungen oder einseitige Anordnungen sind, insoweit sie von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichen, ohne eine der Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 zu erfüllen, rechtsunwirksam.
§ 5 Begriffsbestimmungen
Im Sinn dieses Gesetzes bedeutet
1. „Rechtsverletzung“: eine Handlung oder Unterlassung, die einen Verstoß gegen eine der in § 3 Abs. 2 bis 4 genannten Rechtsvorschriften darstellt oder dem Ziel oder dem Zweck der in § 3 Abs. 2 bis 4 genannten Rechtsvorschriften zuwiderläuft;
2. „Informationen über Rechtsverletzungen“: Informationen, einschließlich begründeter Verdachtsmomente, in Bezug auf tatsächliche oder mögliche Verstöße, die in der Organisation, in der die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber tätig ist oder war, oder in einer anderen Organisation, mit der die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber auf Grund ihrer bzw. seiner beruflichen Tätigkeit in Kontakt steht oder stand, bereits begangen wurden oder sehr wahrscheinlich erfolgen werden, sowie in Bezug auf Versuche der Verschleierung solcher Rechtsverletzungen;
3. „Meldung“ oder „melden“: die mündliche oder schriftliche Mitteilung von Informationen über Rechtsverletzungen;
4. „Hinweis (Hinweisgebung)“: Die von einer Hinweisgeberin bzw. einem Hinweisgeber im Wege der internen oder externen Meldung oder einer Veröffentlichung weitergegebenen Informationen über Rechtsverletzungen;
5. „interner bzw. externer Hinweis (interne bzw. externe Hinweisgebung)“: Meldung an die nach diesem Gesetz eingerichteten internen Stellen oder die nach diesem Gesetz zuständige externe Stelle;
6. „Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber“: die in § 2 Abs. 1 bis 3 genannten Personen, die nach den Vorgaben dieses Gesetzes Hinweise an eine interne oder an eine externe Stelle geben oder Informationen über Rechtsverletzungen veröffentlichen;
7. „interne Stelle“: die Person oder Organisationseinheit, die innerhalb einer Rechtsträgerin bzw. eines Rechtsträgers für die Entgegennahme und Bearbeitung von Hinweisen, für Rückmeldungen an die Hinweisgeberin bzw. den Hinweisgeber und/oder für die Prüfung und das Ergreifen und/oder Veranlassen von Folgemaßnahmen zuständig ist;
8. „externe Stelle(n)“: die nach diesem Gesetz oder nach einem Bundesgesetz oder dem Gesetz eines anderen Landes eingerichtete Stelle, die für die Entgegennahme und Bearbeitung von Hinweisen, für Rückmeldungen an die Hinweisgeberin bzw. den Hinweisgeber und/oder für Folgemaßnahmen zuständig ist;
9. „Veröffentlichung“: das öffentliche Zugänglichmachen von Informationen über Rechtsverletzungen;
10. „betroffene Person“: eine natürliche oder eine juristische Person, die im Hinweis oder in der Veröffentlichung als eine Person bezeichnet wird, welche die Rechtsverletzung begangen hat, oder die mit der bezeichneten Person verbunden ist;
11. „Rückmeldung“: die Unterrichtung der Hinweisgeberin bzw. des Hinweisgebers über die geplanten oder bereits ergriffenen Folgemaßnahmen und die Gründe für diese Folgemaßnahmen;
12. „Folgemaßnahmen“: die auf Grund eines Hinweises ergriffenen Maßnahmen, insbesondere Maßnahmen zur Prüfung der Stichhaltigkeit der im Hinweis erhobenen Behauptungen und gegebenenfalls gegen die gemeldete Rechtsverletzung gerichtete Maßnahmen, z.B. interne Nachforschungen, Ermittlungen, Strafverfolgungsmaßnahmen, Maßnahmen zur (Wieder-)Einziehung von Mitteln oder Abschluss des Verfahrens;
13. „Vergeltungsmaßnahmen“: direkte oder indirekte Handlungen oder Unterlassungen in einem beruflichen Kontext, die durch einen internen oder externen Hinweis oder die Veröffentlichung ausgelöst werden und durch die der Hinweisgeberin bzw. dem Hinweisgeber und/oder ihr bzw. ihm nahestehenden Personen ein ungerechtfertigter Nachteil entsteht oder entstehen kann.
§ 6 Vertraulichkeit, Verschwiegenheitspflicht und Schutz der Identität
(1) Der Schutz der Identität einer Hinweisgeberin bzw. eines Hinweisgebers ist ohne deren bzw. dessen ausdrückliche Zustimmung von den internen Stellen und der externen Stelle sowie von den mit dem Ergreifen von Folgemaßnahmen beauftragten Stellen stets zu wahren. Dies gilt auch für alle anderen Informationen, aus denen die Identität einer Hinweisgeberin bzw. eines Hinweisgebers direkt oder indirekt abgeleitet werden kann.
(2) Wird der Inhalt eines Hinweises anderen als den zuständigen und befugten Bediensteten bekannt, ist auch diesen Bediensteten die Offenlegung der Identität der Hinweisgeberin bzw. des Hinweisgebers und der in Abs. 1 genannten Informationen untersagt. Der Hinweis ist unverzüglich und auf sichere Weise an die zuständigen und befugten Stellen oder Bediensteten weiterzuleiten.
(3) Abweichend von Abs. 1 dürfen die Identität einer Hinweisgeberin bzw. eines Hinweisgebers und die in Abs. 1 letzter Satz genannten Informationen einer zuständigen (Ermittlungs-)Behörde bzw. einem zuständigen Gericht gegenüber nur dann offengelegt werden, wenn dies im Rahmen eines verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahrens oder eines Ermittlungsverfahrens nach der Strafprozessordnung 1975 zur Wahrung der Verteidigungsrechte der vom Hinweis betroffenen Personen oder zur Wahrheitsfindung notwendig und verhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind die im Fall der Offenlegung mögliche Gefährdung der Hinweisgeberin bzw. des Hinweisgebers, die Stichhaltigkeit und Schwere der erhobenen Vorwürfe und das Interesse an der Rechtsstaatlichkeit sowie an der Durchsetzung des Unionsrechts zu berücksichtigen.
(4) Die zuständige Behörde oder das zuständige Gericht muss die Hinweisgeberin bzw. den Hinweisgeber vor einer beabsichtigten Offenlegung gemäß Abs. 3 benachrichtigen und die dafür maßgebenden Gründe schriftlich darlegen. Dies gilt nicht, wenn die Benachrichtigung das verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Verfahren oder das Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung 1975 gefährden würde.
(5) Die Abs. 1 und 2 gelten auch für die von einem Hinweis betroffenen Personen, deren Identität während der Dauer der durch den Hinweis ausgelösten Untersuchung zu schützen ist. Die Offenlegung der Identität einer von einem Hinweis betroffenen Person oder sonstiger Informationen, aus denen die Identität dieser Person direkt oder indirekt abgeleitet werden kann, ist im Rahmen eines verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahrens oder eines Ermittlungsverfahrens nach der Strafprozessordnung 1975 dann zulässig, wenn dies seiner Art nach unerlässlich und im Hinblick auf die Stichhaltigkeit und Schwere der erhobenen Vorwürfe verhältnismäßig ist.
(6) Die internen Stellen und die externe Stelle sowie die zuständigen Behörden und Gerichte dürfen Geschäftsgeheimnisse, die ihnen auf Grund eines Hinweises bekannt werden, nicht für Zwecke benutzen oder offenlegen, die über das für ordnungsgemäße Folgemaßnahmen nach diesem Gesetz erforderliche Maß hinausgehen.
§ 7 Datenschutz
(1) Die internen Stellen und die externe Stelle sind im Rahmen der ihnen nach diesem Gesetz zukommenden Aufgaben und Verpflichtungen Verantwortliche nach Art. 4 Z 7 der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1, zuletzt berichtigt durch ABl. Nr. L 74 vom 4. März 2021, S. 35 (DSGVO). Die Verpflichtungen der bzw. des Verantwortlichen zum Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern nach diesem Gesetz gelten auch für Auftragsverarbeiterinnen und Auftragsverarbeiter.
(2) Die nach Abs. 1 Verantwortlichen sind zur Erfassung und Bearbeitung der eingelangten Hinweise sowie zum Ergreifen und Veranlassen von entsprechenden Folgemaßnahmen und von Rückmeldungen an die Hinweisgeberin bzw. den Hinweisgeber ermächtigt, folgende personenbezogene Daten der Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber, der von einem Hinweis betroffenen Personen sowie der von Folgemaßnahmen betroffenen oder in Folgemaßnahmen involvierten Personen zu verarbeiten:
1. Identifikationsdaten (insbesondere Vor- und Familienname, allfällige akademische Grade, Standesbezeichnungen oder Titel, frühere Namen, Funktion, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht, allenfalls Dienststelle),
2. Kontaktdaten (insbesondere Wohnsitz- und sonstige Adressdaten, Telefon- bzw. Faxnummer, E-Mail-Adresse),
3. die Sachverhaltsdarstellung samt allfälliger zweckdienlicher Unterlagen sowie
4. sonstige personenbezogene Daten, soweit diese zur Wahrnehmung der in diesem Gesetz übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden.
Soweit Verantwortliche nach Abs. 1 gemeinsam ein Hinweisgebersystem betreiben, sind sie ermächtigt, die in Z 1 bis 4 genannten personenbezogenen Daten unter Beachtung der zulässigen Verarbeitungszwecke gemeinsam zu verarbeiten.
(3) Die internen Stellen, gemeinsame interne Stellen gemäß § 10 Abs. 2 und die externe Stelle sind weiters ermächtigt, die in Abs. 2 genannten Daten unter Beachtung der genannten Verarbeitungszwecke einer zuständigen (Ermittlungs-)Behörde oder einem zuständigen Gericht in jenem Umfang zu übermitteln, der zur weiteren Ermittlung, Einleitung oder Durchführung eines Verfahrens unbedingt erforderlich ist.
(4) Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO und personenbezogener Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten gemäß Art. 10 DSGVO ist im Sinn des Abs. 2 zulässig, wenn
1. die Verarbeitung zur Erreichung der in Abs. 2 genannten Zwecke unbedingt erforderlich ist und
2. wirksame Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen getroffen werden, insbesondere dass
a) durch organisatorische und technische Vorkehrungen sichergestellt wird, dass der Zugriff auf die Daten nur den mit den Aufgaben nach diesem Gesetz betrauten Bediensteten der internen Stellen oder der externen Stelle möglich ist, und
b) die Zugriffsberechtigungen für den in lit. a genannten Personenkreis individuell festgelegt und dokumentiert wurden.
Personenbezogene Daten gemäß Art. 10 DSGVO dürfen nach Rechtskraft der Entscheidung über die Straftat in einem Verfahren, in dem diese Daten verarbeitet wurden, nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß verfügbar gehalten werden.
(5) Die für die Verarbeitung der Daten Verantwortlichen nach Abs. 1 haben die Information und Auskunftserteilung zu einem Hinweis an von einem Hinweis betroffene Personen zu unterlassen, wenn dies zum Schutz der Identität einer Hinweisgeberin bzw. eines Hinweisgebers oder zum Zweck der Ergreifung von Folgemaßnahmen erforderlich ist, insbesondere um Versuche der Verhinderung, Unterlaufung oder Verschleppung von Hinweisen oder von Folgemaßnahmen zu unterbinden. In diesen Fällen finden folgende in den Z 1 bis 7 aufgezählte Rechte einer von einem Hinweis betroffenen natürlichen Person und die Rechte einer juristischen Person, die sich aus den in den Z 2 bis 4 zitierten Bestimmungen des Datenschutzgesetzes (DSG) ergeben, jeweils keine Anwendung:
1. Recht auf Information (Art. 13 und 14 DSGVO),
2. Recht auf Auskunft (§ 1 Abs. 3 Z 1 DSG, Art. 15 DSGVO),
3. Recht auf Berichtigung (§ 1 Abs. 3 Z 2 DSG, Art. 16 DSGVO),
4. Recht auf Löschung (§ 1 Abs. 3 Z 2 DSG, Art. 17 DSGVO),
5. Recht auf Einschränkung der Verarbeitung (Art. 18 DSGVO),
6. Widerspruchsrecht (Art. 21 DSGVO) sowie
7. Recht auf Benachrichtigung von einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten (Art. 34 DSGVO).
(6) Personenbezogene Daten, die für die Bearbeitung eines Hinweises nicht benötigt werden, dürfen nicht erhoben werden bzw. sind unverzüglich zu löschen, falls sie unbeabsichtigt erhoben wurden.
(7) Hat ein Hinweis keinen ausreichend begründeten Verdacht einer Rechtsverletzung ergeben bzw. weder zur Einleitung noch zur Durchführung oder zur Einstellung eines (Ermittlungs-)Verfahrens geführt, sind die damit verbundenen personenbezogenen Daten von einer bzw. einem Verantwortlichen bis zu einem Jahr ab ihrer letztmaligen Verarbeitung oder Übermittlung aufzubewahren. Personenbezogene Daten, die auf Grund stichhaltiger Hinweise verarbeitet oder übermittelt wurden, sind bis zu fünf Jahre und darüber hinaus so lange aufzubewahren, als dies für die Durchführung verwaltungsbehördlicher oder gerichtlicher Verfahren oder zum Schutz einer der in Abs. 2 genannten Personen erforderlich und verhältnismäßig ist.
§ 8 Dokumentation, Aufzeichnung und Aufbewahrung von Hinweisen
(1) Interne Stellen und die externe Stelle haben alle eingehenden Hinweise unter Beachtung der §§ 6 und 7 zu dokumentieren.
(2) Aufgezeichnete telefonisch oder durch ein anderes Mittel der akustischen Sprachübertragung gegebene mündliche Hinweise dürfen wie folgt dokumentiert werden, sofern die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber dazu ihre bzw. seine Zustimmung erteilt hat:
1. in Form der Tonaufzeichnung des Gesprächs, die es für die Dauer der Überprüfung der Stichhaltigkeit des Hinweises und zu Beweiszwecken in einem nachfolgenden verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren abrufbar macht, oder
2. durch ein vollständiges und genaues Gesprächsprotokoll, das von den für die Bearbeitung des Hinweises verantwortlichen Bediensteten angefertigt wird.
Der Hinweisgeberin bzw. dem Hinweisgeber ist Gelegenheit zu geben, das Gesprächsprotokoll zu prüfen, gegebenenfalls zu berichtigen und durch ihre bzw. seine Unterschrift zu bestätigen.
(3) Telefonisch oder durch ein anderes Mittel der akustischen Sprachübertragung gegebene mündliche Hinweise, die nicht aufgezeichnet wurden, dürfen in Form eines detaillierten Gesprächsprotokolls dokumentiert werden. Abs. 2 zweiter Satz gilt sinngemäß.
(4) Wird der Hinweis auf Wunsch der Hinweisgeberin bzw. des Hinweisgebers im Rahmen eines aufgezeichneten persönlichen Gesprächs gegeben, darf dieses Gespräch wie folgt dokumentiert werden, wenn die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber dazu ihre bzw. seine Zustimmung erteilt:
1. durch die Tonaufzeichnung des Gesprächs im Sinn des Abs. 2 Z 1 oder
2. durch ein von der bzw. dem für die Entgegennahme des Hinweises zuständigen Bediensteten angefertigtes vollständiges und genaues Gesprächsprotokoll.
Abs. 2 zweiter Satz gilt sinngemäß.
(5) Wird der Hinweis im Rahmen eines persönlichen Gesprächs oder eines vergleichbaren anderen Mittels der Begegnung, insbesondere einer Videokonferenz, gegeben und nicht aufgezeichnet, darf der mündlich gegebene Hinweis in Form eines detaillierten Gesprächsprotokolls dokumentiert werden. Abs. 2 zweiter Satz gilt sinngemäß.
(6) Die Aufzeichnungen und Protokolle gemäß Abs. 2 bis 5 sind in einem vertraulichen und sicheren System zu speichern, Zugriffe auf dieses System sind zu protokollieren und so zu beschränken, dass die darin gespeicherten Daten nur den zuständigen Bediensteten zugänglich sind, die den Zugriff auf die Daten für die weitere Bearbeitung des Hinweises benötigen.
§ 9 Information über die Behandlung von Hinweisen durch interne und externe Stellen
(1) Rechtsträgerinnen und Rechtsträger gemäß § 10 Abs. 1 haben sicherzustellen, dass Personen, die Hinweise auf Rechtsverletzungen geben wollen, einfachen Zugang zu klaren Informationen über die Möglichkeit und das Verfahren der Hinweisgebung an die für die Rechtsträgerin bzw. den Rechtsträger zuständige interne Stelle nach dem 2. Hauptstück und an die externe Stelle nach dem 3. Hauptstück erhalten.
(2) Die externe Stelle des Landes Wien hat auf einer gesonderten sowie leicht erkennbaren und zugänglichen Seite ihres Internetauftritts folgende Informationen in verständlicher Sprache bereitzuhalten:
1. die Voraussetzungen für den Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern;
2. das Verfahren betreffend das Einbringen und die Bearbeitung von Hinweisen;
3. die Bestimmungen der §§ 6 und 7 betreffend die Vertraulichkeit und die Verarbeitung personenbezogener Daten einschließlich der Grundsätze der Datenverarbeitung sowie der Einschränkung der Rechte der von einem Hinweis betroffenen Person gemäß § 7 Abs. 5;
4. die auf Grund eines Hinweises möglichen Folgemaßnahmen;
5. den Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern vor Vergeltungsmaßnahmen und die Möglichkeit einer vertraulichen Beratung von Personen, die in Erwägung ziehen, einen Hinweis zu geben;
6. eine Erläuterung, aus der die Voraussetzungen eindeutig hervorgehen, unter denen Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber wegen Verletzung von Geheimhaltungsverpflichtungen nicht haftbar sind;
7. die Kontaktdaten, insbesondere E-Mail-Adressen, Postanschriften und Telefonnummern der externen Stelle sowie weiterer Einrichtungen zur vertraulichen Beratung von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern.
2. Hauptstück
Interne Meldekanäle für Hinweise
§ 10 Pflicht zur Einrichtung interner Meldekanäle für Hinweise
(1) Zur Einrichtung einer internen Stelle sind verpflichtet:
1. die Stadt Wien,
2. die durch Wiener Landesgesetze eingerichteten Selbstverwaltungskörper, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts,
3. die nach Wiener Landesgesetzen gegründeten Stiftungen und Fonds,
4. die Rechtsträgerinnen und Rechtsträger, deren Organisationsrecht in einem Wiener Landesgesetz geregelt ist und
5. die durch die Gemeinde Wien geschaffenen öffentlich-rechtlichen Rechtsträgerinnen und Rechtsträger.
Für die in Z 2 bis 5 genannten Rechtsträgerinnen und Rechtsträger gilt dies nur, wenn sie 50 oder mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bzw. Bedienstete beschäftigen oder, nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 bis 3, unter den Anwendungsbereich der in den Teilen I.B und II des Anhangs zur Richtlinie (EU) 2019/1937 genannten Rechtsakte der Europäischen Union fallen. Bei Rechtsträgerinnen und Rechtsträgern mit wechselndem, z.B. saisonal schwankendem, Beschäftigtenstand ist dabei auf die durchschnittliche Beschäftigtenzahl während der drei Monate des vorangegangenen Kalenderjahres mit dem höchsten Beschäftigtenstand abzustellen.
(2) Das System für die interne Hinweisgebung muss von einer eigens damit betrauten Person oder Organisationseinheit als interne Stelle im Sinn dieses Gesetzes betrieben werden. Mit den Aufgaben der internen Stelle können auch Dritte beauftragt werden. Rechtsträgerinnen und Rechtsträger gemäß Abs. 1 Z 2 bis 5 können die Aufgaben der internen Stelle auf eine gemeinsame Stelle übertragen. Die in diesem Gesetz für interne Stellen festgelegten Anforderungen, Rechte und Pflichten gelten auch für die mit den Aufgaben einer internen Stelle betrauten Dritten und gemeinsamen Stellen.
(3) Die internen Stellen sind für die Entgegennahme von Hinweisen, für die Kontakte mit der Hinweisgeberin bzw. dem Hinweisgeber, insbesondere für Rückfragen, um weitere Informationen zu erhalten, und für Rückmeldungen an die Hinweisgeberin bzw. den Hinweisgeber zuständig. Folgemaßnahmen, wie z.B. interne Nachforschungen und Untersuchungen sowie Anzeigen und Mitteilungen an die dafür zuständigen Gerichte und Behörden, können von den dafür namhaft gemachten Bediensteten der internen Stelle gesetzt oder veranlasst werden.
(4) Die internen Stellen sind mit den zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen finanziellen und personellen Mitteln auszustatten. Die Meldekanäle für die interne Hinweisgebung sind so sicher zu gestalten, einzurichten und zu betreiben, dass die Vertraulichkeit der Identität der Hinweisgeberin bzw. des Hinweisgebers, der vom Hinweis betroffenen und der sonst im Hinweis genannten Personen gewahrt bleibt. Der Zugriff auf diese vertraulichen Informationen ist auf die dazu befugten Bediensteten der internen Stelle zu beschränken.
§ 11 Verfahren der internen Stellen und Folgemaßnahmen
(1) Die internen Stellen sind zur Entgegennahme und zur unparteilichen Prüfung von Hinweisen verpflichtet. Die Hinweisgebung muss jedenfalls für die in § 2 Abs. 1 und 2 genannten Personen zulässig sein, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit mit der Rechtsträgerin bzw. dem Rechtsträger im Kontakt stehen.
(2) Ein anonymer Hinweis ist nach seinem Einlangen von der internen Stelle daraufhin zu prüfen, ob sein Inhalt eine ausreichende Grundlage für das weitere Verfahren, insbesondere für die Ergreifung von Folgemaßnahmen bildet. Ist dies der Fall und besteht Grund zu der Annahme, dass die anonyme Hinweisgeberin bzw. der anonyme Hinweisgeber berechtigt ist, Hinweise an die interne Stelle zu richten, so ist der Hinweis zu dokumentieren und sind die erforderlichen Folgemaßnahmen zu ergreifen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so gilt der anonyme Hinweis als nicht entgegengenommen und sind keine weiteren Schritte zu setzen
(3) Hinweise müssen der internen Stelle schriftlich oder mündlich oder in beiden Formen gegeben werden können. Mündliche Hinweise müssen telefonisch oder im Wege anderer technischer Möglichkeiten zur akustischen Sprachübertragung gegeben werden können. Auf Wunsch der Hinweisgeberin bzw. des Hinweisgebers müssen mündliche Hinweise im Rahmen eines persönlichen Gesprächs entgegengenommen werden. Der Gesprächstermin ist spätestens innerhalb von 14 Kalendertagen zu ermöglichen. Die Dokumentation, Aufzeichnung und Aufbewahrung von Hinweisen hat gemäß § 8 zu erfolgen.
(4) Das Einlangen eines Hinweises ist umgehend, spätestens aber nach sieben Kalendertagen, schriftlich zu bestätigen.
(5) Jeder Hinweis ist auf seine Stichhaltigkeit zu überprüfen. Die interne Stelle muss einem Hinweis nicht nachgehen, der nicht in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fällt. Bei offenkundig falschen oder irreführenden Hinweisen ist gemäß § 19 Abs. 4 vorzugehen.
(6) Die interne Stelle kann die Hinweisgeberin bzw. den Hinweisgeber um ergänzende Auskünfte ersuchen, wenn dies für die Prüfung des Hinweises erforderlich ist. Die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber ist berechtigt, der internen Stelle selbstständig Ergänzungen oder Berichtigungen zum Hinweis zu übermitteln. Auf Wunsch der Hinweisgeberin bzw. des Hinweisgebers ist das Einlangen von Ergänzungen und Berichtigungen zu bestätigen. Abs. 4 gilt sinngemäß.
(7) Spätestens drei Monate nach dem für die Bestätigung des Einlangens des Hinweises maßgebenden Zeitpunkt (Abs. 4) hat die interne Stelle der Hinweisgeberin bzw. dem Hinweisgeber bekanntzugeben,
1. welche Folgemaßnahmen die interne Stelle ergriffen hat oder zu ergreifen beabsichtigt oder
2. aus welchen Gründen die interne Stelle den Hinweis nicht weiterverfolgt.
3. Hauptstück
Externe Meldekanäle und Veröffentlichung von Hinweisen
1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 12 Verhältnis der internen und externen Hinweisgebung sowie der Veröffentlichung zueinander
(1) Hinweise im Sinn dieses Gesetzes sollen in erster Linie über die dafür vorgesehenen internen Meldekanäle nach dem 2. Hauptstück gegeben werden. Über einen externen Meldekanal sollen Hinweise insbesondere dann eingebracht werden, wenn auf Grund eines Hinweises über interne Meldekanäle innerhalb der Frist des § 11 Abs. 7 keine geeigneten Folgemaßnahmen gesetzt wurden, bei Einbringung des Hinweises über einen internen Meldekanal nicht wirksam gegen die Rechtsverletzung vorgegangen werden kann oder die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber diesfalls Vergeltungsmaßnahmen zu befürchten hat.
(2) Die Veröffentlichung (§ 5 Z 9) von Informationen im Sinn dieses Gesetzes ist zulässig, wenn die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber
1. diese Informationen zuerst in Form eines Hinweises an die internen und/oder an die externen Meldekanäle weitergegeben hat, auf Grund dieses Hinweises aber innerhalb der Frist des § 16 Abs. 7 keine geeigneten Maßnahmen gesetzt wurden oder
2. hinreichenden Grund zu der Annahme hat, dass
a) die Rechtsverletzung eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellt, wie z.B. in einer Notsituation oder bei Gefahr eines irreversiblen Schadens, oder
b) im Fall eines externen Hinweises Vergeltungsmaßnahmen zu befürchten sind oder auf Grund der besonderen Umstände des Falls geringe Aussichten bestehen, dass wirksam gegen die Rechtsverletzung vorgegangen wird, insbesondere weil Beweismittel unterdrückt oder vernichtet werden könnten oder eine Absprache zwischen der Urheberin bzw. dem Urheber der Rechtsverletzung und der externen Stelle oder eine Beteiligung der externen Stelle an der Rechtsverletzung bestehen könnte.
§ 13 Zuständigkeit der externen Stelle des Landes Wien
(1) Die externe Stelle des Landes Wien ist zur Überprüfung von Hinweisen auf Rechtsverletzungen in den in § 3 genannten Rechtsbereichen nur zuständig, soweit diese in die Gesetzgebungskompetenz des Landes Wien fallen. Für Hinweise in Angelegenheiten, die in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes oder eines anderen Landes fallen, richtet sich die Zuständigkeit der externen Stelle nach den maßgebenden Gesetzen des Bundes oder des betroffenen Landes.
(2) Einlangende Hinweise, für welche die externe Stelle des Landes Wien unzuständig ist, hat sie unverzüglich an die externe Stelle des Bundes oder des betreffenden anderen Landes weiterzuleiten. Die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber ist davon unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
2. Abschnitt
Organisation, Verfahren und Folgemaßnahmen der externen Stelle des Landes Wien
§ 14 Organisation der externen Stelle des Landes Wien
(1) Die externe Stelle des Landes Wien ist als Meldekanal im Sinn des Art. 11 der Richtlinie (EU) 2019/1937 einzurichten und auszugestalten. Die Leiterin bzw. der Leiter der externen Stelle des Landes Wien ist von der Landesregierung für die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Eine auch mehrfache Wiederbestellung ist zulässig. Die Leiterin bzw. der Leiter der externen Stelle des Landes Wien wird von der bzw. dem von ihr bzw. ihm zu bestellenden Stellvertreterin bzw. Stellvertreter vertreten.
(2) Die Leiterin bzw. der Leiter der externen Stelle des Landes Wien ist in Ausübung ihres bzw. seines Amts unabhängig und an keine Weisungen gebunden. Die Landesregierung hat das Recht, sich über die Gegenstände der Geschäftsführung der externen Stelle des Landes Wien zu unterrichten. Dem ist von der Leiterin bzw. dem Leiter der externen Stelle des Landes Wien nur insoweit zu entsprechen, als dies nicht ihrer bzw. seiner Unabhängigkeit widerspricht.
(3) Das Amt der Wiener Landesregierung hat für die Bereitstellung der zur Erfüllung der Aufgaben der externen Stelle des Landes Wien erforderlichen personellen und sachlichen Erfordernisse Sorge zu tragen.
(4) Die Bediensteten der externen Stelle des Landes Wien müssen speziell für den Umgang mit Hinweisen geschult sein. Sie sind bei ihrer fachlichen Tätigkeit nur an die Weisungen der Leiterin bzw. des Leiters der externen Stelle des Landes Wien gebunden.
(5) Die externe Stelle des Landes Wien ist berechtigt, von den zuständigen Dienststellen der Stadt Wien und den betroffenen Rechtsträgerinnen und Rechtsträgern im Sinn des § 10 Abs. 1 die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und zur Überprüfung von Hinweisen nach diesem Gesetz unbedingt erforderlichen Informationen zu behaupteten Rechtsverletzungen einzuholen. Die Herausgabe von Informationen darf unter Berufung auf die Amtsverschwiegenheit oder den Datenschutz nur dann verweigert werden, wenn
1. im Einzelfall schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen überwiegen oder
2. auf Grund der Information Geschäftsgeheimnisse offengelegt werden müssten.
(6) Die externe Stelle des Landes Wien hat die Vorschriften zum Schutz der Identität von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern sowie der von einem Hinweis betroffenen Personen, insbesondere betreffend die Vertraulichkeit (§ 6 und § 15 Abs. 1), und den Datenschutz (§ 7) durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen zu gewährleisten.
§ 15 Anforderungen an die externe Stelle des Landes Wien
(1) Die externe Stelle des Landes Wien hat so gestaltet, eingerichtet und betrieben zu werden, dass die Vollständigkeit, Integrität und Vertraulichkeit der bei ihr einlangenden Hinweise gewährleistet ist. Es ist sicherzustellen, dass nur die für die Bearbeitung der Hinweise befugten Bediensteten auf die Hinweise zugreifen können. Die Speicherung von Informationen zur Dokumentation der Hinweise und zur Ermöglichung weiterer Untersuchungen ist unter den Voraussetzungen des § 7 zu ermöglichen.
(2) Hinweise müssen sowohl schriftlich als auch mündlich gegeben werden können. Mündliche Hinweise müssen telefonisch oder im Wege anderer technischer Möglichkeiten zur Sprachübertragung gegeben werden können. § 8 ist anzuwenden. Auf Wunsch der Hinweisgeberin bzw. des Hinweisgebers müssen mündliche Hinweise im Rahmen eines persönlichen Gesprächs entgegengenommen werden. Der Gesprächstermin ist spätestens innerhalb von 14 Kalendertagen zu ermöglichen.
(3) Die Bediensteten der externen Stelle haben stets die Verschwiegenheit gemäß § 6 zu beachten.
(4) Die externe Stelle des Landes Wien hat die Bediensteten, die mit der Bearbeitung von Hinweisen betraut sind, indem sie
1. Informationen über die Meldeverfahren an interessierte Personen übermitteln,
2. Hinweise entgegennehmen und entsprechende Folgemaßnahmen ergreifen sowie
3. den Kontakt zur Hinweisgeberin bzw. zum Hinweisgeber aufrechterhalten, um Rückmeldungen zu erstatten und erforderlichenfalls weitere Informationen anzufordern,
zu benennen und einer speziellen Schulung für diese Aufgaben zu unterziehen.
§ 16 Verfahren und Folgemaßnahmen der externen Stelle des Landes Wien
(1) Die externe Stelle hat Hinweise im Sinn dieses Gesetzes entgegenzunehmen und zu prüfen, Rückmeldungen an die Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber zu geben sowie entsprechende und ordnungsgemäße Folgemaßnahmen zu ergreifen. Für die Prüfung und weitere Bearbeitung von anonymen Hinweisen durch die externe Stelle gilt § 11 Abs. 2 sinngemäß.
(2) Das Einlangen eines Hinweises ist umgehend, spätestens aber nach sieben Kalendertagen schriftlich zu bestätigen, wenn sich die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat und die externe Stelle davon ausgehen kann, dass die Bestätigung des Eingangs des Hinweises den Schutz der Identität der Hinweisgeberin bzw. des Hinweisgebers nicht beeinträchtigen wird.
(3) Hinweise sind umfassend, sorgfältig, objektiv und unparteilich auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen. Gelangt die externe Stelle auf Grund ihrer Überprüfung zum Schluss, dass der Hinweis
1. nicht in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fällt oder
2. keine Anhaltspunkte für seine Stichhaltigkeit enthält oder
3. ausschließlich eine eindeutig geringfügige Rechtsverletzung betrifft oder
4. auf Grund eines bereits früher gegebenen gleichlautenden Hinweises als vollständig und abschließend geprüft gelten kann, sofern nicht neue rechtliche oder sachliche Umstände ein anderes Vorgehen rechtfertigen,
muss dem Hinweis nicht weiter nachgegangen werden. Bei offenkundig falschen oder irreführenden Hinweisen ist gemäß § 19 Abs. 4 vorzugehen.
(4) Bei der Überprüfung des Hinweises hat die externe Stelle nach Möglichkeit zu ermitteln, inwieweit die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber den Hinweis im Sinn des § 12 Abs. 1 einer internen Stelle gegeben hat oder geben hätte können. Je nach Ergebnis dieser Ermittlungen ist mit der Hinweisgeberin bzw. dem Hinweisgeber die Zweckmäßigkeit einer vorhergehenden Inanspruchnahme einer internen Stelle zu erörtern.
(5) Erweist sich ein Hinweis als stichhaltig, hat die externe Stelle unverzüglich geeignete Folgemaßnahmen zu veranlassen.
(6) Die externe Stelle kann die Hinweisgeberin bzw. den Hinweisgeber um ergänzende Auskünfte ersuchen, wenn dies für die Bewertung des Hinweises erforderlich ist. Die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber ist berechtigt, der externen Stelle selbstständig Ergänzungen oder Berichtigungen zum Hinweis zu übermitteln. Auf Wunsch der Hinweisgeberin bzw. des Hinweisgebers ist das Einlangen von Ergänzungen und Berichtigungen zu bestätigen. Abs. 2 gilt sinngemäß.
(7) Spätestens drei Monate, in hinreichend begründeten Fällen spätestens sechs Monate nach Einlangen eines Hinweises hat die externe Stelle des Landes Wien der Hinweisgeberin bzw. dem Hinweisgeber bekanntzugeben,
1. zu welchen Ergebnissen sie bei der Überprüfung des Hinweises gelangt ist und
2. welche Folgemaßnahmen sie ergriffen hat oder noch zu ergreifen beabsichtigt oder
3. aus welchen Gründen sie den Hinweis nicht weiterverfolgt.
Die externe Stelle des Landes Wien hat der Hinweisgeberin bzw. dem Hinweisgeber das abschließende Ergebnis der auf Grund des Hinweises erfolgten Überprüfung, einschließlich des Ausgangs von Verfahren, die auf Grund des Hinweises eingeleitet wurden, mitzuteilen.
(8) Sofern das Unionsrecht dies vorsieht, sind die im Hinweis enthaltenen Informationen rechtzeitig an die jeweils zuständigen Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union zur weiteren Untersuchung weiterzuleiten.
3. Abschnitt
Überprüfung und statistische Erfassung der Verfahren der externen Stelle des Landes Wien
§ 17 Überprüfung der Verfahren der externen Stelle des Landes Wien
Die externe Stelle des Landes Wien hat ihr Verfahren hinsichtlich der Entgegennahme und Behandlung von Hinweisen und der diesbezüglichen Folgemaßnahmen regelmäßig und mindestens alle drei Jahre zu überprüfen. Bei dieser Überprüfung hat sie neben den eigenen Erfahrungen auch die Erfahrungen der externen Stellen anderer Gebietskörperschaften zu berücksichtigen.
§ 18 Statistische Erfassung von Hinweisen und Berichterstattung
Die externe Stelle des Landes Wien hat eingegangene Hinweise in Form anonymisierter und aggregierter Daten statistisch nach den folgenden Indikatoren zu erfassen:
1. die Zahl der bei ihr eingegangenen Hinweise,
2. die Zahl der Untersuchungen und Gerichtsverfahren, die infolge dieser Hinweise eingeleitet wurden, sowie deren Ergebnisse, und
3. soweit festgestellt, die Höhe des geschätzten finanziellen Schadens sowie der im Anschluss an Untersuchungen und gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verfahren zu den gemeldeten Rechtsverletzungen wieder eingezogenen Beträge.
4. Hauptstück
Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern
§ 19 Voraussetzungen für den Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern
(1) Der Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern nach diesem Gesetz gilt für Personen, die
1. zum Zeitpunkt des Hinweises unter Berücksichtigung aller ihnen zur Verfügung stehenden Informationen hinreichenden Grund zur Annahme haben, dass die von ihnen im Hinweis weitergegebenen Informationen über Rechtsverletzungen der Wahrheit entsprechen und in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen, und
2. diese Informationen in einem Hinweis der nach dem 2. Hauptstück zuständigen internen Stelle oder der nach dem 3. Hauptstück zuständigen externen Stelle weitergeben oder unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 veröffentlichen.
(2) Unter der Voraussetzung des Abs. 1 haben Personen, die den dafür zuständigen Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union Hinweise auf Rechtsverletzungen im Rahmen des sachlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes erstatten, Anspruch auf den gleichen Schutz wie Personen, die der zuständigen externen Stelle einen Hinweis geben.
(3) Sofern die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt sind, haben auch anonyme Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber Anspruch auf Schutz nach den Bestimmungen des 4. Hauptstücks, wenn ihre Identität in weiterer Folge bekannt wird und sie auf Grund des Hinweises Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt sind.
(4) Hinweise, die offenkundig falsch oder irreführend sind, sind von den Stellen, die sie erhalten, nicht in Behandlung zu ziehen. Die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber ist darüber zu informieren, dass derartige Hinweise Schadenersatzansprüche begründen können und gerichtlich oder als Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Z 4 strafbar sind.
§ 20 Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen
(1) Jede Form einer Vergeltungsmaßnahme gegen die in § 2 genannten Personen auf Grund eines gerechtfertigten Hinweises (§ 19 Abs. 1) ist verboten. Dies gilt auch für das Androhen und den Versuch einer Vergeltungsmaßnahme. Sofern eine Maßnahme nicht aus anderen Gründen, die in keinem Zusammenhang mit dem gegebenen Hinweis stehen, unzweifelhaft sachlich gerechtfertigt ist, sind insbesondere folgende Maßnahmen rechtsunwirksam:
1. Suspendierung, Kündigung oder vergleichbare Maßnahmen;
2. Nichtverlängerung oder vorzeitige Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrags;
3. vorzeitige Kündigung oder Aufhebung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen;
4. Herabstufung oder Versagung einer Beförderung, einer Höherreihung oder eines sonstigen beruflichen Aufstiegs;
5. Aufgabenverlagerung, Änderung des Arbeitsortes, Minderung des Entgelts, Änderung der Arbeitszeit;
6. Versagung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen;
7. negative oder schlechte Dienstbeschreibung oder Leistungsbeurteilung oder Ausstellung eines schlechten Dienstzeugnisses;
8. Disziplinarmaßnahme, Ermahnung, Rüge oder sonstige Sanktion einschließlich finanzieller Sanktionen;
9. Entzug einer Lizenz oder einer Genehmigung.
(2) Personen, die eine der folgenden Maßnahmen als Vergeltung für einen berechtigten Hinweis (§ 19 Abs. 1) setzen, sind zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes, zum Ersatz des Vermögensschadens sowie zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet:
1. Nötigung, Einschüchterung, Mobbing oder Ausgrenzung;
2. Diskriminierung, benachteiligende oder ungleiche Behandlung;
3. Nichtumwandlung eines befristeten Arbeitsvertrags in einen unbefristeten Arbeitsvertrag in Fällen, in denen eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer zu Recht erwarten durfte, einen unbefristeten Arbeitsvertrag angeboten zu bekommen;
4. Schädigung einschließlich Rufschädigung, insbesondere in den sozialen Medien, oder Herbeiführung finanzieller Verluste einschließlich Auftrags- oder Einnahmeverluste;
5. Erfassung der Hinweisgeberin bzw. des Hinweisgebers auf einer „schwarzen Liste“ auf Basis einer informellen oder formellen sektor- oder branchenspezifischen Vereinbarung mit der Folge, dass der Hinweisgeberin bzw. dem Hinweisgeber die Aufnahme einer Beschäftigung sektor- oder branchenweit erschwert wird;
6. psychiatrische oder sonstige Zuweisung zu ärztlicher Behandlung.
§ 21 Information, Beratung und Verfahrenshilfe
(1) Die externe Stelle des Landes Wien hat im Rahmen ihres Internetauftritts (§ 9 Abs. 2) umfassende und unabhängige Informationen über die verfügbaren Abhilfemöglichkeiten und Verfahren gegen Vergeltungsmaßnahmen und die Rechte der betroffenen Personen bereitzustellen sowie für die in § 2 genannten Personen eine einfach und kostenlos zugängliche Beratung anzubieten.
(2) Die externe Stelle des Landes Wien hat Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern beim Kontakt mit den für den Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen zuständigen Behörden und Gerichten zu unterstützen und sie darüber zu informieren, dass ihnen in Straf- oder Zivilverfahren nach Maßgabe der Bestimmungen der Strafprozessordnung 1975 oder der Zivilprozessordnung ein Anspruch auf Verfahrenshilfe zusteht.
§ 22 Haftungsbefreiung und Befreiung von Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten
(1) Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber, die im Sinn des § 19 Abs. 1 geschützt sind, und Personen, die ihnen nahestehen (§ 2 Abs. 4), haften nicht für tatsächliche oder rechtliche Folgen eines berechtigten Hinweises.
(2) Durch Hinweise an interne Stellen nach dem 2. Hauptstück, Hinweise an die externe Stelle nach dem 3. Hauptstück oder eine Veröffentlichung gemäß § 12 Abs. 2, in denen Tatsachen oder Informationen offengelegt werden, zu deren Geheimhaltung die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber grundsätzlich, auf Grund einer Rechtsvorschrift oder einer vertraglichen Vereinbarung verpflichtet ist, werden diese Geheimhaltungspflichten nicht verletzt, sofern
1. der Hinweis nach § 19 Abs. 1 berechtigt ist,
2. der Hinweis keine in § 3 Abs. 5 Z 1 bis 3 genannten Informationen beinhaltet und
3. die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber einen hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass der Hinweis notwendig ist, um eine Rechtsverletzung aufzudecken oder zu verhindern.
§ 23 Gesetzliche Vermutung
In Verfahren, die sich auf eine von der Hinweisgeberin bzw. dem Hinweisgeber erlittene Benachteiligung beziehen und in denen die Hinweisgeberin bzw. der Hinweisgeber behauptet, dass die Benachteiligung nur auf Grund des Hinweises erfolgt ist, wird vermutet, dass die Benachteiligung eine Vergeltungsmaßnahme im Sinn des § 20 darstellt. Es obliegt der Person oder der Dienststelle oder der Rechtsträgerin bzw. dem Rechtsträger, die die benachteiligende Maßnahme gesetzt hat, zu beweisen, dass diese Maßnahme aus hinreichend gerechtfertigten Gründen gesetzt wurde.
5. Hauptstück
Schlussbestimmungen
§ 24 Verwaltungsstrafen
Wer
1. eine der in § 2 genannten Personen an der Hinweisgebung behindert oder zu behindern versucht oder durch mutwillige gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verfahren unter Druck setzt,
2. eine der in § 20 Abs. 1 Z 1 bis 9 oder Abs. 2 Z 1 bis 6 genannten Maßnahmen zur Vergeltung einer Hinweisgebung setzt,
3. die Bestimmungen des § 6, § 10 Abs. 4 oder § 15 Abs. 1 zum Schutz der Vertraulichkeit verletzt,
4. wissentlich einen falschen oder irreführenden Hinweis gibt,
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Magistrat mit Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10 000 Euro zu bestrafen.
§ 25 Verweisungen auf andere Gesetze und auf das Unionsrecht
(1) Soweit in diesem Gesetz auf andere Wiener Landesgesetze verwiesen wird, sind diese in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
(2) Soweit dieses Gesetz auf Bundesgesetze verweist, sind diese in der am 1. September 2024 geltenden Fassung anzuwenden.
(3) Soweit dieses Gesetz auf Rechtsakte der Europäischen Union verweist, ist darunter die Fassung dieser Rechtsakte am 1. September 2024 zu verstehen.
§ 26 Richtlinienumsetzung
Durch dieses Gesetz wird die Richtlinie (EU) 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, ABl. Nr. L 305 vom 26. November 2019, S. 17, umgesetzt.
§ 27 Inkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Die in diesem Gesetz enthaltenen Schutzbestimmungen für Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber sowie der von einem Hinweis betroffenen Personen sind auch auf Sachverhalte, die sich nach dem 16. Dezember 2021 ereignet haben, anzuwenden. Verwaltungsstrafen auf Grund des § 24 dürfen nur ausgesprochen werden, wenn die strafbare Handlung nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmung begangen wurde.
(2) Die §§ 10 und 11 sind auf Rechtsträgerinnen und Rechtsträger mit weniger als 250 Beschäftigten erst ab dem 17. Dezember 2023 anzuwenden.
(3) Für die Einrichtung der externen Stelle gemäß § 14 gilt eine Übergangsfrist bis 31. Dezember 2022.