JudikaturJustiz9Ob88/04p

9Ob88/04p – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. August 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 30. April 1977 verstorbenen Heinrich ***** B*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs 1) der Erdmuthe H*****, D-*****, und 2) des Dr. Michael B*****, D-*****, beide vertreten durch Dr. Nikolaus Schirnhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. Mai 2004, GZ 42 R 92/04x 63, womit dem Rekurs der Einschreiter gegen die Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 6. Oktober 1978, GZ 1 A 379/77 30, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichts sowie der Beschluss des Erstgerichts vom 6. Oktober 1978, ON 30 (Einantwortungsurkunde), und die Punkte 1. und 3. des Beschlusses vom 6. Oktober 1978, ON 29 (Mantelbeschluss) werden aufgehoben.

Die Verlassenschaftssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Der Erblasser war österreichischer Staatsbürger. Er hinterließ eine als Testament bezeichnete letztwillige Verfügung vom 22. Mai 1976 (ON 4), die - soweit hier von Interesse - folgenden Inhalt hat:

Ich, [...] bestimme hiermit als meinen letzten Willen:

I. Erbin meines hier in Österreich verfügbaren geringen Besitzes und Eigentums soll die Großnichte meiner [...] verstorbenen Ehefrau [...] Viviane H***** [...] sein. [...].

II. Meinen in Magdeburg (DDR) noch befindlichen Besitz und meine dort noch geltend zu machenden Ansprüche aller Art vererbe ich wie folgt:

1.) Das Barguthaben auf Konto 3271-43-462 bei der Staatsbank der DDR, Kreisfiliale Magdeburg [...] erben zu je 1/3: [...]

2. meine Ansprüche an dem zur Zeit noch ungeteilten Rest der Erbengemeinschaft B ***** (= Luise B***** Erben) in Magdeburg, zur Zeit verwaltet von der „Kommunale Wohnungsverwaltung Magdeburg VEB“ [...] erben zu

a) [...] zu 2/6.

b) die Nachkommen meiner verstorbenen Cousine [...], nämlich Herr Dr. Michael M***** [...] und Frau Erdmuthe H***** [...], beide je 1/6. [...]

c) [...], beide je 1/6.

3. meine Entschädigungsansprüche aus der Enteignung der Firma [...], Magdeburg [...], erben zu je 1/3 [...].

Dem Verlassenschaftsverfahren wurde nur Viviane H***** - nicht aber die weiteren in der letztwilligen Verfügung genannten Personen - beigezogen. Viviane H***** gab am 30. Dezember 1977 aufgrund des Testaments die unbedingte Erbserklärung „hinsichtlich des in Österreich gelegenen Vermögens des Verstorbenen“ ab (ON 13). Mit Beschluss vom 31. Jänner wurde die „zum gesamten Nachlass abgegebene“ unbedingte Erbserklärung zu Gericht angenommen (ON 15).

Das von Viviane H***** am 25. September 1978 vorgelegte eidesstättiges Vermögensbekenntnis (ON 26) enthält folgende Aktiven:

1. Pachtrechte am D*****: S 5.000,-;

2. Wohnungseinrichtung: S 15.000,-;

3. Forderung gegen die DDR wegen beschlagnahmter Vermögenswerte: S 1,- .“

Mit Einantwortungsurkunde vom 6. Oktober 1978 (ON 30) wurde Viviane H***** der „der inländischen Gerichtsbarkeit unterworfene“ Nachlass des Erblassers eingeantwortet. Mit den Punkten 1) und 3) des Mantelbeschlusses (ON 29) wurde das eidesstättige Vermögensbekenntnis der Abhandlung zugrunde gelegt, die Erlassung der Einantwortungsurkunde festgehalten und mit dem Eintritt ihrer Rechtskraft die Verlassenschaftsabhandlung für beendet erklärt. Mantelbeschluss und Einantwortungsurkunde wurden nur Viviane H***** zugestellt.

Mit ihrem am 15. Jänner 2004 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz ON 56 erklärten Erdmuthe H***** und Dr. Michael B*****, die Erbschaft anzunehmen und erhoben gleichzeitig Rekurs gegen den Einantwortungsbeschluss.

Die Rekurswerber, die in der letztwilligen Verfügung mit je einem Sechstel der Ansprüche „ an dem zur Zeit noch ungeteilten Rechts der Erbengemeinschaft B***** “ bedacht wurden, brachten im Wesentlichen vor, dass es sich bei diesem in der ehemaligen DDR befindlichen Vermögen nicht um Liegenschaften, sondern um einen Anteil an einem ungeteilten Nachlass handle, dem Grundstücke angehörten. Dieser Nachlassanteil sei ein Recht und somit eine bewegliche Sache; er unterliege daher der österreichischen Gerichtsbarkeit und wäre somit ebenfalls einzuantworten gewesen. Das Rekursgericht wolle daher den Einantwortungsbeschluss aufheben und einen neuen Einantwortungsbeschluss fassen, der die erbrechtliche Stellung der Rekurswerber ausweise.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Gemäß § 21 AußStrG habe das österreichische Gericht, dem die Zuständigkeit zur Abhandlung der Verlassenschaft eines Inländers zukomme, die Abhandlung über das wo immer befindliche bewegliche Vermögen und die in der Republik Österreich gelegenen unbeweglichen Güter des Verstorbenen zu pflegen. Die Anwendung des österreichischen materiellen Rechtes habe sich zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Beschlusses - und damit vor dem Inkrafttreten des IPRG - ausschließlich nach prozessualen Gesichtspunkten bestimmt; maßgebend sei einzig die Frage gewesen, ob ein österreichisches Gericht zuständig war. Aus all dem folge, dass der gesamte bewegliche Nachlass des Erblassers, wo immer er sich befinden möge, in Österreich abzuhandeln sei. Ausländisches unbewegliches Vermögen sei hingegen nur dann im Inland abzuhandeln, wenn ein zwischenstaatliches Abkommen bestehe, was zwischen Österreich und der vormaligen DDR nicht der Fall sei.

Nach § 553 ABGB sei das Testament eine letztwillige Verfügung, die eine Erbseinsetzung enthalte. Der Bedachte sei Erbe, wenn er den gesamten Nachlass oder einen quotenmäßigen Teil davon erhalten solle. Andere Zuwendungen seien meist Legate, obwohl auch sie meist in Testamenten und nur selten in Kodizillen angeordnet seien. Im Zweifel sei eine letztwillige Verfügung, die ihrem Inhalt nach die Auslegung als Testament zulasse, so lange als Testament zu behandeln, bis erwiesen wird, dass der Erblasser keine Erbseinsetzung gewollt habe. Dennoch sei nur Viviane H*****, nicht aber den übrigen Erben Gelegenheit zur Teilnahme am Verfahren gegeben worden. Dies und der Umstand, dass die Forderungen des Verstorbenen gegen die DDR zum Zeitpunkt der Einantwortung praktisch wertlos gewesen seien und daher gar nicht abgehandelt hätten werden können, zeige, dass die Verlassenschaftsabhandlung über den ausländischen Nachlass „an sich unterblieben“ sei.

Dem Rekurs sei daher ein Erfolg zu versagen. Im Sinne des § 179 Abs 2 AußStrG sei aber nun auf Grund der Angaben der Rekurswerber zu prüfen, ob die Abhandlung wegen weiter hinzugekommenen Vermögens unter Beiziehung der weiteren testamentarischen Erben tatsächlich fortzusetzen sei. Dabei werde zu klären sein, ob es sich bei dem im Ausland befindlichen Vermögen überhaupt um bewegliches handle. Wenngleich es um eine Entschädigung von Eigentum gehe, betreffe das Eigentum offenbar eine unbewegliche Sache in Deutschland, für die gemäß § 21 AußStrG keine inländische Gerichtsbarkeit bestehe. Jedenfalls spreche die Landeshauptstadt Magedburg in einem Schreiben an das Erstgericht von einem aufgrund des fehlenden Erbscheins vorliegenden Eintragungshindernis. Damit bedürfe es weiterer Erhebungen, um beurteilen zu können, ob die Abhandlung überhaupt fortzusetzen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Einschreiter.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zur inländischen Abhandlungsjurisdiktion:

Die Ausführungen des Rekursgerichtes über die inländische Abhandlungsjurisdiktion entsprechen der hier noch anzuwendenden Rechtslage: Soweit besondere staatsvertragliche Nachlassabkommen (wie hier) nicht bestehen, wurde die Frage, ob und inwieweit die inländischen Gerichte in Verlassenschaftsangelegenheiten mit Auslandsbezug einzuschreiten haben, vom autonomen österreichischen Recht durch §§ 21 bis 25 AußStrG 1854 geregelt. Danach ist im zu beurteilenden Fall die österreichische Abhandlungsjurisdiktion wohl für den gesamten, wo immer befindlichen beweglichen, für den unbeweglichen Nachlass jedoch nur insoweit gegeben, als dieser im Inland gelegen ist (RIS-Justiz RS0007308; 9 Ob 371/97t; JBl 1992, 460; ZfRV 1994/1).

Damit steht aber im Gegensatz zur Meinung des Rekursgerichts schon jetzt fest, dass das aus der letztwilligen Verfügung des Erblassers ersichtliche ausländische Vermögen im Inland abzuhandeln ist:

Dass das Barguthaben des Erblassers zum beweglichen Vermögen zählt, kann überhaupt nicht zweifelhaft sein.

Nichts anderes gilt aber auch für die Ansprüche des Erblassers am ungeteilten Rest der Erbengemeinschaft B*****:

Die Beurteilung, ob es sich dabei um bewegliches oder unbewegliches Vermögen handelt und daher die inländische Abhandlungsjurisdiktion zu bejahen ist, richtet sich nach österreichischem Recht. Der Beurteilung sind aber jene Rechte zu Grunde zu legen, die die Erbengemeinschaft dem einzelnen Miterben nach dem im Ausland geltenden Recht vermittelte. Mit diesen Rechten hat sich der BGH in seiner Entscheidung ZEV 2001, 235 - ebenfalls im Zusammenhang mit einer Liegenschaft auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, an der der Erblasser im Rahmen einer Erbengemeinschaft beteiligt war - an Hand der maßgebenden Bestimmungen des BGB (§§ 2032 ff) und des in der DDR in Geltung gestandenen ZGB (§§ 400 ff ZGB) auseinandergesetzt. Er vertrat dazu die Rechtsauffassung, dass bei der (gesamthänderisch strukturierten) Erbengemeinschaft ( näher dazu Heldrich in Münchner Kommentar 4 , § 2032 BGB Rz 1 ff) die ungeteilte Gesamtberechtigung am Nachlass dem einzelnen Miterben keine unmittelbare dingliche Berechtigung am einzelnen Nachlassgegenstand verschaffe. Der Anteil des einzelnen Teilhabers sei daher bewegliches Vermögen. Er verschaffe seinem Inhaber im Wesentlichen einen Anspruch auf Auseinandersetzung gegen den oder die anderen Teilhaber. Selbst wenn sich dieser Anspruch auf Auseinandersetzung im Einzelfall auf Übertragung eines Grundstücks, eines Grundstücksteils oder eines dinglichen Rechts richte, ändere dies nichts an der Qualifikation des Anspruchs als bewegliches Vermögen.

Legt man diese Rechte des Erblassers zu Grunde, die ihm durch die Erbengemeinschaft vermittelt wurden, führt auch die Prüfung iSd § 298 ABGB dazu, seinen Anteil als bewegliches Vermögen zu qualifizieren. Nach der zuletzt genannten Bestimmung werden Rechte als bewegliche Sachen behandelt, wenn sie nicht mit dem Besitz einer unbeweglichen Sache verbunden oder durch die Landesverfassung für eine unbewegliche Sache erklärt sind. Mit dem Besitz einer beweglichen Sache sind nach der Rechtsprechung nur Rechte verbunden, die dem Besitzer oder Eigentümer einer Liegenschaft als solchem zustehen, wie zB Grunddienstbarkeiten oder Grundreallasten, nicht aber persönliche Dienstbarkeiten, verdinglichte Rechte oder Hypotheken (RIS-Justiz RS0009981; SZ 66/129). Verschafft aber der Anteil des Miterben an der Erbengemeinschaft seinem Inhaber im Wesentlichen einen Anspruch auf Auseinandersetzung gegen den oder die anderen Teilhaber, so ist er daher auch iSd § 298 ABGB als bewegliches Vermögen zu qualifizieren.

Beim vom Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung genannten Entschädigungsanspruch aus der Enteignung der Fa H*****, handelte es sich zum Zeitpunkt des Erbanfalls um einen (damals zu Recht als weitgehend wertlos erachteten) Geldanspruch. Nach der Wiedervereinigung wurde allerdings zur Regelung vermögensrechtlicher Ansprüche an Vermögenswerten, die entschädigungslos oder gegen eine zu geringe Entschädigung enteignet wurden, das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) erlassen. In seiner Entscheidung IV ZR 171/99 vom 10. Mai 2000 hat der BGH auch Ansprüche nach diesem Gesetz als bewegliches Vermögen qualifiziert, weil sie zwar primär auf Rückübertragung durch den Staat gerichtet sind, ein Übergang auf den Berechtigten aber erst mit der Unanfechtbarkeit einer Rückübertragungsentscheidung erfolgt und überdies die Restitution aus einer Reihe von Gründen ausgeschlossen sein kann (siehe im Detail BGH, 10. Mai 2000, IV ZR 171/99). Dem schließt sich der Oberste Gerichtshof an.

Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass das gesamte in der letztwilligen Verfügung des Erblassers angeführte Vermögen in die Abhandlung hätte einbezogen werden müssen.

Zur Auslegung der letztwilligen Verfügung des Erblassers:

Zu Recht hat das Berufungsgericht die Frage geprüft, ob es sich bei der letztwilligen Verfügung des Erblassers überhaupt um ein Testament handelt oder ob sie als Kodizill anzusehen ist. Seine dazu angestellten Überlegungen werden vom Obersten Gerichtshof geteilt:

Ob eine letztwillige Verfügung als Testament oder als Kodizill zu qualifizieren ist, ist eine Frage des durch Auslegung zu ermittelnden Willens des Verfügenden. Ein Testament muss mindestens eine Erbseinsetzung enthalten; fakultativ kommen andere Anordnungen in Betracht. Die Zuwendung einzelner Sachen ist im Zweifel ein Vermächtnis, sodass die Aufzählung einzelner körperlicher Sachen oder Forderungen für die Annahme eines Legats spricht. In Fällen, in denen das Zugedachte den größten Teil der Verlassenschaft ausmacht bzw sogar den Nachlass ganz aufzehrt, ist allerdings oft Erbseinsetzung (verbunden mit einer Teilungsanordnung) gewollt, insbesondere dann, wenn mit den vermachten Stücken das Verhältnis quotenmäßiger Nachlassteilung zum Ausdruck gebracht wird. Die Bezeichnung als Testament kann ein Indiz für eine Erbseinsetzung sein, insbesondere dann, wenn der Testator rechtskundig beraten wurde. Da das Erbrecht das Recht ist, die ganze Verlassenschaft oder einen in Beziehung auf das Ganze bestimmten Teil derselben in Besitz zu nehmen (§ 532 ABGB), ist es für eine Erbseinsetzung bei einer Mehrheit von Berechtigten erforderlich, dass eine bestimmte quotenmäßige Nachlassteilung zu Ausdruck kommt, wobei allerdings die Feststellbarkeit eines entsprechenden Willens des Erblassers reicht ( Welser in Rummel³ § 535 Rz 6 ff; Apathy in KBB, § 553 Rz 3; Eccher in Schwimann² § 535 Rz 2 ff je mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Das Abhandlungsgericht hat schon bei Einleitung der Verlassenschaftsabhandlung und vor Annahme einer Erbserklärung zu prüfen, ob der Fall einer Erbseinsetzung überhaupt vorliegt und kann die Lösung dieser Frage nicht einem späteren Streitverfahren überlassen. Das Verlassenschaftsgericht hat daher zu prüfen, ob eine letztwillige Verfügung des Erblassers überhaupt als Testament angesehen werden kann. Die Grenzen dieser Beurteilung liegen jedoch dort, wo es der Klärung strittiger Tatumstände oder der Auslegung des Willens des Erblassers bedarf, um ein der inneren und äußeren Form nach wirksames Testament ausschließen zu können (RIS-Justiz RS0007676; zuletzt etwa 2 Ob 26/01i). Hier ist dem Rekursgericht beizupflichten, dass die letztwillige Verfügung des Erblassers - ungeachtet der Möglichkeit gegenteiliger Auslegung - die Qualifizierung als Testament nicht ausschließt. In einem solchen Fall ist die Verfügung so lange als Testament zu behandeln, bis bewiesen wird, dass der Erblasser bei ihrer Errichtung eine Erbseinsetzung nicht gewollt hat (RIS-Justiz RS0012243; zuletzt etwa 3 Ob 290/03y).

Dem Rekursgericht ist daher beizupflichten, dass im Abhandlungsverfahren die letztwillige Verfügung des Erblassers als Testament zu behandeln war bzw ist.

Zur Notwendigkeit der Beiziehung der potentiell erbberechtigten Personen:

Das Rekursgericht hat richtig erkannt, dass demgemäß die weiteren in der letztwilligen Verfügung genannten Personen - daher auch die Revisionsrekurswerber - als „vermutliche Erben“ iSd § 75 AußStrG 1854 dem Verfahren hätten beigezogen werden müssen. Es erachtet aber den Umstand, dass diese Personen nicht beigezogen wurden, als unschädlich, weil seiner Ansicht nach ohnedies nur der im Inland gelegene Nachlass abgehandelt worden sei. Dem ist schon deshalb nicht zu folgen, weil es auch dann, wenn der Abhandlung ein Testament zu Grunde liegt, das eine Teilungsanordnung enthält, nicht im Ermessen des Abhandlungsgerichtes liegt, mit nur einem von mehreren Erben ein auf einen Teil des Nachlasses beschränktes Verfahren durchzuführen und diesem Erben den betroffenen Teil des Nachlasses einzuantworten. Darüber hinaus lässt das Rekursgericht außer Acht, dass zum einen im eidesstättigen Vermögensbekenntnis auch die (wenn auch nur mit einem Schilling bewertete) Entschädigungsforderung des Erblassers gegen die DDR enthalten ist und dass sich die Einantwortungsurkunde nach ihrem Wortlaut auf den gesamten der inländischen Gerichtsbarkeit unterworfenen Nachlass bezieht, zu dem - wie gezeigt - nicht nur das im Inland gelegene Vermögen des Erblassers gehört.

Werden Personen, die ein Recht auf Beteiligung am Abhandlungsverfahren hatten und deren Beteiligung nach dem Inhalt der Akten auch möglich gewesen wäre, dem Verfahren nicht zugezogen und wird ihnen so die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, entzogen, ist das Abhandlungsverfahren nicht gesetzmäßig durchgeführt worden und die Einantwortung nicht rechtskräftig (RIS-Justiz RS0005968; RS0007701).

Dem Rechtsmittel der Revisionsrekurswerber, die in ihrem Rekurs erklärt haben, den Erwerb des Nachlasses anzustreben (zur damit begründeten Rechtsmittellegitimation: RIS-Justiz RS0006531; 7 Ob 209/04t), ist daher stattzugeben. Der Einantwortungsbeschluss und die damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden Teile des Mantelbeschlusses sind aufzuheben. Das Verfahren ist an das Erstgericht zurückzuverweisen, das unter Beachtung der dargelegten Rechtslage die Abhandlung durchzuführen und dazu sämtliche im Testament bedachte Personen beizuziehen haben wird.

Da es - wie oben ausgeführt - keineswegs undenkbar erscheint, die letztwillige Verfügung des Erblassers als Kodizill auszulegen, werden auch - soweit vorhanden und nicht ohnedies mit den im Testament bedachten Personen ident - die gesetzlichen Erben dem Verfahren beizuziehen sein. Zwar sind im Allgemeinen bei der testamentarischen Erbfolge die gesetzlichen Erben nicht als "vermutliche Erben" iS des § 75 AußStrG 1854 anzusehen und daher weder zu verständigen, noch der Abhandlung beizuziehen (RIS-Justiz RS007679; 7 Ob 209/04t). Dies hat jedoch zur Voraussetzung, dass dem äußeren Anschein nach ein mit allen gesetzlichen Förmlichkeiten ausgestattetes Testament vorliegt. Bei dieser Prüfung ist entsprechend dem Zweck des § 75 AußStrG 1854 als Schutzbestimmung zugunsten der potentiellen Erben ein strenger Maßstab anzulegen. Bestehen Zweifel, ob die letztwillige Verfügung in unbedenklicher Weise als Testament angesehen werden kann, sind gemäß § 75 AußStrG 1854 auch die gesetzlichen Erben vom Erbanfall mit der Aufforderung zu verständigen, die Erbserklärung beizubringen, damit die Erbverhandlung gepflogen werden könne (RIS-Justiz RS0007686; s insb 7 Ob 544/87).

Rechtssätze
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