JudikaturJustiz1Ob630/94

1Ob630/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. März 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. mj.Claudia K***** geboren am 5. Oktober 1976, *****, 2. mj.Michaela K*****, geboren am 24. März 1983, beide vertreten durch ihre Mutter Maria K*****, und 3. Sabine K*****, alle vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Rudolf K*****, vertreten durch Dr. Otmar Franiek, Rechtsanwalt in Graz, wegen Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert 256.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgerichts vom 22. September 1994, GZ 6 R 133/94 10, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 3. Juni 1994, GZ 17 Cg 81/94 5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 14.024,26 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.337,38 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist seit 1968 zu einem Viertel, seine Mutter (im folgenden Erblasserin) war zu drei Vierteln Eigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft mit Villenwohnhaus. Die Erblasserin fertigte am 9. Februar 1976 folgendes eigenhändige Testament:

„Mein letzter Wille !

Meinen 3/4 Hausanteil ... erbt nach meinem Tod mein Enkelkind ... (Drittklägerin). Sollte aus der Ehe meines Sohnes noch ein Enkelkind hervorgehen, ist auch dies erbberechtigt. Stößt meinem Enkelkind etwas zu, soll mein Sohn ... das Erbe antreten. Falls nach seinem Tode kein ehelicher Nachkomme am Leben ist, geht das Erbe auf meine Geschwister ... oder dessen Kinder über.“

Der Ehe des Beklagten entstammen die drei Klägerinnen. Im Zeitpunkt des Todes ihrer väterlichen Großmutter, der Erblasserin, am 6. März 1976 war die Drittklägerin bereits geboren, die Erstklägerin bereits empfangen (gezeugt), die Zweitklägerin hingegen weder geboren noch empfangen. Einziges Aktivum der Verlassenschaft waren die Dreiviertel Liegenschaftsanteile. Im Verlassenschaftsverfahren nach der Erblasserin schloß der Beklagte am 24. November 1976 mit der Erst und der Drittklägerin, vertreten durch einen Widerstreitsachwalter, ein Erbübereinkommen, worin ihm als Gegenleistung für seinen Pflichtteilsverzicht ein Belastungs und Veräußerungsverbot an dem - der Erst und der Drittklägerin je zur Hälfte am 29. November 1976 eingeantworteten - Liegenschaftsanteil eingeräumt worden ist, das in der Folge im Grundbuch eingetragen wurde. Nach rechtskräftiger Einantwortung des Nachlasses der Erblasserin (je zur Hälfte an die Erst und die Drittklägerin) wurde am 24. März 1983 die Zweitklägerin geboren. Die Ehe der Eltern der Klägerinnen wurde mit Urteil des zuständigen Bezirksgerichts vom 24. Februar 1988 aus dem Alleinverschulden des Beklagten geschieden. Mit rechtskräftigem Beschluß des zuständigen Landesgerichts als Rekursgerichts vom 19. Juli 1991 wurde im nachehelichen Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG der Mutter der Klägerinnen am Viertelanteil des Beklagten an der Liegenschaft das lebenslange Fruchtgenußrecht unter näher genannten Bedingungen eingeräumt. Der Beklagte erhob am 26. Mai 1993 gegen die Erst und die Drittklägerin eine auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an der Liegenschaft durch gerichtliche Feilbietung gerichtete Teilungsklage. Das zuständige Landesgericht gab dem Teilungsbegehren mit noch nicht rechtskräftigem Urteil vom 24. Juni 1994 statt. Am 21. Oktober 1993 erhob der Beklagte gegen die Erst und die Drittklägerin die Klage auf Zahlung von 750.735,61 S sA für eine im Verlassenschaftsverfahren gestundete Darlehensforderung und andere Forderungen. Aufgrund eines von der Erst und der Drittklägerin sowie ihrer Mutter geführten Räumungsverfahrens mußte der Beklagte die Liegenschaft räumen.

In der am 8. März 1994 pflegschaftsbehördlich genehmigten Vereinbarung vom 1. März 1994 verpflichteten sich die Erst und die Drittklägerin, vertreten durch ihre Mutter, gegenüber der durch einen Widerstreitsachwalter vertretenen Zweitklägerin unter Bezugnahme auf das Testament der Erblasserin im wesentlichen dazu, von ihren jeweils Dreiachtelanteilen an der Liegenschaft jeweils einen Achtelanteil der Zweitklägerin zu übergeben, sodaß auch diese - in Erfüllung des letzten Willens der Erblasserin gleichteilig erbberechtigt - zu zwei Achtelanteilen Miteigentümerin der Liegenschaft wird; die Vereinbarung enthält auch eine entsprechende Aufsandungsklausel. Der Klagevertreter setzte den Beklagtenvertreter mit Schreiben vom 4. März 1994 von der Vereinbarung vom 1. März 1994 in Kenntnis und forderte den Beklagten auf, in die Erklärung einzuwilligen, daß ohne sein Zutun, jedoch nicht auf seine Kosten, ungeachtet des zu seinen Gunsten einverleibten Belastungs und Veräußerungsverbots auf den je drei Achtelanteilen der Erst und der Drittklägerin das Eigentumsrecht zu je einem Achtel (gemeint je einem Drittel), somit in Ansehung der gesamten Liegenschaft zu 2/8 Anteilen, das Eigentumsrecht für die Zweitklägerin einverleibt werde. Der Beklagte lehnte dies ab.

Die Klägerinnen begehrten mit pflegschaftsbehördlich genehmigter Klage vom Beklagten dessen Einwilligung in die Übertragung jeweils eines Achtelanteils der Erst und der Drittklägerin an der näher bezeichneten Liegenschaft an die Zweitklägerin ungeachtet des zugunsten des Beklagten auf den Miteigentumsanteilen der Erst und Drittklägerin einverleibten Belastungs und Veräußerungsverbots, weil der Beklagte die Zustimmung zur Eigentumsübertragung ungerechtfertigt verweigere. Die Vereinbarung vom 1. März 1994 sei in Erfüllung des letzten Willens der Erblasserin zur Vermeidung einer Erbschaftsklage der Zweitklägerin geschlossen worden.

Der Beklagte wendete im wesentlichen ein, dem Erbübereinkommen sei keine Verpflichtung zur Zustimmung zur Übertragung des Eigentums an die Zweitklägerin zu entnehmen. Die Erst und die Drittklägerin seien nicht aktiv klagslegitimiert. Eine Zustimmung des Verbotsberechtigten könne nicht erzwungen werden. Das Begehren verstoße offenkundig gegen die guten Sitten, zumal ihm das Belastungs und Veräußerungsverbot als Gegenleistung für seinen Verzicht auf den Pflichtteil eingeräumt worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren im wesentlichen mit der Begründung ab, Sinn und Zweck eines Belastungs und Veräußerungsverbots sei die Erhaltung des Familienbesitzes. Bei einem eingetragenen Belastungs und Veräußerungsverbot dürfe die Zustimmung des Verbotsberechtigten nicht erzwungen werden. Eine Erbschaftsklage erscheine nicht aussichtsreich, weil die Zweitklägerin im Zeitpunkt des Erbanfalls nicht erbfähig gewesen sei.

Das Berufungsgericht änderte die erstgerichtliche Entscheidung im klagsstattgebenden Sinn ab; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands S 50.000, - übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Rechtlich führte die zweite Instanz im wesentlichen aus, daß eine Erbseinsetzung Ungezeugter unter der Bedingung der nachfolgenden Geburt und unter Bedachtnahme auf § 612 ABGB zulässig sei, sodaß die Regeln der konstruktiven Nacherbfolge Anwendung fänden. Die Auslegung des letzten Willens der Erblasserin beziehe sich auch auf die zum damaligen Zeitpunkt ungezeugte Zweitklägerin, sodaß diese erbfähig und erbberechtigt sei und ihr zur Verfolgung ihrer Erbansprüche die Erbschaftsklage nach § 823 ABGB zustünde. Durch die pflegschaftsgerichlich genehmigte Vereinbarung vom 1. März 1994 sei die Erbschaftsklage obsolet geworden. Die Zweitklägerin sei in Ansehung eines 2/8 Anteils an der Liegenschaft „außerbücherliche Eigentümerin“ und Universalsukzessorin. Ein vertraglich vereinbartes Belastungs und Veräußerungsverbot bestehe nur zwischen dem Beklagten und der Erst und der Drittklägerin, nicht jedoch gegenüber der Zweitklägerin, sodaß sich der Beklagte ihr gegenüber nicht auf das Belastungs und Veräußerungsverbot berufen könne. § 824 ABGB sei unanwendbar, weil der Beklagte als Vater der Zweitklägerin nicht Dritter sei und das Belastungs und Veräußerungsverbot „kein Vermögensobjekt, sondern nur ein höchstpersönliches, nicht verwertbares Recht“ sei. Die Aktivlegitimation der Erst und der Drittklägerin ergebe sich daraus, daß die Klägerinnen nach § 823 ABGB eine einheitliche Streitpartei bildeten.

Die Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 364c ABGB verpflichtet ein - wie hier vertragsgemäßes oder ein letztwilliges Veräußerungs- oder Belastungsverbot hinsichtlich einer Sache oder eines dinglichen Rechts nur den ersten Eigentümer, nicht aber seine Erben oder sonstigen Rechtsnachfolger und wirkt gegen Dritte nur dann, wenn es zwischen Ehegatten, Eltern und Kindern, Wahl- oder Pflegekindern oder deren Ehegatten begründet und im öffentlichen Buche eingetragen wurde. Diese Ausnahme von der prinzipiellen Verfügungsfreiheit des Liegenschaftseigentümers verleiht dem Miteigentum zum Schutz des Familienbesitzes Gesamthandwirkung, ist grundsätzlich ein obligatorisches Rechtsverhältnis und verpflichtet zur Unterlassung einer Verfügung durch Veräußerung bzw Belastung; seine Übertretung macht nach allgemeinen Regeln schadenersatzpflichtig. Da der Begünstigte anders als bei Unterlassung tatsächlichen Verhaltens vom Unterbleiben der Veräußerung oder Belastung allein keinen unmittelbaren Vorteil hat, ist die Bedeutung des Verbots nur im Zusammenhang mit anderen Rechtslagen zu bestimmen (JBl 1994, 818; Spielbüchler in Rummel , ABGB 2 Rz 2 zu § 364c). Nach herrschender Auffassung kann der Beklagte nicht gezwungen werden, zur Veräußerung der Liegenschaft seine Zustimmung zu erteilen. Während in der älteren Rechtsprechung vielfach der Standpunkt vertreten wurde, solange das Verbot im Grundbuch eingetragen sei, könne auch mit Zustimmung des Berechtigten keine Belastung oder Veräußerung erfolgen (vgl ZBl 1932/309; ZBl 1931/63), entspricht es seit dem Gutachten des Obersten Gerichtshofs vom 24. Jänner 1933, SZ 15/17, ständiger Rechtsprechung und Lehre, daß eine Belastung und in der Folge auch eine Veräußerung der Liegenschaft zulässig sei, wenn der Begünstigte ausdrücklich oder stillschweigend zustimme, weil er auf ein subjektives Recht jederzeit verzichten könne und es nur vom Willen des Berechtigten abhängen könne, ob er trotz des eingetragenen Verbots einer Belastung oder Veräußerung zustimme. Immer aber wurde die Zustimmung des Begünstigten vorausgesetzt und nur unter dieser Voraussetzung die Belastung oder Veräußerung für zulässig erklärt. Es wurde also dem freien Willen des Begünstigten überlassen, ohne daß eine Erzwingung dieser Willenserklärung für zulässig erklärt wurde. So wurde in SZ 15/17 ausgeführt, es sei richtig, daß es damit in die Willkür des Verbotsberechtigten gestellt sei, einzelne an der Liegenschaft Rechte erwerben zu lassen, andere nicht. Das sei aber notwendige Folge des einem bestimmten Verbotsberechtigten eingeräumten Rechts. Der dem § 364c ABGB zugrunde liegende Zweck der Erhaltung des Familienbesitzes solle nur gegenüber einem unwirtschaftlichen, der Absicht des Verbotsberechtigten nicht entsprechenden und von ihm nicht gebilligten Vorgehen zur Geltung kommen. Daraus gehe hervor, daß die Zustimmung zur Belastung oder Veräußerung vom Berechtigten freiwillig erteilt werden muß und nicht etwa durch ein Urteil diese Zustimmung erzwungen werden dürfe (JBl 1994, 818 mwN ua; Pimmer in Schwimann , Rz 20 zu § 364c ABGB). Die in der Entscheidung JBl 1994, 818 dargestellten Grundsätze sind indes hier aus folgenden Erwägungen nicht anwendbar:

Die begründete Rechtsauffassung der zweiten Instanz, die Auslegung des Testaments der Erblasserin ergebe deren wahren Willen, daß zum Zeitpunkt des Erbanfalls sowohl noch nicht geborene als auch noch nicht empfangene Enkelkinder aus der im Zeitpunkt der Testamentserrichtung bestehenden Ehe des Beklagten neben dem bei Testamentserrichtung bereits lebenden drittklagenden Enkelkind gleichteilig erben sollten, wird im Rechtsmittel nicht in Frage gestellt.

Zeitpunkt des Erbfalls, der stets mit dem Tod des Erblassers zusammenfällt, ist der Zeitpunkt der Entstehung des Nachlasses, Zeitpunkt des Erbanfalls ist der der Entstehung des subjektiven Erbrechts. Dieser Zeitpunkt ist in der Regel ebenfalls der Tod des Erblassers ( Welser in Rummel 2 , Rz 1 zu § 536 ABGB; Kralik in Ehrenzweig , System 3 Erbrecht 31). Derjenige erwirbt kein Erbrecht, der zum Zeitpunkt des Erbanfalls noch nicht lebt. Als Ausnahme gilt für bereits empfangene, aber noch ungeborene Kinder § 22 ABGB: Sie erwerben das Erbrecht, auch wenn sie erst nach dem Anfallszeitpunkt geboren werden, jedoch unter der ex tunc auflösenden Bedingung der Totgeburt. Im Zweifel wird vermutet, daß sie lebend geboren wurden (§ 23 ABGB). Personen, die erst nach dem Erbanfall empfangen werden, erwerben das Erbrecht nicht. Hat jedoch der Erblasser eine bei seinem Tod noch nicht empfangene Person zum Erben eingesetzt, so wird die Verfügung iS der allgemeinen Auslegungsregel des § 655 ABGB durch das Hofdekret vom 29. Mai 1845, JGS 1845/888, in eine fideikommissarische Substitution unter der aufschiebenden Bedingung der lebenden Geburt (§ 707 ABGB) umgedeutet ( Kralik aaO 33; Welser aaO Rz 2 zu § 536 ABGB). Hat somit der Erblasser beim Erbanfall noch nicht Gezeugte zu Erben unmittelbar eingesetzt, so werden diese durch ihre Geburt bedingt berufen, soweit dies - wie hier - nach § 612 ABGB zulässig ist. Insoweit finden dann die Regeln der sogenannten konstruktiven (stillschweigenden) Nacherbfolge Anwendung ( Welser aaO Rz 2 zu § 536 ABGB; Kralik aaO 33; Eccher in Schwimann , Rz 1 f zu § 707 ABGB; Weiß in Klang 2 III, 74, Koziol Welser , Grundriß 9 II 347). Sind wie hier neben lebenden gesetzlichen oder testamentarisch eingesetzten Erben auch noch ungezeugte Personen zu Erben berufen, ist der Nachlaß den lebenden Erben unter den einer Substitution gleichgestellten Beschränkungen zugunsten der Ungeborenen gemäß § 707 ABGB, § 158 AußStrG - dessen durch Art XI Z 1 BGBl 1991/10 angefügter Abs 5 hier bedeutungslos ist - , und § 174 Abs 2 Z 3 AußStrG einzuantworten (Mitteilung des BMJ, JMVBl 1908, 3, abgedruckt bei Edlbacher , Verfahren außer Streitsachen 2 , MGA Nr 30 [1984], 410 ff; Eccher aaO Rz 3 zu § 708 ABGB). Gemäß § 158 Abs 1 erster Satz AußStrG müssen Substitutionen und Anordnungen, die ihnen nach den §§ 707 bis 709 ABGB gleichzuhalten sind, auf die ihnen unterworfenen Güter in den öffentlichen Büchern eingetragen werden. Dies ist hier ebensowenig geschehen wie die amtswegige Bestellung eines Substitutions oder Posteritätskurators nach § 274 ABGB, § 77 Z 3 AußStrG im Verlassenschaftsverfahren für die durch letztwillige Anordnung unmittelbar zur Erbfolge berufene, noch ungeborene Nachkommenschaft ( Welser aaO Rz 4 zu § 612 ABGB).

Die durch ihre Geburt erbfähig und erbberechtigt gewordene Zweitklägerin gab im Verlassenschaftsverfahren keine Erbserklärung ab. Nach rechtskräftiger Einantwortung des Nachlasses ist die Abtretung des Erbschaftsbesitzes vom widerstrebenden Erbschaftsbesitzer (Scheinerben) durch Erbschaftsklage im ordentlichen Rechtsweg zu verlangen (SZ 24/258; Welser aaO Rz 5 zu §§ 823, 824 ABGB; Koziol Welser aaO II 405 f). Dabei ersetzt die Erhebung der Erbschaftsklage die Erbserklärung (SZ 44/38 = NZ 1973, 25; RZ 1966, 124; Hofmeister in Schwimann , Rz 1 zu § 823 ABGB; Sperl , Probleme der Leistungsklage in JBl 1979, 630 ff, 632). Bei der Erbschaftsklage will der wahre Erbe unter Behauptung eines besseren Rechts vom Scheinerben die gänzliche „Abtretung“ der Erbschaft oder des seiner Berechtigung entsprechenden Teils. Nur in diesem Sinn ist „Teilung“ in § 823 ABGB zu verstehen (SZ 44/158 = JBl 1972, 471 = RZ 1972, 133 = NZ 1973, 94; Welser aaO Rz 1 zu §§ 823, 824 ABGB; Kralik aaO 330; Koziol Welser aaO II 405). Insoweit bezeichnet man mit Recht die Erbschaftsklage als Universalklage (1 Ob 506/94 = ÖJZ LSK 1995/15, 20; NZ 1984, 107; EvBl 1956/268; Gschnitzer Faistenberger , Erbrecht 2 111 f; Kralik aaO 330). Mit Rechtskraft dieses Leistungsurteils tritt der Erbschaftskläger als Universalsukzessor in alle Einzelrechte und Verbindlichkeiten der Erbschaft ein (JBl 1985, 672; Hofmeister aaO Rz 1, 3 und 11 zu § 823 ABGB; Kralik aaO 331 f; Koziol Welser aaO II 407), wird insbesondere Eigentümer auch der unbeweglichen Sachen; die bücherliche Durchführung hat wie bei der Einantwortung nur mehr deklarative Bedeutung ( Hofmeister aaO Rz 11 zu § 823 ABGB; Koziol Welser aaO II 407) Die Rechtsauffassung, bei der Erbschaftsklage erlange der Erbe mit rechtskräftiger Stattgebung rückwirkend die Stellung eines Universalsukzessors (JBl 1985, 672; Welser aaO Rz 12 zu §§ 823, 824 ABGB; Koziol Welser aaO II 407) erachtet der erkennende Senat mit Hofmeister (aaO Rz 3 zu § 823 ABGB) mit der Einschränkung als richtig, als der Kläger ab Erhebung der Erbschaftsklage, die der Erbserklärung gleichkommt, iS des § 547 ABGB den Erblasser vorstellt.

Die Klägerinnen stützen ihr Begehren indessen nicht auf ein über eine Erbschaftsklage erwirktes Leistungsurteil, sondern auf eine außergerichtliche rechtsgeschäftliche Abtretung eines entsprechenden Anteils an der Erbschaft an die Zweitklägerin. Es stellt sich nun die Frage nach der Möglichkeit und Wirksamkeit eines solchen Vertrags, mit dem der Scheinerbe dem Begehren des berechtigten Erbansprechers auf „Abtretung bzw Teilung der Erbschaft“ durch außergerichtliche Willenserklärung nachkommt, dessen (Mit )Erbenstellung anerkennt und den Nachlaßbesitz (teilweise) an ihn „abtritt“. Der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung steht die Rechtskraft der Einantwortung an den Scheinerben nicht entgegen, ist doch auch die Erbschaftsklage keine Rechtsmittelklage, die auf die Vernichtung oder Aufhebung der Einantwortung gerichtet ist; das einem solchen Begehren stattgebende Urteil vernichtet vielmehr lediglich die durch die Einantwortung geschaffene vorläufige Vermutung, daß der in den Erbschaftsbesitz Eingewiesene der wahre Erbe sei ( Welser aaO Rz 1 zu §§ 823, 824). Da der mit der Erbschaftsklage geltend gemachte Erbanspruch der Parteiendisposition unterliegt, kann das stattgebende Urteil auch auf einem Anerkenntnis, einer Säumnis oder auf einem Tatsachengeständnis beruhen; vor allem aber kann der Erbschaftsstreit in einen gerichtlichen Vergleich münden, ist ein solcher doch selbst auch gemäß § 1383 ABGB über den Inhalt einer letztwilligen Anordnung nach deren Kundmachung zulässig. Ist demnach die Abtretung des Erbschaftsbesitzes als privates Rechtsgeschäft aufzufassen, so kann der erkennende Senat in Übereinstimmung mit Kralik (aaO 332 mwN in FN 8; aA allerdings Sperl aaO 635 f) auch kein rechtliches Hindernis ausmachen, daß der Wirksamkeit einer rechtsgeschäftlichen außergerichtlichen Abtretung entgegenstünde.

Da der Nachlaßbesitz nicht nach allgemeinen sachenrechtlichen Grundsätzen, sondern allein durch den Vertrag, mit welchem dem einem auf § 823 ABGB gestützten Begehren stattgebenden Urteil vorgegriffen wird, übertragen wird, will Kralik (aaO 333; ihm folgend Faistenberger aaO 109) diesen Vertrag dem für die Abtretung des Erbrechts angeordneten Formgebot (§ 1278 Abs 2 ABGB) unterwerfen. Daß die Vereinbarung der Kläger vom 1. März 1994 dieser Form entriete, wurde weder von den Parteien behauptet, noch von den Vorinstanzen festgestellt. Selbst wenn man solches aus den Ausführungen des Gerichtes zweiter Instanz erschließen wollte, das die Einhaltung der Formvorschriften angesichts der mit der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung verbundenen „Publizität“ als entbehrlich hielt, könnte dies am Ergebnis nichts ändern: Gewiß kann der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht wie das Berufungsgericht vermeint die Bedeutung eines Gerichtsprotokolls (§ 1278 Abs 2 ABGB) beigemessen werden, soll das erwähnte Formgebot doch der Klarstellung der Rechtslage dritten Personen gegenüber und dem Übereilungsschutz für die Beteiligten dienen ( Kralik aaO 54; Ehrenzweig II/22, 603; Gschnitzer , Erbrecht 94 und ebenso Faistenberger in der 2. Aufl., 109), so daß es sich schon auf den Vertragsabschluß erstrecken muß (SZ 23/46), wogegen das Pflegschaftsgericht lediglich den seiner besonderen Obhut anvertrauten Personen seinen Schutz (und damit auch vor Übereilung) angedeihen läßt. Überdies bliebe das „Formgebot“ dann auf Fälle beschränkt, in welchen am Vertrag Minderjährige oder Pflegebefohlene beteiligt sind.

Der erkennende Senat erachtet indessen den von Kralik (aaO) ins Treffen geführten Größenschluß zur Abtretung des Erbrechts nicht als zwingend, ist doch beim „Erbschaftskauf“ entgegen seiner Bezeichnung das Erbrecht zwischen Erbanfall und Einantwortung Gegenstand des Vertrags, sodaß er sich auf ein mehr oder minder unbestimmtes Recht bezieht, wogegen der die Erbschaftsklage vermeidende Vertrag den Besitz des schon eingeantworteten Nachlasses oder eines Teiles hievon zum Gegenstand hat. Der Übereilungsschutz ist aber vor allem schon deshalb in ungleich geringerem Umfang geboten, weil eine solche Vereinbarung nur der Entsprechung eines schon bestehenden (Erb )Anspruchs dient, der auch gegen den Willen des Abtretenden durchgesetzt werden könnte und somit lediglich die Hintanhaltung eines Rechtsstreits bezweckt, wogegen der Erbschaftskauf ausschließlich auf privatautonomer Willenseinigung beruht. Aber auch dem Schutz der Erbengläubiger (vgl dazu Berger, Gesetzliche Formvorschriften, in Gutachten zum 3. Österreichischen Notariatskongreß 1986 „175 Jahre ABGB“ (1986), 60) kann kein besonderes Gewicht zugemessen werden, müßten diese doch auch die zwangsweise Abtretung aufgrund eines Urteils hinnehmen, ohne daß sie sich am Erbschaftsstreit beteiligen könnten. Weder die Analogie noch der Größenschluß lassen es daher geboten erscheinen, in Fällen, wie dem vorliegenden, die Vereinbarung zwischen Erbansprecher und Scheinerben zur Vermeidung der Erbschaftsklage dem Formgebot des § 1278 Abs 2 ABGB zu unterwerfen.

Bei einer das stattgebende Urteil im Erbschaftsstreit ersetzenden Vereinbarung kommt dem Erbansprecher mit Abschluß der Vereinbarung mit dem Scheinerben die Rechtsstellung eines Universalsukzessors zu. Die Zweitklägerin ist daher mit pflegschaftsgerichtlich genehmigter Vereinbarung vom 1. März 1994 und der dadurch bewirkten Abtretung und „Teilung“ des Nachlasses Gesamtrechtsnachfolgerin. Sie ist jedoch damit nicht in den Kreis der durch das als Gegenleistung für den Pflichtteilsverzicht des Beklagten begründete - Belastungs und Veräußerungsverbot belasteten Verbotsverpflichteten einbezogen, weil der Beklagte infolge Kenntnis vom Testament seiner Mutter nicht gutgläubiger Dritter im Sinne des § 824 letzter Satz ABGB ist (vgl hiezu SZ 64/111; ebenso Welser aaO Rz 31 zu §§ 823, 824). Der Behauptung des Beklagten, das Klagebegehren verstoße gegen die guten Sitten, ist schon zufolge dieser Erwägung der Boden entzogen.

Nach wie vor beruft sich der Beklagte auf die herrschende Auffassung (zuletzt wieder JBl 1994, 818), die Zustimmung des Verbotsberechtigten zur Veräußerung (bzw Belastung) der betroffenen Liegenschaft könne im Rechtsweg nicht erzwungen werden; er übersieht dabei indessen, daß das nur für die vom Verbotszweck erfaßten bzw überhaupt erfaßbaren Verfügungen gelten kann. Der Verbotszweck kann nur in der Sicherung erbrechtlicher Erwartungen oder in der Festschreibung der Zuständigkeit des Verbotsbelasteten zur Sache zur Sicherung der Durchsetzung von Ansprüchen aus einem Schuldverhältnis mit diesem sein; fraglich ist dagegen schon, ob das bloß ideelle Interesse des Verbotsberechtigten an der Erhaltung des Familienbesitzes in der Hand des anderen (was der Beklagte vor Augen zu haben scheint) genügt ( Spielbüchler aaO Rz 2 zu § 364c; so auch JBl 1994, 818). Abgesehen davon, daß keiner dieser hier in Frage stehenden Verbotszwecke der gleichteiligen Anschreibung der dritten Tochter des Beklagten als gleichberechtigte Erbin auf der Liegenschaft entgegenstünde, kann das Erbrecht der Zweitklägerin durch das dem Beklagten von den beiden übrigen Klägerinnen eingeräumte Verbotsrecht gewiß nicht geschmälert werden. Gerade darauf liefe aber der vom Beklagten eingenommene Rechtsstandpunkt hinaus.

Soweit der Beklagte ferner ins Treffen führt, im Gegenzug zur Einräumung des Verbotsrechts habe er den beiden damals dem Verlassenschaftsverfahren zugezogenen Erbinnen gegenüber auf seinen Pflichtteilsanspruch nach seiner Mutter verzichtet, übersieht er, daß die Klägerinnen insgesamt den Bestand des auf dem ihnen von ihrer Großmutter vererbten Liegenschaftsanteils einverleibten Veräußerungs und Belastungsverbots gar nicht in Zweifel gezogen haben; dadurch ist der Beklagte soweit nicht beschwert.

Auch die Aktivlegitimation der Erst und der Drittklägerin kann der Beklagte nicht mit Erfolg bestreiten: Ziel des Klagebegehrens ist die Überwindung der vom Beklagten auf sein Verbotsrecht gestützten Weigerung, der Anschreibung der Zweitbeklagten am Liegenschaftsanteil zuzustimmen: Da die Erst und die Drittklägerin der Zweitklägerin den entsprechenden Anteil am Nachlaßbesitz abgetreten haben, sind sie auch verpflichtet, ihr die volle Rechtsstellung, die sie auch durch die Erbschaftsklage hätte erzwingen können, zu verschaffen, und haben damit alles zu tun, um diesen Vertragszweck zu erreichen. Auch ihnen kann daher das rechtlich geschützte Interesse an der Erzwingung der Zustimmung zur Einverleibung des entsprechenden Miteigentumsanteils zugunsten der Zweitklägerin nicht abgesprochen werden.

Der Revision ist deshalb jeder Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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