JudikaturJustiz14Os110/20p

14Os110/20p – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Februar 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Februar 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Nagy in der Strafsache gegen Ö***** S***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten ***** K***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 11. Mai 2020, GZ 28 Hv 12/20p 229, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Oberstaatsanwältin Mag. Ramusch LL.M., des Angeklagten ***** K*****, seines Verteidigers Mag. Harthaller LL.M. sowie des Privatbeteiligtenvertreters Dr. Krasa zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Ö***** S***** und ***** K***** betreffenden Schuldsprüchen jeweils wegen des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (3.) ersatzlos, demzufolge auch in den Strafaussprüchen (einschließlich der den Angeklagten K***** betreffenden Vorhaftanrechnung) aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

Es werden für die ihnen weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich

Ö***** S***** für das Verbrechen der schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB (1.) und

***** K***** für das Verbrechen der schweren Erpressung nach §§ 12 dritter Fall, 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB (2.)

jeweils nach § 145 Abs 1 StGB

Ö***** S***** zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren und

***** K***** unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 StGB auf das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 6. September 2019, AZ 34 Hv 96/19h, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von drei Jahren

verurteilt.

Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die erlittene Vorhaft wie folgt auf die über ***** K***** verhängte Freiheitsstrafe angerechnet:

Vom 26. September 2019, 14:00 Uhr, bis zum 1. Oktober 2019, 12:00 Uhr, vom 15. Oktober 2019, 22:00 Uhr, bis zum 6. November 2019, 14:00 Uhr, vom 16. November 2019, 16:00 Uhr, bis zum 9. Dezember 2019, 07:00 Uhr, vom 11. Dezember 2019, 21:00 Uhr, bis zum 23. Dezember 2019, 13:30 Uhr, vom 24. Dezember 2019, 12:30 Uhr, bis zum 16. Jänner 2020, 11:00 Uhr und vom 24. Jänner 2020, 17:00 Uhr, bis zum 11. Mai 2020, 18:33 Uhr.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Der Angeklagte K***** und die Staatsanwaltschaft werden mit ihren Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe auf die Strafneubemessung verwiesen.

Der Berufung des Angeklagten K***** gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten K***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden Ö***** S***** und ***** K***** je eines Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB, Letztgenannter als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB (1. hinsichtlich S***** und 2. hinsichtlich K*****) sowie jeweils des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (3.) schuldig erkannt.

[2] Danach haben in I***** und an anderen Orten

1. Ö***** S***** von Anfang Juli bis zum 10. Juli 2019 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Univ. Prof. Dr. ***** Z***** durch Drohung mit dem Tod, nämlich durch die wiederholte Äußerung, er werde ihn, dessen Frau und ihre drei Kinder erschießen, wobei er dem Genannten, nachdem er ihm am 3. Juli 2019 in der Tiefgarage in der Nähe seiner Ordination aufgelauert und sich in den Fond des von Univ. Prof. Dr. Z***** gelenkten Pkw gesetzt hatte, eine täuschend echt aussehende Attrappe einer Faustfeuerwaffe aus Plastik vorhielt und ihm diese an der Wange ansetzte, zu einer Handlung, nämlich zur Zahlung von 800.000 Euro, zu nötigen versucht, die Univ. Prof. Dr. Z***** in diesem Betrag am Vermögen schädigen sollte, wobei es infolge einer am 10. Juli 2019 gescheiterten Geldübergabe beim Versuch blieb;

2. ***** K***** von Anfang Juli bis zum 10. Juli 2019 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zu der zu 1. angeführten strafbaren Handlung beigetragen, indem er bei S***** den Tatentschluss bekräftigte, gemeinsam mit ihm den Tatplan entwarf, eine Vereinbarung über die Aufteilung der Beute traf, sich dazu bereit erklärte, die persönlichen Lebensumstände und Gewohnheiten des Opfers auszukundschaften und dies in der Folge auch tat, sowie Aufpasserdienste bei der intendierten Geldübergabe leistete;

3. Ö***** S***** und ***** K***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 erster Fall StGB) am 3. Juli 2019 Univ. Prof. Dr. Z***** widerrechtlich gefangen gehalten oder ihm auf andere Weise die persönliche Freiheit entzogen, indem K*****, nachdem der Genannte die Ordination verlassen hatte, S***** fernmündlich davon verständigte und Letztgenannter, als Univ. Prof. Dr. Z***** in der Tiefgarage in sein Fahrzeug stieg, die hintere Fahrzeugtür aufriss, ihm eine Pistole zeigte, ihn aufforderte „fahr, fahr, sonst schieß ich“ und ihn in weiterer Folge zielgerichtet nach Ig***** dirigierte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 8, 9 lit b, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K*****, die teilweise berechtigt ist. Weiters gibt das Rechtsmittel Anlass zu amtswegigem Vorgehen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StPO).

[4] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung (ON 228 S 71) von in der Hauptverhandlung gestellten Anträgen (ON 228 S 68 ff) Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht verletzt.

[5] Der Antrag auf „Ausforschung und Vernehmung jener Person, welche dem Zweitangeklagten [K*****] den handgeschriebenen Zettel mit der Aufschrift 'Selamun Aleykum Bro oben 4 Stock ist ein Türke name (***** K*****) ist er bei Deiner Seite, seine Komplize Ö***** ist 3 Stock und wenn ja sag ihm Ich schick Ihm Zettel von Komplize und Er soll Gericht so Aussagen wie Komplize' in der Justizanstalt I***** überreicht hat“, zum Beweis dafür, dass Ö***** S***** versucht habe, K***** „zu einer Aussage zu bewegen, welche der seinen entspricht“ und „dadurch ersichtlich ist, dass die Aussage des Erstangeklagten in Bezug auf die Aussage des Zweitangeklagten unrichtig ist“, zielte auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung (RIS Justiz RS0118123) ab. Die vom Antragsteller vorgenommenen Spekulationen, wonach im Falle einer wahrheitsgemäßen Aussage des Ö***** S***** „ein solches Vorgehen nicht notwendig“ gewesen wäre, und der daraus gezogene Schluss, K***** sei „nicht Bestimmungstäter“ und habe „nicht den Tatplan mit dem Erstangeklagten entworfen“, bilden keine tragfähige Grundlage für einen Beweisantrag (RIS Justiz RS0118444 [T5]).

[6] Ebenso verfiel der Antrag auf „Ausforschung und Vernehmung des Taxifahrers namens Mehmet“, wohnhaft in derselben Pension wie Y***** S*****, zum Beweis dafür, dass sich Ö***** S*****, ***** Ka***** und Y***** S***** „im zeitlichen Umfeld zum 3. Juli 2019, jedenfalls im Zeitraum einiger Tage vor diesem Datum, in der Wohnung/Garconniere des Y***** S***** in Ig***** […] regelmäßig und zusammen aufhielten“, die Genannten „zusammen unterwegs“ gewesen seien, Ö***** S***** „mit seinem Bruder Y***** S***** und ***** Ka***** den Tatplan schmiedete und nicht durch K***** zur Tat bestimmt wurde“ und diese drei Personen „die Beobachtungen des Herrn Dr. Z***** bzw dessen Wohnhauses durchführten und nicht K*****“, zu Recht der Abweisung. Dieser Beweisantrag erklärt nämlich nicht, weshalb der bloße Umstand von privaten Zusammenkünften der drei Genannten einige Tage vor der inkriminierten Tat und von nicht näher definierten gemeinsamen Unternehmungen gegen eine Beteiligung des Beschwerdeführers an der strafbaren Handlung des Mitangeklagten sprechen soll und auf welcher Wahrnehmungsgrundlage es dem beantragten – (bloß) im selben Gebäude wohnenden – Zeugen möglich sein sollte, verlässliche Angaben zu den Beweisthemen zu machen. Solcherart war auch dieser Antrag auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (erneut RIS Justiz RS0118444 [insb T1, T17]).

[7] Die in der Beschwerdeschrift zur Antragsfundierung nachgetragenen Ausführungen unterliegen dem Neuerungsverbot und sind daher unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618).

[8] Entgegen dem Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) haben sich die Tatrichter mit dem in der Hauptverhandlung vorgekommenen (ON 228 S 71) Amtsvermerk des Landeskriminalamts Tirol vom 30. September 2019 (ON 63 S 363 ff) betreffend die Angaben des Angeklagten K***** und dessen (kooperatives) Verhalten gegenüber den Polizeibeamten am 13. Juli 2019 sowie den entsprechenden Angaben der ermittelnden Beamten in der Hauptverhandlung (ON 228 S 49 ff) durchaus auseinandergesetzt (US 24). Dass sie daraus andere als die vom Beschwerdeführer gewünschten Schlüsse zogen, stellt den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht her (RIS Justiz RS0099455).

[9] Indem die Beschwerde auf – isoliert herausgegriffene und aus dem Zusammenhang gerissene –Aussagedetails des Angeklagten S***** in der Hauptverhandlung verweist („Ich habe zu K***** gesagt, dass ich vom Professor das Angebot über 800.000 Euro erhalten habe“ [ON 228 S 10]; „Ich wollte mit dem Professor reden, weil ich der Meinung war, dass mir das Geld zusteht“ [ON 228 S 13] sowie weitere sinngemäß gleichlautende Passagen [ON 228 S 9, 20]) und darauf die Behauptung von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) der für die Feststellung des auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatzes des Angeklagten K***** zum Schuldspruch 2 angestellten Beweiswürdigung des Erstgerichts stützt, vernachlässigt sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (US 19 bis 30; RIS Justiz RS0119370). Denn das Erstgericht, das die leugnende Einlassung des Angeklagten K***** als „reine Schutzbehauptung“ verwarf (US 24), hat sich eingehend mit der für glaubwürdig erachteten, „umfassend geständigen“ Verantwortung des Angeklagten S***** auseinandergesetzt, dessen Aussage, wonach die Idee, das Tatopfer „neuerlich zu erpressen“ von ihm gekommen sei, K***** ihn in seinem Vorhaben „bestärkt“, seine „Hilfe angeboten“ und dem Tatplan, Univ. Prof. Dr. Z***** „um 800.000 Euro zu erpressen“, zugestimmt habe, erörtert und aus dem „gewählten objektiven Vorgehen“ des Angeklagten K***** auch das Vorliegen der subjektiven Tatseite bejaht (US 20, 22 f, 24, 29 f). Zu einer Erörterung des vollständigen Inhalts der Aussage des Angeklagten S***** war das Erstgericht nicht verhalten (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; RIS Justiz RS0106642, RS0106295 [insb T6]).

[10] Ebenso verfehlt die Mängelrüge mit dem Vorbringen, die Aussage des Zeugen Ka***** (ON 228 S 44 ff) sei „in wesentlichen Teilen“ unvollständig erörtert (Z 5 zweiter Fall) und aktenwidrig wiedergegeben (Z 5 fünfter Fall), ihr Ziel. Das Erstgericht hat sich mit der Aussage dieses Zeugen auseinandergesetzt und ihm aktenkonform attestiert, „im Wesentlichen (wenn auch eher zögerlich)“ die Angaben des Ö***** S***** betreffend Besprechungen zwischen diesem Zeugen und den beiden Angeklagten „im Zusammenhang mit einer geplanten Erpressung des Univ. Prof. Dr. Z*****“ bestätigt zu haben (ON 228 S 47 f), wobei sich dieser Zeuge in weiterer Folge darauf berufen habe, „sich an nichts Konkretes mehr erinnern zu können“ (US 27; vgl im Übrigen erneut RIS Justiz RS0106642). Soweit die Rüge unter dem Aspekt der Aktenwidrigkeit kritisiert, dass sich aus dieser Zeugenaussage „keinesfalls eine Tatbeteiligung“ des K***** ergäbe, macht sie damit eine unrichtige oder unvollständige Wiedergabe des Inhalts der Aussage des Zeugen Ka***** im Sinn der Z 5 fünfter Fall nicht geltend (RIS Justiz RS0099547).

[11] Auch das Zitat eines bloß aus dem Kontext gelösten Satzes aus der Aussage des Angeklagten S***** in der Hauptverhandlung, wonach K***** „dann doch gesagt [hat], ich soll es nicht machen, aber ich habe gesagt, ich mache es“ (ON 228 S 16), vermag Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) und Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) nicht aufzuzeigen. Denn dieser Einwand übergeht, dass der Angeklagte S***** in genau dieser Textpassage die Frage, ob ihn K***** zur Tat gedrängt habe, bejahte und angab, K***** habe ein neues Auto kaufen wollen, dringend Geld gebraucht und er (K*****) habe „wir machen das“ gesagt (ON 228 S 16).

[12] Die Tatsachenrüge (Z 5a) weckt mit dem Verweis auf das – bereits zur Mängelrüge (Z 5) dargestellte – Aussageverhalten des Angeklagten K***** gegenüber den ermittelnden Beamten (ON 63 S 363 ff), insbesondere in Bezug auf die freiwillige Preisgabe von Informationen zum Aufenthaltsort des Ö***** S***** und zu seinem „kooperativen Verhalten“, mit dem erneuten Hinweis auf Details der Verantwortung des Angeklagten S***** und der Angaben des Zeugen ***** Ka***** in der Hauptverhandlung (ON 228 S 47 ff), weiters auf das „Aufsuchen“ der Tochter des Tatopfers durch Ö***** S***** (ON 63 S 421 ff) sowie auf eine „keinesfalls ausgeschlossene“ Tatbeteiligung des Y***** S*****, keine erheblichen Bedenken gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter zu den konstatierten Tathandlungen des Angeklagten K***** (US 14 bis 19; RIS Justiz RS0119583).

[13] Gleiches gilt in Bezug auf die Feststellungen zum auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz des Angeklagten K***** (US 18), die die Beschwerde abermals bloß mit isoliert herausgegriffenen Textpassagen der Verantwortung des Angeklagten S***** (ON 228 S 9 f, 13, 20) als „erheblich bedenklich“ bekämpft.

[14] Soweit die Rüge die dem Angeklagten S***** vom Erstgericht zuerkannte Glaubwürdigkeit (US 24) und die dem Angeklagten K***** attestierte „Unglaubwürdigkeit“ (US 27 f) kritisiert und dazu – nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (§ 283 Abs 1 StPO) – eigene Erwägungen zur Überzeugungskraft der vom Erstgericht eingehend erörterten Aussagen der beiden Angeklagten (US 22 ff) anstellt, verlässt sie den Anfechtungsrahmen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (RIS Justiz RS0100555 [insb T10, T11, T14]).

[15] Die aus Z 8 zum Schuldspruch 2. erhobene Kritik, das Erstgericht habe den Angeklagten K***** entgegen dem Erfordernis des § 262 StPO nicht über die von der Anklage als Bestimmungstäter abweichende rechtliche Beurteilung als Beitragstäter informiert, verfehlt ihr Ziel.

[16] Nichtigkeit gemäß § 262 iVm § 281 Abs 1 Z 8 StPO ist stets dann anzunehmen, wenn das Tatbild (die äußere Tatseite) der dem Schuldspruch zugrunde liegenden Tat (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) von jenem des Anklagetenors (§ 211 Abs 1 Z 2 StPO) derart verschieden ist, dass sich die jeweils angenommenen Tatbilder nicht überdecken und mit Blick auf die Fairness des Verfahrens zuvor keine dem Schutzzweck des § 262 StPO entsprechende Information des Angeklagten erfolgt ist. Hingegen ist es bei Abweichungen von geringerer Relevanz Sache des Beschwerdeführers, eine Verletzung seiner aus Art 6 Abs 3 lit a oder b MRK garantierten Verteidigungsrechte zu behaupten. Wird also im Rechtsmittel plausibel gemacht, dass mit Blick auf den veränderten rechtlichen Gesichtspunkt die Verteidigung eine andere gewesen wäre, ist das Urteil ohne entsprechende Information wegen Anklageüberschreitung nichtig. Eine solche Information ist – in analoger Anwendung des § 262 StPO – auch bei jeder Änderung der Beteiligungsform erforderlich (vgl zum Ganzen Ratz , WK StPO § 281 Rz 545 mwN; Lewisch , WK StPO § 262 Rz 88, 101; Schwingenschuh in Schmölzer/Mühlbacher , StPO, § 262 Rz 24 ff; Fabrizy/Kirchbacher , StPO 14 § 262 Rz 6 ff und § 281 Rz 72; RIS Justiz RS0113755 [insb T22, T25], RS0121419, RS0126786).

[17] Eines Vorbringens des Rechtsmittelwerbers im dargestellten Sinn bedarf es in diesem Fall (bloß geänderter Beteiligungsform) nur dann nicht, wenn sich die Urteilsfeststellungen über die Tathandlungen und der Anklagevorwurf im Tatsächlichen nicht überdecken, weil dann die Plausibilität einer (möglichen) anderen Verteidigungsstrategie auf der Hand liegt (14 Os 151/10b, 11 Os 56/10k [93/10a, 94/10y, 85/10w]; vgl auch 12 Os 116/19d).

[18] Das ist hier nicht der Fall. Die entsprechenden Urteilskonstatierungen stimmen nämlich inhaltlich im Wesentlichen mit der Sachverhaltsdarstellung in der zu Punkt 2./ wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach § 12 zweiter Fall, §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB erhobenen Anklage, die im Tenor neben der hier relevanten Bestimmungshandlung („indem er bei Ö***** S***** den Tatentschluss erweckte “) auch zahlreiche Beitragshandlungen iSd § 12 dritter Fall StGB anführt (ON 65 S 2; vgl dazu 13 Os 71/19v), überein. Dass die Tatrichter nicht von einem – durch das inkriminierte Verhalten des Beschwerdeführers bewirkten – Erwecken des Tatentschlusses beim Angeklagten S*****, sondern von dessen (bloßer) Bekräftigung und damit insgesamt (ausschließlich) von Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB ausgingen, resultiert vielmehr aus ihrer – insoweit von der Anklage abweichenden – Überzeugung, der unmittelbare Täter sei zu diesem Zeitpunkt bereits zur Tat entschlossen gewesen und von K***** nicht dazu gedrängt oder bestimmt, sondern in seinem Vorhaben bestärkt worden (US 2, 14 f iVm US 22, 28 f), womit lediglich eine Abweichung geringer Relevanz vorliegt.

[19] Dass seine Verteidigungsstrategie im Falle einer entsprechenden Erörterung der Änderung der Beurteilung der Beteiligungsform eine andere gewesen wäre, macht der Beschwerdeführer nicht plausibel.

[20] Das Argument, er hätte „einen allfälligen Tatbeitrag zugestehen“ können, ist angesichts der (jegliche in der Anklage inhaltlich zum Ausdruck gebrachten Beitragshandlungen) leugnenden Verantwortung des Angeklagten K*****, der angab, das Tatopfer für Ö***** S***** ausgekundschaftet, die jeweiligen Fahrten aber nur als Taxifahrer ohne Kenntnis des Tatplans durchgeführt zu haben und nicht an der Tat beteiligt gewesen zu sein (US 24 f), nicht verständlich.

[21] Die Verfahrensfairness nach Art 6 Abs 3 lit a und b MRK, die (auch) durch § 262 StPO eine Absicherung erfährt, gewährt jeder „angeklagten Person“ das Recht, über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden (lit a) und ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung zu haben (lit b). Damit beziehen sich diese Normen auf die Schuldfrage, weshalb das die Strafbemessung ansprechende Vorbringen zu einer möglichen Verantwortung in Richtung eines „(Rechts )Irrtums“ in wenn auch „nicht schuldausschließendem, jedoch zumindest strafminderndem Ausmaß“, gleichfalls nicht überzeugt.

[22] Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) behauptet einen Feststellungsmangel „zum Entschuldigungsgrund des Rechtsirrtums“ (§ 9 StGB) und verweist dazu auf den Amtsvermerk vom 30. September 2019 (ON 228 S 71; ON 63 S 363–369) betreffend das kooperative Verhalten des Angeklagten K***** gegenüber den ermittelnden Beamten sowie dessen Verantwortung, „mit den Straftaten des Erstangeklagten nichts zu tun“ zu haben und „nur Taxi gefahren“ zu sein.

[23] Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c StPO) oder eine andere rechtliche Unterstellung bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS Justiz RS0118580).

[24] Diesen Kriterien entspricht die Beschwerde nicht. Denn sie setzt sich über die Feststellungen hinweg, der Beschwerdeführer habe es in seinem Vorsatz aufgenommen, das Opfer – als Teil der Nötigungshandlung – „widerrechtlich“ gefangen zu halten und sich „unrechtmäßig“ zu bereichern (US 18).

[25] Die zum Schuldspruch 2. eine rechtliche Beurteilung der Tat nach § 144 Abs 1 StGB anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) vermisst Feststellungen dazu, „ob der Vorsatz [des Angeklagten K*****] auch darauf gerichtet war, dass der Erstangeklagte [S*****] das Opfer (und dessen Familie) mit dem Tode (im Sinne des § 145 Abs 1 Z 1 StGB) bedroht“. Damit argumentiert die Rüge nicht auf der Basis der Konstatierungen des Urteils (vgl US 15 betreffend einen gemeinsam gefassten, auf die Drohung mit einer täuschend echt aussehenden Faustfeuerwaffe aus Plastik gerichteten Tatplan, sowie US 18) und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung (RIS Justiz RS0099810).

[26] In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K***** daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – zu verwerfen (§ 288 Abs 1 StPO).

[27] Im Recht ist hingegen die Subsumtionsrüge (Z 10), soweit sie zum Schuldspruch 3. die Verurteilung des Angeklagten K***** wegen des in Idealkonkurrenz verwirklichten Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB mit der Argumentation bekämpft, diese werde durch den Schuldspruch wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 12 dritter Fall, 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB (2.) als „typische Begleittat“ konsumiert.

[28] Ebenso wie beim Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB sind auch beim Verbrechen der Erpressung nach § 144 Abs 1 StGB alle (wenn auch in verschiedenen Tatphasen gesetzten, in einem unmittelbaren und sachlichen Zusammenhang stehenden) Handlungen des Täters vom Beginn der Ausführung des (hier:) erpresserischen Vorsatzes bis zur materiellen Vollendung der Tat grundsätzlich als einer gesonderten strafrechtlichen Zuordnung nicht zugängliche Einheit anzusehen ( Eder Rieder in WK 2 StGB § 142 Rz 69 f und § 144 Rz 49 mwN). Eine gegen die Person des Opfers einer Erpressung gerichtete Freiheitsentziehung geht daher dann im Tatbestand des § 144 Abs 1 StGB auf, wenn diese Bewegungseinschränkung bereits im Zuge der Ausführung der Erpressungstat an sich als Mittel zur Durchsetzung des deliktischen Vorhabens erfolgt ist oder wenn sie unmittelbar nach Abnötigung des erpressten Gutes der Sicherung der Beute oder der Einleitung der Flucht dient (vgl RIS Justiz RS0093085, RS0093111).

[29] Nach den relevanten Urteilskonstatierungen (US 2 f, 15 bis 17) wollte das Opfer am 3. Juli 2019 mit seinem Pkw gerade aus einer Tiefgarage fahren, als Ö***** S***** in Umsetzung des Tatplans die hintere Fahrzeugtür aufriss, in das Fahrzeug einstieg, auf der Rückbank Platz nahm, die Tür schloss, dem Opfer eine täuschend echt aussehende Faustfeuerwaffe aus Plastik zeigte, es aufforderte „fahr, fahr, sonst schieß ich“ und dieses in der Folge zielgerichtet von I***** nach Ig***** dirigierte. Während der Fahrt spielte Ö***** S***** dem Opfer eine zuvor am Mobiltelefon mit verstellter Stimme aufgenommene Voicemail des Inhalts „Wenn du bezahlst, hast du und deine Familie keine Sorgen mehr. Wir werden dich in Ruhe lassen. Du musst aber zahlen, sonst geht es dir schlecht“ vor. Danach forderte er 800.000 Euro, in weiterer Folge insgesamt 3,5 Mio Euro, und drohte dem Opfer damit, dieses samt Familie umzubringen, wenn nicht bezahlt werde. Nachdem sich Univ. Prof. Dr. Z***** weigerte zu bezahlen, eskalierte die Situation und Ö***** S***** äußerte, dass diesfalls nicht nur er und seine Frau sondern auch ihre Kinder erschossen würden. Nachdem das Opfer erklärte, nicht zahlen zu können, setzte Ö***** S***** diesem – unter mehrmaliger Wiederholung der Drohung, die genannten Personen umzubringen – die Pistole an der rechten Wange an. Sodann verlangte Ö***** S***** von Univ. Prof. Dr. Z*****, den geforderten Bargeldbetrag in dessen in einer Garage abzustellenden Pkw zu deponieren und kündigte dazu telefonische Kontaktaufnahmen an, die in den darauffolgenden Tagen auch erfolgten, wobei die am 10. Juli 2019 geplante Geldübergabe scheiterte.

[30] Ausgehend davon diente der Eingriff in die persönliche Bewegungsfreiheit des Opfers, in dessen Verlauf wiederholt qualifizierte Drohungen des unmittelbaren Täters geäußert wurden, als (eines der) Tatmittel zur Ausführung der Erpressung. Die Freiheitsentziehung ging auch nicht deutlich über das zur Verfolgung des Zwecks der Erpressung erforderliche Ausmaß hinaus ( Schwaighofer in WK 2 StGB § 99 Rz 47; vgl RIS Justiz RS0093064, RS0090976). Damit wird sie als typische „Begleittat“ (vgl Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28–31 Rz 57 ff) vom Verbrechen der schweren Erpressung nach §§ 12 dritter Fall, 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB (2.) konsumiert.

[31] Der aufgezeigte Rechtsfehler (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) haftet – wie die Generalprokuratur zutreffend ausführt – dem Schuldspruch 3. nicht nur zum Nachteil des Angeklagten K*****, sondern unbekämpft auch zum Nachteil des Angeklagten S***** an und war daher in Bezug auf Letzteren von Amts wegen wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

[32] Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war daher – gleichfalls in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K***** sowie aus deren Anlass im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang (hinsichtlich des Schuldspruchs 3. ersatzlos) aufzuheben (§ 288 Abs 2 Z 3 erster Satz StPO).

[33] Das Vorbringen der Sanktionsrüge (Z 11) kann somit auf sich beruhen.

[34] Zu der erforderlichen Strafneubemessung ist festzuhalten, dass K***** mit seit 10. September 2019 rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 6. September 2019, AZ 34 Hv 96/19h, wegen je eines Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 4 Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 80 Tagen) verurteilt worden ist. Ein Teil der Geldstrafe von 80 Tagessätzen wurde gemäß § 43a Abs 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen (vgl ON 120 sowie unjournalisierten Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung in der Voraktenmappe). Auf diese Verurteilung war daher Bedacht zu nehmen.

[35] Gegenständlich waren beim Angeklagten S***** der Versuch (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) und die geständige Verantwortung (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB), beim Angeklagten K***** – unter Berücksichtigung der angeführten Bedachtnahmeverurteilung – der teilweise Versuch (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) und der bisher ordentliche Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB) mildernd. Erschwerend waren hingegen beim Angeklagten S***** sechs auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Verurteilungen (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB) und beim Angeklagten K***** das Zusammentreffen von einem Verbrechen und zwei Vergehen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB).

[36] Weiters waren im Rahmen allgemeiner Strafbemessungserwägungen (§ 32 Abs 3 StGB) bei beiden Angeklagten aggravierend der hohe beabsichtigte Vermögensschaden (vgl Ebner in WK 2 StGB § 32 Rz 77; Fabrizy , StGB 13 § 32 Rz 3), beim Angeklagten S***** darüber hinaus die Tatbegehung während eines offenen Strafvollzugs (vgl Ebner in WK 2 StGB § 33 Rz 9) und zum Nachteil des identen Opfers einer vorangegangenen Verurteilung wegen des Verbrechens der schweren Erpressung sowie beim Angeklagten K***** die Tatbegehung während eines anhängigen Verfahrens ( Fabrizy , StGB 13 § 32 Rz 3a; RIS Justiz RS0119271) zu werten.

[37] Die in der Berufung des Angeklagten K***** relevierte überlange Verfahrensdauer (§ 34 Abs 2 StGB) infolge Überschreitung der Ausfertigungsfrist des § 270 Abs 1 StPO liegt mit Blick auf die nicht unangemessene Gesamtdauer des umfangreichen Verfahrens und die Tatsache, dass die vierwöchige Frist um rund acht Wochen überschritten wurde, fallkonkret nicht vor (vgl RIS Justiz RS0120138).

[38] Ausgehend davon (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) erweisen sich bei einer Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe (§ 145 Abs 1 StGB), beim Angeklagten K***** unter Bedachtnahme (§§ 31 Abs 1, 40 StGB) auf die angeführte Vorverurteilung, auf der Grundlage der Schuld der Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) die im Spruch genannten Sanktionen als angemessen.

[39] Infolge der Höhe der verhängten Freiheitsstrafe kommt die in der Berufungsausführung des Angeklagten K***** begehrte Gewährung bedingter Strafnachsicht (§ 43 Abs 1 StGB) nicht in Betracht. Die bedingte Nachsicht eines Teils der verhängten Freiheitsstrafe (§ 43a Abs 4 StGB) scheitert – mit Blick auf die oben dargestellten Erwägungen zur Strafbemessung (§§ 33 Abs 1 Z 1 und 32 Abs 3 StGB) – am Erfordernis der hohen Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens (vgl RIS Justiz RS0092050, RS0092042). Der Weiters ins Treffen geführten Anwendung außerordentlicher Strafmilderung (§ 41 StGB) fehlt es an einem Überwiegen der Milderungsgründe.

[40] Die Anrechnung der Vorhaftzeiten des K***** gründet auf § 38 Abs 1 Z 1 StGB. Über die Anrechnung der nach Fällung des Urteils erster Instanz in der Vorhaft (§ 38 StGB) zugebrachten Zeit hat gemäß § 400 StPO die Vorsitzende des Erstgerichts mit Beschluss zu entscheiden ( Lässig , WK StPO § 400 Rz 1 und 3).

[41] Der Angeklagte K***** und die Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten waren mit ihren Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe auf die Strafneubemessung zu verweisen.

[42] Zu der gegen den Zuspruch an den Privatbeteiligten gerichteten Berufung des Angeklagten K***** (§ 296 Abs 3 StPO):

[43] Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten K***** (zur ungeteilten Hand mit dem Angeklagten S*****) nach § 369 Abs 1 StPO zur Zahlung von 3.814 Euro (1.000 Euro Schmerzengeld für das erlittene Ungemach sowie 2.814 Euro für durch die Tat veranlasste Personenschutzmaßnahmen) an den Privatbeteiligten Univ. Prof. Dr. Z***** und verwies diesen mit seinen darüber hinausgehenden privatrechtlichen Ansprüchen gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg (US 4).

[44] Entgegen dem, eine gänzliche Verweisung des Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg (zufolge Fehlens ausreichender Feststellungen zu seinen Ansprüchen) fordernden Berufungsvorbringen ist der vom Erstgericht in freier Überzeugung ( Spenling , WK StPO § 369 Rz 6 mwN) zuerkannte (Teil )Betrag von 1.000 Euro Schmerzengeld mit Blick auf die nicht erfolgreich bekämpften Urteilsfeststellungen zum vom Berufungswerber geleisteten Beitrag zur strafbaren Handlung des Angeklagten S*****, nämlich einer – mit einer Freiheitsentziehung verbundenen (§ 1329 ABGB; vgl dazu RIS Justiz RS0031714) – schweren Erpressung (durch Drohung mit dem Tod) des Privatbeteiligten, in Verbindung mit den Ergebnissen des Beweisverfahrens, insbesondere den Angaben des Tatopfers zu dessen durch die Tat erlittenen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen, die auch eine ärztliche und medikamentöse Behandlung erforderlich machten (Angstzustände, Blutdruckkrisen, Kopfschmerzen und Schlafstörungen; ON 228 S 61 ff; vgl auch ON 228 S 17; vgl dazu Reischauer in Rummel , ABGB 3 § 1325 ABGB Rz 1; RIS Justiz RS0031191 [insb T5]), nicht zu beanstanden (vgl RIS Justiz RS0093061; Spenling , WK StPO Vor §§ 366–379 Rz 25).

[45] Gleiches gilt für den (Teil )Zuspruch von 2.814 Euro für Personenschutzmaßnahmen, der ebenso in den Feststellungen zu den Tathandlungen sowie der Aussage des Privatbeteiligten, wonach er (seit der Tat bis zur Festnahme der Täter) zur Abwehr der konkret drohenden Schädigung (der angekündigten Tötung von ihm selbst, seiner Frau und seinen drei Kindern) Personenschutz für sich und seine Familie in Anspruch nahm, eine Überwachungseinrichtung installieren und sich entsprechend beraten ließ (ON 228 S 61 ff), in Verbindung mit den zum Nachweis dafür vorgelegten Rechnungen samt Zahlungsbestätigungen (Beilage ./I und ./II zu ON 228), Deckung findet (vgl zur Ersatzfähigkeit von Abwehrkosten als Folgekosten einer bereits stattgefundenen Drohung [bzw schweren Nötigung] und damit verbundenen Rechtsgutverletzung: 2 Ob 28/14b mwN und Auseinandersetzung mit gegenteiligen Auffassungen).

[46] Der Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche war daher nicht Folge zu geben.

[47] Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten K***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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  • RS0121419OGH Rechtssatz

    28. März 2023·3 Entscheidungen

    Nach der Rechtsprechung des EGMR liegt der Schutzzweck des Art 6 Abs 3 lit a und lit b MRK gerade darin, die Verteidigung des Angeklagten nicht zu behindern. Geleitet von dieser Zielsetzung können nunmehr auch Abweichungen in der rechtlichen Beurteilung des von der Anklage erfassten Sachverhalts als Nichtbeachtung des § 262 StPO aus Z 8 releviert werden. Stets dann, wenn - ungeachtet der Identität von Anklage- und Urteilsfaktum im prozessualen Sinn - der Angeklagte einer gegenüber dem inkriminierten Sachverhalt anderen Tat (auch bloß) im materiellen Sinn schuldig erkannt wird, liegt nach dieser grundrechtskonformen Auslegung der Z 8 des § 281 Abs 1 StPO der Nichtigkeitsgrund vor. Ist mit anderen Worten das Tatbild (die äußere Tatseite) der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Tat (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) von jenem des Anklagetenors (§ 207 Abs 2 Z 2 StPO) derart verschieden, dass sich die jeweils angenommenen Tatbilder nicht überdecken, besteht ohne weiteres das Erfordernis einer dem § 262 StPO entsprechenden Belehrung, ohne welche dem Grundrechtsgebot des Art 6 Abs 3 lit a oder lit b MRK nicht entsprochen wird. Geht es aber um Abweichungen geringerer Relevanz, ist es Sache des Beschwerdeführers, im Rechtsmittel das Belehrungserfordernis (wenigstens einigermaßen) plausibel zu machen, um unnötige Rechtsgänge zu vermeiden. Diese ziehen nämlich in aller Regel eine Verschlechterung der zur Verfügung stehenden Beweismittel nach sich und können überdies ein Spannungsverhältnis mit dem gleichfalls beachtlichen Grundrechtsgebot auf Verfahrensbeendigung binnen angemessener Frist (Art 6 Abs 1 erster Satz MRK) bewirken.

  • RS0113755OGH Rechtssatz

    11. März 2024·3 Entscheidungen

    Beurteilt ein Gericht nicht nur die im Anklagetenor genannte Tat in rechtlicher Hinsicht abweichend von der Anklage, spricht es den Angeklagten vielmehr - wenngleich ohne Abgehen von dem der Anklage (als Gesamtheit) zugrunde liegenden Sachverhalt - statt der im Anklagetenor genannten Tat einer anderen Tat schuldig, muss mit Blick auf die Fairness des Verfahrens zugunsten des Angeklagten dem Schutzzweck des § 262 StPO zuvor entsprochen worden sein. Dabei steht die strikte Einhaltung der von § 262 StPO beschriebenen Form als solche nicht unter der Nichtigkeitssanktion des § 281 Abs 1 Z 8 StPO. So wird etwa eine abweichende Beurteilung durch den Ankläger in der Hauptverhandlung dem grundrechtlich geschützten Ziel, über ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung zu verfügen (Art 6 Abs 3 lit b MRK), durchaus gerecht, weil es dem Angeklagten solcherart offensteht, sich dazu zu äußern sowie Fragen und Anträge zu seiner Verteidigung zu stellen, deren Missachtung einen Verfahrensmangel (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO) begründen kann. Die in einer - danach mehrfach wegen Zeitablaufes und Richterwechsels (§ 276a StPO) wiederholten - Hauptverhandlung gestellte Frage des Vorsitzenden (§ 245 Abs 1 erster Satz StPO): "Haben sie in Österreich Zigaretten erworben, bei denen die Eingangsabgaben nicht bezahlt waren?" für sich allein genügt aber nicht.