JudikaturJustizRS0119271

RS0119271 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
07. November 2022

Abgesehen davon, dass die Tatbegehung während eines anhängigen Strafverfahrens nicht als eigener (besonderer) Erschwerungsgrund im Sinne des § 33 Z 2 StGB, sondern allenfalls als Strafzumessungsaspekt nach § 32 Abs 2 StGB zu werten wäre, erlangt dieser Umstand bei der Strafbemessung nur dann Bedeutung, wenn das im Zeitpunkt der nunmehr abzuurteilenden Tat anhängig gewesene Strafverfahren mit einem rechtskräftigen Schuldspruch endete. Denn in diesem Fall kommt dem bereits laufenden und in eine Verurteilung mündenden Verfahren eine Warnfunktion zu, deren fehlende Beachtung infolge neuerlicher Delinquenz von einer gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnenden oder gleichgültigen Einstellung zeugt. Indem das Erstgericht ohne rechtskräftigen Abschluss dieses Strafverfahrens eine Missachtung der Warnfunktion unterstellt, damit aber einen Schuldspruch im noch anhängigen Verfahren voraussetzt, verstößt es gegen die Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 MRK.

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