2R39/25g – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann als Vorsitzenden, die Richterin MMag. Pichler und die Kommerzialrätin Mag. Burket in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , FN **, **, vertreten durch Brenner Klemm, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 138.375,-- samt Anhang, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 29.1.2025, **-45, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 4.045,02 (darin EUR 674,17 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klägerin ist Immobilienmaklerin und bot der Beklagten im Mai 2022 die Liegenschaft ** (idF „die Liegenschaft“) zum Kauf an. Die Liegenschaft stand im Eigentum der C* GmbH, FN **, ** (idF „Besitzgesellschaft“). Sie war deren hauptsächlicher Vermögenswert. Bis zur Übertragung der Geschäftsanteile an der Besitzgesellschaft im November 2022 an die D* GmbH und die E* GmbH (idF „Neugesellschafterinnen“) waren deren Gesellschafterinnen (idF „Altgesellschafterinnen“): F* AG, G* GmbH, H* GmbH, I* GmbH, J* GmbH, K* GmbH, L* GmbH, M* GmbH, N* GmbH, O* GmbH.
Bereits seit Herbst 2021 hatten Alt- und Neugesellschafterinnen in Gesprächen und Verhandlungen zu einem Verkauf der Liegenschaft (oder der Übernahme von Geschäftsanteilen) gestanden. Die Umsetzung hing während der Monate danach an der fehlenden Finanzierung auf Käuferseite. Die Neugesellschafterinnen hatten aber nicht vorgehabt, die Liegenschaft zu behalten (und etwa selbst zu sanieren), sondern diese umgehend weiterzuverkaufen. Dazu schalteten sie mit Besorgungsvereinbarung aus Februar 2022 P* bzw die diesem zuzurechnende Gesellschaft Q* AG (idF „Q*“) ein, der einen Käufer für die Liegenschaft (oder die Geschäftsanteile an der Besitzgesellschaft) finden sollte.
Nachdem ihr die Liegenschaft von der Klägerin benannt worden war, legte die Beklagte im Juni 2022 zweimal ein Kaufanbot für einen asset deal. Das erste Angebot vom 14.6.2022 (Beilage ./A) zog sie nach den Ergebnissen der due diligence zurück, was sie sich vorbehalten hatte. Am 27.6.2022 fand ein Treffen zwischen unter anderem P* und dem Geschäftsführer der Beklagten statt, bei dem die Beklagte ein zweites Angebot (Beilage ./B) zu einem reduzierten Kaufpreis legte, das in der Folge auch für die Besitzgesellschaft gezeichnet wurde. Im zweiten Kaufanbot betrug der Basiskaufpreis EUR 5.650.000,-- und der maximale Kaufpreis EUR 7.000.000,--. Preisanpassungskriterium war die erzielbare Netto-Wohnnutzfläche (** Bauordnung). Es war auch vorgesehen, die Verkäuferin in den Planungsprozess einzubeziehen.
In den Verhandlungen, die zu den beiden Angeboten der Beklagten im Juni 2022 führten, trat für die Verkäuferseite (nur) P* auf, bevollmächtigt von den Neu-, aber nicht von den Altgesellschafterinnen; er war auch weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der Besitzgesellschaft. Die Neugesellschafterinnen waren damals noch nicht als Gesellschafterinnen der Besitzgesellschaft im Firmenbuch eingetragen (dies erfolgte erst per 17.11.2022). Das zweite Angebot unterfertigte für die Besitzgesellschaft der Geschäftsführer der D* GmbH und der E* GmbH R*, der per 15.6.2022 von den Altgesellschafterinnen schon zum Geschäftsführer der Besitzgesellschaft bestellt worden war. Es folgte auf das zweite Kaufanbot der Beklagten der Austausch von Entwürfen zu einem Liegenschaftskaufvertrag und Abstimmung dazu zwischen P* und der Beklagten.
Am 30.8.2022 unterfertigte der Geschäftsführer der Beklagten als Geschäftsführer der kaufenden S* GmbH, einer 100% Tochter der Beklagten, einen Liegenschafts-Kaufvertrag (asset deal; Beilage ./I) mit der verkaufenden Besitzgesellschaft über die Liegenschaft. Die Beklagte hatte sich im Angebot vom 27.6.2022 vorbehalten, eine Projektgesellschaft als Käuferin namhaft zu machen. Die verkaufende Besitzgesellschaft gegenzeichnete diesen Kaufvertrag erst am 12.12.2022 mit Unterschrift des P* als Bevollmächtigter der Neugesellschafterinnen, die zwischenzeitlich die Geschäftsanteile an der Besitzgesellschaft übernommen hatten, und nachdem die Umsetzung des Kauf- und Abtretungsvertrags vom 16.11.2022 ins Stocken geraten war.
Die Altgesellschafterinnen wurden in die Verhandlungen zu den beiden Angeboten der Beklagten im Juni 2022 und zum Kaufvertrag nicht eingebunden, sie wussten nicht davon und fassten zur Annahme der Angebote bzw dem Abschluss des Kaufvertrags (Beilage ./I) durch die Besitzgesellschaft keinen (zustimmenden) Gesellschafterbeschluss. Am 13.9.2022 informierte Mag. T* (Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Altgesellschafterin I* GmbH) den Rechtsanwalt der Beklagten, U* LLM, in einem Telefonat über die Altgesellschafterinnen als die „eigentlichen“ Gesellschafterinnen der Besitzgesellschaft und darüber, dass P* und R* ohne Vollmacht und ohne Zustimmung der Altgesellschafterinnen agieren würden.
Im Hinblick auf die vor allem bei der Beklagten aufgekommenen Irritationen und Unsicherheiten betreffend die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse, wurde zwischen Alt- und Neugesellschafterinnen sowie der Beklagten sodann vereinbart, dass zunächst die Neugesellschafterinnen die Anteile erwerben sollten und diese in weiterer Folge an die Beklagte übertragen würden (zwei hintereinander geschaltete share deals). Vor Abschluss des Kauf- und Abtretungsvertrags vom 16.11.2022 hatte die Beklagte von den Altgesellschafterinnen Unterlagen der Besitzgesellschaft für eine due diligence in einem Datenraum zur Verfügung gestellt bekommen.
Am 16.11.2022 schlossen die Neugesellschafterinnen, die die Geschäftsanteile zuvor von den Altgesellschafterinnen erworben hatten, und die Beklagte den Kauf- und Abtretungsvertrag über die Geschäftsanteile der Besitzgesellschaft Beilage ./C ab. Die ausständigen Gesellschafterdarlehen der beiden (Neu-)Gesellschafterinnen sind mit EUR 11.666,67 und EUR 1.240.932,80 in Punkt 1.4. des Kauf- und Abtretungsvertrags angeführt. Zur Kaufpreiszahlung/ verwendung wurden im Kauf- und Abtretungsvertrag unter anderem folgende Regelungen getroffen:
„ 3.3. Am Stichtag [15.12.2022, 00.00 Uhr] sind gemäß gesondert abzuschließender Treuhandvereinbarung vom Kaufpreiserlag zunächst sämtliche Bankverbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß vorzulegendem Payoff-Letter der V* AG zu tilgen. Hiernach sind die Gesellschafterdarlehen vom Treuhandkonto für die Gesellschaft zurückzubezahlen, wobei die Gesellschafterdarlehen auf die Käuferin im Wege der Einlösung übergehen.
3.4. Sollte der Kaufpreis am Stichtag nicht an die Verkäufer, aus von der Käuferin zu vertretenden Gründen, zum Stichtag ausgezahlt werden, haben die Verkäufer unter Einräumung eines Respiros von 3 Bankarbeitstagen Anspruch auf Verzugszinsen iHv EUR 2.222 pro Kalendertag. Dieser Abtretungsvertrag gilt als aufgehoben, wenn der Kaufpreis nicht bis spätestens 31.1.2023 an die Verkäufer ausbezahlt wurde. Diesfalls haben die Verkäufer Anspruch auf pauschalierten Schadenersatz in Höhe der angelaufenen Verzugszinsen, sofern die Nichtauszahlung des Kaufpreises vom Käufer zu vertreten war. Darüber hinausgehende Ansprüche sind ausgeschlossen.
4. KAUFPREIS
4.1. Der Kaufpreis für alle kaufgegenständlichen Geschäftsanteile beträgt EUR 5.535.000,00 (Euro fünf Millionen fünfhundertfünfunddreißig Tausend) („Kaufpreis“). Aus dem Kaufpreis sind ausschließlich die Bankverbindlichkeiten und die Gesellschafterdarlehen der Gesellschaft zu tilgen sowie ein Betrag von EUR 35.000 für die Kaufgegenständlichen Geschäftsanteile zu zahlen.
5. KAUFPREISERLAG/TREUHANDSCHAFT
5.1. Der Kaufpreis ist von der Käuferin zur Gänze bis zum 15.12.2022 auf das Anderkonto lautend auf [...], („Treuhandkonto“) der hiermit einvernehmlich und einseitig unwiderruflich zum Treuhänder (im Folgenden „Treuhänder“) bestellten Kanzlei W*, **, zu erlegen. Zu diesem Zweck unterzeichnen die Parteien und die Treuhänderin eine gesondert errichtete Treuhandvereinbarung. “
Unter anderem folgende Punkte finden sich in den Gewährleistungszusagen, nämlich dass zum Stichtag
„6.1.8. die Jahresabschlüsse der Gesellschaft in Übereinstimmung mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und unter Wahrung formeller und materieller Bilanzkontinuität erstellt wurden und werden und vermittelten zum jeweiligen Bilanzstichtag ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Zielgesellschaft im Sinne des UGB;
6.1.9. die Bücher und die gesetzlich geforderten Unterlagen der Gesellschaft vollständig und richtig sind und im Einklang mit den jeweils anzuwendenden Rechtsvorschriften ordnungsgemäß geführt wurden und werden. Insbesondere hat die Gesellschaft ihre Aufbewahrungspflichten gemäß UGB stets ordnungsgemäß erfüllt;
6.1.10. die Geschäfte der Gesellschaft im Zeitraum seit dem letzten Bilanzstichtag der Gesellschaft (31 Dezember 2021) bis einschließlich zum Tag der Vertragsunterfertigung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers und im Umfang ihres gewöhnlichen Geschäftsbetriebs und nach ordnungsgemäßen unternehmerischen Grundsätzen geführt wurden; […]
6.2. Jegliche darüber hinaus gehende Gewährleistung und Haftung ist ausdrücklich ausgeschlossen. Insbesondere trifft die Verkäufer keine Gewährleistung und Haftung für einen bestimmten Wert, die Ertragskraft noch Erlöse des zu verkaufenden Geschäftsanteils. “
Die Übertragung der Geschäftsanteile an der Gesellschaft stand laut Punkt 7. dieses Kauf- und Abtretungsvertrags unter der aufschiebenden Bedingung des Eingangs (i) der Zahlung des Kaufpreises in Höhe von EUR 5.535.000,-- auf das Treuhandkonto und (ii) der Auszahlung des Kaufpreises (einschließlich der Beträge zur Tilgung der Bankverbindlichkeiten und des Betrages zur Tilgung der Gesellschafterdarlehen) auf die im Treuhandauftrag genannten Konten der Verkäufer bzw der V* AG.
In Punkt 11.1. des Kauf- und Abtretungsvertrags verzichtete jede Vertragspartei ausdrücklich und unwiderruflich auf das Recht, den Anteilskauf- und Abtretungsvertrag wegen Irrtums (§ 871 und § 872 ABGB), laesio enormis (§ 934 ABGB), veränderter Umstände (§ 936 ABGB) und/oder Änderung/Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufzuheben oder anzupassen.
In den Verhandlungen und Besprechungen davor war der Abschluss des Kauf- und Abtretungsvertrags beklagtenseits nicht von der Zur-Verfügung-Stellung bestimmter Geschäfts- oder Buchhaltungsunterlagen oder sonstiger Urkunden durch die Verkäuferinnen abhängig gemacht worden (zB einer Closing-Bilanz), es wurden keine Unterlagen spezifiziert und besprochen, die für die Errichtung der Treuhandvereinbarung erforderlich seien, und die Beklagte erklärte auch keinen Finanzierungsvorbehalt. Die Beklagte forderte nach Abschluss des Kauf- und Abtretungsvertrags von den Neugesellschafterinnen bzw P* Unterlagen zu bestehenden Verbindlichkeiten der Besitzgesellschaft und deren Rechtsgrundlagen ab (zu Gesellschafterdarlehen sowie auch und insbesondere zu der in der Buchhaltung der Besitzgesellschaft erfassten Provisionszahlung an die Q* aus dem Besorgungsvertrag), dies erstens für die Treuhandabwicklung, zweitens zur Vorlage bei ihrer sie finanzierenden Bank und drittens, um eine allfällige Einlagenrückgewähr prüfen zu können. Eine von den Verkäuferinnen zu erstellende Closing-Bilanz verlangte die Beklagte nicht.
Die Neugesellschafterinnen stellten der Beklagten in dem auch von ihnen eingerichteten Datenraum Unterlagen zur Verfügung (wobei es sich im Wesentlichen um die der Beklagten schon von den Altgesellschafterinnen zur Verfügung gestellten Unterlagen handelte) und übermittelten den Entwurf einer Saldenliste zum 15.12.2022. Ob es weitere (schriftliche) Unterlagen zu den Gesellschafterdarlehen gab (bzw welche), und/oder ob solche erstellt wurden, kann nicht festgestellt werden.
Die Beklagte erlegte den vereinbarten Kaufpreis nicht.
Die zwischen den Parteien vereinbarte Vermittlungsprovision im Maklervertrag betrug 2,5 % vom Kaufpreis. Zu einer Provisionszahlung im Fall fehlenden Vermittlungserfolgs haben die Parteien nichts besprochen.
Die Klägerin begehrt die Zahlung von EUR 138.375,-- samt Anhang und bringt dazu vor, ihre Provision werde auf zwei Rechtsgrundlagen gestützt, zum einen auf die angenommenen Kaufanbote Beilagen ./A bzw ./B, die im asset deal Beilage ./I gemündet haben, und andererseits auf den Kauf- und Abtretungsvertrags Beilage ./C (share deal).
Der Kauf- und Abtretungsvertrag sei aus von der Beklagten zu vertretenden Gründen nicht umgesetzt worden, weil sie Unterlagen abgefordert habe, die erstens keine Relevanz gehabt hätten und die zweitens nicht vereinbart gewesen seien. Der Nichterlag des Kaufpreises führe nur zur Aufhebung des Kauf- und Abtretungsvertrags ex nunc. Die Beklagte habe alle notwendigen Unterlagen für die Abwicklung des share deals vom November 2022 pünktlich von den Verkäufern zur Verfügung gestellt erhalten. Vielmehr lägen die Gründe für das Scheitern des share deals in der Sphäre der Beklagten, die Informationen nicht rechtzeitig erteilt und den Kaufpreis nicht erlegt habe.
Unabhängig davon sei der asset deal gültig und aufrecht. Soweit dazu ein Rücktritt erklärt worden sei, rühre auch dieser Rücktritt aus der Sphäre der Beklagten. Beim asset deal mit der S* GmbH handle es sich um ein gleichwertiges Geschäft im Sinne des § 6 MaklerG, der den Provisionsanspruch nicht beseitige, selbst wenn das Geschäft weggefallen wäre.
Zu sämtlichen Kaufanboten habe die Beklagte ausreichend Zeit zur Prüfung gehabt. Allfällige nachher aufgetretene Probleme dienten nur dazu, einen Ausweg aus den Verträgen zu finden.
Daneben werde der Anspruch auf Schadenersatz gestützt. Ein allfälliger Wegfall des Provisionsanspruches sei dem Scheitern der Verhandlungen geschuldet, das die Beklagte verschuldet habe.
Die Beklagte bestreitet, dass der Klägerin eine Vermittlungsprovision zustehe. Das Kaufanbot Beilage ./A sei ungültig, weil es an der Zustimmung der (Alt-)Gesellschafter der Besitzgesellschaft gefehlt habe. Das Kaufanbot Beilage ./B vom 27.6.2022 sei daran gescheitert, dass die Beklagte im September 2022 erfahren habe, dass P* und R* ohne entsprechende Vollmacht gehandelt hätten.
Beim asset deal laut Beilage ./G vom 30.8.2022 handle es sich um einen Vertrag, der allenfalls abgeschlossen worden sei, bevor die Beklagte darüber informiert worden sei, dass die Verkäuferseite zum Abschluss des Vertrages nicht vertretungsbefugt gewesen sei; allen Beteiligten sei klar gewesen, dass der Vertrag obsolet sei, insbesondere auch und spätestens bei Abschluss des share deals, der besprochen und verhandelt worden sei.
Beim share deal liege die Schuld an dessen Nichtumsetzbarkeit in der Sphäre der Verkäufer, weil sie Dokumente, die entweder vereinbarungsgemäß oder aus einer vertraglichen Nebenpflicht heraus hätten zur Verfügung gestellt werden sollen, nicht zur Verfügung gestellt haben. Der Vertrag für die Treuhandvereinbarung sei daher nicht umsetzbar gewesen. Die Beklagte habe die Unterlagen mehrfach urgiert und treffe sie daran kein Verschulden.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es traf dazu neben dem eingangs bereits zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt die auf den Urteilsseiten 2 bis 16 wiedergegebenen Feststellungen.
Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, dass der Kauf- und Abtretungsvertrag ein zweckgleichwertiges Geschäft zum beabsichtigten Liegenschaftsverkauf sei. Da die Beklagte sich die Zur-Verfügung-Stellung bestimmter Unterlagen (für die Treuhandvereinbarung) und auch die Finanzierung des Kaufpreises im Kauf- und Abtretungsvertrag nicht vorbehalten habe, seien offene Punkte zur Finanzierung und Anforderungen ihrer Bank in ihrer Sphäre gelegen und habe sie nicht einfach die Zahlungsfrist ablaufen lassen und den Eintritt der auflösenden Bedingung der Nicht-Auszahlung des Kaufpreises an die Verkäuferinnen abwarten können, ohne Gefahr zu laufen, in zB der vorliegenden Konstellation in Anspruch genommen zu werden. Die Erstellung einer Closing-Bilanz als transaktionsbezogenes erst zu erstellendes Dokument habe nicht ohne besondere – hier aber nicht getroffene – vertragliche Regelung und nicht im Wege einer bloßen Nebenpflicht verlangt werden können.
Jedoch habe die Beklagte für die Prüfung einer allfällig verbotenen Einlagenrückgewähr im Zusammenhang mit der Besorgungsvereinbarung zu Recht Unterlagen und Informationen verlangen dürfen. Dieser Posten sei in der Buchhaltung der Besitzgesellschaft erst nach Übernahme der Geschäftsanteile durch die Neugesellschafterinnen aufgetaucht und der Verdacht, dass die Provision der Q* in einem Auftrag der Neugesellschafterinnen, aber nicht einem der Besitzgesellschaft gewurzelt habe, sei nahegelegen (sodass die Übernahme in die Bücher der Besitzgesellschaft eine Form der Einlagenrückgewähr habe sein können). Da die Beklagte Informationen dazu von den Verkäuferinnen nicht bekommen habe, sei der Ablauf der Frist für den Erlag des Kaufpreises außerhalb ihrer Sphäre gelegen. Wenn in der Folge der Kauf- und Abtretungsvertrag folglich der aufhebenden Bedingung des Punktes 3.4. aufgehoben worden sei, sei der Provisionsanspruch der Klägerin (sowie der Schadenersatzanspruch in selber Höhe) entfallen.
Die Klägerin könne ihren Provisionsanspruch auch nicht auf den nicht zustande gekommenen asset deal stützen, weil die Parteien des Kauf- und Abtretungsvertrags vom asset deal als solchem abgegangen seien. Es könne daher nicht angenommen werden, dass die Frist für die Annahme/Zeichnung des Liegenschaftskaufvertrags (Beilage ./I – asset deal) nach Abschluss des Kauf- und Abtretungsvertrags (Beilage ./C – share deal) noch offen gewesen wäre.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit einem auf Klagsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Zur Beweisrüge:
1.1.1. Die Berufungswerberin bekämpft folgende Feststellung:
Die Beklagte erlegte den Kaufpreis bei der Treuhänderin des Kauf- und Abtretungsvertrags nicht, weil sie der Meinung war, dass „wesentliche“ Unterlagen (zu Gesellschaftsverbindlichkeiten) für die Treuhandabwicklung und/oder die Prüfung einer Einlagenrückgewähr nötig wären, diese aber nicht von den Verkäuferinnen zur Verfügung gestellt wurden (UA Rz 22).
Sie begehrt als Ersatzfeststellung:
Die Beklagte erlegte den Kaufpreis bei der Treuhänderin des Kauf- und Abtretungsvertrags nicht, weil sie der Meinung war, dass „wesentliche“ Unterlagen (zu Gesellschaftsverbindlichkeiten) für die Treuhandabwicklung nötig wären, diese aber nicht von den Verkäuferinnen zur Verfügung gestellt wurden.
1.1.2. Einleitend ist festzuhalten, dass die Klägerin folgende Feststellung offensichtlich nicht bekämpft:
Die Beklagte forderte nach Abschluss des Kauf- und Abtretungsvertrags von den Neugesellschafterinnen bzw P* Unterlagen zu bestehenden Verbindlichkeiten der Besitzgesellschaft und deren Rechtsgrundlagen ab (zu Gesellschafterdarlehen sowie auch und insbesondere zu der in der Buchhaltung der Besitzgesellschaft erfassten Provisionszahlung an die Q* aus dem Besorgungsvertrag), dies erstens für die Treuhandabwicklung, zweitens zur Vorlage bei ihrer sie finanzierenden Bank und drittens um eine allenfalls Einlagenrückgewähr prüfen zu können (UA Rz 18).
Diese Feststellung betrifft aber nur die Frage, welche Unterlagen die Beklagte anforderte, während die bekämpfte Feststellung darauf abstellt, aufgrund welcher ihrer Meinung die Beklagte den Kaufpreis nicht erlegte. Der Schluss, den die Beklagte in ihrer Berufungsbeantwortung S 3 f und 12 nahelegt, dass bereits das Anfordern dieser Unterlagen, dazu führt, dass deshalb der Kaufpreis nicht erlegt wurde, ist jedoch nicht zutreffend. Nur weil Unterlagen angefordert werden, bedeutet dies nicht zwingend, dass genau deshalb der Kaufpreis nicht erlegt worden sei.
1.1.3.Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich der Richter für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen aufgrund seiner Überzeugung entscheidet, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann (RS0043175). Deshalb ist der Umstand, dass die Beweisergebnisse auch Raum für andere Feststellungen bieten, für sich allein nicht geeignet, schlüssig darzulegen, warum das Erstgericht den ihm im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 272 ZPO zukommenden Ermessensspielraum überschritten hätte.
1.1.4. Ein eindeutiges Beweisergebnis, warum die Beklagte den Kaufpreis nicht erlegte, ist aus dem Akt nicht ersichtlich. Die Aussage des Geschäftsführers der Beklagten in ON 42.4 S 8 ff zeigt aber, dass die Beklagte Unterlagen für die Treuhandabwicklung und zur Überprüfung einer möglichen Einlagenrückgewähr vermisste. Die fehlenden Unterlagen für die Treuhandvereinbarung bestätigte auch der Anwalt der Beklagten in ON 42.4 S 20. Dass die Beklagte Unterlagen auch zur Prüfung einer allfälligen Einlagenrückgewähr wollte, ergibt sich ebenso aus der WhatsApp-Kommunikation zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und dem damals bei der Klägerin angestellten Zeugen X* (Beilagen ./10 insb S 1, ./17 insb S 1 und 4).
Die Finanzierung war laut der Aussage des Geschäftsführers der Beklagten in ON 42.4 S 9 f nicht das Problem.
1.1.5. Mit der bekämpften Feststellung legt sich das Erstgericht nicht fest, ob die fehlenden Unterlagen für die Treuhandabwicklung (a) oder für die Prüfung einer Einlagenrückgewähr (b) oder für beide Themenbereiche (c) für den Nichterlag des Kaufpreises ausschlaggebend waren. Die Berufung legt kein überzeugendes Argument dar, warum die Beklagte ausschließlich wegen fehlender Unterlagen für die Treuhandabwicklung und nicht auch für die Prüfung der Einlagenrückgewähr den Kaufpreis nicht erlegt haben sollte. Daher kann dieser Punkt der Beweisrüge nicht überzeugen.
1.2.1. Die Berufungswerberin wendet sich auch gegen die Feststellung:
Den schriftlichen Besorgungsvertrag mit der Q* oder sonst Informationen zu diesem Vertragsverhältnis stellten die Neugesellschafterinnen der Beklagten nicht zur Verfügung (der Posten der Provisionszahlung der Q* hatte sich in den Buchhaltungsunterlagen, die die Altgesellschafterinnen der Beklagten zur Verfügung gestellt hatten, noch nicht gefunden) (UA Rz 20).
Sie begehrt als Ersatzfeststellung:
Die Neugesellschafterinnen stellten der Beklagten den schriftlichen Besorgungsvertrag mit der Q* bzw zumindest in diesem Zusammenhang relevante Informationen zu diesem Vertragsverhältnis zur Verfügung.
1.2.2. Der Geschäftsführer der Beklagten sagte in ON 42.4 S 11 aus, dass er diesen Besorgungsvertrag zwar über Herrn Y* eingefordert, aber nicht erhalten habe. Der Zeuge P* meinte, dass wir [gemeint offensichtlich die Neugesellschafterinnen] auch einen Datenraum mit allen Unterlagen, die sie hatten, zur Verfügung stellten (ON 33.2 S 8). Es liegen somit zu dieser Frage zwei unterschiedliche Aussagen vor.
1.2.3. Der Zeuge R*, Geschäftsführer einer der Neugesellschafterinnen und kurzzeitiger Geschäftsführer der Besitzgesellschaft, sagte in ON 33.2 S 2 aus, dass er in der Zwischenzeit [während die Neugesellschafterinnen den Kaufpreis aufstellten] P* bevollmächtigt habe, sich um die Suche nach einem Käufer zu kümmern. R* konnte auch den Besorgungsvertrag mit der Q* zuordnen, dass es darin um die Maklerprovision bzw die Begleitung des Verkaufs und die Tätigkeit von P* gehe, und die entsprechende Rechnung an die Besitzgesellschaft gelegt und von dieser auch bezahlt worden sei (ON 33.2 S 3).
Die Überlegung des Erstgerichts, dass der Besorgungsvertrag deshalb nicht zur Verfügung gestellt worden sei, weil dann die Neugesellschafterinnen in die Verlegenheit geraten wären, zu erklären, warum die Besitzgesellschaft die Provision für die Bemühungen um den Verkauf ihrer eigenen Geschäftsanteile hätte zahlen sollen (UA Rz 49), ist durchaus plausibel. Die Überzeugung des Erstgerichts, in dieser Frage daher dem Geschäftsführer der Beklagten zu folgen, erfordert somit keine Korrektur.
1.3.Das Berufungsgericht legt daher die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis einer durch die geltend gemachten Berufungsgründe nicht stichhaltig in Zweifel gezogenen Beweiswürdigung seiner Entscheidung zugrunde (§ 498 Abs 1 ZPO).
2. Zur Rechtsrüge:
2.1.Der Auftraggeber ist gemäß § 6 Abs 1 MaklerG zur Zahlung einer Provision für den Fall verpflichtet, dass das zu vermittelnde Geschäft durch die vertragsgemäße verdienstliche Tätigkeit des Maklers mit einem Dritten zustande kommt. Der Anspruch auf Provision entsteht gemäß § 7 Abs 1 MaklerG mit der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäfts. Gemäß Abs 2 entfällt der Anspruch auf Provision, wenn und soweit feststeht, dass der Vertrag zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber aus nicht vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen nicht ausgeführt wird.
Voraussetzung für den Provisionsanspruch ist somit -neben dem Vorliegen eines Maklervertrags und der (kausalen, adäquaten) Verdienstlichkeit des Maklers – vor allem, dass „das nach dem Vermittlungsvertrag zu vermittelnde Geschäft tatsächlich zustande gekommen ist („Vermittlungserfolg“) und es entweder wirklich ausgeführt oder deshalb nicht ausgeführt worden ist, weil auf Seiten des vermittelten Dritten wichtige Gründe vorliegen. Die Maklerprovision ist also vom Grundgeschäft abhängig. Sie (ent-)steht und (ent-)fällt mit (dem Bestand) der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäfts (6 Ob 194/22f Rz 17 f mwN).
2.2. Vorweg ist die Ansicht der Berufungswerberin zu behandeln, dass sie ihren Provisionsanspruch auch auf den asset deal stützen könne.
2.2.1. Nach den Feststellungen unterfertigte der Geschäftsführer der Beklagten als Geschäftsführer der kaufenden S* GmbH, einer 100% Tochter der Beklagten, am 30.8.2022 einen Liegenschafts-Kaufvertrag (asset deal) mit der verkaufenden Besitzgesellschaft über die Liegenschaft (UA Rz 10). Die verkaufende Besitzgesellschaft gegenzeichnete diesen Kaufvertrag erst am 12.12.2022 mit Unterschrift des P* als Bevollmächtigter der Neugesellschafterinnen, die zwischenzeitlich die Geschäftsanteile an der Besitzgesellschaft übernommen hatten, und nachdem die Umsetzung des Kauf- und Abtretungsvertrags vom 16.11.2022 ins Stocken geraten war (UA Rz 11).
2.2.2.Angebot und Annahme sind einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärungen, wobei ein nicht fristgerecht angenommenes Angebot erloschen ist - eine verspätete Annahme gilt, wie eine solche unter Abänderungen, als neuer Antrag (RS0014061 T4). Die verkaufende Besitzgesellschaft hätte daher den asset deal innerhalb der im § 862 ABGB bezeichneten Frist unterzeichnen müssen. Die Dauer der Angemessenheit der Frist bestimmt sich nach der Wichtigkeit des Geschäfts, der Schwierigkeit seiner Beurteilung, aber auch danach, ob der Anbietende Eile bekundet (vgl RS0013964 T3). Beispielsweise ist die im Wege der Korrespondenz erklärte Annahme eines unbefristeten schriftlichen Vergleichsvorschlages erst mehr als 30 Tage nach seiner Erstellung zwischen ** Rechtsanwälten im Sinne des § 862 ABGB als verspätet anzusehen (RS0014067).
2.2.3.Hier erfolgte die Unterzeichnung des asset deals durch die Besitzgesellschaft erst beinahe 3,5 Monate nach der Unterzeichnung durch die Käuferin. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass in der Zwischenzeit über share deals verhandelt wurde und offensichtlich nicht mehr an einen Rückgriff auf den ursprünglich geplanten asset deal gedacht wurde (UA Rz 15). Ein diesbezüglicher sekundärer Feststellungsmangel (etwa in Verbindung mit der in der Berufung zitierten Aussage des Zeugen P* [in ON 33.2 S 5] bzw der anderweitigen Ansicht der Beklagten [vgl PV GF der Beklagten ON 42.4 S 8, 12 f, ZV Zimmermann ON 42.4 S 21 f]) ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Die Unterzeichnung des asset deals durch die Verkäuferin erfolgte somit außerhalb der Annahmefrist und ist daher als Annahmeerklärung unwirksam.
Dazu kommt, dass der Geschäftsführer der Beklagten bereits im E-Mail vom 14.9.2022 auf die Rechtsunwirksamkeit des Kaufvertrags wegen des vollmachtslosen Handelns hinwies (UA Rz 14, Beilage ./8 iVm RS0121557).
2.2.4.Selbst wenn man nach § 7 Abs 1 MaklerG eine Wirksamkeit des vermittelten Geschäfts „asset deal“ bereits mit der beidseitigen Unterfertigung des Anbots Beilage ./B annehmen wollte (hat der Makler durch seine Tätigkeit erreicht, dass die Parteien eine Punktation schließen, ist damit sein Provisionsanspruch erworben - RS0062766), wäre - abseits der Frage der Vollmacht - für die Klägerin nichts gewonnen: der asset deal scheiterte aus nicht von der Beklagten zu vertretenden Gründen, weil die Alt gesellschafter die tatsächlichen Gesellschafterverhältnisse an der Besitzgesellschaft offenlegten, den Geschäftsführer der Besitzgesellschaft abberiefen und selbst Verkaufsgespräche mit der Beklagten aufnahmen (UA Rz 12 ff).
Aus diesen Gründen scheitert ein auf dem asset deal beruhender Provisionsanspruch der Klägerin; ein solcher kann sich daher nur aus dem share deal ergeben.
2.3. Zum share deal:
2.3.1.Die Provision gebührt auch, wenn nicht das aufgetragene, aber ein zweckgleichwertiges Geschäft vom Vermittler zustande gebracht wurde (RS0029698 T1). Auch wenn der ursprüngliche Plan der Erwerb einer Liegenschaft und nicht der Erwerb der die Liegenschaft besitzenden Gesellschaft war, ist beim hier vorliegenden share deal von einem zweckgleichwertigen Geschäft auszugehen. Die Liegenschaft war der hauptsächliche Vermögenswert der Besitzgesellschaft (UA Rz 4).
2.3.2.Voraussetzung für die Anwendung der Bestimmung des § 7 Abs 2 MaklerG ist der rechtswirksame Abschluss des Geschäfts (RS0128478).
Der Kauf- und Abtretungsvertrag enthält in seinem Punkt 7. die Formulierung, dass die Übertragung der Geschäftsanteile mit dem (sodann näher dargelegten) Kaufpreiseingang aufschiebend bedingt sei. Punkt 3.4. dieses Vertrages lautet: „ Dieser Abtretungsvertrag gilt als aufgehoben , wenn der Kaufpreis nicht bis spätestens 31.1.2023 an die Verkäufer ausbezahlt wurde. Diesfalls haben die Verkäufer Anspruch auf pauschalierten Schadenersatz in Höhe der angelaufenen Verzugszinsen, sofern die Nichtauszahlung des Kaufpreises vom Käufer zu vertreten war. “ (UA Rz 16).
Wurde ein Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen, so entsteht die Provisionspflicht in der Regel erst mit dem Eintritt der Bedingung (etwa mit der behördlichen Genehmigung). Ist das vermittelte Geschäft aufschiebend bedingt und wird es vor Eintritt der Bedingung einvernehmlich aufgelöst, so steht dem Makler eine Provision nur bei absichtlicher Provisionsverhinderung oder bei Vorliegen einer Vereinbarung nach § 15 Abs 1 Z 1 MaklerG zu. Problematischer ist der Fall der auflösenden Bedingung, bei dem die Rechtswirksamkeit des Hauptgeschäftes unmittelbar eintritt, der Bedingungseintritt diese aber wiederum beseitigt. Diesfalls richtet sich der Provisionsanspruch danach, ob das (auflösend) bedingte Rechtsgeschäft aus Zweckgleichwertigkeitsgründen einem unbedingten gleichzuhalten ist. Eine auflösende Bedingung kann im Übrigen einer aufschiebenden gleichkommen, was durch Vertragsauslegung, insbesondere aus dem sich aus dem Hauptvertrag ergebenden Parteiwillen zu eruieren ist. Eine negative auflösende Bedingung wird in der Regel nach dem Parteiwillen einer positiven aufschiebenden Bedingung entsprechen (5 Ob 182/04g mwN).
Dass der Geschäftsherr den Kaufpreis für die vertragsgemäß vermittelte Liegenschaft nicht aufbringen kann, ist für sich allein kein Grund, dem Makler den Provisionsanspruch abzuerkennen, und zwar vor allem dann nicht, wenn das Kaufangebot in keiner Weise von der Finanzierbarkeit des Kaufpreises abhängig gemacht wurde (RS0116248).
Nicht einmal in der Entscheidung 3 Ob 175/22i nahm der OGH einen Entfall der Provisionspflicht an, obwohl es eine handschriftliche Anmerkung der dortigen Beklagten am Kaufanbot „kostenloser Rücktritt bei keiner Kaufvertragseinigung“ gab, weil es nur deshalb nicht zum Verkauf an die Beklagte gekommen sei, weil sie nachträglich zu Lasten des Verkäufers von den bereits im Kaufanbot eindeutig festgelegten Zahlungsmodalitäten abgehen habe wollen, womit dieser nicht einverstanden gewesen sei.
Es gibt kein Vorbringen, dass die Parteien mündlich von der Beilage ./C Abweichendes zum share deal vereinbart hätten. Die Auslegung des share deals hat daher anhand des Vertrags Beilage ./C zu erfolgen. Die Auslegung einer nach Inhalt und Form unbestrittenen Urkunde allein aus deren Text gehört zur rechtlichen Beurteilung (RS0017911 T5).
Die Auslegung der Erklärung ist am Empfängerhorizont zu messen, wobei die aus der Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen nicht danach zu beurteilen sind, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage durch einen redlichen und verständigen Menschen zu verstehen war. Auf konkrete Umstände, namentlich auf den Geschäftszweck und die Interessenlage ist hiebei Bedacht zu nehmen (RS0113932 T13). Für das Vorliegen ebenso wie für die Bedeutung einer Erklärung kommt es nicht primär auf den Willen des Erklärenden, sondern vielmehr auf das Verständnis an, das ein redlicher Erklärungsempfänger von dieser gewinnen durfte und gewonnen hat. Für die Interpretation eines Verhaltens ist daher maßgeblich, welche Umstände aus der Sicht des Empfängers auf welche Erklärungsbedeutung schließen lassen (RS0113932 T2).
Die gesamte Formulierung des Vertrags (Beilage ./C) zeigt, dass sich die Parteien bereits durch die Unterfertigung dieses Vertrags an das Geschäft binden wollten. Es ist kein Finanzierungsvorbehalt ersichtlich und gibt es auch sonst keinen Anhaltspunkt, dass es der Beklagten freigestanden wäre, das Geschäft durch Nichterlag des Kaufpreises zum Scheitern zu bringen. Bis zum Zahlungseingang die „Übertragung der Geschäftsanteile“ aufzuschieben, bedeutet nicht ohne weiteres, dass auch der Bindungswille am Vertrag als Ganzes bis dahin aufgeschoben sei.
Auch der in Punkt 3.4. vereinbarte pauschalierte Schadenersatz bei Nichterlag des Kaufpreises zeigt diesen Bindungswillen. Wie bereits ausgeführt, reicht auch der Abschluss einer Punktation aus (vgl RS0062766), dass der Makler seinen Provisionsanspruch erwirbt. Die Bestimmungen in den Punkten 3.4. und 7. des Kauf- und Abtretungsvertrags dienten offensichtlich der Absicherung der Verkäuferin, dass sie bei Nichterlag des Kaufpreises nicht mehr an das Geschäft gebunden ist und über ihre Geschäftsanteile anderweitig verfügen kann. In Anbetracht dieser Umstände ist hier grundsätzlich von einem provisionspflichtigen Geschäft auszugehen.
2.3.3.Um sich von seiner Provisionspflicht zu befreien, muss der Auftraggeber nachweisen, dass die Ausführung des vermittelten Geschäfts ohne sein Verschulden unmöglich oder unzumutbar wurde (RS0062829 T6; vgl RS0062994). Das Verhalten des Geschäftsherrn wird entschuldigt sein, wenn nach objektiver Auffassung des kaufmännischen Verkehrs überhaupt und der beteiligten Kreise maßgebende Tatsachen dieses Verhalten rechtfertigen (RS0063030 T2). Sind die Gründe für die Nichtausführung vom Verkäufer als Drittem zu vertreten und ihm zuzuordnen, trägt der Makler das Risiko der Nichtausführung des Geschäfts (RS0062829 T7).
Die Beklagte ist somit behauptungs- und beweispflichtig, dass sie das Scheitern des Kauf- und Abwicklungsvertrags nicht zu vertreten hat. Ein non liquet geht zu ihren Lasten.
Die unter Punkt 1.1.1. bekämpfte Feststellung betrifft die Meinung der Beklagten [gemeint deren Geschäftsführers], warum er den Kaufpreis nicht erlegte. Auf diese subjektive „Meinung“ kommt es jedoch nicht in erster Linie an, sondern vor allem darauf, ob ein objektiver Grund für den Nichterlag vorhanden war.
Das Vorbringen der Beklagten zu den fehlenden Unterlagen ist generell nur sehr vage gehalten: die Schuld für die Nichtumsetzbarkeit des share deals sei in der Sphäre der Verkäufer gelegen, weil sie „Dokumente, die zum einen vereinbarterweise zur Verfügung gestellt werden hätten sollen, beziehungsweise andererseits aus einer vertraglichen Nebenpflicht heraus“ nicht zur Verfügung gestellt habe und daher der Vertrag für die Treuhandvereinbarung nicht umsetzbar gewesen sei (ON 42.4 S 24); es habe „mehrere Unterlagen“ gegeben, die P* als Vertreter der Neugesellschafterinnen trotz mehrfacher Urgenzen des Geschäftsführers der Beklagten zwischen 22.11. und 12.12.2022 vereinbarungswidrig nicht bereitstellen habe können (ON 9 S 5 f). Aber welche konkreten Dokumente die Beklagte aus welchen Gründen urgierte, brachte sie nicht vor.
Das Fehlen von Dokumenten im Zusammenhang mit der Einlagenrückgewährwurde zwar mehrfach vom Geschäftsführer der Beklagten in seiner Aussage thematisiert (ON 42.4 S 9 und 11). Ein konkretes Vorbringen, dass die mangelnde Aufklärung durch die Neugesellschafter über Umstände, die eine Einlagenrückgewähr bei der zu verkaufenden Gesellschaft begründen könnten, ausschlaggebend für den Nichterlag des Kaufpreises durch die Beklagte und in der Folge für das Scheitern der Transaktion gewesen sei, hat die Beklagte jedoch in erster Instanz nicht erstattet (eine Parteienaussage kann ein fehlendes Prozessvorbringen nicht ersetzen - RS0043157 T2).
Das Gericht darf die bei seiner Beweisaufnahme hervorkommenden Umstände nur insoweit berücksichtigen, als sie im Parteivorbringen Deckung finden. Solche sogenannten „überschießenden“ Feststellungen dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn sie sich im Rahmen des geltend gemachten Klagsgrundes oder der erhobenen Einwendungen halten (RS0040318). Werden der Entscheidung (unzulässige) „überschießende“ Feststellungen zugrunde gelegt, so wird damit nicht gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, sondern die Sache wird rechtlich unrichtig beurteilt (RS0040318 T2).
Das Erstgericht stellte fest, dass sich die Beklagte insbesondere keinen Reim auf den in den Verbindlichkeiten ausgewiesenen Posten zu einer „Besorgungsvereinbarung Q*“ machen konnte, und dass die Neugesellschafterinnen den schriftlichen Besorgungsvertrag mit der Q* oder sonst Informationen zu diesem Vertragsverhältnis der Beklagten nicht zur Verfügung stellten (UA Rz 20 f). Diese Feststellungen zu den Unterlagen zur Prüfung der Einlagenrückgewähr sind noch im Rahmen des ursprünglichen Parteivorbringens zu sehen, dass - wenn auch nicht näher konkretisierte - Urkunden fehlten.
Anzumerken bleibt: Allseits wurde mit dem zwar unkonkreten, aber aus den unter einem vorgelegten Urkunden erschließbaren Vorbringen das Auslangen gefunden (vgl nur ON 3, 6 insb iVm Beil./10 und 11 betreffend Einlagenrückgewähr-Unstimmigkeiten „von mehr als 300.000“ und die geforderte Offenlegung [z.B der] „Besorgungsvereinbarung Q*“). Weder in erster Instanz wurde die Problematik von unkonkretem Vorbringen noch in den Rechtsmittelschriften die Frage von überschießenden Feststellungen thematisiert.
Selbst wenn man ungeachtet all dieser Umstände die von allen Prozessbeteiligten dem Beweisverfahren zugrunde gelegten (von ihnen daher wohl verstandenen) Streitpunkte - insbesondere zum Aspekt Einlagenrückgewähr/„Besorgungsvereinbarung Q*“ - als Grundlage für die hiezu getroffenen Feststellungen für unzureichend erachten wollte, könnte dies keine sofortige Sachentscheidung rechtfertigen. Vielmehr wäre zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung (§ 182a ZPO) der Beklagten Gelegenheit zur Nachholung konkreten Vorbringens - und der Klägerin Gelegenheit zur Replik - zu gewähren. Da aber beide Parteien in ihren Rechtsmittelschriften ohnehin von der grundsätzlichen Beachtlichkeit der Feststellungen ausgehen, auf deren Basis ihre Argumente ausgetauscht haben, und auch keine ergänzungsbedürftigen Umstände monieren, widerspräche ein solcher kostenträchtiger Formalismus ohne ersichtlichen zusätzlichen Erkenntnisgewinn auch den zivilprozessualen Effizienzgrundsätzen.
Auf Basis der getroffenen Feststellungen ergibt sich hier, dass nach Vertragsabschluss (Beilage ./C) ein konkreter Verdacht auf Einlagenrückgewähr bei der Besitzgesellschaft aufkam. Hinsichtlich der damit für die Beklagte verbundenen Risiken ist nur beispielhaft auf § 83 Abs 2 GmbHG zu verweisen, dass, wenn die Erstattung der zu Unrecht von der Gesellschaft bezahlten Beträge weder vom Empfänger noch von den Geschäftsführern zu erlangen ist, die Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Stammeinlagen für den Abgang am Stammkapital haften. Der von der Klägerin aufgezeigte Verweis der Beklagten auf die Gewährleistungsbestimmungen des Kauf- und Abtretungsvertrags ist nicht zumutbar. Es kann von einer Käuferin von Geschäftsanteilen nicht verlangt werden, diese zu erwerben, obwohl ihr nach Vertragsunterfertigung eine mögliche Einlagenrückgewähr bekannt wird und von den Verkäufern die zur näheren Beurteilung erforderliche Aufklärung (in diesem Fall am naheliegendsten durch Vorlage des Besorgungsvertrags mit der Q*) nicht geleistet wird. Es ergibt sich somit bereits auf Basis der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen, dass die Beklagte diesen Grund des Scheiterns des share deals nicht zu vertreten hat (sodass ein Eingehen auf den allfälligen weiteren Grund „Gesellschaftsverbindlichkeit/Treuhandvereinbarung“ unterbleiben kann).
Daher entfällt gemäß § 7 Abs 2 MaklerG schon deshalb die Provisionspflicht der Beklagten und bleibt die Berufung ohne Erfolg.
3.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet auf den §§ 41 und 50 ZPO.
4.Die ordentliche Revision ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Frage, ob ein wichtiger und nicht vom Auftraggeber zu vertretender Grund dafür vorlag, das Rechtsgeschäft nicht auszuführen, beziehungsweise ob er gegen Treu und Glauben verstieß, kann nur auf den Einzelfall bezogen beantwortet werden, sodass keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt (RS0118180).