JudikaturOLG Graz

7Ra7/25s – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
18. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Kraschowetz-Kandolf (Vorsitz), die Richter Mag. Russegger und Mag. Reautschnig sowie die fachkundigen Laienrichter:innen Färber (aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen) und Allmannsdorfer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen) als weitere Senatsmitglieder in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei ** , **, vertreten durch Kugler Rechtsanwälte GesbR in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei B* GmbH, **, vertreten durch die JuS Juri Schuster Thon Zankl Rechtsanwälte GmbH in Wolfsberg, wegen Feststellung , über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 11.12.2024, GZ **-12, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

1.

Spruch

Der Antrag, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren ** zu unterbrechen, wird abgewiesen.

2. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 2.613,72 (darin enthalten EUR 435,62 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die Revision ist nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist seit 2.4.2024 bei der Beklagten beschäftigt und mit Verwaltungsagenden betraut. Auf das Dienstverhältnis ist der Kollektivvertrag für Angestellte und Lehrlinge in Handelsbetrieben anzuwenden.

Die Klägerin meldete ihre Schwangerschaft Anfang Juli 2024 der Geschäftsführerin der Beklagten (in der Folge: Geschäftsführerin).

Am 2.10.2024 nahm die Klägerin im Büro der Beklagten Geld an sich. Die Geschäftsführerin erfuhr davon am 2.10.2024 und sprach mit Schreiben vom 3.10.2024, zugestellt am 4.10.2024, die fristlose Entlassung der Klägerin aus.

Die Geschäftsführerin wusste bei Ausspruch der Entlassung am 3.10.2024 davon, dass bei der Entlassung einer schwangeren Dienstnehmerin die Zustimmung des Gerichtes erforderlich ist, weil ein Polizeibeamter und der Beklagtenvertreter, Mag. C* ihr das ausdrücklich mitgeteilt hatten.

Da die Geschäftsführerin mit gerichtlichen Belangen nicht vertraut war, wandte sie sich mit ihrem Anliegen zunächst fernmündlich an das Bezirksgericht Wolfsberg, von welchem sie an das Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht verwiesen wurde. Beim Landesgericht Klagenfurt wurde sie mit dem Servicecenter verbunden, das in Arbeitsrechtssachen ausschließlich für Auskünfte betreffend Verfahrensbeteiligte, Sachverständige und Dolmetscher sowie für Gebühren von Zeugen und Laienrichtern zuständig ist. Klagen, Berufungen und Rekurse in Arbeitsrechtssachen können vom Servicecenter nicht aufgenommen werden.

Die Geschäftsführerin schilderte auch beim Servicecenter ihr Problem und ersuchte, mit der „richtigen Stelle“ verbunden zu werden. Die Gerichtsbedienstete D* forderte sie auf, ihr Anliegen schriftlich bekanntzugeben und wies darauf hin, dieses dann an die richtige Stelle weiterzuleiten. Daher übermittelte die Geschäftsführerin nachstehende E-Mail vom 3.10.2024 an das Servicecenter des Landesgerichtes Klagenfurt:

„An: Servicecenter Klagenfurt **

Betreff: Fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben eine Mitarbeiterin die gestern von der Polizei des Diebstahls in unseren Räumlichkeiten überführt und festgenommen wurde.

Nun soll die FRISTLOSE Kündigung ausgesprochen werden.

Aufgrund dessen, dass eine Schwangerschaft vorliegt, hat der Anwalt und die Polizei mich informiert, dass ich die gerichtliche Zustimmung dafür benötige.

Das Polizeiprotokoll liegt noch nicht auf, allerdings wurde die Mitarbeiterin bereits bei der Staatsanwaltschaft angezeigt und ist geständig.

Bitte um Info, wie ich hier genau vorzugehen habe und um Rückruf! [...]“

Das Servicecenter antwortete 13 Minuten später der Geschäftsführerin nur, dass ihr E Mail an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt weitergeleitet worden sei. Die Geschäftsführerin traf danach zunächst keine weiteren Veranlassungen. Sie vertraute darauf, dass ihr E-Mail vom 3.10.2024 an die „richtige Stelle“ weitergeleitet worden sei. Das war tatsächlich nicht der Fall.

Am 4.11.2024 wurde der Geschäftsführerin die Feststellungsklage vom 29.10.2024 zugestellt. Die Geschäftsführerin wandte sich aufgrund dieser Klage mit E-Mail vom 5.11.2024 neuerlich an die Gerichtsbedienstete D* (Servicecenter).

„Betreff: Nachfassung: Fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers

Sehr geehrte Frau D*,

wir haben vor einem Monat die fristlose Entlassung ausgesprochen und ich habe beim Arbeits und Sozialgericht (siehe unten) angefragt ob ich die Zustimmung erhalte. Nun erhalte ich die Klage. Ich habe bereits meinen Anwalt eingeschaltet. Es handelt sich bei Frau A* um monatelangen Diebstahl im Wert von mehreren Tausend Euro, mehrerer Geschädigter. Die Anzeige liegt auf. Die Staatsanwaltschaft in Graz ist mit dem Fall betraut.

Ich ersuche nochmals um Zustimmung. […]“

Das Servicecenter des Landesgerichtes Klagenfurt übermittelte am 5.11.2024 den gesamten oben dargestellten E-Mailverkehr der Geschäftsabteilung 31. Die zuständige Kanzleileiterin schloss diesen dem Akt an. Der Richter veranlasste, dieses Geschäftsstück in das beim Arbeits und Sozialgericht geführte Nc Register („Aufteilung ASG Nc“ ) einzutragen.

Die Geschäftsführerin teilte dem Servicecenter mit E-Mail vom 11.11.2024 mit:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe noch immer keine Zustimmung zur fristlosen Entlassung erhalten. Wann erhalte ich Kenntnis von der Zustimmung? Dauert das immer über einen Monat? [...]“

Die Gerichtsbedienstete D* antwortete am 11.11.2024, sie habe das E-Mail vom 5.11.2024 an die zuständige Abteilung weitergeleitet.

Die Beklagte begehrt mit Rechtsgestaltungsklage vom 11.11.2024, ** die gerichtliche Zustimmung zur Entlassung der Klägerin.

Die Klägerin begehrt festzustellen, dass ihr Dienstverhältnis zur Beklagten über den 3.10.2024 bzw. 4.10.2024 hinaus fortbestehe.

Die Klägerin habe am 2.10.2024 aus den Büroräumlichkeiten der Beklagten zum Nachteil derselben einen Bargeldbetrag an sich genommen. Der Vorfall sei der Beklagten unverzüglich bekannt geworden und die Klägerin von der Polizei einvernommen worden. Sie habe den entwendeten Geldbetrag wieder ausgefolgt. Die Klägerin sei vom 3.10.2024 - 16.10.2024 im Krankenstand gewesen, den sie unverzüglich gemeldet habe. Ein mit 3.10.2024 datiertes Entlassungsschreiben sei der Klägerin am 4.10.2024 zugestellt worden. Der Klägerin komme der Entlassungsschutz gemäß §§ 10 ff MSchG zu. Die Entlassung sei nur mit gerichtlicher Zustimmung möglich und eine ausgesprochene Entlassung bis zu deren Erteilung schwebend unwirksam. Der Dienstgeber habe die Klage auf Zustimmung zur Entlassung in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Anlassfall bei Gericht einzubringen. Die Beklagte habe bis 29.10.2023 keine Klage auf nachträgliche gerichtliche Zustimmung zur Entlassung eingebracht. Eine nunmehrige Klage der Beklagten wäre verspätet und abzuweisen.

Aus dem E-Mail vom 3.10.2024 sei keine Klageabsicht abzuleiten. Das Servicecenter sei nicht für Klagen zuständig. Weder Richter:innen noch andere Bedienstete des Gerichtes seien befugt, Eingaben anzunehmen. Selbst wenn man dieses E-Mail als Klage qualifizieren würde, wäre nicht von einer „fristgerechten“ Klage auszugehen, weil dieses E-Mail nicht an die Einlaufstelle des Landesgerichtes weitergeleitet worden sei. Im Hinblick auf die Mitteilung, dass das E-Mail an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden sei, habe die Klägerin auch nicht davon ausgehen können, dass ihr Anliegen durch das Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht bearbeitet würde. Auch sei die Beklagte von ihrem Anwalt und der Polizei informiert worden, dass die Entlassung der gerichtlichen Zustimmung bedürfe, sodass die Klage verspätet sei. Die Klägerin könne das mit Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Dienstverhältnisses geltend machen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Richtig sei, dass die Klägerin Entlassungsschutz genieße. Aufgrund ihrer Malversationen sei die Entlassungsanfechtung ein überaus starkes Stück. Die Geschäftsführerin habe telefonisch das Gericht kontaktiert und gefragt, was sie zu tun habe. Die Gerichtsbedienstete habe ihr mitgeteilt, sie solle ein E-Mail mit ihrem Anliegen schreiben, das dann entsprechend zugeteilt und bearbeitet werde. Die Geschäftsführerin habe mit E-Mail vom 03.10.2024 an das ** um die Zustimmung zur Entlassung ersucht und gefragt, wie sie konkret vorzugehen habe. Das Gericht habe diese als Klage auf Zustimmung zur Entlassung werten oder einen Verbesserungsauftrag erteilen müssen. Die Geschäftsführerin habe am 5.11.2024 und 11.11.2024 die Zustimmung zur Entlassung urgiert und am 11.11.2024 die Klage auf Zustimmung zur Entlassung zu ** eingebracht.

Das Erstgericht stellt fest, dass das Dienstverhältnis der Klägerin zur Beklagten über den 3.10.2024 bzw. 4.10.2024 hinaus fortbestehe, wobei es vom oben wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt ausgeht. Es folgert rechtlich, die Beklagte habe die gerichtliche Zustimmung zur Entlassung nicht rechtzeitig eingeholt. Das E-Mail vom 3.10.2024 sei keine Klage, weil wesentliche Elemente fehlen würden, vor allem die Absicht, eine Klage zu erheben. Es handle sich nur um ein Auskunftsersuchen. Wenn man mit der Beklagten das E-Mail vom 3.10.2024 als Klage auffasse, würde das im Ergebnis nichts ändern. Die „Klage“ per E-Mail sei formell nicht beim Landesgerichtes Klagenfurt eingelaufen und daher nicht gerichtsanhängig geworden. Da eine gerichtliche Zustimmung zur Entlassung notwendig sei, habe die Staatsanwaltschaft Klagenfurt - auch für einen Laien leicht erkennbar - nicht die „richtige Stelle“ sein können. Für Rechtsauskünfte seien die Amtstage eingerichtet, welche beim Landesgericht Klagenfurt von den Arbeits- und SozialrichterInnen versehen würden. Es treffe aber zu, dass das E-Mail vom 3.10.2024 als Nc-Sache in Arbeitsrechtssachen zu erfassen und an die Geschäftsabteilung weiterzuleiten gewesen wäre. Wäre das der Fall gewesen, wäre die Eingabe bearbeitet und unter Fristsetzung zur Verbesserung zurückzustellen gewesen. Dazu sei es aber nach der Aktenlage nicht gekommen. Das Arbeitsverhältnis sei daher weiter aufrecht und das Feststellungsinteresse der Klägerin evident.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, wobei sie sekundäre Feststellungsmängel releviert. Sie beantragt, das Verfahren zu unterbrechen, in eventu das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin beantragt in der Berufungsbeantwortung , der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden konnte, ist nicht berechtigt.

1. Der Unterbrechungsantrag ist abzuweisen.

Die Rechtsgestaltungsklage der Beklagten, **, ist erst nachder hier vorliegenden Feststellungsklage streitanhängig (§ 232 Abs 1 ZPO) geworden. Eine gegen nachträgliche Zustimmung ausgesprochene Entlassung einer schwangeren Dienstnehmerin ist bis zur Zustimmung des Gerichtes schwebend unwirksam und führt nicht zum Erlöschen des Dienstverhältnisses (vgl RS0051218 ). Unterlässt es aber der Arbeitgeber, im Fall des § 12 Abs 2 Z 4 und 5 MSchG nachträglich die Zustimmung zur Entlassung mit Rechtsgestaltungsklage einzuholen, kann die Arbeitnehmerin die Feststellung des aufrechten Bestands des Arbeitsverhältnisses begehren ( Wolfsgruber-Ecker in Neumayr/Reissner, ZellKomm 3§ 12 MSchGRz 37 ff (Stand 1.1.2018, rdb.at)). Streitanhängigkeit (§ 233 Abs 1 ZPO vgl RS0039347 ; RS0037419 [T5]) besteht auch, wenn zwar nicht die Begehren ident sind, aber regelmäßig bei vertauschten Parteirollen eines das begriffliche Gegenteil des anderen ist ( RS0039246 ). Die Streitanhängigkeit ist dabei die Vorläuferin der Einmaligkeitswirkung und deckt sich in ihren Auswirkungen vollständig mit dieser ( RS0109015 ). Streitanhängigkeit liegt daher vor, wenn der später geltend gemachte (prozessuale) Anspruch durch die rechtskräftige Entscheidung des Vorprozesses auch abschließend rechtskräftig erledigt wird ( RS0039196 [T10]; vgl RS0039246 [T4]; 3 Ob 138/18t ; RS0015027). Die Rechtsgestaltungsklage auf Zustimmung zur Entlassung (§ 12 Abs 2 Z 5 MSchG) würde zweifellos die Klage auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses, die die Klägerin am 29.10.2024 einbrachte dann entbehrlich machen, wenn sie als davoreingebracht zu beurteilen und streitanhängig geworden wäre. Dann wäre die Feststellungsklage wegen Streitanhängigkeit zurückzuweisen. Das Erstgericht konnte diese Frage aber auch ohne formelle Verbindung mit der Rechtsgestaltungsklage prüfen (§ 187 ZPO; RS0037226gegen deren Unterbleiben kein Rechtsmittel zulässig ist; § 192 Abs 2 ZPO; RS0037003 ; RS0037074 ). Es besteht soweit auch im Berufungsverfahren kein Anlass für eine Unterbrechung.

Der Unterbrechungsantrag ist abzuweisen.

Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung gemäß § 498 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt zugrunde.

Davon ausgehend versagt die Rechtsrüge.

2.Das Berufungsgericht hält die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts für zutreffend, die Rechtsmittelausführungen hingegen aus folgenden Gründen für nicht stichhältig (§ 500a ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG):

2.1.Eingaben an Staatsanwaltschaft und Gericht können (nur) schriftlich, per Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a GOG) eingebracht werden. An das Gericht (Richter oder Rechtspfleger) gerichtete E-Mails sind unzulässig und grundsätzlich auch nicht fristwahrend (vgl 1 Ob 2/23k ; 2 Ob 212/16i mwN; RS0126972 [T1]; RS0127859; Gitschthaler in Rechberger/Klicka ZPO 5§ 74 Rz 15). Auch die Adresse ** ist nicht für den Empfang aller an das Gericht gerichteten Sendungen eingerichtet; insbesondere dient das Servicecenter nicht dazu, Klagen, Berufungen oder Rekurse in Arbeitsrechtssachen aufzunehmen. Telefonisches Anbringen (Sachdispositionserklärungen) ist unstatthaft und wirkungslos und zwar selbst dann, wenn ein Richter darüber einen Aktenvermerk anlegt (Gitschthaler in Rechberger/Klicka ZPO 5§ 74 Rz 16). Eine Erklärung zu Protokoll erfolgte nicht (vgl § 39 Abs 2 Z 2 ASGG; § 47 b Abs 2 GOG)). Schriftsätze haben nach § 99 Geo bei der Einlaufstelle des Gerichts einzulaufen, weil die Richter und die übrigen Bediensteten des Gerichtes zur Annahme von Eingaben grundsätzlich nicht befugt sind (§ 99 Abs 1 letzter Satz Geo). Somit kann aber erst dann, wenn ein Ausdruck einer E-Mail tatsächlich in der Einlaufstelle einlangt, die Eingabe als eingebracht gelten (Gitschthaler in Rechberger/Klicka ZPO 5 § 74 Rz 15; vgl auch G. Schima in Kodek/Oberhammer,ZPO-ON § 74 ZPO Rz 25 (Stand 9.10.2023, rdb.at)). Schriftsätze, die nicht unmittelbar bei der Einlaufstelle eingehen, werden damit erst mit dem Zeitpunkt gerichtsanhängig, zu dem sie bei der Einlaufstelle einlangen (vgl etwa Danzl Geo 10 Anm 6 zu § 99 Geo; RW0000756 ; OLG Wien 6 R 184/24h ). Das E-Mail vom 3.10.2024 ist aber bis zur Verfügung des Vorsitzenden im Verfahren am 5.11.2024 (ON 4) nicht in der Einlaufstelle eingelangt. Auch wenn man die Rechtsgestaltungsklage der Beklagten als Verbesserung dieses E-Mails betrachtet, könnte die Gerichtsanhängigkeit damit frühestens mit 5.11.2024 angenommen werden.

2.2. Die Rechtsgestaltungsklage der Beklagten wurde somit erst nach der Feststellungsklage der Klägerin und einen Monat nach der Entlassung gerichtsanhängig. Den Arbeitgeber trifft aber nicht nur die Obliegenheit, ihm bekanntgewordene Entlassungsgründe unverzüglich geltend zu machen, sondern auch ehestens die Klage auf Zustimmung zur Entlassung einzubringen. Wird die Klage verspätet eingebracht, so gilt der vorliegende Entlassungsgrund als verfristet ( Wolfsgruber-Ecker in Neumayr/Reissner, ZellKomm 3 § 12 MSchG Rz 9 (Stand 1.1.2018, rdb.at)). Ein Zuwarten von 10 Tagen ist regelmäßig zu lange ( RS0028954 [T5, T6]). Das Einholen von Rechtsauskünften oder komplexe Unternehmensstrukturen können eine ausreichende Rechtfertigung für das Verstreichen eines längeren Zeitraums darstellen ( RS0031587 [T5]; RS0029328 ). Macht aber der Arbeitgeber solche Gründe gar nicht geltend, können sie nicht abstrakt zu seinen Gunsten gewertet werden (vgl 9 ObA 97/23i ). Die Geschäftsführerin reagierte nun aber überhaupt nicht darauf, dass ihre Forderung im E-Mail vom 3.10.2024, um Rückruf und Mitteilung, wie sie genau vorzugehen habe, unbeantwortet blieb, obwohl ihr aufgrund der Mitteilung eines Polizisten und ihres Anwaltes bekannt war, dass sie die Zustimmung des Gerichtes zur Entlassung benötigte und das Bezirksgericht Wolfsberg sie an das Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht verwiesen hatte.

2.3. Sekundäre Feststellungsmängel stellt die Berufung nicht konkret dar, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist. Werden aber zu einem bestimmten Thema (positive oder negative) Feststellungen getroffen, so ist es ein Akt der Beweiswürdigung, wenn die vom Rechtsmittelwerber gewünschten (abweichenden) Feststellungen nicht getroffen werden ( RS0053317 [T3]). Soweit die Berufung sich auf dislozierte Feststellungen in der rechtlichen Beurteilung beruft, entfernt sie sich im Wahrheit unzulässig vom festgestellten Sachverhalt. Es trifft zwar zu, dass die Verbesserung möglich ist, solange vom Gericht eine Verbesserung innerhalb einer bestimmten Frist nicht angeordnet wurde (RS0036264). Jedoch führt die Verbesserung nur dazu, dass der Schriftsatz als am Tag seines ersten Einlangens überreicht anzusehen ist (§ 85 Abs 2 ZPO). Das E-Mail vom 3.10.2024 ist aber frühestens am 5.11.2024 wirksam in der Einlaufstelle eingelangt. Die Erteilung einer Verbesserungsfrist für eine bereits verspätete Eingabe saniert aber deren Verspätung nicht (vgl RS0036281 ; RS0110935 ).

3.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.

4. Zur Frage, ob ein E-Mail an ein Servicecenter eines Landesgerichtes (vgl § 47b GOG ) ohne tatsächliche Weiterleitung an die Einlaufstelle als unzulässig und nicht fristwahrend anzusehen ist, liegt keine höchstgerichtliche Judikatur vor. Da diese über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben kann, ist die ordentliche Revision zulässig.