JudikaturJustiz6Ob132/99a

6Ob132/99a – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Oktober 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Csaba H*****, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner und Mag. Werner Diebald, Rechtsanwälte in Köflach, gegen die beklagten Parteien 1. "L*****" - Verein ***** und 2. Elisabeth P*****, beide vertreten durch Mag. Ulrike Czerny, Rechtsanwältin in Graz, wegen 100.000,-- S, über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 11. Februar 1998, GZ 3 R 345/97w-47, womit über Berufung der klagenden Partei das Endurteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 1. September 1997, GZ 26 C 1210/95d-45, teilweise bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil wird zur neuerlichen Entscheidung durch das Berufungsgericht aufgehoben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger und die Zweitbeklagte planten im Jahr 1994 die Gründung eines Vereins zur Führung eines Privatkindergartens. Am 31. 3. 1994 wurde ein Haus gemietet. Im Mietvertrag wurde der damals noch nicht existente Verein als Mieter angeführt. Der erstbeklagte Verein erlangte erst im April 1995 Rechtspersönlichkeit. Der Kläger bewohnte bis Juni 1995 einige Räumlichkeiten im gemieteten Haus. Dieses musste vor der Aufnahme des Kindergartenbetriebes renoviert werden.

Mit der am 2. 10. 1995 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger zunächst die Herausgabe verschiedener Gegenstände und 40.000 S. Er und die Zweitbeklagte hätten den erstbeklagten Verein im März 1994 gegründet. Dieser sei von der Vereinsbehörde nicht untersagt und am 12. 4. 1994 registriert worden. Die Zweitbeklagte sei vertretungsbefugte Geschäftsführerin des Vereins. Zwischen ihr und dem Kläger sei vereinbart worden, dass dieser die künstlerisch-pädagogischen Arbeiten übernehme, die Zweitbeklagte aber die organisatorischen. Der Kläger und seine Gattin hätten ein Betreuungsprogramm entwickelt. Die Zweitbeklagte habe den Kläger unter falschen Versprechungen veranlasst, seine gesamte Arbeitskraft sowie Sachleistungen in den Verein einzubringen. Der Kläger habe seine Ersparnisse von 15.000 S und einen bei Freunden aufgenommenen Kredit von 25.000 S dem Verein zur Verfügung gestellt. Die Beklagte habe das Geld "offensichtlich widmungswidrig für eigene Zwecke verbraucht". Der Kläger sei kommentarlos aus dem Verein ausgeschlossen worden.

Nach Fällung eines Teilanerkenntnisurteils über den Herausgabeanspruch (ON 13) dehnte der Kläger das Zahlungsbegehren mit seinem Schriftsatz vom 30. 5. 1996 auf 100.000 S aus (ON 19). Er stützte sich dabei ausdrücklich auf Schadenersatzrecht und Bereicherungsrecht. Zum Grund seiner Ansprüche ergänzte er im Schriftsatz sein Vorbringen dahin, zwischen ihm und der Zweitbeklagten sei vereinbart gewesen, dass die in der Gründungsphase aufgebrachten Eigenmittel und Investitionen Privateinlagen im Verein sein sollten. Aus diesem Grund habe der Kläger erhebliche Mittel zur Anschaffung von Material zur Ausstattung und Adaptierung der Vereinsräumlichkeiten aufgewendet und selbst Adaptierungsarbeiten geleistet. Hinsichtlich des Mietzinses sei vereinbart worden, dass die Zweitbeklagte die Miete für den Verein vorfinanziert. Es sei weiters vereinbart worden, dass der Kläger als Untermieter einen kleinen Wohnbereich im Mietobjekt beziehe und hiefür 4.000 S monatlich bezahle. Zwischen dem Kläger und der Zweitbeklagten sei es zu Zwistigkeiten gekommen, weil die Zweitbeklagte vereinbarungswidrig den Mietzins nicht bezahlt und dem Kläger keine Auskunft über die investierten Bar- und Sachwerte gegeben habe. Schließlich habe die Zweitbeklagte dem Kläger die Stromzufuhr unterbrochen und ihn ausgesperrt. Dadurch sei es zu Schäden in seinen Aquarien gekommen. Die Fische seien verendet. Gegen den erstbeklagten Verein sei vom Vermieter ein Räumungstitel wegen Nichtbezahlung des Mietzinses erwirkt worden. Die Zweitbeklagte habe aber mit dem Vermieter die weitere Vermietung des Hauses an die Beklagten unter Ausschluss des Klägers vereinbart. Schließlich habe die Zweitbeklagte den Kläger von jeder weiteren Tätigkeit für den Verein ausgeschlossen. Der Vermögensschaden des Klägers bestehe aus 1. den schon angeführten, dem Verein zur Verfügung gestellten 40.000 S; 2. Sachschäden an Gegenständen des Klägers von insgesamt 25.000 S und 3. Ausgaben des Klägers für Baumaterialien und Ausstattungsmaterial sowie für die graphische Gestaltung der Kursprogramme für die Kinder von "zumindest 35.000 S".

Die Beklagte anerkannte den Herausgabeanspruch und bestritt das auf 40.000 S gerichtete Zahlungsbegehren. Der Kläger habe für den Verein keine Investitionen getätigt. Für die ihm zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten habe der Kläger von Juni bis September 1994 4.000 S an Untermiete bezahlt. Die Gesamtmiete für das Haus habe aber 22.000 S monatlich ausgemacht. Der Kläger habe nicht einmal den Untermietzins bezahlt und sich an der Bezahlung der Gesamtmiete nicht beteiligt. Er sei nicht aus dem Verein ausgeschlossen worden, sondern habe kein Interesse an einer Mitwirkung gezeigt.

Mit dem Schriftsatz vom 24. 6. 1996 (ON 22) replizierten die Beklagten auf die Klageausdehnung ON 19:

In der Gründungsphase des Vereins habe die Zweitbeklagte sämtliche Aufwendungen finanziert. Der Kläger sei von der Arbeitslosenversicherung und einer Theaterstiftung subventioniert worden. Ab der Konstituierung des Vereins habe sich der Kläger am Projekt nicht mehr beteiligt. Er habe an seinen Aquarien keinen Schaden erlitten. Die Zweitbeklagte habe wegen einer Ortsabwesenheit des Klägers eine Tierschutzorganisation verständigen müssen, damit die Tiere gerettet werden könnten. Die Beklagten wandten gegen die Klageforderung folgende Gegenforderungen ein:

1. Die Hälfte der Mietzinse von April 1994 bis April 1995 im Ausmaß von 176.400 S;

2. die Hälfte der Kosten des Räumungsstreits in der Höhe von 53.000 S (in der letzten Tagsatzung wurde diese Gegenforderung mit 39.970,54 S beziffert: S 5 in ON 44);

3. einen Verzögerungsschaden von 168.000 S, wegen der aus Verschulden des Klägers um acht Monate verzögerten Räumung der Verein erst am 1. 5. 1995 gegründet habe werden können und erst ab diesem Zeitpunkt die Förderungen der Landesregierung und des AMS ausgezahlt worden seien.

Das Erstgericht entschied über das Zahlungsbegehren von 100.000 S wie folgt:

Die Klageforderung bestehe mit 3.677,10 S zu Recht; die Gegenforderung der beklagten Partei (gemeint: Parteien) bestehe bis zur Höhe der Klageforderung zu Recht; das Zahlungsbegehren von 100.000 S werde abgewiesen. Von seinen auf den S 3 und 4 in ON 45 getroffenen Feststellungen ist folgendes hervorzuheben:

In der Gründungsphase des Vereins hätten der Kläger und die Zweitbeklagte Aufwendungen getätigt, die auf die Schaffung der Voraussetzungen für die Vereinsgründung abgezielt hätten. Die Gesamtmietzinskosten für das zur Vereinsgründung angemietete Objekt hätten 376.252 S betragen. Der Kläger habe einige Räumlichkeiten in Untermiete bewohnt, wofür er vereinbarungsgemäß 4.000 S monatlich zu bezahlen gehabt habe. Er habe für vier Monate Mietzins bezahlt. Die übrigen Mietzinskosten seien allein von der Zweitbeklagten getragen worden. Die Kosten für die Vereinsgründung hätten grundsätzlich mit dem Kläger geteilt werden sollen. Der Vermieter habe eine Räumungsklage eingebracht und im Juni 1995 sei die zwangsweise Räumung des Klägers erfolgt. Dabei seien der erstbeklagten Partei Räumungskosten von 39.970,54 S entstanden. Der Kläger sei auf Grund aufgetretener Spannungen noch vor der Vereinsgründung aus dem Projekt ausgeschieden. Die Zweitbeklagte habe Materialkosten im Ausmaß von 63.232,54 S bezahlt und mit dem Geld ihres Vaters um 15.000 S Öl gekauft. Überdies habe sie zur Abdeckung von Investitionskosten bei ihrem Vater ein Darlehen von 80.000 S aufgenommen. Der Kläger habe Material in Ungarn gekauft, aber keine Belege vorweisen können. Auch seine Arbeitsleistungen könnten nicht festgestellt werden. Er habe nur Rechnungen für Material über insgesamt S 3.677,10 vorgelegt. Der Kläger habe von seinem Onkel 25.000 S entliehen, es könne allerdings nicht festgestellt werden, dass damit Investitionen für das gemeinsame Projekt vorgenommen worden seien.

In rechtlicher Hinsicht verwies das Erstgericht auf die Beweislastregeln. Der Kläger habe seine Ansprüche nicht bewiesen. Die bewiesene Aufrechnungsforderung der Beklagten übersteige die Ansprüche des Klägers bei weitem.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers hinsichtlich der Abweisung eines Teilbegehrens von 96.322,90 S nicht Folge. Im übrigen Umfang hob es die Entscheidung des Erstgerichtes zur Verfahrensergänzung auf.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch auf Antrag des Klägers aber ab und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.

Das Berufungsgericht verneinte die gerügten Mängel des Verfahrens erster Instanz (der Kläger relevierte seine mangelnde rechtsfreundliche Vertretung in der letzten Tagsatzung sowie die fehlende Anleitung zur Stellung eines Beweisantrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens), ging auf die Beweisrüge nicht ein und erachtete das Klagebegehren als zu wenig substantiiert und damit unschlüssig. Gemäß § 226 ZPO habe die Klage den rechtserzeugenden Sachverhalt vollständig und knapp darzustellen. Bei der Ableitung mehrerer Geldforderungen müssten die einzelnen Beträge ziffernmäßig aufgegliedert sein. Im Zusammenhang mit den Inhaltserfordernissen stehe die Frage der Schlüssigkeit eines Begehrens, die auch auf einer Unvollständigkeit des Sachvorbringens beruhen könne. Die Behauptung, die dem Verein zur Verfügung gestellten 40.000 S seien widmungswidrig für eigene Zwecke verwendet worden, sei keine schlüssige Begründung. Bei den begehrten 25.000 S sei nur eine pauschale Behauptung über Schäden durch Verbringung von Gegenständen und durch die Zugrunderichtung von Aquarien aufgestellt worden, ohne anzuführen, welche Gegenstände verbracht worden seien und welcher Teilbetrag darauf und welcher auf die Schäden an den Aquarien entfalle. Auch die Ausgaben des Klägers für Baumaterialien und Ausstattungsmaterial zur Adaptierung der Vereinsräumlichkeiten sowie die Ausgaben im Zusammenhang mit der graphischen Gestaltung der Kursprogramme seien nicht konkretisiert worden. Es handle sich zwar um der Verbesserung zugängliche Mängel, diesbezüglich sei aber eine allfällige Verletzung der Anleitungspflicht des Erstgerichtes nicht gerügt worden. Die Klage sei schon mangels einer Konkretisierung des Vorbringens und infolge Unschlüssigkeit des Begehrens abzuweisen gewesen. Hinsichtlich der verbleibenden Klageforderung von 3.677,10 S sei das Verfahren noch nicht spruchreif, weil die Feststellungen des Erstgerichtes über die Gegenforderungen der Beklagten nicht ausreichend seien.

Mit seiner ordentlichen Revision beantragt der Kläger die Abänderung dahin, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde, hilfsweise die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen.

Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision, hilfsweise aber, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Im Revisionsverfahren verweisen beide Parteien der Aktenlage entsprechend auf den Umstand, dass weder der Schriftsatz des Klägers, womit er sein Klagebegehren ausdehnte (ON 19) noch der replizierende Schriftsatz der Beklagten, womit Gegenforderungen eingewandt wurden, in der mündlichen Streitverhandlung vorgetragen wurde. Zur Frage der Wirksamkeit der in den Schriftsätzen enthaltenen Sachanträge und des Tatsachenvorbringens ist auszuführen:

Die Parteien verhandeln vor dem Gericht über den Rechtsstreit mündlich. Die Verhandlung kann durch Schriftsätze vorbereitet werden (§ 176 ZPO). Daraus folgt, dass schriftliche Anträge grundsätzlich erst durch ihren Vortrag in der Verhandlung wirksam werden (so schon SZ 40/20 uva), was auch für eine Klageausdehnung, also eine Klageänderung (§ 235 ZPO) gilt. Das Mündlichkeitsprinzip normiert der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Streitanhängigkeit dahin, dass diese bei einem erst in der Verhandlung erhobenen Anspruch mit dem Zeitpunkt eintritt, in welchem er bei der mündlichen Verhandlung geltend gemacht wurde (§ 232 Abs 2 ZPO). Zur Frage der Unterbrechung der Verjährungsfrist durch Klageausdehnung vertritt der Oberste Gerichtshof seit der Entscheidung des verstärkten Senats 7 Ob 707, 708/88 = SZ 62/69 die Auffassung, dass schon das Einlangen des Schriftsatzes, der die Klageausdehnung enthält, die Unterbrechung bewirkt, dass aber die Endgültigkeit dieser Wirkung vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 235 Abs 2 und 3 ZPO und vom späteren Vortrag in der mündlichen Streitverhandlung abhängt (zuletzt 2 Ob 65/98t). Ein in einem vorbereitenden Schriftsatz enthaltener, in der Verhandlung aber nicht vorgetragener Sachverhalt ist nicht zum Verhandlungs- und Entscheidungsstoff geworden (1 Ob 193/98h mwN).

Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass kein späterer Vortrag der Klageausdehnung (und des replizierenden Schriftsatzes der Beklagten) in der Verhandlung erfolgte, das Erstgericht aber dennoch über das im Schriftsatz des Klägers erstattete Vorbringen ein Beweisverfahren durchführte, dazu Feststellungen (wenn auch großteils Negativfeststellungen) traf und über das ausgedehnte Begehren meritorisch entschied. Dies wurde im Berufungsverfahren von keiner der Parteien gerügt, obwohl auch für die obsiegenden Beklagten infolge der Anfechtung der erstinstanzlichen Feststellungen durch den Kläger Anlass bestand, allfällige Verfahrensfehler zu rügen (§ 468 Abs 2 ZPO). Auch das Berufungsgericht entschied meritorisch. Erst im Revisionsverfahren wird von beiden Seiten eine Verletzung des Mündlichkeitsprinzips gerügt. Eine solche Rüge könnte nur bei Vorliegen einer Nichtigkeit erfolgreich sein. Dazu ist zu sagen:

Jede Klageausdehnung mit dem Ziel, das neue Vorbringen zum Prozessstoff zu machen, bedarf nach Streitanhängigkeit der Zustimmung des Prozessgegners oder der Ersetzung der Zustimmung durch das Prozessgericht. Die Zustimmung ist anzunehmen, wenn der Gegner über die geänderte Klage verhandelt (§ 235 Abs 2 ZPO). Hier liegt weder eine Zustimmung der Beklagten noch der Fall vor, dass sich die Beklagten in die Verhandlung über das geänderte Begehren eingelassen hätten, war doch auch ihr Bestreitungsvorbringen im Schriftsatz in der Tagsatzung nicht vorgetragen worden. Es kann dahingestellt bleiben, ob hier eine schlüssige Zustimmung zur Klageänderung (dazu Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 7 zu § 235) vorliegt. In der meritorischen Entscheidung des Erstgerichts über das erweiterte Klagebegehren liegt jedenfalls auch die Entscheidung über die Zulassung der Klageänderung, was mit dem Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens hätte bekämpft werden können (Rechberger aaO Rz 8 mwN). Der noch nicht vorgenommene Vortrag der Klageänderung in der Verhandlung hinderte die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen nicht. Wenn aber die Zulassung der Klageänderung und damit auch die Verletzung des Mündlichkeitsprinzips unangefochten blieb, ist der Mangel, den die Parteien kannten oder kennen mussten, saniert (Fasching III 952 f; 6 Ob 2064/96i). Er kann nicht erstmals im Revisionsverfahren geltend gemacht werden. Nach Auffassung des erkennenden Senats liegt keine Nichtigkeit oder ein dieser gleichzuhaltender so schwerer Verfahrensmangel vor, dass aus dem formellen Grund eines Verstoßes gegen das Mündlichkeitsprinzip ein von den Parteien in zwei Instanzen als existent vorausgesetzter Prozessstoff, über den meritorisch entschieden wurde, für rechtsunwirksam erklärt und damit ein Prozessaufwand vernichtet werden müsste. Dieselben Erwägungen müssen dann aber auch für den bestimmenden Schriftsatz der Beklagten gelten, womit Gegenforderungen zum Prozessthema gemacht wurden. Es wäre ein Wertungswiderspruch und eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots, hier andere Maßstäbe anzulegen. Mangels rechtzeitiger Rüge ist die aktenkundige Verletzung des Mündlichkeitsprinzips infolge des Nichtvortrages der Schriftsätze beider Parteien nicht mehr entscheidungswesentlich.

Zum selben Ergebnis führt die Erwägung, dass nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung auch ein Zuspruch ohne Antrag (also eine Verletzung des Dispositionsgrundsatzes und ein Verstoß gegen § 405 ZPO) keine Nichtigkeit sondern nur einen rügepflichtigen Mangel begründet (Rechberger aaO Rz 6 zu § 405 mwN; SZ 59/133 uva), den das Berufungsgericht ohne Rüge nicht aufgreifen kann (9 ObA 156/89 uva). Dies muss auch für die Entscheidung über ein nur in einem Schriftsatz gestelltes, in der Verhandlung aber nicht vorgetragenes und damit unwirksames Begehren gelten.

Der Revisionswerber wendet sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, das Zahlungsbegehren sei unschlüssig und releviert für den Fall, dass eine Unschlüssigkeit doch bejaht wird, eine Verletzung der Manuduktionspflicht. Seiner Auffassung kann aus folgenden Gründen zugestimmt werden:

Ein Klagebegehren ist schlüssig, wenn das Sachbegehren des Klägers materiellrechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann (MietSlg 40/32; 1 Ob 221/97z uva), wenn also ein Versäumungsurteil erlassen werden könnte (8 Ob 127/82 ua). Bei Unschlüssigkeit einer Klage hat der Richter im Rahmen der nach § 182 ZPO gebotenen Anleitungspflicht darauf hinzuwirken, dass alle entscheidungswesentlichen Angaben gemacht werden (Fucik in Rechberger, ZPO Rz 1 zu § 182 mwN). Der Verbesserungsauftrag ist von Amts wegen zu erteilen, selbst wenn die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (ÖBA 1991, 671; SZ 70/136). Eine Anleitungspflicht besteht nur dort nicht, wo vom Kläger nicht einmal im Ansatz ein bestimmter Rechtsgrund geltend gemacht wird, immer aber dann, wenn es um die Ergänzung eines unvollständigen Vorbringens geht (1 Ob 30/98p mwN), also um eine Undeutlichkeit in den Einzelheiten (SZ 65/132). Wenn das Berufungsgericht im Gegensatz zur Auffassung des Erstgerichts ein Klagebegehren für zu wenig bestimmt oder unschlüssig hält, hat es selbst in der Berufungsverhandlung einen Verbesserungsauftrag zu erteilen oder das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und dem Erstgericht ein Verbesserungsverfahren aufzutragen. Die sofortige Klageabweisung macht das Berufungsverfahren mangelhaft (5 Ob 72/97t mwN). Die Partei soll nicht durch die Ansicht über die Unschlüssigkeit ihres Begehrens überrascht werden (MietSlg 42/27). Bei Richtigkeit der Ansicht des Berufungsgerichts über die Unschlüssigkeit des Klagebegehrens müssten die Entscheidungen der Vorinstanzen im aufgezeigten Sinn zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens nach den §§ 84 f ZPO aufgehoben werden. Dem Kläger ist aber zuzustimmen, dass er zur Begründung seines Zahlungsbegehrens einen ausreichend konkreten Sachverhalt behauptet hat:

Seine erkennbar und im Schriftsatz ON 19 ausdrücklich auf Schadenersatzrecht und Bereicherungsrecht gestütztes Vorbringen geht zusammengefasst dahin, dass er für den in Gründung befindlichen erstbeklagten Verein Geld- und Sachleistungen erbracht hat, die von der Zweitbeklagten widmungswidrig verwendet worden sein sollen. Diese habe den Zweck der Zuwendungen, nämlich die Vereinsmitgliedschaft des Klägers und seine Tätigkeit im Rahmen des Vereinsprojektes vereitelt. Mit diesem Vorbringen sind die geltend gemachten Rechtsgründe ausreichend dargestellt, wenngleich einzuräumen ist, dass der Kläger seine Leistungen und weiters die Schäden, für die er nun Ersatz begehrt, nicht in allen Details ausgeführt hat. Ob dies schon zu einem Verbesserungsauftrag zur Verdeutlichung der Einzelheiten führen muss, ist aber eine Frage des Einzelfalls. Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass sich ein Verbesserungsverfahren immer dann erübrigt, wenn erwartet werden kann, dass im Beweisverfahren durch einfache Fragestellung der Sachverhalt ohnehin rasch aufgeklärt werden kann. Dies ergibt sich schon aus § 76 ZPO, der nur eine knappe und übersichtliche und gedrängte Darstellung des behaupteten Sachverhalts verlangt, also keineswegs eine bis in die letzten Einzelheiten gehende Detaillierung. Ein Prozessvorbringen wird immer dann als vollständig angesehen werden können, wenn es das Beweisthema so klar erscheinen lässt, dass eine sinnvolle Beweisaufnahme nach den Prozessvorschriften (beispielsweise also die Ausübung des Fragerechtes und die Erkennbarkeit der Relevanz vorgelegter Urkunden) möglich ist. Nur bei Unklarheiten über den geltend gemachten Rechtsgrund oder den Umfang des Anspruchs wird auf eine Ergänzung des Vorbringens zu drängen sein. Nach diesen Grundsätzen kann hier von einem ausreichend präzisierten Begehren und Klagesachverhalt ausgegangen werden. Dies hat das Erstgericht zutreffend bejaht. Ob seine nach einem umfangreichen Beweisverfahren getroffenen Negativfeststellungen zur Grundlage der Sachentscheidung gemacht werden können, wird das Berufungsgericht im zweiten Rechtsgang nach Erledigung der Beweisrüge unter Abstandnahme vom Abweisungsgrund der Unschlüssigkeit zu beurteilen haben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
6