JudikaturJustiz6Ob129/14k

6Ob129/14k – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. November 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei MMag. M***** W*****, vertreten durch Ing. Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei G***** S*****, vertreten durch Univ. Prof. Dr. Bruno Binder ua Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 36.340 EUR sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 18. Juni 2014, GZ 14 R 214/13h 84, womit das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 20. August 2013, GZ 13 C 826/09k 78, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben wie folgt:

„Die beklagte Partei ist schuldig, insbesondere die mit Bauansuchen vom 12. November 2008 zu GZ ***** des Magistrats der Landeshauptstadt Linz geplante Bauführung entsprechend dem zuletzt zugrunde gelegten Austauschplan bzw der von der beklagten Partei vorzulegenden vollständigen Planunterlagen wie auch jegliche andere Bauführung insoweit zu unterlassen, als das bestehende Gebäude in einer höhenmäßigen oder flächenmäßigen Ausdehnung erweitert werden soll und dadurch der klagenden Partei für deren Wohnung (Haus) oder Grund Licht und Sonne oder aber der Luftdurchzug weggenommen oder geschmälert wird bzw werden könnte.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 37.767,60 EUR (darin 5.321,41 EUR USt und 5.839,14 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die mit 3.812,06 EUR (darin 454,01 EUR USt und 1.088,00 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 3.323,64 EUR (darin 326,94 EUR USt und 1.362 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke, auf denen aneinandergrenzende Häuser einer in den Jahren 1919 bis 1926 errichteten Siedlung stehen. Dabei handelt es sich um die Siedlung „S*****“, die von Kurt Kühne geplant und ausgeführt wurde. Die Siedlung besteht aus 116 klassischen Reihenhäusern mit Garten, die einen beidseitig bebauten Straßenzug mit Platz bilden. Die Siedlung entsprach bei ihrer Gründung dem Modell der Wiener Gartenstadt-Bewegung. Die Größe der Häuser beträgt zwischen 50 und 80 m². Der Grundriss eines jeden Hauses enthielt im Erdgeschoss Wohnküche, Stube, einen gartenseitig gelegenen (Ziegen )Stall und eine Toilette mit angeschlossener Senkgrube zwischen Stall und Wohnbereich. Im Obergeschoss befinden sich die Schlafräume. Grundlage dafür waren die Überlegungen, welchen Platzbedarf eine einfache Familie zumindest benötige, welche Gartenfläche zur Gewinnung von Lebensmitteln notwendig sei sowie ein Stall für Kleintier- und Ziegenhaltung sowie sanitäre Einrichtungen. Die historische Bedeutung der Gartensiedlung S***** liegt in der Verbindung der Erfüllung eines sozialen Auftrags der Linderung von Not an Wohnraum und Nahrungsmitteln mit den Prämissen einer ästhetisch völlig neue Wege beschreitenden Epoche der klassischen Moderne in der Baukunst. In den letzten 20 Jahren wurde durch schleichend voranschreitende Veränderungen an den Baugruppen und einzelnen Baukörpern dieses Ensembles das einheitliche Erscheinungsbild in Mitleidenschaft gezogen.

Die Rechtsvorgänger haben (auch) zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Hauses Nummer *****, das nunmehr im Eigentum des Klägers steht, folgende Verpflichtungen übernommen:

XIIIb: „Bei Umbau oder Wiederaufbau des Hauses darf das Haus hinsichtlich der äußeren Form (Höhe, Fassade etc) nur in sachlicher Art und Weise aufgebaut werden, dass der einheitliche Charakter der Siedlung gewahrt wird.“

XIIId: Verbot von Bauführungen

Die [...] Käufer übernehmen die Verpflichtung, an dem Hause, im Hofe und Garten keine Bauführungen vorzunehmen, wodurch den Nachbarn, den Eigentümern der Häuser Nummer ***** und ***** für ihre Wohnung oder Grund Licht und Sonne oder der Luftzug weggenommen oder geschmälert werden könnten.

Der Kläger begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, eine im einzelnen näher bezeichnete Bauführung zu unterlassen. Der Beklagte setzte dessen ungeachtet die Bauführung während des Verfahrens fort; sie ist zwischenzeitig abgeschlossen.

Das Erstgericht wies das Unterlassungsbegehren ab.

Dabei traf es zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt im Wesentlichen folgende Feststellungen:

Die Giebelhöhe des Hauses des Beklagten beträgt nunmehr 6,78 m im Vergleich zu 4,79 m; die Dachtraufenhöhe liegt bei 3,86 m anstatt 1,94 m. Die Gebäudebreite wurde auf 4,64 m erweitert, sodass das Gebäude nunmehr bis auf 1,60 m an die Grundstücksgrenze des Klägers heranragt, während das ursprüngliche Nebengebäude nur 2,53 m breit war und daher 3,71 m von der Grundstücksgrenze des Klägers entfernt stand. Der Dachvorsprung wurde von 0,40 m auf 0,44 m erweitert. Zudem wurden im südlichen Gartenbereich vom Beklagten weitere umfangreiche Bauführungen vorgenommen. Dabei wurde ein Nebengebäude mit einer Breite von 4,40 m und einer Länge von 7,60 m im Abstand von nur 1,50 m zur Grundstücksgrenze des Klägers errichtet. Die Giebelhöhe dieses Nebengebäudes beträgt 4,27 m, die Traufenhöhe 2,73 m (Nebengebäude 1).

Am südlichen Grundstücksende wurde in einer Entfernung von 2,03 m von der Grundstücksgrenze ein weiteres Nebengebäude mit einer Länge von 3,62 m und einer Breite von 2,40 m errichtet. Zwischen diesen beiden Nebengebäuden wurde direkt an der Grundstücksgrenze eine Gartenmauer errichtet. Im mittleren Gartenbereich wurde gleichfalls an der Grundstücksgrenze eine Mauer errichtet, in deren Anschluss wurde ein Rundbaukörper mit einem Durchmesser von 5 m und einer Höhe von 1,55 m errichtet.

Technisch wäre es möglich gewesen, das Gebäude in der ursprünglichen Form ohne Änderung der äußeren Form so umzubauen, dass eine Gesamtwohnnutzfläche von ca 130 m² erreicht werden könnte.

An verschiedenen Messpunkten verringert sich durch die Zu und Umbauten des Beklagten die Besonnungszeit auf dem Grundstück des Klägers um zwischen 5 % bis 28 % im Jahresmittel, wobei an einem Messpunkt sogar ein Maximalverlust im Dezember von 45 % auftritt. Unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Bewölkung im Raum Linz ergibt sich eine Reduktion der Sonnenscheindauer im Jänner von 9,41 Stunden, im Februar von 15,3 Stunden, im März von 23,7 Stunden, im April von 34,1 Stunden, im Mai von 27,2 Stunden, im Juni von 15,4 Stunden, im Juli von 22,4 Stunden, im August von 36,1 Stunden, im September von 28,4 Stunden. An einem weiteren Messpunkt an der Grundstücksgrenze verkürzt sich die direkte Besonnung im Jahr um 574 Stunden bzw um 51 %.

Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass die von den Rechtsvorgängern des Beklagten übernommene Verpflichtung nach wie vor rechtswirksam sei. Zwar sei die Beeinträchtigung der Licht- und Sonneneinstrahlung auf das Haus und Grundstuck des Klägers durch die Bauführung des Beklagten erheblich. Eine durchzuführende Interessenabwägung, bei der die Interessen des Berechtigten und des Belasteten in ein billiges Verhältnis zu setzen seien und die Anpassung an zeitbedingte Bedürfnisse zu berücksichtigen sei, ergäbe jedoch, dass darin keine unzumutbare Beeinträchtigung des Zwecks der Dienstbarkeit liege.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es handle sich um eine verneinende Hausdienstbarkeit sowie um eine ungemessene Servitut, deren Ausmaß sich nach dem Inhalt des Titels bestimme. Zweck der Vereinbarung sei gewesen, den Nachbarn vor willkürlicher Bauführung zu schützen. Diese Funktion hätten zwischenzeitig die geltende Bauordnung sowie der Bebauungsplan übernommen. Auch hätten sich die Standards zeitgemäßen Wohnens mittlerweile wesentlich geändert. Die Modalitäten der Rechtsausübung dürften an die fortschreitende technische Entwicklung angepasst werden. Aufgrund der möglichst schonenden Dienstbarkeitsausübung sei der Interessenkonflikt durch Billigkeitserwägungen zu lösen. Zudem sei die Wertung des Gesetzgebers hinsichtlich negativer Immissionen iSd § 364 Abs 3 ABGB heranzuziehen. Insgesamt falle die Interessenabwägung zugunsten des Beklagten aus.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Frage des Ausmaßes und des Umfangs einer Dienstbarkeit stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig sei und daher im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage darstelle.

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig; sie ist auch berechtigt.

1.1. Das Ausmaß einer Dienstbarkeit richtet sich grundsätzlich nach ihrem Titel. Bei einer vertraglich eingeräumten Servitut sind daher Art und Umfang nach den allgemeinen Regeln der §§ 914 f ABGB auszulegen, wobei servitutenspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Sofern der Parteiwille aus dem Wortsinn nicht ermittelt werden kann, sind insbesondere Natur und Zweck der Servitut zur Zeit ihrer Einräumung zu berücksichtigen (RIS Justiz RS0011720; Koch in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB 4 § 484 Rz 1 f).

1.2. Dabei ist zwischen gemessenen Dienstbarkeiten, deren Art und Ausmaß bereits bei Begründung durch den Titel unzweifelhaft festgelegt worden sind, und ungemessenen Servituten, die nicht in diesem Maß konkret bestimmt wurden, wenn also das Ausmaß und der Umfang der dem Berechtigten zustehenden Befugnisse im Titel nicht eindeutig begrenzt sind, zu unterscheiden (RIS Justiz RS0011752 [T1, T2]).

2. Gemessene Servituten sind stärker durch ihren Titel definiert, dessen Zeitpunkt maßgeblich für die Bedarfsabgrenzung ist. Bei ungemessenen Servituten sind im Rahmen der ursprünglichen oder der vorhersehbaren Art der Ausübung die jeweiligen Bedürfnisse des Berechtigten maßgebend (RIS Justiz RS0097856). Für den Umfang und die Art der Ausübung einer ungemessenen Dienstbarkeit ist daher das jeweilige Bedürfnis des herrschenden Guts innerhalb der Schranken des ursprünglichen Bestands und der ursprünglichen Bewirtschaftungsart und nicht jenes zum Zeitpunkt der Servitutsbestellung maßgeblich, wobei die Art der Ausübung aber ihre Grenzen in einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Eigentümers des dienenden Grundstücks findet (RIS Justiz RS0016368 [T4, T8, T13]). Dem Berechtigten soll der angestrebte Vorteil ermöglicht, dem Belasteten aber so wenig wie möglich geschadet werden.

3.1. Der Widerstreit zwischen den Interessen des Berechtigten und jenen des Belasteten einer Dienstbarkeit ist in ein billiges Verhältnis zu setzen, wobei aber keine erhebliche Mehrbelastung des dienenden Grundstücks entstehen darf (RIS Justiz RS0011733).

3.2. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Anpassung der Benützungsart durch den Servitutsberechtigten an die vorschreitende technische Entwicklung grundsätzlich zulässig (RIS Justiz RS0016364 [T4, T5]).

3.3. Eine Einschränkung der Servitut durch den Verpflichteten ohne zumindest schlüssige Zustimmung des Berechtigten kommt nur bei nachträglicher wesentlicher Änderung der Umstände in Frage, die klar für eine stärkere Berücksichtigung der Interessen des Verpflichteten sprechen, solange dadurch der Servitutszweck nicht beeinträchtigt wird (RIS Justiz RS0011740; Koch in Koziol/Bydlinski/Bollenberger , ABGB 4 § 485 Rz 7). Eine Einschränkung ist auch bei gemessenen Servituten möglich (7 Ob 224/04y), sofern nachträglich eine wesentliche Änderung der Umstände eingetreten ist und eine klar überwiegende Interessenlage auf Seiten des Verpflichteten vorliegt (RIS Justiz RS0116522). Allerdings darf durch eine derartige Einschränkung die Ausübung der Dienstbarkeit nicht ernstlich erschwert oder gefährdet werden (RIS Justiz RS0011740).

4. Die Dienstbarkeit gemäß § 476 Z 10 ABGB, die vielfach (so zB in RIS Justiz RS0011566) als „Fensterrecht“ bezeichnet wird, welchen Ausdruck das Gesetz jedoch in § 488 ABGB für das in § 475 Abs 1 Z 3 ABGB angeführte Recht verwendet, ein Fenster in der fremden Wand zu öffnen (6 Ob 278/06k; Koch in Koziol/Bydlinski/Bollenberger , ABGB 4 § 475 bis 476 Rz 2) verbietet das Bauen und Pflanzen auf den dienenden Grundstücken insofern, als dadurch aus den ungeöffneten Fenstern des untersten Stockwerks des auf dem herrschenden Grundstück befindlichen Hauses der „Anblick des Himmels geschmälert“ wird (1 Ob 672/80; SZ 53/149; Ehrenzweig , System I/2² 325). Dem herrschenden Gebäude darf Licht und Luft nicht „genommen“ werden (1 Ob 23/62, JBl 1962, 637 = EvBl 1962/226). Es genügt aber, dass vom Erdgeschoss aus zumindest der Himmel gesehen werden kann ( Koch aaO; 1 Ob 217/10h).

5. Im vorliegenden Fall haben die Rechtsvorgänger der Streitteile jedoch eine weitergehende Unterlassungsverpflichtung vereinbart. Nach Punkt XIIId der Vereinbarung sind Bauführungen unzulässig, wodurch den Nachbarn für ihre Wohnung oder Grund Licht und Sonne oder der Luftdurchzug weggenommen oder geschmälert werden könnten. Durch die zitierten vertraglichen Vereinbarungen sollten der seinerzeitige Charakter der Siedlung erhalten und die Interessen der Nachbarn abgesichert werden, zumal den Licht und Belüftungsverhältnissen schon damals in Anbetracht der extremen Kleinräumigkeit der einzelnen Häuser besondere Bedeutung zukam.

6.1. Entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die zwischenzeitig in Kraft getretene oberösterreichische Bauordnung die seinerzeitige Dienstbarkeit funktionslos gemacht hätte. Abgesehen davon, dass es bereits zum Zeitpunkt der Einräumung der Servitut eine Bauordnung für die Gemeindegebiete der Landeshauptstadt Linz und der Stadt Wels gab (Landesgesetz vom 1. 8. 1887, oö G.u.V.Bl. 1887/22), wenngleich diese keine besonderen Bestimmungen zum Schutz der Nachbarn enthielt, ist auch bei der gegenwärtigen Rechtslage ein Servitutsberechtigter wesentlich stärker abgesichert als ein Nachbar, der sich nicht auf eine Servitut stützen kann, sondern lediglich öffentlich rechtliche Einwendungen im Zuge des Bauverfahrens vorbringen kann.

6.2. Demgemäß hat der Oberste Gerichtshof auch bereits ausgesprochen, dass etwa ein Baubewilligungsbescheid auf die zivilrechtliche Stellung der aus einer behaupteten Servitut allenfalls verpflichteten Eigentümer keinerlei Einfluss hat (RIS Justiz RS0045664 [T2]).

7. Nicht gefolgt werden kann auch der Argumentation des Berufungsgerichts, den vorliegenden Fall anhand der Wertungen des Gesetzgebers bei negativen Immissionen iSd § 364 Abs 3 ABGB zu beurteilen. Abgesehen davon, dass diese nachbarrechtliche Norm ausdrücklich nur auf den Entzug von Luft und Licht durch Bäume oder Pflanzen, nicht jedoch auf Bauwerke anzuwenden ist ( Eccher/Riss in Koziol/Bydlinski/Bollenberger , ABGB 4 § 364 Rz 12), lässt sich diese vom Gesetzgeber vorgenommene generelle Interessenabwägung nicht auf eine Situation übertragen, in der eine Servitut einem Berechtigten gerade eine deutlich bessere Rechtsposition vermittelt als das allgemeine Nachbarrecht.

8.1. Damit könnte die Einschränkung der dem Kläger bzw dessen Rechtsvorgängern eingeräumten Berechtigung nur auf Grundlage einer Interessenabwägung, die klar zum Vorteil des Beklagten ausfällt, eingeschränkt werden. Auch dabei dürften jedoch erhebliche oder gar unzumutbare Erschwernisse der Servitut nicht entstehen.

8.2. Die vom Beklagten vorgenommenen Änderungen sind nicht durch ein Interesse an der Schaffung zeitgemäßen Wohnraums zu erklären, hätte doch nach den Feststellungen ein Umbau auf 130 m² ohne jede Änderung der äußeren Form erreicht werden können. Dazu kommt, dass der Beklagte das Objekt gar nicht selbst nutzen, sondern vermieten möchte. Es geht also bei den Umbauten nicht um die Adaptierung für den eigenen Wohnbedarf. Der Beklagte hat während des anhängigen Zivil und Bauverfahrens durch Vollendung des Bauvorhabens vollendete Tatsachen geschaffen. Die Interessenabwägung darf auf Grund dieses Vorgehens aber nicht anders ausfallen, als sie ausfiele, wenn der Beklagte mit der Bauführung den Verfahrensausgang abgewartet hätte.

8.3. Zusammenfassend kommt den Interessen des Beklagten an der Bauführung keineswegs ausreichendes Gewicht zu, um eine Einschränkung der vertraglichen Rechtsposition des Klägers zu rechtfertigen. Im Übrigen bedeuten die Baumaßnahmen eine massive Einschränkung der Rechtsposition des Klägers, die dieser auch dann nicht hinnehmen müsste, wenn gewichtigere Gründe für die Zulässigkeit des Bauvorhabens sprechen.

9. Damit hat der Beklagte aber gegen seine vertragliche Unterlassungsverpflichtung verstoßen. Wer durch einen Gesetzesverstoß einen Störungszustand geschaffen hat, stört weiter, solange dieser Zustand nicht beseitigt ist. Seine Pflicht zum Handeln folgt aus seinem vorangegangenen Verhalten (RIS Justiz RS0079560). Wenn sich das widerrechtliche Verhalten des Störers nicht in einer vorübergehenden, abgeschlossenen Handlung erschöpft, sondern einen Dauerzustand herbeigeführt hat, umfasst der Anspruch auf Unterlassung auch das Recht, vom Verpflichteten die Beseitigung dieses gesetzwidrigen Zustands zu verlangen, soweit ihm die Verfügung hierüber zusteht (RIS Justiz RS0079560 [T1]), stellt doch auch die Aufrechterhaltung des verbotenen Zustands einen Verstoß gegen den Unterlassungstitel dar (RIS Justiz RS0079560 [T9]). Die Entscheidung 3 Ob 215/02t bezieht sich demgegenüber auf die Besonderheiten des § 1330 ABGB und § 15 UWG und lässt sich daher nicht auf den Unterlassungsanspruch nach allgemeinem Zivilrecht übertragen.

10. Damit war in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dem Klagebegehren spruchgemäß stattzugeben.

11. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller Instanzen beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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