JudikaturJustiz2Ob522/95

2Ob522/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Mai 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Luise ***** K*****, vertreten durch den Sachwalter Dr.Aldo Frischenschlager, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1. Eleonore H*****, vertreten durch Dr.Hubert Schauer, Rechtsanwalt in Linz, und 2. Dr.Ernst M*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Franz Huber und Dr.Gunther Huber, Rechtsanwälte in Traun, wegen Unwirksamerklärung und Löschung einer Grundbucheintragung (Streitwert S 500.000,--), infolge von Rekursen der klagenden Partei sowie der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 16.November 1993, GZ 4 R 108/93-68, womit infolge Berufungen der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 25.Jänner 1993, GZ 5 Cg 3/92x-56, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs der Erstbeklagten wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben, soweit er das gegen die Erstbeklagte gerichtete Löschungsbegehren betrifft, und in diesem Punkt in der Sache dahin erkannt, daß das Begehren, die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Erstbeklagten sei zu löschen, abgewiesen wird.

II. den

Beschluß

gefaßt:

Im übrigen wird den Rekursen nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Übergabsvertrag vom 11.5.1988 übertrug die Klägerin eine ihr gehörende Liegenschaft an die Erstbeklagte. Mit Übergabsvertrag vom 22.12.1988 übertrug die Erstbeklagte diese Liegenschaft dem Zweitbeklagten. Mit den Beschlüssen des Bezirksgerichtes Linz je vom 29.6.1989 wurde Dr.Aldo Frischenschlager, Rechtsanwalt in Linz, sowohl zum einstweiligen Sachwalter für das Verfahren als auch zum einstweiligen Sachverwalter zur Besorgung dringender Angelegenheiten, nämlich der Vertretung der Klägerin bei der gegenständlichen Klagsführung, bestellt. Mit Beschluß vom 6.10.1989 wurde er zum Sachwalter der Klägerin mit dem Aufgabenkreis der Vertretung gegenüber dem Gericht, gegenüber Ämtern und Behörden sowie in allfälligen Rechtsgeschäften bestellt.

Mit ihrer am 2.10.1989 beim Erstgericht eingelangten, pflegschaftsgerichtlich genehmigten Klage begehrte die Klägerin zunächst den Ausspruch, daß die vorgenannten Übergabsverträge unwirksam seien und deshalb die Löschung der Eigentumseintragung für die beiden Beklagten ob dieser Liegenschaft einverleibt werden. In der Folge (ON 53) "modifizierte" die Klägerin ihr Begehren dahin, daß das bisherige Klagebegehren als Eventualbegehren aufrecht bleibe und das neue Hauptbegehren zu lauten habe, daß der zwischen ihr und der Erstbeklagten geschlossene Vertrag samt der darauf fußenden Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Erstbeklagte sowie der zwischen den beiden Beklagten geschlossene Vertrag samt der darauf fußenden Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Zweitbeklagten unwirksam seien und daß die Löschung dieser grundbücherlichen Eintragungen vorzunehmen sei. Sie sei bei Vertragsabschluß am 11.5.1988 im 84. Lebensjahr gestanden und nicht mehr in der Lage gewesen, den Inhalt des vom Zweitbeklagten für die Erstbeklagte verfaßten Vertrages zu verstehen, und daher nicht mehr geschäftsfähig gewesen. Der Zweitbeklagte habe die Geschäftsunfähigkeit der Klägerin erkannt bzw erkennen müssen. Er könne sich daher auf gutgläubigen Erwerb der Liegenschaft nicht berufen. Der zwischen ihr und der Erstbeklagten geschlossene Vertrag werde aber auch aus dem Grunde der Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes angefochten. Die Erstbeklagte habe sich verpflichtet, einen Übergabspreis von S 240.000,-- zu leisten, der wahre Wert der Liegenschaft habe S 3 Mio betragen. Auch diesbezüglich könne sich der Zweitbeklagte auf guten Glauben nicht berufen, weil er als Immobilienmakler den ungefähren Wert des Hauses gewußt habe bzw wissen habe müssen. Für den Fall, daß die Verträge als unentgeltliche zu qualifizieren seien, seien sie formwidrig, weil mangels tatsächlicher Übergabe Notariatsakte erforderlich gewesen wären. Für den Fall, daß ihre Geschäftsfähigkeit angenommen werde, würden die Verträge hilfsweise wegen Täuschung oder Irreführung angefochten (Verschleuderung der Liegenschaft ohne ausreichende Besicherung einer laufenden Betreuung). Bestritten werde, daß die Erstbeklagte irgendwelche entgeltliche Leistungen für sie (Klägerin) erbracht habe, kleinere Dienste seien prompt entlohnt worden. Die als Teil des Übernahmspreises genannte Kreditabdeckung sei nicht durch die Erstbeklagte, sondern durch sie selbst erfolgt. In offensichtlicher Bezugnahme auf § 64 GBG (Verhältnis zum Zweitbeklagten) brachte die Klägerin in der Tagsatzung vom 21.9.1992 ergänzend vor, daß sie auch im Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses über die Einverleibung des Eigentums der Erstbeklagten nicht zurechnungsfähig gewesen und daher eine wirksame Zustellung dieses Beschlusses nicht erfolgt sei.

Die Beklagten bestritten das Klagebegehren und wendeten ein: Die Klägerin sei nicht geschäftsunfähig gewesen, jedenfalls sei eine Geschäftsunfähigkeit für sie nicht erkennbar gewesen. Auch sei im Zeitpunkt des ersten Vertragsschlusses eine Weitergabe an den Zweitbeklagten nicht geplant gewesen, dieser Entschluß sei erst später, und zwar unter maßgeblichem Einfluß der Klägerin, gefaßt worden. Leistung und Gegenleistung stünden in keinem Mißverhältnis. Die Erstbeklagte habe die Klägerin über 30 Jahre hindurch betreut und Dienstleistungen für sie erbracht. Wenngleich der Wert der von der Erstbeklagten erbrachten Leistungen den Liegenschaftswert von ca S 1 Mio nicht erreicht habe, überstiegen diese Leistungen aber jedenfalls 50 % des Wertes der Liegenschaft. Der Betrag von S 145.000,-- für Sachleistungen sei lediglich aus steuerrechtlichen Gründen in dieser geringen Höhe angeführt worden. Die Erstbeklagte habe der Klägerin weiters einen Betrag von S 100.000,-- bezahlt, obwohl die Klägerin zunächst zugesagt habe, eine auf der Liegenschaft haftende Schuld von S 95.000,-- selbst zu bezahlen. Zum Wert der Gegenleistungen der Erstbeklagten komme als weiteres Entgelt ein der Klägerin auf Lebensdauer eingeräumtes Fruchtgenußrecht an der Liegenschaft. Unzutreffend sei ferner der Einwand der Formwidrigkeit, da bereits am 11.5.1988 eine Schlüsselübergabe an Ort und Stelle stattgefunden habe. Eine Irrtumsanfechtung gehe schon deshalb ins Leere, weil Pflege und Betreuung der Klägerin nicht gewollt waren und daher auch nicht vereinbart wurden. Die "Modifizierung" der Klage (ON 53) sei eine unzulässige, insbesondere nicht pflegschaftsbehördlich genehmigte Klagsänderung.

Das Erstgericht sprach in seinem Urteil aus, daß der zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten geschlossene Vertrag vom 11.5.1988 samt der darauf fußenden Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Erstbeklagte und der zwischen dieser und dem Zweitbeklagten geschlossene Vertrag vom 22.12.1988 samt der darauf fußenden Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Zweitbeklagten unwirksam sind und die Löschung der vorgenommenen grundbücherlichen Eintragungen vorzunehmen ist. Es stellte im wesentlichen fest:

Die Klägerin und die Erstbeklagte lernten einander im Jahre 1954 kennen. Ab 1960 oder 1961 begann die Erstbeklagte, sich verstärkt um die Klägerin zu kümmern. Sie half in deren Trafik aus, betreute ihre Hunde, nahm Behördengänge vor und reinigte den Gehsteig vor dem Haus der Klägerin. Bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1978 verrichtete die Erstbeklagte derartige Tätigkeiten vorwiegend an den Wochenenden und während ihres Urlaubes, ab 1978 kümmerte sie sich fast täglich um die Klägerin und war dabei meist einen halben Tag oder länger beschäftigt. Sie erhielt dafür nie eine Entlohnung. Die angeführten Tätigkeiten leistete sie unter anderem deshalb, weil ihr die Klägerin die Übertragung eines Grundstückes in Urfahr zugesagt hatte. Dies zerschlug sich, als die Klägerin den Erlös aus dem Verkauf dieses Grundstückes zur Schuldenzahlung benötigte. 1986 oder 1987 lernte die Klägerin auch den Zweitbeklagten, einen freiberuflichen Mitarbeiter einer Immobilienfirma, näher kennen. Anfang 1988 erwähnte die Klägerin im Beisein beider Beklagten, daß sie der Erstbeklagten ihr Vermögen testamentarisch vermachen wolle, weil sie keine Verwandten und die Erstbeklagte sich um sie gekümmert habe. Im Hinblick auf die zu erwartende Erbschaftssteuer riet der Zweitbeklagte der Klägerin dazu, ihre Liegenschaft bereits zu Lebzeiten der Erstbeklagten zu übergeben. Er verfaßte in der Folge einen Vertragsentwurf, den er mit der Klägerin punktweise durchging. Am 11.5.1988 unterfertigten die Klägerin und die Erstbeklagte einen Vertrag folgenden Inhalts:

"Vertrag.....

Frau Luise ***** K*****............übergibt an Frau Eleonore

H*****....... und diese Letztere übernimmt von der Ersteren die

derselben allein gehörige Liegenschaft..... samt allen Rechten und

Befugnissen, mit denen die Übergeberin diese Liegenschaft zu besitzen

und zu benützen berechtigt war, um den beiderseits vereinbarten baren

Übergabspreis von S 240.000,--....... und gegen die nachstehenden

Nebenleistungen.

II.

Der bare Übergabspreis wird berichtigt wie folgt:

1. Auf Abrechnung von dem vereinbarten Übergabspreis übernimmt die

Übernehmerin die ob der vertragsgegenständlichen Liegenschaft in C-OZ

1, 2, 3 und 4 haftenden Höchstbetragspfandrechte............ im

derzeit aushaftenden Gesamtbetrag von S 95.000,--........... in ihre

alleinige Zahlungs- und Verzinsungspflicht und verpflichtet sich für sich und ihre Rechts- und Besitznachfolger, die Übergeberin in Ansehung dieser Kreditforderungen vollkommen klag- und schadlos zu halten.

2. Den Übergabspreisrest von S 145.000,--........... hat die

Übernehmerin vor Vertragsunterfertigung durch Sach- und Barleistungen an die Übergeberin erbracht, weshalb diese den baren und richtigen Empfang desselben zugleich mit der Vertragsunterfertigung bestätigt.

III.

Die Übergeberin.............. bedingt sich weiters seitens der

Übernehmerin................ bzw deren Rechts- und Besitznachfolger

folgende Leistungen aus:

1. Das lebenslängliche und unentgeltliche Fruchtgenußrecht an der

vertragsgegenständlichen Liegenschaft........, also das Recht, die

vertragsgegenständliche Liegenschaft bis zu ihrem Ableben alleine und ausschließlich zu benützen und zu bewohnen.

Die Übergeberin hat allerdings während der Dauer dieses Nutzungsrechtes alle Kosten dieser Liegenschaft, wie Betriebs- und Erhaltungskosten, Grundsteuer, Strom-, Telefon- und Beheizungskosten usw. aus eigenem zu tragen und die Übernehmerin in Ansehung dieser Kosten vollkommen klag- und schadlos zu halten.

Für den Fall, daß die Übergeberin dieses Fruchtgenußrecht an der vertragsgegenständlichen Liegenschaft aufgibt, also die Liegenschaft räumt, gehen diese Kosten sofort an die Übernehmerin über.

2. Für den Fall, daß beim Ableben der Übergeberin deren

Dalmatiner-Hund namens "Prinzi" noch am Leben ist, hat die

Übernehmerin........ diesem Tier das Gnadenbrot zu geben.

3. Die Bezahlung der Kosten eines ortsüblichen standesgemäßen

Begräbnisses, soweit diese Kosten nicht durch eine Versicherung

gedeckt sind, sowie die Kosten der Graberrichtung samt Grabstein und

die Graberhaltung durch mindestens zehn Jahre.

......IX.... Der Einheitswert der vertragsgegenständlichen

Liegenschaft beträgt laut Einheitswertbescheid vom 12.6.1986.... S

301.000,--.....".

Die ziffernmäßige Höhe des Übergabspreises war lediglich zwischen der Klägerin und dem Zweitbeklagten, nicht jedoch auch der Erstbeklagten besprochen worden. Den Übergabspreis hatte der Zweitbeklagte als Vertragsrichter mit S 240.000,-- festgesetzt, weil er sich zunächst über den Einheitswert der Liegenschaft von ca S 310.000,-- erkundigt hatte. Mit der Kreditübernahme und der Bewertung der Sach- und Barleistungen kam er auf einen Übernahmspreis von S 240.000,--. Dazu kamen die Bewertungen des Fruchtgenußrechtes mit S 30.000,-- und der Graberrichtung und -erhaltung mit S 40.000,--. Der offene Kredit von S 95.000,-- wurde zwar aus Mitteln der Klägerin getilgt, den Übergabsvertrag händigte die Klägerin der Erstbeklagten jedoch erst gegen Bezahlung eines Betrages von S 100.000,-- aus.

Über Vorschlag der Klägerin verkaufte die Erstbeklagte die Liegenschaft am 22.12.1988 an den Zweitbeklagten. Als "Übergabepreis" wurden S 250.000,-- vereinbart. Der Zweitbeklagte übernahm auch die Verpflichtungen der Erstbeklagten gegenüber der Klägerin laut Punkt III. des Vertrages vom 11.5.1988. Beide Beklagten waren im Jahre 1988 der Ansicht, daß die Klägerin im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sei. Es war zwischen den Beklagten nie besprochen, daß die Erstbeklagte versuchen sollte, von der Klägerin die Liegenschaft zu bekommen, um sie dann sofort an den Zweitbeklagten weiterzuverkaufen.

Die Klägerin leidet an einer mäßiggradigen Altersdemenz, die insbesondere auf eine universelle Arterienverkalkung und eine Hirnschrumpfung (Hirnatrophie) zurückgeht. Sie fühlte sich am 11.5.1988 körperlich und geistig nicht mehr ganz in der Lage, ihre Angelegenheit selbst zu besorgen und für sich allein zu sorgen. Es war ein Bedürfnis nach einem Schutz gegeben, wobei es vom Zufall und nicht von einer bestimmten Person abhing, wer diese Schutzperson für die Klägerin war. Sie war zu diesem Zeitpunkt zwar bereit, für Pflege und Sorge ihr Haus herzugeben, weil sie sonst keine Erben hatte, wollte andererseits aber nicht ganz darauf verzichten. Aus der Sicht um ihre Sorge und Sicherung, weil im Alter immer eine gewisse Altersegozentrizität entsteht, hatte sie wohl ein Ziel und einen Plan und war soweit auch in ihren Erkenntnissen nicht beeinträchtigt. Details waren ihr aber gleichgültig, sie wußte zum Zeitpunkt 11.5.1988 wohl in groben Umrissen, was sie wollte, war aber nicht in der Lage, alle Details richtig zu erfassen, alle Bedingungen des Vertrages zu verstehen und insbesondere die Sicherung ihrer Rechte selbst zu bewerkstelligen. Sie war sich nicht mehr über den genauen Wert der Liegenschaft im klaren. Alle Entscheidungen der Klägerin waren mehr oder minder dem momentanen Zufall überlassen. Die Entscheidung der Klägerin zur Unterfertigung des Vertrages war weitgehend emotional bedingt, wobei die intellektuelle Bremse und klare Kritikfähigkeit nicht mehr gegeben waren. Als der Klägerin Ende September oder Anfang Oktober 1988 der Beschluß über die Einverleibung des Eingentumsrechtes der Erstbeklagten zugestellt wurde, war sie nicht mehr in der Lage, die Bedeutung und den Inhalt dieses Beschlusses zu erkennen.

Rechtlich erachtete das Erstgericht, daß der zwischen Klägerin und Erstbeklagter geschlossene Vertrag infolge Geschäftsunfähigkeit der Klägerin unwirksam sei. Erwägungen über eine Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes der Liegenschaft sowie zu einer allfälligen Unentgeltlichkeit des Geschäftes könnten daher auf sich beruhen. Dem Zweitbeklagten sei zwar Gutgläubigkeit einzuräumen, doch sei infolge der Geschäftsunfähigkeit der Klägerin die Zustellung des ersten Einverleibungsbeschlusses unwirksam geblieben. Das Klagerecht gegen ihn wäre daher erst drei Jahre nach dem Ansuchen um seine Einverleibung erloschen. Die vorgenommene "Modifizierung" stelle keine Klagsänderung dar. Überdies wäre eine Klagsänderung jedenfalls zuzulassen gewesen, weil die Voraussetzungen des § 235 Abs 3 ZPO erfüllt gewesen wären.

Infolge der Berufungen der beklagten Parteien wies das Berufungsgericht mit (unangefochtenem) Teilurteil a) das gegen den Zweitbeklagten gerichtete Klagebegehren, daß der zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten geschlossene Vertrag vom 11.5.1988 unwirksam sei, und b) das gegen beide Beklagten gerichtete Klagebegehren, daß der zwischen der Erstbeklagten und dem Zweitbeklagten geschlossene Vertrag vom 22.12.1988 unwirksam sei, ab. Im übrigen gab es beiden Berufungen Folge, hob das Ersturteil in bezug auf das gegen die Erstbeklagte gerichtete Begehren, der Vertrag vom 11.5.1988 sei unwirksam, und in bezug auf das gegen beide Beklagten gerichtete Löschungsbegehren auf und verwies die Rechtssache (in diesem Umfang) zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes bezüglich jeder beklagten Partei S 50.000,-- übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Trotz der zunächst unrichtigen Fassung des Urteilsbegehrens sei erkennbar gewesen, daß die Klägerin von Anfang an eine Löschungsklage des Inhalts anbringen habe wollen, daß die Einverleibungen des Eigentumsrechtes der beiden Beklagten für unwirksam erklärt und gelöscht werden. Die Klägerin habe daher im Rahmen der "Modifizierung" des Klagebegehrens die Klage nicht geändert, sondern dieser lediglich eine deutlichere Fassung gegeben. Überdies sei ein Einwand der Beklagten gegen eine Klagsänderung verspätet, weil sie zunächst Sachvorbringen erstattet hätten.

Ungeprüft bleiben könne, ob der Beschluß über die Einverleibung des Eigentums der Erstbeklagten der Klägerin wirksam zugestellt wurde, weil eine nach § 64 GBG gegen den Zweitbeklagten gerichtete Klage jedenfalls verfristet sei. Bei der Dreijahresfrist des § 64 GBG handle es sich nicht um eine nur über Einwand wahrzunehmende Verjährungs-, sondern um eine auch amtswegig aufzugreifende Fallfrist. Gegenüber dem Zweitbeklagten könne sich der Klägerin daher nur auf die Bestimmungen der §§ 62 oder 63 Abs 2 GBG stützen. Die Klägerin habe einerseits ihr Begehren auf ein bewußten und gewolltes Zusammenwirken der Beklagten in bezug auf das Zustandekommen des Vertragsabschlusses vom 11.5.1988 und daher auch auf solche Verhältnisse gestützt, die unmittelbar zwischen der Klägerin und dem Zweitbeklagten obwalteten (§ 62 GBG). Darüberhinaus behaupte sie aber auch die fehlende Gutgläubigkeit des Zweitbeklagten und beziehe sich damit offenkundig auf § 63 Abs 2 GBG. Die Gutgläubigkeit des Zweitbeklagten sei nicht nur aus dem Grundbuchsstand allein zu beurteilen. Sowohl die materiellrechtlichen Einwände der Klägerin gegen die Gültigkeit des Vertrages vom 11.5.1988 als auch die Mitwirkung des Zweitbeklagten bzw dessen Kenntnis hievon seien noch aufklärungsbedürftig. Gerade die vom Erstgericht für nicht wesentlich erachtete Feststellung des Wertes der Liegenschaft könnte Aufschlüsse darüber geben, ob das Wissen der Klägerin vom Wert der Liegenschaft tatsächlich in einem krassen Mißverhältnis zum wahren Wert des Vertragsobjektes gestanden war. Dies sei wesentlich für die Beurteilung der Geschäftsfähigkeit der Klägerin. Auch für den in eventu vorgebrachten weiteren Klagegrund der laesio enormis, aber auch für die Klagegründe der Täuschung oder Irreführung, sei die Feststellung des Werts der Liegenschaft wesentlich.

Das Erstgericht sei zwar von einer Gutgläubigkeit des Zweitbeklagten ausgegangen und tatsächlich könne der Schluß nicht gezogen werden, daß dem Zweitbeklagten eine (partielle) Geschäftsunfähigkeit der Klägerin tatsächlich bekannt gewesen sei. Eine Schlechtgläubigkeit des Zweitbeklagten könne sich jedoch daraus ergeben, daß er als Immobilienfachmann über den Wert des Hauses Bescheid gewußt habe und ihm daher auffallen habe müssen, daß die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 934 ABGB gegeben seien. Damit habe sich das Erstgericht in seinem Urteil ebenfalls nicht auseinandergesetzt.

Gegen den Aufhebungsbeschluß richten sich die Rekurse:

1. der Klägerin aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, in der Sache selbst zu erkennen und im Umfang des noch strittigen Teils des Klagebegehrens das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen; hilfsweise, den angefochtenen Aufhebungsbeschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die Urteilfällung aufzutragen;

2. der Erstbeklagten aus dem Grunde der unrichten rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß in Stattgebung ihrer Berufung die Klage zur Gänze abgewiesen werde;

3. des Zweitbeklagten aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Klage gegenüber ihm abzuweisen; hilfsweise, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die Fortsetzung des Verfahrens über die unerledigt gebliebene Berufung unter Abstandnahme von den gebrauchten Aufhebungsgründen aufzutragen.

Die Erstbeklagte beantragt, den Rekurs der Klägerin zurückzuweisen bzw diesem nicht Folge zu geben, der Zweitbeklagte beantragt, dem Rekurs der Klägerin nicht Folge zu geben. Die Klägerin beantragt, den Rekursen der beklagten Parteien nicht Folge zu geben.

Der Rekurs der Erstbeklagten ist teilweise berechtigt.

Die Rekurse der Klägerin und des Zweitbeklagten sind nicht berechtigt.

Zum Rekurs der Klägerin:

Rechtliche Beurteilung

Die Unterlassung einer fristgerechten Klagsführung des früheren Buchberechtigten gegen denjenigen, dessen Eintragung auf keinem gültigen Titel beruht bzw denjenigen, der sich nicht auf gültigen Titel seines Vormanns berufen kann, führt dazu, daß der in seinen bücherlichen Rechten Verletzte sich seines Löschungsrechtes verschweigt (JBl 1968, 475, EvBl 1972/245; JBl 1993, 186; ecolex 1996, 852; Koziol/Welser I10 183, Spielbüchler in Rummel I2 Rz 10 zu § 431 ABGB; Klang in Klang2 II 357 und VI 564). Die im ABGB nicht als eigenes Institut geregelte (Klang in Klang2 IV 564) Verschweigung bedeutet den Rechtserwerb als Folge des Rechtsverlustes eines anderen. Im Fall der §§ 62 bis 64 GBG erwirbt der rechtswidrig (dh ohne gültigen Titel) im öffentlichen Buch Eingetragene ein bücherliches Recht dadurch, daß der in diesen seinen Rechten verletzte frühere Berechtigte die Löschungsklage nicht mehr erheben kann.

Die Klägerin hat sich im Verhältnis zum Zweitbeklagten zunächst darauf berufen, daß er hinsichtlich des zwischen ihr und der Erstbeklagten ungültig geschlossenen Vertrages nicht gutgläubig gewesen sei. Erstmalig in der Tagsatzung vom 21.9.1992 brachte sie überdies vor, daß die Löschungsklage gegenüber dem Zweitbeklagten auch dann berechtigt sei, wenn dieser hinsichtlich des Zustandekommens des Erstvertrages gutgläubig gewesen wäre, weil ihr der Beschluß über die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Erstbeklagten nicht wirksam zugestellt worden sei. Das Berufungsgericht erachtete die Prüfung dieser Frage für nicht erforderlich, weil ein auf § 64 GBG gestützter Anspruch der Klägerin gegen den Zweitbeklagten präkludiert sei, was auch ohne ausdrücklichen Einwand von Amts wegen wahrzunehmen sei. Entgegen dieser Ansicht kann es nach Auffassung des erkennenden Senates im vorliegenden Fall auf sich beruhen, ob es sich bei der Dreijahresfrist des § 64 GBG um eine nur über Parteieneinwand zu beachtende Verjährungs- oder aber um eine auch amtswegig aufzugreifende Fall(= Präklusiv-)frist handelt. Anspruchsgrund bleibt nämlich auch bei einer auf § 64 GBG gestützten Löschungsklage die Unwirksamkeit des vom Vormann der Beklagten geschlossenen Rechtsgeschäftes. Diesen Anspruchsgrund hat die Klägerin jedoch bereits bei Klagseinbringung und somit jedenfalls fristgerecht geltend gemacht. Das Vorbringen mangelnder Zustellung des Beschlusses über die erste Eintragung enthält demgegenüber keinen eigenen neuen Anspruch, sondern ändert nur die Voraussetzungen für die Durchsetzung des bereits mit der Klage geltend gemachten Anspruchs, weil es hiefür auf die Gutgläubigkeit des Erwerbers des zu löschenden Rechtes nicht mehr ankommt, weshalb sowohl Verjährungs-, als auch Verfristungseinwände verfehlt sind. Dennoch kann aber entgegen der Meinung der Klägerin schon deshalb nicht in der Sache entschieden werden, weil das Berufungsgericht noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zur Unwirksamkeit des ersten Vertrages für erforderlich hielt und der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten kann (SZ 41/8; JBl 1975, 545, ÖBA 1990, 229 ua).

Da derzeit der weitere Umfang des Prozeßstoffes nicht abzusehen ist (- neben einer Ergänzung des psychiatrischen Gutachtens und deren Erörterung könnten Beweisaufnahmen erforderlich werden -), war das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zur Verfahrensergänzung verpflichtet (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 6 mwN), sondern durfte mit einer Aufhebung vorgehen.

Zu den Rekursen der beklagten Parteien:

Nach § 62 GBG kann die Löschungsklage auch auf Verhältnisse gestützt werden, die unmittelbar zwischen dem Kläger und Beklagten obwalten. Als ein solches Rechtsverhältnis wird beispielsweise dasjenige zwischen dem Kläger und dem Universalsukzessor des Erwerbers einer Liegenschaft verstanden (Ehrenzweig2 I/2 246). Ein vergleichbares unmittelbares Verhältnis zwischen Klägerin einerseits und Zweitbeklagten andererseits wird von der Klägerin aber gar nicht behauptet. Diese zieht ein "bewußtes und gewolltes Zusammenwirken" der beklagten Parteien, wie sich aus dem Zusammenhang eindeutig ergibt, nur als Untermauerung ihres Vorbringens heran, daß es dem Zweitbeklagten an seiner Gutgläubigkeit bei Erwerb der Liegenschaft von der Erstbeklagten gemangelt habe. Das ausreichend deutliche Klagsvorbringen läßt nicht daran zweifeln, daß die Klägerin - unabhängig von einem Zusammenspiel zwischen den beklagten Parteien - auch das Wissen bzw Wissenmüssen des Zweitbeklagten um die Unwirksamkeit bzw Anfechtbarkeit des ersten Geschäftes (§ 63 Abs 2 GBG) geltend macht. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß auch unter diesem Blickwinkel die Sache noch nicht entscheidungsreif ist. Sollte sich im fortzusetzenden Verfahren die Gutgläubigkeit des Zweitbeklagten herausstellen, wäre auch noch zu klären, ob der Klägerin der Beschluß über die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Erstbeklagten wirksam zugestellt wurde.

Ergänzend ist zu den jeweiligen Rekursen der beklagten Parteien auszuführen:

Zum Rekurs der Erstbeklagten:

Unstrittig ist, daß derzeit der Zweitbeklagte als Eigentümer der streitgegenständlichen Liegenschaft einverleibt ist, die Erstbeklagte aber nur - wenn auch bücherliche - Voreigentümerin war und daher nicht mehr Buchberechtigte ist. Daraus folgt, daß derzeit eine löschungsfähige Eintragung über das Eigentum der Erstbeklagten nicht vorhanden ist. Dem gegen die Erstbeklagte gerichteten Löschungsbegehren kann, solange das Eigentumsrecht des Zweitbeklagten einverleibt ist, kein Erfolg beschieden sein. In diesem Umfang war daher vom Obersten Gerichtshof durch Teilurteil in der Sache selbst zu erkennen (§ 519 Abs 2 letzter Satz ZPO).

Unabhängig davon, ob das restlich verbleibende, noch offene Begehren gegenüber der Erstbeklagten als Rechtsgestaltungs-, oder nur als Feststellungsbegehren aufzufassen ist, ist im letzteren Falle ein rechtliches Interesse der Klägerin, schon um Verjährungsfolgen hintanzuhalten, jedenfalls zu bejahen, sodaß im Falle einer Teilstattgebung hinsichtlich des restlichen Klagebegehrens ein Minus vorläge, dessen Zuerkennung § 405 ZPO nicht entgegensteht (MGA ZPO14 § 405/8, 9, 10). Wenn das Berufungsgericht, ausgehend von einer richtigen Rechtsansicht, zur Auffassung gelangte, daß der für die rechtliche Beurteilung des Vorliegens einer Geschäftsunfähigkeit der Klägerin erforderliche Sachverhalt noch nicht genügend geklärt sei, kann dem, wie bereits erwähnt wurde, der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten (SZ 41/8; JBl 1975, 549; ÖBA 1990, 229; 8 Ob 2/95, 8 Ob24/95).

Zum Rekurs des Zweitbeklagten:

Der Löschungsanspruch eines aus dem Grundbuch Verdrängten bezieht

sich primär freilich auf jene Einverleibung, durch die er aus dem

Grundbuch verdrängt wurde und deren Beseitigung zur Wiederherstellung

des richtigen Grundbuchsstandes erforderlich ist. Der Zweitbeklagte

ist nun in Ansehung der Grundbuchseintragung Dritter, der durch eine

weitere Einverleibung ein bücherliches Recht auf der Grundlage der

entweder materiellrechtlich von Anfang an ungültigen oder aber

anfechtbaren Eintragung der Erstbeklagten erworben hat. Wie sich aus

den Bestimmungen des §§ 63 ff GBG ergibt, kann der aus dem Grundbuch

zu Unrecht Verdrängte aber auch gegen den Dritten mit Löschungsklage vorgehen (SZ 41/151).

Das Berufungsgericht weicht bei Beurteilung der für einen

gutgläubigen Liegenschaftserwerb erforderlichen Kriterien von der in

NZ 1988, 288 veröffentlichten Entscheidung nicht ab. Sowohl diese als

auch die dort zitierte Vorentscheidung SZ 35/91 sind über Rekurse im

Grundbuchsverfahren ergangen, wo über die Urkunden und den Buchsstand

hinausgehende Erhebungen nicht in Betracht kommen. Dem verhinderten

Rekurswerber blieb daher auch dort die Erhebung der Löschungsklage

und sohin die Beweisführung in Richtung auf eine Bösgläubigkeit des

Dritten im Prozeßwege erhalten (Hofmeister in NZ 1988, 291).

Gutgläubig ist ein Erwerber nur dann, wenn er ohne jedes Verschulden,

also auch nicht fahrlässig, handelt. Guter Glaube kann nur angenommen

werden, wenn keine Umstände vorliegen, die bei gehöriger

Aufmerksamkeit Zweifel an der Richtigkeit des Grundbuchsstandes

erweckten. Der gute Glaube muß noch im Zeitpunkt des Ansuchens um die

Einverleibung vorhanden sein (JBl 1993, 186 ua). Dies führt im

konkreten Fall dazu, daß sich der Zweitbeklagte sein positives oder

mögliches Wissen über den Geisteszustand der Klägerin bei Abschluß

des ersten Übergabsvertrages sehr wohl anrechnen lassen muß.

Wenngleich feststeht, daß der Zweitbeklagte eine geistige

Beeinträchtigung der Klägerin nicht erkannt hat, ergibt sich daraus

noch nicht zwingend, daß er diese auch nicht erkennen mußte. Ein

mögliches, noch nicht festgestelltes Wissen des Zweitbeklagten über

den wahren Wert der Liegenschaft wäre nämlich etwa durchaus geeignet

gewesen, auch Bedenken an der Geschäftsfähigkeit der Klägerin dann zu

begründen, wenn diese von unrealistischen Wertvorstellungen ausging,

was aber derzeit ebenfalls noch nicht feststeht.

Dem Zweitbeklagten kann nicht dahin beigepflichtet werden, daß eine Verkürzungsanfechtung nach § 934 ABGB nicht geeignet sei, Grundlage für eine gegen den Einzelrechtsnachfolger des Verkürzenden gerichtete Löschungsklage zu sein. Eine Löschungsklage ist immer dann gegeben, wenn entweder die Einverleibung aus dem Grunde der ursprünglichen Nichtigkeit oder durch nachträglichen Wegfall des Rechtstitels, auf dem sie beruht, angefochten wird (EvBl 1958/122). Dies trifft auch auf die ex tunc wirkende (SZ 59/155; Reischauer in Rummel2 I Rz 8 zu § 934; Binder in Schwimann IV/1 Rz 20 zu § 934) Aufhebung des Vertrages wegen Verletzung über die Hälfte (Feil, Grundbuchsgesetz2 438) zu. Die Verkürzung ist zwar nicht durch bloße Erklärung, sondern über (Rechtsgestaltungs )Klage geltend zu machen (RZ 1973/119, EvBl 1993/170; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 561; Binder aaO Rz 16 uva).

Entgegen dem Vorbringen des Zweitbeklagten ist aber diese

Voraussetzung gegeben. Mit seinem Vorbringen, daß keine ausdrückliche

Anfechtung des Vertrages vom 11.5.1988, sondern nur eine

Löschungsklage vorliege, weicht der Zweitbeklagte vom Akteninhalt ab.

Sowohl in der ursprünglichen als auch in der zuletzt

aufrechterhaltenen Fassung weist die Klage gegenüber der

Erstbeklagten als verkürzender Vertragspartnerin der Klägerin die

Formulierung auf, daß der Vertrag vom 11.5.1988 unwirksam sei. Selbst

wenn darin kein Rechtsgestaltungs-, sondern ein Feststellungsbegehren

gelegen sein sollte, wäre es - soweit laesio enormis geltend gemacht wird - seinem Sinngehalt nach zu verstehen und erforderlichenfalls von Amts wegen richtigzustellen (RZ 1973/119; Binder aaO Rz 60). Der Hinweis auf die Entscheidung MietSlg 35.107 ist nicht zielführend:

Dort hat der Oberste Gerichtshof unter Berufung auf die Lehre (Gschnitzer in Klang2 IV/1, 561) nämlich den hier nicht vorliegenden Fall behandelt, daß die Einwendung der Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes einredeweise der auf Zahlung des Entgelts gerichteten Klage entgegengehalten wird. Daß eine Verkürzungseinrede an der Unmöglichkeit einer Rückstellung scheitern müsse, weil die streitgegenständliche Liegenschaft von der Erstbeklagten an den Zweitbeklagten übertragen wurde, ist schon deshalb unschlüssig. Es ist wohl offenkundig, daß der Zweitbeklagte als aufrechter bücherlicher Eigentümer die Liegenschaft zurückstellen könnte. Ob und inwieweit ihm eine Ersetzungsbefugnis anstelle des ursprünglich verkürzenden Vertragsteils zustünde, braucht nicht geprüft zu werden, weil die beklagten Parteien die Verkürzung bestreiten und die Zahlung eines Ausgleichsbetrages nicht einmal angeboten haben.

Der Zweitbeklagte vertritt auch im Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes noch die Ansicht, daß in der Richtigstellung des Klagebegehrens eine unzulässige Klagsänderung gelegen sei. Hiezu ist zu bemerken, daß das Begehren der Löschungsklage wohl auf Unwirksamerklärung der bekämpften Eintragung und deren Löschung, nicht aber auf die Einwilligung in die Einverleibung der Löschung zu richten ist (SZ 48/111; RZ 1988/29), doch darf nach der mit der herrschenden Lehre (Fasching III 646) übereinstimmenden ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sowohl das Erstgericht als auch ein Gericht höherer Instanz (RPflSlgG 1757 mwN, SZ 48/111, RZ 1988/29) dem Sachantrag des Klägers im Urteilsspruch eine deutlichere Fassung geben, selbst wenn es damit vom Wortlaut des Klagebegehrens abweicht. Schon aus dem Klageschriftsatz ergibt sich, daß Gegenstand der Klage (auch) die "Unwirksamerklärung und Löschung einer Grundbuchseintragung" ist (AS 1) und sich die Klägerin nur in der Formulierung des Klagebegehrens vergriffen hat. Hätte daher eine amtswegige Klarstellung des Klagebegehrens stattfinden können, war die Klägerin umsomehr berechtigt, diese Korrektur von sich aus vorzunehmen. Zutreffend haben daher beide Vorinstanzen das Vorliegen einer Klagsänderung im Sinn des § 235 Abs 1 bis 3 ZPO verneint. Selbst dann, wenn man eine Klagsänderung unterstellte, ist dem Zweitbeklagten entgegenzuhalten, daß das Berufungsgericht mit seinem Beschluß implizit die Zulassung einer Klagsänderung durch das Erstgericht bestätigt hat, wobei dies keines ausdrücklichen Beschlusses bedurfte, weil im Urteil über das "geänderte" Klagebegehren entschieden wurde (MGA ZPO14 § 235/25). Einer weiteren Anfechtung stünde somit die Bestimmung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO entgegen.

Ob der hilfsweise erhobenen Irrtumsanfechtung der Verjährungseinwand entgegengehalten werden kann, ist im Rahmen des Rekurses nicht zu prüfen, weil ein solcher im Verfahren erster Instanz nicht erhoben wurde und daher vom Neuerungsverbot umfaßt ist.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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  • RS0014803OGH Rechtssatz

    23. Januar 2018·3 Entscheidungen

    Maßgebend dafür, ob ein Feststellungsbegehren oder ein Rechtsgestaltungsbegehren vorliegt, ist, welchen Ausspruch des Gerichtes der Kläger im Zusammenhalt mit seinem Sachvorbringen nach dessen Sinngehalt verlangt. Demgemäß hat die neuere Rechtsprechung des OGH bei Geltendmachung von Willensmängeln (§§ 870 ff ABGB) zwar überwiegend die rechtsgestaltende Natur dieser Ansprüche betont (so etwa in SZ 42/25; 5 Ob 299/70; 3 Ob 57/72; 6 Ob 85/72; 8 Ob 15/72), dennoch aber auch Klagebegehren, die auf "Feststellung der Nichtigkeit" oder "Feststellung der Unwirksamkeit" des jeweiligen Vertrages gerichtet waren, entweder überhaupt nicht beanstandet (so 5 Ob 299/70; 1 Ob 270/71; 3 Ob 57/72) oder aber sie von Amts wegen modifiziert (so SZ 42/25; 8 Ob 15/72). Die gleichen Grundsätze müssen aber auch für die Vertragsaufhebung wegen laesio enormis gelten. Auch wenn dieser Klagegrund richtigerweise mit einem Begehren auf rechtsgestaltende Aufhebung des Vertrages durch das Gericht geltend zu machen ist, bestehen doch keine Bedenken, ein unter Berufung auf § 934 ABGB erhobenes Feststellungsbegehren nicht seinem Wortlaut, sondern seinem Inhalt nach als Rechtsgestaltungsbegehren aufzufassen und es gegebenenfalls von Amts wegen - auch noch in höherer Instanz (vgl dazu ÖBl 1972,152 ua) - entsprechen neu zu formulieren. Dass der Kläger - zum Unterschied von den genannten Beispielen - nicht die Feststellung der Nichtigkeit, der Unwirksamkeit oder der Ungültigkeit des Vertrages begehrt, sondern auf Feststellung des Nichtzustandekommens einer solchen Vereinbarung geklagt hat, kann ihm nicht schaden, wenn aus seinem Klagevorbringen deutlich hervorgeht, dass es ihm für den Fall der Annahme des Zustandekommens der Kaufvereinbarung durch das Gericht auch hier allein auf den Ausspruch der Unverbindlichkeit dieser Abmachung und damit auf die rückwirkende Beseitigung ihrer schon eingetreten Rechtsfolgen ankommt.