JudikaturJustiz1Ob6/97g

1Ob6/97g – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Mai 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef T*****, vertreten durch Dr.Hildegard Hartung, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17 19, und 2. Stadt Wien, vertreten durch Dr.Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 55.000, - sA, infolge von Revisionen der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21.Oktober 1996, GZ 14 R 121/96h 42, womit infolge Berufungen aller Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 14.März 1996, GZ 31 Cg 23/93t 32, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der Revision der erstbeklagten Partei wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren gegen erstbeklagte Partei abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 36.795,60 (darin S 280, - Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

II. Der Revision der zweitbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß es zu lauten hat:

„Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 55.000, - samt 4 % Zinsen seit 29.4.1993 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, die zweitbeklagte Partei sei auch schuldig, der klagenden Partei weitere S 4.000, - samt 4 % Zinsen seit 29.4.1993 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen, wird abgewiesen.“

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 40.375,76 (darin S 6.682,64 USt, S 280, - Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger wurde aufgrund gerichtlichen Haftbefehls am 20.7.1988 in Wien vor seinem Wohnhaus von Sicherheitswachebeamten der Bundespolizeidirektion verhaftet. Die einschreitenden Beamten durchsuchten, legitimiert durch gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehl, unter anderem in Anwesenheit des Klägers dessen vor dem Haus geparkten PKW Marke BMW und sicherten diesen sodann durch Anbringung einer Sperrkette, deren Schlüssel im zuständigen Wachzimmer verwahrt wurde. Bei Einlieferung des Klägers in das Gefangenenhaus am 22.7.1988 wurden die zum Fahrzeug gehörenden Papiere (Zulassungsschein, Steuerkarte und Versicherungskarte) zu den Depositen des Klägers genommen.

Mit Urteil vom 25.10.1988 wurde der Kläger wegen verschiedener Betrugs und Diebstahlsdelikte zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren, von der ein Teil im Ausmaß von 17 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, rechtskräftig verurteilt. Mit Brief vom 11.11.1988 ersuchte der mittlerweile in Strafhaft genommene Kläger um Freigabe seines PKWs und verschiedener anderer Gegenstände. In diesem Zeitpunkt war das Fahrzeug weiterhin mit der Sperrkette gegen unbefugte Inbetriebnahme gesichert und befand sich nach wie vor auf seinem ursprünglichen Aufstellungsplatz. Weder das Strafgericht noch das zuständige Bezirkspolizeikommissariat, das den Schlüssel zur Sperrkette weiterhin in Verwahrung hatte, traf über den PKW irgendwelche Verfügungen.

Im Sommer 1988 hatte der Kläger letztmals die Versicherungsprämie für seinen PKW bezahlt. Am 6.12.1988 erstattete daher der Haftpflichtversicherer Anzeige gemäß § 61 Abs 3 KFG an das Verkehrsamt über den Ablauf des Versicherungsschutzes. Am 12.1.1989 wurde dem Kläger der Bescheid über die Aufhebung der Zulassung seines Kraftfahrzeugs mit der Aufforderung zugestellt, die Kennzeichentafeln samt Zulassungsschein bei der Behörde abzugeben. Der Kläger reagierte darauf nicht. Bereits seit 26.11.1988 war dem Kläger ein Bewährungshelfer beigegeben worden.

Am 6.2.1989 nahmen Polizeibeamte die Kennzeichen vom PKW ab. Am 14.2.1989 wurde das Kraftfahrzeug von Organen der Zweitbeklagten abgeschleppt. Der Kläger wurde mittels Anschlages an der Amtstafel am 15.2.1989, der am 2.3.1989 abgenommen wurde, aufgefordert, das Kraftfahrzeug binnen zwei Wochen ab dem Tag des Anschlags abzuholen. Während dieser Zeit befand sich der Kläger in Haft. Nach ergebnislosem Verstreichen einer Frist von sechs Monaten nahm die Zweitbeklagte den Eigentumsübergang gemäß § 89a Abs 6 StVO an und ließ das Fahrzeug am 6.9.1989 im Dorotheum versteigern.

Die Strafhaft des Klägers endete am 20.2.1989. Der Kläger wurde unmittelbar danach zur Verbüßung einer 14tägigen Verwaltungsstrafe in das Polizeigefangenenhaus überstellt. Dort wurde ihm der Beschluß vom 9.2.1989 zugestellt, mit dem die Ausfolgung eines Teils der beschlagnahmten Gegenstände nicht aber des PKWs - an den Geschädigten verfügt wurde. Mit Beschluß vom 19.4.1989 ordnete das Strafgericht die Ausfolgung der Kraftfahrzeugschlüssel an den Kläger an. Dieser Beschluß wurde durch Hinterlegung bei dem für die ehemalige Wohnung des Klägers zuständigen Postamt zugestellt.

Ab 15.10.1989 war der Kläger neuerlich in Haft. Nach der Entlassung am 10.5.1991 erfuhr er, daß sein PKW von der Zweitbeklagten durch Versteigerung verwertet worden war. Der Zeitwert des PKWs betrug im Juli 1988, dem Zeitpunkt der vorläufigen Sicherstellung, S 55.000, .

Mit seiner am 29.4.1993 beim Erstgericht eingelangten Amtshaftungsklage begehrte der Kläger zuletzt, beide Beklagte zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 59.000, - sA schuldig zu erkennen. Die Sicherstellung des PKWs durch Organe der Erstbeklagten sei zu Unrecht erfolgt, weil das Fahrzeug vom Kläger ordnungsgemäß angekauft worden sei und keinerlei Bezug zu den schließlich zur Verurteilung führenden Straftaten bestanden habe. Trotz Antrags des Klägers seien ihm die Autoschlüssel vom Strafgericht nicht ausgefolgt worden. Auch das zuständige Bezirkspolizeikommissariat habe die notwendigen Veranlassungen nicht getroffen. Das Fahrzeug sei sodann von Organen der Zweitbeklagten abgeschleppt worden. Die im § 89a Abs 5 StVO vorgeschriebene Verständigung des Zulassungsbesitzers sei lediglich durch Anschlag an der Amtstafel erfolgt, obwohl sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt in Haft befunden habe. Es sei somit keine ordnungsgemäße Verständigung des Klägers erfolgt und sei zudem kein Grund für die Annahme vorgelegen, der Kläger habe sich seines Fahrzeugs entledigen wollen. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 89a Abs 2 StVO sei daher der Eigentumsübergang an die Zweitbeklagte nicht erfolgt. Der PKW sei durch die von der Polizei angelegte Kette gesichert gewesen, welchen Umstand die Organe der Zweitbeklagten nicht beachtet und es unterlassen hätten, daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.

Die Erstbeklagte wendete gegen den Anspruch des Klägers Verjährung ein und hielt ihm überdies entgegen, daß er es unterlassen habe, die Erledigung seines Ausfolgungsersuchens zu urgieren (§ 2 Abs 2 AHG). Organe der Erstbeklagten hätten kein für den Schaden des Klägers kausales Verhalten gesetzt.

Die Zweitbeklagte brachte gegen den Anspruch vor, daß sie das Verfahren nach § 89a StVO korrekt abgewickelt habe. Das Eigentum am PKW sei dadurch mit 2.5.1989 auf sie übergegangen. Die Versteigerung im Dorotheum habe einen Erlös von S 7.200, - erbracht, wodurch die Abschlepp und Verwahrungskosten abgedeckt worden seien.

Das Gericht erster Instanz erkannte die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger S 27.500, - sA zu bezahlen und wies das Mehrbegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Sicherstellung und Beschlagnahme nach § 143 StPO sei im Hinblick auf den Verdacht, daß das Fahrzeug dem Einziehungsverfahren gemäß § 26 StGB unterliege, geboten gewesen. Die Absicherung des Fahrzeuges mittels Sperrkette sei daher durch Organe der Erstbeklagten in Vollziehung der Gesetze erfolgt. Der Erstbeklagten sei dabei die Stellung eines Verwahrers nach § 1425 ABGB zugekommen. Durch das Abstellen des Fahrzeugs auf einer öffentlichen Straße habe sie ihre Verwahrerpflichten verletzt. Wäre das Fahrzeug auf einem nicht allgemein zugänglichen Ort verwahrt worden, wäre es nicht zum Abschleppen durch Organe der Zweitbeklagten gekommen. Auch die Verwertung des PKWs durch die Zweitbeklagte sei rechtswidrig erfolgt. Im Zeitpunkt der Abstellung des PKWs seien die Voraussetzungen zu dessen Entfernung noch nicht vorgelegen und sei auch dem Inhaber der bevorstehende Eintritt dieser Voraussetzungen nicht bekannt gewesen. Damit sei es aber gemäß § 89a Abs 6 StVO nicht zum Eigentumsübergang auf die Zweitbeklagte gekommen, weshalb dieser die Berechtigung gemangelt habe, das Fahrzeug zu verwerten. Den Kläger treffe jedoch ein Mitverschulden am Zustandekommen des Schadens. Zumindest nach seiner ersten Enthaftung hätte er die Möglichkeit gehabt, sich um den Verbleib seines Fahrzeugs zu kümmern. Insbesondere hätte der Kläger nach Zustellung des Bescheids über die Aufhebung der Zulassung geeignete Schritte unternehmen müssen, um sich über den Verbleib seines Fahrzeugs zu informieren. Dieses Mitverschulden sei mit 50 % des Gesamtschadens zu bewerten. Der Schadenersatzanspruch des Klägers sei nicht verjährt, weil ihm der Schaden im Sinne des § 6 Abs 1 AHG erst nach seiner zweiten Enthaftung am 10.5.1991 bekannt geworden sei.

Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses Urteil dahin ab, daß es die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Betrags von S 55.000, - sA schuldig erkannte und das Mehrbegehren von S 4.000, - sA abwies. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte zur Rechtsrüge aus, der Kläger sei durch den öffentlich rechtlichen Hoheitsakt der Beschlagnahme seines PKWs von der Sorge für diesen ausgeschlossen worden. Ab dem Zeitpunkt der Beschlagnahme hätten die Erstbeklagte alle Pflichten eines Verwahrers getroffen. Jedenfalls ab Abnahme der Kennzeichen hätten die Organe der Erstbeklagten den PKW nicht mehr auf der Straße belassen dürfen, weil sie mit dessen Entfernung nach den Bestimmungen der StVO durch Organe der Zweitbeklagten hätten rechnen müssen. Der Haftung der Erstbeklagten stehe auch nicht der Einwand der Verjährung entgegen, weil der Kläger bis zu seiner Enthaftung am 10.5.1991 davon ausgegangen sei, daß sein PKW von der Erstbeklagten verwahrt werde. Vor diesem Zeitpunkt seien dem Kläger keine Umstände bekannt gewesen, aus denen er auf die eng verflochtenen Ursachenzusammenhänge zwischen der Sicherstellung des Fahrzeugs einerseits und dessen unzulässiger Verwertung andererseits habe schließen müssen. Auch die Zweitbeklagte hafte nach den Bestimmungen des AHG. Die nachträgliche Kennzeichenabnahme ohne Kenntnis des Zulassungsbesitzers schließe die Vermutung des § 89a Abs 2 lit a StVO aus, der Zulassungsbesitzer habe sich seines PKWs entledigen wollen. Die Zweitbeklagte habe zudem aufgrund der am Fahrzeug angebrachten Sperrkette auf die mangelnde Verfügungsgewalt des Zulassungsbesitzers schließen müssen. Auch sei es gesetzwidrig gewesen, dem damals in Wien in Haft befindlichen Kläger die Aufforderung zur Übernahme des PKWs durch Anschlag an der Amtstafel zuzustellen. Die Versteigerung sei daher schuldhaft rechtswidrig durchgeführt worden. Dem Kläger sei ein Mitverschulden nicht anzulasten. Dem Amtshaftungskläger könne, solange nicht konkreter Anlaß zu Zweifeln an der korrekten Vollziehung der Gesetze bestehe, sein Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Vollziehung nicht zum Vorwurf gemacht werden. Durch die Beschlagnahme sei das Fahrzeug der Obhut des Klägers entzogen worden. Er habe daher auch keine Vorkehrungen für die Verwahrung des PKWs treffen müssen und sei nicht verpflichtet gewesen, eine bestimmte Form der Verwahrung zu fordern. Auch nach Erhalt der Mitteilung über die Kennzeichenabnahme habe der Kläger nicht damit rechnen müssen, daß einerseits die Erstbeklagte ihren Pflichten als Verwahrer nicht nachkomme und andererseits die Zweitbeklagte ohne Rücksicht auf die gegen die Vermutung des § 89a Abs 2 lit a StVO sprechenden Umstände den PKW versteigern lasse.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Revision der Erstbeklagten kommt Berechtigung zu; jene der Zweitbeklagten ist nicht berechtigt.

A. Zur Revision der Erstbeklagten:

In der Regel darf eine zur Beweissicherung dienende Beschlagnahme im Sinne des § 98 StPO gemäß der Vorschrift des § 140 Abs 3 StPO, die sinngemäß nicht nur für die Durchsuchung selbst, sondern auch für die Beschlagnahme der hiebei gefundenen Gegenstände Geltung hat, nur kraft eines mit Gründen versehenen richterlichen Befehls unternommen werden. Unter den Voraussetzungen des § 141 Abs 1 und Abs 2 StPO können allerdings Organe der Sicherheitsbehörde auch aus eigener Macht ohne richterlichen Befehl Hausdurchsuchungen und somit gemäß § 143 StPO auch Beschlagnahmen vorbehaltlich ihrer Bescheinigung durchführen. Der ohne richterliche Anordnung erfolgten Beschlagnahme kommt jedoch nur provisorische Bedeutung zu. Sie bedarf, wie sich aus § 98 StPO ergibt, einer richterlichen Anordnung, durch die die gefundenen Gegenstände in gerichtliche Verwahrung oder doch unter gerichtliche Obhut oder in Beschlag genommen werden, um prozessual wirksam zu sein. Bis dahin hat sie nur den Charakter einer vorläufigen polizeilichen Sicherstellung (EvBl 1948/473; Mayerhofer , StPO 4 , 463; Foregger/Kodek , StPO 6 , 193). Diese vorläufige Beschlagnahme stellt sich als faktische Amtshandlung dar (VfGH ÖJZ 1962, 278). Auch sogenannte faktische Amtshandlungen erfolgen in Vollziehung des Gesetzes im Sinne des § 1 Abs 1 AHG und können daher Amtshaftungsansprüche begründen ( Schragel , AHG 2 Rz 77).

Die Beschlagnahme von Gegenständen nach § 143 StPO dient entweder der Sicherung der Vollstreckung von Verfall und Einziehung oder Beweiszwecken („... die für die Untersuchung von Bedeutung sein können ...“), somit der Sicherstellung der im § 98 Abs 2 erster Satz StPO beispielsweise aufgezählten Gegenstände, die im Strafverfahren zu Beweiszwecken benötigt werden. Dazu zählen Instrumente, Werkzeuge oder Produkte (einschließlich der Beutestücke) des Verbrechens und andere Augenscheinsgegenstände ( Bertel , Grundriß des österreichischen Strafprozeßrechtes 3 Rz 422; SZ 66/77 mwH). Aus den Angaben des Klägers im Strafakt (AS 175 ff) ergibt sich, daß er den hier zu beurteilenden PKW mit Geldmitteln aus der Beute eines Einbruchsdiebstahls gekauft hat und das Fahrzeug in der Folge zu Fahrten zu Einbruchsobjekten benützte. Bei der Durchsuchung des Fahrzeugs wurde zudem verschiedenes Einbruchswerkzeug aufgefunden. Bei dieser Sachlage erscheint die Rechtsansicht der Sicherheitsbehörde, der PKW könne im Strafverfahren zu Beweiszwecken benötigt werden und sei daher gemäß § 143 StPO sicherzustellen, zumindest vertretbar, weshalb diese Amtshandlung einen Amtshaftungsanspruch gegen die Erstbeklagte nicht zu begründen vermag.

Der Kläger stützt seinen Anspruch aber auch darauf, daß weder das Strafgericht noch die zuständige Sicherheitsbehörde trotz seines Antrags auf Herausgabe des PKWs und der zum Fahrzeug gehörenden Schlüssel rechtzeitig die notwendigen Veranlassungen getroffen habe. Ein rechtswidriges Organhandeln kann auch in einer Unterlassung liegen, wenn eine Pflicht des Organs zum Tätigwerden bestand und pflichtgemäßes Handeln den Schadenseintritt verhindert hätte (SZ 55/161; SZ 59/68; EvBl 1988/140; EvBl 1993/57). Eine Unterlassung ist für den konkreten Schadenserfolg nur dann ursächlich, wenn die Vornahme einer bestimmten Handlung (hier die Ausfolgung der Autoschlüssel durch das Gericht und die Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme des PKWs durch die Sicherheitsbehörde) den Eintritt des schädigenden Erfolgs verhindert hätte und diese Handlung auch möglich gewesen wäre. Die Kausalität ist somit zu verneinen, wenn derselbe Nachteil auch bei pflichtgemäßem Tun entstanden wäre (SZ 56/181; SZ 59/93; EvBl 1993/57; JBl 1993, 320; ZVR 1996/96; Koziol , Österreichisches Haftpflichtrecht 2 I 60). Die Haftung für eine vorwerfbare Unterlassung entfällt daher dann, wenn der Nachteil auch bei pflichtgemäßem Tun eingetreten wäre. Die Beweislast dafür, daß bei gebotenem Verhalten der Schaden nicht eingetreten wäre, trifft den Geschädigten (SZ 56/181; RdW 1987, 96; EvBl 1993/57; ZVR 1996/96).

Nach den Feststellungen befand sich der Kläger bis Anfang März 1989 und sodann wieder ab Mitte Oktober 1989 in Haft. Die Verständigung von der Aufhebung der Zulassung hatte den Kläger bereits Anfang Dezember 1988 erreicht. Das Fahrzeug wurde sodann Mitte Februar 1989 abgeschleppt und Anfang September 1989 versteigert. Der Kläger verfügte offenkundig nicht über Mittel, um die Prämien der Haftpflichtversicherung bezahlen zu können. Vielmehr war er in der Zeit seiner Haft nicht einmal in der Lage, die Miete für seine Wohnung zu bezahlen, sodaß er seine Mietrechte verlor. Der Kläger hat im Verfahren nicht einmal vorgebracht, er hätte bei pflichtgemäßem Handeln der Organe der Erstbeklagten die Aufhebung der Zulassung und die Abnahme der Kennzeichen verhindern können. Dies hätte er aber behaupten und unter Beweis zu stellen gehabt, um die Kausalität der Unterlassung darzutun (vgl den ähnlich gelagerten Fall des Kursverlusts widerrechtlich beschlagnahmter Forintbeträge in SZ 64/129).

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann der der Entscheidung 1 Ob 2083/96x zugrundeliegende Sachverhalt mit dem hier zu entscheidenden nicht verglichen werden. Anders als dort war dem Kläger nämlich bekannt, daß der PKW auf einer öffentlichen Straße sichergestellt und dort belassen wurde. Er konnte somit nicht damit rechnen, das Fahrzeug werde an einen anderen - geeigneteren Verwahrungsort verbracht werden. Er war daher durch den hoheitlichen Akt der vorläufigen Sicherstellung des PKWs der Sorge für das Fahrzeug zumindest soweit nicht enthoben, als er die außerhalb der Ingerenz der Behörde liegenden Voraussetzungen für die Möglichkeit der Weiterbelassung des Fahrzeugs auf öffentlicher Straße dessen aufrechte Zulassung zu gewährleisten hatte.

In Stattgebung der Revision ist das angefochtene Urteil daher in Ansehung der Erstbeklagten dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen wird.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.

B. Zur Revision der Zweitbeklagten:

Gemäß § 89a Abs 2 lit a StVO ist unter anderem bei einem Gegenstand, bei dem zu vermuten ist, daß sich dessen der Inhaber entledigen wollte sowie bei einem ohne Kennzeichentafeln abgestellten Kraftfahrzeug oder Anhänger die Entfernung ohne weiteres Verfahren zu veranlassen. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut rechtfertigt seit der 14.StVO Novelle BGBl 1987/213 schon der bloße Umstand, daß an einem Kraftfahrzeug keine Kennzeichentafeln angebracht sind, seine Entfernung (VwGH in ZVR 1994/8). Darauf, ob sich der Besitzer des Fahrzeugs dessen entledigen wollte, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Gemäß § 89a Abs 5 StVO hat die Behörde innerhalb einer Frist von einer Woche nach dem Entfernen des Fahrzeugs den Eigentümer aufzufordern, den Gegenstand innerhalb einer Frist von sechs Monaten, gerechnet vom Tag der Zustellung, zu übernehmen. Die Bestimmung des § 29 AVG 1950 (jetzt § 25 ZustG) über die Zustellung an Personen, deren Wohnung unbekannt ist, gilt sinngemäß, wenn die Person, an die die Aufforderung zu richten wäre, nicht festgestellt werden kann. Nach fruchtlosem Verstreichen der gesetzten Frist geht gemäß Abs 6 der genannten Gesetzesstelle das Eigentum am entfernten Gegenstand auf den Erhalter jener Straße über, von der der Gegenstand entfernt worden ist. Ein Eigentumsübergang im Sinn der zuletzt genannten Gesetzesstelle tritt somit nur dann ein, wenn eine gültige, den Mindesterfordernissen des § 89a Abs 5 StVO genügende Übernahmsaufforderung erfolgte und die ab rechtmäßiger Zustellung zu rechnende Abholfrist ungenützt verstrichen ist (VfGH in ZfVB 1987/939). Die Zustellung der Übernahmsaufforderung durch Anschlag an der Amtstafel (§ 25 ZustG) ist nur dann rechtmäßig, wenn die Feststellung des Adressaten ergebnislos versucht worden ist. Eine der Möglichkeiten zur Feststellung des Eigentümers ergibt sich aus der Bestimmung des § 89a Abs 4 StVO, wonach von der Entfernung des Gegenstands sowohl die dem Ort der bisherigen Aufstellung am nächsten gelegene als auch die hiefür örtlich zuständige Polizei oder Gendarmeriedienststelle unverzüglich zu verständigen ist. Diese Dienststellen haben alle die Verbringung betreffenden Auskünfte zu erteilen. Es kommt daher im Ergebnis nicht auf die vom Erstgericht nicht ausdrücklich getroffene Feststellung, daß die Sicherungskette im Zeitpunkt des Abschleppens noch am Auto vorhanden gewesen sei, an, weil, selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, jedenfalls durch eine entsprechende Rückfrage die Tatsache der behördlichen Sicherstellung von den Organen der Zweitbeklagten hätte in Erfahrung gebracht werden können. Ebenso wie auch über die am Fahrzeug angebrachte Begutachtungsplakette (§ 57a KFG) wäre somit auf diesem Weg der Kläger ohne erhebliche Schwierigkeiten als Zulassungsbesitzer auszuforschen gewesen. Daß das Gesetz bei nicht mehr zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen (§ 44 Abs 1 lit b KFG) die Verständigung des Eigentümers fordert, macht die beschriebene Rückfrage nicht entbehrlich, weil über den Zulassungsbesitzer im allgemeinen auch der Eigentümer festgestellt werden kann. Durch ein Vorgehen gemäß § 89a StVO wird massiv in Eigentumsrechte dritter Personen eingegriffen. In einem derartigen Fall ist ein hoher Sorgfaltsmaßstab an das schließlich zum Eigentumsverlust (§ 89a Abs 6 StVO) führende Vorgehen der einschreitenden Behörde anzulegen. Der Anschlag an der Amtstafel kann daher nur dann als rechtmäßiger Zustellvorgang beurteilt werden, wenn alle zumutbarerweise anzuwendenden Mittel zur Feststellung des Eigentümers ausgeschöpft sind.

Die Zweitbeklagte hat im Verfahren gar nicht vorgebracht, daß sie den Versuch gemacht hätte, den Eigentümer etwa durch die gesetzlich vorgeschriebene Rückfrage bei der zuständigen Polizeidienststelle zu eruieren. Sie hat sich ausschließlich darauf berufen, daß sie die Zustellung durch Anschlag bewirkt habe, was aber wie bereits dargestellt allein nicht ausreicht, um die Rechtmäßigkeit des Eigentumsübergangs zu begründen. Ihre Organe haben daher gegen die als Schutzgesetz zu wertende Bestimmung des § 89a Abs 5 StVO letzter Satz und die sich daraus ergebende Pflicht. vor Durchführung des Ediktalverfahrens die Feststellung des Eigentümers zu versuchen, verstoßen. Das schuldhaft rechtswidrige Handeln der Organe der Zweitbeklagten begründet ihr gegenüber einen Amtshaftungsanspruch des Klägers.

Nach ständiger Rechtsprechung kann auch im Amtshaftungsrecht dem Geschädigten vom Rechtsträger ein Mitverschulden eingewendet werden (SZ 64/126; ZVR 1992/57; ÖBA 1996, 962). Das Mitverschulden im Sinne des § 1304 ABGB wird durch die für den Schadenseintritt kausale Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern begründet und kann auch in vorwerfbarer Untätigkeit liegen (SZ 54/85; SZ 64/126; SZ 67/126). Allerdings gilt auch für das Amtshaftungsverfahren der Grundsatz, daß ein Mitverschulden nicht auch von Amts wegen wahrzunehmen ist. Den Schädiger trifft die Behauptungs und Beweislast. Er hat das Mitverschulden im Verfahren erster Instanz einzuwenden (EvBl 1958/41; ZVR 1960/233; ZVR 1989/108; ZVR 1991/128). Da dem Vorbringen der Zweitbeklagten auch bei weitherzigster Auslegung ein Mitverschuldenseinwand nicht entnommen werden kann, muß auf die Frage, inwieweit sich der Kläger zumindest nach Zustellung des Bescheids über die Aufhebung der Zulassung in eigenen Angelegenheiten sorglos gezeigt hat, nicht näher eingegangen werden.

Der Revision der Zweitbeklagten ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

Rechtssätze
14