JudikaturJustiz14Os118/21s

14Os118/21s – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Januar 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Jänner 2022 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Frank in der Strafsache gegen * B* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 2, 15, 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten B* und * G* sowie die (nur den Angeklagten * Y* betreffende) Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 24. Juni 2021, GZ 602 Hv 3/21s 128, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B* werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in Punkt III des Schuldspruchs, demgemäß auch im den Angeklagten B* betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie der diesem Schuldspruch zugrunde liegende – ansonsten gleichfalls unberührt bleibende – Wahrspruch (zur Hauptfrage 2), aufgehoben und die Sache insoweit an das Landesgericht für Strafsachen Wien zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B* wird im Übrigen, jene des Angeklagten G* zur Gänze zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte B* auf diese Entscheidung verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten G* werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten B* und G* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden – soweit hier von Bedeutung – * B* und * G* je eines Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 und 3 dritter und vierter Fall StGB (I) sowie des Mordes und zwar Ersterer nach §§ 2, 15, 75 StGB (III), Letzterer nach §§ 15, 75 StGB (II) schuldig erkannt.

[2] Danach haben am 12. Juli 2020

I/ B* und G* im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) mit einem weiteren Angeklagten * F*, als diese sich aufgrund einer hochgradigen Mischintoxikation durch die Einnahme von Alkohol, Kokain und Amphetaminen in einem Zustand tiefgreifender Bewusstseinsstörung befand, somit eine wehrlose Person, unter Ausnützung dieses Zustandes dadurch missbraucht, dass sie mit ihr den Beischlaf und dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen vornahmen, indem sie sie über mehrere Stunden digital penetrierten, an ihr mehrfach abwechselnd den vaginalen, analen und oralen Geschlechtsverkehr vornahmen und sie dazu verleiteten, den oralen Geschlechtsverkehr an ihnen vorzunehmen, wobei G* ihr zudem gewaltsam einen Schraubenzieher mit dem spitzen Ende voran über die gesamte Länge der Scheide und eine Zange einführte, die drei Angeklagten sie im Anschluss erneut (vaginal) penetrierten und die Missbrauchte durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzten und in besonderer Weise erniedrigten, indem sie ihr ins Gesicht und auf den Kopf ejakulierten;

II/ G* F* durch das zu I/ genannte gewaltsame Einführen eines Schraubenziehers mit dem spitzen Ende voran über die gesamte Länge der Scheide und einer Zange zu töten versucht;

III/ B* F* dadurch zu töten versucht, dass er es unterließ, ihr die zur Abwendung des Todes erforderliche, auf Grund der massiven vaginalen Blutung erkennbar notwendige und geeignete ärztliche Hilfe zukommen zu lassen, obwohl er zufolge seines zu I/ genannten, gefahrbegründenden Vorverhaltens rechtlich in besonderer Weise dazu verpflichtet war.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richten sich von den Angeklagten B* aus Z 4, 6, 8, 9, 10a und 11 lit a sowie G* aus Z 4, 6 und 8, jeweils des § 345 Abs 1 StPO, ergriffene Nichtigkeitsbeschwerden. Nur Erstere ist teilweise berechtigt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B*:

[4] Die Verfahrensrüge (Z 4) moniert das Unterbleiben einer (vollständigen) Verlesung der an die Geschworenen gerichteten Fragen nach § 310 Abs 1 zweiter Satz StPO. Nach dem rechtskräftig mit Beschluss vom 11. August 2021 (ON 144 [vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 312 mwN]) berichtigten Protokoll über die Hauptverhandlung trug der Vorsitzende die Fragen „teilweise zusammenfassend vor, indem er bei gleichlautenden Fragen zu mehreren Angeklagten diese Fragen nur einmal“ verlas „und bei den anderen Angeklagten unter Bezeichnung der jeweiligen Frage lediglich darauf“ verwies, „dass sie gleichlautend mit der zuvor bereits verlesenen lautet, jedoch den namentlich bekannt gegebenen Angeklagten betrifft“ (ON 127 S 31). Solcherart ist unzweifelhaft erkennbar, dass die – Nichtigkeit begründende (§ 345 Abs 1 Z 4 StPO) – Formverletzung keinen nachteiligen Einfluss auf die den Beschwerdeführer betreffende Entscheidung üben konnte (§ 345 Abs 3 StPO). Bei diesem handelt es sich nämlich um den Erstangeklagten, weshalb nach der oben wiedergegebenen Formulierung davon auszugehen ist, dass in Bezug auf ihn gestellte Fragen zur Gänze verlesen und lediglich bei den anderen Angeklagten auf die „gleichlautenden“, jeweils zuvor verlesenen Fragen verwiesen wurde. Solcherart kommt eine – von § 310 Abs 1 zweiter Satz StPO in Zusammenschau mit § 340 Abs 2 StPO geschützte (eingehend 13 Os 48/21i; vgl RIS-Justiz RS0133693) – Beeinträchtigung der Kontrollfunktion der Öffentlichkeit hinsichtlich des Beschwerdeführers von vornherein nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0100398).

[5] Der weiteren Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde die Ton- und Bildaufnahme über die kontradiktorische Vernehmung der Zeugin F* rechtens in der Hauptverhandlung vorgeführt (ON 127 S 28). Denn nach der Belehrung, die kontradiktorische Vernehmung diene dazu, dass die Zeugin bei einer allfälligen Hauptverhandlung nicht noch einmal erscheinen müsse, antwortete sie auf die anschließende Frage, „wollen Sie, dass das heute für Sie erledigt ist oder wären Sie bereit noch einmal zu kommen?“, „ich möchte, dass das erledigt ist“ (ON 44 S 3 f). Mangels erkennbarer Bezugnahme des Erstgerichts auf diese Erklärung bei Vornahme der kritisierten Verfahrenshandlung, stellt der erkennende Senat den für deren Beurteilung relevanten Sachverhalt in freier Beweiswürdigung auf jenen Zeitpunkt (der Vorführung der Ton- und Bildaufnahme) bezogen selbst dahin fest (RIS-Justiz RS0118977 [T14]), dass die Zeugin die Inanspruchnahme der Aussagebefreiung auf diese Weise ausreichend und unbedenklich zum Ausdruck brachte (RIS Justiz RS0111315) und (rechtlich) die Voraussetzungen nach § 252 Abs 1 Z 2a StPO vorlagen. Einen Antrag auf ergänzende Vernehmung der Zeugin stellte der Beschwerdeführer nicht (vgl RIS-Justiz RS0128501 [T2]), weshalb auf das weitere Vorbringen, der „Vorwurf des angeblichen Mordversuchs“ sei nicht Gegenstand der kontradiktorischen Vernehmung gewesen, schon aus diesem Grund nicht einzugehen war (vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0110798; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 233).

[6] Die Fragenrüge (Z 6) zeigt mit ihrer Kritik kein nach allgemeiner Lebenserfahrung ernst zu nehmendes Indiz für die Stellung einer „Zusatzfrage nach § 11 StGB“ auf (vgl aber RIS-Justiz RS0100860 [T1]). Die bloße Bezugnahme auf die Aussage des Beschwerdeführers, er sei (zur Tatzeit) durch den Konsum von Drogen und Alkohol „beeinträchtigt“ gewesen (ON 122 S 43 und 48), lässt nämlich – abgesehen davon, dass er selbst damit Zurechnungsunfähigkeit nicht andeutete – den gebotenen Konnex mit seiner im Sinnzusammenhang stehenden Verantwortung, die eine detaillierte Schilderung des Tatgeschehens ohne erkennbare Erinnerungslücken enthielt, außer Acht (vgl aber RIS-Justiz RS0117447 [T2], RS0120766 [T6]).

[7] In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO).

[8] Im Recht ist jedoch die Instruktionsrüge (Z 8) mit dem zu Punkt III des Schuldspruchs erhobenen Einwand, die Geschworenen seien nicht ausreichend über die Voraussetzungen einer Begehung durch Unterlassen (§ 2 StGB) belehrt worden. Neben einer Passage zur sich (hier insbesondere von Bedeutung) aus dem Ingerenzprinzip ergebenden Erfolgsabwendungspflicht enthält die schriftliche Instruktion zur subjektiven Tatseite bloß einen Hinweis darauf, dass „nur vorsätzliches Unterlassen“ strafbar sei, bedingter Vorsatz genüge, wenn „der gesetzliche Tatbestand des entsprechenden Begehungserfolgsdelikts keine andere Vorsatzform“ fordere und „der Vorsatz des Unterlassenden“ im „Entschluss untätig zu bleiben“ bestehe (S 14 der Beilage ./B zu ON 127). Solcherart blieb – wie der Beschwerdeführer zutreffend moniert – die Aufklärung der Geschworenen zu den spezifisch sich aus § 2 StGB ergebenden Vorsatzerfordernissen irreführend unvollständig (vgl RIS Justiz RS0119071). Der Vorsatz des Unterlassungstäters muss sich nämlich auch auf das Vorliegen der tatbestandsmäßigen Situation und die Möglichkeit einer eigenen erfolgsabwendenden Handlung beziehen sowie die eigene Garantenstellung umfassen (RIS Justiz RS0089546; Hilf in WK 2 StGB § 2 Rz 135; E. Steininger , SbgK § 2 Rz 109; [zum notwendigen Umfang einer darauf bezogenen Rechtsbelehrung] 11 Os 23/83; vgl auch [zu irreführender Unvollständigkeit] 14 Os 24/08y; Świderski , WK-StPO § 321 Rz 10/1). Ebenso im Recht ist der Einwand fehlender Belehrung zum Gleichwertigkeitskorrektiv des § 2 StGB ([zur Anwendbarkeit bei sogenannten „reinen Verursachungsdelikten“] vgl 13 Os 141/78; [noch zum StG] RIS-Justiz RS0089302 = JBl 1972, 276; näher dazu Hilf in WK 2 StGB § 2 Rz 127 ff; Birklbauer ebd § 75 Rz 40 f; vgl auch E. Steininger , SbgK § 2 Rz 118 f; Burgstaller/Schütz in WK 2 § 80 Rz 14; Kienapfel/Höpfel/Kert , AT 16 30.20 ff; Fuchs/Zerbes , AT I 11 37/65; [generell gegen eine Anwendbarkeit bei solchen Tatbeständen] Leukauf/Steininger/Stricker , StGB 4 § 2 Rz 33), welches in der schriftlichen Instruktion keine Erwähnung findet.

[9] Da ein dem Beschwerdeführer nachteiliger Einfluss dieser Mängel auf die Entscheidung der Geschworenen nicht auszuschließen ist (RIS-Justiz RS0122334), erfordern sie – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die sofortige Aufhebung des Schuldspruchs zu III sowie des zugrunde liegenden Wahrspruches (zur Hauptfrage 2), demgemäß auch des den Angeklagten B* betreffenden Strafausspruchs (einschließlich der Vorhaftanrechnung), samt Rückverweisung der Sache in diesem Umfang an das Erstgericht bei der nichtöffentlichen Beratung (§§ 285e, 344 StPO).

[10] Darauf war der Beschwerdeführer mit seinem weiteren, auf diesen Schuldspruch bezogenen Vorbringen zu verweisen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten G*:

[11] Zur Kritik der Verfahrensrüge (Z 4) am Unterbleiben einer (vollständigen) Verlesung der an die Geschworenen gerichteten Fragen durch den Vorsitzenden ist zunächst auf die Antwort auf das inhaltsgleiche Vorbringen des Mitangeklagten zu verweisen.

[12] Unter dem Aspekt der Relativität (§ 345 Abs 3 StPO) ist festzuhalten, dass auch bei diesem Angeklagten die Kontrollfunktion der Öffentlichkeit durch die monierte Vorgangsweise nicht beeinträchtigt wurde. Zufolge Verlesung der Hauptfrage 1 und der Eventualfrage 1 (betreffend den Erstangeklagten) sowie den anschließenden Hinweis, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers (neben der offenbar zur Gänze verlesenen Hauptfrage 4) wort- und inhaltsgleiche Fragen (nämlich die Hauptfrage 3 und die Eventualfrage 2) gestellt würden, war deren Inhalt auch für die Öffentlichkeit unmissverständlich klargestellt und die Transparenz des Entscheidungsvorgangs (vgl erneut 13 Os 48/21i) nicht beeinträchtigt. Ein für den Beschwerdeführer nachteiliger Einfluss der – an sich zutreffend aufgezeigten – Formverletzung auf die Entscheidung ist fallbezogen somit auszuschließen.

[13] Der von der Fragenrüge (Z 6) geäußerte Einwand, die Eventualfrage (2) nach der Qualifikation des § 205 Abs 3 erster Fall StGB hätte in Form einer uneigentlichen Zusatzfrage (§ 316 StPO) gestellt werden müssen, macht zunächst nicht deutlich, ob damit eine Zusatzfrage für den Fall der Bejahung der Hauptfrage 3 (nach dem Verbrechen des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 und 3 dritter und vierter Fall StGB) oder der Hauptfrage 4 (nach dem Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB) gemeint ist. Im Übrigen ist diese Frage inhaltlich zugleich – im Verhältnis zur Hauptfrage 4 (vgl [zur Verdrängung auf Verletzungsfolgen abstellender Qualifikationen durch tateinheitlich verwirklichte Tötungsdelikte] RIS-Justiz RS0126577 [T1], RS0092159) – Eventualfrage und – im Verhältnis zur Hauptfrage 3 – uneigentliche Zusatzfrage. Worin die Verletzung der §§ 312 bis 317 StPO durch das Fragenschema bestehe, welches das Wesen dieser Frage mit der Formulierung, sie sei „im Falle der Bejahung der Hauptfrage 3 und Verneinung der Hauptfrage 4“ zu beantworten (S 5 der Beilage ./C zu ON 127), klarstellte, erklärt die Rüge nicht (vgl RIS-Justiz RS0100631, RS0092212; Lässig , WK-StPO § 317 Rz 8).

[14] Die Forderung der weiteren Fragenrüge nach Stellung von Eventualfragen (zur Hauptfrage 4) nach den Verbrechen der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach „§ 85“ StGB oder der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 „Abs 2“ StGB beruft sich lediglich auf Umstände, die nach Ansicht des Beschwerdeführers gegen das Vorliegen eines Tötungsvorsatzes sprächen. Dass er mit Verletzungsvorsatz, gar in der Variante der Absicht, gehandelt habe, behauptet der Beschwerdeführer weder, noch zeigt er (nach gesicherter allgemeiner Lebenserfahrung) in diese Richtung weisende Verfahrensergebnisse auf. Solcherart wird dieses Vorbringen nicht gesetzeskonform ausgeführt (RIS-Justiz RS0100860 [T1]) und entzieht sich demnach einer inhaltlichen Erwiderung. Gleichermaßen fehlt eine Bezeichnung von Verfahrensergebnissen, welche die begehrte Fragestellung mit Blick auf die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 85 Abs 1 (gemeint offenbar: Z 2a) StGB indiziert hätten.

[15] Die Instruktionsrüge (Z 8) führt zum Schuldspruch zu I/ zunächst aus, die Rechtsbelehrung habe (zu § 205 Abs 1 und 3 dritter und vierter Fall StGB) „die objektiven und subjektiven Tatbestandselemente richtig“ erläutert, moniert jedoch das Fehlen von „Ausführungen zu den Ausschlussgründen des Missbrauchs“. Sie legt indes nicht dar, weshalb die schriftliche Rechtsbelehrung entgegen dem gesetzlichen Auftrag (§ 321 Abs 2 StPO) darüber hätte aufklären müssen, in welchen – nach Ansicht des Beschwerdeführers durch bestimmte Verfahrensergebnisse indizierten (vgl aber RIS-Justiz RS0100843, RS0100955; Świderski , WK-StPO § 321 Rz 13) – besonders gelagerten Konstellationen (vgl Philipp in WK 2 StGB § 205 Rz 11; Hinterhofer , SbgK § 205 Rz 42 f [unter anderem mit den Beispielen einer vom Opfer vor dessen tatbildlichem Zustand wirksam gegebenen Einwilligung oder einer Initiative des Opfers zu geschlechtlichen Handlungen bei gleichzeitig fehlender Schutzpflicht des Täters]) ein vom Tatbestand geforderter Missbrauch unter Ausnützung des spezifischen Zustandes nicht vorliege (vgl im Übrigen S 16 f der Beilage ./B zu ON 127 [wo auf die Erfordernisse fehlender Dispositions- oder Diskretionsfähigkeit des Opfers in Bezug auf geschlechtliche Handlungen anhand mehrerer – einzeln angeführter – Konstellationen sowie eines darauf und auf das Ausnützen dieses Zustandes bezogenen Vorsatzes hingewiesen wird]).

[16] Weiters wird zu diesem Nichtigkeitsgrund vorgebracht, die Geschworenen seien missverständlich und unvollständig über die Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage instruiert worden, weil die Belehrung den unrichtigen Eindruck erwecke, Folge der Bejahung der Hauptfragen 3 und 4 (verbunden mit einem Entfall der Eventualfrage 2) sei bloß ein Schuldspruch wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 und 3 dritter und vierter Fall StGB. Sie nimmt jedoch prozessordnungswidrig nicht Bezug auf die Gesamtheit der Belehrung (RIS-Justiz RS0100695), indem sie inhaltlich die der kritisierten unmittelbar folgende Passage übergeht, welche die Konsequenz (eines Schuldspruchs wegen Mordes) der Bejahung der Hauptfrage 4 unmissverständlich klarstellt. Weshalb die Geschworenen über die Folgen verschiedener Antwortkombinationen und nicht (nur) über jene der Bejahung oder Verneinung jeder Frage (für sich) zu belehren seien (vgl aber § 321 Abs 2 letzter Halbsatz StPO; RIS-Justiz RS0100806 [„jeder einzelnen Frage“]), wird nicht erklärt. Dass das Erstgericht selbst über den gesetzlichen Auftrag hinaus Passagen in diesen Teil der Instruktion aufnahm (S 22 f der Beilage ./B zu ON 127), war im Übrigen nicht zur Irreführung geeignet und blieb daher folgenlos.

[17] Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit – erneut in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO).

[18] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten G* und der Staatsanwaltschaft (§§ 285i, 344 StPO).

[19] Die Kostenersatzpflicht beider Beschwerdeführer beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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