JudikaturJustiz13Os178/03

13Os178/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Juli 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juli 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Felbab als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ing. Leopold S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 15 StGB, teilweise als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB, über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Ing. Leopold S*****, Alfred S*****, Wolfgang P*****, Friedrich B***** und Thomas K***** sowie die Berufungen der Privatbeteiligten A*****, B*****, D***** und B***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 28. März 2003, GZ 14 Hv 15/02w-386, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Ing. Leopold S***** (zu A./I./1./ und 3./ sowie A./II./) und Alfred S***** (zu A./I./1./ und 2./ sowie A./II./) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 15 StGB und die Angeklagten Wolfgang P***** (zu B./1./), Friedrich B***** (zu B./2./ und 3./) und Thomas K***** (zu B./2./) des Verbrechens des versuchten schweren Betruges als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Danach haben sie in Ebensee und anderen Orten teils unmittelbar, teils als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, teils unter Verwendung von falschen Urkunden und anderen Beweismitteln zu Handlungen verleitet bzw zu verleiten versucht und dadurch andere am Vermögen geschädigt (und dies versucht), wobei der durch die Tat entstandene und der beabsichtigte Schaden 40.000 Euro übersteigt, und zwar:

A./ Ing. Leopold S***** und Alfred S***** teils alleine, teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter I./ Verfügungsberechtigte der A***** AG (im Folgenden kurz: A*****) 1./ Ing. Leopold S***** und Alfred S***** ab Ende März 2000 (im Besonderen am 27. März 2000 und bei einem Koordinierungsgespräch am 31. März 2000) und von April 2000 bis Ende des Jahres 2000 dadurch, dass sie die der Schadensmeldung zu Grunde gelegten Mengenangaben an verbrannten Steco-Boxen und das den Gutachtern der KP***** GmbH (im Folgenden kurz: KP*****) und der E*****gesellschaft mbH (im Folgenden kurz: E***** Y*****) vorgelegte Zahlenmaterial wiederholt, teils konkludent, teils dezidiert als richtig bestätigten und a./ dabei verschwiegen, dass der Lagerbestand bereits im Jahre 1997 um 681.120 Stück Steco-Boxen (richtig: EBH-Boxen) fiktiv erhöht worden war, und

b./ in der Versicherungsmeldung einen um 1,679.862 Stück überhöhten Lagerbestand von Kunststoffboxen verschiedener Größen (zu ergänzen: sog Steco-Boxen) im Gesamtwert von 89,316.691 S (= 6,490.897,07 Euro) behaupteten,

wobei dieses Zahlenmaterial mangels anderer Informationen von den Sachverständigen der KP***** und der E***** Y***** ihren Schadenberechnungen zu Grunde gelegt wurde und sodann auf dieser Basis die Schadensliquidierung teils erfolgte, teils erfolgen sollte; 2./ Alfred S***** alleine dadurch, dass er

a./ Ende März 2000 gegenüber Klaus H***** von der A***** die Anzahl der verbrannten Boxen mit 2,5 bis 3 Millionen Stück bezifferte, b./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt nach dem 24. März 2000 inhaltlich unrichtige Transportscheine zum Nachweis dafür, dass 54 % der fiktiv angegebenen Steco-Boxen von der Firma W***** von Ebensee nach Aurachkirchen transportiert worden wären, im Nachhinein erstellte bzw erstellen ließ,

c./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt nach dem 24. März 2000 den Gutachtern der KP***** im Zusammenhang mit der Berechnung des Betriebsunterbrechungsschadens verschwieg, dass die Prognosezahlen für das Jahr 2000 bereits überholt und wesentlich überhöht dargestellt waren, zumal die Verhandlungen mit den Firmen B***** und R***** jedenfalls Ende des Jahres 1999 gescheitert waren; 3./ Ing. Leopold S***** alleine

a./ am 31. März 2000 dadurch, dass er dem Brandsachverständigen Franz D***** die über seinen Auftrag per 27. März 2000 von Friedrich B***** als Logistikleiter erstellten fiktiven Inventurlisten übergab und damit vorspiegelte, die überhöht angegebene Menge von zusätzlich 1,679.862 Kunststoffkisten wäre im Zeitpunkt des Brandes am 24. März 2000 als Umlaufvermögen der S***** GmbH (im Folgenden kurz: SF*****) im Außenlager in Aurachkirchen gelagert gewesen,

b./ Ende April 2000 dadurch, dass er eine über seinen Auftrag vom Logistikleiter Friedrich B***** und vom EDV-Administrator Thomas K***** verfälschte Produktionsstatistik der SF***** (als Produzentin der Kunststoffboxen) für das Jahr 1999 zum Beweis dafür den Gutachtern von E***** Y***** vorlegte, dass die in Frage stehenden 1,679.862 Stück Steco-Boxen im Laufe des Jahres 1999 in Ebensee produziert worden sind,

c./ zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt Mitte 2000 dadurch, dass er eine inhaltlich unrichtige Produktionsstatistik für die Monate April bis Juli 2000 den Gutachtern E***** Y***** vorlegte,

d./ am 21. Juni 2000 dadurch, dass er anlässlich eines Gespräches zur Schadensermittlung versicherte, die angegebene Anzahl an verbrannten Boxen seien im versicherten Firmenreal gelagert gewesen, zur Zahlung von zumindest 146,682.867,17 S (= 10,659.859,68 Euro) aus dem Titel des Betriebsunterbrechungsschadens zu verleiten versucht, wobei die Vollbringung der Tat durch Zufall, nämlich infolge einer weiteren Überprüfung der geltend gemachten Ansprüche aus dem Brandschadenfall vom 24. März 2000 beim Versuch blieb; II./ Ing. Leopold S***** und Alfred S***** am 16. Jänner 2001 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter KR Hans As***** und Dr. Manfred As***** durch die Vorgabe, die noch offene Schadenersatzforderung gegenüber der A***** in Höhe von 180,000.000 S (= 13,081.110,15 Euro) um 120,000.000 S (= 8,720.740,10 Euro) verkaufen zu wollen und vorspiegelten, die Auszahlung seitens der A***** stehe unmittelbar bevor, jedenfalls aber zusicherten, diesen Betrag bis spätestens August 2001 zurückzahlen zu wollen, wobei sie jedoch wussten, dass die abgetretene Forderung gegenüber der A***** nicht werthaltig war, zumal dieser eine manipulierte Schadensmeldung zu Grunde lag und letztlich auch eine Zahlung durch die S***** AG (im Folgenden kurz: SI*****) nicht mehr zu erwarten war, zum Forderungskauf und nachstehenden Zahlungen verleitet:

1./ am 16. Jänner 2001 von 30 Millionen S (= 2,180.185,03 Euro);

2./ am 26. Jänner 2001 von 30 Millionen S (= 2,180.185,03 Euro);

3./ am 14. Februar 2001 von 60 Millionen S (= 4,360.370,06 Euro);

B./ Wolfgang P*****, Friedrich B***** und Thomas K***** zur Ausführung des versuchten schweren Betruges durch Ing. Leopold S***** und Alfred S***** im Umfang des Faktums A./I./ zum Nachteil der A***** beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), und zwar 1./ Wolfgang P***** am 10. Juli 2000 dadurch, dass er eine inhaltlich unrichtige Schadensaufstellung vom Brandgeschehen am 24. März 2000 unterfertigte und dieses Schreiben an die A***** übermittelt wurde, 2./ Thomas K***** und Friedrich B*****

a./ Ende April 2000 dadurch, dass sie über Auftrag des Ing. Leopold S***** im Nachhinein eine gefälschte Produktionsstatistik über die Kistenproduktion, verteilt auf das Jahr 1999, zur Vorlage an die Versicherung erstellten,

b./ Mitte 2000 dadurch, dass sie eine weitere fingierte Produktionsstatistik für den Zeitraum April bis Juli 2000 (für vier Monate nach dem Brand) verfassten und dem Erstangeklagten Ing. Leopold S***** zur Vorlage an die Versicherung übergaben, 3./ Friedrich B***** zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt nach dem 27. März 2000 dadurch, dass er fingierte Transportscheine und Eingangslisten erstellte, die den Anschein erwecken sollten, als seien die ca 1,7 Mio Kisten mittels S*****-Lkw vor dem Brandereignis tatsächlich von Ebensee nach Aurachkirchen transportiert worden. Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen kam es am 24. März 2000 in Aurachkirchen zu einem von einem unbekannten Tätern gelegten Brand in einer Zeltlagerhalle der SI***** (Vorstandsvorsitzender: Alfred S*****, Aufsichtsratsvorsitzender: Ing. Leopold S*****). Der tatsächlich eingetretene (aus einem Sachschaden von 103,594.321,82 S und einem Betriebsunterbrechungsschaden von 136,206.012,05 S resultierende) Gesamtschaden betrug 239,800.333,87 S (US 29 ff, 120). Ing. Leopold S***** und Alfred S***** verlangten in der Folge vom Versicherer (der A*****) eine darüber weit hinaus gehende Schadenersatzleistung, indem sie auch Sachschäden aus der Vernichtung eines umfangreichen, in diesem Ausmaß in Wahrheit nie existent gewesenen Bestandes an Kunststoffboxen (vgl A./I./1./a./ und b./ des Urteilsspruches) und einen weit überhöhten Betriebsunterbrechungsschaden geltend machten. Insgesamt forderten sie von der A***** einen Schadenersatz von 386,483.201,04 S, indem sie nach Erhalt einer (überwiegend die geltend gemachten Sachschäden abdeckenden) Akontozahlung von 180 Mio S im September 2000 noch einen angeblich offenen weiteren Schaden aus der Betriebsunterbrechung von 206,483.201,04 S behaupteten (US 45 f). Bei Bezahlung dieser von den Angeklagten Ing. Leopold S***** und Alfred S***** betrügerisch eingeforderten weiteren Versicherungssumme wäre die A***** um einen Betrag von zumindest 146,682.867,17 S (= 10,659.859,68 Euro) am Vermögen geschädigt worden (Schuldspruch A./I./; US 120). Die Angeklagten Wolfgang P*****, Friedrich B***** und Thomas K***** leisteten zu diesem versuchten schweren (Versicherungs )Betrug die im Schuldspruch B./ wiedergegebenen Beitragshandlungen. Als sich die finanzielle Situation der SI***** trotz Erhalt der Versicherungsteilzahlung von 180 Mio S weiter verschlechterte, verkauften Ing. Leopold S***** und Alfred S***** die von ihnen gegenüber der Versicherung geltend gemachte restliche Forderung im Wissen, dass diese infolge Vertragsverletzung durch Vornahme von Täuschungshandlungen nicht werthaltig und jedenfalls (im Vergleich zum tatsächlichen Schaden) weit überhöht war, um 120 Mio S an KR Hans As***** und Dr. Manfred As*****. Zur Täuschung der Genannten spiegelten sie vor, von der Versicherung sei im Vergleichsweg eine (weitere) Zahlung in Höhe von 180 Mio S zu erwarten, andernfalls würden sie ihnen die Kaufpreissumme rückerstatten. KR Hans As***** und Dr. Manfred As***** wurden um die genannte Kaufpreissumme am Vermögen geschädigt, weil sie in der Folge weder von der A***** Zahlung erlangen konnten noch die Angeklagten Ing. Leopold S***** und Alfred S***** ihre für diesen Fall eingegangene Rückzahlungsverpflichtung einhielten (Schuldspruch A./II./).

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten Ing. Leopold S***** (gestützt auf Z 1a, 3, 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO), Alfred S***** (gestützt auf Z 3, 4, 5, 5a und 9 lit a leg cit), Wolfgang P***** (gestützt auf Z 5 und 9 lit a leg cit), Friedrich B***** (gestützt auf Z 9 lit a leg cit) und Thomas K***** (gestützt auf Z 5, 5a und 9 lit a leg cit) mit Nichtigkeitsbeschwerden, denen keine Berechtigung zukommt.

Voranzustellen ist, dass die Äußerungen zur Stellungnahme der Generalprokuratur keine Grundlage für ein Nachholen eines in der Nichtigkeitsbeschwerde unterlassenen Vorbringens bieten. Neuen, nicht auf den Inhalt des Croquis abstellenden Argumenten kommt daher keine Beachtung zu, weil § 35 Abs 2 StPO nur die Gelegenheit zur Erwiderung einräumt, aber keine Möglichkeit eröffnet, die nur einmal ausführbare Nichtigkeitsbeschwerde nachträglich zu erweitern (vgl Schroll in WK-StPO § 35 Rz 17 mwN; 11 Os 40/03).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ing. Leopold S*****:

Der Beschwerdeführer rügt - gestützt auf Z 1a des § 281 Abs 1 StPO - zunächst, dass er am 14. Verhandlungstag (12. September 2002, ON 257/XVIII) nicht durch einen Verteidiger vertreten gewesen wäre. Wohl sei für ihn mit Beschluss des Präsidenten des Landesgerichtes Wels (vom 11. September 2002, ON 254/XVIII) der Richter des Landesgerichtes Wels Mag. Be***** zum "Notverteidiger" gemäß § 42 Abs 4 StPO bestellt worden, doch sei aus dem Hauptverhandlungsprotokoll nicht ersichtlich, ob sich Mag. Be***** an diesem Tag an der Hauptverhandlung auch tatsächlich beteiligt habe, weil er nicht unter den Anwesenden genannt werde. Zudem entspreche im schöffengerichtlichen Verfahren die Verteidigung des Angeklagten durch einen (kurzfristig bestellten) Richter des Verhandlungsgerichtes nicht dem im Verfassungsrang stehenden Gebot des Art 6 Abs 3 lit c MRK. Im Licht dieser Verfassungsbestimmung sei § 42 Abs 4 StPO vielmehr einschränkend dahin zu interpretieren, dass eine auf dieser Bestimmung beruhende Verteidigerbestellung in den Fällen der "Pflichtverteidigung" (gemeint: notwendige Verteidigung gemäß § 41 Abs 1 StPO) nicht in Betracht kommen kann. Zu diesem die tatsächliche Verfahrensbeteiligung des Verteidigers gar nicht in Abrede stellenden und lediglich eine unzureichende Protokollierung rügenden Vorbringen ist klarstellen, dass nach dem unmissverständlichen Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls vom 12. September 2002 Mag. Be***** - ungeachtet der unterbliebenen Namensnennung in der einleitenden Anwesenheitsliste des Hauptverhandlungsprotokolls (S 445 f/XVIII) - ab Beginn des 14. Verhandlungstages als (Not )Verteidiger gemäß § 42 Abs 4 StPO des Beschwerdeführers Ing. Leopold S***** eingeschritten war (S 447/XVIII).

Die in der Beschwerde angestrebte Beschränkung der Notverteidigung auf Fälle nicht notwendiger Verteidigung wiederum liefe dem in Art 6 Abs 3 lit c MRK verankerten Anspruch des Angeklagten zuwider, gegebenenfalls unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten. § 42 Abs 4 StPO trägt nämlich in Entsprechung der genannten Konventionsbestimmung gerade jenem Fall Rechnung, dass eine im Interesse der Rechtspflege - insbesondere im Hinblick auf das in Haftsachen bestehende Beschleunigungsgebot (§ 193 Abs 2 StPO) - erforderliche Verteidigung (zB für die Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht; § 41 Abs 1 Z 1 StPO) selbst dann garantiert sein muss, wenn der gewählte oder bestellte Verteidiger etwa - wie fallbezogen - der Wahlverteidiger (Dr. M*****) infolge Erkrankung am Erscheinen gehindert ist (vgl Achammer in WK-StPO § 42 Rz 24 und 26) und dem zweiten Wahlverteidiger (Dr. K*****) zwei Tage (ON 252) und dem dritten Wahlverteidiger (Dr. U*****) einen (ON 255) Tag vor der angesetzten Hauptverhandlung vom Angeklagten die Vollmachten entzogen werden. Die entgegen den Beschwerdeausführungen auch dem Notverteidiger auferlegte Verschwiegenheitspflicht ist im Übrigen durch § 152 Abs 1 Z 4 StPO abgesichert. Solcherart besteht auch kein Anlass zur Einleitung eines im Rechtsmittel angeregten, § 42 Abs 4 StPO betreffenden Normprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider wurde eine Nichtigkeit aus der Z 1a des § 281 Abs 1 StPO auch nicht dadurch begründet, dass

dem Nachweis dienen, dass der tatsächlich durch das Brandereignis vom

24. März 2000 verursachte Schaden "weit über der vom bestellten

Sachverständigen errechneten Summe lag; dass insbesondere der vom

bestellten Sachverständigen errechnete Betrag der berechtigten

Versicherungsleistung aus der Betriebsunterbrechung einer

versicherungsmathematischen Betrachtung nicht standhält; .... dass

aufgrund der Bestimmungen des abgeschlossenen Versicherungsvertrages

eine Entschädigung für Zinsen für die verspätete Zahlung gebührte und

dass auch .... ein Anspruch auf Ersatz der Lizenzgebühren bestand" (S

Rechtssätze
25
  • RS0115712OGH Rechtssatz

    25. April 2023·3 Entscheidungen

    Die - außer dem Fall des § 252 Abs 1 StPO - in dessen Abhörung bestehende Beiziehung eines Sachverständigen zur Hauptverhandlung kann durch das Vorbringen erheblicher Einwendungen verhindert werden, auch wenn dieser bereits ein schriftliches Gutachten abgegeben hat (EvBl 1997/82). Nach § 248 Abs 1 erster Satz StPO hat das Gericht bei der Beurteilung solcher Einwendungen auf ihre rechtliche Erheblichkeit die für den Untersuchungsrichter in der Voruntersuchung erteilten Vorschriften zu beobachten, soweit sie nicht ihrer Natur nach als in der Hauptverhandlung unausführbar erscheinen. Auf den Anschein der Befangenheit gestützte Einwendungen sind dabei von solchen zu scheiden, die mit mangelnder Sachkenntnis der als Sachverständiger abzuhörenden Person begründet werden. Ob sich die als Sachverständiger beizuziehende Person schon vor der Hauptverhandlung eine Meinung über den Fall gebildet hat, ist für die Beurteilung des Anscheins der Befangenheit schon deshalb ohne Bedeutung, weil eine vorläufige Meinungsbildung spätestens mit Abgabe des schriftlichen Gutachtens füglich nicht mehr zu bestreiten ist und solcherart ansonsten kein mit der Abgabe eines schriftlichen Gutachtens beauftragter Gutachter in der Hauptverhandlung abgehört werden dürfte - ein Ergebnis das offen den Verfahrensgesetzen widerspricht und den Grundsatz indirekt als zutreffend erweist. Abhörung oder Verlesung des abgegebenen schriftlichen Gutachtens sind infolge Anscheins von Befangenheit vielmehr nur dann unzulässig, wenn zu erkennen ist, dass der Sachverständige sein Gutachten auch dann zu ändern nicht gewillt sein werde oder würde, wenn Verfahrensergebnisse dessen Unrichtigkeit aufzeigen. Allein aus einer vom Gutachtensauftrag nicht erfassten und daher unangebrachten rechtlichen Beurteilung zur Stellungnahme übermittelter Texte kann eine solche Befürchtung jedoch nicht abgeleitet werden. Von vornherein unbedenklich sind Aussagen wissenschaftlicher Publikationen aus dem Sachbereich des Gutachtensauftrages. Sie indizieren Befähigung, nicht Befangenheit. Wurde das schriftliche Gutachten bereits abgegeben, bedarf es zur Beiziehung eines weiteren Sachverständigen wegen fehlender Sachkenntnis des Beauftragten eines an den Kriterien der §§ 125 f StPO ausgerichteten Antragsvorbringens. Denn auch der Untersuchungsrichter hätte sich daran auszurichten (§ 248 Abs 1 erster Satz StPO).