JudikaturJustiz10ObS363/98z

10ObS363/98z – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. November 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Hopf als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Josef K*****, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, wegen Alterspension, infolge Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage des Klägers gegen das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 1. September 1998, GZ 10 ObS 160/98x-37, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsklage und der damit verbundene Antrag auf Fristverlängerung werden zurückgewiesen.

Die Wiederaufnahmsklage wird an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht zuständigkeitshalber überwiesen.

Text

Begründung:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. 7. 1997, GZ 31 Cgs 86/95v-25, wurde die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ab 1. 11. 1990 eine Alterspension im gesetzlichen Ausmaß, ausgehend von einer Pensionsberechnung von 455 Versicherungsmonaten und unter Berücksichtigung einer 3 %igen Erhöhung wegen Aufschubes der Geltendmachung des Anspruches, zu gewähren. Das Mehrbegehren, dem Kläger eine über die Zugrundelegung eines Steigerungsbetrages von 455 Versicherungsmonaten hinausgehende Pension zu leisten, wurde abgewiesen. Der vom Kläger dagegen erhobenen Berufung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. 1. 1998, GZ 7 Rs 262/97x-29, nicht Folge gegeben. Der Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung wurde mit Urteil des Obersten Gerichtshofes als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1. 9. 1998, 10 ObS 160/98x-37, nicht Folge gegeben. Der Kläger war in allen drei Instanzen rechtsanwaltlich vertreten.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger bekämpft das im Revisionsverfahren ergangene Urteil des Obersten Gerichtshof mit Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage. In den Archiven des Magistrates der Stadt Graz (Gewerbeamt) sei Korrespondenz über den Gewerbeantritt des Klägers aus den Jahren 1958 ff aufgefunden worden, wodurch für den Fall des Klägers neue Aspekte entstünden. Außerdem läge ein Mißverständnis bzw eine Fehldeutung der Begriffe Handelsreisender/Handlungsreisender vor. Im Hinblick auf Probleme bei der Suche nach einem neuen Rechtsvertreter werde für die Beibringung einer ausführlichen Darstellung samt Unterlagen um eine Nachfrist von 4 Wochen bis 18. 11. 1998 ersucht.

Für die Nichtigkeitsklage ist das Gericht, von welchem die durch die Klage angefochtene Entscheidung gefällt wurde, ausschließlich zuständig (§ 532 Abs 1 ZPO). Die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes ist daher für die Nichtigkeitsklage gegeben (RIS-Justiz RS0044317).

Gemäß § 529 Abs 1 ZPO kann eine rechtskräftige Entscheidung, durch welche eine Sache erledigt ist, durch Nichtigkeitsklage angefochten werden:

1. wenn ein erkennender Richter von der Ausübung des Richteramtes in dem Rechtsstreite kraft des Gesetzes ausgeschlossen war;

2. wenn eine Partei in dem Verfahren gar nicht, oder falls sie eines gesetzlichen Vertreters bedarf, nicht durch einen solchen vertreten war, sofern die Prozeßführung nicht nachträglich ordnungsmäßig genehmigt wurde.

Vor Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung ist in nichtöffentlicher Sitzung zu prüfen, ob die Klage auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe (§ 529 ZPO) gestützt und in der gesetzlichen Frist erhoben wurde. Mangelt es daran, ist die Klage als zur Bestimmung einer Tagssatzung zur mündlichen Verhandlung ungeeignet durch Beschluß zurückzuweisen (§ 538 Abs 1 ZPO).

Die vorliegenden Nichtigkeitsklage wird auf keinen der gesetzlichen Anfechtungsgründe gestützt. Das Vorbringen des Klägers läßt sich unter keinen der im Gesetz genannten Nichtigkeitsklagegründe subsumieren. Die Klagsbehauptungen könnten selbst im Falle ihrer Richtigkeit zu keiner Nichtigerklärung der Entscheidung im Vorprozeß führen. Die Nichtigkeitsklage ist daher zurückzuweisen (SZ 47/99; 2 Ob 147/97z; vgl SSV-NF 4/14; 10 ObS 270/98y).

Daß die Nichtigkeitsklage mit einem Formmangel behaftet ist, weil sie vom Kläger ohne anwaltliche Fertigung eingebracht wurde, obwohl im Sinne des § 27 Abs 1 ZPO für eine beim Obersten Gerichtshof eingebrachte Rechtsmittelklage absolute Anwaltspflicht besteht (Fasching II 252; Kuderna ASGG2 240 f), steht der sofortigen Klagezurückweisung nicht entgegen, weil ein Verbesserungsauftrag dann entbehrlich ist, wenn die Rechtsmittelklage wegen Fehlens der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen jedenfalls zurückgewiesen werden muß (EFSlg 44.010; RIS-Justiz RS0005946).

Die vom Kläger begehrte Fristverlängerung konnte hinsichtlich der Nichtigkeitsklage nicht bewilligt werden, weil es sich bei der Klagefrist um eine Notfrist handelt (§ 534 Abs 1 ZPO), bei der das Gesetz eine Verlängerung ausdrücklich untersagt (§ 128 Abs 1 ZPO; Gitschthaler in Rechberger, ZPO Rz 7 zu § 128 f; Kodek in Rechberger, ZPO Rz 1 zu § 534).

Die Wiederaufnahmsklage muß - abgesehen vom hier nicht relevanten Fall des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO - beim Erstgericht des Vorprozesses, wenn aber nur eine in höhere Instanz erlassene Entscheidung von dem geltend gemachten Anfechtungsgrund getroffen wird, bei dem bezüglichen Gericht höherer Instanz eingebracht werden (§ 532 Abs 2 ZPO). Die erkennbar auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gestützte Wiederaufnahmsklage wäre daher beim Erstgericht des Vorprozesses, also jener Tatsacheninstanz einzubringen gewesen, welche die vom Anfechtungsgrund betroffenen Tatsachenfeststellungen getroffen hat (RIS-Justiz RS0044559). Der Oberste Gerichtshof ist für Wiederaufnahmsklagen mangels zu treffender Tatsachenfeststellungen in aller Regel nicht zuständig (RIS-Justiz RS0044576).

Die Unzuständigkeit des Obersten Gerichtshofes für die vorliegende Wiederaufnahmsklage führt jedoch nicht zur Zurückweisung der Klage, sondern zur amtswegigen Überweisung der Sache an das zuständige Erstgericht des Vorprozesses (Fasching, Lehrbuch2 Rz 2050, 2076; SZ 66/10; 9 Ob 169/98p). Die (derzeit) fehlende anwaltliche Vertretung des Klägers steht der Überweisung nicht entgegen, zumal sich die Parteien vor den Sozialgerichten erster Instanz nicht vertreten lassen müssen (§ 39 Abs 3 ASGG). Dem Erstgericht ist die Entscheidung über den Verlängerungsantrag hinsichtlich der Wiederaufnahmsklage vorbehalten. Es wird auch die Zustellung der vorliegenden Entscheidung zu veranlassen haben (Kodek aaO Rz 1 zu § 533).

Rechtssätze
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