1Ob68/25v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely-Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Vollmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Mag. Helfried Schaffer, Rechtsanwalt in Gleisdorf, gegen die beklagte Partei Gemeinde *, vertreten durch die Eger/Gründl Rechtsanwälte OG in Graz, und den Nebenintervenienten auf Seite der beklagten Partei Dr. N*, Rechtsanwalt, *, wegen 25.622,28 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 17. Jänner 2025, GZ 5 R 176/24b 41, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 30. August 2024, GZ 31 Cg 33/22a 35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird teilweise bestätigt, sodass sie – einschließlich der bereits in Rechtskraft erwachsenen Abweisung von 2.500 EUR sA – als Teilurteil lautet:
„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 13.409,28 EUR samt 4 % Zinsen seit 30. Juni 2022 zu zahlen, wird abgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“
Im Übrigen, somit im Umfang der Abweisung eines Mehrbegehrens von 12.213 EUR sA und im Kostenpunkt, werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden insoweit weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
[1] Der Kläger ist Hälfteeigentümer eines im Gemeindegebiet der Beklagten gelegenen Grundstücks. Mit Bescheid des damaligen Bürgermeisters der Beklagten vom 5. 11. 2015 wurde auf Antrag des Eissportvereins * vom 18. 8. 2015 die Baubewilligung für die Errichtung einer überdachten Halle samt Zuseherraum (über einer damals bereits bestehenden Stocksportanlage mit drei Bahnen) auf einem – nur durch ein Weggrundstück vom Grundstück des Klägers getrennten – Grundstück der Beklagten erteilt.
[2] Die erbaute Halle wich von dem bewilligten Plan deutlich ab: Sie wurde um mehrere Meter in Richtung des Grundstücks des Klägers verschoben errichtet und überragte auch die Grundgrenze.
[3]Am 9. 1. 2018 beantragte der Eissportverein die Erteilung der Benützungsbewilligung. Weiters wurde aufgrund von Beschwerden von Nachbarn über unzumutbare Lärmbelästigungen ausgehend von der Halle ein Verfahren gemäß § 68 Abs 3 AVG betreffend die Abänderung des Bewilligungsbescheids eingeleitet. Der in diesem Verfahren bestellte Sachverständige für Schalltechnik äußerte gegenüber der Baubehörde den Verdacht, dass die Stocksportanlage – und somit auch die Halle – um ca 9 m vom Einreichplan abweiche. Ein von der Baubehörde beigezogener Ziviltechniker für Vermessungswesen bestätigte diese Abweichung und gelangte auch zum Ergebnis, dass die Halle auf das Nachbargrundstück rage. Daraufhin wurde dem Eissportverein mit Bescheid des Bürgermeisters der Beklagten vom 16. 4. 2019 die Benützungsbewilligung versagt und gleichzeitig ein Benützungsverbot ausgesprochen, weil die Bauausführung nicht geringfügig im Sinn des § 4 Z 4 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk BauG) von der erteilten Bewilligung abweiche und aufgrund des Ausmaßes der Verschiebung von ca 9 m ein rechtliches Aliud vorliege. Zudem stelle die Teilfertigstellung der Außenwand einen erheblichen Mangel dar, weshalb der Schallschutz in Richtung der Anrainer nicht gegeben sei.
[4] Der Gemeinderat der Beklagten gab der dagegen erhobenen Berufung des Eissportvereins in zweiter Instanz mit Bescheid vom 12. 8. 2019 statt und erteilte die Benützungsbewilligung sowie zugleich die Baubewilligung betreffend die Planabweichungen, obwohl ein beigezogener Rechtsberater, aber auch die (nach der Gemeinderatssitzung) konsultierte Aufsichtsbehörde gegenüber dem Gemeinderat die Ansicht vertraten, dass die Benützungsbewilligung zu versagen sei bzw eine nachträgliche Baubewilligung für die Abweichungen bewirkt werden müsse; eine Behebung des erstinstanzlichen Bescheids bei Vorliegen eines derart klaren Aliuds sei als amtsmissbräuchlich anzusehen.
[5] Der Berufungsbescheid wurde in weiterer Folge vom Kläger angefochten und durch das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit Entscheidung vom 4. 11. 2019 aus formalen Gründen ersatzlos behoben. In Reaktion darauf beauftragte der Gemeinderat der Beklagten den Nebenintervenienten als Rechtsberater mit der Erstellung eines Entwurfs des als Baubehörde zweiter Instanz zu erlassenden Berufungsbescheids über die Benützungsbewilligung. Der Nebenintervenient hielt Rücksprache mit den Gemeinderäten, der Amtsleiterin, aber auch mit dem Obmann und der Rechtsvertreterin des Eissportvereins, deren Schriftsätze er sichtete. Ihm war bekannt, dass der Bau laut dem zuvor beigezogenen lärmtechnischen Sachverständigen „verschoben“ war, er kannte jedoch keine Details hinsichtlich der vermuteten Abweichungen. In seinem Bescheidentwurf kam er – unter Rückgriff auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Auslegung von Baubewilligungsbescheiden – zum Ergebnis, dass die Benützungsbewilligung zu erteilen und das Benützungsverbot aufzuheben sei.
[6] Der Gemeinderat der Beklagten nahm diesen Entwurf in der Gemeinderatssitzung vom 16. 12. 2019 – in der auch über den bekannten Verdacht, die Halle sei als Grenzüberbau errichtet worden, diskutiert wurde – an. Der auf diesem Beschluss basierende Berufungsbescheid wurde am 27. 12. 2019 erlassen. Darin wurde der Berufung des Eissportvereins gegen den erstinstanzlichen Bescheid Folge gegeben, die Benützungsbewilligung für die auf dem Grundstück der Beklagten bewilligte Stocksporthalle erteilt und das erstinstanzliche Benützungsverbot ersatzlos behoben; dies mit der wesentlichen Begründung, der Bewilligungsbescheid vom 5. 11. 2015 spreche ausdrücklich von der geplanten Errichtung der Halle über der bereits bestehenden Stocksportanlage. Deren in der Natur bereits vorgegebene örtliche Situierung sei erkennbares Zielobjekt des Bewilligungsbescheids gewesen. Niemand habe an der erkennbar falschen Grundrissdarstellung in der Einreichplanung Anstoß genommen. Der Widerspruch zwischen Text und Plandarstellung sei – bei richtiger Auslegung des Bewilligungsbescheids – offenkundig und eindeutig im Sinn der Judikatur zugunsten des Textinhalts zu lösen. Die Halle sei demzufolge – nach dem erklärten Entscheidungswillen der Baubehörde – bescheidkonform errichtet worden.
[7] Eine dagegen erhobene Bescheidbeschwerde des Klägers, der in diesem Verfahren in weiterer Folge keine Parteistellung mehr erlangte, wurde durch das Landesverwaltungsgericht Steiermark als unzulässig zurückgewiesen.
[8] In einem über Antrag des Klägers bereits am 5. 9. 2019 – zur Abwehr der vom Betrieb der Halle ausgehenden Lärmbelastung – eingeleiteten Verfahren nach § 41 Stmk BauG erließ der Bürgermeister der beklagten Gemeinde mit Bescheid vom 5. 3. 2021 einen Beseitigungsauftrag in Ansehung der Stocksporthalle.
[9] Der dagegen erhobenen Beschwerde des Eissportvereins wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 27. 9. 2021 nur insofern Folge gegeben, als die Frist zur Beseitigung verlängert wurde. Begründend wurde darauf verwiesen, dass der im Vergleich zum Einreichplan um rund 8 m verschoben und zudem um 5° verdreht errichtete Bau, der die Grundgrenze überrage, sowohl hinsichtlich der Größe als auch der Lage eindeutig von der erteilten Baubewilligung abweiche, sodass von einem rechtlichen Aliud auszugehen sei. Weiters wurde ausgeführt, dass die von der Anlage in den Nachtstunden ausgehenden Geräusche eine Gesundheitsgefährdung bewirkten, wodurch die Nachbarrechte des Klägers verletzt würden. An dem Verfahren nahm der Kläger als mitbeteiligte Partei anwaltlich vertreten teil.
[10]Die außerordentliche Revision des Eissportvereins gegen dieses Erkenntnis wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 31. 1. 2022, Ra 2021/06/0228, mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des Art 133 Abs 4 B VG zurück. Die Revision habe die Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis unbestritten gelassen, wonach der Bau maßgeblich von der erteilten Baubewilligung abweiche und daher ein rechtliches Aliud darstelle.
[11] Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger aufgrund der von der Nutzung der Halle ausgehenden Lärmemissionen eine Gesundheitsschädigung in Form einer psychischen oder physischen Beeinträchtigung erlitt.
[12] Für seine Rechtsvertretung und Auslagen im baupolizeilichen Verfahren gemäß § 41 Stmk BauG nach dem 27. 12. 2019 fielen ihm Kosten von gesamt 12.213 EUR an.
[13] Außerdem wandte der Kläger von Ende 2016 bis ins Jahr 2022 rund fünf Stunden pro Woche auf, den Betrieb der gegenständlichen Halle zu dokumentieren.
[14] Der Kläger begehrt mit seiner Amtshaftungsklage – neben im Revisionsverfahren nicht mehr gegenständlichem Schmerzengeld von 2.500 EUR für eingetretene Gesundheitsschäden – den Ersatz seiner Vertretungskosten und Auslagen in den Bauverfahren in Höhe von gesamt 16.882,28 EUR sowie sonstiger, mit 6.240 EUR bezifferter, persönlicher Aufwendungen zur Abwehr der mit der Benützung der Eisstockhalle verbundenen Lärmbelästigung und der damit einhergehenden Gesundheitsgefährdung. Dieser Aufwand sei durch das Fehlverhalten der Organe der beklagten Gemeinde verursacht worden. Einerseits hätte die Baubehörde die – mehreren Gemeinderatsmitgliedern (als aktiven Mitgliedern auch des Eissportvereins) bekannte – Nutzung der Eisstockhalle seit 2015 ohne Vorliegen einer Benützungsbewilligung von Amts wegen untersagen müssen (§ 38 Abs 7 Stmk BauG). Andererseits habe der Gemeinderat im Berufungsbescheid vom 27. 12. 2019 im Verfahren über die Benützungsbewilligung einen (vom Nebenintervenienten vorformulierten) unvertretbaren Rechtsstandpunkt eingenommen. Aus diesen Gründen seien das – letztlich auch erfolgreiche – Einschreiten des Klägers und der damit verbundene Aufwand (auch der mit der Sicherung von Beweisen für die tatsächliche Benützung der Halle verbundene persönliche Aufwand) zur Erwirkung des baupolizeilichen Benützungsverbots sowie des späteren Beseitigungsauftrags erforderlich gewesen.
[15] Die Beklagte sowie der Nebenintervenient wenden – soweit im Revisionsverfahren von Relevanz – ein, abgesehen davon, dass den im Bauverfahren zuständigen Organen keine unvertretbare Gesetzesanwendung anzulasten sei, seien die vom Kläger getätigten – auch der Höhe nach bestrittenen – Aufwendungen einerseits nicht erforderlich gewesen, andererseits nicht durch das mutmaßliche Fehlverhalten verursacht worden. Für den Ersatz des behaupteten persönlichen Aufwands für die „Beweissicherung“ gebe es keine Grundlage.
[16] Das Erstgericht wies die Klage ab.
[17]Zum Vorwurf der pflichtwidrigen Unterlassung der Einleitung eines Verfahrens gemäß § 38 Abs 7 Stmk BauG habe der Kläger, der sich insoweit nur auf Privatwissen von Mitgliedern des Gemeinderats über die Nutzung der Halle bezogen habe, kein konkretes Vorbringen erstattet. Demgegenüber bestünden evidente Bedenken, dass der – vom Nebenintervenienten vorformulierte – Berufungsbescheid vom 27. 12. 2019, mit dem die Benützungsbewilligung erteilt worden sei, rechtswidrig sei und zudem auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhe. Eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 11 AHG sei aber nicht erforderlich, seien doch die geltend gemachten (reinen) Vermögensschäden des Klägers nicht vom Schutzzweck des der übertretenen Norm mitumfasst. Nachbarn komme im Benützungsbewilligungsverfahren nach § 38 Stmk BauG keine Parteistellung zu. Die Bestimmung bezwecke zwar (auch) die Verhinderung von Schäden Dritter an Leben und Gesundheit sowie am Eigentum, nicht aber schlechthin aller Schäden. Den Beweis einer erlittenen Gesundheitsbeeinträchtigung habe der Kläger nicht erbracht. Zwar sei im baupolizeilichen Verfahren nach § 41 Stmk BauG eine Gesundheitsgefährdung durch Lärm hervorgekommen; dies reiche jedoch nicht aus, um die Verfahrenskosten in den Schutzzweck des § 38 Stmk BauG einzubeziehen.
[18] Das Berufungsgericht gab der – nur in Ansehung der Abweisung des Begehrens auf Ersatz der Verfahrenskosten und persönlichen Aufwendungen erhobenen – Berufung des Klägers nicht Folge .
[19] Es trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts zum fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhang bei und führte ergänzend aus, eines konkreten (rechtlichen oder tatsächlichen) Einwands seitens der Beklagten habe es zur Prüfung des Schutzzwecks der in Frage stehenden Verhaltensnorm nicht bedurft. Im Berufungsverfahren sei unstrittig, dass dem Kläger im Verfahren nach § 38 Stmk BauG nach Erlassung des Berufungsbescheids vom 27. 12. 2019, dessen unvertretbare Rechtsansicht im Amtshaftungsverfahren als Haftungsgrundlage releviert werde, keine Parteistellung mehr zugekommen sei. Dass eine solche zuvor noch vorhanden gewesen sei, zumal im Rahmen des ersten (ersatzlos behobenen) Berufungsbescheids vom 12. 8. 2019 gleichzeitig mit der Benützungsbewilligung auch eine Baubewilligung erteilt worden sei, sei unberücksichtigt zu lassen. Das reine Vermögen werde in der Aufzählung der Nachbarrechte in § 26 Abs 1 Stmk BauG nicht als relevantes Interesse genannt. Zudem komme dem Nachbarn (im Sinn des § 4 Z 44 Stmk BauG) zwar nach § 27 Stmk BauG Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zu, in dem er seine Rechte nach § 26 Abs 1 Stmk BauG wahren könne. Im Unterschied dazu sehe § 38 Stmk BauG – auch in Ansehung der in Abs 7 leg cit geregelten Untersagung der Benutzung einer baulichen Anlage – keine Beteiligung von Nachbarn vor. Demgegenüber räume § 41 Abs 6 Stmk BauG ihnen im Rahmen ihrer bereits im Bewilligungsverfahren zu beachtenden Rechte nach § 26 Abs 1 Stmk BauG wieder die Möglichkeit ein, baupolizeiliche Aufträge zu beantragen. Diese Wertung spreche gegen einen Ersatz reiner Vermögensschäden des Nachbarn aufgrund von unvertretbaren Rechtsakten im Benützungsbewilligungsverfahren. Auf die – durchaus fragliche – Beurteilung des Erstgerichts betreffend die Unvertretbarkeit der Gesetzesanwendung durch den Gemeinderat der Beklagten komme es folglich nicht mehr an. Für die Annahme einer haftungsbegründenden Untätigkeit der Gemeinde lägen wiederum keine ausreichenden Verfahrensergebnisse vor. Abgesehen davon scheitere die Haftung auch insoweit am nicht vorliegenden Rechtswidrigkeitszusammenhang.
[20] Die Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage der Abgrenzung des Schutzzwecks des § 38 Stmk BauG noch nicht Stellung genommen habe.
[21] Der Kläger strebt mit seiner Revision die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin an, dass dem Begehren auf Ersatz seiner Vertretungskosten und persönlichen Aufwendungen stattgegeben werde.
[22] In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Beklagte sowie der Nebenintervenient, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[23] Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig . Sie ist auch teilweise im Sinn des im Abänderungsantrag enthaltenen Antrags auf Aufhebung (vgl RS0041774 [T1]) berechtigt .
1. Zum Rechtswidrigkeitszusammenhang
[24] 1.1. Der Kläger steht zunächst auch noch im Revisionsverfahren auf dem Standpunkt, mangels eines darauf gerichteten Einwands der Beklagten in erster Instanz hätte ein allenfalls fehlender Rechtswidrigkeitszusammenhang nicht (amtswegig) aufgegriffen werden dürfen.
[25] Diese Argumentation übergeht, dass es sich beim Schutzzweck der verletzten Normen um ein selbständiges Kriterium der Schadenszurechnung neben Rechtswidrigkeit und Kausalität handelt (vgl 1 Ob 643, 644 /84 ; 1 Ob 171/14z ErwGr 3.2.; 1 Ob 214/22k Rz 54 ua; RS0027553 [T5]). Damit ist das Vorliegen des Rechtswidrigkeitszusammenhangs eine der immer zu beachtenden Voraussetzungen für das Bestehen eines Schadenersatzanspruchs (vgl 1 Ob 109/21t Rz 37;RS0022933; RS0031143 [T19]).
[26] Mit Recht haben daher die Vorinstanzen das für die Annahme einer Haftung erforderliche Bestehen des Rechtswidrigkeitszusammenhangs ohne entsprechenden Einwand der Beklagten geprüft.
[27] 1.2. Das Berufungsgericht hat die zum Rechtswidrigkeitszusammenhang im Amtshaftungsverfahren entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze in der angefochtenen Entscheidung zutreffend wiedergegeben:
[28] Auch bei Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen haftet der Rechtsträger für rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten seiner Organe – mit Blick auf eine sonstige Uferlosigkeit der Haftpflicht ( RS0031143 [T7]; RS0050038 [T2, T29]) – nur dann, wenn die übertretene Verhaltensnorm nach ihrem Schutzzweck gerade auch den eingetretenen Schaden verhindern sollte ( RS0031143 ).
[29] Es muss daher geprüft werden, ob Pflichten der Rechtsträger nur im Interesse der Allgemeinheit oder auch im Interesse einzelner Betroffener normiert sind ( RS0031143 [T11]; RS0050038 [T27]; näher dazu ua 1 Ob 199/22d Rz 50 ff mwN). Angesichts der in der Regel primär öffentliche Interessen wahrenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften genügt zwar, dass die Verhinderung eines Schadens beim Dritten bloß mitbezweckt ist ( RS0031143 [T5]). Es wird aber nur für solche Schäden gehaftet, die sich als Verwirklichung derjenigen Gefahr darstellen, derentwegen der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten gefordert oder untersagt hat ( RS0031143 [T14]).
[30] Zur Klärung der Frage, ob Pflichten der Rechtsträger nur Interessen der Allgemeinheit oder auch einzelner Betroffener berühren, ist auf den Normzweck abzustellen. Nicht jeder Schutz, den die Verhaltensnorm tatsächlich bewirkt, ist auch von deren Schutzzweck erfasst ( RS0027553 [T14]; RS0031143 [T19, T22]).
[31] Ein auch individuelle Interessen schützender Zweck der Norm ist in der Regel dann anzunehmen, wenn eine rechtliche Sonderverbindung zwischen dem Geschädigten und dem Rechtsträger bestanden hatte, dessen Organe eine Amtspflicht verletzt haben sollen. Eher verneint wird ein auch Individualinteressen schützender Zweck hingegen dann, wenn die Erfüllung öffentlicher Aufgaben eine so große und unbestimmte Zahl von Personen betrifft, dass diese der Allgemeinheit gleichzusetzen sind ( RS0049993 ). In diesem Fall wird angenommen, dass mögliche Auswirkungen der Norm auf den Einzelnen nur ein Reflex ihres die Allgemeinheit schützenden Zwecks sind, sodass auch bei rechtswidrigem und schuldhaftem Handeln eine Haftung zu verneinen ist ( RS0050038 [T5]; RS0031143 [T35]; 1 Ob 199/22d Rz 50 f mwN).
[32] Eine rechtliche Sonderverbindung zwischen dem Geschädigten und dem Rechtsträger ist regelmäßig anzunehmen, wenn dem Betroffenen ein subjektives öffentliches Recht eingeräumt ist, ihm also etwa Parteistellung zukommt. Daher wird der Rechtswidrigkeitszusammenhang etwa bei Verstößen gegen das Betriebsanlagenrecht der GewO bejaht, weil dieses neben dem Schutz der Allgemeinheit auch den Schutz der Anrainer bezweckt ( 1 Ob 5/92 ; 1 Ob 107/97k ). Auch die Verletzung von Raumordnungsbestimmungen kann Amtshaftungsansprüche der Liegenschaftseigentümer und deren Rechtsnachfolger begründen ( 1 Ob 35/82 ). Dasselbe gilt für den durch eine Baubewilligung geschaffenen Vertrauenszustand des Bauwerbers ( 1 Ob 178/06t ). Diesen Fällen ist gemeinsam, dass sich der geschützte Personenkreis klar eingrenzen lässt ( 1 Ob 199/22d Rz 52).
[33] Das Bestehen eines subjektiven öffentlichen Rechts oder einer rechtlichen Sonderbeziehung ist aber nicht unbedingt Voraussetzung für die Bejahung des Rechtswidrigkeitszusammenhangs. Maßgebend ist vielmehr der im Einzelfall durch Auslegung zu ermittelnde Zweck der übertretenen Norm, der sich aus historischer oder objektiv teleologischer Interpretation ergeben kann ( 1 Ob 199/22d Rz 53 f mwN; 1 Ob 193/23y Rz 17).
[34] Damit stellt die vom Landesgesetzgeber ausgesprochene oder verweigerte Einräumung eines subjektiven öffentlichen Rechts bestimmter Personen (insbesondere die Berechtigung zur Verfahrensbeteiligung) zwar ein wichtiges Indiz für die Einbeziehung in den personellen Schutzbereich einer öffentlich-rechtlichen Norm dar. Daraus lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, die Verweigerung subjektiver öffentlicher Rechte, insbesondere die fehlende Parteistellung von Anrainern in einem verwaltungsrechtlichen (Bau-)Verfahren, bedeute stets, dass der Schutz dieser Personen von den in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht einmal mitbezweckt sei ( 1 Ob 200/04z = RS0119571 ).
[35] Werden etwa Pflichten der Vollziehung zur Verhinderung von Schäden durch (konkret bezeichnete) gefährliche Sachen oder Menschen angeordnet, so ist grundsätzlich anzunehmen, dass diese Pflichten den Rechtsgüterschutz jener Personen (mit )bezwecken, die mit den jeweiligen Gefahrenquellen in Berührung kommen (vgl 1 Ob 199/22d Rz 54; 1 Ob 193/23y Rz 18 mwN).
[36] Dementsprechend wurde zu den Bauordnungen der Länder bereits mehrfach ausgesprochen, dass die darin enthaltenen Bestimmungen der Hintanhaltung von Schädigungen oder Gefährdungen (primär der Allgemeinheit, aber auch des einzelnen von der Bauführung Betroffenen) dienen ( 1 Ob 200/13p ErwGr 6.2. ua); der Schutz reinen Vermögens ist davon aber grundsätzlich nicht umfasst (vgl RS0119032 ; 1 Ob 232/05g ; 6 Ob 216/21i Rz 39, 41; 4 Ob 169/23s Rz 23 ua). Jedenfalls in Ansehung von reinen Vermögensschäden ist auch bei Anrainern zu fordern, dass ihnen vom Gesetz subjektive öffentliche Rechte eingeräumt sein müssen, um sie vom Schutzzweck von Bauordnungsgesetzen erfasst ansehen zu können ( 1 Ob 20/93 = RS0027563 ).
[37] 1.3. Ausgehend von diesen allgemeinen Leitlinien hat der Oberste Gerichtshof bereits zum konkreten Schutzzweck des Benützungsbewilligungsverfahrens in der Bauordnung für Wien Stellung bezogen und dazu ausgesprochen, die Pflicht der Baubehörde zur Überprüfung der tatsächlichen Bauführung in ihrer Gesamtheit bezwecke (auch) die Abwehr von – mit der Nutzung des Baus verbundenen – Gefahren für Leben oder Gesundheit von Menschen (vgl 1 Ob 200/07d ErwGr 3.; 1 Ob 129/12w ErwGr 2.).
[38] Damit ist klargestellt, dass die mit der Prüfung verbundene Gefahrenabwehr nicht bloß der nicht näher bestimmbaren Allgemeinheit dienen soll, sondern – im Sinn der vorangegangenen Ausführungen – eben jenen konkret Betroffenen, die mit dem Bau (also der maßgeblichen Gefahrenquelle) in Berührung kommen. Der persönliche Schutzbereich muss sich folgerichtig insbesondere auch auf Anrainer erstrecken, unabhängig von ihrer (fehlenden) Parteistellung im Benützungsbewilligungsverfahren.
[39] 1.4. Im vorliegenden Fall geht es jedoch – ausgehend von den getroffenen Urteilsfeststellungen – nicht um unmittelbare Schäden des Nachbarn aus einer erfolgten Beeinträchtigung seiner (absolut) geschützten Rechtsgüter. In Frage steht vielmehr die Ersatzfähigkeit des Aufwands des Nachbarn zur Hintanhaltung einer erst drohenden Verletzung seiner geschützten Rechtssphäre durch die Benützung des Bauwerks.
[40] Die Vorinstanzen schlossen aus der grundsätzlich fehlenden Parteistellung des Nachbarn in den baubehördlichen Verfahren betreffend die Erteilung der Benützungsbewilligung bzw die Untersagung der Benützung (vgl dazu VwGH 97/06/0275 ; siehe auch 2000/06/0111 , je mwN), dass diese Aufwendungen nicht (mehr) vom Schutzzweck des § 38 Stmk BauG (LGBl Nr 59/1995 in der damals geltenden Fassung LGBl Nr 117/2016) miterfasst seien.
[41] Sie nehmen dabei allerdings zu wenig darauf Bedacht, dass nach der gesicherten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dem Nachbarn im Benützungsbewilligungverfahren dann doch (wieder) Parteistellung zukommt, wenn mit dem Bewilligungsbescheid nicht nur die Benützungsbewilligung erteilt, sondern – in der Sache – auch eine Änderung des zugrunde liegenden Baukonsenses vorgenommen und dadurch in die Rechtssphäre des Nachbarn eingegriffen wird (vgl – jeweils zum Stmk BauG – VwGH 2002/06/0031 ; 2005/06/0146 ; 2005/06/0077 ua). In diesem Fall kann der Nachbar sehr wohl auch im (nachfolgenden) Benützungsbewilligungsverfahren einschreiten und den (Elemente einer Baubewilligung enthaltenden) Bescheid bekämpfen, um seine rechtlich geschützten Interessen – das sind nach § 26 Abs 1 Z 2 und 3 Stmk BauG insbesondere auch die Einhaltung der Abstandsbestimmungen (§ 13 Stmk BauG) und der Schutz vor gesundheitsgefährdenden oder unzumutbar belästigenden Schallimmissionen (§ 77 Abs 1 Stmk BauG) – zu wahren.
[42] Schon ausgehend von dieser ausnahmsweise – gerade zum Schutz subjektiver öffentlicher Rechte des Nachbarn (näher dazu Schwarbeck/Freiberger/Scharfe , Steiermärkisches Baurecht 6 § 26 BauG Anm 1, 6 f) – zugebilligten Parteistellung kann kein Zweifel daran bestehen, dass die von der Baubehörde im Verfahren nach § 38 Stmk BauG zu beachtenden Bestimmungen auch den Schutz des Nachbarn mitbezwecken. Diese hat also im Rahmen des Benützungsbewilligungsverfahrens nicht ausschließlich im öffentlichen Interesse zu prüfen, ob das Bauvorhaben bewilligungsgemäß ausgeführt worden ist. Das erhellt nicht zuletzt aus § 38 Abs 5 Z 3 Stmk BauG, wonach die Benützungsbewilligung zu erteilen sei, „wenn die Ausführung vom genehmigten Projekt nur geringfügig abweicht“, in Zusammenhalt mit der Legaldefinition in § 4 Z 4 Stmk BauG, der zufolge eine solche geringfügige Abweichung eine Änderung in der Bauausführung sei, „wodurch weder öffentliche noch nachbarliche Interessen berührt werden und das Projekt in seinem Wesen nicht verändert wird“. Daraus geht unmissverständlich hervor, dass die Baubehörde gerade auch im Verfahren nach § 38 Stmk BauG die Rechtssphäre des Nachbarn im Blick haben muss und konkret zu prüfen hat, ob Abweichungen der Bauausführung zu einer Beeinträchtigung seiner Nachbarrechte gemäß § 26 Abs 1 Stmk BauG führen können.
[43] 1.5. Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass finanzielle Aufwendungen des Nachbarn zur Abwehr von Beeinträchtigungen seiner rechtlich geschützten Interessen, die gerade dadurch notwendig wurden, dass die Baubehörde zuvor aufgrund pflichtwidrigen Verhaltens die Benützung eines Bauwerks zugelassen hat, grundsätzlich vom Schutzzweck des § 38 Stmk BauG erfasst sein können.
[44] 1.6. In diesem Zusammenhang ist zugleich zu beachten, dass nicht nur ein durch Eingriff in ein absolut geschütztes Rechtsgut herbeigeführter unmittelbarer Nachteil ersatzfähig ist; auch der sogenannte „Rettungsaufwand“, das ist der Aufwand, der gemacht wird, um eine konkret drohende Gefahr für ein Rechtsgut abzuwenden, gehört zum– grundsätzlich auch nach § 1 Abs 1 AHG zu ersetzenden ( 1 Ob 200/13p ErwGr 4.1.) – positiven Schaden ( RS0023516 ; 2 Ob 28/14b ErwGr 5. mwN). Dem Betroffenen ist nämlich zuzugestehen, die aufgrund eines Fehlverhaltens des (potentiellen) Schädigers konkret drohende Gefahr für Leib und Leben durch vertretbare Maßnahmen abzuwehren. Ein damit einhergehender Aufwand ist mit anderen Worten Ausfluss des (umfassend) geschützten Interesses an der körperlichen Integrität.
[45] Schon deshalb kann im vorliegenden Fall – mit Blick auf die Feststellung, wonach die Benützung der Halle für den Kläger mit einer Gesundheitsgefährdung verbunden war – keine Rede von einem reinen Vermögensschaden des Klägers sein, der vom (sachlichen) Schutzbereich des § 38 Stmk BauG nicht erfasst sei.
[46] 1.7. Damit kann – bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen – auch ein zur Gefahrenabwehr erforderlicher Verfahrenskostenaufwand des Klägers Gegenstand des Amtshaftungsanspruchs sein (vgl 1 Ob 200/13p ErwGr 4.1.; RS0023577 ). Dass der Aufwand großteils durch Einschreiten in einem gesonderten (baupolizeilichen) Verfahren nach § 41 Abs 6 BauG entstand, ändert grundsätzlich nichts an dessen Ersatzfähigkeit, selbst wenn die in Betracht kommende Verfahrensordnung – wie hier – keine Kostenersatzpflicht kennt (vgl RS0023577 ).
[47] Der Aufwand ist aber nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Prinzipien jedenfalls nur insoweit zu ersetzen, als er zur Erreichung des Ziels, die drohende Gesundheitsgefährdung durch die Benützung der Halle abzustellen, zweckmäßig und angemessen war (vgl RS0023516 [T5];RS0022802; vgl auchRS0106806 [T2] ). Ob dies der Fall ist, muss jeweils am Vergleichsmaßstab des Vorgehens eines „vernünftigen Menschen in der gleichen Sachlage“ ex ante geprüft werden (vgl RS0023516 [T1, T3]).
2. Zum Vorwurf des unterlassenen amtswegigen Einschreitens der Baubehörde
[48] Allerdings scheitert eine Haftung der Beklagten auf Grundlage des im Revisionsverfahren aufrecht erhaltenen Fehlverhaltensvorwurfs, die Baubehörde hätte eine bereits kurz nach Fertigstellung der Halle einsetzende Benützung nach § 38 Abs 7 Stmk BauG von Amts wegen unterbinden müssen, schon daran, dass der Kläger – wie bereits von den Vorinstanzen zutreffend gewürdigt – kein substanziiertes Vorbringen zu einem konkreten Pflichtverstoß des Bürgermeisters der Gemeinde erstattet hat. Nur diesen hätte nämlich als zuständige Baubehörde erster Instanz eine Verpflichtung zum früheren (amtswegigen) Einschreiten im Sinn des § 38 Abs 7 Stmk BauG treffen können, falls ihm die Benützung der Halle bereits vorher bekannt oder bei pflichtgemäßem Vorgehen zumindest erkennbar war. Darauf hat sich der Kläger im Verfahren jedoch gar nicht gestützt, sondern bloß in Ansehung des Gemeinderats (als Baubehörde zweiter Instanz) ausgeführt, dessen Mitglieder hätten teilweise aufgrund ihrer (privaten) Mitgliedschaft im Eissportverein von der Nutzung der Halle gewusst.
3. Zum Berufungsbescheid vom 27. 12. 2019
[49] 3.1. Somit bleibt der vom Kläger weiters relevierte Vorwurf gegenüber dem Gemeinderat der Beklagten zu klären, diesem sei insoweit eine haftungsauslösende Amtspflichtverletzung anzulasten, als er in seinem Berufungsbescheid vom 27. 12. 2019 auf Basis der (unvertretbaren) Rechtsauffassung, die Bauausführung entspreche ohnehin der Baubewilligung, zu Unrecht die Benützungsbewilligung für die Halle erteilt habe.
[50] Tatsächlich bestehen seitens des erkennenden Senats Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids: Die Baubehörde hat zwar mit Bescheid vom 5. 11. 2015 die Errichtung der Halle über der bereits bestehenden Stocksportanlage bewilligt, zugleich aber auch klar ausgesprochen, dass der Bau – entsprechend dem Ansuchen des Eissportvereins – auf dem konkret angegebenen Gemeindegrundstück ausgeführt werden soll. Hinweise darauf, dass in Wahrheit ein Grenzüberbau – und damit im Ergebnis ein Bau auf zwei Grundstücken nach Maßgabe des § 22 Abs 2 Z 3 Stmk BauG – bewilligt werden sollte, lassen sich der Baubewilligung nicht einmal andeutungsweise entnehmen. Vor diesem Hintergrund ist die im Bescheid vom 27. 12. 2019 vorgenommene Auslegung der Baubewilligung überprüfungsbedürftig.
[51] 3.2. Leitet der Kläger seine Ansprüche aus einem als rechtswidrig bezeichneten Bescheid ab und hält das Amtshaftungsgericht den Bescheid für rechtswidrig, so hat es diese Frage nicht abschließend selbst zu beurteilen, sondern – falls, wie im vorliegenden Fall, ein bindendes Erkenntnis eines der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu dieser Frage noch nicht vorliegt (vgl RS0050212) – gemäß § 11 Abs 1 AHG das Verfahren zu unterbrechen und beim Verwaltungsgerichtshof die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids zu begehren, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von der Rechtswidrigkeit des Bescheids abhängig ist. Von einem Vorgehen nach § 11 Abs 1 AHG wäre nur dann abzusehen, wenn der Amtshaftungsanspruch schon aufgrund des Nichtvorliegens einer der sonstigen – vom Amtshaftungsgericht selbständig zu prüfenden – Haftungsvoraussetzungen, etwa mangels Kausalzusammenhangs zwischen dem allenfalls rechtswidrigen Bescheid und dem Schadenseintritt oder mangels Verschuldens des Organs, abzuweisen wäre (vgl RS0050237 ; RS0050218 ).
[52] 3.2.1. In diesem Zusammenhang stellt sich – mit Blick auf die dazu vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen – die Frage, ob nicht die dem Berufungsbescheid zugrunde gelegte Auslegung, selbst wenn sie objektiv unrichtig sein sollte, als jedenfalls vertretbar zu qualifizieren wäre, weil sie auf pflichtgemäßer Überlegung des Gemeinderats beruht (vgl RS0049974 [T2], RS0050216 [T1]; RS0049955 [T6]; RS0049951 ).
[53] Ausgehend von den getroffenen Feststellungen hat der Senat jedoch erhebliche Zweifel daran, dass sich der Gemeinderat im Rahmen der dem Berufungsbescheid zugrundeliegenden Beschlussfassung anlässlich der Gemeinderatssitzung vom 16. 12. 2019 von sorgfältigen Überlegungen leiten hat lassen. Der Gemeinderat hat zwar im Vorfeld dieser Beschlussfassung einen Rechtsanwalt, nämlich den Nebenintervenienten, als Rechtsberater beigezogen, diesen mit der Erstellung eines Bescheidentwurfs betraut und ist dessen Rechtsansicht letztlich auch vollinhaltlich gefolgt. Diese rechtliche Vorbeurteilung kann den Gemeinderat allerdings nicht exkulpieren, basiert sie doch bloß auf der Prämisse, dass die Halle (im Vergleich zu der dem Baubewilligungsbescheid zugrunde gelegten Grundrissdarstellung im Einreichplan) „verschoben“ errichtet worden war. Über Details, insbesondere auch den – den Mitgliedern des Gemeinderats damals bereits bekannten – Verdacht, dass die Halle tatsächlich sogar über die Grundgrenze hinausragen könnte, wurde der Nebenintervenient nicht in Kenntnis gesetzt. Er problematisierte das Vorliegen eines möglichen Überbaus in seinem Bescheidentwurf auch nicht von sich aus. Welche Folgerungen sich aus einem allenfalls zu bejahenden Grenzüberbau für die konkret zu beurteilende baurechtliche Frage des Vorliegens eines rechtlichen Aliuds, also einer nicht nur geringfügigen Abweichung der Bauausführung vom genehmigten Projekt (§ 38 Abs 5 Z 3 Stmk BauG) ergeben könnten, vermochte der Gemeinderat im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung aus der fachlichen Stellungnahme des Nebenintervenienten somit nicht abzuleiten. Zugleich zeigt aber der Umstand, dass noch in der Gemeinderatssitzung vom 16. 12. 2019 über den Verdacht des Bestehens eines solchen Überbaus diskutiert wurde, dass die Mitglieder des Gemeinderats diesem Umstand sehr wohl mögliche rechtliche Relevanz zumaßen. Dass nun der Gemeinderat in dieser Konstellation vor der Fassung des Gemeinderatsbeschlusses weder eine ergänzende Stellungnahme seines Rechtsberaters zu den rechtlichen Implikationen eines allfälligen Grenzüberbaus einholte, noch den bestehenden Verdacht durch zusätzliche Erhebungen auszuräumen versuchte, ist ihm (im Fall der Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheids) auch subjektiv zum Vorwurf zu machen.
[54] 3.2.2. Demgegenüber lässt sich schon jetzt beurteilen, dass all jene Aufwendungen, die dem Kläger vor dem – nach Ansicht des Senats – rechtswidrigen und unvertretbaren Bescheid des Gemeinderats der Beklagten vom 27. 12. 2019 erwachsen sind, durch das mutmaßliche Fehlverhalten nicht verursacht worden sind. Ein Ersatzanspruch des Klägers für dessen bis zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung entstandenen Verfahrenskosten sowie seinen bis dahin getätigten persönlichen Beweissicherungsaufwand scheidet somit von vornherein aus.
[55] Hinsichtlich des späteren, also nach dem 27. 12. 2019 getätigten Aufwands des Klägers zur Sicherung von Beweisen für die tatsächliche Benützung der Halle ist weiters darauf Bedacht zu nehmen, dass eine solche Beweissicherung für die Herstellung des rechtmäßigen Zustands nicht (mehr) erforderlich war (vgl RS0023577 ). Die tatsächliche Nutzung der Halle durch den Eissportverein musste nämlich jedenfalls nach der Erteilung der Benützungsbewilligung und der ersatzlosen Behebung des erstinstanzlichen Benützungsverbots durch den Gemeinderat nicht mehr nachgewiesen werden. Schon aus diesem Grund ist der damit zusammenhängende (Zeit-)Aufwand des Klägers nicht ersatzfähig.
[56] Desgleichen sind die Kosten der – trotz bereits eingeleiteten Verfahrens nach § 41 Abs 6 Stmk BauG und mangelnder Parteistellung im Benützungsbewilligungsverfahren – erhobenen Beschwerde des Klägers gegen den Bescheid vom 27. 12. 2019, die vom Landesverwaltungsgericht Steiermark als unzulässig zurückgewiesen wurde, nicht zu ersetzen, weil sie nicht für zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderliche Schritte aufgewendet wurden (vgl RS0023577 [T3, T5]).
4. Ergebnis
[57] Vor diesem Hintergrund hat es im Ergebnis bei der Abweisung des betreffenden Teils der geltend gemachten Vertretungskosten und Auslagen von 4.669,28 EUR sowie des Teilbegehrens auf Ersatz der mit 6.240 EUR bezifferten persönlichen Aufwendungen zu bleiben. Das Berufungsurteil ist insoweit als Teilurteil zu bestätigen.
[58]Im Übrigen, nämlich in Ansehung der nach dem 27. 12. 2019 im baupolizeilichen Verfahren nach § 41 Abs 6 Stmk BauG angefallenen Rechtsvertretungskosten und Auslagen des Klägers von gesamt 12.213 EUR, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen jedoch zur Veranlassung des gebotenen Vorgehens nach § 11 Abs 1 AHG aufzuheben. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofs ist Sache des Prozessgerichts, also des Gerichts erster Instanz, das allein das Verfahren in einer Weise unterbrechen kann, dass nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs die dann notwendige Erörterung des entstandenen Sachverhalts stattfinden kann (1 Ob 200/07d ErwGr 4. ; 1 Ob 74/15m ErwGr 4.; RS0050215 ).
[59] 5. Die Kostenentscheidungberuht in Bezug auf das Teilurteil auf § 52 Abs 4 ZPO und in Bezug auf den Aufhebungsbeschluss auf § 52 Abs 1 Satz 3 ZPO.