JudikaturJustiz9Ob243/99x

9Ob243/99x – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. September 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Josef P*****, Pensionist, ***** geboren am 22. Mai 1940, vertreten durch den Sachwalter Dr. Gerhard Koller, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses des Betroffenen gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 16. März 1999, GZ 44 R 155/99s, 44 R 156/99p, 44 R 157/99k-217, womit die Rekurse des Betroffenen gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Hietzing vom 7. August 1997, GZ 2 P 2200/95t-113, und vom 29. September 1997, GZ 2 P 2200/95t-134, zurückgewiesen wurden und der Beschluß vom 22. Dezember 1997, GZ 2 P 2200/95t-161, teilweise bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Das Erstgericht hat 1. (ON 113) den Bericht des damaligen Sachwalters Dr. Johannes Ruckenbauer zur Kenntnis genommen, ihn berechtigt, ohne Rücksicht auf Sperre und Klausel über im einzelnen angeführte Guthaben und Forderungen des Betroffenen zu verfügen, insbesondere diese einzuziehen und ihm aufgetragen, alle Eingänge in die Pflegschaftsrechnung aufzunehmen; 2. (ON 134) den Sachwalter Dr. Ruckenbauer ermächtigt, die bei der Wiener Städtischen Versicherung zur Polizze Nr LV-2, 872.410-8, bestehende Lebensversicherung zu kündigen und den Rückkauf der bereits zur Einzahlung gelangten Prämien zu beauftragen, weil dies im Interesse des Betroffenen gelegen sei; 3. (ON 161) den Schlußbericht des Sachwalters Dr. Ruckenbauer für die Zeit ab Bestellung zur Kenntnis genommen und dem Sachwalter für den Rechnungszeitraum hinsichtlich der im Beschluß angeführten Salden die Entlastung erteilt, die Entlohnung des Sachwalters mit einem Betrag von S 27.000 bestimmt und ihn ermächtigt, diesen Betrag den von ihm verwalteten Mitteln zu entnehmen und den Restbetrag an den neuen Sachwalter zu überweisen.

Das Rekursgericht wies die Rekurse gegen die Beschlüsse 1. und 2. zurück und gab dem gegen den Beschluß 3. gerichteten Rekurs teilweise Folge, bestätigte ihn hinsichtlich der Genehmigung der Schlußrechnung und der Zuerkennung eines Barauslagenersatzes von S 3.000 an den ehemaligen Sachwalter im Rahmen seines Belohnungsanspruches und hob im übrigen hinsichtlich des restlichen Belohnungsbegehrens einschließlich der Berechtigung zur Einbehaltung der Entlohnung den angefochtenen Beschluß auf. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 nicht übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich das als Revisionsrekurs bezeichnete vom Betroffenen und seinem bevollmächtigten Vertreter Ing. Gebhard F***** unterfertigte Rechtsmittel mit den Anträgen, den außerordentlichen Revisionsrekurs zuzulassen, in eventu diesen formal als außerordentlichen Revisionsrekurs eingebrachten Rekurs als ordentlichen Revisionsrekurs zuzulassen und den angefochtenen Beschluß des Rekursgerichtes aufzuheben und die Sachwalterschaftssache zur Neudurchführung des Verfahrens an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist die Rekurslegitimation zu prüfen.

Während die Legitimation des Rekurswerbers bei Anfechtung des Beschlusses ON 87 auf § 249 Abs 2 AußStrG beruhte, weil es um die Sachwalterbestellung ging, ist bei den nunmehr angefochtenen Beschlüssen ON 113, 134, 161 eine solche nicht Gegenstand des Verfahrens. Der Betroffene ist bezüglich der in den Wirkungsbereich des Sachwalters fallenden Vermögensverwaltung nach der Bestellung des Sachwalters für alle Angelegenheiten nicht geschäftsfähig. Seine Geschäftsunfähigkeit ergibt sich aus § 244 AußStrG und damit aus dem Beschluß über die Bestellung des Sachwalters, der hier für alle Angelegenheit bestellt wurde (AnwBl 1990/3555).

Nach der rechtskräftigen Bestellung eines Sachwalters steht dem Betroffenen jedoch bei Uneinigkeit über die Berechtigung oder Zweckmäßigkeit einer vom Sachwalter beabsichtigten, der Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes bedürfenden Maßnahme ein Rekursrecht zu (1 Ob 513/96; 2 Ob 2206/96t). Unabhängig davon, ob man die Grenzen der Handlungsfähigkeit des Betroffenen im allgemeinen enger oder weiter zieht, kann der Betroffene jedenfalls im Rahmen der ihm gemäß § 273a Abs 3 ABGB gebotenen Möglichkeiten selbständig agieren. Er kann daher auch in Ausübung seines Anhörungsrechtes grundsätzlich einen Bevollmächtigten bestellen (1 Ob 513/96). Dies nur, soferne ihm die Vernunft nicht völlig fehlt und er den Zweck der Vollmachtserteilung noch erkennen kann (8 Ob 635/93).

Die Rekurslegitimation des Betroffenen ist hier gegeben, so daß nicht dazu Stellung zu nehmen ist, daß das Rechtsmittel darüber hinaus auch noch durch einen bevollmächtigten Vertreter (aufgrund einer im Jahr 1997 erteilten Vollmacht) mitgefertigt ist.

Beschlüsse, mit denen das Rekursgericht einen Rekurs gegen eine erstinstanzliche Entscheidung zurückgewiesen hat, sind nach ständiger Rechtsprechung nur bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage anfechtbar, sodaß - wie es auch geschah - auszusprechen ist, ob der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist (RIS-Justiz RS0044501; 4 Ob 150/98g).

Der Revisionsrekurs ist ferner gegen den bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes hinsichtlich der Zuerkennung eines Barauslagenersatzes an den ehemaligen Sachwalter im Rahmen der Bestimmung der Sachwalterbelohnung gemäß § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig. Die Entscheidung über das Begehren des Sachwalters auf Zuspruch einer Belohnung, deren Bestandteil sowohl Umsatzsteuer als auch Barauslagen sind, ist nämlich als Entscheidung im Kostenpunkte anzusehen (RIS-Justiz RS0017311; 3 Ob 129/99p).

Im übrigen ist der Revisionsrekurs - außer im Falle des § 14a Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld und Geldeswert insgesamt S 260.000 nicht übersteigt und das Rekursgericht - wie hier - nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 14 Abs 3 AußStrG). Dies gilt dann nicht, wenn der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist.

Im vorliegenden Fall sind die dem Guthaben und den Forderungen gleichzusetzenden Ansprüche auf Einräumung der Verfügungsberechtigung, der Anspruch auf Rechnungslegung wie auch die Kündigung einer geldwerten Lebensversicherung und der Rückkauf der bereits zur Einzahlung gelangten Prämien nach dem materiellrechtlichen Inhalt vermögensrechtlicher Natur; Ansprüche, die vererblich und veräußerlich sind. Entscheidungsgegenstände, die nicht (rein) vermögensrechtlicher Natur sind, sind hingegen Fälle, die unmittelbar die Person eines Verfahrensbeteiligten betreffen (1 Ob 113/98v; 7 Ob 358/98t, 8 Ob 249/98w).

Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes ist für den Obersten Gerichtshof bindend, wenn nicht zwingende Bewertungsvorschriften verletzt wurden oder eine Bewertung nicht vorzunehmen gewesen wäre, was beides nicht zutrifft (RIS-Justiz RS0042617; 6 Ob 158/98y, 6 Ob 307/98k; 6 Ob 118/99t). Die vom Rechtsmittelwerber dargestellte Bewertung, die sich nicht auf zwingende Bewertungsvorschriften stützt, ist daher nach § 13 Abs 4 AußStrG unbeachtlich.

Daher kann nach § 14a AußStrG für den Fall, daß der Entscheidungsgegenstand S 260.000 nicht übersteigt und das Rekursgericht ausgesprochen hat, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, eine Partei nach § 14a Abs 1 und 2 AußStrG einen binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, daß der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (2 Ob 361/98x; 4 Ob 150/98g). Der Rechtsmittelschriftsatz ist daher nicht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Im Streitwertbereich des § 14a AußStrG sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, vielmehr nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort) vorzulegen, auch wenn das Rechtsmittel als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnet oder an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist (2 Ob 361/98x).

Rechtssätze
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