JudikaturJustiz7Ob60/99w

7Ob60/99w – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. März 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 7. Juli 1998 verstorbenen Dr. Helmuth L*****, wohnhaft gewesen in *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der erbserklärten Gesetzeserben mj. Severin L*****, geboren am 12. Mai 1982, mj. Catherine L*****, geboren am 8. Dezember 1983, und mj. Benedikt L*****, geboren am 15. August 1988, sämtliche in *****, sämtliche vertreten durch ihre Mutter Dr. Kathleen L*****, ebendort, diese vertreten durch Dr. Karl Bollmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 14. Jänner 1999, GZ 17 R 256/98p 63, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Von einer - wie im Revisionsrekurs behauptet - uneinheitlichen oder gar fehlenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den hier anstehenden (als erheblich im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG bezeichneten) Rechtsfragen kann keine Rede sein. Im einzelnen:

Zur Annahme der bedingten Erbserklärung durch die Lebensgefährtin aufgrund mündlichen Testamentes des Erblassers:

Gemäß § 122 zweiter Satz AußStrG ist grundsätzlich jede in der vorgeschriebenen Form abgegebene Erbserklärung vom Gericht anzunehmen; nur wenn von vorneherein feststeht, daß der in Anspruch genommene Erbrechtstitel zu keiner Einantwortung des Nachlasses an den Erbserklärten führen kann, wäre eine solche Erbserklärung bereits durch das Abhandlungsgericht zurückzuweisen (NZ 1995, 278; SZ 67/8; RIS Justiz RS0007986). Selbst dann, wenn es wenig wahrscheinlich ist, daß das behauptete Erbrecht materiell wirklich besteht, muß die Erbserklärung angenommen werden (RPflSlgA 1990/7996; NZ 1981, 105).

Das Abhandlungsgericht hat hiebei nur die äußere Form einer letztwilligen Verfügung zu prüfen, hingegen auf Fragen der inneren Form nicht einzugehen (EFSlg 64.804). Bei Berufung auf ein mündliches Testament des Erblassers entspricht es demgemäß der ständigen (und auch vom Rekursgericht beachteten) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß im Verlassenschaftsverfahren nur die Frage zu klären ist, ob die Erklärung des Erblassers den äußeren Formerfordernissen des § 585 ABGB entspricht; darüber, ob die Testamentszeugen die nicht zur Testamentserrichtung herbeigerufen sein mußten (RS0008020) zur Zeugenschaft aufgefordert wurden, ob ihre Aussagen hinreichend übereinstimmen, ob die Äußerung des Erblassers nur im Zuge eines Gespräches erfolgt ist, ob dieser den ernsten Willen hatte, ein Testament zu errichten oder er nur einen unverbindlichen Wunsch geäußert hat alle diese Umstände betreffen nur den Inhalt und nicht die äußere Form des Testaments, sodaß hierüber im Erbrechtsstreit, also im (streitigen) Rechtsweg entschieden werden muß (RPflSlgA 1987/7720; NZ 1995, 278, NZ 1997, 368; RS0008042). Testierabsicht und Zeugenbewußtsein gehören zur inneren Form und sind (ausschließlich) im Rechtsweg zu klären (EFSlg 64.807; RPflSlgA 1990/7996). Der äußeren Form ist bei einem mündlichen Testament Genüge getan (und damit für die Annahme einer darauf gestützten Erbserklärung ausreichend), wenn feststeht, daß der Erblasser vor drei gleichzeitig anwesenden Personen eine Erklärung abgegeben hat, die einen letzten Willen darstellen kann (1 Ob 595/77; RPfSlgA 1990/7996; RS0008021). Auch die Übereinstimmung der Zeugenaussagen über den Inhalt eines mündlichen Testaments gehört zwar zur äußeren Form, doch begründet nicht jeder Widerspruch zwischen den Zeugenaussagen einen (auch bei der Verteilung der Parteirollen zu berücksichtigenden) Mangel derselben (NZ 1984, 178; RS0008022); die Aussage der Testamentszeugen muß also keineswegs wörtlich, sondern nur dem Sinne nach inhaltlich übereinstimmen (NZ 1978, 13; SZ 69/161; RS0012489). Ein solcher Widerspruch läge nur dann vor, wenn ua die Aussagen der Zeugen über den wesentlichen Punkt der Erbeinsetzung nicht übereinstimmen (SZ 47/129, 69/161; RS0008059, RS0105494) - wovon im vorliegenden Fall, wo sämtliche am 16. 5. 1998 zugegen gewesenen Angehörigen der Familie A***** (darunter ein Rechtsanwaltsanwärter) übereinstimmend und widerspruchsfrei bezeugten, daß der Erblasser klar und für alle unmißverständlich erklärt hatte, seine Lebensgefährtin zur Erbin einzusetzen und seine drei minderjährigen Kinder aus der geschiedenen früheren Ehe auf den niedrigsten gesetzlichen Pflichtteil zu beschränken; daß der Erblasser hiebei gleichzeitig erklärte, er werde das zu einem späteren Zeitpunkt auch noch schriftlich festhalten (wozu es wegen seines raschen Ablebens dann nicht mehr gekommen ist), steht der Annahme des Bewußtseins von Zeugen, einem Testierakt beizuwohnen, nicht entgegen (NZ 1997, 368); Testierabsicht und Bewußtsein der Zeugenschaft als Voraussetzung für die Gültigkeit der letztwilligen Anordnung sind jedoch wie bereits ausgeführt gleichfalls nicht vom Abhandlungsgericht, sondern im Rahmen des Erbrechtsstreites zu prüfen (SZ 62/60; NZ 1995, 278; NZ 1997, 368). Letztlich ist für die Frage der Annahme einer Erbserklärung (und in weiterer Folge für die Verteilung der Parteirollen im Erbrechtsstreit) auch ohne Bedeutung, ob die in Rede stehende letztwillige Erklärung als Testament oder als Kodizill oder unter Umständen auch bloß als Legat zu verstehen ist (NZ 1984, 178), weil auch Erbserklärungen aufgrund letztwilliger Anordnungen, in denen nur über einzelne Nachlaßgegenstände verfügt wurde jedenfalls dann, wenn nicht auszuschließen ist, daß der Bedachte als Erbe berufen wurde , zu Gericht anzunehmen sind (SZ 67/8, 69/161; RS0007998). Die Gültigkeit, Auslegung und Klarstellung der Absicht des Erblassers sind nämlich gleichfalls nicht vom Außerstreitrichter zu prüfen (RS0007938).

Zur Entziehung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses samt Einsetzung eines Verlassenschaftskurators:

Die anwaltlich vertretenen Revisionsrekurswerber haben diese Punkte des erstgerichtlichen Beschlusses zwar einleitend ihres Rekurses an das Gericht zweiter Instanz (ON 36) als ebenfalls von ihrer Anfechtung betroffen bezeichnet (und im Rekursantrag deren ersatzlose Behebung beantragt), inhaltlich jedoch im Rechtsmittel nur (Rechts )Ausführungen zur ihrer Auffassung nach zu Unrecht erfolgten Annahme der bedingten Erbserklärung der Lebensgefährtin des Erblassers (Punkt 2. des bekämpften Beschlusses) gemacht; darüber hinaus war das Rechtsmittel jedoch völlig inhaltsleer. Darauf hat auch das Rekursgericht bereits zutreffend im letzten Absatz seiner Entscheidung hingewiesen. Ist aber einem Rechtsmittel an die zweite Instanz eine (gesetzmäßige) Rechtsrüge nicht zu entnehmen, dann kann dies im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof auch nicht im Wege eines außerordentlichen Rechtsmittels [Revision/Revisionsrekurs] nicht mehr mit Erfolg nachgeholt werden (vgl Kodek in Rechberger , ZPO Rz 5 zu § 503; für das Außerstreitverfahren 3 Ob 106/97v, 4 Ob 556/91; RS0043480), zumal dann, wenn es sich wie hier - um von Anfang an anwaltlich vertretene Parteien handelte, bei denen (anders als bei unvertretenen Parteien) eine sonst in Außerstreitsachen in Frage kommende besondere „Großzügigkeit“ in der Erkennbarkeit und Beurteilung von Rechtsmittelschriften bzw Rechtsmittelgründen (vgl etwa EvBl 1997/45) Platz zu greifen hat. Die gleiche Konsequenz hat auch bei fehlenden Rechtsausführungen zu einem bestimmten, von der Anfechtung betroffenen Themenkreis zu gelten (8 Ob 216/97s). Da somit schon das Rekursgericht nicht in die Lage versetzt war, über diesen Anfechtungspunkt mangels rechtlicher Bekämpfung rechtlich inhaltlich abzusprechen, liegt schon deshalb insoweit keine (vom Rekursgericht falsch beantwortete) Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG vor.

Damit erweist sich aber der außerordentliche Revisionsrekurs insgesamt als unzulässig, weshalb er zurückzuweisen ist.

Rechtssätze
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