JudikaturJustiz7Ob20/07b

7Ob20/07b – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. April 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** AG, *****, vertreten durch Dr. Bernd Bakay, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. Mag. Christof N*****, 2. Franz N*****, beide: *****, und 3. DDr. Johann N*****, alle vertreten durch MMag. Dr. Michael Michor und Mag. Walter Dorn, Rechtsanwälte in Villach, wegen EUR 149.603,46 sA über den Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 11. April 2006, GZ 6 R 62/06v-24, womit der Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 23. Jänner 2006, GZ 50 Cg 98/05t-17, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Erstgerichtes im Kostenpunkt werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung über die Nebenintervention insgesamt lautet:

Die Nebenintervention der K*****gesellschaft mbH, *****, wird zurückgewiesen.

Die K*****gesellschaft mbH ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 4.345,35 (darin enthalten EUR 724,23 an USt) bestimmten Kosten des Zwischenstreites (Rechtsmittelverfahren) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte den Ersatz jener Kosten, die sie habe aufwenden müssen, um die Bodenverunreinigungen zu beseitigen, die sich auf der vom Rechtsvorgänger der Beklagten gekauften Liegenschaft befunden hätten. Die Beklagten bestritten das Klagebegehren unter anderem mit der Begründung, dass die Klägerin, die diese Liegenschaft in der Zwischenzeit an die K*****gesellschaft mbH weiter verkauft habe, der Käuferin gegenüber keinerlei Haftung für die Kontaminierungsfreiheit der Liegenschaft übernommen habe und dass der Auftrag zur Sanierung nicht von der Klägerin, sondern von der K*****gesellschaft mbH erteilt worden sei.

Die Klägerin verkündete der K*****gesellschaft mbH unter Hinweis auf das Vorbringen der Beklagten den Streit, „zumal der Klägerin im Falle der Sachfälligkeit Regressansprüche gegen die streitverkündete Partei zustehen würden".

Die K*****gesellschaft mbH erklärte ihren Beitritt als Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin, wiederholte dazu das Vorbringen der Klägerin in der Streitverkündung und ergänzte, dass sie ein rechtliches Interesse daran habe, „dass kein Regressanspruch der klagenden Partei gegen sie besteht". Sie bestreite, den Beseitigungsauftrag erteilt zu haben oder die Kosten der Beseitigung selbst tragen zu müssen.

Die Beklagte stellte den Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention, wobei sie außer Streit stellte, dass die Klägerin die Aufträge für die Beseitigung der Bodenverunreinigungen gegeben und die entsprechenden Leistungen auch bezahlt habe. Das Erstgericht wies die Nebenintervention im Hinblick auf die Außerstreitstellung der Beklagten zurück und verpflichtete die Beklagten zum Kostenersatz. Die Beklagten hätten durch ihr Vorbringen die Beitrittserklärung veranlasst. Das rechtliche Interesse sei aber nunmehr durch die Außerstreitstellung weggefallen. Es sei nicht nachvollziehbar, worauf sich die Regressansprüche der Klägerin stützen sollten.

Das Rekursgericht änderte den angefochtenen Beschluss dahingehend ab, dass es den Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention abwies und die K*****gesellschaft mbH als Nebenintervenientin zuließ. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Auffassung, dass für die Zulässigkeit der Nebenintervention jener Zeitpunkt maßgebend sei, in dem der Beitritt erklärt worden sei. Eine Außerstreitstellung der Beklagten zu einem späteren Zeitpunkt könne am rechtlichen Interesse der Nebenintervenientin nichts ändern. Im Übrigen könnten die Beklagten ihre Außerstreitstellung bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz wieder zurücknehmen. Die Streitverkündung der Klägerin sei nicht anders zu verstehen, als dass sie beabsichtige, die Kosten der Beseitigung der Kontaminierung von der Nebenintervenientin aus welchem Rechtsgrund auch immer hereinzubringen, sollte sie im vorliegenden Verfahren ganz oder teilweise unterliegen. Die Klägerin habe diesen „Regressanspruch" bis dato nicht aufgegeben, sodass der Nebenintervenientin gar keine andere Wahl bleibe, als sich am Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin zu beteiligen. Im Fall eines abweisenden Urteiles müsste sie sich die Feststellungen entgegen halten lassen, aus denen sich eine fehlende Verursachung oder ein fehlendes Verschulden Dritter an der Kontamination ergeben könnte, oder gegen sich wirken lassen, dass die Klägerin die Liegenschaft unter Gewährleistungs- und Haftungsausschluss weiterverkauft habe, obwohl die Nebenintervenientin dazu eine andere Rechtsansicht vertrete.

Das Rekursgericht unterließ den Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO, ob der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten, der gemeinsam mit der außerordentlichen Revision ausgeführt wurde, mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ungeachtet dessen, dass das Rekursgericht keinen Ausspruch gemäß §

526 Abs 3 ZPO iVm § 500 Abs 2 Z 3 ZPO getätigt hat, ist es hier nicht

erforderlich, die Sache an das Rekursgericht zur Berichtigung bzw

Ergänzung seiner Entscheidung durch Aufnahme eines

Zulässigkeitsausspruches zurückzustellen. Die Revisionsrekurswerber

zeigen nämlich eine erhebliche, die Zulässigkeit des

Revisionsrekurses rechtfertigende Fehlbeurteilung der zweiten Instanz

auf. Es ist daher entbehrlich, der zweiten Instanz die ohnedies den

Obersten Gerichtshof nicht bindende Entscheidung abzuverlangen, ob

der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist oder nicht, weil der

Oberste Gerichtshof - gleich wie ein nachgetragener Ausspruch lauten

würde - eine Sachentscheidung zu treffen hat (9 ObA 37/04p =

RIS-Justiz RS0119067; 3 Ob 79/90, 9 ObA 267/01g = RIS-Justiz

RS0002488 [T10, T11]).

Die Entscheidung, durch welche die Nebenintervention für zulässig erklärt wird, kann nicht durch ein abgesondertes Rechtsmittel angefochten werden (§ 18 Abs 4 ZPO; RIS-Justiz RS0035543). Die Überprüfung dieser Beschlüsse kann daher zusammen mit der Bekämpfung der Endentscheidung begehrt werden (4 Ob 156/06d; RIS-Justiz RS0041614). Die Bekämpfung der Zulassung der Nebenintervention durch das Rekursgericht konnte daher in der außerordentlichen Revision gegen das Zwischenurteil erfolgen (vgl RIS-Justiz RS0035567). Der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Zurückweisung des Antrages auf Beitritt als Nebenintervenient der Zurückweisung einer Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen nicht gleichzuhalten ist (2 Ob 97/06p; RIS-Justiz RS044540). Das Rechtsmittelverfahren ist daher einseitig. Ein rechtliches Interesse nach § 17 Abs 1 ZPO hat der Nebenintervenient dann, wenn die Entscheidung unmittelbar oder mittelbar auf seine privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Verhältnisse rechtlich günstig oder ungünstig einwirkt. Das rechtliche Interesse muss allerdings ein in der Rechtsordnung gegründetes und von ihr gebilligtes Interesse sein, das über das bloß wirtschaftliche Interesse hinausgeht (RIS-Justiz RS0035724). Es genügt, dass der Rechtsstreit die Rechtssphäre des Nebenintervenieten berührt (RIS-Justiz RS0035638). Ein rechtliches Interesse ist insbesondere im Falle drohender Regressnahme in einem Folgeprozess als Folge des Prozessverlustes der streiverkündenden Partei im Hauptprozess zu bejahen (7 Ob 148/06z mwN; vgl RIS-Justiz RS0107338). Für die Zulässigkeit der Nebenintervention ist jener Zeitpunkt maßgebend, in dem der Beitritt erklärt wird, also jener des Einlangens der Erklärung bei Gericht (10 Ob 2403/96x; Schubert in Fasching/Konecny2, § 18 ZPO, Rz 10). Bei der Beschlussfassung über die Nebenintervention ist das Gericht an die vom Nebenintervenienten in der Beitrittserklärung vorgebrachten und im Fall der Bestreitung bescheinigten Tatsachen gebunden. Es kann die Zulässigkeit nicht aus anderen Tatsachen ableiten (RIS-Justiz RS0035678; Schubert aaO mwN). Soweit also das Rekursgericht über die Erklärung der K*****gesellschaft mbH hinausgehende Tatsachen und Rechtsüberlegungen seiner Entscheidung zugrundelegt, ist dies nicht zulässig. Die K*****gesellschaft mbH stützt sich nur auf das Vorbringen in der Streitverkündung. Das Tatsachensubstrat beschränkt sich darauf, dass sie selbst den Beseitigungsauftrag nicht erteilt habe und die Kosten daher nicht von ihr zu tragen seien.

Daraus ergibt sich aber kein Anhaltspunkt für einen möglichen Regressanspruch. Die Bestreitung der Beklagten, die die Grundlage der Streitverkündung und der Nebenintervention bildet, richtete sich nur gegen das Bestehen des Klagsanspruches aus dem Grund, dass der Klägerin selbst kein Schaden entstanden sei, weil die Käuferin K*****gesellschaft mbH als Auftraggeberin die Kosten selbst tragen müsse. Sollte die Klägerin im vorliegenden Verfahren aus diesem Grund unterliegen, bleibt es unerfindlich, woraus sich ein „Regressanspruch" der Klägerin gegen die Käuferin K*****gesellschaft mbH ergeben könnte. Bereits aus den vorgebrachten Tatsachen ist kein rechtliches Interesse der K*****gesellschaft mbH zu erkennen. Auf die Außerstreitsstellung der Beklagten kommt es ohnehin nicht an. Die Nebenintervention ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Nebenintervenientin ist in dem Zwischenstreit über die Zulassung der Nebenintervention unterlegen und hat daher den Beklagten die Kosten des Zwischenstreites zu ersetzen (7 Ob 725/80 = SZ 53/168, RIS-Justiz RS0035436; Bydlinski in Fasching/Konecny2, § 41 ZPO, Rz 13; Fucik in Rechberger2, vor § 40 ZPO, Rz 7; Obermaier, Das Kostenhandbuch, Rz 263).

Im erstinstanzlichen Verfahren sind den Beklagten durch den Zwischenstreit keine gesonderten Kosten entstanden. Die verzeichneten Kosten sowohl des Schriftsatzes als auch der Tagsatzung vom 23. 1. 2006 sind Kosten des (Haupt )Verfahrens, da auch zur Hauptsache vorgebracht und verhandelt wurde und keine zusätzlichen Kosten aufgelaufen sind. Es sind aber die Kosten des Rechtsmittelsverfahrens im Zwischenstreit zuzusprechen.

Rechtssätze
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