JudikaturJustiz6Ob313/98t

6Ob313/98t – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Januar 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Vogel als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 21. August 1996 verstorbenen Johanna K*****, *****, infolge Revisionsrekurses des Erben, Herwig K*****, vertreten durch Dr. Kurt Lechner, Rechtsanwalt in Neunkirchen, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wr. Neustadt als Rekursgerichtes vom 10. September 1998, GZ 16 R 69/98f-30, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 24. März 1998, GZ A 408/96w-27, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, daß die Verbücherungsanordnung wie folgt zu lauten hat:

Aufgrund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung wird ob der der Erblasserin zur Gänze gehörenden Liegenschaft EZ 2045 Grundbuch 23321 Neunkirchen mit dem Grundstück Nr. 1200 Baufläche (Gebäude, Baufläche [begrünt]) nachstehende Eintragung vorzunehmen sein:

Die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Herwig K*****, geboren am 21. 5. 1955 mit der Beschränkung des im Testament auferlegten Veräußerungsverbotes zugunsten der Kinder und Kindeskinder der Erblasserin.

Text

Begründung:

Die am 21. 8. 1996 verstorbene Erblasserin hinterließ drei Kinder, Hans, Margit und Herwig K*****. Der Ehegatte ist vorverstorben. In ihrem Testament setzte die Erblasserin den Sohn Herwig als Haupterben ein, die beiden anderen Kinder sollten den Pflichtteil erhalten. Einrichtung und diverse andere Sachen sollten auf drei Teile aufgeteilt werden. Weiters verfügte sie, auf Wunsch ihres Mannes dürfe das Haus nicht anderweitig verkauft werden, und solle immer in der Familie K***** verbleiben. Der Sohn Hans solle bis zu seinem Ableben ein Wohnungsrecht im Obergeschoß des Hauses ***** haben.

Herwig K***** gab aufgrund dieses Testaments die bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß ab. Die Tochter der Erblasserin erklärte, ihr Pflichtteilsrecht in Anspruch zu nehmen. Es wurde ein Inventar errichtet. Der Erbe erklärte, der Testamentserfüllungsausweis sei durch Abgabe der Erbserklärung erfüllt, seinem Bruder Hans stehe bereits aufgrund eines Notariatsaktes vom 16. 12. 1995 ein bücherlich sichergestelltes Wohnungsrecht zu, mit der Schwester sei die außergerichtliche Berichtigung des Pflichtteils vereinbart worden. Er beantrage als Erbe die Einantwortung des Nachlasses. Der Erbe vertrat die Auffassung, die von der Erblasserin vorgenommene Formulierung stelle weder eine Auflage noch eine fideikommissarische Substitution dar, sondern sei lediglich ein (unerheblicher) Wunsch des vorverstorbenen Vaters.

Der Noterbe Hans K***** beantragte, zugleich mit der Erlassung der Einantwortungsurkunde eine fideikommissarische Substitution und ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten der gesetzlichen Erben und nahen Angehörigen des erbserklärten Erben in der entsprechenden Einlagezahl anzuordnen.

Im Mantelbeschluß nahm das Erstgericht unter anderem die Erbserklärung und das Inventar zu Gericht an, erklärte, das Testament für erfüllt zu erachten und kündigte die Erlassung der Einantwortungsurkunde an. Gleichzeitig wies es den Antrag des Noterben auf Anordnung der fideikommissarischen Substitution und eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes in die erblasserische Liegenschaft zurück und erließ die Einantwortungsurkunde, wonach der Nachlaß dem erblasserischen Sohn Herwig K***** aufgrund des Testamtens zur Gänze eingeantwortet wurde. Die Einantwortungsurkunde enthält auch eine Verbücherungsanordnung, wonach aufgrund der Ergebnisse der Verlassenschaftsabhandlung die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Testamentserben vorzunehmen sein werde.

Das Rekursgericht wies die gegen Mantelbeschluß und Einantwortungsurkunde gerichteten Rekurse des Noterben zurück, seinen Rekurs gegen die Zurückweisung des Antrages auf Anordnung der fideikommissarischen Substitution und eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes wies es ab. Es vertrat die Auffassung, die von der Erblasserin gewählte Formulierung stelle eine Auflage im Sinn des § 709 ABGB dar, die in die öffentlichen Bücher einzutragen sei.

Das Erstgericht ergänzte darauf die Einantwortungsurkunde durch eine Verbücherungsanordnung, wonach es die Einverleibung des Eigentumsrechts für Herwig K***** mit Beschränkung durch die im Testament enthaltene Verfügung, daß das Haus anderwärtig nicht verkauft werden dürfe und immer in der Familie K***** verbleiben solle, anordnete.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Erben - in welchem dieser neuerlich geltend machte, die Erblasserin habe in ihrem Testament keine Auflage erteilt, sondern lediglich einen unverbindlichen Wunsch zum Ausdruck gebracht - nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S nicht übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Auf Antrag des Erben nach § 14a AußStrG änderte das Rekursgericht seinen Zulässigkeitsausspruch ab und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu.

Wie schon in seiner zuvor über den Rekurs des Noterben ergangenen Entscheidung vertrat das Rekursgericht die Auffassung, die Erblasserin habe mit der gewählten Formulierung weder eine fideikommissarische Substitution noch einen unverbindlichen Wunsch formulieren wollen. Ihre bestimmt ausgedrückte Anordnung stelle eine Auflage im Sinn des § 709 ABGB dar. Sie habe damit den Willen ihres verstorbenen Mannes auch zu ihrem Willen erhoben. Die Auflage sei als eine auflösende Bedingung mit der Wirkung anzusehen, daß durch ihre Nichterfüllung der Nachlaß verwirkt werden solle. Derartige Auflagen seien in die öffentlichen Bücher einzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Erben ist zulässig aber nicht berechtigt. Der Umstand, daß eine in die Einantwortungsurkunde aufgenommene Verbücherungsklausel nur ankündigt, was nach Rechtskraft der Einantwortungsurkunde (und Vorliegen der Unbedenklichkeitsbescheinigung) zu veranlassen sein wird, hindert im vorliegenden Fall nicht die Annahme einer Beschwer des Erben bei ihrer Anfechtung. Abgesehen davon, daß der Erbe grundsätzlich legitimiert ist, im Abhandlungsverfahren ergangene Beschlüsse durch Rechtsmittel zu bekämpfen (EFSlg 39.642; EvBl 1990/117) wird seine Rechtsposition durch die vom Rekursgericht vorgenommene Auslegung der letztwilligen Verfügung (wonach es sich bei der Anordnung der Erblasserin um eine bei Verbücherung seines Eigentumsrechts einzutragende Auflage handelt) jedenfalls berührt.

Ziel der Auslegung einer letztwilligen Verfügung ist, den Bewußtseinsinhalt des Erblassers zur Zeit der Verfügung und insbesondere seine Willensbestrebungen festzustellen (RIS-Justiz RS0043463). Dazu haben sich Erbe und Noterbe nur auf die von der Erblasserin vorgenommene Formulierung berufen. Die Entscheidung hing damit nicht von sonstigen streitigen Umständen im Sinn des § 2 Abs 2 AußStrG ab, die eine Verweisung auf den Rechtsweg erfordert hätten, sodaß die Frage, ob die Erblasserin eine Auflage gesetzt oder bloß einen unverbindlichen Wunsch geäußert hat, im außerstreitigen Verfahren als Urkundenauslegung abschließend rechtlich zu beurteilen ist (vgl SZ 60/225; SZ 69/247).

Ausgehend vom Wortlaut der Erklärung, wonach "das Haus anderwärtig nicht verkauft werden darf" und "immer in der Familie K***** verbleiben soll" hat das Rekursgericht diese Anordnung der Erblasserin nicht als unverbindlichen Wunsch sondern als Auflage im Sinn des § 709 ABGB beurteilt. Diese Auffassung steht mit den Sprachregeln im Einklang. Danach bedeutet "dürfen" schon nach den allgemeinen Sprachgebrauch "die Erlaubnis haben". Wenn etwas nicht verkauft werden darf, bedeutet dies demnach, daß der an sich rechtlich Verfügungsberechtigte keine Erlaubnis zum Verkauf hat. Wie schon das Rekursgericht erkannt hat, hat die Erblasserin mit ihrer Formulierung damit nicht etwa nur einem unverbindlichen Wunsch Ausdruck verliehen. Sie hat vielmehr klar zum Ausdruck gebracht, die Liegenschaft nur unter der Auflage (somit auflösenden Bedingung) zuzuwenden, daß sie im Eigentum von Angehörigen der Familie K***** verbleibt, und dem eingesetzten Erben ein Verkauf an andere Personen verboten wird. Daran kann auch der Hinweis darauf, daß ihr Mann das so gewünscht habe, nichts ändern, brachte doch die Erblasserin damit nur zum Ausdruck, daß sie diesem Wunsch dadurch Rechnung trägt, daß sie ihn zum Gegenstand ihrer letztwilligen Verfügung macht.

Daß die Erblasserin ihre Verfügung als "Wunsch" artikuliert, vermag für sich allein noch keine Unverbindlichkeit zum Ausdruck zu bringen, zumal eine bestimmt formulierte letztwillige Verfügung nicht der Befehlsform bedarf (SZ 60/225; NZ 1985/26). Auch der Umstand, daß dem Noterben Hans K***** ein Vorkaufsrecht und ein Wohnrecht durch Notariatsakt bereits eingeräumt worden waren, spricht nicht für einen unverbindlichen Wunsch. Das dem Bruder eingeräumte Wohn- und Vorkaufsrecht ist jedenfalls dann von Bedeutung, wenn eine Veräußerung an einen anderen Familienangehörigen geplant sein sollte.

Auch daß die Erblasserin nachteilige Folgen für den Fall der Nichtbefolgung ihrer Auflage nicht angeführt hat, ist für die Auslegung ohne Bedeutung, ergeben sich doch die Rechtsfolgen der Nichteinhaltung der gesetzten auflösenden Bedingung schon aus dem Gesetz und bedürfen keiner weiteren Anordnung.

Dem Einwand des Revisionsrekurswerbers, eine Auflage scheide schon mangels Bestimmtheit des von der Erblasserin verwendeten Begriffes "Familie" aus, kommt gleichfalls keine Berechtigung zu. Der aus § 564 ABGB abzuleitende Grundsatz der Bestimmtheit letztwilliger Verfügungen verwehrt es dem Erblasser nicht, seine Anordnungen künftigen, noch nicht bekannten Umständen anpassen zu können, indem er zum Beispiel Bedingungen setzt (§§ 496 ff; vgl Eccher in Schwimann, ABGB2 Rz 1 zu § 564). Dem Bestimmtheitsgebot wird im übrigen auch dann genüge getan, wenn sich die bedachte Person durch Auslegung bestimmen läßt (Eccher aaO Rz 4 zu § 564); dies ist hier der Fall.

Der Erblasser muß zwar einen Nacherben selbst bestimmen (Eccher aaO Rz 3 zu § 564). Überläßt er die Auswahl jedoch dem Vorerben, wird diese Anordnung von der ständigen Rechtsprechung als Auflage beurteilt (SZ 60/225; NZ 287/130; Eccher aaO Rz 3 zu § 608 und Rz 4 zu § 709). Sie ist als Auflage auch dann gültig, wenn der Vorerbe den Auflagebegünstigten aus einem bestimmten Personenkreis auszuwählen hat (SZ 60/225).

Die von der Erblasserin gesetzte Auflage sieht die Mitglieder der Familie K***** als Begünstigte vor, wobei es dem Vorerben überlassen bleibt, welchem Familienmitglied er die Liegenschaft für den Fall eines Verkaufs übereignet. Die Verfügung der Erblasserin ist schon deshalb nicht im Sinn des § 564 ABGB unbestimmt, weil sich der Personenkreis der Begünstigten bestimmen läßt (Eccher aaO Rz 4 zu § 564). Mit Rücksicht darauf, daß der Gatte der Erblasserin vorverstorben ist und sie selbst keine Eltern, wohl aber drei erwachsene Kinder hinterläßt, ist nicht zweifelhaft, daß sie mit diesem Begriff "Familie K*****" nicht die Familie im engeren Sinn einer Haushaltsgemeinschaft, sondern vielmehr im Sinn des weiten Familienbegriffs des § 40 ABGB anspricht und damit - auch in Übereinstimmung mit den allgemeinen Sprachgebrauch - ihre Kinder und Kindeskinder meinte. Damit ist aber die gesetzliche Auflage entgegen der Auffassung des Revisionsrekurses nicht unbestimmt geblieben.

Die Erblasserin hat mit ihrer Anordnung die Liegenschaft unter der an den Erben gerichteten Auflage zugewendet, diese im Besitz der Familie K*****, sohin ihrer Kinder und Kindeskinder zu erhalten und nicht an andere Personen zu veräußern. Diese Auflage ist als auflösende Bedingung anzusehen, ihre Nichterfüllung führt zur Verwirkung des Nachlasses (§ 709 ABGB; vgl SZ 60/225).

Solange eine Nichterfüllung der Auflage möglich ist, unterliegt der Belastete der Sicherstellungspflicht des § 158 Abs 1 AußStrG (Kralik, Erbrecht3 265). Nach dieser Bestimmung müssen Auflagen (also Anordnungen, die nach §§ 707 bis 709 ABGB Substitutionen gleichzuhalten sind), in die öffentlichen Bücher eingetragen werden. Einzutragen ist dabei die der Auflage entsprechende - aus der Einantwortungsurkunde ersichtliche - Beschränkung des Eigentumsrechts (SZ 60/225 mwN, Demelius, Der Abhandlungsrichter als Grundbuchsrichter, NZ 1934, 96 ff [99]). Die von der Erblasserin im vorliegenden Fall verfügte Beschränkung des Eigentumsrechts ist als Veräußerungsverbot zugunsten der Kinder oder Kindeskinder der Erblasserin anzusehen (vgl SZ 60/225), sie verpflichtet damit nur den eingeantworteten Erben.

Die vom Erstgericht aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen (s. Demelius aaO 99; Wolf, Über Probleme der Verbücherung des Abhandlungsergebnisses NZ 1979, 6) erlassene Verbücherungsklausel wird aufrecht erhalten. Es wird ihr nur eine dem Willen der Erblasserin entsprechende klarere Fassung gegeben.

Rechtssätze
6