JudikaturJustiz6Ob251/00f

6Ob251/00f – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Februar 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Seeschiffsregistersache der Antragstellerin G*****gesellschaft mbH Co KG VI, ***** vertreten durch Cerha, Hempel Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, wegen Eintragung eines Seeschiffes im Schiffsregister, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. Juli 1999, GZ 46 R 1052/99t-16, womit über den Rekurs der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 20. April 1999, GZ 51 Nc 325/98v-9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden ersatzlos behoben.

Text

Begründung:

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr (Oberste Schifffahrtsbehörde) übermittelte dem für die Registrierung von Seeschiffen zuständigen Bezirksgericht am 9. 12. 1998 den Bescheid vom 7. 12. 1998 über die bis 1. 1. 2004 befristete Zulassung des (nach dem Bescheidinhalt) im Eigentum der Antragstellerin stehenden Motorschiffes "S*****" zur Seeschifffahrt. Die Antragstellerin beantragte die Eintragung des Schiffes im Seeschiftssregister. Sie habe das Hochseefrachtschiff gekauft. Das Schiff sei in keinem Schiffsregister eingetragen und lastenfrei. Die Antragstellerin legte ihrem Antrag folgende Urkunden bei:

a) Einen Kaufvertrag (im Original) vom 4. 12. 1997 über den Verkauf der "MS S*****" durch die Geschwister K***** Schifffahrtsgesellschaft mbH als Verkäuferin an die MS S***** Schifffahrtsgesellschaft mbH Co KG (dieser Kaufvertrag sei dem Seeschiffsregister zu SSR 515 bereits vorgelegt),

b) den Kaufvertrag (im Original) vom 5. 8. 1998 über den Verkauf der "MS S*****" durch die Verkäuferin MS S***** Schifffahrtsgesellschaft mbH Co KG an die Antragstellerin;

c) die beglaubigte Kopie eines internationalen Schiffsmessbriefes des Germanischen Lloyd vom 1. 12. 1998;

d) eine Kopie des Seebriefs des Bundesministeriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst vom 7. 12. 1998 und

e) die Kopie eines Firmenbuchauszugs der Antragstellerin vom 1. 2. 1999.

Das Erstgericht forderte die Antragstellerin auf, eine beglaubigte Fertigung des Kaufvertrags vom 5. 8. 1998 und einen Firmenbuchauszug im Original vorzulegen und den Nachweis der Eigentumsübertragung binnen vier Wochen zu erbringen. Die Antragstellerin kam diesem Auftrag nicht nach und brachte vor, dass keine Rechtsgrundlage bestehe, die geforderten Urkunden vorzulegen. Das Schiff sei ein Hochseefrachtschiff im Sinne des § 484 HGB. Die Eigentumsübertragung von Seeschiffen sei im Schiffsrechtsgesetz geregelt. Hiefür genüge die Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber. Die für die Eintragung in das Binnenschiffsregister vorgesehenen Formvorschriften würden für die Eintragung von Seeschiffen nicht gelten. Auch in der Schiffsregisterverordnung finde sich keine Rechtsgrundlage für die vom Erstgericht verlangten Formerfordernisse. Die erforderlichen Angaben seien größtenteils nur glaubhaft zu machen. Lediglich das Recht zur Führung der Flagge sei durch eine öffentliche Urkunde nachzuweisen. Die beantragte Eintragung sei keine Einverleibung im Sinne des Grundbuchsrechts. Die Eintragung wirke nur deklaratorisch. Der Zulassungsbescheid des Bundesministeriums individualisiere bereits das Schiff, seine Eigenschaften und den Eigentümer. Die Eigentumsverhältnisse müssten lediglich glaubhaft gemacht werden. Hiefür genüge der Besitz des Zulassungsbescheides und des Seebriefes. Der zu Grunde liegende zivilrechtliche Titel (Kaufvertrag) könne formlos geschaffen werden. Eine mündliche Vereinbarung reiche aus.

Das Erstgericht forderte daraufhin die Antragstellerin neuerlich unter Fristsetzung und Androhung einer Ordnungsstrafe von 1.000 S zur Vorlage der schon angeführten Urkunden auf. Die Antragstellerin kam auch diesem Auftrag nicht nach und verwies auf ihre schon abgegebene Stellungnahme.

Das Erstgericht verhängte über die Antragstellerin eine Ordnungsstrafe von 1.000 S und forderte sie neuerlich auf, die der Eintragung entgegenstehenden Hindernisse durch die Vorlage eines öffentlich beglaubigten Kaufvertrags vom 5. 8. 1998, den Nachweis der Eigentumsübertragung und die Vorlage eines Firmenbuchauszugs im Original innerhalb von acht Tagen zu beheben und drohte für den Fall des Verstreichens der gesetzten Frist eine weitere Ordnungsstrafe von 2.000 S an.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es gab die maßgeblichen Bestimmungen der auf Grund der Rechtsüberleitung anzuwendenden reichsdeutschen Vorschriften (Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. 11. 1940, dRGBl I S 1499/1940; SchiffsRegO vom 19. 12. 1940, dRGBl I S 1591/1940;

Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 21. 12. 1940, dRGBl I S 1609/1940;

Allgemeine Verfügung über die Einrichtung und Führung des Schiffsregisters und des Schifsbauregisters (Schiffsregisterverfügung) vom 23. 12. 1940, DJ 1941 S 42 Nr 6) und des Österreichischen Seeschifffahrtsgesetzes BGBl 1981/174 idgF wieder und führte in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus, dass nach den Bestimmungen des Seeschifffahrtsgesetzes das Registergericht die Eintragung nicht von Amts wegen, sondern auf Grund einer Anmeldung des Eigentümers des Schiffs vorzunehmen habe. Der Eigentümer sei zur Antragstellung allerdings gesetzlich verpflichtet. Nach § 2 Abs 1 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken gelte für Seeschiffe zwar sachenrechtlich eine vereinfachte Übergabe. Die Eigentumsübertragung erfolge durch entsprechende vertragliche Vereinbarung. Aus dem Fehlen einer Vorschrift, dass das Eigentum durch Einverleibung in den öffentlichen Büchern erworben werde, könne aber nicht der Schluss gezogen werden, dass der Eigentumsnachweis lediglich bescheinigt werden müsse, auch wenn dies im § 13 Abs 1 der SchiffsRegO zum Ausdruck gebracht werde. Die SchiffsRegO selbst enthalte im § 37 Abs 1 nähere Vorschriften über die Art der Glaubhaftmachung. Danach werde grundsätzlich für den Nachweis der Eintragungsvoraussetzungen die Vorlage öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden verlangt. Ausnahmen könne das Registergericht nach pflichtgemäßem Ermessen bewilligen, wenn der Nachweis nicht durch die geforderten Urkunden oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten geführt werden könne. Einen solchen Sachverhalt habe die Antragstellerin aber nicht behauptet. Aus § 59 Abs 1 Satz 2 der SchiffsRegO ergebe sich überdies, dass dem Registergericht grundsätzlich Originalurkunden vorzulegen seien. Die Antragstellerin hätte daher einen Original-Firmenbuchauszug vorzulegen gehabt. Es sei aber auch die Vorlage eines beglaubigten Kaufvertrages im Hinblick auf den weitgehenden öffentlichen Glauben des Schiffsregisters zu fordern. Das Erstgericht habe bei der Ersteintragung das Eigentum als Eintragungsvoraussetzung sorgfältig zu prüfen. Im vorliegenden Fall sei noch zu bemerken, dass die Unterschriften der Verkäuferin und der Käuferin im Kaufvertrag vom 5. 8. 1998 jeweils unleserlich seien, von derselben Person stammen könnten und daher ein "Insichgeschäft" vorliegen könnte. Der Kaufvertrag enthalte auch keine Erklärung über die Einigung betreffend den Eigentumsübergang und keinerlei Hinweis über die Art der Übergabe des verkauften Schiffs. § 29 SchiffsRegO verlange als Grundlage für die Eintragung die Bewilligung dessen, dessen Rechte von der Eintragung betroffen seien. Diese "Bewilligung" entspreche ihrer Funktion nach der Aufsandungserklärung nach § 32 Abs 1 lit b des Grundbuchsgesetzes. Die Einwilligung sei entweder niederschriftlich vor dem Registergericht abzugeben oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen. Die Verhängung einer Ordnungsstrafe sei im § 19 Abs 1 SchiffsRegO geregelt. Der Antrag auf Eintragung sei gemäß § 28 Abs 1 SchiffsRegO zurückzuweisen, wenn der Eintragung materiell ein Hindernis entgegenstehe, das in der vom Registergericht zu setzenden Frist nicht beseitigt werden könne. Ein die Vorlage der verlangten Urkunden hindernder Umstand sei von der Antragstellerin nicht behauptet worden und nach dem Akteninhalt auch nicht gegeben. Die Eintragung sei nur deshalb nicht möglich, weil das Eigentum der Antragstellerin nicht in der erforderlichen Form nachgewiesen worden sei. In der analogen Anwendung des § 24 Abs 2 FBG liege kein Rechtsirrtum. Wenn sich die Antragstellerin künftig weiterhin weigere, die geforderten Unterlagen vorzulegen, werde der Eintragungsantrag mit den Konsequenzen des § 10 Abs 1 Z 5 Seeschifffahrtsgesetz abzuweisen sein.

Das Rekursgericht sprach zunächst aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 52.000 S nicht übersteige und dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Es änderte diesen Zulässigkeitsausspruch über den im Revisionsrekurs der Antragstellerin gestellten Antrag nach § 14a Abs 1 AußStrG dahin ab, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S nicht übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Mit ihrem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Antragstellerin die Aufhebung (ersatzlose Behebung) des vom Rekursgericht bestätigten Strafbeschlusses.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Seine Verspätung (der Rekurs wurde erst am 15. Tag nach der Zustellung bei Gericht überreicht) hindert eine sachliche Erledigung nicht (§ 11 Abs 2 AußStrG).

I. Zu den im Seeregisterverfahren anzuwendenden Verfahrensvorschriften für das Rechtsmittelverfahren:

Die Revisionsrekurswerberin verweist auf ihre gleichzeitig mit dem Revisionsrekurs eingebrachte Beschwerde gemäß § 87 SchiffsRegO an das Oberlandesgericht Wien. Die zitierte Gesetzesstelle sieht einen Rechtszug vom Registergericht (einem Bezirksgericht) an das Oberlandesgericht vor. In der Zwischenzeit hat das angerufene Oberlandesgericht zu 28 R 199/99m über die Beschwerde durch deren Zurückweisung mit der wesentlichen Begründung entschieden, dass die Bestimmungen der §§ 75 bis 90 der SchiffsRegO auf Grund der 1945 erlassenen Überleitungsbestimmungen materiell derogiert seien und dass daher ein Strafbeschluss nach der SchiffsRegO nur in dem in der JN vorgesehenen Instanzenzug bekämpft werden könne. Dieser Ansicht pflichtet der erkennende Senat bei:

Nach Artikel I des Gesetzes über Maßnahmen zur Wiederherstellung der österreichischen bürgerlichen Rechtspflege, StGBl 1945/188 (im Folgenden: Rechtspflegewiederherstellungsgesetz), treten die Bestimmungen der Gesetze und Verordnungen, die nach dem 12. 3. 1938 abgeändert oder aufgehoben worden sind, in der vor diesem Tag geltenden Fassung wieder in Kraft. Damit wurde der Instanzenzug der §§ 3 f JN wieder in Kraft gesetzt. Nach Artikel 5 des Rechtspflegewiederherstellungsgesetzes treten die alten Rechtsmittelvorschriften, insbesondere diejenigen des AußStrG wieder in Kraft. Die Schiffsregisterordnung vom 19. 12. 1940, dRGBl I S 1591/1940 (SchiffsRegO) normiert in ihrem Abschnitt über das Rechtsmittelverfahren (§§ 75 bis 90) einen Vierinstanzenzug bis zum Reichsgericht. Nach Artikel VIII des Rechtspflegewiederherstellungsgesetzes verlieren die Gesetze und Verordnungen ihre Wirkung, die mit den wieder in Geltung gesetzten Gesetzen und Verordnungen im Widerspruch stehen. Der in der SchiffsRegO vorgesehene Vierinstanzenzug und die dort normierte sofortige Beschwerde vom Bezirksgericht zum Oberlandesgericht stehen mit den Bestimmungen der §§ 3 f JN nicht im Einklang. Dies macht nach Auffassung des erkennenden Senats den gesamten Abschnitt der SchiffsRegO über das Rechtsmittelverfahren obsolet. Es besteht auch keinerlei praktisches Bedürfnis nach einem eigenen Rechtsmittelverfahren in Seeregistersachen, das von den Bestimmungen des AußStrG abweicht. Sachliche Gründe für eine Sonderregelung im Vergleich zum Firmenbuchverfahren sind nicht erkennbar. Im vorliegenden Fall ist die Durchsetzung einer Anmeldungspflicht in einem öffentlichen Register zu beurteilen. Die SchiffsRegO sieht im § 19 Abs 1 Ordnungsstrafen vor und normiert im Abs 2 für das Verfahren die sinngemäße Anwendung der §§ 132 bis 139 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (dRGBl 1898/189; FGG). Die Bestimmungen des 7. Abschnitts des FGG waren nach Art 1 Abs 1 Z 3 EVHGB in Handelsregistersachen anzuwenden, gemäß Art 9 leg cit überdies die Bestimmungen der §§ 1 bis 19 AußStrG. Für das Rechtsmittelverfahren galten die Bestimmungen des AußStrG (HS 11.577 uva). Durch Art XXIV Abs 2 Z 2 FBG wurden mit Wirksamkeit ab 1. 1. 1991 die Bestimmungen der §§ 125a bis 130, 132 bis 146 und 148 Abs 1 des 7. Abschnitts des FGG aufgehoben. Nach Ansicht des Senats gilt dies trotz des nach wie vor bestehenden Verweises im § 19 Abs 2 SchiffsRegO auch für das Seeschiffsregisterverfahren. Es kann dem Gesetzgeber unterstellt werden, dass er mit der Aufhebung des FGG durch das FBG eine einheitliche Regelung in allen Registersachen beabsichtigte und die durch das FGG geschaffene uneinheitliche Rechtslage beseitigen wollte. Das Beugemittelverfahren des § 24 FBG legt die Verfahrensgrundsätze fest, die immer dort gelten, wo nicht das materielle Recht abweichende Regelungen vorsieht (etwa im § 283 HGB für die Durchsetzung der Offenlegungspflichten). Eine nähere Befassung mit diesem Thema ist hier aber entbehrlich, weil § 19 SchiffsRegO für die Anmeldungspflichten bei der Registrierung eines Seeschiffs ohnehin die Verhängung von Ordnungsstrafen, das Höchstmaß der Strafe und die Möglichkeit der Wiederholung der Ordnungsstrafe (Letzteres ist aus der Limitierung der Höhe der "einzelnen" Strafe ableitbar) sowie als letztes und schärfstes Sanktionsmittel im § 28 die Zurückweisung des Eintragungsgesuchs vorsieht, womit das erstinstanzliche Verfahren zur Durchsetzung von Anmeldungspflichten mit Beugemitteln, die wie im Firmenbuchverfahren auch repressiven Charakter haben, ausreichend determiniert erscheint. Für das Rechtsmittelverfahren gelten die Bestimmungen des AußStrG.

II. Zum Eigentumsnachweis als Voraussetzung für die Eintragung eines Seeschiffes im Schiffsregister ist Folgendes auszuführen:

Auf Grund des Rechtsüberleitungsgesetzes (RÜG), StGBl 1945/6 und wegen ihrer Anführung im Anhang des 1. Bundesrechtsbereinigungsgesetzes BGBl I Nr 191/1999 (Seite 1491) ist neben der SchiffsRegO auch das deutsche Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken dRGBl I S 1499/1940 (SchRG, Schiffsrechtegesetz), mit seinen wesentlichen Bestimmungen über den Erwerb des Eigentums und die Schiffshypothek Bestandteil des österreichischen Rechts. Das Schiffsregister ist teilweise mit dem Grundbuch und dem Handelsregister (Firmenbuch) vergleichbar, teilweise unterscheidet es sich aber von diesen Registern. Es ist zugleich Flaggenregister, Handelsregister und Hypothekenbuch (Puttfarken, Seehandelsrecht, Rz 625) und erfüllt nach den übereinstimmenden deutschen Lehrmeinungen einen Doppelzweck. Es dient einerseits im öffentlichen Interesse der Kundmachung des Flaggenrechts (der "Staatsbürgerschaft" des Schiffes) und andererseits der Kundmachung privater Rechtsverhältnisse (Puttfarken aaO; Wüstendorfer, Neuzeitliches Seehandelsrecht 60; Schaps/Abraham,

Das Seerecht4 Rz 25 und 33 vor § 476 HGB; Herber, Seehandelsrecht 99 f). Die Eintragung privater Rechtsverhältnisse löst die Vermutung der Richtigkeit der Eintragung aus. Das Schiffsregister genießt öffentlichen Glauben (§§ 15 f SchRG; Herber aaO 100; Schlegelberger/Liesecke, Seehandelsrecht 10; Wüstendorfer aaO 60 f). Der Erwerb des Eigentums am Schiff findet außerhalb des Schiffsregisters nach materiellem Recht statt. Die Eintragung des Eigentümers ist nicht rechtsbegründend, sondern nur deklarativ (Wüstendorfer aaO 60; Herber aaO 100; zumindest für den Ersterwerb auch Schaps/Abraham aaO Rz 33; Prüßman/Rabe, Seehandelsrecht3 26 f). Für die Eigentumsübertragung eingetragener Seeschiffe lässt § 2 SchRG die Einigung der Parteien darüber genügen, dass das Eigentum auf den Erwerber übergehen soll. Es ist also weder die Einhaltung einer besonderen Vertragsform noch die Übergabe der Sache erforderlich. Die Formlosigkeit wird mit den Besonderheiten der Seeschifffahrt und den Bedürfnissen nach einer schnellen Veräußerungsmöglichkeit begründet (Prüßmann/Rabe aaO 26). Das Seerecht erleichtert also den Eigentumsübergang gegenüber dem allgemeinen Fahrnisrecht und sieht vom Erfordernis der Übergabe oder von Übergabesurrogaten ab (Wüstendorfer aaO 75). § 2 SchRG gilt allerdings nur für die Eigentumsübertragung an Schiffen, die schon im Schiffsregister eingetragen sind. Das deutsche materielle Recht ordnet aber auch für die Eigentumsübertragung an noch nicht eingetragenen Seeschiffen im § 929a BGB an, dass die Übergabe nicht erforderlich ist und dass die Einigung zwischen Eigentümer und Erwerber über den sofortigen Übergang des Eigentums ausreicht. Im österreichischen Recht gibt es eine derartige vergleichbare Spezialbestimmung des materiellen Rechts nicht, sodass hier für die Eigentumsübertragung an Seeschiffen, die grundsätzlich und vor allem für die Frage des Eigentumserwerbs als bewegliche Sachen zu qualifizieren sind (Herber aaO 104; nur für die Schiffshypothek gilt die Verdinglichung oder "Verliegenschaftung" des eingetragenen Seeschiffs), die Publizität der Übergabe (§§ 426 f ABGB) erforderlich ist. Nach österreichischem Recht erfolgt der Eigentumserwerb an einem Seeschiff daher auf Grund eines Titels (im Regelfall Kaufvertrag oder Werkvertrag), d.i. der Bauvertrag über ein neu erbautes Schiff (zur Besonderheit, dass das werdende Schiff im Schiffsbauregister eingetragen ist: Wüstendorfer aaO 80) und der entsprechenden, sachenrechtlich erforderlichen Übergabe des Seeschiffs. Im Gegensatz zur dargelegten materiellen Rechtslage, die für das obligatorische Rechtsgeschäft und den Eigentumserwerb keine besondere Urkundenform vorsieht, normiert § 37 SchiffsRegO für das Eintragungsverfahren einen besonderen Urkundenzwang. Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen für die Eintragung erforderlichen Erklärungen vor dem Registergericht zur Niederschrift des Registerrichters abgegeben oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Registergericht offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden. Wenn der Nachweis in dieser Form nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten geführt werden kann, so kann das Registergericht einen anderen Nachweis für ausreichend erachten, wenn durch ihn die Tatsache für das Gericht außer Zweifel gestellt ist. Die in der zitierten Gesetzesstelle verlangte Urkundenvorlage ist nicht Formerfordernis des Eigentumserwerbs, wohl aber Voraussetzung für die Eintragung des erwerbenden Eigentümers des Seeschiffs im Register (Wüstendorfer aaO 77). Das Rekursgericht hat die zitierte Gesetzesstelle auch auf den Fall des Eigentumserwerbs an einem noch nicht (oder nicht mehr) im Schiffsregister eingetragenen Seeschiffs angewendet. Dagegen führt die Antragstellerin das gesetzessystematische Argument ins Treffen, dass § 37 SchiffsRegO eine Bestimmung im 3. Abschnitt unter dessen Titel "Die Eintragung von Rechtsverhältnissen" ist. Darunter falle die Erstanmeldung eines Seeschiffs aber nicht. Die bei der Anmeldung eines Seeschiffs vorzunehmenden Angaben des Eigentümers und des Rechtsgrunds des Erwerbs des Eigentums (§ 11 Abs 1 Z 6 und 7 SchiffsRegO) seien nach § 13 Abs 1 erster Satz leg cit bloß glaubhaft zu machen. Eines Nachweises durch öffentliche oder öffentlich beglaubigter Urkunden bedürfe es nicht. Dazu ist Folgendes auszuführen:

Für die Glaubhaftmachung reicht schon der Nachweis einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der zu bescheinigenden angemeldeten Tatsache. Das gegenüber dem strikten Urkundenbeweis herabgesetzte Beweismaß des § 13 SchiffsRegO ist in deren zweitem Abschnitt unter dem Titel "Die Eintragung des Schiffs" normiert. Der Gesetzgeber hatte dabei offensichtlich die Ersteintragung im Schiffsregister des Registergerichts im Auge. Nach § 14 leg cit darf ein Schiff nicht in das Schiffsregister eingetragen werden, solange es in einem ausländischen Schiffsregister eingetragen ist. Auf Verlangen des Registergerichts ist glaubhaft zu machen, dass eine solche Eintragung nicht besteht. Bei einem neu gebauten Schiff ist der Nachweis der Richtigkeit der gemäß § 11 SchiffsRegO gemachten Angaben dann einfach zu erbringen, wenn es sich um ein im Register für Schiffsbauwerke eingetragenes Schiff (§§ 65 ff SchiffsRegO) handelt. Auch wenn dies nicht der Fall ist, verzichtet der Gesetzgeber für die Ersteintragung jedenfalls auf den im § 37 leg cit normierten Urkundenzwang, andernfalls § 13 SchiffsRegO keinen Anwendungsbereich hätte. Aus § 14 SchiffsRegO ist abzuleiten, dass auch ältere, im Ausland noch nie registriert gewesene oder schon einmal registrierte, aber aus dem Register wieder gelöschte Seeschiffe, im Inland erstmalig mit der Beweiserleichterung des zweiten Abschnitts der Registerordnung angemeldet werden können. Das Gesetz regelt den Fall der Wiedereintragung eines im Inland schon einmal im Register eingetragen gewesenen, später gelöschten Seeschiffs nicht ausdrücklich. Nach § 20 SchiffsRegO ist die Eintragung des Schiffs im Schiffsregister aus den Gründen des § 17 Abs 2 Satz 1 leg cit zu löschen, wenn das Schiff untergegangen ist, wenn es ausbessserungsfähig geworden ist oder wenn das Recht zur Führung der Reichsflagge (d.i. die Seeflagge nach den Bestimmungen des Österreichischen Seeschifffahrtsgesetzes BGBl 1981/174 idgF) verloren wurde. Die Wiedereintragung eines solchen Seeschiffs ist einer Ersteintragung gleichzuhalten, wofür schon der Umstand spricht, dass dem Registergericht die entscheidenden Tatsachen großteils aus dem vorhandenen Registerakt bekannt sind. Dass für eine Wiedereintragung die bloße Glaubhaftmachung der für die Anmeldung erforderlichen Angaben ausreicht, kann mit der Vergleichbarkeit des im § 14 SchiffsRegO geregelten Fall und der Notorietät der Tatsachen, die der früheren Eintragung vor der Löschung des Schiffes zugrundelagen, begründet werden. Für die unterschiedlichen Beweismaßregeln, je nachdem, ob das Eigentum an einem schon registrierten Seeschiff oder an einem nicht eingetragenen Seeschiff übertragen wird, sprechen neben dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen der SchiffsRegO und ihrer Einreihung in die zitierten unterschiedlichen Abschnitte des Gesetzes auch die schon ausgeführten Unterschiede des Schiffsregisters zum Handelsregister und zum Grundbuch. Aus den Bestimmungen des dritten Abschnitts ergibt sich die Annäherung des Schiffsregisters zum Grundbuch. Die Eintragung einer Rechtsänderung erfordert die Zustimmung desjenigen, in dessen Rechte durch die Eintragung eingegriffen wird (§ 29 SchiffsRegO). Das entspricht der Aufsandungserklärung. § 37 leg cit normiert das Erfordernis von registerfähigen (grundbuchsfähigen) Urkunden. Der Senat versteht den gesamten dritten Abschnitt der SchiffsRegO dahin, dass dieser eine schon erfolgte Schiffsregistrierung nach dem zweiten Abschnitt voraussetzt. Erst ab der Eintragung des Seeschiffs im Register hat dieses eine ähnliche Bedeutung und Wirkung wie ein Grundbuch. Nur für die Änderung schon registrierter Rechtsverhältnisse erachtet der Gesetzgeber die Zustimmung desjenigen für erforderlich, in dessen Rechte die beabsichtigte neue Eintragung eingreift. Vor dieser vor allem für die Eigentumsübertragung und die Verpfändung bedeutsamen "Verdinglichung" des Seeschiffs sieht die Registerordnung keine besonderen Formerfordernisse vor. Die für den Eigentumserwerb beweglicher Sachen erforderlichen Voraussetzungen nach materiellem Sachenrecht sind dem Registergericht bloß glaubhaft zu machen. Dieses Auslegungsergebnis entspricht der Rechtslage im vergleichbaren Recht der Superädifikate. Auch diese Bauwerke (auf fremdem Grund) sind wie das Schiffsbauwerk nach materiellem Recht zunächst grundsätzlich bewegliche Sachen (Hinteregger in Schwimann ABGB2 Rz 6 zu § 435). Sie entstehen originär durch die Errichtung des Bauwerks unter den Voraussetzungen des § 435 ABGB. Nur die Übertragung des Eigentums, nicht aber die erstmalige Begründung von Eigentum wird durch Hinterlegung von Urkunden bei Gericht bewirkt (Bydlinski, Das Recht der Superädifikate 11;

Hofmeister/Rechberger/Zitta, Bauten auf fremdem Grund Rz 59; Feil, Bauwerke, nicht verbücherte Liegenschaften und Urkundenhinterlegung2 Rz 8 mwN aus der Rechtsprechung; Spielbüchler in Rummel ABGB3 Rz 1 zu § 435 mwN; Hinteregger aaO Rz 8). Das Bauwerk entsteht rechtlich mit dem Eintritt der Voraussetzungen des § 435 ABGB, also mit einem Vorgang, der urkundlich nicht erfasst ist (Feil aaO). Nicht anders verhält es sich beim Schiffsbauwerk. Da wie dort ist die Urkundenerrichtung und Vorlage der Urkunden bei Gericht nur Voraussetzung für den derivativen Eigentumserwerb an einem im Schiffsregister schon eingetragenen bzw an einem nach dem Urkundenhinterlegungsgesetz (UHG), BGBl 1974/326, durch Urkundenhinterlegung schon publik gemachten Bauwerk. Bei der Hinterlegung der Urkunden nach dem UHG prüft das Gericht die tatsächliche Existenz des Bauwerks nicht, sondern nur, ob das in der Urkunde angeführte Bauwerk im Grundbuch nicht schon ersichtlich gemacht ist oder ob darüber schon eine Karteikarte besteht (§ 7 Abs 1 Z 2 und 3 UHG). Auch die Zustimmung des belasteten Grundstückseigentümers ist nicht erforderlich (Hinteregger aaO Rz 8). Weder das materielle Sachenrecht noch die Hinterlegungsvorschriften des UHG oder die hier zu beurteilenden Registrierungsvorschriften nach dem Seerecht verlangen einen urkundlichen Nachweis des originären Eigentumserwerbs. Nach Auffassung des erkennenden Senats gilt dies auch für den vorliegenden Fall der Eintragung eines im Schiffsregister nicht eingetragenen Seeschiffs, selbst wenn dieses schon einmal im Schiffsregister eingetragen war (vgl dazu den Inhalt des Registeraktes SSR 515 des Erstgerichtes). Auch hier kann der Eigentumserwerb nach materiellem Recht - wie schon ausgeführt - ohne Einhaltung besonderer Formvorschriften erfolgen, also durch faktische, urkundlich nicht erfasste Vorgänge (mündliche Vereinbarung plus Übergabe des Schiffs), sodass die Urkundenform für den Eigentumsnachweis im formellen Registerrecht angeordnet sein müsste. Dies ist aber nicht der Fall.

Da weder das materielle Recht noch das Verfahrensrecht (als Eintragungsvoraussetzung) die Vorlage öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden verlangen, durfte das Registergericht die Vorlage der Urkunden nicht unter Androhung und Verhängung einer Zwangsstrafe einfordern. Wie die Antragstellerin den Eigentumsnachweis zu bescheinigen hat, ist nicht Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens, in dem nur über die Zulässigkeit der Ordnungsstrafe (Zwangsmittel) zu befinden ist. Wenn das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren die bisherigen Angaben der Antragstellerin und die vorgelegten Urkunden für die Bescheinigung des Rechtsgrundes des Eigentumserwerbes (§ 11 Abs 1 Z 7 SchiffsRegO) für nicht ausreichend erachtet (etwa weil es die vom Rekursgericht aufgezeigten Bedenken zur Wirksamkeit des Kaufvertrags teilt) und zum Eigentümernachweis (§ 11 Abs 1 Z 6 leg cit) ergänzende Angaben über die sachenrechtliche Erwerbsart (modus) und deren Bescheinigung für erforderlich hält, wird es unter Abstandnahme des Auftrags zur Vorlage eines öffentlich beglaubigten Kaufvertrags andere zur Bescheinigung geeignete Beweismittel abverlangen und Vernehmungen durchführen können. Im Hinblick auf die jederzeit mögliche amtswegige Überprüfungsmöglichkeit und Nachforschungspflicht des Registergerichts (vgl § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG) ist auch die Vorlage eines Firmenbuchauszugs im Original durch die Antragstellerin entbehrlich.

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