JudikaturJustiz1Ob33/16h

1Ob33/16h – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Oktober 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. I***** K*****, 2. M***** T*****, 3. O***** S*****, alle vertreten durch die Peissl Partner Rechtsanwälte OG, Köflach, gegen die beklagte Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch die Piaty Müller Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH Co KG, Graz, wegen Räumung und Rechnungslegung, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 31. Dezember 2015, GZ 7 R 129/15i 69, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Voitsberg vom 27. Juli 2015, GZ 3 C 119/11a 63, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Urteile werden im Umfang des Räumungsbegehrens aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit Vertrag vom 20. 4./15. 6. 1956 haben die Rechtsvorgänger der Kläger der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Teil der Parzelle Nummer 202/1 der Liegenschaft EZ 79 KG ***** mit einer Fläche von 1.600 m² in Bestand gegeben. Auf diesem Grundstück errichtete die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Tankstelle samt Flugdach und Betriebsgebäuden. Darin wird derzeit ein Tankstellenshop betrieben.

Mit Nachträgen vom 12./20. 9. 1972 und 16. 7./14. 8. 1980 wurde der im ursprünglichen Vertrag auf 30 Jahre abgegebene Kündigungsverzicht der Bestandgeber zunächst bis zum 31. 12. 1996 und dann bis zum 31. 12. 2010 verlängert.

Die Kläger sind auf Grund eines Schenkungsvertrags vom 28. 12. 2000 jeweils zu einem Drittel Miteigentümer des nunmehr unter der EZ 1060 KG ***** geführten Grundstücks mit der Nummer 202/1.

Die Kläger begehrten mit ihrer am 30. 6. 2011 eingebrachten Klage, die Beklagte schuldig zu erkennen, die im Einzelnen konkret umschriebene Fläche des Grundstücks Nummer 202/1 binnen acht Wochen zu räumen und ihnen geräumt zu übergeben und ihnen über die durch den am Grundstück befindlichen Betrieb getätigten Heizölverkäufe Rechnung für die Zeit von 1. 1. 2008 bis 31. 12. 2010 zu legen.

Die Vorinstanzen gaben dem Rechnungslegungsbegehren teilweise statt. Dieser Teil des Begehrens der Kläger ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Zu ihrem Räumungsbegehren brachten die Kläger vor, der Bestandvertrag sei als Pachtverhältnis zu qualifizieren, weil sich aus der Vereinbarung eines umsatzabhängigen Bestandzinses eine Betriebspflicht der Bestandnehmerin ergebe. Obwohl die Beklagte auf Grund des vereinbarten umsatzabhängigen Bestandzinses dazu verpflichtet sei, Treibstoff im angemessenen Umfang zu verkaufen, habe sie den Verkauf erheblich eingeschränkt, Teile des Grundstücks für tankstellenfremde Zwecke untervermietet und dem jeweiligen Tankstellenpächter gestattet, Heizölverkäufe vorzunehmen, ohne dass diese in die Bemessung des Bestandzinses einbezogen worden wären. Von den Tankstellenpächtern sei mit Wissen der Beklagten Heizöl nicht nur von dieser bzw ihrer Rechtsvorgängerin bezogen worden, sondern auch von anderen Lieferanten, sodass diese Umsätze nicht in die Bestandzinsabrechnung eingeflossen seien. Es liege daher keine vollständige Bezahlung des Bestandzinses vor.

Im Übrigen seien sie zur Auflösung des Bestandvertrags nach § 1118 ABGB berechtigt, weil der derzeitige Tankstellenpächter, dessen Verhalten sich die Beklagte anrechnen lassen müsse, vom Bestandgegenstand erheblich nachteiligen Gebrauch mache. Ungeachtet mehrfacher mündlicher und schriftlicher Unterlassungsaufforderungen stellten Kunden, Mitarbeiter und der Pächter selbst ihre Fahrzeuge derart ab, dass eine Zufahrt zum Nachbargrundstück, auf dem sich das Haus des Drittklägers befinde, unmöglich sei bzw erschwert werde. Daneben gehe der Tankstellenpächter bei der Befüllung bzw Reinigung des unmittelbar neben dem genannten Grundstück des Drittklägers befindlichen Heizöltanks sorglos vor, sodass es laufend zu Kontaminierungen des Erdreichs auf der Nachbarliegenschaft komme. Sie hätten die Beklagte bereits mehrere Monate vor Klageeinbringung darauf hingewiesen, die Beklagte habe darauf aber nicht reagiert. Am 10. 4. 2013 sei es erneut zu einer Kontamination der Liegenschaft des Drittklägers durch ausgetretenes Heizöl gekommen, wobei der Tankstellenpächter weder den Drittkläger noch die zuständige Bezirkshauptmannschaft in Kenntnis gesetzt habe.

Seit der Tankstellenbetrieb im Frühjahr 2011 auf Automatenbetrieb umgestellt sei, beziehe sich die Betriebsanlagenbewilligung und Gewerbeberechtigung nicht mehr auf den Betrieb eines Tankstellenshops oder den Ausschank von Getränken. Dennoch schenke der Tankstellenpächter bis in die späten Nachtstunden Kaffee, Bier und andere alkoholische Getränke aus, wodurch es phasenweise zu einer unerträglichen Lärmbelästigung komme. Die Gäste würden die als Sichtschutz und Abgrenzung hin zur Liegenschaft des Drittklägers gedachte Thujenhecke nicht nur zur Verrichtung ihrer Notdurft, sondern auch zur Ablage ihrer Bierflaschen verwenden. Darüber hinaus habe die Beklagte dem Tankstellenpächter den Bestandgegenstand vertragswidrig zum Betrieb einer gewerbebehördlichen nicht genehmigten Kfz Reparaturwerkstätte in Unterbestand gegeben.

Die Rechtsvorgänger der Streitteile hätten eine Wertsicherung des Bestandzinses nach der „firmeneigenen Tankstellenvergütung“ vereinbart. Diesen Wertmesser gebe es seit den 1980er Jahren nicht mehr. Die Beklagte bzw deren Rechtsvorgänger seien jedoch nach dem Wegfall der firmeneigenen Tankstellenvergütung verpflichtet gewesen, die für die abgegebenen Treibstoffmengen bezahlte Vergütung an die geänderten Verhältnisse anzupassen. Sie (die Kläger) hätten daher den Verbraucherpreisindex 1966 herangezogen. Daraus errechne sich für die Jahre 2009 bis 2011 ein Rückstand von insgesamt 17.582,39 EUR.

Eventualiter begehrten die Kläger die Anpassung des Bestandvertrags dahin, dass die Bestandnehmerin verpflichtet sei, einen umsatzunabhängigen Bestandzins von 20.000 EUR pro Jahr zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten zu bezahlen. Dieser Bestandzins solle einer im Nachhinein abzurechnenden Indexanpassung unterliegen, wobei als Basis der Verbraucherpreisindex Dezember 2010 heranzuziehen sei. Die Umsätze der Tankstelle seien nach der Umstellung auf Automatenbetrieb erheblich zurückgegangen, weshalb davon auszugehen sei, dass die Beklagte wesentliche Einnahmen aus der Unterverpachtung erziele. Dadurch sei eine Änderung der Geschäftsgrundlage eingetreten, weshalb der Bestandvertrag nach Treu und Glauben anzupassen sei.

Die Beklagte wendete ein, es handle sich um ein Mietverhältnis, auf welches die Kündigungsbestimmungen des MRG analog anzuwenden seien. Sie habe erst im Zuge der außergerichtlichen Korrespondenz mit dem Klagsvertreter davon erfahren, dass der Unterbestandnehmer Heizöl nicht nur von ihr, sondern auch von anderen Firmen bezogen habe. Darauf habe sie umgehend reagiert und den Klägern mit E Mail vom 23. 3. 2011 eine entsprechende Nachverrechnung aller Heizölumsätze für den Zeitraum Mai 2007 bis Dezember 2010 übermittelt und den daraus resultierenden Betrag beglichen. Sie habe ihre Rechnungslegungspflicht daher ordnungsgemäß erfüllt. Außerdem sei der Unterbestandnehmer dazu verpflichtet worden, nunmehr Heizöl ausschließlich bei ihr zu beziehen, sodass in Zukunft Abrechnungsdifferenzen auszuschließen seien.

Nach einem von ihr eingeholten Gutachten seien die maßgeblichen Schwellenwerte für Mineralölkohlenwasserstoffe nicht überschritten worden, sodass keine Bodenverunreinigung vorliege. Abgesehen davon sei beim Betrieb einer Tankstelle mit geringfügigen Austritten von dabei verwendeten Stoffen zu rechnen. Der Heizölaustritt im April 2013 sei auf eine Überfüllung des Tanks durch Dritte zurückzuführen, sodass den Tankstellenpächter kein Verschulden treffe. Im Übrigen sei der durch den Sprühnebel entstandene Schaden bereits beseitigt worden.

Da sich im Tankstellenshop ein Kaffee und ein Getränkeautomat sowie zwei Toiletten befänden, seien weder Thujenhecken noch sonstige Plätze zur Verrichtung der Notdurft verwendet worden. Übermäßiger Alkoholkonsum oder übermäßige Lärmbelästigung durch Kunden kämen nicht vor.

Unmittelbar nach Kenntnis des von den Klägern erhobenen Vorwurfs, die Zufahrt zum Haus des Drittklägers würde verstellt werden, habe sie die Anbringung einer Bodenmarkierung „Halten verboten“ veranlasst und auch den Tankstellenpächter darauf aufmerksam gemacht, in Hinkunft darauf zu achten, dass die Zufahrt nicht beeinträchtigt werde. Sie habe daher alle ihr zumutbaren Maßnahmen unternommen, um künftige Beeinträchtigungen zu verhindern. Ein Kündigungsgrund nach § 1118 ABGB liege daher nicht vor.

Das Erstgericht gab – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – dem auf Räumung gerichteten Begehren statt. Dabei ging es unter anderem von folgendem weiteren Sachverhalt aus:

Die am Grundstück errichtete Tankstelle besteht aus zwei Zapfinseln mit Flugdach sowie einem Betriebsgebäude mit Verkaufsraum, Heizraum, Garderobe, Sanitärräumen, Lager und zwei Waschboxen.

Im südwestlichen Eckbereich der Bestandliegenschaft befindet sich die Zufahrt, die zur Liegenschaft des Drittklägers und seiner Ehefrau führt, die dort ihr Wohnhaus haben.

Der nunmehrige Unterbestandnehmer der Beklagten betreibt die Tankstelle seit 1995. Er verfügte ab 1996 über einen Gewerbeschein für das Handelsgewerbe und das freie Gastgewerbe. Im März 2011 wurde der Beklagten die gewerberechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Tankautomatenanlage mit zwei Multiproduktzapfsäulen, von zwei Tankautomaten, einer Videoüberwachung und einer elektrischen Tankinhaltsmessung erteilt. Seit der Umstellung auf Automatenbetrieb befindet sich im Tankstellenshop keine Kassa mehr.

Bis vor drei bis vier Jahren wurden im Verkaufsraum des Betriebsgebäudes Getränke zum Kauf angeboten. Mittlerweile befindet sich darin nur mehr ein Kaffee- und Getränkeautomat. Vor der Umstellung [Anm.: auf die Tankautomatenanlage] wurde jeden Sommer vor dem Betriebsgebäude ein Gastgarten aufgebaut, von dem aus es phasenweise zu Lärmbeeinträchtigungen des Drittklägers und seiner Ehefrau gekommen ist, zumal der Gastgarten zum Teil bis 24:00 Uhr und manchmal auch darüber hinaus geöffnet und von Gästen besucht war. Manchmal gab es auch Livemusik. Der Drittkläger und seine Ehefrau fühlten sich auch dadurch beschwert, dass die Gäste ihre Notdurft im Grenzbereich zum Grundstück des Klägers verrichtet und dort ihre leeren Getränkeflaschen abgestellt haben.

Seit Sommer 2012 ist der Gastgartenbetrieb eingestellt. Zuvor hatten sich der Drittkläger und seine Frau beim Unterbestandnehmer der Beklagten über diese Umstände erfolglos beschwert.

Seit Übernahme des Betriebs durch den nunmehrigen Unterbestandnehmer kam es regelmäßig mindestens einmal alle zwei Wochen vor, dass die Zufahrt zum Haus des Drittklägers durch Fahrzeuge des Pächters oder dessen Kunden „verstellt bzw. erschwert passierbar“ war. Der Drittkläger hat dies gegenüber dem Unterbestandnehmer der Beklagten mehrmals beanstandet, der darauf aber nicht reagierte.

Mit Schreiben vom 16. 11. 2010, 11. 1. 2011 und 7. 6. 2011 monierte der Klagevertreter diese Umstände gegenüber der Beklagten, worauf im Mai 2012 vor der Zufahrt eine Bodenmarkierung mit dem Zeichen „Halten verboten“ angebracht und in Verlängerung der seitlichen Begrenzung der Zufahrt drei Verkehrshütchen aufgestellt wurden. Seitdem hat sich die Häufigkeit der Störungen zwar verringert, es kommt aber immer noch vor, dass die Zufahrt durch Pkws des Unterbestandnehmers oder von dessen Kunden verstellt bzw erschwert passierbar ist.

Der Unterbestandnehmer baute eine der auf der Bestandliegenschaft befindlichen Waschboxen zu einer Reparaturwerkstätte um, die er mehrere Jahre in Verbindung mit einem Gebrauchtwagenhandel betrieb. Da er auch Rallyefahrer ist, reparierte er seine Rallyefahrzeuge auf der Bestandliegenschaft und testet die Motoren der Fahrzeuge, was zu einer Lärmbelästigung des Drittklägers führte. Im Mai 2012 hat er die Reparaturwerkstätte aufgegeben, testet dort aber nach wie vor seine Rallyefahrzeuge. Im Dezember veräußert der Unterbestandnehmer auf der Bestandliegenschaft Weihnachts und Silvesterartikel, darunter auch Feuerwerkskörper. Seit 21. 12. 2011 verfügt er über die Bewilligung für das reglementierte Gewerbe „Erzeugung von pyrotechnischen Artikeln sowie Handeln mit pyrotechnischen Artikeln, eingeschränkt auf den Handel mit pyrotechnischen Artikel der Kategorie F1 und F2“.

2009/2010 nahm der Drittkläger anhand der ihm über die Jahre übermittelten Unterlagen eine Auswertung der an der streitgegenständlichen Tankstelle verkauften Produkte vor und stellte fest, dass von 1991 auf 1992 der Heizölverkauf auffällig zurückgegangen ist. In einem Gespräch bestätigte ihm der vormalige Unterbestandnehmer der Beklagten, dass er ungefähr zu diesem Zeitpunkt mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Vereinbarung getroffen hatte, wonach er auch Heizöl auf eigene Rechnung verkaufen dürfe. Diese Heizölmengen waren in der Abrechnung der Beklagten nicht enthalten. Auch der nunmehrige Unterpächter verkaufte in der Vergangenheit Heizöl auf eigene Rechnung, wobei die derart verkauften Heizölmengen in die Berechnung der variablen Bestandzinse nicht einflossen.

Über Urgenz durch den Klagevertreter stellte sich heraus, dass in der Vergangenheit lediglich die vom Unterbestandnehmer bei der Beklagten selbst bezogenen Heizöllieferungen in die Berechnung des entsprechend variablen Bestandzinses Eingang gefunden haben. In weiterer Folge erstellte die Beklagte eine „Nachverrechnung“ in Form einer Gutschrift, datiert mit 23. 3. 2011, und übermittelte sie an den Drittkläger.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht das Vorliegen eines Pachtverhältnisses und bejahte eine analoge Anwendung der Kündigungsbestimmungen des MRG, weil die als Superädifikat errichtete Tankstelle samt Nebengebäude Geschäftsräume darstellten, welchen gegenüber der Grundfläche selbständige Bedeutung zukämen. Der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 5 MRG komme nicht zum Tragen, weil dieser nur für nach dem 31. 12. 2001 abgeschlossene Mietverträge gelte (§ 49d Abs 2 MRG).

Weil im Anwendungsbereich des MRG außergerichtlich nicht wirksam aufgekündigt werden könne, sondern gemäß § 33 Abs 1 MRG nur gerichtlich und nur aus den in § 30 MRG genannten wichtigen Gründen, komme als Kündigungsgrund der erheblich nachteilige Gebrauch gemäß § 1118 erster Fall ABGB in Betracht. Dieser sei zu bejahen, weil sich die Beklagte das Verhalten ihres Untermieters ebenso zurechnen lassen müsse wie das Verhalten von dessen Gästen und die mit dem Gastgartenbetrieb einhergehende Lärmbelästigung. Dass der Gastgartenbetrieb nach Einbringung der Klage eingestellt worden sei, gereiche der Beklagten nicht zum Vorteil.

Das Berufungsgericht wies das Räumungsbegehren ab. Es verneinte das vom Erstgericht aus dem wiederholten Verstellen der Hauszufahrt, dem Verrichten der Notdurft durch Gäste des Unterpächters gegen den Zaun des Drittklägers und der durch den Gastbetrieb verursachten Lärmbelästigung abgeleitete unleidliche Verhalten. Bis zur entsprechenden Mitteilung über das Verstellen der Einfahrt zum Grundstück des Drittklägers könne der Beklagten das Verhalten ihres Pächters unter dem Blickwinkel des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG nicht angelastet werden. Nach Anbringen des Halteverbots hätten die Störungshandlungen abgenommen und könnten nicht mehr als „rücksichtsloses anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten“ angesehen werden. Beschwerden hinsichtlich der Verrichtung der Notdurft und der durch den Gastbetrieb verursachten Lärmbelästigung hätte der Drittkläger nur an den Untermieter nicht aber an die Beklagte gerichtet. Vor Vertragsauflösung wäre aber eine Abmahnung erforderlich gewesen. Außerdem sei der Gastbetrieb im Frühsommer 2012 eingestellt worden.

Beim Betrieb einer Tankstelle erscheine ein fallweiser Austritt von Kraftstoffen erfahrungsgemäß kaum vermeidbar, wobei den Feststellungen ein sorgloses Verhalten der Beklagten oder ihres Pächters nicht entnommen werden könne. Auch liege weder eine erhebliche Verletzung der Substanz des Bestandgegenstands noch eine Schädigung oder Gefährdung des Rufes oder wichtiger wirtschaftlicher oder sonstiger Interessen der Bestandgeber vor, sodass auch hier kein Auflösungsgrund verwirklicht sei.

Eine Auseinandersetzung mit den von den Klägern geltend gemachten weiteren Auflösungsgründen, nämlich dem geltend gemachten Bestandzinsrückstand aus einer Anwendung des VPI 1966 (2009: 5.833,55 EUR, 2010: 6.488,85 EUR und 2011: 4.903,99 EUR) und einer behördlich nicht genehmigten Gewerbeausübung, sei nicht erforderlich, weil die Kläger in ihrer Berufungsbeantwortung darauf nicht mehr zurückgekommen seien.

Auf das von den Klägern geltend gemachte Eventualbegehren ging das Berufungsgericht ungeachtet der Abweisung des auf Räumung gerichteten Hauptbegehrens nicht ein und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten nach Freistellung durch den Obersten Gerichtshof beantwortete Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig, weil dessen Entscheidung an einer von den Klägern geltend gemachten Mangelhaftigkeit leidet; sie ist im Sinn des auf Aufhebung gerichteten Eventualantrags auch berechtigt.

1. Die Kläger wenden sich in ihrer Revision nicht mehr gegen die von den Vorinstanzen bejahte Anwendbarkeit des MRG auf das vorliegende Bestandverhältnis. Diese Frage muss damit nicht mehr geprüft werden (vgl RIS Justiz RS0043352 [T33; T34]).

2.1 Der Auflösungsgrund des erheblichen nachteiligen Gebrauchs (§ 1118 erster Fall ABGB, § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall

MRG) liegt vor, wenn durch eine wiederholte, länger andauernde vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen wichtige Interessen des Vermieters verletzt werden oder eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgt ist oder auch nur droht (RIS Justiz RS0067832; RS0068076 ua).

2.2 Auf die allenfalls unter diesen Tatbestand zu subsumierende Verunreinigung der Liegenschaft durch Ölaustritte kommen die Kläger in ihrer Revision nicht mehr zurück.

2.3 Eine auf § 1118 ABGB gestützte Räumungsklage des Vermieters ist als Erklärung der Auflösung des Mietverhältnisses zu werten. Gleiches gilt auch für eine später vorgenommene Klagsausdehnung (6 Ob 50/10m; RIS Justiz RS0105354 [T13; T14]; 1 Ob 166/12m; RIS Justiz RS0034965 [T5]). Dass sie ihr Räumungsbegehren (auch) auf das Fehlen von Gewerbeberechtigungen stützen, haben die Kläger mit Schriftsatz vom 30. 12. 2011 geltend gemacht. Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit referieren sie dazu jedoch nur noch die Ansicht des Berufungsgerichts, es fehlten Feststellungen auch zur behaupteten behördlich nicht genehmigten Gewerbeausübung. Was das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht genau vermisst, ist in Anbetracht des festgestellten Sachverhalts nicht nachvollziehbar. Danach verfügten der Unterbestandnehmer der Beklagten und diese selbst bereits vor dem 30. 12. 2011 über Gewerbeberechtigungen, die ihnen zu unterschiedlichen Zeitpunkten erteilt worden waren. Welche (weiteren) Feststellungen in diesem Zusammenhang zu treffen gewesen wären, lassen die Kläger ebenso offen wie die Frage, ob ungeachtet der Feststellungen des Erstgerichts insofern der Auflösungstatbestand des § 1118 erster Fall ABGB überhaupt verwirklicht ist.

3.1 Soweit die Kläger daran festhalten, das festgestellte Verstellen bzw Behindern der Zufahrt zur Liegenschaft des Drittklägers und seiner Ehefrau berechtige sie zur Auflösung des Bestandverhältnisses, sprechen sie der Sache nach den Auflösungstatbestand des „unleidlichen Verhaltens“ an. Mit ihren Ausführungen, es seien [in diesem Zusammenhang] die weiteren vom Erstgericht maßgeblich herangezogenen Umstände zu berücksichtigen, legen sie aber nicht dar, inwieweit das Berufungsgericht allenfalls unter diesen Tatbestand subsumierbare (andere) Vorwürfe unrichtig rechtlich beurteilt haben soll. Damit bietet ihre Rechtsrüge lediglich Anlass zur Prüfung, ob das festgestellte Verstellen der Zufahrt einen Auflösungstatbestand verwirklicht.

3.2

Ein „

unleidliches Verhalten“ im Sinn des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG ist unter den Tatbestand des §

1118 erster Fall ABGB zu subsumieren (RIS Justiz RS0020956). Er liegt vor, wenn das zur Kündigung Anlass gebende

Verhalten objektiv als geeignet angesehen werden muss, den Mitbewohnern oder auch nur einem von ihnen das Wohnen im Haus zu verleiden (RIS Justiz RS0070303 [T5]). Der im Gesetz verwendete Begriff „Mitbewohner“ wird in der Rechtsprechung weit verstanden (krit T. Hausmann in Hausmann / Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht³ § 30 MRG Rz 30); davon werden etwa auch die Bewohner eines demselben Eigentümer gehörenden Nachbarhauses oder der nicht im Haus wohnende Hauseigentümer erfasst (1 Ob 277/06a; RIS Justiz RS0070251 [T2; T5]). Nach diesem weiten Verständnis erstreckt sich dieser Begriff unzweifelhaft auf den auf der Nachbarliegenschaft wohnenden (Mit )Vermieter.

3.3 Der Mieter hat im Rahmen des § 1118 erster Fall ABGB in der Regel für das Verhalten seines Unterbestandnehmers einzustehen (RIS Justiz RS0026282; vgl RS0070371 [T4; T5]). Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass ein Bestandnehmer, der die Tankstelle nicht selbst betreibt, im Regelfall keine Kenntnis über Parkvorgänge im Bereich der Bestandliegenschaft haben wird. Dessen Auffassung, der Umstand, dass die Zufahrt zum Haus des Drittklägers einmal alle zwei Wochen durch Fahrzeuge des Pächters oder dessen Kunden „verstellt bzw. erschwert passierbar“ war, könne der Beklagten bis zur Verständigung hierüber nicht zugerechnet werden, entspricht der Rechtsprechung (vgl RIS Justiz RS0070371 [T1]) und wird von den Klägern auch nicht ernsthaft in Frage gestellt. Damit könnte der Beklagten allenfalls angelastet werden, dass sie nach den Feststellungen des Erstgerichts bereits vor Klageeinbringung durch ein Schreiben des Vertreters der Kläger von diesem Umstand in Kenntnis gesetzt wurde und Abhilfemaßnahmen erst während des Verfahrens veranlasste. Dem fallweisen „Verstellen bzw erschwerten Passieren“ der Zufahrt kann hier für sich genommen aber nicht die Intensität eines rücksichtslosen oder sonst grob ungehörigen Verhaltens beigemessen werden, wie es zur Verwirklichung dieses Kündigungsgrundes erforderlich wäre. Aus den Feststellungen ergibt sich nämlich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Drittkläger Einwände gegen den Gastgewerbebetrieb am Bestandgegenstand erhoben hätte. Damit nahm er grundsätzlich zwar nur Unzukömmlichkeiten und Belästigungen, die mit dem Betrieb dieses Gewerbes notwendig und üblicherweise verbunden sind, in Kauf (vgl RIS Justiz RS0068002). Mit einem gegenüber dem normalen Tankstellenbetrieb erhöhten Aufkommen von auf der Liegenschaft geparkten Fahrzeugen war aber zu rechnen. Die festgestellten Beeinträchtigungen mögen zwar dem Bestandvertrag widersprechen. Nicht jede vertragswidrige Benutzung des Bestandgegenstands berechtigt aber gleich zur Vertragsauflösung nach § 1118 erster Fall ABGB, wenn dem mit Unterlassungsklage begegnet werden kann (vgl Würth / Zingher / Kovanyi , Miet und Wohnrecht 23 § 30 MRG Rz 10 mwN). Das kommt besonders dann zum Tragen, wenn – wie hier der Drittkläger – dem Fehlverhalten des Unterbestandnehmers oder dessen Gästen jederzeit mit den Mitteln des Nachbarrechts entgegentreten hätte können.

3.4 Als Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass der Auflösungstatbestand des unleidlichen Verhaltens durch den von den Klägern im Revisionsverfahren einzig noch aufrecht erhaltenen Vorwurf nicht erfüllt ist. Ausgehend davon ist aber die Mängelrüge der Kläger von Relevanz.

4.1 Die in erster Instanz obsiegende Partei ist gehalten, primäre Verfahrensmängel und ihr nachteilige Feststellungen – sei es wegen unrichtiger Beweiswürdigung, sei es wegen Aktenwidrigkeit – in der Berufungsbeantwortung zu rügen, sofern sich der Berufungswerber ausdrücklich auf Feststellungen des Erstgerichts bezieht (vgl § 468 Abs 2 ZPO; RIS Justiz RS0119339 [T1]). Diese Verpflichtung dient allein der Abwehr der Berufung (vgl RIS Justiz RS0119592). Davon unterscheidet sich der Fall, dass der Berufungswerber, der in erster Instanz zur Räumung verurteilt worden war, lediglich den vom Erstgericht als gegeben angenommenen Räumungsgrund bekämpft. So hat etwa der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass das Berufungsgericht, wenn es den vom Erstgericht für gegeben angenommenen Kündigungsgrund verneint, in einem solchen Fall von Amts wegen zu prüfen hat, ob nicht der andere, vom Erstgericht abgelehnte Kündigungsgrund verwirklicht ist, auch wenn der in erster Instanz siegreiche Kläger in seiner Berufungsbeantwortung diese Rechtsansicht nicht bekämpft (RIS Justiz RS0041588). Dasselbe muss für nicht geprüfte Gründe gelten.

4.2 Zutreffend machen daher die in erster Instanz siegreichen Kläger geltend, dass sie nicht gehalten waren, in der Berufungsbeantwortung einen Feststellungsmangel geltend zu machen, weil sich das Erstgericht mit weiteren Kündigungsgründen nicht auseinandersetzte. Diese wären vom Berufungsgericht zu behandeln gewesen.

5.1 Nach § 1118 zweiter Fall ABGB kann der Bestandgeber die frühere Aufhebung des Vertrags fordern, wenn der Bestandnehmer nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, dass er mit Ablauf des Termins den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat. Lehre und Rechtsprechung verstehen diese Bestimmung dahin, dass der Aufhebungsgrund gegeben ist, wenn der Bestandnehmer trotz erfolgter Mahnung bis zum nächsten (auf die Mahnung folgenden) Zinstermin in Rückstand bleibt, sodass eine neuerliche Zinszahlung fällig geworden ist, bevor die eingemahnte vollständig entrichtet wurde (RIS Justiz RS0020914).

5.2 Bis zu ihrem Schriftsatz vom 16. 5. 2012 haben die Kläger lediglich eine von der Beklagten zu vertretende Umsatzminderung geltend gemacht und daraus eine nicht vollständige Bezahlung des Bestandzinses abgeleitet. Damit wurde kein mangels Zahlung vertraglich geschuldeter Bestandzins ziffernmäßig eingemahnt, was dessen Fälligkeit voraussetzen würde. Insoweit fehlt es an den Voraussetzungen für ein auf die Vertragsauflösung nach § 1118 zweiter Fall ABGB gestütztes Räumungsbegehren.

5.3 Erstmals mit Schriftsatz vom 16. 5. 2012 haben die Kläger Bestandzinsrückstände für die Jahre 2009, 2010 und 2011 ziffernmäßig geltend gemacht und ausgeführt, dass sie Zinsrückstände von insgesamt 17.582,39 EUR zum nächsten Zinstermin fällig gestellt hätten. Für den Fall der Nichtzahlung kündigten sie an, das Räumungsbegehren auch darauf zu stützen. Tatsächlich haben sie zwar nicht ausdrücklich behauptet, wegen dieses Rückstands die Auflösung des Vertrags erklärt zu haben. Die Rechtsprechung sieht aber im Fall einer Mahnung durch die Klagezustellung oder bei Behauptung weiterer Zinsrückstände während des Verfahrens (vgl RIS Justiz RS0021212 [T1]) in der Fortführung des Räumungsprozesses nach dem Entstehen eines qualifizierten Zinsrückstands eine konkludente Aufhebungserklärung (RIS Justiz RS0020978; Iro in KBB 4 §§ 1118–1119 Rz 4). Ist daher das Räumungsbegehren im Zeitpunkt der Klagezustellung (noch) nicht berechtigt, so können Zinsrückstände das Räumungsbegehren dann rechtfertigen, wenn sie wenigstens zu irgendeinem Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens qualifiziert im Sinn des § 1118 zweiter Fall ABGB waren. Das Räumungsbegehren ist somit berechtigt, wenn der qualifizierte Rückstand zum Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung (oder der diese ersetzenden Fortführung des Räumungsprozesses) noch bestanden hat (8 Ob 96/08p; 3 Ob 25/11i; 8 Ob 92/11d).

5.4 Feststellungen dazu, ob der für den Auflösungstatbestand des § 1118 zweiter Fall ABGB vorausgesetzte Leistungsverzug besteht, fehlen. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht den zu dessen Beurteilung erforderlichen Sachverhalt festzustellen haben. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Kläger diesen Rückstand aus der Zugrundelegung des VPI 1966 anstelle des im Vertrag vereinbarten Wertmessers aus der abgerechneten Heizöl- und Kraftstoffmenge der Jahre 2009 bis 2011 ableiten. Fest steht bislang lediglich, dass die ursprünglich im Vertrag angeführte „Tankstellenvergütung für firmeneigene Anlagen“ im Rahmen der amtlichen Preisregulierung für Benzin und Diesel verwendet wurde und nach der Vereinbarung beide Teile vor Nachteilen schützen sollte, ohne dass diese im Vertrag näher umschrieben worden wären. Ob diese Vergütung – vergleichbar einem Preisindex – als Kennzahl für die Höhe der Preisentwicklung diente und im Sinn einer Wertsicherungsvereinbarung (vgl § 16 Abs 9 MRG) den Bestandgeber zur Erhöhung des Mietzinses berechtigen sollte, wie dies die Kläger offenbar zugrunde legen, kann den Feststellungen nicht einwandfrei entnommen werden. Erst nach Klärung dieser Frage in tatsächlicher Hinsicht, kann im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung beurteilt werden, ob vernünftige und redliche Parteien (vgl dazu Bollenberger in KBB 4 § 914 ABGB Rz 9) im Hinblick auf den wirtschaftlichen Zweck des Vertrags bei Kenntnis der Umstände vereinbart hätten, dass der von den Klägern herangezogene Verbraucherpreisindex anstelle der nicht mehr in Geltung stehenden „Tankstellenvergütung für firmeneigene Anlagen“ tritt und ob daraus der von den Klägern geltend gemachte Mietzinsrückstand resultiert.

6.1

§ 1118 erster Fall ABGB eröffnet auch die Möglichkeit zur Auflösung des Bestandverhältnisses, weil das für sein Weiterbestehen erforderliche Vertrauen wegen eines vertragswidrigen Verhaltens weggefallen ist (vgl Würth in Rummel , ABGB³ § 1118 ABGB Rz 3 mwN; Binder / Pesek in Schwimann / Kodek , ABGB 4 § 1118 ABGB Rz 1 mwN). Der Mieter muss sich also so verhalten haben, dass er nicht mehr vertrauenswürdig ist (stRsp; zuletzt 1 Ob 112/15z; RIS Justiz RS0020867). Ein Verschulden des Mieters ist nicht erforderlich; es genügt, dass sich der Mieter des nachteiligen Verhaltens bewusst war oder bewusst sein musste, wobei der Maßstab eines durchschnittlichen Mieters zugrunde zu legen ist (vgl RIS Justiz RS0020981; RS0070243 [T1]; RS0070433).

6.2 Einen solchen wichtigen Grund und nicht den Auflösungstatbestand des § 1118 zweiter Fall ABGB machen die Kläger der Sache nach geltend, wenn sie sich – wie bereits im Verfahren erster Instanz – auf der Beklagten zurechenbare Umsatzrückgänge berufen und daraus wegen des umsatzabhängig vereinbarten Bestandzinses eine von dieser zu vertretende Minderung des Entgelts ableiten, ohne diese ziffernmäßig zu benennen.

6.3 Der Oberste Gerichtshof hat für einen vom Umsatz abhängig vereinbarten Bestandzins bereits judiziert, dass die Höhe der Gegenleistung für die Benützung nicht der völligen Willkür des Mieters anheimgestellt ist, sondern bei einer Vertragsauslegung nach der Übung des redlichen Verkehrs (§ 914 ABGB) und mit Blick auf den Zweck des Vertrags grundsätzlich der Umsatz als Maßstab heranzuziehen ist, der bei branchenüblichem Betrieb des Unternehmens am gegebenen Standort entsprechend der jeweiligen allgemeinen Wirtschaftslage unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen mittleren Intensität unternehmerischen Einsatzes erzielbar ist und zu erwarten war. Eine ins Gewicht fallende Abweichung von dem solcherart nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu ermittelnden Mietzinsmaß durch umsatzmindernde Maßnahmen des Mieters, die einer derartigen Betriebsführung widersprechen, und damit eine vertragswidrige wesentliche Schmälerung des in Form des vom Umsatz abhängigen Entgelts muss der Vermieter nicht hinnehmen (8 Ob 670/88 = SZ 62/191 = MietSlg 41.138). Feststellungen, die eine Beurteilung der Frage erlauben würden, ob durch der Beklagten zurechenbare Maßnahmen eine derart ins Gewicht fallende Umsatzminderung gegeben war, dass von einer vertragswidrigen wesentlichen Schmälerung des vereinbarten Entgelts ausgegangen werden müsste, liegen ebenfalls nicht vor. Auch insoweit erweist sich das Verfahren erster Instanz als ergänzungsbedürftig.

7.1 Mit ihrem Eventualbegehren streben die Kläger die Anpassung des Bestandvertrags dahingehend an, dass die Bestandnehmerin verpflichtet sei, einen umsatzunabhängigen Bestandzins von 20.000 EUR pro Jahr zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten zu zahlen. Es sei eine Änderung der Geschäftsgrundlage eingetreten, weshalb der Bestandvertrag nach Treu und Glauben anzupassen sei.

7.2 Das Begehren auf Vertragsanpassung ist von dem rein vergangenheitsbezogenen Rechnungslegungs begehren, dem teilweise rechtskräftig stattgegeben wurde, losgelöst und kann nur als Eventualbegehren zur Räumung aufgefasst werden, sodass die Kläger grundsätzlich zu Recht rügen, dass das Berufungsgericht ihre Sachanträge nicht erledigte, wenn es das Hauptbegehren abwies und auf das Eventualbegehren nicht einging (vgl RIS Justiz RS0037663). Sollte das fortgesetzte Verfahren ergeben, dass die noch offenen Auflösungstatbestände nicht erfüllt sind, und das Räumungsbegehren der Kläger daher nicht berechtigt ist, wird deren Eventualbegehren inhaltlich zu prüfen sein.

8. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
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