JudikaturJustiz1Ob28/03d

1Ob28/03d – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Oktober 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas K*****, vertreten durch Dr. Franz Grauf und Dr. Bojan Vigele, Rechtsanwälte in Völkermarkt, wider die beklagte Partei Andrea A*****, vertreten durch Dr. Gert Seeber, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Herausgabe (Streitwert EUR 106.451,16) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 12. September 2002, GZ 6 R 118/02y 51, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 18. März 2002, GZ 22 Cg 107/01d 42, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das berufungsgerichtliche Urteil wird, soweit der Berufung der beklagten Partei gegen die Punkte 1. und 3. des erstinstanzlichen Urteils nicht Folge gegeben wurde, als Teilurteil bestätigt.

Dagegen werden die Urteile der Vorinstanzen, soweit es Punkt 2. des erstgerichtlichen Urteils betrifft, dahin abgeändert, dass das Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, "die Wohnung im Erdgeschoss samt Hälfte des Kellers des 'Jagerhofes' auf der Parzelle 482 ***** in der EZ 22 ***** laut eines auf Kosten der beklagten Partei zu erstellenden Parifizierungsgutachtens herauszugeben sowie in die Einverleibung des Eigentumsrechtes an diesen Anteilen sowie Einverleibung des Wohnungseigentums zugunsten Thomas K*****, einzuwilligen sowie die für die grundbücherliche Durchführung notwendigen Urkunden in einverleibungsfähiger Form zu unterfertigen; dies alles auf Kosten der beklagten Partei", abgewiesen wird, und in ihrem Kostenausspruch aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung über das zu Punkt 2. des Klagebegehrens gestellte Eventualbegehren an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten aller drei Instanzen wird dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe :

Der Vater der Beklagten ist am 12. 3. 2000 unter Hinterlassung eines am 24. 1. 1997 errichteten Testaments verstorben. In dessen Punkt I. setzte er die Schwester der Beklagten zur Alleinerbin ein. Im Punkt III. verfügte er, dass die Beklagte von der Alleinerbin den entsprechenden Geldbetrag erhalten solle, der ihr zur Abgeltung der gesetzlichen Ansprüche zustehe.

Punkt II. des Testamentes lautet:

"Außerdem bestimme ich folgende Vermächtnisse:

1. Aufgrund der langjährigen Bewirtschaftung des "Jagerhofes" durch den Pächter ... (Kläger) und weil es mein Wunsch ist, dass der "Jagerhof" sowohl als landwirtschaftlicher Betrieb als auch vom Namen her erhalten werden soll, und Herr ... (Kläger) die landwirtschaftlichen Liegenschaften sowie Besitzverhältnisse als langjähriger Pächter bereits kennt, bestimme ich zugunsten des ... (Kläger) folgende Vermächtnisse:

a) Er erhält den Acker Parzelle Nr 485 KG ... aus der EZ 22 GB ... in der Größe von 26.660 m2 in sein Eigentum.

b) Er erhält vom Wohngebäude des 'Jagerhofes' das Parterre ebenfalls ins Eigentum übertragen, des Weiteren ebenfalls ins Eigentum übertragen die Hälfte des Kellers.

Die übrigen Gebäudeteile bzw das Obergeschoss verbleiben im Eigentum der Erbin, es ist daher mein Wunsch, dass das Wohnungseigentum insoweit begründet werden soll, dass ... (Kläger) Eigentümer des Parterres und der Hälfte des Kellers werden soll, die übrigen Gebäudeteile verbleiben im Eigentum der Erbin. Sollte aus irgendwelchen rechtlichen Überlegungen diese Wohnungseigentumsbegründung nicht möglich sein, so ist es doch mein ausdrücklicher Wille, dass das alleinige und kostenlose Nutzungsrecht an dem Parterre und der Hälfte des Kellers des 'Jagerhofes' dem Vermächtnisnehmer ... (Kläger) zusteht. Die Erbin wird verpflichtet, auf ihre eigenen Kosten die Zugangsmöglichkeit zu dem ihr ins Eigentum fallenden Obergeschoss und Dachboden so zu errichten, dass auch die Begründung von Wohnungseigentum möglich ist und die Begründung des Wohnungseigentums geht ebenfalls auf Kosten der Erbin.

Sowohl dem Vermächtnisnehmer als auch der Erbin trage ich aber auf, das Wohngebäude 'Jagerhof' zu erhalten, das Wirtschaftsgebäude nur dann, wenn eine Erhaltung noch wirtschaftlich sinnvoll ist.

c) Weiters verfüge ich, dass der Vermächtnisnehmer ... (Kläger) als weiteres Vermächtnis, aufgrund der Tatsache, dass er bereits jahrzehntelang Pächter der landwirtschaftlichen Flächen der EZ 22 KG ... ('Jagerhof') ist, auf Lebenszeit Pächter der gesamten Liegenschaft EZ 22 KG ... mit allen Parzellen sowie aller vorhandenen landwirtschaftlichen Geräte und Nutzfahrzeuge wird. Von der Pacht nicht umfasst sind das Obergeschoss und Dachgeschoss sowie die Hälfte des Kellers im Wohngebäude, welche Räumlichkeiten ohne Einschränkung im Eigentum der Erbin verbleiben.

Neben dieser EZ 22 KG ... soll Herr ... (Kläger) noch folgende Grundstücksfläche in landwirtschaftliche Pacht übernehmen:

Die EZ 300 GB ... mit dem Wohnhaus ... besteht aus dem Grundstück 1471 LN mit einer Fläche von 15.086 m2. Diese Parzelle 1471 LN KG ... soll so geteilt werden, dass die Teilung von Osten nach Westen verläuft, und zwar soll der Grenzverlauf zwischen dem bestehenden Grundstücksteil und der abzutrennenden Grundstücksfläche 32 m südlich des Brunnenschachtes im Gemüsegarten und parallel zur Fichtenbaumreihe verlaufen. Es soll sohin die verbleibende Parzelle 1471 mit dem Wohnhaus ... nicht mehr mit der 220 kV Leitung belastet sein. Diese neu gebildete Parzelle soll der Liegenschaft EZ 22 KG ... zugeschrieben werden und somit auch dem Pachtverhältnis unterliegen.

Hinsichtlich des Pachtzinses für alle Flächen und die vorhandenen landwirtschaftlichen Geräte und Nutzfahrzeuge wird vereinbart, dass dieser jährlich S 55.000 (in Worten: Schilling fünfundfünfzigtausend) betragen soll. ..."

Im Verlassenschaftsverfahren nach ihrem Vater erklärten die Beklagte und ihre Schwester übereinstimmend, dass der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung aufgrund seines beeinträchtigten physischen und psychischen Gesundheitszustands nicht mehr testierfähig gewesen sei, das Testament daher keine Rechtsgültigkeit entfalte und von der gesetzlichen Erbfolge auszugehen sei. Der Nachlass wurde sodann aufgrund des Gesetzes der Beklagten und ihrer Schwester je zur Hälfte eingeantwortet, wobei der Beklagten aufgrund eines Erbenübereinkommens unter anderem das Eigentum an der Liegenschaft EZ 22 KG ... übertragen wurde.

Im Herbst 1996 hatte der Erblasser dem Kläger mitgeteilt, dass er ein Testament zur errichten beabsichtige. Über Empfehlung des Klägers wandte sich der Erblasser daraufhin an den nunmehrigen Klagevertreter. Der Testamentserrichtung gingen insgesamt vier Besprechungstermine voraus, wovon einer in der Kanzlei des Rechtsanwalts und drei im Anwesen des Erblassers stattfanden.

Als der nunmehrige Klagevertreter den Erblasser kennen lernte, hinterließ dieser bei ihm den Eindruck eines alten, gesunden Menschen. Irgendwelche Verwirrtheitszustände oder sonstige geistige Auffälligkeiten waren für den Rechtsanwalt nicht erkennbar. Bei den Gesprächen mit dem Erblasser fiel dem Rechtsanwalt nichts auf, was auf eine geistige Beeinträchtigung hingewiesen hätte. Der Erblasser beteiligte sich normal am Gespräch und war zweifelsfrei in der Lage, seinen Willen zu artikulieren, wobei er zunächst erklärte, er wolle die Beklagte überhaupt enterben. Nachdem ihn der Rechtsanwalt über die rechtlichen Voraussetzungen informiert hatte, begnügte sich der Erblasser damit, die Beklagte auf den Pflichtteil zu setzen.

Hätte der Rechtsanwalt Bedenken gegen die geistigen Fähigkeiten des Erblassers gehabt, so hätte er an der Testamentserrichtung nicht mitgewirkt. Für ihn stand jedoch eindeutig fest, dass der Erblasser bei klarem Verstand bzw frei von Verwirrtheit oder sonstigen psychischen Beeinträchtigungen war. Der Rechtsanwalt verfasste zunächst drei Testamentsentwürfe und schließlich das im Verlassenschaftsverfahren kundgemachte Testament.

Beim ersten Besprechungstermin am 19. 12. 1996 erfuhr der Rechtsanwalt, dass der Erblasser zwei Töchter habe, wovon die eine alles erben und die Beklagte leer ausgehen sollte. Von Anfang an war auch klar, dass der Kläger mit einem Vermächtnis bedacht werden solle. Beim zweiten Besprechungstermin am 8. 1. 1997 wurde sodann im Wesentlichen all das besprochen, was anschließend im Testamentsentwurf Beilage A festgehalten wurde. Der Testamentsentwurf Beilage B wurde am 16. oder 17. 1. 1997 in der Kanzlei des nunmehrigen Klagevertreters geschrieben. Dieser zweite Entwurf wurde am 17. 1. 1997 im Anwesen des Erblassers besprochen. Anlässlich dieser Besprechung wurden noch fehlende Daten betreffend den Pachtzins und die Höhe des Vermächtnisses an die langjährige Haushaltshilfe des Erblassers bekannt gegeben. Im Zuge dieser Besprechung erklärte der Rechtsanwalt dem Erblasser, es erschiene ihm sinnvoll, wenn man sämtliche Sparbücher und Wertpapiere im Testament ausweise, worauf ihm der Erblasser einige Sparbuchnummern nannte, die der Rechtsanwalt dem Testamentsentwurf Beilage B handschriftlich anfügte und sodann in den dritten Testamentsentwurf Beilage C einarbeitete. Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt erhielt der Rechtsanwalt sodann vom Erblasser eine genaue Aufstellung seiner Sparguthaben samt den dazu gehörigen Sparbuch bzw Depotnummern. Aufgrund der nun zur Verfügung stehenden Daten verfasste der Rechtsanwalt das vom Erblasser gewünschte Testament. Am 24. 1. 1997 erschien der Erblasser mit dem Kläger in der Kanzlei des Rechtsanwalts, der den Erblasser darauf aufmerksam machte, dass nunmehr ein endgültiger Testamentsentwurf vorliege. Eine Besprechung dieses letzten Entwurfes fand nicht statt. Der Kläger verließ daraufhin das Büro des Rechtsanwalts, der sodann in Anwesenheit einer Kanzleiangestellten sowie seiner Ehegattin dem Erblasser das Testament vorlas. Danach fragte der Rechtsanwalt den Erblasser, ob das Testament seinen letzten Willen darstelle, was dieser bejahte. Danach unterfertigten der Erblasser und sodann der Rechtsanwalt, dessen Ehegattin und die Kanzleiangestellte als ersuchte Zeugen das Testament.

Im Zeitpunkt der Testamentserrichtung fielen weder dem Rechtsanwalt noch dessen Kanzleiangestellten beim Erblasser Anzeichen geistiger Verwirrtheit oder Abwesenheit auf. Der Rechtsanwalt hatte vielmehr den Eindruck, dem Erblasser sei bewusst gewesen, dass ein Testament errichtet wird und dass er über dessen Inhalt vollinhaltlich informiert ist. Der Rechtsanwalt war subjektiv davon überzeugt, dass der Erblasser den Inhalt des Testaments nicht nur verstanden habe, sondern dass es sich hiebei tatsächlich um seinen letzten Willen handle.

Der Erblasser war sich am 24. 1. 1997 des Vorgangs der Testamentserrichtung sowie des Inhalts des Testamentes bewusst und "hatte in diesem Zeitpunkt zumindest die geistigen Fähigkeiten eines 14 Jährigen."

Mit seiner am 28. 5. 2001 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger, die Beklagte schuldig zu erkennen, "die Parzelle 485 LN KG ... im Ausmaß von 26.660 m2 herauszugeben und in die lastenfreie Abschreibung dieser Parzelle aus der EZ 22 KG ... sowie Eröffnung einer neuen Einlagezahl in der KG ... unter Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers einzuwilligen und die für die grundbücherliche Durchführung notwendigen Urkunden in einverleibungsfähiger Form zu unterfertigen" (Punkt 1.), "die Wohnung im Erdgeschoss samt Hälfte des Kellers des "Jagerhofes" auf der Parzelle 482 KG ... in der EZ 22 KG ... laut eines auf Kosten der Beklagten zu erstellenden Parifizierungsgutachtens herauszugeben sowie in die Einverleibung des Eigentumsrechts an diesen Anteilen sowie Einverleibung des Wohnungseigentums zugunsten" des Klägers "einzuwilligen sowie die für die grundbücherliche Durchführung notwendigen Urkunden in einverleibungsfähiger Form zu unterfertigen, dies alles auf Kosten der beklagten Partei" (Punkt 2.) und mit dem Kläger "einen Pachtvertrag hinsichtlich der gesamten Liegenschaft EZ 22 KG ... nach Abschreibung der Parzelle 485 LN mitsamt sämtlichen vorhandenen landwirtschaftlichen Geräten und Nutzfahrzeugen abzuschließen, wobei die Dauer dieses Pachtvertrags mit der Lebenszeit des Klägers begrenzt wird und gleichzeitig der Kläger einen Pachtzins von jährlich" S 55.000 an die Beklagte zu zahlen hat (Punkt 3.). Zu Punkt 2. des Hauptbegehrens begehrte der Kläger hilfsweise, die Beklagte sei schuldig, dem Kläger das alleinige und kostenlose Nutzungsrecht an dem Parterre und der Hälfte des Kellers des "Jagerhofes" auf der Parzelle 482 KG ... mit der Anschrift ... einzuräumen.

Der Erblasser sei anlässlich der Testamentserrichtung am 24. 1. 1997 psychisch vollkommen zurechnungsfähig und bei klarem Verstand gewesen. Sein körperlicher Zustand habe jenem eines Mannes, der im 80. Lebensjahr stand, entsprochen. Der Unterschriftsleistung am 24. 1. 1997 seien mehrere Besprechungen vorausgegangen, wobei der Erblasser über den Inhalt des Testaments stets genau Bescheid gewusst habe und seine Gedanken vollkommen frei von Verwirrtheit habe formulieren können. Es seien keinerlei Anzeichen irgendeiner psychischen Beeinträchtigung vorgelegen. Die Behauptung, der Erblasser sei nicht testierfähig gewesen, stelle eine bloße Schutzbehauptung der Beklagten dar.

Die Beklagte wendete ein, ihr Vater sei bei der Testamentserrichtung nicht mehr testierfähig gewesen. Der Geisteszustand des Verstorbenen sei schon lange vor diesem Zeitpunkt schwer beeinträchtigt gewesen, wobei sich naturgemäß infolge Fortschreitens der Erkrankung dieses Zustandsbild immer weiter verschlechtert habe. Bereits seit Mitte des Jahres 1993 hätten sich von der Beklagten im Einzelnen beschriebene Vorfälle ereignet, die deutlich gezeigt hätten, dass beim Erblasser so schwere geistige Defizite bestanden hätten, dass sie die Testierfähigkeit ausgeschlossen hätten. Aus Gründen prozessualer Vorsicht werde weiters eingewendet, dass die Klagebegehren zu Punkt 2. und 3. unbestimmt und nicht exequierbar seien. Zudem sei Punkt 3. des Testaments dahin auszulegen, dass vom Pachtrecht nur die landwirtschaftlich gewidmeten Flächen umfasst sein sollten und für den Pachtschilling außerdem Wertsicherung bedungen sei.

Das Erstgericht gab dem Klagehauptbegehren uneingeschränkt Folge. Es führte aus, für die Testierfähigkeit sei nicht der Vollbesitz der geistigen Kräfte erforderlich. Nach ständiger Rechtsprechung schließe nicht jede geistige Erkrankung, aber auch nicht die bloße Abnahme der Geisteskräfte oder eine Schwäche der Wahrnehmungsfähigkeit die Testierfähigkeit aus. Diese sei nur bei erheblicher Abschwächung der geistigen Fähigkeiten anzunehmen, die einen Zustand der Sinnesverwirrung herbeiführten. Bezogen auf den 24. 1. 1997 könne dem Erblasser keine psychische Krankheit im Sinne es § 566 ABGB unterstellt werden. Er sei in dieser Zeit in der Lage gewesen, die Vorgänge in seiner Umgebung zu begreifen und seinen Willen in aller Deutlichkeit zu artikulieren. Dies werde insbesondere dadurch unterstrichen, dass er konsequent die Anpassung der Testamentsentwürfe an seine Vorstellungen vorantrieb und die drei vorangegangenen Testamentsentwürfe dieselben Grundgedanken verfolgten. Aufgrund der eingehend erörterten familiären Situation des Erblassers scheine das Testament dessen wahrem Willen zu entsprechen. Selbst wenn man Testierunfähigkeit unterstellen wollte, wäre ein "lucidum intervallum" anzunehmen, weil für die Testamentszeugen kein wie immer gearteter Zweifel daran bestanden habe, dass es sich bei den verlesenen Ausführungen um den tatsächlichen letzten Willen des Erblassers gehandelt habe. Es sei daher da die übrigen Voraussetzungen im Sinne der §§ 579 ff ABGB gegeben seien davon auszugehen, dass ein rechtsgültiges fremdhändiges Testament zustande gekommen sei.

Im Hinblick auf das ebenso klare wie schlüssige Gutachten des beigezogenen Sachverständigen sei von der Befassung eines weiteren Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Psychiatrie Abstand zu nehmen gewesen. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, dem Sachverständigen sämtliche Unterlagen zugänglich zu machen und im Rahmen der mehrstündigen Gutachtenserörterung jene Fragen zu stellen, die sie jetzt als unbehandelt rüge. Soweit sich der Sachverständige nicht mit bestimmten Verhaltensweisen des Erblassers, etwa anlässlich des Todes und des Begräbnisses seiner Ehefrau, befasst habe, sei darauf zu verweisen, dass von der Beklagten ein derartiges Vorbringen nicht erstattet worden sei. Die Ausführungen der Beklagten stellten einen untauglichen Versuch dar, das völlig unbedenkliche Gutachten des Sachverständigen zu erschüttern bzw durch die Befassung eines weiteren Sachverständigen ein für sie günstigeres Prozessergebnis herbeizuführen. Das Gericht erachte auch die von der Beklagten erhobene Einwendung der mangelnden Exequierbarkeit der Punkte 2. und 3. des Klagebegehrens als nicht stichhaltig. Das Klagebegehren sei in den genannten Punkten ausreichend bestimmt, weil die Anforderungen insoweit nicht überspannt werden dürften. Es sei an den Streitteilen gelegen, zu speziellen Detailregelungen das Einvernehmen zu suchen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 20.000 übersteige und dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der wegen der unterbliebenen Beiziehung eines weiteren Sachverständigen gerügte Verfahrensmangel liege nicht vor. Bedenken gegen das Sachverständigengutachten bestünden nicht. Die Exequierbarkeit der Punkte 2. und 3. des angefochtenen Urteils sei zu bejahen, weil diese nicht nur dem Inhalt des Testaments entsprächen, sondern auch nach dem Sprach und Wortgebrauch hinlänglich bestimmt seien.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist zulässig; es kommt ihr auch teilweise Berechtigung zu.

Entgegen den Ausführungen in der Revision hat das Berufungsgericht die Mängelrüge der Beklagten in seiner Entscheidung behandelt und als nicht berechtigt erkannt. Diese Fragen können daher nicht neuerlich an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (RIS Justiz RS0106371). Auch die neuerlich monierte Beiziehung eines zweiten Sachverständigen kann als Frage der Beweiswürdigung im Revisionsverfahren nicht mehr überprüft werden (RIS Justiz RS0043320).

Die Beurteilung der Testierfähigkeit stellt hingegen eine Rechtsfrage dar. Sie ist aufgrund der Feststellungen über den Geisteszustand des Erblassers und den Grad der Beeinträchtigung seiner Willensbildung zu lösen. Dem Sachverständigen obliegt daher kein Urteil über die Testierfähigkeit; er hat bloß mit Hilfe seiner besonderen Sachkunde an den Feststellungen mitzuwirken, welchen Grad der "Besonnenheit" der Erblasser im Zeitpunkt der Verfassung der letztwilligen Verfügung hatte (SZ 56/180; 3 Ob 539/90 ua). Die Beweislast, dass der Testator testierunfähig war, trifft diejenige Prozesspartei, die die Ungültigkeit des Testaments behauptet (SZ 60/241; RIS Justiz RS0012434). Die bloße Wahrscheinlichkeit der Testierunfähigkeit genügt nicht (RIS Justiz RS0012415; 6 Ob 317/01p).

Voraussetzung der Errichtung eines wirksamen Testaments ist nach der Bestimmung des § 565 ABGB unter anderem, dass der Erblasser seinen letzten Willen im Zustand der vollen Besonnenheit erklärt. Wird bewiesen, dass die Erklärung in einem die hiefür erforderliche Besonnenheit ausschließenden Zustand, wie dem einer psychischen Krankheit, einer geistigen Behinderung oder der Trunksucht, geschehen sei, so ist sie gemäß § 566 ABGB ungültig. An die Bejahung der Testierfähigkeit legt die Rechtsprechung einen weniger strengen Maßstab an als an die Geschäftsfähigkeit bei Geschäften unter Lebenden. Nicht jede geistige Erkrankung schließt die Testierfähigkeit aus und ebensowenig die bloße Abnahme der geistigen Kräfte. Der Vollbesitz der geistigen Kräfte und die volle Kenntnis der Tragweite der Anordnung sind nicht erforderlich. Die Testierfähigkeit fehlt nur dann, wenn der Erblasser nicht einmal das Bewusstsein hatte, eine letztwillige Anordnung zu treffen und ihm das Verständnis ihres Inhalts zur Gänze abging. Als Richtschnur für die Bejahung der Testierfähigkeit nahm die Rechtsprechung an, es müssten zumindest die kognitiven und volitiven Fähigkeiten eines 14 Jährigen vorliegen (SZ 56/180; SZ 64/111; RIS Justiz RS0012427).

Die aufgrund der durch das Sachverständigengutachten und das übrige Beweisverfahren geschaffenen Tatsachengrundlage gezogene rechtliche Schlussfolgerung des Erstgerichts, der Erblasser sei im Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierfähig gewesen, folgt im Ergebnis der dargestellten Rechtsprechung. So hat der Sachverständige insbesondere nachvollziehbar dargelegt, die zahlreichen von der Revisionswerberin beschriebenen auffälligen Verhaltensweisen des Erblassers ließen zwar Rückschlüsse einerseits auf die Struktur einer insgesamt schwierigen Persönlichkeit und andererseits auf fallweise konstitutionell bedingte Verwirrtheitszustände zu, nicht jedoch auf so weitgehende verstandesmäßige Einbußen, dass Demenz anzunehmen sei. Wurden ferner die Art und Weise, wie der Erblasser an die Errichtung des Testaments heranging und die auf durchaus überlegte Schritte schließen lässt, und ferner die Aussagen der bei der Testamentserrichtung anwesenden Zeugen, die jedwede psychische Auffälligkeit des Erblassers verneinten, in Rechnung gestellt, so fehlt in der Tat jeder Anhaltspunkt für eine über die möglicherweise bloß infolge des fortgeschrittenen Alters eingetretene Abnahme hinausgehende massive Abschwächung der geistigen Fähigkeiten, die eine Sinnesverwirrung herbeiführt und deshalb Testierunfähigkeit bewirkt (vgl dazu Eccher in Schwimann, ABGB2 § 565 Rz 8; 6 Ob 244/99x).

Der Revisionswerberin ist allerdings darin beizupflichten, dass nach der jüngeren Rechtsprechung die Testierfähigkeit auch dann fehlt, wenn das Bewusstsein des Erblassers im Sinne des § 566 ABGB insoweit beeinträchtigt ist, als die normale Freiheit seiner Willensbildung durch eine geistige Erkrankung aufgehoben ist. Selbst wenn er bei einer solchen Sachlage den Willen hat, ein Testament zu errichten, und auch in der Lage ist, den Testiervorgang zu erkennen, fehlt ihm die volle Besonnenheit als Voraussetzung für die Errichtung eines gültigen Testaments. Ist sein Verstand etwa infolge paranoider Wahnvorstellungen oder eines hochgradigen Affekts verwirrt oder die Entschlussfreiheit aufgrund anderer dauernder oder vorübergehender Störungen aufgehoben, sodass die Wahnvorstellungen auf die Willensbildung bei der Testamentserrichtung wesentlichen Einfluss nahmen, so liegt ebenfalls Testierunfähigkeit vor (JBl 1989, 376; 3 Ob 539/90; 4 Ob 312/97d; 1 Ob 51/03m ua). Testierunfähigkeit liegt aber auch dann noch nicht vor, wenn das Testament "in einer Stimmung von Kränkung, Verzweiflung, Zorn, beleidigtem Trotz und grenzenlosem Hass" errichtet wird (3 Ob 539/90; Welser in Rummel ABGB3 §§ 566 bis 569 Rz 5). Die Beweislast dafür, dass nicht bloß solche Gefühlsaufwallungen, sondern krankhafte Wahnvorstellungen die Willensbildung des Erblassers beeinflussten, trifft auch hier denjenigen, der die Ungültigkeit der letztwilligen Verfügung behauptet (SZ 51/8; 3 Ob 539/90).

Ein derartiges, auf eine krankhafte Störung der freien Willensbildung des Erblassers hinweisendes Vorbringen hat die Beklagte aber im Verfahren erster Instanz nicht erstattet. Vielmehr hat sie durch die detaillierte Schilderung verschiedenartigster Fehlleistungen des Erblassers versucht, schwere geistige Defizite im Sinne einer altersbedingten Demenz, die die Bedeutung des Testiervorganges als solchen zu verdunkeln geeignet waren, zur Darstellung zu bringen. Dass der Erblasser an krankhaften Wahnvorstellungen wie etwa, dass ihm nahe Angehörige nach dem Leben trachteten (vgl 3 Ob 539/90), gelitten habe, wurde nicht vorgebracht und ist auch sonst dem Akt nicht zu entnehmen, hat doch der Sachverständige unter anderem ausgeführt, das Persönlichkeitsbild des Verstorbenen sei zwar nicht einfach qualifizierbar, habe aber jedenfalls keinen Krankheitswert gehabt (ON 40, S 19). Der Sachverständige setzt sich eingangs seiner Beurteilung (ON 22, S 22 ff) sehr ausführlich mit der Persönlichkeit des Erblassers auseinander und gelangt zu dem Schluss, es ließen sich bei aller Problematik der Persönlichkeit "aber keinerlei Hinweise auf psychotische oder wahnhafte Anteile finden, die geeignet wären, relevante Einflüsse auf die Testierfähigkeit zu nehmen (die notwendigen Kriterien für das Vorliegen eines Wahns als handlungsbestimmend waren zB nicht abzuleiten)". Die an sich richtigen Rechtsausführungen in der Revision zur krankhaften Störung der Willensbildung können somit den Standpunkt der Beklagten nicht stützen.

Die Beklagte wendete weiters im Verfahren ein, Punkt 2. und 3. des Klagebegehrens seien unbestimmt und daher nicht exequierbar. Das Erfordernis der Bestimmtheit des Klagebegehrens als Voraussetzung eines tauglichen Exekutionstitels ist nach ständiger Rechtsprechung von Amts wegen auch noch im Rechtsmittelverfahren zu prüfen ist (RIS Justiz RS0037469; SZ 36/86). Der Oberste Gerichtshof hat daher diesen auch in der Revision gegen die Punkte 2. und 3. des klagestattgebenden Urteils erhobenen Einwand zu prüfen, zumal ihn das Berufungsgericht mit bloß unsubstantiierter Scheinbegründung verworfen hat.

Gemäß Punkt 3. des erstinstanzlichen Urteils ist die Beklagte schuldig, mit dem Kläger einen Pachtvertrag über eine bestimmt bezeichnete Liegenschaft samt allen vorhandenen landwirtschaftlichen Geräten und Nutzfahrzeugen abzuschließen, wobei die Dauer dieses Pachtvertrags mit der Lebenszeit des Klägers begrenzt wird, der Kläger einen Pachtzins von jährlich EUR 3.997 an die Beklagte zu zahlen hat. Dieses Begehren ist rechtlich möglich, weil ein Legat jedenfalls auch einen gültigen Titel für die Begründung eines Bestandverhältnisses darstellen kann (vgl MietSlg 34.182; MietSlg 37.102; Würth in Rummel ABGB3 §§ 1092 bis 1094 Rz 5). Gemäß § 1094 ABGB ist der Bestandvertrag vollkommen abgeschlossen, wenn die vertragschließenden Teile über das Wesentliche des Bestandes, nämlich über die Sache und den Preis, übereingekommen sind. Auch wenn der Bestandvertrag durch Urteilsspruch begründet wird, bedingt dies kein weitergehendes Bestimmtheitserfordernis. Die von der Revisionswerberin vermisste Regelung über Nutzungsrechte an den landwirtschaftlichen Geräten ist in unzweideutiger Form dahin getroffen, dass sämtliche auf der Liegenschaft vorhandenen Geräte und Nutzfahrzeuge vom Pachtvertrag umfasst sind. Die ebenfalls von der Revisionswerberin vermisste Wertsicherung des Pachtzinses ist keinesfalls zwingender Bestandteil eines Pachtvertrages, und die Revisionswerberin hat gar nicht behauptet, der Erblasser habe in Wahrheit eine solche letztwillig verfügen wollen. Die Auslegung eines Testaments kann aber nur nach dem wahren Willen des Erblassers erfolgen (RIS Justiz RS0012342; RS0012367 ua), dessen Abweichen vom Inhalt des Begehrens hier aber gerade nicht erwiesen wurde. Schließlich sind auch die von der Revisionswerberin vermissten Angaben über die Form der Zahlung des Pachtzinses für die Exequierbarkeit nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ist es doch grundsätzlich Sache des Bestandgebers, diese festzulegen (SZ 30/5; Würth in Rummel ABGB3 § 1100 Rz 2).

Die von der Revisionswerberin geäußerten Bedenken gegen die Bestimmtheit und rechtliche Zulässigkeit treffen allerdings auf Punkt 2. des Ersturteils zu. Danach wurde die Beklagte schuldig erkannt, "die Wohnung im Erdgeschoss samt Hälfte des Kellers" des auf der Parzelle 482 KG ... in der EZ 22 KG ... gelegenen "Jagerhofes" dem Kläger nach Parifizierung in das Wohnungseigentum zu übertragen. Mag der Begriff der "Wohnung im Erdgeschoss" unter der Annahme, dass dort keine weiteren bewohnbaren Räumlichkeiten vorhanden sind, gerade noch ausreichend bestimmt sein (vgl 5 Ob 121/02h), so trifft dies zweifelsfrei auf die "Hälfte des Kellers" nicht zu. Wenngleich die Vorlage eines Plans nicht unbedingt erforderlich ist, muss doch die beanspruchte Fläche ausreichend nach Merkmalen in der Natur bestimmt oder zumindest bestimmbar sein (1 Ob 628/95; 6 Ob 25/98i; RIS Justiz RS0037434). Zwar könnte ein derart unklares Klagebegehren nicht abgewiesen werden, ohne dass zuvor gemäß § 182 ZPO der Versuch unternommen worden wäre, eine Präzisierung zu erreichen (1 Ob 628/95; RIS Justiz RS0036871), doch hat hier ein Verbesserungsverfahren deshalb zu unterbleiben, weil die Begründung von Wohnungseigentum in der vorgesehenen Form rechtlich unmöglich ist. Ein Exekutionstitel darf aber nur geschaffen werden, wenn der Verpflichtete auch rechtlich in der Lage ist, die von ihm geforderte Handlung vorzunehmen (SZ 52/122). Das im § 1 Abs 1 WEG 1975 (nunmehr § 2 Abs 1 WEG 2002) als dingliches Recht definierte Wohnungseigentumsrecht stellt auf das Miteigentum an einer einzelnen Liegenschaft ab. Es kann nur am ganzen Grundbuchskörper begründet werden (§ 3 GBG), kann doch auch nur an diesem Miteigentum erworben werden (RIS Justiz RS0060192; RS0082865). Der Anspruch, auf einem Grundstück eines Grundbuchskörpers Wohnungseigentum zu begründen, kann daher aus rechtlichen Gründen nicht durchgesetzt werden. In einem derartigen Fall besteht keine Verpflichtung des zu strikter Unparteilichkeit verhaltenen Richters, die rechtliche Unzulässigkeit mit den Parteien zu erörtern und damit eine entsprechende Klagsänderung anzuregen (SZ 70/199; RIS Justiz RS0108818).

Folge der Abweisung des Klagebegehrens zu 2. ist aber das Erfordernis, über das zu diesem Punkt gestellte Eventualbegehren zu entscheiden, sodass insoweit die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen ist. Eine Abweisung auch dieses Begehrens wegen rechtlicher Unmöglichkeit (vgl RIS Justiz RS0018224) ist derzeit noch nicht möglich, weil ohne entsprechende Erörterung mit dem Kläger nicht beurteilt werden kann, die Einräumung welchen Rechtes er begehrt (vgl zum Bestimmtheitserfordernis etwa NZ 1981, 27; RIS Justiz RS0011822) und ob ein obligatorisches oder dingliches Recht begründet werden soll. Sollte der Kläger einem derartigen Verbesserungsauftrag nicht nachkommen, wäre das Eventualbegehren wegen Unbestimmtheit abzuweisen. Stellt der Kläger hingegen ein bestimmtes Begehren, wird es an ihm liegen, den Beweis zu erbringen, dass dieses vom Inhalt des Testaments und dem wahren Willen des Erblassers gedeckt ist.

Der Revision ist teilweise Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 Abs 2 ZPO.

Rechtssätze
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