JudikaturJustiz5Ob214/08v

5Ob214/08v – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. November 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. Gabriele S*****, und 2. Roland S*****, beide vertreten durch Dr. Josef Schoffnegger, Notar in Klagenfurt, wegen Grundbuchshandlungen ob der Liegenschaft EZ *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 23. Juli 2008, GZ 3 R 165/08m, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Spittal/Drau vom 22. April 2008, TZ 832/08, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der ordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Erstantragstellerin ist Alleineigentümerin der im Kopf genannten Liegenschaft (bestehend aus zwei Grundstücken, und zwar Wald mit 12.802 m² und Baufläche mit 312 m² samt einem darauf befindlichen Wohnhaus), die zu C LNR 2a mit einem Fruchtgenussrecht gemäß Punkt Fünftens des Übergabsvertrags vom 1. Dezember 2000 für ihren Großvater belastet ist; dieser Vertragspunkt nimmt vom Fruchtgenuss das Waldgrundstück aus. Zugunsten des Großvaters ist weiters ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt (C LNR 3a).

Mit dem Übergabsvertrag vom 12. Oktober 2007, der nunmehr verbüchert werden soll, hat die Erstantragstellerin die gesamte Liegenschaft ihrem Sohn, dem Zweitantragsteller, übergeben, der sich für sich und seine Rechtsnachfolger im Eigentum des Übergabeobjekts zu folgender Gegenleistung verpflichtete (Punkt Zweitens):

„Für die übergebende Partei auf Lebensdauer das unentgeltliche und höchstpersönliche Wohnungsgebrauchsrecht in der südwestseitig gelegenen abgeschlossenen Garconniere, verbunden mit dem Benützungsrecht an einem Kellerabteil im Haus [...]. [...] Dieses Wohnungsgebrauchsrecht ist als Dienstbarkeit in EZ [...] grundbücherlich sicherzustellen. Die übergebende Partei nimmt diese Rechtseinräumung ausdrücklich an."

Von der vereinbarten bücherlichen und außerbücherlichen Lastenfreiheit ausgenommen wurde das unter C LNR 2a sichergestellte Fruchtgenussrecht für den Großvater, das vom Zweitantragsteller in sein weiteres Duldungsversprechen und seine weitere Duldungsverpflichtung übernommen wurde (Punkt Fünftens).

Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 25. September 2007 erteilte der Großvater in Ansehung seiner oben erwähnten grundbücherlichen Rechte die

„Zustimmung zur Einverleibung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrecht s [...] für [die Erstantragstellerin] sowie zur Einverleibung der Löschung des zu seinen Gunsten einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbots [...] sowie zur Löschung der bezughabenden Anmerkungen."

Aufgrund ua des Übergabsvertrags und der Zustimmungserklärung und Löschungsbewilligung begehrten die Antragsteller die Einverleibung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbots C LNR 3a samt Löschung der bezughabenden Anmerkungen, des Eigentumsrechts des Zweitantragstellers und der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts für die Erstantragstellerin.

Das Erstgericht wies das gesamte Begehren mit der Begründung ab, dem als Gegenleistung vereinbarten Wohnungsgebrauchsrecht stehe das bereits vorrangig verbücherte Fruchtgenussrecht des Großvaters ungeachtet dessen Zustimmung zu seiner Einverleibung entgegen.

Das Rekursgericht teilte diese Ansicht und gab deshalb dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand - orientiert am dreifachen Einheitswert der Liegenschaft - mit 20.000 EUR übersteigend. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde zugelassen, weil aufgrund der Zustimmung des Fruchtgenussberechtigten zur Einräumung des begrenzten Wohnungsrechts keine Kollision zwischen den Rechten bestehe und die Kritik der Lehre eine neuerliche Überprüfung der Judikatur gerechtfertigt erscheinen lasse.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller, der im Sinn der Kritik der Lehre an der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 5 Ob 289/98f argumentiert, ist - entgegen dem dem Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 GBG) Ausspruch des Rekursgerichts - nicht zulässig:

1. Das dem Großvater eingeräumte und verbücherte Fruchtgenussrecht bezieht sich auf die gesamte Baufläche der Liegenschaft samt dem darauf befindlichen Wohnhaus. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein bereits eingetragenes Fruchtgenussrecht an der gesamten Liegenschaft/an sämtlichen Räumlichkeiten der Liegenschaft der Verbücherung eines weiteren Fruchtgenussrechts oder Wohnungsgebrauchsrechts entgegen steht (RIS Justiz RS0016305).

Zu einem mit dem vorliegenden im Wesentlichen identen Sachverhalt hat der Oberste Gerichtshof zu 5 Ob 289/98f Folgendes ausgeführt:

„Nun besteht zwar die Möglichkeit, die dem Wohnrecht zuzuführenden Teile der Liegenschaft [...] nachträglich vom Fruchtgenuss auszunehmen. Das könnte im gegenständlichen Fall auch durchaus beabsichtigt sein. Das Grundbuchsgericht darf jedoch eine Eintragung nur dann bewilligen, wenn aus dem Grundbuch in Ansehung der Liegenschaft oder des Rechts kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung hervorgeht (§ 94 Abs 1 Z 1 GBG). Hier bestand ein solches Hindernis in der Belastung der Liegenschaft mit dem nach wie vor uneingeschränkten Fruchtgenussrecht der [der Einräumung der Dienstbarkeit der Wohnung Zustimmenden] auf Grund des Übergabsvertrags [...]. Die Verbücherung des Wohnrechts [...] wird erst nach einer entsprechenden Änderung dieser Eintragung möglich sein."

2. Diese Entscheidung wurde von Hoyer (in einer Glosse zu NZ 2000/453) kritisiert: Die verlangte räumliche Einschränkung des Fruchtgenussrechts könnte zu vollständig unerwünschten und vom Parteiwillen nicht getragenen Rechtsfolgen führen: Eine spätere räumliche (Wieder )Ausdehnung des Fruchtgenussrechts nach Wegfall des Wohnungsgebrauchsrechts, aus welchem Grunde auch immer, könnte nur im dann laufenden, nicht im ursprünglichen Rang des Fruchtgenussrechts erfolgen. Auf diese Weise käme dem Liegenschaftseigentümer eine gar nicht beabsichtigte Verfügungsmöglichkeit über einen Teil der Nutzungen der Liegenschaft zu; diese habe der Fruchtnießer dem Liegenschaftseigentümer gar nicht eröffnen wollen. Es wäre weiters darauf Bedacht zu nehmen gewesen, dass der Fruchtnießer selbst einen Teil seiner Nutzungsrechte, und wenn auch nur der Ausübung nach, weitergeben könne. Da sowohl Liegenschaftseigentümer als auch Fruchtnießer ausdrücklich der Begründung des fraglichen Wohnungsrechts zustimmten, wäre die Einverleibung zu bewilligen gewesen.

3. Diese Überlegungen geben im hier zu beurteilenden Fall keinen Anlass für ein Abgehen von der Judikatur.

Zum Einen wäre es Sache des Fruchtgenussberechtigten, einer räumlichen Einschränkung seines ursprünglichen Rechts samt den daran anknüpfenden rechtlichen Konsequenzen (allenfalls nur unter bestimmten Umständen oder Bedingungen) zuzustimmen; diesfalls wären diese aber vom Parteiwillen sehr wohl getragen und akzeptiert.

Zum Anderen bleiben die Rechtsfolgen der möglichen (vgl RIS Justiz RS0011715, RS0015269, RS0011626) Übertragung des Fruchtgenussrechts (nach neuerer Rechtsprechung auch der Substanz nach: 2 Ob 122/05p, 3 Ob 268/03y) zu bedenken. Da der ursprünglich Berechtigte nicht mehr übertragen kann, als er hatte, würde das übertragene Fruchtgenussrecht auch nach Weitergabe spätestens mit dem Tod des ursprünglich Berechtigten erlöschen (RIS Justiz RS0011619; Koch in KBB² § 509 ABGB Rz 6; Hofmann in Rummel³ § 509 ABGB Rz 1; Koziol/Welser I13, 426). Wollte man in einer Konstellation wie der vorliegenden, in der die Wohnungsberechtigte (Erstantragstellerin) die Einverleibung eines originär vom Eigentümer (Zweitantragsteller) eingeräumten lebenslänglichen Rechts anstrebt, dieser nur ein vom Fruchtgenussberechtigten abgeleitetes und damit von dessen Lebensdauer abhängiges Wohnrecht einverleiben (siehe dazu 7 Ob 603/94), so würde ein Recht verbüchert werden, das nicht vom (dem vorgelegten Übergabsvertrag klar entnehmbaren) Parteiwillen der Antragsteller getragen ist. Dem stünde daher zwar nicht der Grundbuchstand entgegen, wohl aber der nach § 94 Abs 1 Z 3 GBG beachtliche Inhalt des vorgelegten, zwischen den Antragstellern abgeschlossenen Übergabsvertrags. Daran vermag auch die Zustimmung des Großvaters zur Einverleibung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts für die Erstantragstellerin nichts zu ändern, weil diese einseitige Erklärung eines Dritten keinen Einfluss auf den Willen der (vom Erklärenden unterschiedlichen) Parteien des Übergabsvertrags nehmen kann.

Es hat daher dabei zu bleiben, dass die hier begehrte Einverleibung eines mit dem Liegenschaftseigentümer unmittelbar vereinbarten Wohnungsrechts unzulässig ist, weil ein vorrangiges Fruchtgenussrecht besteht und eine räumliche Überschneidung der beiden Rechte gegeben ist.

4. Der Bewilligung des Grundbuchsgesuchs stehen aber auch weitere Versagungsgründe entgegen:

4.1. Das an das Erstgericht gerichtete Gesuch enthält nur einen pauschalen Vollmachtshinweis „gemäß § 5 NO und § 77 NO"; auch in den sonstigen Urkunden ist kein Hinweis auf die Bevollmächtigung des Einschreiters enthalten.

Wird jedoch eine Eintragung zum Nachteil des Antragstellers verlangt, muss der Einschreiter gemäß § 77 Abs 1 GBG dartun, dass er zur Anbringung von (derartigen) Grundbuchsgesuchen befugt ist. Die bloß allgemeine Berufung auf § 30 Abs 2 ZPO reicht nicht; auch eine bloße Berufung auf § 77 GBG genügt nicht (RIS Justiz RS0122969 [T1]); das gilt auch für § 5 NO (5 Ob 58/07a). Die mangelnde Darlegung der Einschreiterbefugnis stellt daher einen weiteren Abweisungsgrund dar.

4.2. Schließlich verfügt die auf die Vertragsurkunde gestempelte Bestätigung, dass das vorliegende Rechtsgeschäft keiner Genehmigung nach dem K GVG 2002 bedarf, über keine Bestätigung der Rechtskraft.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen aber Genehmigungen von Verwaltungsbehörden, die Voraussetzung einer bücherlichen Eintragung sind, mit der Bestätigung der Rechtskraft versehen sein. Gleiches gilt für Bescheide, mit denen dem Grundbuchsgericht nachzuweisen ist, dass ein zu verbüchernder Erwerbsvorgang keiner behördlichen Genehmigung - etwa einer Genehmigung der Grundverkehrsbehörde oder der Ausländergrundverkehrskommission - bedarf. Eine solche Rechtskraftbestätigung entzieht sich einer Nachprüfung durch das Grundbuchsgericht; umgekehrt hat aber auch das Grundbuchsgericht bei Fehlen einer Rechtskraftbestätigung von sich aus keine Erwägungen über die Anfechtbarkeit eines verwaltungsbehördlichen Genehmigungsbescheides anzustellen, weil das Grundbuchsverfahren keine Möglichkeit für diesbezügliche Erhebungen bietet (RIS Justiz RS0099943). Das Grundbuchsgericht hat bei Fehlen einer Rechtskraftbestätigung von verwaltungsbehördlichen Genehmigungen die Bewilligung zu versagen (RIS Justiz RS0099943 [T1]). Damit liegt ein weiterer Abweisungsgrund vor.

5. Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 126 Abs 2 GBG) ist der Revisionsrekurs somit unzulässig und zurückzuweisen.

Rechtssätze
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