JudikaturJustiz3Ob77/04a

3Ob77/04a – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Mai 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Gertrude F*****, vertreten durch Dr. Stefan Bruckschwaiger, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Verlassenschaft nach Josef P*****, zuletzt wohnhaft in *****, vertreten durch Dr. Susanne Pertl, Rechtsanwältin in Wien, wegen 62.555,14 EUR sA, infolge teils außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. Februar 2004, GZ 46 R 518/03x, 114/04m-14, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 4. Mai 2000, GZ 19 E 2369/00t-2, abgeändert sowie dessen Beschluss vom 4. April 2003, GZ 19 E 2369/00t-65, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Revisionsrekurs sowie die Schriftsätze der betreibenden Partei vom 4. April, überreicht am 5. April 2004, und vom 11. April, überreicht am 13. April 2004, soweit es sich dabei um Ergänzungen des Revisionsrekurses handelt, werden zurückgewiesen.

2. Mit ihren Anträgen vom 4. April 2004 auf sofortige Übermittlung des Aktes an die zweite Instanz und auf sofortige Rückleitung des Aktes an diese wird sie auf die vorstehende Entscheidung verwiesen.

3. Ihr Antrag auf Durchführung einer mündlichen Revisionsverhandlung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte am 4. Mai 2000 (ON 2) der betreibenden Partei auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs gegen die verpflichtete Verlassenschaft die zu gerichtlichem Protokoll beantragte Fahrnis- und Forderungsexekution zur Hereinbringung von 860.777,51 S = 62.555,14 EUR sA. Die Zustellung des Beschlusses für die Verpflichtete erfolgte an eine im Exekutionsantrag genannte "Zustellbevollmächtigte". Mit Beschluss vom 4. April 2003 ordnete das Erstgericht die neuerliche Zustellung dieser Entscheidung an die Rechtsvertreterin der Genannten an, der mittlerweile das Verlassenschaftsgericht die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses eingeräumt hatte.

Mit dem angefochtenen Beschluss (Punkt 1.) änderte das Rekursgericht die Exekutionsbewilligung infolge Rekurses der verpflichteten Partei dahin ab, dass es den Exekutionsantrag abwies; dazu sprach es aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Dagegen bestätigte es den von der Betreibenden angefochtenen Beschluss ON 65 (Punkt 2.) und sprach dazu aus, der Revisionsrekurs sei jedenfalls unzulässig. Der in beiden Punkten erhobene, uneingeschränkt als "außerordentlicher" bezeichnete Revisionsrekurs der Betreibenden ist in Ansehung des Punkts 2. der Rekursentscheidung jedenfalls unzulässig. Im Übrigen (zu Punkt 1.) ist er mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Revisionsrekurs:

Dieser ist gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig, weil das Rekursgericht den erstinstanzlichen Beschluss zur Gänze bestätigte und kein Fall der Klagezurückweisung aus formellen Gründen vorliegt. Auch im Exekutionsverfahren gelten ja die Revisionsrekursbeschränkungen der ZPO (RIS-Justiz RS0002321, zuletzt 3 Ob 249/03v), also insbesondere - mit den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen nach § 84 Abs 4 und § 402 Abs 1 EO sowie wegen der Einleitung des Verfahrens vor dem 30. September 2000 gemäß Art III Abs 1 EO-Nov 2000 nach dem früheren § 239 Abs 3 EO (Angst in Angst, EO, § 239 Rz 3) - die Unanfechtbarkeit bestätigender Entscheidungen gemäß § 528 Abs 2 Z 2 EO (3 Ob 249/03v [schon zur Rechtslage nach der EO-Novelle 2000] uva; RIS-Justiz RS0012387). Dasselbe gilt mutatis mutandis für die Rüge im Kostenpunkt (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO).

Der Revisionsrekurs sowie die Kostenrüge sind somit zurückzuweisen.

2. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs:

Darin macht die Betreibende im Wesentlichen geltend, das Rekursgericht habe bei seiner abändernden Entscheidung die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung missachtet. Deren Eintritt leitet sie aus ihrer angeblichen Vertretungsbefugnis für die verpflichtete Verlassenschaft ab, sie will also in einem von ihr geführten Verfahren zugleich die Gegenseite wirksam im Verfahren vertreten. Daraus folge einerseits der Ablauf der Rekursfrist lange vor Einbringung des Rekurses der Gegenseite infolge Zustellung der Exekutionsbewilligung an sie selbst, andererseits die Wirksamkeit eines von ihr abgegebenen Rechtsmittelverzichts. In der Sache vermeint sie, der Vermerk der Rechtskrafts- und Vollstreckbarkeitsbestätigung auf dem Beschluss, mit dem das Pflegschaftsgericht den Vergleichsabschluss des damals noch lebenden, aber unter Sachwalterschaft stehenden Verpflichteten genehmigte, ersetze die Bestätigung der Rechts"kraft"- und Vollstreckbarkeit des (bedingt abgeschlossenen) Vergleichs, den sie als Exekutionstitel in Anspruch nimmt.

Wenngleich die Betreibende ihre Rechtsmittelschrift nunmehr durch anwaltliche Unterschrift verbessert hat, lässt sie ausdrückliche Ausführungen zur Zulässigkeit des außerordentlichen Rechtsmittels (die gemäß § 528 Abs 3 iVm § 506 Abs 1 Z 5 ZPO erforderlich wären) vermissen. Auch inhaltlich werden erhebliche Rechtsfragen nicht aufgezeigt. Wenn sich auch der Oberste Gerichtshof bisher zu einem Rechtsmittelverzicht für den Verfahrensgegner in einem Zivilverfahren bisher offenbar noch nicht zu äußern hatte, macht dies die Frage der Wirksamkeit eines derartigen Verzichts noch nicht zu einer solchen iSd § 528 Abs 1 ZPO. Das Äußern von abstrusen Rechtsansichten allein führt nämlich noch nicht zum Vorliegen erheblicher Rechtsfragen, die der Oberste Gerichtshof jedenfalls beantworten müsste. Die der Betreibenden offenbar vorschwebende Idee eines (einem Insichgeschäft ähnlichen) "Insichprozesses", bei dem eine Partei zugleich als Vertreter ihres Gegners auftritt, steht in unlösbarem Widerspruch zu den das österreichische Zivilverfahren beherrschenden Grundsätzen. Für den konkreten Fall der Vertretung eines Nachlasses, der bis zur Einantwortung zwar parteifähig Welser in Rummel³, § 547 ABGB Rz 6 mN), jedoch nicht prozessfähig ist (1 Ob 341/99z = SZ 73/87), ergibt sich aus den §§ 4, 6 ZPO (hier iVm § 78 EO), dass dieser im Verfahren eines gesetzlichen Vertreters bedarf (vgl die von Schubert in Fasching/Konecny², § 6 ZPO Rz 9 zitierten Entscheidungen), weshalb es auf eine vom Erblasser erteilte Vollmacht nicht ankommen kann. Demnach wirft die Verneinung der Rechtskraft der Exekutionsbewilligung durch die zweite Instanz weder in Ansehung des angeblichen Rechtsmittelverzichts der Betreibenden für die verpflichtete Verlassenschaft noch des durch die Zustellung der Exekutionsbewilligung an einen anderen als den gesetzlichen Vertreter nicht ausgelösten Beginns der Rechtsmittelfrist erhebliche Rechtsfragen auf. Schon nach SZ 25/35 ist § 34 EO analog anzuwenden. Im Übrigen wäre die Ersatzzustellung einer Exekutionsbewilligung an die betreibende Partei für die verpflichtete Partei schon wegen § 78 EO iVm § 103 ZPO unzulässig.

Zwar ist seit Inkrafttreten der EO-Novelle 1995 nach § 54 Abs 2 EO ua bei Vergleichen die Vorlage der Bestätigung der Vollstreckbarkeit an sich nicht mehr (anders noch zur früheren Rechtslage 3 Ob 50/89 ua; RIS-Justiz RS0000114) erforderlich. Die Beurteilung des Rekursgerichts, die Vorlage der mit einer Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung versehenen Ausfertigung der pflegschaftsgerichtlichen Vergleichsgenehmigung reiche nicht aus, die Rechtswirksamkeit des zunächst aufschiebend bedingt geschlossenen Titelvergleichs nachzuweisen, stellt aber dessen ungeachtet keine wahrzunehmende Fehlbeurteilung dar, handelt es sich dabei doch um eine weitere Voraussetzung der Exekutionsbewilligung iSd § 54 Abs 1 EO iVm (zumindest analog) § 7 Abs 2 EO. Es kann der Fall eines solchen Vergleichs nicht anders beurteilt werden als der des (hier zusätzlich vorliegenden) eindeutig einer behördlichen oder gerichtlichen Genehmigung bedürfenden Titels; diese ist (was hier geschehen ist) nach der Rsp durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen (3 Ob 126/91 = EvBl 1992/150; zust Meinhart in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 7 Rz 103). Jakusch (in Angst, EO, § 7 Rz 83) sieht darin dagegen eine Voraussetzung der Rechtswirksamkeit des Titels, was von Amts wegen wahrzunehmen sei. Dass es eines Nachweises durch den betreibenden Gläubiger nicht bedürfe, sagt aber auch er nicht. Ohne eine entsprechende Bestätigung des Titelgerichts fehlt allerdings jeder Nachweis dafür, dass der Vergleich mangels rechtzeitigen Widerrufs überhaupt wirksam wurde (vgl Neumayr, Exekutionsrecht 57). Da im Exekutionsantrag keine entsprechenden Behauptungen aufgestellt wurden, entfiel auch die Verpflichtung des Exekutionsgerichts zu einem Verbesserungsversuch (3 Ob 113/01s = EvBl 2002/36 = RPflE 2002/23).

Zur grundsätzlichen Einseitigkeit des Rekurs- und Revisionsrekursverfahrens liegen die Entscheidungen 3 Ob 162/03z, 163/03x = MR 2004, 130 (zust Korn) und auch schon 3 Ob 106/03i vor (letztere nicht in RS0116198). Auch das wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf. Dasselbe gilt für das übrige weitwendige Vorbringen im Rechtsmittel.

Eine mündliche Rekursverhandlung ist der ZPO - und demgemäß nach § 78 EO mangels Sonderregeln auch der EO - fremd (1 Ob 190/00y; RIS-Justiz RS0113870; 3 Ob 199/03s; weiters RIS-Justiz RS0044000). Soweit die Betreibende in weiteren Schriftsätzen an den Obersten Gerichtshof zur Sache vorbringt, verstößt dies gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels, was ebenfalls zur Zurückweisung führt.

Mit ihren Anträgen auf "sofortige" Übermittlung bzw Rückleitung des Akts an die zweite Instanz ist die Betreibende auf die Entscheidung über ihr Rechtsmittel zu verweisen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 78 EO iVm § 528a, § 510 Abs 3 ZPO).

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