JudikaturJustiz3Ob501/94

3Ob501/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Mai 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****-Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Hermann Pichler und Dr.Heinz Pichler, Rechtsanwälte in Judenburg, wider die beklagten Parteien 1.) Richard K*****, 2.) Siegfried F*****, 3.) Manfred S*****, und 4.) Gertrude S*****, alle vertreten durch Dr.Thomas Prader, Rechtsanwalt in Wien, wegen restliche S 85.354,08 sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 28.September 1993, GZ 5 R 43/93-29, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Kreis-, nunmehr Landesgerichtes Leoben vom 11.Dezember 1992, GZ 4 Cg 264/91-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.520,32 (darin S 1.086,72 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei, ein Elektrizitätsunternehmen, beauftragte im Zuge der Errichtung eines Kraftwerks ein Unternehmen mit der Ausführung von Aufschließungsarbeiten auf mehreren in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken. Die Arbeiten wurden am 8.11.1989 begonnen.

Die Beklagten waren Mitglieder einer nicht besonders organisierten Bürgerinitiative, die sich gegen den Bau des Kraftwerkes wendete, weil die Mitglieder es - unter Berufung auf Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen - für energiewirtschaftlich nicht sinnvoll hielten und schwere hydrobiologische und gesundheitliche Nachteile befürchteten. Am Abend des 29.11.1989 kamen Mitglieder dieser Bürgerinitiative zusammen und beschlossen, am folgenden Tag auf die Baustelle für das Kraftwerk zu gehen, um die weiteren Arbeiten zu behindern.

Am 30.11.1989 kamen gegen 6 Uhr 30 vier Kraftwerksgegner, darunter der Erstbeklagte, auf die Baustelle. Als in der Folge Arbeitnehmer des mit den Aufschließungsarbeiten betrauten Unternehmens auf der Baustelle eintrafen, versuchten die vier Kraftwerksgegner, sie daran zu hindern, Baumaschinen und Kraftfahrzeuge in Betrieb zu nehmen, um damit Arbeiten auszuführen. Zu diesem Zweck stellten oder setzten sie sich vor die Räder der Lastkraftwagen oder setzten sich auf die Raupen und Schaufeln der Bagger oder hinderten die Arbeiter, die Führerstände der Fahrzeuge zu betreten. Gegen 8 Uhr kamen fünf weitere Kraftwerksgegner, darunter der Zweitbeklagte und die Viertbeklagte, auf die Baustelle und beteiligten sich an den Aktionen zur Verhinderung der Bauarbeiten.

Am 1.12.1989 langte bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft ein vom Erstbeklagten verfaßtes und am 30.11.1989 zur Post gegebenes Schreiben ein, in dem er durch die Mitteilung, daß "eine Gruppe von Fischern und Umweltschützern ab heute" die Baustelle für das Kraftwerk besetzen werde, die Anmeldung einer Versammlung vorzunehmen versuchte. Der Bezirkshauptmann stellte dem Erstbeklagten dieses Schreiben jedoch am 1.12.1989 auf der Baustelle zurück, wobei er an die Demonstranten Merkblätter für die formgültige Anmeldung von Versammlungen erteilte.

Am 1.12.1989 kamen gegen 6 Uhr etwa dieselben Demonstranten wie am Vortag, darunter auch die Beklagten, auf die Baustelle. Gegen 6 Uhr 30 trafen dort neun Arbeitnehmer des mit den Aufschließungsarbeiten betrauten Unternehmens ein, die wieder bei mehreren Versuchen, ihre Maschinen und Fahrzeuge in Betrieb zu setzen, behindert wurden.

Sowohl am 30.11. als auch am 1.12.1989 wurden infolge der Behinderung durch die Mitglieder der Bürgerinitiative keine Arbeiten ausgeführt.

Mit Bescheid vom 4.12.1989 untersagte die zuständige Bezirkshauptmannschaft die auf den Grundstücken der klagenden Partei abgehaltene Versammlung gemäß den §§ 2, 6 und 13 VersG, weil sie weder rechtzeitig noch unter Angabe von Zweck, Ort und Zeit der Versammlung angezeigt worden war. Zugleich wurde am 4.12.1989 die Auflösung der untersagten Versammlung angeordnet. Der Versammlungsort wurde aber auf Grund einer Weisung der zuständigen Sicherheitsdirektion nicht geräumt.

Die Beklagten und andere Kraftwerksgegner hielten auch in der Folge noch Versammlungen auf dem Baugelände für das Kraftwerk ab und diese wurden wiederholt untersagt. Auf Grund dieser Demonstrationen stellte die klagende Partei die weiteren Bauarbeiten am 15.12.1989 ein und erklärte sich bereit, ein weiteres Gutachten über das Kraftwerk einzuholen. Nach Vorliegen dieses Gutachtens und des Ergebnisses einer Umweltsverträglichkeitsprüfung wurden die Bauarbeiten am 5.11.1991 wieder aufgenommen.

Mit einem rechtskräftig gewordenen Endbeschluß wurde festgestellt, daß die Beklagten die klagende Partei dadurch im ruhigen Besitz mehrerer im einzelnen angeführter Grundstücke störten, daß sie sie der Möglichkeit beraubten, auf diesen einer gesetzlich genehmigten Bautätigkeit, inbesondere Rodungs- und Ausforstungsarbeiten, nachzugehen. Die Beklagten wurden außerdem zur ungeteilten Hand verpflichtet, durch Beachtung des Schildes "Achtung Baustelle - Zutritt verboten" den früheren Zustand wieder herzustellen, nämlich der klagenden Partei die Möglichkeit zu geben, den Rechtsbesitz ungehindert, insbesondere zu einer Bautätigkeit, zu nützen. Ferner wurden sie schuldig erkannt, sich in Zukunft jeder weiteren "derartigen" Störung zu enthalten. Den Gegenstand dieser Entscheidung bildeten die Vorfälle vom 30.11.1989.

Die klagende Partei bezahlte dem mit den Aufschließungsarbeiten betrauten Unternehmen den Betrag von S 674.579,01, den dieses Unternehmen für Stehzeiten in der Zeit vom 30.11.1989 bis 26.1.1990, für Regiearbeiten zur Beseitigung von Absperrungen und für den Abbruch einer von den Demonstranten errichteten Blockhütte in Rechnung gestellt hatte. Hievon entfielen auf den 30.11. und 1.12.1989 ein Teilbetrag von je S 42.677,04. Dieser Betrag ist unter Berücksichtigung einer 30 %-igen Betriebskostenersparnis angemessen.

Die klagende Partei begehrte wegen der Behinderung der Bauarbeiten durch die Beklagten am 30.11. und 1.12.1989 den Ersatz des Schadens in der Höhe von S 87.096,- sA, der ihr durch die Bezahlung des vom Unternehmen für diese Tage gefordeten Betrages entstanden sei.

Die Beklagten wendeten ein, daß sie am 30.11.1989 unter Beteiligung von anfänglich etwa 6 bis 7 Personen, zu denen später der Dritt- und Viertbeklagte gestoßen sei, eine der zuständigen Bezirkshauptmannschaft angezeigte Versammlung im Sinn des VersG abgehalten hätten, um für eine Umweltverträglichkeitsprüfung und gegen den Baubeginn zu demonstrieren. Es sei ihnen auch gelungen, den Baubeginn zu verhindern. Auch am 1.12.1989 sei an der Baustelle eine Versammlung unter Beteiligung von etwa fünfzehn Personen mit dem Erfolg abgehalten worden, daß die Bauarbeiten verhindert wurden. Die Versammlungen seien nicht rechtswidrig gewesen, solange sie die Behörde nicht untersagt habe. Die klagende Partei sei zur Bezahlung des eingeklagten Betrages nicht verpflichtet gewesen. Sie verlange den Ersatz eines mittelbaren Schadens.

Das Erstgericht erkannte die Beklagten unter Abweisung des Mehrbegehrens zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei S 85.354,08 sA zu bezahlen. Es war rechtlich der Meinung, daß die Beklagten der klagenden Partei den eingeklagten Schaden zu ersetzen hätten, weil er durch ihr Verhalten verursacht und dieses Verhalten rechtswidrig und schuldhaft gewesen sei. Die Rechtswidrigkeit ergebe sich daraus, daß die Beklagten in das absolut geschützte Eigentumsrecht der klagenden Partei eingegriffen hätten, und es sei nicht erheblich, daß die Beklagten an einer nach dem Versammlungsgesetz zulässigen Versammlung beteiligt gewesen seien. Der dem Unternehmen zustehende Schadenersatzanspruch sei gemäß § 1422 ABGB auf die klagende Partei übergegangen.

Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung der Beklagten das erstgerichtliche Urteil und sprach, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Der Schaden, der der klagenden Partei durch das Verhalten der Beklagten entstanden sei, sei ein unmittelbarer Schaden, weil die klagende Partei gemäß § 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB dem Bauunternehmen wegen der Verhinderung der Bauarbeiten eine angemessene Entschädigung zu leisten habe. Das Verhalten der Beklagten sei auch rechtswidrig gewesen. Sie hätten nämlich die Versammlung nicht ordnungsgemäß angezeigt und der Verfügungsberechtigte habe der Versammlung auch nicht zugestimmt. Die Beklagten hätten daher unzulässigerweise in das Eigentumsrecht der klagenden Partei eingegriffen. Sie hätten den hiedurch verursachten Schaden zur ungeteilten Hand zu ersetzen, weil sich die einzelnen Anteile nicht bestimmen ließen und weil auch ein vorsätzliches gemeinsames Handeln anzunehmen sei.

Die von den Beklagten gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird nicht geltend gemacht. Mit den zu diesem Revisionsgrund erstatteten Ausführungen werden in unzulässiger Weise die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Die Schadenersatzpflicht der Beklagten setzt voraus, daß sie rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben. Für die Rechtswidrigkeit ihres Handelns kommt in Betracht, daß sie durch das Betreten der im Eigentum der klagenden Partei stehenden Grundstücke deren Eigentumsrecht und somit ein absolutes, von der Rechtsordnung gegen Angriffe Dritter geschütztes Recht (SZ 52/63) verletzt haben. Es ist aber allgemein anerkannt, daß aus der Beeinträchtigung eines absoluten Rechtes allein noch nicht zwingend auf die Rechtswidrigkeit der Handlung geschlossen werden kann, wenn auch in der Handlung ein gewisses Indiz für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit gelegen sein mag. Die Rechtswidrigkeit kann nur auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung beurteilt werden (SZ 61/270 und SZ 56/124 je mwN).

Die Beklagten berufen sich zur Rechtfertigung ihres Verhaltens auf das verfassungsrechtlich gewährleistete Versammlungsrecht und das ebenfalls verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der freien Meinungsäußerung. Das Versammlungsrecht ergibt sich aus Art 12 StGG und Art 11 MRK. Nach der ersten Bestimmung haben die österreichischen Staatsbürger das Recht, sich zu versammeln, nach der zweiten Bestimmung haben alle Menschen das Recht, sich friedlich zu versammeln.

Das Versammlungsrecht schließt nicht das Recht ein, ohne Einwilligung des Eigentümers fremde, nicht dem Gemeingebrauch gewidmete Liegenschaften zu benützen (Hye 1892/550; Anderle, Versammlungsrecht Rz 122; Fessler/Keller, Versammlungsrecht2 30, vgl auch 19; Winkler, Studien zum Verfassungsrecht 245; Maunz/Dürig/Herzog, Rz 41 zu Art 8 GG). Die fehlende Genehmigung des Grundeigentümers (Verfügungsberechtigten) kann daher privatrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (Anderle aaO Rz 441; Fessler, Keller aaO). Durch das Verhalten der Beklagten wurde daher das Eigentumsrecht der klagenden Partei verletzt.

Bei der demnach vorzunehmenden Interessenabwägung ist davon auszugehen, daß das Versammlungsrecht bloß das Recht gibt, sich friedlich zu versammeln. Dies wird zwar nur im Art 11 MRK ausdrücklich gesagt, es besteht aber kein Grund, für Art 12 StGG etwas anderes anzunehmen. Es kann ausgeschlossen werden, daß der Gesetzgeber nicht friedlich verlaufende Versammlungen schützen wollte.

Eine Versammlung, die eine unerwünschte Tätigkeit verhindern will und dabei in absolut geschützte Rechte Dritter eingreift, ist somit durch subjektive öffentliche im Verfassungsrang stehende Rechte der Teilnehmer nicht geschützt. Die Versammlungsfreiheit ist kein Rechtfertigungsgrund für Rechtsverletzungen (vgl Mertens in MünchKomm2 Rz 19, 35 zu § 830 BGB) geschweige denn darf sie mit einem (übergesetzlichen) Widerstandsrecht verwechselt werden. Das verfassungsrechtlich geschützte Versammlungsrecht findet dort seine Schranken, wo durch die Versammlung in die Privatrechtssphäre Dritter eingegriffen wird (vgl Schorn, EMRK 260). Die dem Dritten zustehenden privaten Rechtsbehelfe können somit grundsätzlich nicht unter Berufung auf das verfassungsmäßig gewährleistete Versammlungsrecht gemindert oder sogar aufgehoben werden (vgl Hoffmann-Riem, AK-GG Rz 18 zu Art 8 für den Fall der Verletzung des Hausrechtes durch eine Versammlung). Solche Eingriffe führen eo ipso zur Unfriedlichkeit der Versammlung, sodaß jede Gewaltanwendung gegen Personen oder Sachen rechtswidrig bleibt (Mertens aaO Rz 13). Von einer Überordnung des Versammlungsrechtes gegenüber dem Eigentumsrecht kann somit nicht gesprochen werden (Anderle aaO Rz 441).

Die dargestellte Auffassung ist auch in der Bundesrepublik Deutschland in Rechtsprechung und Schrifttum herrschend (siehe weiters BGHZ 89, 383/394; BGHZ 63, 124/127; BGH NJW 1972, 1571/1572 f; BGH NJW 1972, 1366/1367; Ballerstedt in JZ 1973, 106 f; Kreutziger, Die Haftung von Mittätern, Anstiftern und Gehilfen im Zivilrecht 275 f; Merten in NJW 1970, 1626 f; aM etwa Diederichsen/Marburger in NJW 1970, 277 ff). In der Bundesrepublik Deutschland wird allerdings im Unterschied zu Österreich unter "Gewalt" im Sinn des Strafgesetzbuches auch ein passives Verhalten verstanden (vgl hiezu die Nachweise bei Schick in Schick/Funk/Posch, Demonstrationsschäden 14 in FN 39 bis 41). Dieser Unterschied ist jedoch in dem erörterten Zusammenhang nicht wesentlich, weil es hier um die Auslegung des im Art 11 MRK verwendeten und auch für Art 12 StGG maßgebenden Begriffes "friedlich" geht. Hiefür sind aber die für den Bereich des Strafrechtes angestellten Erwägungen nicht ausschlaggebend.

Geht man von diesen Überlegungen aus, so hat es sich bei der Versammlung, an der die Beklagten teilgenommen haben, soweit sie in Privatrechte Dritter eingriff, um keine friedliche Versammlung gehandelt; sie können sich daher nicht auf das verfassungsrechtlich gewährleistete Versammlungsrecht berufen; dieses hat daher bei der Interessensabwägung außer Betracht zu bleiben. Andere Gründe, die bei der Abwägung der Interessen zugunsten der Beklagten sprechen würden, sind nicht zu erkennen. Dies gilt vor allem auch für das Recht der freien Meinungsäußerung. Wie sich aus Art 13 StGG deutlich ergibt, muß es sich um die Äußerung der Meinung durch Wort, Schrift, Druck oder bildlichen Darstellung handeln. Damit hat aber die Ausübung von Zwang auf andere nichts zu tun.

Wird bei einer Versammlung oder Demonstration (vgl zu diesem Begriff Anderle aaO Rz 29 ff), die nicht friedlich verläuft, unter Verletzung des Eigentum eines anderen ein Schaden verursacht, so ist dies somit rechtswidrig geschehen, weil kein Grund besteht, die Interessen des Schädigers gegenüber jenen des Geschädigten, dem der ebenfalls verfassungsrechtlich gewährleistete Schutz der Unverletzlichkeit des Eigentums (vgl Art 5 StGG und Art 1 des ersten ZP zur MRK) zukommt, den Vorzug zu geben.

Die Frage des Verschuldens der Beklagten ist hier nicht zweifelhaft, weil sie die Handlungen, die dazu dienten, die mit dem Bau des Kraftwerks im Zusammenhang stehenden Arbeiten zu verhindern, und durch die der Schaden verursacht wurde, gewollt haben, weshalb ihnen (jedenfalls bedingter) Vorsatz zur Last fällt. Haben aber mehrere Beteiligte an einer Versammlung oder Demonstration die den Schaden verursachenden Handlungen gewollt und sich daran beteiligt, so haften sie gemäß § 1301 ABGB als Mittäter, soweit sie gemeinschaftlich vorgegangen sind (Posch aaO 73), und im übrigen gemäß § 1302 ABGB, wenn sich ihr Anteil am Schaden nicht bestimmen läßt (Reischauer in Rummel2, Rz 1 zu § 1302 aE; vgl auch Ballerstedt in JZ 1973, 108 f). Diese Voraussetzungen treffen aber auf die Beklagten zu, weshalb die Vorinstanzen zu Recht ihre Solidarhaftung angenommen haben. Nicht zu entscheiden ist hier, inwieweit Teilnehmer an einer Versammlung oder Demonstration, die den dabei verursachten Schaden nicht gewollt haben, zum Schadenersatz herangezogen werden können, weil dieser Fall nicht vorliegt.

Nicht erheblich ist entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung, ob alle Beklagten anwesend waren, als am 29.11.1989 die Behinderung der Arbeiten beschlossen wurde. Es reicht aus, daß sie diese Behinderung gewollt haben und sich an den hiezu dienenden Handlungen beteiligten. Daß dies der Fall war, ergibt sich aber aus ihrem eigenen Vorbringen im Schriftsatz vom 5.12.1991, in dem sie ausführten, es sei richtig, daß sie - erfolgreich - versuchten, im Zug der Versammlung den Beginn der Bauarbeiten zu verhindern. Im Hinblick auf dieses Vorbringen, aus denen sich die Beteiligung aller vier Beklagten ergibt, schadet es nicht, daß aus den Feststellungen des Erstgerichtes für den 30.11.1989 nur die Beteiligung von drei Beklagten abzuleiten ist, zumal auch in den Rechtsmittelschriften die Beteiligung aller vier Beklagten nie bestritten wurde.

Die Revisionswerber führen weiters aus, der klagenden Partei sei deshalb ein Schaden nicht entstanden, weil Nachteile nicht in ihrer sondern in der Sphäre des von ihr beauftragten Unternehmers eingetreten seien; die Beklagten hätten ganz gezielt auf die Baugeräte eingewirkt, um zu verhindern, daß diese ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch zugeführt werden; die Beklagten hätten den Unternehmer an der Leistung auch dann gehindert, hätten sich die Geräte anderswo befunden. Dem kann nicht gefolgt werden.

Richtig ist nur, daß die Beurteilung, welchen Vertragsteil beim Werkvertrag die Gefahr trifft, nach der Sphärentheorie zu lösen ist (WBl 1987, 219; SZ 58/41; SZ 47/149 ua; Adler-Höller in Klang2 V 400 f; Koziol-Welser9 I 404 f). Ausschlaggebend ist somit für den vorliegenden Fall, ob die Umstände, die die Werkausführung verzögerten, der Sphäre des Bestellers zuzurechnen sind. Solche Umstände müssen nicht auf ein Verschulden des Bestellers zurückzuführen sein (Krejci in Rummel2, Rz 10 zu § 1168 ABGB; vgl denselben aaO Rz 13 zu § 1155 ABGB). § 1168 Abs 1 ABGB regelt nicht nur den Entgeltanspruch (SZ 64/71) des Unternehmers bei Vereitelung der Ausführung, sondern in seinem Schlußsatz auch Ansprüche für Verkürzungen durch Zeitverlust bei der Ausführung des Werkes (Adler-Höller, aaO 404; Krejci aaO Rz 23 ff zu § 1168 ABGB; Grillberger in Schwimann, ABGB Rz 16 ff zu § 1168). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wollten die Beklagten die klagende Partei am Bau des Kraftwerkes hindern oder zumindest den Baubeginn verzögern. Daß sie dies, wären die Baumaschinen noch nicht auf dem Grund der klagenden Partei gewesen, auch durch ein rechtswidriges Alternativverhalten (Hinderung der Zufahrt) erreicht hätten, mag sein, zeigt aber deutlich, daß auch in diesem Fall die Sphäre der klagenden Partei und nicht des Unternehmers getroffen werden sollte, sodaß auch kein Zufall in einem sogenannten neutralen Kreis (SZ 47/149; Adler-Höller aaO 401) vorgelegen wäre.

Damit war aber die klagende Partei nach den gesetzlichen Dispositivvorschriften - eine anderslautende vertragliche Vereinbarung wurde nicht behauptet - zum Ersatz des dem Unternehmer durch die aufgezwungenen Stehtage verursachten Schadens verpflichtet. Da bereits das Entstehen einer Verbindlichkeit das Vermögen nachteilig verändert (SZ 64/23; RdW 1989, 221; SZ 53/107 uva, zuletzt 1 Ob 3/92; Reischauer in Rummel2, Rz 5 zu § 1293 ABGB; Koziol, ÖHR2 I 15 f), muß dies umso mehr dann gelten, wenn die nach § 1168 Abs 1 ABGB, Schlußsatz zurecht bestehende Schuld bereits getilgt wurde.

Es liegt aber auch nicht deshalb nur ein mittelbarer Schaden vor, weil es am erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen dem eingetretenen Schaden und der Handlungsweise der Beklagten gemangelt hätte. Greift der Schädiger rechtswidrig in das absolut geschützte Eigentumsrecht ein, so ist er, weil er gegen eine Verhaltenspflicht verstieß, auch für die weiteren darauf zurückzuführenden Vermögensnachteile ersatzpflichtig (JBl 1992, 323; Koziol aaO I 156 f; vgl Karollus, Funktion und Dogmatik der Haftung aus Schutzgesetzverletzung 47).

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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