JudikaturJustiz12Os85/17t

12Os85/17t – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. November 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. November 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Rechtshörers Biley als Schriftführer in der Strafsache gegen Mucharbek T***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Mucharbek T***** und Mirsad O***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Geschworenengericht vom 13. Juli 2016, GZ 171 Hv 45/15b 1559, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden, in Ansehung des Erstangeklagten Mucharbek T***** auch rechtskräftige Freisprüche (A./II./1./) enthaltenden, Urteil wurden Mucharbek T***** der Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 (§ 278 Abs 3 dritter Fall) StGB (A./I./), der terroristischen Straftaten nach § 278c Abs 1 Z 4 (schwere Nötigung nach § 106 StGB) und Abs 2 StGB (A./II./2./) und der kriminellen Organisation nach § 278a StGB (A./III./) sowie Mirsad O***** der Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 (§ 278 Abs 3 dritter Fall) StGB (B./I./), der terroristischen Straftaten nach §§ 15 Abs 1, 12 zweiter Fall, 278c Abs 1 Z 1 (Mord nach § 75 StGB) und Abs 2 StGB (B./II./1./) sowie nach §§ 12 zweiter Fall, 278c Abs 1 Z 4 (schwere Nötigung nach § 106 StGB) und Abs 2 StGB (B./II./2./) und der kriminellen Organisation nach § 278a StGB (B./III./) schuldig erkannt.

Danach haben

Mucharbek T*****

A./I./ in W*****n und an anderen Orten des Bundesgebietes sowie in H*****, Ha*****, A*****, R***** in der Provinz Aleppo, Syrien, und in weiteren, nicht näher bekannten Orten in den Provinzen Aleppo und Idlib in Syrien von Anfang Juli 2013 bis 10. Juni 2014 sich als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) an der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat in Syrien und im Irak (ISIS) im Wissen, dadurch diese terroristische Vereinigung in ihrem Ziel der Errichtung eines nach radikal islamistischen Grundsätzen ausgerichteten, auch als Kalifat bezeichneten Gottesstaates und deren zur Erreichung dieses Ziels erforderlichen terroristischen Straftaten gemäß § 278c Abs 1 StGB zu fördern, beteiligt, indem er mit dem Anfang Juli 2013 beantragten und am 12. Juli 2013 erhaltenen Einreisevisum für die Türkei am 20. Juli 2013 von W***** nach I*****, Türkei, flog und sodann mit dem Bus nach G*****, Türkei, weiterreiste, von wo aus er mit dem Taxi zur Grenze mit Syrien fuhr und mit dem Bus nach A***** in der Provinz Aleppo in Syrien weiterreiste und sich Anfang September 2013 dem Tarkhan Ba***** alias „Abu Umar al Shishani“ als dem militärischen Leiter der der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat in Syrien und im Irak (ISIS) unterstehenden Kampftruppe Jaish Al-Muhajirin-Wal-Ansar (Jamwa) anschloss, zumindest bis Ende März 2014 als Kämpfer dieser terroristischen Vereinigung zum Einsatz kam und am 10. Juni 2014 nach Österreich zurückkehrte;

A./II./1./ in Orten der Provinz Aleppo in Syrien, an nicht näher bekannten Tagen im Zeitraum von Mitte Dezember 2013 bis Ende Februar 2014 terroristische Straftaten nach § 278c Abs 1 StGB begangen, wobei die Taten geeignet waren, eine schwere oder längere Zeit anhaltende Störung des öffentlichen Lebens und eine schwere Schädigung des Wirtschaftslebens in Syrien, zumindest in der Provinz Aleppo, herbeizuführen, und mit dem Vorsatz begangen wurden,

„2./“ in H***** die Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB dadurch, dass er im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Turpal I***** alias „Abu Aische“ und den namentlich unbekannten Kämpfern der von Turpal I***** alias „Abu Aische“ geleiteten Einheit der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat in Syrien und im Irak (ISIS) eine nicht näher bekannte Anzahl von Männern und Frauen einer am Stadtrand gelegenen Wohnsiedlung durch gefährliche Drohung mit dem Tod, indem er den Gebrauch seiner Schusswaffe im Falle der Weigerung ankündigte, zu einer Handlung, nämlich dem Verlassen ihrer Wohnungen und Häuser, nötigte;

A./III./ in W***** und an anderen Orten des Bundesgebietes sowie in H*****, Ha*****, A***** und R***** in der Provinz Aleppo, Syrien, und weiteren, nicht näher bekannten Orten in den Provinzen Aleppo und Idlib in Syrien von Anfang Juli 2013 bis 10. Juni 2014 sich durch die zu A./I./ dargestellten Handlungen (terroristische Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB) und durch die zu A./II./ geschilderten Verhaltensweisen (terroristischen Straftaten nach § 278c Abs 1 Z [richtig:] 4 und Abs 2 StGB) an einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, nämlich der international agierenden terroristischen Vereinigung Islamischer Staat in Syrien und im Irak (ISIS), nunmehr islamischer Staat (IS), als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) beteiligt,

1./ die, wenn auch nicht ausschließlich, auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder das Vermögen bedrohen, ausgerichtet ist, indem sie seit Sommer 2011 in Syrien und im Irak unter Anwendung besonderer Grausamkeit durch terroristische Straftaten nach § 278c Abs 1 StGB die Zerstörung des syrischen Staates und des irakischen Staates zur Errichtung eines nach radikal islamistischen Grundsätzen ausgerichteten totalitären Gottesstaates (Kalifat) anstrebt,

2./ die dadurch eine Bereicherung in großem Umfang anstrebt, indem sie seit Sommer 2011 in den eroberten Gebieten in Syrien und im Irak einen nach radikal islamistischen Grundsätzen ausgerichteten totalitären Gottesstaat (Kalifat) errichtet, die sich nicht ihren Zielen unterordnende Zivilbevölkerung tötet oder vertreibt und sich deren Vermögen aneignet sowie die vorgefundenen Bodenschätze, insbesondere Erdöl und Phosphat, zu ihrer Bereicherung ausbeutet, und

3./ die andere durch angedrohte und ausgeführte Terroranschläge einzuschüchtern und sich auf besondere Weise, nämlich Geheimhaltung ihres Aufbaus, ihrer Finanzierungsstruktur, der personellen Zusammensetzung der Organisation und der internen Kommunikation, gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen sucht;

Mirsad O*****

B./I./ in W***** und G***** und an anderen Orten des Bundesgebietes sich als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) an der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat im Irak (ISI) sowie den aus dieser terroristischen Vereinigung hervorgegangenen terroristischen Vereinigungen Jabhat al-Nusra und Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS), seit 29. Juni 2014 Islamischer Staat (IS), im Wissen, dadurch diese terroristischen Vereinigungen in ihrem Ziel der Errichtung eines nach radikal islamistischen Grundsätzen ausgerichteten, auch als Kalifat bezeichneten Gottesstaates und deren zur Erreichung dieses Ziels als erforderlich angesehenen terroristischen Straftaten nach § 278c Abs 1 StGB zu fördern, dadurch beteiligt, dass er in seinen in den Räumlichkeiten des Glaubensvereins A***** in *****, in den Räumlichkeiten des Glaubensvereins F***** in *****, und in den Räumlichkeiten weiterer, namentlich nicht bekannter Glaubensvereine an anderen Orten des Bundesgebietes gehaltenen und inhaltlich gleichlautend über das Internet (Youtube.com, salafimedia.de etc) und Datenträger (CDs, DVDs, USB-Sticks etc) verbreiteten Vorträgen und in persönlichen Gesprächen

1./ spätestens seit dem Jahr 2009 sich als Vordenker der radikal islamistischen Szene in Österreich betätigte und

2./ spätestens von Sommer 2011 bis 28. November 2014 die nachgenannten Personen für diese terroristischen Vereinigungen als Mitglieder und Kämpfer anwarb, indem er die Teilnahme an dem als „Jihad“ bezeichneten Glaubenskrieg zur Errichtung des als „Islamischer Staat“ bezeichneten, nach radikal islamistischen Grundsätzen gestalteten Gottesstaates als religiöse Pflicht jedes Muslims darstellte und seine dem Islam angehörenden Zuhörer und Gesprächspartner aufforderte, sich zur Erfüllung dieser Pflicht diesen terroristischen Vereinigungen anzuschließen und an den Kampfhandlungen zur Errichtung eines nach radikal islamistischen Grundsätzen gestalteten Gottesstaates in Syrien und im Irak teilzunehmen, und zwar

a./ Mucharbek T***** als Mitglied für die terroristische Vereinigung Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS), wobei der Genannte am 20. Juli 2013 von W***** über die Türkei nach Syrien reiste, wo er ab Ende August 2013 bei der dieser terroristischen Vereinigung zugeordneten tschetschenischen Miliz Jaish Al-Muhajireen wal-Ansar (Jamwa) eine Ausbildung zum Kämpfer absolvierte und von Anfang September 2013 bis Anfang März 2014 für die terroristische Vereinigung kämpfte;

b./ den gesondert verfolgten Tupal I***** als Mitglied für die terroristische Vereinigung Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS), wobei der Genannte Anfang August 2013 von W***** über die Türkei nach Syrien reiste, wo er ab Ende August 2013 bei der dieser terroristischen Vereinigung zugeordneten tschetschenischen Miliz Jaish Al Muhjireen wal-Ansar (Jamwa) eine Ausbildung zum Kämpfer absolvierte und seit Anfang September 2013 für die terroristische Vereinigung kämpft;

c./ den zu AZ ***** des Landesgerichts für Strafsachen Wien am 1. Juli 2014 wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten verurteilten Osman K***** als Mitglied für die terroristische Vereinigung Jabhat al Nusra, der am 20. Juni 2013 von W***** über Ungarn und die Türkei nach Syrien reiste, wo er von Anfang Juli 2013 bis Mitte August 2013 eine Ausbildung zum Kämpfer absolvierte;

d./ den gesondert verfolgten und beim Landesgericht für Strafsachen Wien als (Jugend )Schöffengericht wegen der Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB und der kriminellen Organisation nach § 278a StGB sowie des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB angeklagten Hamza D***** als Mitglied für die terroristische Vereinigung Islamischer Staat (IS), indem er

wobei Hamza D***** sich in W***** an nicht näher bekannten Tagen Ende April 2015 von dem gesondert verfolgten, ebenfalls von Mirsad O***** angeworbenen Samiullah Z***** den auf den Namen Gabriel A***** lautenden, mit seinem Lichtbild und seinen persönlichen Daten verfälschten rumänischen Reisepass mit der Nummer ***** besorgte, sodann an einem nicht näher bekannten Tag Ende Mai 2015 unter Verwendung des verfälschten rumänischen Reisepasses in einem Reisebüro in der D***** ein Ticket für den Flug von P***** nach I***** erwarb und am 31. Mai 2015 mit dem Taxi von W***** zum Flughafen „V*****“ in P*****, Tschechien, fuhr, um nach I***** zu fliegen und sodann mit Unterstützung des Samiullah Z***** und seines abgesondert verfolgten Stiefvaters Osman St***** weiter nach Syrien zu reisen und sich als Kämpfer der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat (IS) anzuschließen, dieses Vorhaben jedoch scheiterte, weil die tschechischen Beamten bei der Passkontrolle die Verfälschung des ihnen von Hamza D***** vorgewiesenen, auf den Namen Gabriel A***** lautenden rumänischen Reisepasses mit der Nummer ***** erkannten und Hamza D***** daraufhin festnahmen;

„B./II./“ in W***** von Jahresanfang 2013 bis zum Sommer 2013 Mucharbek T***** zu bestimmen versucht (§§ 15 Abs 1, 12 zweiter Fall StGB), als Mitglied der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS)

1./ terroristische Straftaten des Mordes nach § 278c Abs 1 Z 1 (Mord nach § 75) StGB zu begehen,

„B./II./“ in W***** von Jahresanfang 2013 bis Sommer 2013 Mucharbek T***** dazu bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB), als Mitglied der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS)

2./ die zur Hauptfrage 3, A./II./2./ angeführten terroristischen Straftaten der schweren Nötigung nach § 278c Abs 1 Z 4 (schwere Nötigung nach § 106) StGB zu begehen,

wobei diese terroristischen Straftaten geeignet waren,

und mit dem Vorsatz begangen wurden,

B./III./ in W***** und an anderen Orten des Bundesgebietes von Sommer 2011 bis 28. November 2014 sich durch die zu B./I./ dargestellten Handlungen (terroristische Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB) und die zu B./II./ dargestellten Handlungen (terroristische Straftaten nach § 278c Abs 1 Z 1 und 4, Abs 2 StGB) an einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, nämlich der international agierenden terroristischen Vereinigung Islamischer Staat in Syrien und im Irak (ISIS), nunmehr Islamischer Staat (IS), als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) beteiligt,

1./ die, wenn auch nicht ausschließlich, auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder das Vermögen bedrohen, ausgerichtet ist, indem sie seit Sommer 2011 in Syrien und im Irak unter Anwendung besonderer Grausamkeit durch terroristische Straftaten nach § 278c Abs 1 StGB die Zerstörung des syrischen Staates und des irakischen Staates zur Errichtung eines nach radikal islamistischen Grundsätzen ausgerichteten totalitären Gottesstaates (Kalifat) anstrebt;

2./ die dadurch eine Bereicherung in großem Umfang anstrebt, indem sie seit Sommer 2011 in den eroberten Gebieten in Syrien und im Irak einen nach radikal islamistischen Grundsätzen ausgerichteten totalitären Gottesstaat (Kalifat) errichtet, die sich nicht ihren Zielen unterordnende Zivilbevölkerung tötet oder vertreibt und sich deren Vermögen aneignet sowie die vorgefundenen Bodenschätze, insbesondere Erdöl und Phosphat, zu ihrer Bereicherung ausbeutet, und

3./ die andere durch angedrohte und ausgeführte Terroranschläge einzuschüchtern und sich auf besondere Weise, nämlich Geheimhaltung ihres Aufbaus, ihrer Finanzierungsstruktur, der personellen Zusammensetzung der Organisation und der internen Kommunikation, gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen sucht.

Die gegen dieses Urteil ergriffenen, vom Angeklagten Mucharbek T***** auf Z 5, Z 8, Z 9, Z 10a, Z 11 und Z 12, sowie Mirsad O***** auf Z 1, Z 4, Z 5, Z 6, Z 8, Z 9, Z 10a und Z 11, jeweils des § 345 Abs 1 StPO, gestützten Nichtigkeitsbeschwerden verfehlen ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mucharbek T*****:

Der Verfahrensrüge (Z 5) ist vorauszuschicken, dass die Pflicht des Gerichts, vom Angeklagten beantragte Entlastungsbeweise, aufzunehmen, ihre natürliche Grenze dort findet, wo die Erhebung solcher Tatsachen oder Beweismittel aus vom Willen des Gerichts unabhängigen Umständen nicht möglich ist und nicht überblickt werden kann, ob dies überhaupt oder in absehbarer Zeit durchführbar sein wird. In solchen Fällen liegt daher Nichtigkeit iSd § 345 Abs 1 Z 5 StPO nicht vor (vgl RIS-Justiz RS0099502 [insb T6]).

In diesem Sinn unmöglich (§ 55 Abs 2 StPO) war die letztlich unterbliebene, in der Hauptverhandlung am 29. Februar 2016 begehrte (ON 1372 AS 75 f) und vom Gericht auch angeordnete (ON 1372 AS 87, ON 1400) Beischaffung von Luftbildern und Auswertung des Funkverkehrs durch Nachfrage bei (nicht näher konkretisierten) „befreundeten Diensten“ zum Beweis der Kampfintensität sowie des Organisationsgrades von Kampfgruppen zwecks Abgrenzung von Terrorhandlungen gegenüber legitimen Guerillahandlungen und der Beteiligung von Jamwar an Terroraktionen in A***** (ON 1372 AZ 75 f).

Denn nach der vom Schwurgerichtshof eingeholten (ON 1400) und in der Hauptverhandlung am 18. April 2016 erörterten (ON 1449 AS 5) Stellungnahme des Heeres-Nachrichtenamtes vom 13. April 2016 (ON 1445; vgl auch die gleichlautende Stellungnahme des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung vom 31. Mai 2016 [ON 1511]) liegen bei den genannten Ämtern weder die beantragten Luftbilder noch Auswertungen des Funkverkehrs vor.

Gleiches gilt für das Begehren auf Vernehmung des Zeugen Hanna J***** zum Beweis dafür, dass sich Mucharbek T***** im Tatzeitraum nicht im Großraum A***** aufgehalten und nicht an Terroraktionen gegen die Zivilbevölkerung teilgenommen, sondern zu deren Schutz gewirkt habe (ON 1372 AS 79). Insoweit konnte – wie in der Hauptverhandlung am 18. April 2016 ebenfalls erörtert wurde (ON 1449 AS 5) – die Ladung weder per internationalem Rückschein über die vom Verteidiger bekanntgegebene Vermittlungsadresse in J***** (ON 1397, 1462), noch im Wege eines an den Staat Israel gerichteten Rechtshilfeersuchens (ON 1398 iVm ON 1576) zugestellt werden. Nach Auskunft des als Vermittlungsstelle auftretenden Sekretärs im H***** vom 4. April 2016 sei der Zeuge als Pater in einem Dorf in einer von der Jabhat al-Nusra-Gruppe kontrollierten Region tätig, weswegen die An- und Ausreise äußerst schwierig und gefährlich sei. Da es sich um eine Kriegszone handle, finde kein normaler Postverkehr statt und bestehe auch kaum Internetempfang (ON 1437 AS 9, ON 1475, ON 1488 AS 5). Die Zustellung der Ladung per E-Mail (ON 1450) blieb ergebnislos.

Auf eine im Sinn des Vorgesagten unmögliche Beweisaufnahme zielte aber auch der Antrag auf Vernehmung des Zeugen Yener Y***** (ON 1372 AS 79), zum Beweis dafür ab, dass sich Mucharbek T***** im Tatzeitraum nicht im Großraum Aleppo, sondern seit 2. Februar 2014 durchgehend bis zur Ausreise nach Österreich in I***** aufgehalten und nicht an Terroraktionen gegen die Zivilbevölkerung teilgenommen hätte.

Denn nach – in der Hauptverhandlung am 17. Mai 2016 erörterter (ON 1488 AS 5) – Bekanntgabe des Verteidigers des Beschwerdeführers werde der beantragte Zeuge nicht nach Österreich reisen, weil er seine Verfolgung „als Terrorist“ durch die türkische Justiz fürchte (vgl RIS Justiz RS0075230, RS0098248, RS0108361).

Betreffend die – in der Hauptverhandlung am 29. Februar 2016 ohne Bekanntgabe einer ladungsfähigen Anschrift begehrte und bewilligte – Vernehmung des Zeugen Turpal I***** (ON 1372 AS 77 und 87) zum Beweis dafür, dass sich Mucharbek T***** (zusammengefasst:) an keiner Terrororganisation beteiligen wollte, konnte der Verteidiger bloß eine E Mail Korrespondenz (samt zweier E Mail Adressen und eine ägyptische Mobiltelefonnummer des Zeugen) vorlegen (ON 1449 S 3), aus der sich unter anderem ergab, dass dieser Zeuge nicht nach Österreich kommen könne (ON 1418 AS 11). Somit ist die letztlich unterbliebene Vernehmung auch dieses Zeugen nicht zu beanstanden.

Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass sich der Beschwerdeführer (zu Recht) nicht auf irreführendes Verhalten des Gerichts oder auf weitere Anträge zur Umsetzung der getroffenen Beweisanordnungen beruft (vgl dazu RIS-Justiz RS0117404).

Die in der Beschwerde vorgetragene Kritik an unterbliebenen „Auslandsaufklärungen“ durch das Landesamt für Verfassungsschutz Wien orientiert sich nicht an den Anfechtungsvoraussetzungen des § 345 Abs 1 Z 5 StPO (siehe dazu Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.89 ff).

Die prozessordnungsgemäße Ausführung einer Instruktionsrüge (Z 8) verlangt den Vergleich der tatsächlich erteilten Rechtsbelehrung mit dem nach § 321 Abs 2 StPO erforderlichen Inhalt und die darauf gegründete deutliche und bestimmte Darstellung der Unrichtigkeit der den Geschworenen zuteil gewordenen juristischen Information (RIS-Justiz RS0119549).

Diese Kriterien missachtet die in Bezug auf die Zusatzfragen nach entschuldigendem Notstand (vgl die Wahrsprüche A./II./2./ und A./III./, US 7 und 9) erhobene Beschwerde. Denn sie kritisiert bloß, dass den Geschworenen im Rahmen der Rechtsbelehrung (inhaltlich für den vorliegenden Fall unzureichende) Fachliteratur zur Verfügung gestellt worden sei, die keinen Hinweis darauf enthalten habe, dass auch ein sich aus eigenem Antrieb in eine gefährliche Situation begebender Mensch in eine Notstandssituation iSd § 10 StGB kommen könne, ohne aber an der iSd § 10 Abs 2 erster Satz StGB erfolgten Instruktion der Geschworenen Maß zu nehmen (vgl die zur Zusatzfrage ergänzend erteilte Rechtsbelehrung sowie auch S 4 der Rechtsbelehrung).

Aus § 345 Abs 1 Z 9 StPO (nominell auch Z 11 lit a) behauptet die Beschwerde einen Widerspruch des Wahrspruchs, weil die dem Schuldspruch A./III./ (§ 278a StGB; vgl US 17) zu Grunde liegende (bejahte) 4. Hauptfrage (US 7 f) auch die Begehung eines Mordes (als terroristische Straftat iSd § 278c Abs 1 Z 1 StGB) als Beteiligungshandlung erfasste, obwohl die Geschworenen die genau darauf bezogene 2. Hauptfrage (US 4 f) verneint hätten. Angesichts dessen, dass die Geschworenen dem Angeklagten über vorsätzliche Tötungen hinaus noch weitere Tathandlungen iSd § 278a StGB anlasteten (vgl US 7: terroristische Vereinigung, Nötigung als terroristische Straftat) wird nicht klar, inwieweit sich der behauptete Widerspruch auf entscheidende Tatsachen (vgl RIS Justiz RS0120126) beziehen soll.

Der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 10a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583). Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Indem die auf die Schuldsprüche A./II./2./ und A./III./ bezogene Rüge bloß die dem Angeklagten angelastete gemeinsame Begehung terroristischer Straftaten mit dem gesondert verfolgten Turpal I***** unter Hinweis auf isoliert herausgegriffene und eigenständig als widerspruchsfrei interpretierte Angaben des Zeugen Aslan S***** bestreitet, verlässt sie den dargestellten Anfechtungsrahmen.

Die zum Schuldspruch A./III./ ergriffene Rechtsrüge (Z 11 lit a) übergeht mit der Behauptung fehlender Konstatierungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen nach § 278a Z 2 und Z 3 StGB prozessordnungswidrig die genau darauf bezogene Antwort der Geschworenen (US 8; vgl RIS Justiz RS0101527).

Die weitere, die Verneinung der Zusatzfrage zum Vorliegen der Notstandsvoraussetzungen (§ 10 StGB) mit dem Hinweis auf die (tödlichen) Konsequenzen einer Befehlsverweigerung und die Angemessenheit der Notstandshandlung („vorübergehende Vertreibung von Zivilisten“) als legitimen Mittels im Sinn der Haager Landkriegsordnung sowie der Genfer Konvention kritisierende Beschwerde (Z 11 lit b) geht schon deshalb ins Leere, weil sich der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nur auf prozessrechtliche Gründe, nicht jedoch auf (hier:) Schuldausschließungssgründe bezieht (RIS Justiz RS0100197, RS0101411, RS0101421).

Soweit der Beschwerdeführer dieses Argument auch im Rahmen der gegen den Schuldspruch A./II./2./ gerichteten Subsumtionsrüge (Z 12) ins Treffen führt, verkennt er neuerlich, dass der Bezugspunkt materieller Nichtigkeit im Vergleich der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Tatsachen (vgl US 6, wonach die dem Angeklagten angelastete Nötigung terroristischer Natur war) mit dem darauf angewendeten Strafgesetz (RIS Justiz RS0101527) liegt. Demgemäß können Subsumtionsfehler nicht aus dem Rückgriff auf Beweisergebnisse (wie hier den Angaben des Zeugen Aslan S***** und Expertisen eines Sachverständigen) abgeleitet werden (RIS-Justiz RS0101128).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Zweitangeklagten Mirsad O*****:

Soweit die Besetzungsrüge (Z 1) Befangenheit des „Gerichts“ darin erblickt, dass über den in der Hauptverhandlung am 24. Februar 2016 (ON 1363 AS 51 ff) vernommenen Zeugen Yusuf K***** die „Untersuchungshaft“ verhängt worden sei, geht sie schon deshalb ins Leere, weil weder der Vorsitzende noch sonstige Richter des Geschworenengerichts eine solche Anordnung getroffen haben.

Sollte sich das Vorbringen auf die am 24. Februar 2016 vom Vorsitzenden gemäß § 277 StPO verfügte Festnahme des genannten Zeugen zwecks Vorführung zu dem über die Untersuchungshaft entscheidenden Einzelrichter des Landesgerichts beziehen, fehlt dem Rechtsmittelwerber mangels sofortiger Rüge iSd § 345 Abs 2 StPO (dh noch in der Hauptverhandlung am 24. Februar 2016; vgl den erst am 25. Februar gestellten Befangenheitsantrag – ON 1364 AS 47 f) die erforderliche Beschwerdelegitimation (vgl Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.54).

Im Übrigen wurde insoweit ein Fehlverhalten von Richtern des Hauptverfahrens auch (ausdrücklich) nicht behauptet (vgl ON 1364 AS 53). Prozessordnungskonformes richterliches Handeln führt aber niemals zur Ausschließung ( Lässig , WK StPO § 43 Rz 21; zu Verfügungen gemäß § 277 StPO vgl RIS-Justiz RS0096683).

Die ebenfalls auf Ablehnung eines Richters (des Vorsitzenden) abzielende Verfahrensrüge (Z 5) übersieht, dass die (bis 31. Dezember 2007 im Gesetz geregelte) Differenzierung zwischen Ausschließungs- und Befangenheitsgründen sowie deren unterschiedliche Behandlung im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden aufgegeben wurde (vgl ErläutRV 25 BlgNR 22. GP 59 ff und ErläutRV 231 BlgNR 23. GP 11). Die Ausgeschlossenheit eines Richters im (hier: geschworenengerichtlichen) Hauptverfahren (§ 43 Abs 1 und 2 StPO), daher auch dessen Befangenheit iSd § 43 Abs 1 Z 3 StPO, ist seither (für alle Ausschließungsgründe einheitlich) nur mehr mit Besetzungsrüge (Z 1) relevierbar (14 Os 144/15f).

Damit geht aber auch die Rechtsmittelkritik ins Leere, wonach sich eine zur Nichtigkeit aus § 345 Abs 1 Z 5 StPO führende Befangenheit daraus ergebe, dass das Gericht Anträge der Verteidigung abgewiesen, solchen der Staatsanwaltschaft aber stattgegeben habe. Bleibt im Übrigen anzumerken, dass dem Standpunkt des Angeklagten zuwiderlaufende Ansichten zu Tat- oder Rechtsfragen nicht geeignet sind, die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des erkennenden Senats in Zweifel zu ziehen (vgl Lässig , WK StPO § 43 Rz 12).

Zu Unrecht moniert die weitere Beschwerde die Abweisung der auf Befangenheit des Sachverständigen abzielenden Anträge wegen dessen Beauftragung durch die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren. Denn sie ignoriert, dass die in Rede stehenden Gutachten (ON 1042, 1339, 1360) bereits im Geltungszeitraum des § 126 Abs 5 StPO (idF BGBl I 2014/71) eingeholt wurden. Dem Angeklagten wäre es daher im gegenständlichen Ermittlungsverfahren offen gestanden, eine Bestellung des Sachverständigen im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahme zu verlangen. Wurde derartiges nicht begehrt, kann die „strukturelle“ Befangenheit des Sachverständigen im Hauptverfahren im Hinblick auf den dadurch (der Sache nach) abgegebenen Grundrechtsverzicht nicht mehr geltend gemacht werden (vgl Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 7.671 mwN; zur Rechtslage vor § 126 Abs 5 StPO idgF vgl RIS Justiz RS0130055, RS0130056). Dass er an der Stellung eines Antrags iSd § 126 Abs 5 erster Satz zweiter Halbsatz StPO gehindert gewesen sei, behauptet der Beschwerdeführer im Übrigen nicht.

Der Rechtsmittelwerber brachte in der Hauptverhandlung vor: „Vor Gutachtenserstattung beantragt der Verteidiger des Zweitangeklagten wörtlich den Sachverständigen Dr. Guido S***** wegen Befangenheit abzulehnen, weil dieser in seinem ersten guten Gutachten den einzigen Bezug zum IS aus einem Video hergestellt hat, auf dem eine Flagge und Maschinengewehrsalven abgehört werden. Dieses Video ist geschnitten und stammt nicht von meinem Mandanten. Dieses Video, das als einziger Beleg für die IS-Sympathie meines Mandanten gewertet wird (ON 1362 AS 18)“. Damit ließ er nicht erkennen, worin die behauptete Befangenheit des Sachverständigen begründet sein soll. Die diesbezüglich in der Beschwerde nachgetragene Behauptung mangelhafter Gutachtenserstattung stellt eine unzulässige Neuerung dar (vgl RIS Justiz RS0099618).

Mit dem Einwand (Z 4, nominell auch Z 6), das Referat der Hauptfrage 6./ im Urteil (US 13) weiche im Umfang der Bezugnahme auf eine bloß versuchte Bestimmungstäterschaft von der den Geschworenen tatsächlich – anklagekonform (ON 1316 S 5; II./1./) nach Vollendung – gestellten Frage ab, wird eine Verletzung des Verlesungsgebots (§ 310 Abs 1 zweiter Satz StPO; vgl Lässig , WK StPO § 310 Rz 8) gar nicht behauptet. Eine gegen § 314 Abs 1 StPO verstoßende Fragestellung macht der Beschwerdeführer im Übrigen nicht geltend.

Der mit der Kritik an unterbliebener Stellung einer Zusatzfrage in Richtung entschuldigenden Notstands (§ 10 StGB) verknüpfte Einwand, der Angeklagte habe seine Tathandlungen in religiöser Überzeugung und der Stimme Gottes, gleich einem religiösen Imperativ folgend, in einem subjektiv unwiderstehlichen Zwangszustand gesetzt, verabsäumt die deutliche und bestimmte Benennung der eine solche Frage indizierenden Verfahrensergebnisse (vgl RIS Justiz RS0119417). Denn insoweit beruft sich der Beschwerdeführer bloß pauschal – und ohne die gebotene Angabe der Fundstellen im umfangreichen Aktenmaterial (RIS Justiz RS0124172) – auf seine „Einlassung bei Gericht“.

Die weitere Beschwerde (Z 6) kritisiert die unterbliebene Stellung einer Zusatzfrage dahin, ob die Tathandlungen des Angeklagten im Hinblick auf „die grundrechtlich verbürgte Äußerungsfreiheit“ (Art 13 StGG, Art 10 EMRK) und das Grundrecht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (Art 11 EMRK) gerechtfertigt gewesen seien. Soweit die Beschwerde hierfür die Angaben des Zeugen Yakup K***** (wonach der Angeklagte nicht über den „Dschihad“ gesprochen hätte) und die Expertise des Sachverständigen (wonach jener nicht direkt zur Tötung von Polizisten und Soldaten aufgerufen hätte) ins Treffen führt, wird – angesichts des sich auf die Tatbestandsmäßigkeit selbst beziehenden Rechtsmittelvorbringens (wonach der Angeklagte „nichts getan hat, sondern nur gepredigt hat“) – nicht klar, inwiefern diese Verfahrensergebnisse überhaupt ein Indiz für die Annahme der behaupteten Rechtfertigungsgründe darstellen sollten.

Der Einwand der Instruktionsrüge (Z 8), die dem Angeklagten erteilte Rechtsbelehrung sei „unrichtig“, weil sie „die Rechtsbelehrung auf die Stellung einer Frage ausdehnt“, ist unverständlich.

Inwieweit sich die – zu Fragen des Günstigkeitsvergleichs (§§ 1, 61 StGB) erteilte – Rechtsbelehrung betreffend die „Änderung außerstrafrechtlicher Rechtssätze“ (Punkt IV.A. der Rechtsbelehrung [S 24 f]), die „Änderung strafrechtlicher Ausfüllungsnormen“ (Punkt IV.B. der Rechtsbelehrung [S 25]) und die (an sich zu vermeidende) Darlegung unterschiedlicher Rechtsmeinungen ( Ratz , WK-StPO § 345 Rz 60) in einer für den Angeklagten nachteiligen Weise ausgewirkt haben soll (RIS-Justiz RS0122334; Ratz , WK StPO § 345 Rz 62), macht das Rechtsmittel nicht klar.

Die als irreführend relevierten mehrfachen Ausführungen der Rechtsbelehrung zur – fallbezogen irrelevanten – Euthanasie (S 100 und 323 der Rechtsbelehrung) betreffen keine Fragen, die den Geschworenen hinsichtlich des Angeklagten Mirsad O***** tatsächlich gestellt wurden (RIS-Justiz RS0101085). Die Erörterung überflüssiger Rechtsfragen steht aber nicht unter Nichtigkeitssanktion (RIS-Justiz RS0100949, RS0125434).

Die – unter Wiederholung des bereits zuvor zu § 345 Abs 1 Z 4 und Z 6 StPO erstatteten Vorbringens erhobene – Kritik (Z 9), wonach die Geschworenen [...] die auf (vollendete) Bestimmung gerichtete Frage unbeantwortet gelassen und eine auf Tatversuch bezogene Frage beantwortet hätten, die nicht Teil des beschlossenen Fragenschemas ist, übersieht, dass (angebliche) Fehler der Fragestellung unter diesem Nichtigkeitsgrund nicht erfolgreich gerügt werden können (RIS-Justiz RS0121301).

Den Anfechtungsrahmen der Z 10a des § 345 Abs 1 StPO überschreitet die Tatsachenrüge, indem sie – nach Maßgabe eigenständiger Beweiserwägungen – auf mögliche Zweifel der Geschworenen zur Frage der Bestimmungstäterschaft des Angeklagten (vgl B./II./1./), auf dessen Täterschaft in Frage stellende Zeugenangaben und das Gutachten Dris. Guido S***** verweist (RIS Justiz RS0119583).

Der von der Rüge überdies kritisierte „Vermerk“ (gemeint: die Niederschrift) der Geschworenen ist kein Gegenstand zulässiger Anfechtung aus § 345 Abs 1 Z 10a StPO (RIS-Justiz RS0115549, RS0104982).

Die Subsumtionsrüge (nominell Z 11, der Sache nach Z 12) behauptet erkennbar verfehlte Annahme echter Idealkonkurrenz zwischen den dem Angeklagten angelasteten Verbrechen nach §§ 278a, 278b Abs 2 und 278c Abs 1 StGB (Schuldsprüche B./I./, B./II./1./ und 2./ sowie B./III./), weil diese im Scheinkonkurrenzverhältnis der Konsumtion (vgl Kienapfel/Höpfel/Kert , AT 15 E 8 Rz 30) stünden. Da die Beschwerde jedoch nicht erklärt, inwieweit und durch welche der angesprochenen Normen der strafrechtliche Unwert der jeweilig anderen Strafvorschrift enthalten sein soll, unterlässt sie prozessordnungswidrig eine methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz (RIS-Justiz RS0116565; zu den angesprochenen Konkurrenzverhältnissen vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0119763, RS0130391; Plöchl in WK 2 StGB § 278a Rz 11 f, 36, 39; § 278b Rz 21, 23; Triffterer SbgK § 278a Rz 82).

Der mit diesem Vorbringen unter einem hergestellte Bezug zu § 345 Abs 1 Z 6 und Z 10a StPO ist unverständlich.

Die Kritik (Z 11 lit a) an der Annahme, dass die den Schuldsprüchen B./II./1./ und 2./ zugrundeliegenden Tathandlungen geeignet wären, eine schwere Störung des öffentlichen Lebens herbeizuführen, macht nicht deutlich, inwieweit dieser Umstand für die Lösung der Schuldfrage entscheidend sein soll. Denn der Beschwerdeführer vernachlässigt prozessordnungswidrig die Gesamtheit des (im Wahrspruch der Geschworenen zum Ausdruck kommenden) Urteilssachverhalts (RIS-Justiz RS0101148), wonach die terroristischen Straftaten (zudem) geeignet waren, eine längere Zeit anhaltende Störung des öffentlichen Lebens sowie eine schwere Schädigung des Wirtschaftslebens in Syrien herbeizuführen (US 21).

Die behauptete Verfassungswidrigkeit von Strafnormen ist kein Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge (RIS-Justiz RS0099654, RS0053859; Ratz, WK StPO § 281 Rz 597), womit das dazu erstattete Vorbringen (Verstoß der §§ 278a, 278b und 278c StGB gegen Art 7, 18 B VG; Art 6, 7 EMRK) auf sich beruhen kann.

Der auf die Verfassungswidrigkeit des § 342 StPO bezogenen Kritik genügt der Verweis auf die im vorliegenden Verfahren ergangene (abweisliche) Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH 28. Juni 2017, G 344/2016-19).

Der Einwand, §§ 278a, 278b und 278c StGB stünden wegen ihrer „Unbestimmtheit“ Art 49 GRC (der inhaltlich Art 7 EMRK entspricht; vgl 14 Os 17/16f) entgegen, weshalb diese Strafnormen wegen des Anwendungsvorrangs von EU-Recht nicht hätten herangezogen werden dürfen, bleibt ohne methodengerechte Ableitung aus dem (hier:) Unionsrecht (zum Prüfungsmaßstab nach Art 7 EMRK siehe im Übrigen 17 Os 13/14m).

Zu einem amtswegigen Vorgehen nach Art 89 Abs 2 B VG sah sich der Oberste Gerichtshof insoweit nicht veranlasst.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Mucharbek T***** und Mirsad O***** waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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  • RS0119763OGH Rechtssatz

    22. Oktober 2021·3 Entscheidungen

    Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen im Sinne des § 278 Abs 3 StGB begangene Straftaten in echter Idealkonkurrenz zu dem gleichzeitig begangenen Vereinigungsdelikt stehen. Die Auffassung unumschränkter echter Konkurrenz lässt jene Delikte außer acht, die durch die Begehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung qualifiziert sind. Wenn gleichzeitig alle Tatbestandsmerkmale der „Beteiligung" an einer kriminellen Vereinigung lediglich durch die Begehung einer strafbaren Handlung im Rahmen der Vereinigung erfüllt sind, so hat die Strafbarkeit nach § 278 Abs 1 (Abs 3 erster Fall) StGB hinter jener der spezielleren und jeweils höher bestraften Qualifikationsdelikte zurückzutreten, schließt dieser Deliktstypus den anderen doch begriffsnotwendig in sich ein (Spezialität). Nur in den Fällen, in denen es sich um einen Zusammenschluss zur Begehung anderer - noch nicht hinreichend konkretisierter - Verbrechen oder in § 278 StGB aufgezählten Vergehen durch zumindest ein Mitglied der Vereinigung oder die (aktive) Beteiligung an sonstigen Aktivitäten sowie Vorbereitungen der Vereinigung handelt, sofern dies im Wissen (§ 5 Abs 3 StGB) geschieht, dass dadurch die Vereinigung oder durch sie zu begehende Straftaten gefördert werden (§ 278 Abs 3 zweiter und dritter Fall StGB), wäre der Unrechtsgehalt durch die Bestrafung wegen eines tatsächlich ausgeführten, wenn auch durch die Begehung als Vereinigungsmitglied qualifizierten Delikts allein noch nicht abgegolten, sondern in einem solchen Fall vielmehr echte Konkurrenz gegeben.