JudikaturBVwG

W204 2299368-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
07. Mai 2025

Spruch

W204 2299368-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNEIDER als Vorsitzende und die Richter Dr. KEZNICKL und Mag. BACHKÖNIG als Beisitzer über die Beschwerde der vormaligen XXXX GmbH Co. KG, XXXX , gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vom XXXX 2024 zu GZ FMA-UB0001.200/0065-BUG/2024 in einer Angelegenheit nach dem Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz – AIFMG beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4, 9 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung

I. Verfahrensgang und entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

I.1.Mit Verfahrensanordnung vom 23.05.2024 wurde der vormaligen XXXX GmbH Co. KG (im Folgenden: BF) die unerlaubte Verwaltung von AIF gemäß § 60 Abs. 1 AIFMG durch die FMA untersagt. Hierzu langte keine Reaktion der BF bei der FMA ein.

I.2. Am XXXX 2024 erließ die FMA den vorliegend bekämpften Bescheid. Der Spruch lautete wie folgt:

„1. Die XXXX GmbH Co. KG XXXX , hat die gewerbliche Verwaltung von AIF gemäß § 4 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 1 Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz – AIFMG durch Verwalten von Geldern aus der Ausgabe einer tokenisierten Wandelanleihe mit der Bezeichnung XXXX bzw. XXXX zu unterlassen. Dies durch die Unterlassung neuer Angebote und Abschlüsse in Bezug auf Investments in XXXX und durch das Unterlassen der Verwaltung des bereits eingesammelten Kapitals.

Dies ist der FMA binnen sechs Wochen ab Zustellung dieses Bescheides durch Vorlage geeigneter Unterlagen, insbesondere Kündigungskorrespondenz und Rückzahlungsbestätigungen sämtlicher Anleger, Screenshots einer geänderten Website, oder ähnlich geeigneter Bescheinigungen, nachzuweisen.

2. Bei Nichtbefolgung des Spruchpunktes 1. wird die FMA mit Bescheid über die XXXX eine Zwangsstrafe in Höhe von € 10.000,00 verhängen.

3. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde ist gemäß § 13 Abs 2 VwGVG ausgeschlossen.“

Hierzu stellte die FMA insbesondere zur BF fest, dass diese eine im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien zu XXXX eingetragene Kommanditgesellschaft, mit der Geschäftsanschrift XXXX , und dem eingetragenen Geschäftszweig „Finanzberatung und Beteiligung“ sei. Komplementärin sei die XXXX GmbH, einziger Kommanditist sei XXXX . Die BF biete ohne Konzession der FMA Investoren einen Krypto-Token an, der laut dieser durch Wasserreserven gedeckt sei, wobei es sich um eine tokenisierte Wandelanleihe handle. Dies entspreche auch der Auskunft der deutschen BaFin an die BF. Die BF verfüge auch über keine Registrierung bei der FMA.

I.3. Am XXXX 2024 veröffentlichte die FMA folgende Bekanntmachung auf ihrer Website:

„Die österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) hat der XXXX GmbH Co KG XXXX mit Sitz in XXXX mit Bescheid vom XXXX 2024 die unerlaubte Verwaltung von Alternativen Investmentfonds gemäß § 60 Abs 1 Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz (AIFMG) untersagt. Der Bescheid ist nicht rechtskräftig.“

I.4. Gegen den Bescheid vom XXXX 2024, zugestellt am 12.07.2024, erhob die BF mit Schreiben vom 08.08.2024 per E-Mail Beschwerde. In ihrer im Namen des Geschäftsführers geschriebenen und durch den Kommanditisten per E-Mail der FMA übermittelten Beschwerde brachte die BF vor, es liege keine sanktionierungsfähige, unerlaubte Verwaltung von AIF vor. Aufgrund ihres einschlägigen Basisinformationsblattes sei ihr Angebot in Deutschland erlaubt. Österreichische Anleger suche sie nicht.

I.5. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 20.09.2024 übermittelt.

I.6. In einer Stellungnahme zur Beschwerde vom 04.10.2024 führte die FMA im Wesentlichen aus, die Voraussetzungen zum Vorliegen eines AIF seien gegeben und die BF habe keine Unterlagen vorgelegt, welche anderes vermuten ließen. Die BF erfülle die Voraussetzungen für die Ausnahme einer Holdinggesellschaft nicht und habe zu ihrem Teilgeschäftsmodell des Mining undeutliche Angaben gemacht. Die BF habe von den deutschen Behörden nur eine Teilauskunft, keine Genehmigung und jedenfalls nicht die Bestätigung bekommen, dass es keine von der BF unerfüllte Erlaubnispflichten gebe.

I.7. Diese Stellungnahme wurde der BF durch das Bundesverwaltungsgericht mit Parteiengehör vom 04.10.2024 an ihre Geschäftsanschrift mittels RSb-Schreiben übermittelt und ihr darin die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen. Die BF hat das mit Verständigung der Hinterlegung vom 08.10.2024 zugestellte Schreiben, Beginn der Abholfrist am 09.10.2024, nicht behoben. Auch auf eine E-Mail-Nachricht des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.11.2025 (entspricht dem Datum der Zustellbestätigung) antwortete die BF nicht.

I.8. Mit 21.12.2024 wurde durch das Handelsgericht Wien zu Geschäftsfall XXXX die Geschäftsanschrift der BF von Amts wegen durch den Eintrag „Für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift unbekannt.“ ergänzt.

I.9. Am 26.03.2025 beschloss das Handelsgericht Wien zu XXXX die Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens. Die BF wurde gemäß Eintrag im Firmenbuch vom 16.04.2025 zu Geschäftsfall XXXX infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit aufgelöst.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des Aktes des Bundesverwaltungsgerichts wie auch insbesondere dem offenen Firmenbuch. Ohne jeden Zweifel ist die für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift der BF seit dem 21.12.2024 unbekannt und wurde die BF mit 16.04.2025 aufgelöst. Mangels kostendeckenden Vermögens wurde kein Insolvenzverfahren eröffnet.

Zur Senatszuständigkeit

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Fall in § 22 Abs. 2a FMABG verankert ist.

II.1. Zu Spruchpunkt A)

A) Zulässigkeit der Beschwerde zum Zeitpunkt der Einbringung

Einleitend stellt sich die Frage, ob es sich beim E-Mail vom 08.08.2024, 20:24:37 Uhr, überhaupt um eine gültige Beschwerde gegen den damit angefochtenen Bescheid vom XXXX 2024, zugestellt am 12.07.2024, handelt. Die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid lautete auszugsweise wie folgt:

„Wenn für die schriftliche Einbringung auch technische Übertragungsmöglichkeiten (z.B. elektronisches Postfach, Telefax, Email) zur Verfügung stehen, ist das als Ergänzung zu unserer Anschrift angegeben.

Für die rechtswirksame Einbringung von elektronischen und schriftlichen Anbringen (§ 13 Abs. 1 AVG) an die Österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde - FMA sind die Geschäftszeiten der FMA maßgeblich.“ Es folgten hierzu weitere Details.

Es fehlten jedoch die dargelegten Angaben zur Anschrift der FMA und hierzu allenfalls Ergänzungen. Jedoch lautete die Fußzeile auf Seite 1 des angefochtenen Bescheids:

Da mangels weiterer Angaben lediglich allenfalls diese Fußzeile als „Anschrift der FMA“ zu werten wäre und darin auf die Website www.fma.gv.at verwiesen wurde, wo sich weitere Kontaktmöglichkeiten finden, wird diese Einbringung als zulässig erachtet. Auch die FMA ging im Übrigen selbst von der Möglichkeit der E-Mail-Einbringung und der Zulässigkeit der Beschwerde aus. Wie in der Rechtsmittelbelehrung dargelegt, gelten außerhalb der Geschäftszeiten einlangende Schriftsätze erst mit Wiederbeginn der Geschäftszeiten als rechtswirksam eingebracht und eingelangt, damit also am 09.08.2025. Dies erwies sich vorliegend als rechtzeitig. Da das Beschwerde-E-Mail auch – gerade noch – die notwendige Form aufwies, ist dieses auch als zulässig zu erachten (vgl. hierzu insbesondere auch VwGH 11.12.2024, Ra 2023/05/0208). Zweifel an der Identität des Einschreiters oder Authentizität des Anbringens ergeben sich vorliegend aufgrund des damals regelmäßigen Kontakts der Organe der BF nicht (vgl. BVwG 21.11.2024, W240 2298296-1/5E).

B) Nachträglicher Wegfall des Rechtschutzinteresses

Gegenstandslosigkeit wird – neben formeller Klaglosstellung – angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (VwGH 21.11.2018, Ro 2018/03/0004, mwN). Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Einzelnen keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles keinen objektiven Nutzen hat (VwGH 30.06.2016, Ro 2016/21/0008). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass seine Überlegungen zum VwGG über das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses als Voraussetzung für eine zulässige Beschwerdeerhebung auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht übertragen werden können, da es dem VwGVG an einer Regelung mangelt (VwGH 13.06.2024, Ra 2023/11/0058; 27.07.2017, Ra 2017/07/0014; 28.01.2016, Ra 2015/11/0027).

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. Eine Einstellung steht dabei am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, 2013, zu § 28 VwGVG Rz 5; s. BVwG 25.11.2014, W107 2008534-1). Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder des Untergangs des Beschwerdeführers (VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035) kann eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers in Betracht kommen, dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichts-verfahren2 [2018], § 28 VwGVG mit Verweis auf Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG ErgBd § 28 VwGVG). Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwGH 31.01.2018, Ra 2018/10/0022) festgehalten: „Hinsichtlich der […] erteilten Bewilligung lag das Rechtsschutzbedürfnis der Amtsrevisionswerberin im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde […] hingegen zwar noch vor, es war aber im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Beschlusses weggefallen. Das Beschwerdeverfahren wäre insoweit vom Verwaltungsgericht einzustellen und nicht zurückzuweisen gewesen.“

Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht gemäß Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hervor, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt (vgl. VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047; 15.12.2015, Ra 2015/22/0127). Die Entscheidung über die Verfahrenseinstellung ist in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen (vgl. VwGH vom 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

Vorliegend wurde der BF mit Bescheid der FMA aufgetragen, die gewerbliche Verwaltung von AIF zu unterlassen und dies der FMA nachzuweisen, wogegen sich die (gerade noch) zulässige Beschwerde richtete. Dieser Auftrag wurde durch die Auflösung der BF, für die auch kein Insolvenzverfahren eingeleitet wurde, obsolet. Die untergegangene BF hat kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes. Selbst eine Aufhebung des vorliegend angefochtenen Bescheides könnte die – bereits untergegangene – BF rechtlich nicht mehr günstiger stellen (vgl. VwGH 11.10.2016, Ro 2014/11/0058; 27.07.2016, Ro 2016/17/0019; 31.03.2016, Ro 2016/02/0002), weshalb die oben dargelegten Voraussetzungen vorliegen.

Folglich war die Beschwerde gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG iVm Art. 132 Abs. 1 B-VG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Beschwerdeverfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen.

Aufgrund des dargelegten Sachverhaltes konnte im Sinne des § 24 VwGVG von der Durchführung der beantragten Beschwerdeverhandlung abgesehen werden.

II.2. Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Auf Beschlüsse sind diese Bestimmungen gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG sinngemäß anzuwenden.

Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die vorliegend heranzuziehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Verfahrenseinstellung bei Gegenstandslosigkeit des Beschwerdeverfahrens (s. obige Zitate) ist auch nicht als unklar oder uneinheitlich zu beurteilen.